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Full text of "Neue Jahrbücher für Philologie und Paedagogik"

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Neue 

JAHRBÜCHER 


für 


Philologie  und  Paedagogik. 


Begründet 


M.  Johann  Christian  Jahn. 


Gegenwärtig  herausgegeben 


Rudolph  Dietsch       -."J       Alfred  Fleckeisen 

Dire'ctor    in    Plauen.  Professor  in  Dresden. 


C]IKU^DDRE:ilSZICil§TC]R  JAHRGATVG. 

Vierundaclitzig-ster    Band. 


Leipzig  1861 

Druck   und   Yerlao-   von    B.    G.    Teubner. 


Neue 


JAHRBÜCHER 


für 


Philologie  und  Paedagogik. 


Zweite  Abtheiliiug. 


Herausgegeben  ^ 

'Lunchen,      Ti 

Budolph     Dietscb. 


«lEIBE^IfTE^R    JAHRGAIV'C;    1§61 

oder 

der  Jahnsclien  Jahrbücher  für  Philologie  und  Paedagogik 
Vierundachtzigster  Band. 


Leipzig 

Druck   und   Verlag   von   B.   G.    Teubner. 


Z\Yeite  Abteilung: 

für  Gymnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Aussclilusz  der  classi sehen  Philologie, 
hcrausgegebeu  tod  Rudolph  Dietsch. 


1. 

Schulfragen. 


(Fortsetzung  von  Bd  LXXXII  S.  163  ff.) 

9. 
Es  gab  eine  Zeit,  und  diese  Zeit  liegt  noch  nicht  so  weit  hinter 
uns,  wo  die  Schulen,  resp.  die  Gymnasien,  sich  einer  Verborgenheit 
vor  der  Welt  erfreuten,  wie  sie  heutzutage  kaum  noch  irgendwo  ge- 
funden wird.  Der  Unterricht  und  seine  Methode,  die  Handhabung  der 
Disciplin,  das  collegialische  Leben  der  Lehrer,  ihre  Harmonie  oder 
Disharmonie  unter  einander,  die  Prüfungen  waren  den  Blicken  des 
grossen  Publicums  entzogen.  Wie  hätte  man,  wie  jetzt,  in  «den  Zei- 
tungen Nachrichten  über  den  Ausfall  der  Abiturienlenprüfungen ,  über 
Schulfeierlichkeiten  u.  dgl.  gefunden  ?  Wie  hcätlen  nicht  die  allen 
Ephorate,  Scholarchate  oder  Patronate  sich  innerlich  geschämt,  die 
ihnen  angehörenden  Anstalten  in  einer  so  indiscreten,  marktschreieri- 
schen Weise  anzupreisen,  wie  dies  jetzt,  namentlich  wenn  ein  neues 
Gymnasium  seine  Geburt  ankündigt,  so  oft  geschieht?  Was  hätten 
die  alten  würdigen  Uecloren  dazu  gesagt,  wenn  ein  Curatorium  sich 
ihres  Namens  als  eines  Ausliängeschildes  hätte  bedienen  wollen ,  um 
möglichst  viele  Schüler  herbeizulocken?  Gar  nicht  davon  zu  spre- 
chen, dasz  auch  die  Christliclikeit  oder  Confessionalität  als  ein  sehr 
erlaubtes  und  vortheilhaftes  Mittel  kleinstädtischer  Specuiation  gilt. 
Noch  weiter:  Verfügungen  der  Schulbehörden  werden,  noch  ehe  sie 
officiell  publiciert  sind,  durch  die  Zeitungen  verbreitet  und  von  unbe- 
rufenen Personen  in  Zeitungen  kritisiert.  In  wie  ärgerlicher  Weise 
ist  neulich  die  Nichtbestätigung  eines  Directors  breit  getreten  wor- 
den? Politische  Aeuszerungen  eines  Oberlehrers  sind  in  den  Kammern 
discutiert  worden.  Kurz  unser  Schulleben  ist  aus  seiner  Verborgenheit 
und  Stille  herausgerissen  und  den  profanen  Blicken  wie  dem  profanen 
Urteil  preisgegeben, —  wie  ich  nöfliig  habe  hinzuzusetzen,  zum  groszen 
Schaden  und  zu  groszer  Unehre  für  die  Schulen  und  für  die  Schüler. 
Oeffentlichkeit  ist  nun  einmal  das  Stichwort  des  Tages.  Mag  sie 
doch  meinetwegen  gepflegt  und  gewahrt  werden,  wo  es  sich  schickt 
und   paszt:  nur   masze   sie  sich  nicht  ein   Recht  auf  Verhältnisse  an, 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Piifl.  II.  Abt.  isiGl.  Hft  1.  1 


Scliiilfragcn, 


welclie  ihrer  innersten  Nalnr  nach  der  OelTenUichkeit  widersirehea 
lind  diese  fürchten  nnd  meiden  niiiszen.  Sei  das  Slaatsleben,  die 
Rechtspflege  ölTenllich;  die  Familie  wird  sich,  wenn  in  ihr  ein 
rechter  Familiensinn  wohnt,  nach  ansxen  geschlossen  zeigen  nnd  jedes 
Eindringen  in  <iieselbe  allen  Ernstes  zurückweisen.  Auch  die  Schule 
mnsz ,  wie  überhaupt  alles  wns  sich  mit  werdendem  und  wachsendem 
bescluifligt,  die  Stille  und  Verborgenheit  suchen  und  sich  der  OeiTent- 
lichkeit  nicht  weiter,  als  für  ihre  Zwecke  notwendig  ist,  bloszge- 
stellt  zu  sehen  wünschen.  \Vir  können  diese  neugierigen  Blicke  nicht 
ganz  ausschlieszen ,  aber  es  gibt  doch  vielleicht  Mittel  nnd  Wege, 
siel»  diesen  Blicken  zu  entziehen. 

Hierüber  einige  bescheidene  Worte. 

Das  erste  und  notwendigste  ist,  dasz  sich  die  Lehrercollegien 
selbst  der  Auszenwelt  als  in  sich  eng  geschlossene,  solidarisch  ver- 
bundene zeigen  un<l  jedes  Ilineindringen  und  Hineinreden  von  Unbe- 
rufenen, zumal  an  ungehöriger  Steile,  z.  B.  in  Gaststuben,  zurück- 
weisen. 

^^'enn  Eltern  mit  den  betreiTenden  Lehrern  über  ihre  Kinder 
sprechen  wollen,  so  ist  das,  vorausgesetzt  dasz  es  nicht  in  Gegen- 
wart driller  Personen  oder  an  einer  unziemlichen  Sieile  geschieht, 
nicht  mehr  als  natürlich;  wenn  aber  Personen,  die  zu  der  Schule  rn 
gar  keinem  Verliiiltnisse  stehen,  auch  nie  factische  Beweise  von  einer 
liebevollen  Theilnahme  an  der  Schule  gegeben  haben,  über  Methode 
des  Unterrichts  oder  über  Grundsätze  der  Disciplin,  über  verhängte 
Strafen  n.  dgl.  eine  Erörterung  beginnen  wollen,  bei  der  kein  ernster 
und  sittlicher  Zweck  abzusehen  ist,  so  ist  dies  unberechtigt  und  un- 
befugt und  eine  solche  Discnssion  abzulehnen.  Gröszere  Städte  haben 
gröszere  Interessen,  als  dasz  sie  die  Schulen  zum  Gegenstände  ihrer 
Gaststubenuriterhaltungen  machen  sollten:  in  kleinen  Städten  dagegen 
ist  dies  ein  stets  willkommenes  nnd  nie  zu  erschöpfendes  Kapitel, 
wenn  die  Lelirer  sich  irgendwie  darauf  einlassen.  Durch  ein  tiefes 
nnd  steliges  Stillschweigen  über  das  Innere  der  Schulen  werden  sie 
dagegen  das  indiscrete  Publicum  in  gehöriger  Ferne  und  in  gehörigem 
P»espect  erballen  können. 

Zweitens  aber  ist  in  dieser  Beziehung  auch  auf  die  Schüler  zu 
wirken  und  nicht  schwer  zu  wirken. 

Die  Schüler  haben  von  vorn  herein  mehr  eine  Neigung  sich  mit 
der  Schule  zu  identificieren  und  Ehre  und  Huf  der  Schule  mit  Leiden- 
schafllichkeit  zu  ihrem  eigenen  zu  machen,  was  in  der  Schule  oder  in 
einer  Klasse  Uebles  vorgefallen  ist  geheim  zu  hallen,  nnd  denjenigen 
der  ans  der  Schule  plaudert  als  einen  verächtlichen  und  gemeinen 
Menschen  von  sich  auszumerzen.  Wohl  der  Schule,  die  diesen  Geist 
•hat!  Ich  verzeihe  einem  Schüler  schon  manches,  wenn  er  nur  auf  die 
Ehre  seiner  Schule  hält.  Die  Liebe  deckt  auch  hier  eine  grosze  Mengn 
Sünden  zu.  An  diesen  Geist  hat  man  sich  nun  anzuschlieszen ,  ihn  zu 
nähren,  zu  kräftigen  und  nncli  bestem  Vermögen  sittlich  zu  veredeln: 
hierdurch  wird   man  den  Zudringlichen  die  Kanäle  verstopfen,   durch 


Schiilfrag-en. 


wclilio  sio  iliro  Notizen  ans  dem  Innern  der  Scliule  bc/johen.  Dio 
vScIiiile  soll  ancli  den  Scliiilern  als  eine  Welt  fiir  sicli  erscheinen,  dio 
keine  EingrilTe  nnd  keine  neugierigen  Blicke  in  ilir  Inneres  duldet.  Es 
maclit  dal)ei  keinen  Unterschied  aus,  ob  das,  was  verborgen  bleiben 
soll,  gut  oder  .scliliniin  sei,  Lob  oder  Tadel  verdiene.  3Ian  will  über- 
haupt nicht,  das/,  von  Schuldingen  ausserhalb  der  Schule  gesprochen 
wersle.  In  dir  Familie  ist  es  ein  gutes  Zeichen,  wenn  die  Kinder, 
ohne  das/,  es  dazu  einer  besonderen  Ermahnung  von  Seiten  der  Ellern 
bedarf,  von  selbst  über  alles  schweigen,  was  im  Kreis  der  Familie 
vorgeht  oder  am  Faiiiilientische  gesprochen  wird;  fiir  die  Schule  ist 
dasselbe  nihmlich  und  noch  leichter  zu  bewirken,  da  der  Knabe  mehr 
als  das  Mädc  hen,  und  zumal  der  unverdorbene  Schüler,  Schweigen  für 
Ehre  hiilt. 

3]an  sollte  daher  auch  mit  Schulfesten  unil  Schulfeieriichkeiten, 
welche  in  die  OetTentÜchkeit  hinaiislreten,  so  sparsam  wie  irgend  mög- 
lich sein,  um  so  mehr,  da  das  Publicum,  das  bei  den  öffentlichen  Prü- 
funiren, wo  Fleisz  und  Foitschritle  erkannt  werden,  so  Iheiluahmlos 
bleibt,  wirklich  nicht  werth  ist,  dasz  man  ihm  zu  f-iebe  und  zu  Ehren 
Festliciikeitcn  veranstalte,  bei  denen  es  meist  ganz  andere  Dinge  sind, 
welche  den  Beifall  der  Menge  gewinnen  Wo  diese  Schulacle  einmal 
traditionell  sind,  schmeichele  mau  damit  nicht  dem  Publicrim  ,  sondern 
stelle  sich  über  dasselbe  ,  suche  bildend  auf  dasselbe  einzuwirken, 
führe  ihm  immer  und  immer  wieder  nur  das  vollendete  und  ewig- 
geltende  in  Poesie  und  Gesang  vor,  strebe  überhaupt  darnach  die 
Würde  der  Schule  zu  erhöiien.  Andere  Feierlichkeiten,  z.  B.  die  Feier 
von  dem  Geburtstage  des  Landesfürsten,  halle  man  ganz  geschlossen, 
schon  deshalb,  damit  die  Feier  eine  Feier  für  die  Schule,  nicht  aber 
für  ein  buntgemisciites  Publicum  sei,  und  damit  die  Hedenden,  es  seien 
Lehrer  oder  Schüler,  im  Kreis  der  Schule  verbleiben.  Bis  jetzt  haben 
die  Schüler  bei  solchen  (ielegenheiten  nicht  das  erhebende  Festgefühl, 
sondern  das  beschämende  Bewustsein  als  Anhängsel  der  anderweitigen 
hochgeehrten  Anwesenden  zu  gelten. 

Auch  in  den  Programmen  wird  viel  zu  viel  vor  dem  Publicum 
und  für  <las  Publicum  verhandelt.  Dasz  man  den  Lehrplan  mitlheilt, 
die  absolvierten  Pensa ,  die  eingeüihrteu  Lehrbücher,  lasse  ich  mir 
gefallen,  allenfalls  aucli  dasz  die  betreffenden  Lehrer  genannt  wer- 
den; dasz  man  aber  die  Themata  zu  den  deutschen  und  lateinischen 
Aufsätzen,  welche  in  der  Klasse  oder  von  den  Abiturienten  angefertigt 
sind,  abdrucken  läszt  und  der  Kritik  der  Menge  preisgibt,  ist  eine 
Profanalion  der  Schule,  d.  h.  ihres  innerlichsten  Lebens,  und  völlig 
nut/dos.  Das  Publicum  braucht  dergleichen  nicht  zu  wissen,  ist 
auch  unfähig  über  die  Aufgaben  zu  urteilen,  wenn  es  die  Motive  nicht 
kennt,  welche  den  Lehrer  bei  seiner  Wahl  geleilet  haben;  die  Eltern 
können  sich  die  angefertigten  Arbeiten  von  ihren  Söhnen  vorlegen 
lassen;  für  andere  Schulen  erwächst  daraus,  so  viel  ich  sehe,  auch 
keil)  Vortheil,  da  sich  alle  Schulen  wesentlich  in  einem  und  demselben 
Kreise  gangbarer  Themata  bewegen.     Ich  habe  seit  zehn  Jahren  und 

1* 


4  Scliiilfragen. 

darüber  ans  den  Programmen  die  Themata  zu  meinem  Gebraiiclio  ge- 
sammelt, finde  aber  seil  Jahren  schon  nur  selten  noch  ein  Thema,  das 
icli  nicht  bereits  in  meiner  Sammlung  hülle.  Die  Behörden  endlich 
könnten  sich,  was  ich  allerdings  nicht  wiinschen  würde,  die  Auf- 
gaben alijährlich  von  den  Direcloren  einreichen  lassen.  Die  Schul- 
collegien  sollten  die  Sache  doch  ernstlicher  Prüfung  würdigen. 

Es  ist  wenig,  was  ich  vorsciilage;  Ihue  die  Schule  aber  nur  das 
Wenige  getreulich,  so  wird  das  Publicum  sich  von  selbst  scheuen, 
sich  zum  groszen  Schaden  für  Lehrende  und  Lernende  in  die  Schulen 
hineinzudrängen. 

10. 

Es  ist  natürlich  notwendig,  dasz  den  gleichartigen  Bildungs- 
anstalten,  wie  z.  B.  den  Gymnasien,  das  gleiche  zu  ersirebende  und 
zu  erreichende  Ziel  gesetzt  sei,  wenn  auch  einige  wenige  Anstallen 
von  vorzüglich  günstigen  V^erhällnissen,  wie  z.  B.  die  Schulpforte, 
über  dies  Ziel  hinausgehen  können.  Es  ist  aber  durchaus  keine  Not- 
wendigkeit abzusehen,  dasz  alle  jene  Anstalten  auf  dem  gleichen 
Wege  zu  diesem  Ziele  zu  gelangen  suchen.  Denn  es  ist  vorauszu- 
setzen, dasz  jene  Anstalten,  wenn  ihnen  eine  gewisse  Freiheit  über 
die  Wahl  ihres  Weges,  über  die  Stationen  welche  ihnen  notwendig 
scheinen,  über  die  Kräfte  weiche  sie  einsetzen  wollen,  gestattet  wird, 
nicht  mit  geringerem  Eifer  und  Ernst  jenem  Ziele  zustreben  werden.  Viel- 
leicht mit  gröszerer  Freudigkeit,  welche  stets  aus  dem  Vertrauen  ent- 
springt, mit  dem  man  sich  betrachtet  und  behandelt  sieht,  gewis  aber 
mit  sichereren  Erfolgen,  wenn  es  ihnen  gestattet  wird,  sich  nach  ihren 
unabänderlichen  localen  und  anderweitigen  Verhältnissen  zurichten. 

Die  Unterschiede  sind  selbst  nach  den  Provinzen  nicht  zu  ver- 
kennen. 

Ich  habe  eine  Zeit  lang  in  der  Provinz  Sachsen,  dann  eine  Reihe 
von  Jahren  in  der  Mark  unterrichtet.  Es  ist  nicht  zu  viel  behauptet, 
wenn  ich  sage,  dasz  dort  in  Bezug  auf  allgemeine  geistige  Tüchtigkeit 
und  Bildung  die  Tertia  mindestens  eben  so  hoch  stand,  wie  hier  die 
Secunda.  Diese  Differenz  gieng  durch  alle  Klassen  hindurch  und  war 
überdies  eine  so  constante.  so  von  dieser  oder  jener  Lehrerpersönlich- 
keit unabhängige,  dasz  sie  von  uns  durch  keine  Mittel,  keine  Kraft- 
anslreng-ung'  zu  überwinden  war.  Es  war  uns  allen  einleuchtend,  das/, 
dieser  Mangel,  welcher  uns  schwer  drückte  und  niederbeugte,  nur 
durch  eine  Modification  des  Lehrplans  zu  besiegen  war,  namenilich 
durch  Verstärkung  von  denjenigen  Lectionen,  welche  in  den  untern 
Klassen  am  meisten  auf  die  allgemeine  geistige  Bildung  einwirken  und 
von  dem  Stand  derselben  am  meisten  Zeugnis  ablegen.  Ich  brauche 
nicht  zu  sagen,  dasz  wir  hierbei  besonders  an  das  Deutsche  dachten. 

Aber  wie  viel  und  wie  grosz  sind  die  Unterschiede  in  einer  und 
derselben  Provinz,  zwischen  gröszeren  und  kleineren  Städten,  Uni- 
versitäls-  und  anderen  Orten,  Alumnaten  und  anderen  Gymnasien.  Eine 
Stundenzahl,  die  für  Berlin  oder  für  die  Pforte  völlig  ausreichend  ist, 
ist  darum  noch  nicht  für  andere  Gymnasien  eine  angemessene.    Ver- 


Schulfragen 


o' 


gegenwärtigen  wir  uns  doch  nur  einmal,   was  jene  grösseren  Städle 
vor  uns  armen  kleinen  l>eiiten  voraus  liai)en. 

Erstens  bringen  uns  unsere  Schüler,  die  wir  meist  aus  kleinen 
Slüdten  oder  vom  Lande  bekommen,  ein  Deutsch  mit,  von  dem  man  in 
groszen  Städten  kaum  eine  Ahnung  iiat:  es  ist  voll  sprachlicher  Un- 
richtigkeiten und  voll  Provinzialismen.  Seit  in  den  vornehmen  Häu- 
sern die  Sitte  herscht,  dasz  die  Kinder  des  Hauses  von  den  Eltern  ge- 
trennt und  mehr  im  Umgang  mit  den  Dienstboten  als  mit  jenen  leben, 
sind  auch  die  Schüler  aus  guten  Familien  nicht  mehr  im  bevvusllosen 
und  gewolinlen  Besitz  einer  reinen  und  gebildeten  Ausdrucksweise. 
Selbst  die  Aussprache  bleibt  uns  mit  groszer  Mühe  zu  bilden.  Es 
dauert  lange  Jahre,  ehe  es  der  Schule  gelingt,  dieses  Fehlers  einiger- 
maszen  Herr  zu  werden.  Er  steckt  so  tief  in  der  Natur,  dasz  er, 
kurze  Zeit  unbeachtet  gelassen,  wie  ein  Unkraut  wieder  hervorbricht 
und  den  Garten  rasch  aufs  neue  überwuchert,  den  man  eben  gereinigt 
zu  haben  glaubte. 

Zweitens  haben  die  Schüler  gröszerer  Städte  unverhällnismäszig 
viel  mehr  gesehen  und  gehört  als  die  unsern  und  bringen  eine  viel 
mehr  geweckte  und  geübte  Beobachtungsgabe  mit. 

Man  sehe  nur  in  Berlin  die  Knaben  aus  der  Schule  kommen  und 
man  wird  sich  überzeugen,  wie  sehr  bei  ihnen  die  Lust  am  Hören  und 
Sehen  rege,  ihre  Aufmerksamueit  nach  allen  Seilen  hin  geschäftig, 
ihre  Beobachtungen  scharf  und  ilire  Bemerkungen  und  Urleile  treffend 
sind,  wenn  sie  nicht  bereits  in  dem  Lebensalter  stehen,  in  dem  es 
zum  vornehmen  Tone  gehört,  mit  scheinliarer  Gleichgültigkeit  an 
allem  vorüberzugehen,  was  den  natürlichen  Sinn  reizen  könnte.  Wie 
wichtig  aber  diese  Aufmerksamkeit,  diese  Kraft  der  Beobachtung  sei, 
ist' kaum  mit  Worten  auszusprechen.  Vor  kurzem  ist  ein  ganz  vor- 
trelfliches  Buch  erschienen  ,  dessen  Absicht  ist  auf  die  Notwendigkeit 
hinzuweisen,  dasz  die  Jugend  von  vorn  herein,  zunächst  durch  die 
Eltern,  dann  durch  die  Schule  angehalten  und  angeleitet  werde,  je 
nach  ihrem  Lebensalter  genau  zu  sehen  und  scharf  zu  hören,  aufzu- 
merken und  zu  beobachten.*)  Jedermann  weisz  es,  wie  Fichte  hierüber 
geurteilt  hat.  Es  hätte  nicht  viel  gefehlt,  dasz  er  die  Zerstreutheit 
für  die  Quelle  aller  andern  Fehler  erklärt  hätte.  Wie  wenig  bietet 
nun  eine  kleine  Stadt  hierfür  ihren  Schülern  !  Es  ist  schon  ein  Ereig- 
nis, wenn  ein  Panorama,  eine  Menagerie,  eine  Kunstreiterbande,  ein 
Bergwerk  u.  dgl.  bei  uns  zu  sehen  ist,  und  wir  müszen  es  schon  als 
ein  Glück  betrachten,  wenn  die  Einförmigkeit  ihres  Lebens  und  Denk- 
kreises einmal  auf  kurze  Zeit  etwas  Leben  und  Manigfaltigkeit  be- 
kömmt. Wie  sehnen  wir  den  Sommer  herbei,  wo  die  Knaben  wieder 
mit  ihrem  Lehrer  in  den  Wald  gehen  und  die  Blumen  auf  den  ihnen 
von  früher  her  wohlbekannten  Plätzen  aufsuchen  können!  Ich  finde 
selbst  einen  Knaben,  der  auch  nur  seine  Botanik  mit  Passion  treibt, 
hierdurch  vor   andern   Knaben   bevorzugt.     Aber   wie   viel    mehr  be- 


*)    [Ist    da.s    Bd  LXXXII  S.  572  besprochene    Buch   von  Schreber 
gemeiut?  D.  ß.] 


6  Scluilfragcn. 

dürften  wir,  um  unsere  Knaben  aus  ihrem  stumpfen  Dahingehen  heraus- 
zubringen und  ihnen  Auge  und  Ohr,  aber  auch  das  Herz  zu  öffnen  ? 
Wie  wenige  z.  B.  finden  ein  Interesse  daran,  einem  Handwerker  bei 
seiner  Arbeit,  in  seiner  Werkstatt  zuzusehen,  und  wie  wenige  fühlen 
einen  Trieb  in  sich,  was  sie  gesehen  liabeii  naclizumachen  ?  IJeobach- 
Inng  und  Nachahmung  sind  aber  von  einander  nicht  zu  trennen;  die 
frühe  Belebung  beider  ist  eine  Sache  von  höclister  Bedeutung.  Oder 
bilden  wir  uns  ein,  dasz  das  geistige  Auge  deshalb  um  so  schärfer 
sein  werde,  wenn  die  Aufmerksamkeit  auf  Gegenstände  der  Natur  oder 
des  uns  umgebenden  Lebens  nicht  erweckt  und  gebildet  ist?  Unsere 
Schulmänner,  hoch  und  niedrig,  sollten  doch  i)ei  den  Philanihropislen 
zuweilen  in  die  Lehre  gehen;  sie  würden  unter  andern  auch  sehen, 
wie  wol  Leute  wie  L  i  e  b  er  k  ü  h  n  ,  C  a  m  pe  u.  a.  diese  Seite  zu  be- 
achten vvnslen  und  mit  welcliem  Geschick  sie  dabei  verfahren  sind. 
Von  Li  eher  kühn  namcnllich  könnte  ich  und  werde  ich  vielleicht 
gelegentlich  ein  und  das  andere  milliieilen. 

Eben  so  fehlt  es  unsern  Zöglingen   drillens  an   der  Darstellungs- 
und Mitlheilungsgabe,  welche  in  groszen  Slädleu  in  jedem  Stande  und 
jedem  Lebensaller  zu  finden  ist,  und   eben   so  in  geschlossenen   An- 
stalten  und  Alumnuten   durch    das    sielige    Zusammenleben    so    vieler 
Zöglinge  von  selbst  entsteht.     Ich  weisz  reclil  gut,   dasz  diese  Gabe 
auch   ihre  Schallenseile  hat,  dasz  sie  zu   einem  widerlichen  und  an- 
maszenden  Häsonnieren  und  Schwadronieren  werden  kann,  aber  darumi 
ist  jener  Mangel   immer  ein  Mangel,   und    ein  sehr   fühlbarer  für  uns. 
Es   währt   auszerordenllich    lange,  ehe  wir  es  dabin  bringen  ,    unsern 
Knaben   die  Zunge  zu   lösen  und  sie  zum  Sprechen  zu   noligen.     Bei 
manchen  unserer  Schüler  erreichen  wir  dies  nie,  wie  ja,  was  zur  rech- 
ten, naturgenuis/,en  Zeit  versäumt  ist,  verspätet  immer  nur  kiinimerlieh 
gedeiht.    In  den  unteren  Klassen  sträubt  sich  der  Schiller,  in  das  Detail 
einerErzählung  oder  Ijesciireibnng  einzugehen,  in  den  mitlleren  und  obe- 
ren Klassen  einem  nalüriichen  Gefühle  einen  Ausdruck  zu  geben,  einen 
Gedanken  zu  motivieren  oder  weiter   zu  entwickeln  und  zu  verfolgen. 
Ein  Viertes  ist  der  Bfangel  an  Gesclimackshildiirig,  und  dieser  tritt 
namentlich  in    den  mittleren  und  oberen  Klassen  hervor.    Es  fehlt  un- 
sern Knaben  an  dem  Gefühle  für  das  Passende  und  Schickliche,  für  das 
Schöne  und  Edle,   für  das  Einfache  und  Natürliche,  wie  man  reichlich 
sowol   bei   ihrer  Leclüre  wie    bei  eigenen  Composilionen  wabnielimen 
kann.    Wo  dieser  Sinn    frühzeitig  belebt  und  gebildet  ist,   erfüllt  ei- 
die  Composilion  mit  einem  höheren  und  edleren  Geiste,   und  befähigt 
den  .lüngling    aus  den   Klassikern,    deren   \Verke   ja    in    jedem    ihier 
Tbeile,  ja  ihrer  Worte  von  dem  Hauche  der  Schönheil  angewehl  sind, 
in  viel  höherem  Grade  die  wahrhaft  bildenden  Kräfle  zu  gewinnen. 

Ich  bin  weit  entfernt  das  Gute  zu  verkennen  oder  zu  misachlen, 
welches  uns  durch  unsere  V^erhältnisse  lieschieden  ist  und  allerdiiiiis 
zum  Tlieil  als  Entscliädigung  für  jene  NacMheile  gellen  kann.  \N  ir 
haben,  da  des  Zerstreuenden  weniger  vorhantieii  ist,  in  der  Lehrstunde 
mehr  Aufmerksamkeif,  Sammlung  und  guten  ^^■illen  zu  lernen,  bei  der 


Schulfragen. 


eiiifucliereii  Sille  eine»  hei  cilwilligcren  Gehorsam  und  einen  stetij^eren 
Fleisz ,  niiiiieiillich  wo  iiiil  dein  Gedüchliiis  xu  arlieilen  ist,  bei  der 
«frösiereii  Nalnrwiiclisi;.rlu'il  iiielir  liiltiisivitiit  des.  \\'illens  und  der 
ThalkraJ't,  bei  dem  eiiiliicheren  Sinne  mehr  Verlrauen  /.n  dem  ^^'ürt  des 
Lehrers.  Aber  ist  es  uns  zu  veideiiUen  ,  wenn  \\ir  das  Gute,  dessen 
wir  uns  dankbar  freuen,  nicht  verlieren,  und  zugleich  jenen  Mangeln, 
die  wir  auf  das  schmerzlichste  em[)fiiiiien  ,  abhelfen  möchten,  zumal 
wenn  wir  glauben,  dasz  ihnen  durch  gewisse  Modilicaliunen  des 
Lehrplans  und  durch  die  vertrauensvolle  Gewahrung  einer  groszereii 
Selbständigkeit  und  Freiheit  begegnet  werde«  könne? 

Einige  Vorschlage  dazu. 

Zunächst  reichen  w  ir  mit  zu  ei  doulschen  Stunden ,  auch  mit 
dreien,  nicht  ans,  wenn  wir  unsere  Schüler  aus  ihrer  Hohheit  heraus- 
arbeiten sollen.  In  den  untern  und  mittleren  Klassen  soll  der  Lehrer 
in  einem  I4lägigen  Cyclus,  d.  h.  in  4  Slunden,  Leclüre  treiben,  decla- 
inieren  lassen,  daneben  einen  Tbeil  der  Grammatik  durclinehni»n  ,  die 
Aufsalze  der  Klasse  zurückgeben  und  zu  dem  neuen  Aufsalz  eine  An- 
leitung geben.  Was  soll  aus  jedem  dieser  Uiiige  werden?  Man  sagt, 
jede  Unterrichtsstunde  sei  eine  deutsche.  Das  ist  theoretisch  sehr 
schön,  praktisch  und  in  der  \\  irkliclikeil  aber  unwahr,  üer  Schüler 
iernl  das  Deutsche  mit  ßewuslsein  nur  am  Deutschen  und  in  den  deut- 
schen Lectionen  ;  gewinnt  er  hier  nicht  die  Fähigkeit  seine  Jlutler- 
sprache  mündlich  und  schrifliicb  mit  Cewnslsein  zu  handhaben,  einen 
deutschen  Aulor  mit  Nachdenken  zu  lesen,  in  den  griechischen  und 
lateinischen  Lectionen,  in  der  lieligion  und  in  der  Geschichle  gewinnt 
er  sie  gewis  nicht,  weil  er  hier  nur  beiiaulig  auf  das  Deutsche  achten 
und  sein  ganzes  Interesse  dem  l''achgegenstande  der  Leclion  zuwenden 
wird.  Ueberdies  lehrt  uns  unsere  lirfabrung,  dasz  unsere  im  Tliilolo- 
gischen  besten,  im  Denken  scbiirfsten  Schüler  im  Deulschen  oll  sehr 
millelmäszig  sind.  Docii  dies  wird  uns  noch  Anlasz  zu  einer  beson- 
dern Erörterung  werden  müszen. 

Zweitens  wünschte  ich,  dasz  für  die  Schärfung  und  Bildung  von 
Aug  und  Ohr  in  den  mittlereti  und  unteren  Klassen  noch  mehr  ge- 
schähe. Botanik  und  Zoologie  sind  in  Sexta  und  Quinta  unerläszlich ; 
warum  aber  fallen  in  Quarta  bei  uns  diese  Slunden  aus,  so  dasz  die 
Naturbeschreibung  in  Tertia  isoliert  dasteht  und  in  dieser  isolierten 
Stellung  unbrauchbar  wird?  Neben  jenen  würde  Mineralogie  und 
Krystallügraphie  mit  Erfolg  zu  treiben  sein;  einen  äuszerst  IrelTlicheti 
und  anregenden  Unterricht  habe  ich  vor  .lahreii  in  diesen  Fächern  in 
Quarta  kennen  gelernt.  AN'eiter  hinauf  würde  die  Anthropologie,  wie 
sie  in  meiner  Jugend  in  Tertia  hier  und  da  gelehrt  wurde,  ingleiclien 
experimentale  Physik  und  Technologie  den  Schülern  fruchfreich  sein, 
w  eiche  in  die  oberen  Klassen  nicht  aufsteii^en.  Vor  allem  aber  niüst;^ 
der  Geometrie  eine  Formenlehre  voraufgehen,  mit  der,  uenti  sie  nicht 
geistlos  betrieben  wird,  wenn  sie  namentlich  den  Knaben  mit. Zirkel 
und  Lineal  etwas  machen  lehrt,  im  allerhöchsten  Grade  anregend  und 
belebend  gewirkt  werden  kann. 


8  Schulfragen. 

Noch  eine  Beobachtung,  die  vielleicht  zu  nutzen  wäre. 

Im  Deutschen  zeichnen  sich  oft  Knaben  vortheilhaft  aus,  mit 
denen  es  im  Lateinischen  und  Griecliischen  nur  kümmerlich  steht.  Es 
sind  meist  Knaben  aus  guten  Häusern,  die  von  auswärts  zu  uns  kom- 
men. Sie  sieben  mit  den  Ihrigen  in  lebliaftem  Briefwechsel,  haben  an 
den  Briefen  von  Hause  ein  Vorbild,  sind  genötigt  über  sich  und  ihre 
Verhältnisse  den  Eltern  genaue  ununterbrocbene  Mitlheilungen  zu 
machen  und  bleiben  so  in  der  stetigsten  Uebung  im  Schreiben.  Ich 
habe  in  Folge  dessen  in  den  mittleren  Klassen  stets  gern  den  Briefstil 
gepflegt,  in  Prima  auch  den  lateinischen.  Indes  glaube  ich,  dasz  den- 
kende Lehrer  auch  noch  anderweitig  aus  dieser  Erfahrung  Nutzen 
ziehen  könnten. 

Und  nun  noch  einmal  die  Frage: 
*ist  es  möglich  dasz  bei  so  groszen  Differenzen,  wie  sie  aufgezeigt 
sind,  das  Princip  der  Uniformität  ohne  groszen  Schaden  aufrecht 
erbalten  werde?' 

11. 

Die  Frage,  ob  man  den  Schülern  das  Tanzen  erlauben  oder  es 
ihnen  wehren  solle,  scheint  den  oberen  Schulbehörden  eben  so  viel 
Scrupel  zu  bereiten,  wie  den  Schulen  selber.  Man  musz  dies  wenig-- 
stens  aus  den  Verfügungen  entnehmen,  welche  von  ihnen  über  Tanz- 
unterricht und  Tanzvergnügungen  erlassen  w^ordcn  sind.  Sie  erkennen 
die  Unmuglichkeit ,  das  Tanzen  absolut  zu  hindern  ;  sie  sehen  dasz  es, 
wie  sehr  man  auch  dagegen  eifern  möge,  doch  von  der  allgemeinen 
Sitte  getragen  sich  erhalten  und  behaupten  werde;  sie  verhehlen  sich 
andererseits  nicht  die  groszen  Gefabren,  in  welche  es  die  Jugend 
stürzen  könne,  und  die  Hindernisse,  welche  es  dem  Fleisze  und  der 
sittlichen,  zuchtvollen  Bildung  der  Jugend  bereite;  sie  würden  es  end- 
lich doch  am  liebsten  sehen,  wenn  man  das  Tanzen  ganz  und  gar  be- 
seitigen könnte.  Es  sind  dieselben  Klippen,  zwischen  denen  auch  die 
armen  Schulen  ihr  Schilf  hindurchlenken  müszen,  nur  dasz  sie  der 
Gefahr  anzustoszen  und  Slisfallen  von  dieser  wie  von  jener  Seile  zu 
erregen  und  daher  selbst  diesen  und  jenen  Schwankungen  in  ihrem 
Curs  noch  viel  mehr  als  jene  ausgesetzt  sind. 

Es  wäre  sehr  überflüssig,  wollte  ich  die  Gründe  pro  et  contra 
das  Tanzen  hier  wiederholen:  um  so  überflüssiger,  da  diese  ganze 
Sache  nicht  mehr  von  Gründen  abhängig  ist,  sondern  als  ein  fait 
accompli  dasteht.  Es  fragt  sich  nicht  mehr,  ob  zu  tanzen  ist  oder 
nicht  —  denn  es  wird  getanzt,  nicht  ob  das  Tanzen  sündbaft  sei  oder 
nicht  —  denn  die  Sitte  hat  es,  wie  es  denn  in  der  menschlichen 
Natur  seine  Wurzel  hat,  vollständig  sanctioniert;  es  fragt  sich  nur, 
wie  die  Schule  sich  dagegen  zu  verhalten  hat.  Ich  denke:  weder 
positiv  noch  negativ,  wol  aber  bewachend  und  be- 
schränkend. 

Wie  könnte  ein  Lehrer  positiv  zum  Tanzen  anregen  wollen,  wenn 
ihm  bewust  ist,    in  welche  Gefahren   dasselbe  den    Jüngling  ziehen 


Schulfragcn.  9 

kann?  anregen,  ehe  bei  dem  Jüngling  der  Trieb  darnach  von  selbst 
erwacht  ist?  Es  ist  ein  gewaltiger  Unterschiert  zwisciien  Zulassen 
und  Provocieren,  Die  Verantwortung  für  das  letztere  könnte  ich  nicht 
übernehmen;  dem  ersteren  kann  man  Hanm  geben,  sowol  als  einem 
unvermeidlichen  wie  als  einem  Tiiun  .  das  unter  gewissen  Umstanden 
eben  so  viel  Gutes  wie  Schlechtes  mit  sich  führen  kann,  das  an  sich, 
wie  alles  Natürliche,  weder  gut  noch  schlecht  ist,  sondern  das  eine 
oder  das  andere  wird,  je  nachdem  es  unter  die  Herschaft  der  Sittlich- 
keit gestellt  wird  oder  nicht. 

Denn  auch  das  Nichttanzen  ist  nicht  ohne  Gefahren  und  der  Rigo- 
rismus gegen  das  Tanzen  straft  sich  oft  schwer.  Wer  dem  natürlichen 
Zuffe  widerstrebt,  nuisz  befiirchten  dasz  die  Natur  sich  durch  unnatür- 
liehe  Verirrungen  räche.  Wer  den  Jüngling  aus  geselligen  Kreisen 
verbani.t  und  ihm  einen  Umgang  nimmt,  der  ihm  naturgemäsz  ist, 
musz  erwarten  dasz  er  sich  für  das  versagte  anderswo  schadlos  halte. 
Ich  spreche  aus  eigener  Erfahrung.  Wir  hallen  versucht,  unsern 
Schülern  das  Tanzen  überhaupt  abzuschneiden;  die  Folge  davon  war, 
dasz  einerseits  die  Neigung  zu  Trinkgelagen  und  Tabakscollegien 
wuchs,  andererseits  sich  Familien  fanden,  welche  sie  privatim  für  das 
entschädigten,  was  ihnen  öffentlich  versagt  war.  Wir  glaubten  den 
Baum  ausiierottet  zu  haben,  und  siehe  wie  aus  den  uns  unerreichbaren 
Wurzeln  Zweig  auf  Zweig  wieder  aufsehosz.  Der  Schaden  erschien 
uns  allen  so  grosz ,  dasz  wir  uns  entschlossen  das  Tanzen  nicht  mehr 
zu  verbieten,  sondern  es  zu  einem  Gegenstande  unserer  erziehenden 
Sorge  zu  machen.  Wir  haben  diesen  Entschlusz  in  der  That  bis  jetzt 
nicht  zu  bereuen  gehabt. 

Wir  beschränkten  es  nach  Zeit  und  Ort,  nach  Lebensalter  und 
Persönlichkeit;  wir  umgaben  es  mit  Schranken,  die  weit  genug  waren 
sich  darin  mit  Freiheit  und  Leichtigkeit  zu  bewegen  und  doch  der 
Ausschweifung  wehrten;  wir  hielten  vor  allen  Dingen  stets  unser  Auge 
darauf  gerichtet;  wir  lieszen  die  Schüler,  was  sie  wünschten,  unter 
unsern  Augen  und  in  unserer  Gemeinschaft  genieszen.  Und  so  halten 
wir  es  noch. 

Wir  setzen  voraus,  dasz  das  Tanzen  dem  Jünglingsalter  natur- 
gemäsz sei,  nicht  dem  des  Knaben,  und  gestatten  es  daher  nur  Schü- 
lern der  beiden  obern  Klassen,  die  diese  Beschränkung  als  eine  Prae- 
rogative  für  sich  betrachten  und  zu  schätzen  wissen.  Wir  gestatten 
aber  auch  diesen  das  Tanzen  nicht  ohne  weiteres,  sondern  geben  zu 
jedem  einzelnen  Falle  jedem  einzeln  unter  gewissen  Formen  hierzu 
die  ausdrückliche  Erlaubnis.  Wer  sich  dieser  durch  Unfleisz  oder 
Zuchtlosigkeit  irgendwie  unwürdig  gemacht  hat,  dem  wird  sie  ver- 
weigert. Auf  diese  Weise  wird  uns  das  Tanzen  selbst  zu  einem 
Zuchtmittel  und  zu  einem  nicht  unwichtigen.  Wir  gestatten  das 
Tanzen  auch  nur  in  einem  geschlossenen  Kreise,  wie  sie  in  kleineren 
Städten  immer  sich  bilden,  in  einem  Kreise,  in  welchem  die  Schüler 
nur  im  Gefolge  älterer  Personen  erscheinen,  nie  selbständig  auftreten, 
nie  die  Tonangeber  sein  können,  sondern  sich  stets  als  die  zugelassenen, 


10 


Schul  fragen. 


als  Gäslo  iiilileii  müszen.  ^^'i|•  fiberwaclieii  etidlicli  peisonlicli  Halliini,'- 
jiiui  Führung  unserer  Pllcglinge,  und  ge\\  innen  dadurch  die  Möglich- 
keit, in  allen  Be7>ieliungen  moderierend  auf  sie  einzuwirken. 

Unsere  Thäligkeit  ist  also  dem  Tanzen  gogenüber  nicht  positiv, 
nicht  negativ,  sondern  eine  liniilierendo,  und  dies  Verfahren  ist  mir, 
ich  gestehe  es  olfen,  als  das  einzig'verstandige  erschienen,  als  das, 
welches  relativ  am  wenigsten  nachtheilige  Folgen  gehabt  hat. 

12. 

Ich  komme  zu  einem  Punkte  im  Schulleben,  über  den,  wie  ich 
sehe,  nicht  minder  dilferierende  Ansichlon  obwalten,  als  über  die  Art 
und  ^^'eise,  wie  sich  die  Schule  zu  den  Vergtiügungen  der  Schüler 
verhallen  solle.  Es  ist  die  Feier  des  iieiligen  Abendmahles  von 
Seilen  der  Schule.  Sie  wird  von  der  Schule  erwartet,  ja  gefordert, 
und  ist,  wie  ich  ans  den  Programmen  sehe,  überall  im  Gebrauche: 
andererseits  würde  man  es  der  Schule  als  religiösen  Zwang  und  der- 
gleichen auslegen,  wenn  sie  die  Schüler  absolut  zur  Theilnahme  an 
dieser  Feier  nötigen  wollte.  Sie  bewegt  sich  auch  hier  zwischen 
zwei  Extremen  auf  und  ab,  von  denen  sie  das  eine  wie  das  andere 
zu  vermeiden  hat.  Sie  soll,  wie  jedermann  sieht,  Freiheit  und  Nöti- 
gung mit  einander  in  Einklang  zu  bringen  suchen:  sie  wird  es,  dünUi 
mich,  am  vollUommensten ,  wenn  alle  ihre  Zöglinge  an  dem  Genüsse 
des  heiligen  Abendmahles  theilnehmen  und  keiner  von  allen  dabei  einert 
Zwang  zu  erleiden  glaubt. 

Doch  so  leicht  sich  diese  Formel  in  der  Theorie  ergibt ,  so  viel 
Schwierigkeilen  hat  es,  sie  in  der  Praxis  zur  Anwendung  zu  bringen, 
und  wohl  den  Schulen,  die  bei  der  Praxis  durch  einen  langjährigen 
Usus,  durcii  eine  elirw  ürdige  Tradition  unlerstülzt  werden,  welche  für 
Lehrer,  Schüler  und  Publicum  eine  respectierle  Auloritiil  ist.  Denn 
ich  kenne  Anstalten,  an  denen,  wenn  die  Schule  das  Abendmahl  genosz, 
sich  nur  einige  wenige  Schüler  um  das  Lehrercollegium  sammelten. 
Ja  ich  kenne  eine  Schule,  wo  noch  neuerdings,  als  der  Uireclor  eine 
gemeinsame  Conimunion  für  die  Schule  veranstalten  wollte,  selbst  die 
Lehrer  erklärten,  dasz  sie  sich  keinem  Gewissenszwange  unterwerfen 
würden.  Sehen  wir  selbst  von  einer  Seite,  wo  dies  am  wenigsten  zu 
erwarten  stand,  sich  Opposilion  gegen  die  gemeinsame  Feier  des  Abend- 
mahls erheben,  sollte  da  die  Schule  nicht  besser  thun  ,  diese  Vereini- 
gung ganz  aufzugeben  und  die  Communion  völlig  den  einzelnen  zu 
überliissen?  in  Anstalten  zumal,  welche  in  keiner  anderen  Beziehung 
den  Charakler  geschlossener  Institute  tragen? 

Die  Schule  ist  nicht  blos  eine  Lehranstalt,  ihre  Aufgabe  nicht 
Llos  der  Unterricht;  sie  ist  cbensowol  ein  erziehendes  Inslilut,  und 
Gesinnung  und  Wandel  der  Schüler  sind  ihr  nicht  minder  anvertraut, 
als  deren  geistige  Entwicklung  und  Bildung.  Wäre  sie  blos  Lihr- 
anslall,  so  halle  sie  keine  Veranlassung  sich  des  religiösen  Lebens 
ihrer  Zöglinge  anzunehmen;  so  aber  liegt  ihr  die  Wahrung  desselben 
als  eine  ihrer  wesentlichen   und  unabweislichen  Aufgaben  ob.     Hierin 


Scliulfragen.  1] 

liegt  dahfir  auch  das  Hecht  der  Schule,  die  Theiluahuie  ihrer  Schüler 
Uli)  kirchlichen  Lebe»  und  die  Benulzun«;  der  (jiiadenniillel  von  Seiten 
ihrer  Schüler  zu  fordern.  Denn  die  Verpllichluiiy,  über  die  Sitllich- 
Ueil  derselben  zu  waciien.  sclilie&zl  zugleich  die  Verjdlichluiiy  in  sich, 
die  Sti)ruiit;;cn  des  silllicheii  i^ebetis  ins  Auf^e  zu  fassen  und  iiireii 
Schülern  zu  einem  vollen  ßeuusiseiii  zu  bringen,  und  ebenso  diese 
Störungen  und  Trübungen  aufzuheben  nnil  sie  zur  Versöhnung  und 
zum  iMieden  mil  CIoll  zuriicliziiliiiireii.  Eine  Schule,  der  es  mit  ihrer 
Aufgabe  Ernst  ist,  Miiide  einen  Schüler  nicht  in  ihrer  Milte  dulde» 
können,  welcher  es  beharrlich  und  i)rinci|)iell  verschniäiile,  sich  auf 
diesem  ^\'ege  vo»  ihr  führen  zu  lassen.  Nun  ist  allerdings  die  Familie 
berechtigt  die  Ihrigen  zu  einer  solchen  Feier  um  sich  zu  versammeln: 
andererseits  aber  fordert  die  Schule,  dasz  ihre  Zöglinge  mit  ihr  ge- 
ineiHSchaftlich  ihre  Heue  über  die  Sünde  bekennen  und  das  Verlangen 
in  sich  fühlen,  immer  aufs  neue  sich  in  der  lebendigen  Gemeinschaft 
mit  dem  heiligen  und  gerechten  Goll  zu  befestigen.  Es  isl  natürlich 
und  nolwcndig,  dasz  der  Knube  und  Jüngling  in  einer  dieser  Gemein- 
schaften, denen  er  angehört,  seine  Sünden  bekenne  und  die  Versöhnung 
mit  Gott  suche.  So  lange  er  der  silllichen  Führung  bedarf,  wird  er 
selbst  in  sich  das  Bedürfnis  fühlen,  an  der  Hand  derer,  die  über  seine 
Silllicbkeil  wachen,  zu  der  ernsleslen  Feier,  welche  die  Erde  kennt, 
heranzulrelen.  Die  Familie  wird  wie  die  Schule  und  die  Schule  wie 
die  Familie  darauf  halfen,  dasz  er  in  dieser  heiligen  Stunde  nicht  von 
ihr  zurückbleibe. 

Und  die  F'amilie  wird,  wo  es  dei;  Schule  inil  ihrer  sitilichen  Pflege 
Ernst  ist,  gern  dieser  ihr  Anrecht  überlassen,  wie  sie  ihr  ja  ihr  An- 
recht an  der  Erziehung  überliiszl.  Weisz  sie  doch,  dasz  es  die  Mo- 
mente sind,  in  denen  auch  vcrhiirlete  Gemüter  weich  werden  und  sich 
dem  ernsten  \\'orle  des  Lehrers  öffnen,  der  nicht  blos  als  Lehrer,  als 
Erzieher,  sondern  als  Milerlöster  ihnen  zur  Seile  sieht,  mil  ihnen  seine 
Schuld  bekennt  und  mit  ihnen  das  Siegel  der  göttlichen  Gnade  empfangt. 
Sie  wird  es  uin  so  mehr,  da  ja,  svas  in  der  Gemeinschaft  der  Schule 
und  gegen  diese  Gemeinschafl  gefehlt  ist,  alle  Verschuldung,  welche 
in  den  Kreis  der  Schule  fällt ,  bei  keiner  andern  Gelegenheil  so  sehr 
vor  die  Seele  treten,  so  tief  als  eine  Sünde  gegen  den  heiligen  und 
gerechten  Goll  empfunden  werden  kann  als  da,  wo  Lehrer  und  Schüler 
sich  zur  Feier  des  Abendmahles  vereinen.  Denn  es  sind  nicht  so  nnri 
so  viel  einzelne,  welche  hier  dem  Herrn  nahen,  sondern  es  ist  zugleich 
ein  sittliches  Ganzes,  welches  sich  reinigen  lassen  will  und  die  erneute 
Gemeinschaft  n)it  Gott  sucht,  und  der  einzelne  hat  das  Be\\  usL^ein, 
dasz  auch  seine  Schuld  gegen  die  Schule  damit  hinweggenommen 
werde. 

Es  ist  immer  schwer  zu  sagen,  was  bei  dem  einzelnen,  welcher 
sich  dennoch  von  dieser  Gemeinschaft  ausschliesze,  zu  Ibun  sei.  Doch 
gibt  es  geviisse  allgemeine  Grundsätze,  welche  einen  Halt  geben 
können. 

Wünschen  Eltern  dasz   ihre   Kinder   mit    ihnen  zum   Abendmahl 


12  Schulfragen. 

gehen,  so  lasse  ich  sie  liien'iber  sich  schriftlich  erklären  und  zugleich 
die  Versicherung  geben,  dasz  sie  in  dieser  Beziehung  in  Weise  christ- 
licher Eltern  für  die  Ihrigen  Sorge  tiagen  wollen. 

Treten  mir  Schüler  mit  einer  unmotivierten  Weigerung  entgegen, 
sei  es  dasz  sie  sich  in  solchen  Dingen  nicht  durch  die  Schule  Ver- 
pflichtetglauben, sei  es  dasz  sie  sich  nicht  in  der  angemessenen  Stim- 
mung fühlten,  so  suche  ich  sie  über  die  Verpflichtung  der  Schule  zu 
belehren  —  nicht  über  das  Recht  der  Schule  — ,  führe  sie,  so  weit 
ich  es  vermag,  auf  den  Grund  ihres  Widerstrebens  zurücU,  trete  darüber 
mit  ihren  Eltern  in  Rücksprache,  betrachte  sie  aber  dann  einstweilen 
als  Kranke,  an  deren  Genesung  man  nicht  zu  verzweifeln  habe.  Bei 
fortgesetzter  Weigerung  und  bei  gefährlicher  Einwirkung  auf  andere 
würde  ich  dahin  wirken,  dasz  sie  unserer  Schulgemeinschaft  ganz  ent- 
nommen würden. 

Vornehmlich  aber  suche  ich  das  Gemeingefühl  in  der  Schule  zu 
beleben  und  zu  stärken.  Ist  dies  vorhanden,  so  wird  es  den  Schüler 
von  selber  ziehen,  auch  in  dieser  Stunde  seine  Gemeinschaft  an  der 
Schule  zu  bekunden. 

Wo  es  möglich  ist,  rathe  ich  die  Feier  nicht  an  einem  Sonnlage 
stattfinden  zu  lassen,  sondern  an  einem  Wochentage,  wo  auf  die  Vor- 
bereitung unmittelbar  das  Abendmahl  folgen  kann,  und  die  übrigen- 
Schüler  der  Anstalt  der  Feier  als  Zeugen  beiwohnen  zu  lassen.  Es 
sind  mir  herliche  Stunden,  in  denen  ich  so  mit  CoUegen  und  Schülern 
aus  den  Händen  eines  verehrten  Geistlichen  das  heilige  Sacrament 
empfangen  habe. 

Hat  sich  in  dieser  Hinsicht  erst  eine  Sitte  gebildet,  so  verschwin- 
det die  Opposition  dagegen  bald  ganz,  es  wäre  denn,  dasz  sich  von 
auszen  her  störende  und  feindliche  Elemente  einmischten ,  welche  je- 
doch dem  Geist  des  Ganzen,  so  lange  dieser  stark  ist,  werden  unter- 
liegen müszen.  C.  G. 

(Fortsetzungen  folgen.) 


2. 

Oeffeniliche  Reden.  Mit  einem  Anhange  paedagngischer  und  philo- 
logischer Beiträge  ron  D.  Ludwig  D  öd  er  lein.  Frankfurt 
und  Erlangen,  Zimmer  und  Heyder.   18(50.   8.  VIII  u.  446  S. 

Diese  dem  Herrn  Geheimen  Hofrath  Göttling  in  Jena  als  ein 
Denkmal  sechzigjähriger  Freundschaft  gewidmete  Sammlung  kleiner 
Schriften  und  Analekten  wird  zweifelsohne  von  Philologen  und  Schul- 
männern mit  derselben  freudigen  Anerkennung  aufgenommen  werden, 
wie  die  1843  und  1847  von  Döderlein  herausgegebenen  Reden  und 
Aufsätze.  Man  wird  in  den  neunzehn  vom  ,1.  1847  bis  1859  gehalteneu 
Reden  und  in  den  zehn  gröszeru  und  kleinem  Stücken,  die  im  Anhang 


Döderloin:  öffenllicho  Heden.  13 

entiialten  sind,  den  Meister  der  Rede,  welcher  sich  so  gut  wie  Enniiis 
der  tri;i  corda  rühmen  könnte,  wie  den  gewiegten  Didaktiker  und  Kri- 
tiker, und  inshesondere  in  den  Gedächtnisreden,  deren  letzte  dem  An- 
denken Nägelsbachs  gewidmet  ist,  eine  Frische  der  Empfindung 
erkennen,  welche  seilen  bis  ins  höhere  Alter  ansdanerl.  Wenn  ich 
aber,  um  dem  brieflich  ausgesprochenen  Wunsche  meines  allen  und 
lieben  Freundes  Döderlein  zu  entsprechen,  mit  einer  Anzeige  dieser 
seiner  dritten  Sammlung  vor  das  Piiblicum  der  Neuen  Jahrbücher  treten 
soll,  so  werde  ich  mich  nach  der  Natur  solcher  Sammlungen  vorzugs- 
weise mit  wenigen  Einzelheiten  zu  beschäftigen  haben,  aus  welchen 
mehr  oder  weniger  der  Geist  und  die  Art  des  Ganzen  zu  entnehmen 
ist;  und  mich  zuerst  zu  dem  Anhang  zu  wenden  veranlaszt  mich  eine 
Anmerkung,  womit  Döderlein  Nr  III  des  Anhangs  'paedagogi- 
s  ch  e  und  didaktische  Aphorismen'  beschlieszt:  *Es  würde  mir 
schmeicheln,  diese  Sätze  mit  den  Briefen  meines  alten  Freundes  .... 
C.  L.  Roth  (kleine  Schriften  II  S.  49— 175)  verglichen  zu  sehen.  Mit 
ihm  habe  ich  über  20  Jahre  freuiulnachbarlich  ,  er  am  Nürnberger,  ich 
am  Erlanger  Gymnasium,  in  gleicher  Thätigkeit  gelebt,  gute  und  böse 
Zeilen  des  bayerischen  Schulwesens  gemeinscliafllich  getragen  und  ge- 
nossen, vielfach  wol  auch  wechselseitige  Belehrung  ausgetauscht.  Man 
wird  bei  aller  diametralen  Verschiedenheit  von  Form  und  Ausdrucks- 
weise holTenllich  doch  eine  durchgreifende  Harmonie  der  Gesinnung 
auch  in  diesen  Sätzen  erkennen.'  Eine  solche  Vergleichung  anzustel- 
len, zumal  wenn  sie  Form  und  Ausdrucksvveise  befrelTen  soll,  scheint 
mir,  wenigstens  was  meine  Sachen  befrilTt,  kaum  der  Mühe  werlh  ; 
und  wenn  auch  etwas  dabei  zu  erholen  wäre,  so  käme  es  am  wenig- 
sten mir  zu,  die  Leser  der  Neuen  Jahrbücher  zu  einer  solchen  Betrach- 
tung einzuladen.  Dagegen  finden  sich  im  didaktischen  Theile  des  An- 
hangs und  mehr  noch  in  den  Schulreden  allerdings  disputable  Partien, 
in  welchen  ich  eine  über  die  Ausdrucksweise  hinausreichende  Ver- 
schiedenheit unserer  Auffassungen  und  Ansichten  erkenne.  So  sagt 
Döderlein  S.  297:  '^Mancher  Lehrer  lobt  seine  Schüler  nie  und  er- 
wartet dasz  die  Negation  des  Tadels  schon  als  Belobung  und  Beloh- 
nung von  ihnen  aufgenommen  werde.  Vortrefflich,  wenn  der  Lehrer 
selbst  in  den  Augen  seiner  Schüler  ein  Heros  und  ein  fast  übermensch- 
liches Wesen  ist;  denn  dann  kann  niemand  von  ihm  etwas  höheres  als 
ein  Zeichen  der  Zufriedenheit  erwarten,  so  wenig  als  von  Gott.  Allein 
das  sind  seltene  Wundermänner.  Ist  die  Enthaltung  vom  Lob  ein  Grund- 
satz des  Lehrers,  etwa  um  seine  Schüler  vor  Eitelkeit  und  Hochmut 
zu  bewahren,  so  wirkt  sie  nicht  günstig;  sie  macht  den  Eindruck  der 
malignitas ,  einer  kargenden  Misgunst.  Er  gebe  so  oft  er  kann  seine 
Zufriedenheit  laut,  aber  mit  ruhigem  Flrnst  zu  erkennen,  und  wenn  er 
gar  loben  kann,  lasse  er  den  Schüler  die  lebhafte  Freude,  die  es  ihm 
mache,  fühlen  und  mitempfinden.  Wenn  der  Schüler  nach  dem  Lobe 
seiner  Lehrer  innerhalb  der  Schulwände  eifrig  trachtet,  so  ist  das 
etwas  ganz  andres,  als  wenn  er  nach  einer  öffentlichen  Auszeichnung, 
etwa   durch  ein  Preisbuch,  geizt.    Jenes  ist  so  natürlich,   wie  dieses 


14 


Döderlein:  ölTentlicho  Reden. 


unnatürlich  ist  ...  .  Mutet  man  dem  Scliiilor  zu  ,  mit  seinem  guten 
Bcwustsein  und  der  stillen  ZiiFriodenhoit  seines  Lehrers  sich  zu  be- 
gnügen, so  ist  (las  nioialischer  Rigorismus.'  Mir  ist  auch  das  Ver- 
langen des  Schülers  nach  tielobung  vom  J.chrer  immer  ganz  natürlich, 
aber  das  nach  öfFentlicher  Auszoichnnnü,  wo  die  Gelegenheit  dazu  ein- 
mal vorhanden  ist,  nicht  im  mindesten  luin^itürlich  erschienen.  Da- 
gegen glaube  ich  vom  lieloben  wie  von  den  Prämien  in  der  Regel  fast 
nur  nachtheilige  Wirkungen  gesehen  zu  haben:  die  sitlliche  Anstren- 
gung wird  meist  dadurch  eher  zum  Stillstande  gebracht  als  gefördert. 
Gar  oft,  wenn  ich  gelobt  jiatle ,  kam  unmittelbar  darauf  eine  faktische 
Wider  leffiing  des  ausgesprocheneu  Lobes;  ja  bisweilen  war  dieses 
schon  widerlegt,  bevor  es  ausge.sprochen  wurde.  Der  Lehrer  musz 
doch  wol  in  seinem  ganzen  Wesen  und  Gebahren  sich  zu  dem 
Grundsatze  bekennen,  «lasz  er  selbst  niemals  mehr  leiste,  als  was 
seine  Schuldigkeit  ist,  und  denselben  Glauben  musz  er  in  den  Sciuilern 
anznptlanzen  bedacht  sein.  Diese  müszen  von  ihm  lernen,  dasz,  was 
der  Mensch  sich  selbst  —  durch  Fleisz  und  Wohlverhalten —  erweist, 
niemals  ein  Verdienst  sein  könne.  Deswegen  brauchen  wir  aber  die 
Anerkennung  eines  sittlichen  oder  intellektuellen  Gelingens  im  ein- 
zelnen nicht  in  uns  zu  verschlieszen.  Gibt  es  doch  überall  gutartige 
Schüler,  welche,  durch  unrichtige  Führung  eingeschüchlert  oder  von 
Natur  zaghaft,  erst  zu  sich  und  zu  dem  Lehrer  Zutrauen  gewinnen 
müszen,  um  wachsen  und  gedeihen  zu  können.  Aber  aiicli  diesen  wird 
es  heilsamer  sein,  wie  den  anderen,  dasz  sie  die  Anerkennung  von 
Seiten  des  Lehrers  verspüren,  als  wenn  diese  Anerkennung  oder  gar 
ein  Lob  verkündigt  wird. 

Auch  das  erste  Stück  des  Anhangs,  didaktische  Erfahrun- 
gen und  Uebungen,  enthält  neben  den  treffendsten  Bemerkungen 
und  Winken  für  den  Unterricht,  aus  welchen  der  Lehrer  viel  ler- 
nen kann,  eines  und  anderes,  was  ich  im  Unterricht  kaum  an- 
wenden möchte.  So  S.  276  die  Behauptung,  dasz  die  Urbedeutung 
des  Wortes  sors  sei:  der  Spruch,  Ausspruch,  z.  B.  des  Rich- 
ters, wie  Aen.  VI  431,  oder  häufiger  des  Orakels,  wie  ja  auch 
fatum,  von  fari,  ursprünglich  den  Spruch  bedeute.  Denn  der  Stamm 
des  Wortes  sei  serere ,  sprechen,  ein  Verbum,  welches  nur  als 
Simplex  obsolet  geworden  ,  dagegen  in  dem  Substantiv  sermo  und  in 
den  Coiiiposilis  asserere  und  disserere  leicht  zu  erkennen  sei.  Aber 
woran  soll  ich  denn  erkennen,  dasz  das  Simplex  in  asserere  und  dis- 
serere ein  obsolet  gewordenes  und  anderes  sei,  als  in  conserere  und 
exserere?  Und  wenn  sors  Spruch  heiszen  soll,  wie  worden  wir  beim 
Lesen  der  A.  P.  das  Wort  sorlilegus  erklären,  und  was  sind  dann  Liv, 
XXI  62  softes  extennalae?  Zweifeln  wir  doch  ja  nicht,  dasz  der  ge- 
lehrte und  gewissenhafte  Anliquarius  Ve  rg  i  I  uns  von  der  äuszeren 
Verfassung,  worin  die  sorles  zu  Präneste  oder  sonst  wo  vorhanden 
waren,  Aen.  Ill  443  ff.  ein  getreues  Bild  gegeben  habe.  Es  sind 
Sprüche,  carmina,  auf  Blättern  geschrieben,  und  diese  Blälter  ordnet 
die  Seherin,  digerit  in  numerum:  es  kommt  nach  vs.  451  auf  die  Reihe 


Dödoricin;  ölTontliclio  IJeden.  15 

(lor  Bliillor  und  niif  den  Ziisammcnliano:  an,  in  welcliem  der  Fropliet 
oder  die)  Proj)iictin  dio  einzelnen  IMältcr  bringt.  Vgl.  was  iXiebuIir 
li.  G.  1  ö'At  iiber  dio  sortcs  von  Cäro  sagt.  Sors  koniinl  frcilicli  von 
serero  her,  aber  dieses  hciszt  und  Iiiesx  ursprünglich  niciit  sprechen, 
sondern  reihen,  und  sors  heiszt  ursprünglich  nicht  S  p  r  u  c  h.  sondern 
11  e  i  li  e ,  oiine  Zweifel  conlrahiort  aus  scrics.  So  ist  auch  sermo  ur- 
sprüngiicii  das  aneinander  gercilito  ,  was  man  an  der  Af'li,  fiooiiir;; 
Arist.  lihel.  III  9  seilen  kann.  Döderlein  selbst  im  6n  Bd  der 
Synonymik  S.  331  weist  auf  diese  Ableitung  hin.  Denn  jene  auch  in 
die  neue  griechische  Lexikographie  übergegangene  Unterscheidung 
zweier  el'oco^  deren  eint's  sagen,  das  andere  verknüpfen  bedeuten 
soll,  ist  eine  Ungereimtheit.  Vielmehr  ist  v  e  r  kn  ü  p  fe  n  die  erste  und 
sagen  =  reden  oder  Worte  aneinander  reihen  die  zweite  Bedeu- 
tung. Ich  möchte  in  dem,  was  ich  zur  Belehrung  meiner  Schüler 
schreibe  (S.  -261.  262)  und  in  <len  für  Lehrer  bestimmten  Proben  So- 
kratischer  Mäeutik  (S.  VII  der  Vorrede)  einen  Einfall  oder  eine 
Vermutung  wie  die,  dasz  serere  als  Simplex  ein  in  der  Sprache  obsolet 
gewordenes  Wort  und  sors  =  Spruch  sei ,  nicht  als  etwas  ausge- 
machtes oder  sicli  von  selbst  verstehendes  hinstellen. 

Unter  den  Reden  scheinen  mir  die  sieben  letzten  —  Schillerrede, 
die  zu  Ehren  K  o  c  h  s,  C  a  n  s  t  a  1 1  s,  F  1  e  i  s  c  h  m  a  n  n  s,  v  o  n  S  c  h  a  d  e  n  s, 
Kohlrauschs  und  Nä  g  e  I  s  b  a  c  h  s  —  bei  weitem  den  Vorzug  zu 
verdienen  durch  die  darin  herschende  Empfindung,  sowie  durch  die  dem 
Vf.  eigenthümliche  Kunst,  das  Charakteristische  zu  fassen  und  wahr- 
heitsgetreu darzustellen.  Aber  auch  die  andern,  die  ErölTiiiingsworte 
bei  der  Philologenversammlung  1851  und  die  Festrede,  in  Gegenwart 
des  Königs  1855  gehalten,  wie  die  zehn  Schulreden,  bieten  eine  Fülle 
trelTender  Gedanken  und  rednerischer  Schönheiten  dar,  während  da- 
gegen eben  in  diesen  Schnireden  einzelnes  vom  Standpunkt  des  Paeda- 
gogen  aus  nicht  unangefochten  bleiben  dürfte.  So  sagt  Döderlein 
in  der  zweiten  Rede,  womit  das  Schuljahr  1847/48  geschlossen  wurde, 
S.  14:  MIaben  unsere  der  Universität  entgegenreifenden  Schüler  der 
Zeitgeschichte,  die  keine  Aufgabe  des  Schulunterrichts  war,  allzu  viel 
Zeit  und  Theilnahme  zugewendet,  so  haben  sie  nur  des  Guten  zuviel 
gethan.'  Unmittelbar  vorher  aber  heiszt  es:  'Was  man  eigentlichen 
Schulfleisz  nennt,  jtne  Sammlung  des  Geistes  und  Gemütes  für  die  Be- 
schäftigungen, welche  das  Gymnasium  bietet  und  fordert,  das  war  im 
Laufe  dieses  Jahres  zu  vermissen,  und  nicht  am  wenigsten  bei  den 
Gereiflesten.'  Auch  noch  in  der  vierten  Rede  zum  Schlüsse  des  Schiil- 
jaitrs  1849/50  S.  42  wird  gesagt:  'Zwar  mag  der  Fleisz  und  das  Interesse 
auch  unserer  Schüler  für  das,  was  die  Schule  zunächst  zur  Aufgai)e 
hat,  in  dieser  Zeit  der  politischen  Aufregung  Not  gelitten  haben; 
allein  die  entgegengesetzte  Erscheinung  würde  ein  Wunder  sein,  und 
kein  Wunder,  das  wir  unbedingt  willkommen  heiszen  dürften.'  .... 
Das  Wunder  der  entgegengesetzten  Erscheinung,  welches  ohne  Zweifel 
sich  nirgends  begeben  bat,  würde  darin  bestanden  haben,  dasz  die 
Schüler  einer  Lehranstalt    conspiriert  hätten,    unbekümmert    um   die 


lü  Döderlein;  öffentliche  Reden. 


V^eitgeschiclite'  ihrem  Berufe  verdoppelten  Fleisz  zuzuwenden.  Ich 
Hcstehe  dasz  mir  das  auch  als  ein  Wunder,  aber  als  ein  im  liöchslen 
(irade  erfreuliches  erschienen  wäre.  Denn  ich  würde  darin  eine  ge- 
wisse Bürgschaft  dafür  erliannl  haben,  dasz  meine  Zöglinge  Männer 
werden  wollten,  ein  Ziel,  welches  Döderlein  in  der  neunten  Rede, 
besonders  S.  126,  recht  klar  und  gnt  der  .lugend  vor  Augen  stellt. 
Dasz  der  "^Sturni,  welcher  in  die  Zeit  gefahren  war',  auch  die  Schul- 
jugend geschüttelt  hat,  war  so  natürlich  als  irgend  was.  Aber  in  der 
Unruhe  der  Jugend  nur  einen  Ueberschwang  des  ^Gjilen  ',  nur  zu  viele 
Theilnahme  an  der  'Zeilgeschichte'  zu  erkennen,  wäre  mir  wenigstens 
unmöglich  gewesen.  Ich  bekenne  mich  aufrichtig  zu  dem  Rufe,  wel- 
chen der  Soldatenschulmeister  in  Wallensteins  Lager  ergehen  läszt, 
allerdings  nicht  ohne  Variation  je  nach  Umständen  und  Altersstufen, 
aber  für  alle,  welche  nicht  oder  noch  nicht  zum  Handeln  in  öffent- 
lichen Dingen  berufen  sind.  —  Es  findet  sich  ungeachtet  der  edeln 
Gesinnung,  welche  aus  allen  Reden  Döderleins  hervorleuchtet,  und 
neben  vielen  schönen  Betrachtungen  und  richtigen  Urteilen  noch  man- 
ches andere  gerade  in  den  Scluilreden,  was  ich  nicht  unterschreiben 
möchte.  So  erscheint  mir  das  Lob  des  Schulpedantisnuis  in  der  sechsten 
Rede,  worin  das  Schulpedant  lieiszen  und  das  Schulpedant  sein 
durchweg  nicht  genugsam  unlerscliieden  und  auseinander  gehalten  ist, 
geradezu  und  von  vorn  herein  verfehlt,  schon  durch  die  S.  75  gegebene 
Definilion,  dasz  der  Pedantismus  'eine  Ordnungsliebe  sei,  die  das  nö- 
tige Masz  überschreite  und  Unwesentliches  von  sich  oder  andern 
verlange,  blos  weil  es  zur  Ordnung  gehört.'  Die  Ordnungsliebe,  heiszt 
es  dann  weiter,  sei  unstreitig  eine  Tugend,  ihr  Uebermasz  also  die 
Ueberlreibung  einer  Tugend,  und  ihre  Quelle  habe  diese  Tugend  in 
der  Gewissenhaftigkeit.  Aber,  die  Richtigkeit  der  Definilion  voraus- 
gesetzt, erscheint  ja  der  Fedanlismus  überall  in  der  Welt,  wofern  er 
nicht  bisweilen  aus  einer  gewissen  Aengstlichkeit  erwächst,  lediglich 
als  Folge  der  Selbstsucht,  nicht  der  Gewissenhaftigkeit;  und  wo  er 
mit  der  Gewissenhaftigkeit  verbunden  ist,  da  ist  diese  selbst,  nicht 
der  Pedantismus,  achtungswürdig  (S.  76),  und  dieser  selbst  ist  niclits 
weniger  als  eine  Tugend,  sondern  eine  Schwachheit,  welche  wegen 
ihrer  Verbindung  mit  einer  Tugend  allerdings  Duldung,  aber  nicht  ein 
.Iota  mehr,  ansprechen  darf.  Denn  wie  sollte  die  Uehertreibung  einer 
Tugend  —  denken  wir  z.  B.  an  die  Sparsamkeit  —  noch  eine  Tugend 
heiszen  können?  Doch  vor  allem  bedenklich  erscheint  mir  das  Lob, 
welches  Döderlein  in  zweien  dieser  Reden  und  auch  noch  in  andern 
Stellen  dem  Stolze  zuerkennt.  S.  65  heiszt  es:  *  Der  Mensch  soll 
stolz,  d.  h.  seiner  Würde  sich  bewust  sein,  soll  diese  Würde  selbst 
wahren  und  gegen  andere  verlheidigen,  frei  von  dem  Laster  des  Hoch- 
muts, der  die  Würde  anderer  unterschätzt,  und  von  der  Schwäche  der 
Eitelkeit,  welche  die  eigenen  Vorzüge  selbstsüchtig  zur  Schau  trägt. 
Nun,  eben  dieser  edle  Stolz  soll  den  Menschen  stets  mahnen  das  zu 
sein,  wozu  ihn  die  ?*atur  geschaffen,  und  das,  was  er  ist  und  sein  soll, 
auch  zu  scheinen.     Denn   das   auch  scheinen  zu  wollen,  was  man 


.•  "  Döderlein :  öfTenlliche  Reden.  17 

\% irklich  ist,  zählt  weder  als  Eitelkeit  noch  alsHoclimul;  dagegen 
Widerspruch  und  Unnatur  ist  es,  etwas  anderes  zu  scheinen  als  was 
man  ist.'  Und  S.  97:  ^Jedermann  sei  stolz  auf  seinen  Stand;  schämt 
er  sich  das  zu  sein,  was  er  nach  eigener  Wahl  doch  ist,  dann  wird 
er  zum  geheimen  Verräther  an  der  Gemeinschaft,  der  er  angehört,  und 
spricht  sich  seihst  zugleich  sein  Urteil  ....  Dieser  rechtverstandene 
Stolz  kann  und  soll  auch  die  Qnelle  einer  Cardinaltugend  sein  —  der 
Wahrhaftigkeit.  Nur  der  rechtlose  Sklave,  meinte  man  zu  allen  Zei- 
ten, handelt  nalurgemäsz,  wenn  er  zu  seinem  Vorteil,  aus  Furcht 
oder  aus  Eigennutz,  lügt  und  betrügt;  der  freie  Mann  musz  zu  stolz 
wie  zur  Furcht,  so  auch  zur  Lüge  sein.'  Schillers  'Vom  Jlädchen 
reiszt  sich  stolz  der  Knabe,  er  stürmt  ins  Leben  wild  hinaus'  —  er- 
weckt uns  eine  ganz  hübsche  Vorstellung,  und  auch  der  Lehrer*)  mag 
es  als  ^ein  sehr  tiefes  und  sehr  wahres  Gefühl  erkennen,  das  dem  an- 
gehenden Sextaner  ebensowol  wie  seinen  auszerhalb  des  Gymnasiums 
zurückbleibenden  Genossen  sich  einprägt,  dasz  es  nun  mit  ihrer  Freund- 
schaft und  Gemeinschaftlichkeit  vorbei  ist,  dasz  zwischen  denen  drin- 
nen und  denen  drauszen  sich  etwas  erhebt  wie  eine  unersteigliche 
Mauer.'  Aber  wie  seltsam  klänge  doch  eine  Paränese:  reiszet  euch 
mit  Stolz  los  von  den  Mädchen,  meine  jungen  Freunde!  Stürmet  wil^ 
in  die  Well  hinaus!  Und  mit  den  Schülern  der  Volksschule  werdet 
ihr  hoffentlich  fortan  nicht  mehr  zusammengehen  !  Wir  dürfen  nicht 
nur  nicht  den  Stolz  loben,  sondern  müszen  demselben  überall  ent- 
gegentreten, schon  darum,  weil  niemand  die  Kriterien  zu  nennen  weisz, 
wonach  der  Stolz  des  Knaben  von  dem  Hochmut  des  Knaben  unter- 
schieden werden  könnte,  oder  vielleiclit  richtiger,  weil  der  Knabe  gar 
nicht  stolz  sein  kann  in  Döderleins  Sinne,  sondern  nur  hochmütig. 
Denn  die  Eitelkeit,  deren  Wesen  oben  nicht  richtig  definiert  ist,  hat 
nur  weniges  mit  dem  Stolze  gemein.  Doch  angenommen,  der  Stolz 
lasse  sich  vom  Hochmut  sondern ,  und  sei ,  was  Döderlein  will,  das 
Bewustsein  der  eigenen  Würde,  durch  welcherlei  geistige  Thätigkeit 
soll  ich  meine  eigene  Würde  erkennen?  Wie  soll  ich  erfahren,  was 
ich  bin  und  sein  soll?  Wie  es  machen,  dasz  ich  auch  scheine  was  ich 
bin?  Mir  kommt  das  Ausgehen  nicht  nur  auf  das  öoksiv,  sondern  auch 
auf  das  q)aLvea&ai  sehr  bedenklich  vor,  und  eine  Einladung  dazu  dop- 
pelt und  dreifach  bedenklich.  Denn  wir  dürfen  als  gewis  annehmen 
dasz  der,  welcher  scheinen  will,  sich  und  andere  zu  täuschen  sucht; 
der  Stolz,  auch  der  rechtverstandene,  wenn's  einen  solchen  gibt,  wird 
niemals  die  Quelle  der  Wahrhaftigkeit  sein,  sondern  vielmehr  der 
Unwahrhaftigkeit,  womit  nicht  gesagt  ist,  dasz  nicht  ein  stolzer  Mann 
ein  strenger  Wahrheitsfreund  sein  könne.  E.  M.  Arndt  hat  gezeigt, 
wie  des  stolzen  Freiherrn  von  Stein  strenge  Wahrheitsliebe  so  eng 
verbunden  gewesen  sei  mitseinerGottesfurcht.  Denn  auch  dem 
heroischen  Geiste  klebt  irgend  eine  Schwachheit  an,  irgend  eine  Ver- 


*)   So  Dr  Campe   S.  242   seines   schönen  Buches:   Geschichte   und 
Unterricht  in  der  Geschichte.    Leipzig   1859. 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.    II.  Abt.   ISGl.   Hft  1.  2 


18  Dödorlein:  öffentliche  Roden. 

diinkelung-  seines  sittlichen  \yesens,  irgend  ein  Mangel,  der  ihn  selbst 
und  seine  Bewunderer  daran  erinnern  soll,  dasz  er  ein  Mensch  sei  und 
bleibe  und  der  Duldung  von  Seiten  der  Nebenniensclien  bedürfe.  Ist 
aber  der  Stolz  eine  der  Schwachheiten  unserer  Natur,  wie  sollten  wir 
in  der  Schule  darauf  ausgehen,  diese  Schwachheit  zu  pflegen?  naGa 
yofQ  xiiv)]  v,al  naiÖBicc  xo  tcqoöXeItiov  ßovXetat  rijg  g)v(jecog  ccvanXfjQovv. 
Aristot.  Polit.  VII  17. 

Können  wir  aber  in  dem,  was  zum  Lobe  des  Stolzes  gesagt  ist, 
keinen  für  die  gedeihliche  Führung  unsers  Berufes  heilsamen  Kath  er- 
kennen, so  werden  wir  manchen  andern  Ausführungen  D.''s,  auch  in 
den  Schulreden,  um  so  freudiger  zustimmen.  So,  wenn  er  S.  50.  51 
dem  Lehrer  die  Verpflichtung  zur  Liebe  vorhält:  ^die  Schule  hat  zu- 
nächst den  Kopf  und  Geist  ihrer  Pflegbefohlenen  auszubilden  durch  Un- 
terricht, und  mancher  Lehrer  spricht  blos  und  ausschlies.^ilich  zu  dem 
Kopf  seines  Schülers,  als  sei  das  der  Mensch.  Allein  der  Schöpfer  hat 
ja  den  Menschen  nicht  aus  Kopf  und  Herz  zusammengesetzt,  hat  nicht 
zwei  verschiedene  Dinge,  Geist  und  Seele,  künstlich  vereinigt;  nein 
er  hat  den  Menschen  als  ein  ganzes  geschaffen.  Daher  berührt  ja  der 
blose  Unterricht  selbst  ohne  des  Lehrers  Willen  und  Zuthnn  zugleich 
das  Gemüt,  wenn  auch  nur  dadurch,  dasz  er,  ganz  ohne  Beteiligung 
des  Herzens  und  nur  für  den  Versland  oder  das  Gedächtnis  gegeben, 
das  Gemüt  eine  Lücke  fühlen  läszt.  Was  die  Lehrer  im  allgemeinen 
hier  thun  können  und  sollen,  das  hat  vor  dreihundert  Jahren  ein  deut- 
scher Schulmann  mit  dem  glücklichsten  Humor  in  eine  Frage  eingeklei- 
det: Warum  ist  a7no  die  erste  und  doceo  die  zweite  Conjugation? 
Antwort:  Weil  der  Lehrer  seine  Schüler  zuvor  lieben  soll,  eh' er 
anfänfft  sie  zu  belehren.  Er  soll  seine  Liebe  aber  auch  offen- 
baren  mit  Weisheit;  besitzt  er  diese  Weisheit,  so  erscheint  seine 
Liebe  in  der  Art  und  der  Miene,  mit  der  er  tadelt,  zürnt  und  straft, 
noch  mehr  als  in  den  Worten  des  Lobes  und  den  Handlungen  der  Nach- 
sicht, so  wie  der  Christ  Gottes  Liebe  in  seinen  Prüfungen  noch  leich- 
ter erkennt  als  in  seinen  Segnungen.  Was  in  einem  deutschen  Nach- 
barland ehedem  als  Hausregel  galt:  man  darf  seine  Kinder  nicht  merken 
laszen,  wie  lieb  man  sie  habe,  das  klingt  unsrer  reifen  Zeit  wie  ein 
harter  Spruch,  er  enthält  aber  eine  tiefe  Wahrheit;  die  unsichtbare 
und  sich  verbergende  und  dennoch  fühlbare  Liebe  geht  am  meisten 
zum  Herzen.  Und  wer  Liebe  säet,  der  erntet  Liebe,  wenn  er  nicht  auf 
ganz  dürren,  steinigen  Boden  säet.  Und  selbst  wenn  die  Liebe  be- 
harrlich an  kalte  herzlose  Naturen  scheinbar  verschwendet  wird  — 
kein  Mensch  verdient,  dasz  man  an  ihm  verzweifle;  das  unempfind- 
lichste Herz  besteht  nur  aus  Eis  und  nicht  aus  Stahl  und  ist  der 
menschliche  Liebesodem  nicht  warm  genuff,  das  Eis  zu  schmelzen,  so 
vermag  es  ein  göttlicher  Hauch,  selbst  ohne  ein  Wunder.  Aber  was 
der  höchste  Triumph  eines  Lehrers,  wie  eines  Vaters  ist,  wenn  in  sei- 
nen Schülern,  seinen  Kindern  der  stille  Wunsch  lebt,  und  sich  durch 
Mienen,  Worte  oder  Handlungen  ausspricht:  ein  solcher  Mann  möchte 
auch  ich  werden!    diesen  Triumph  erringt  nicht  die  3Iacht  des  Geistes 


Döderleiu:  öfTentliche  Reden.  19 

und  der  Lehrgabe,  sondern  die  stille  Macht  des  Gemütes  und  der 
Liebe.  Alle  Uebun»-  aber  in  der  Bewunderung-  und  Liebe  hilft  das  Ge- 
müt veredeln.'  Icli  hebe  unter  einer  groszen  Anzahl  von  Stellen, 
■welche  D-'s  ungewöhnliche  Gewalt  über  die  Sprache  beweisen,  noch 
wenige  aus.  In  der  Rede  zur  Eröffnung  der  PhilologenversammUing 
des  J.  1851  sagt  er  S.  151:  '  Bencidenswerlhes  Jahrhundert,  in  wel- 
chem das  öffentliche  Leben  noch  keine  durch  die  Sitte  geheiligten 
Widersprüche  und  Lügen  kannte,  wo  noch  keine  Verirrung  der  Höf- 
lichkeit das  wahre  Du  in  ein  erlogenes  Sie  umwandelte,  und  noch 
nicht  der  freie  3Iann  den  freien  3Iann  seinen  Herrn  nannte,  wo  noch 
keine  Schmeichelei  den  Fürsten  mit  göttlicheren  Ehrennamen  ehrte, 
als  die  Götter  selbst,  und  so  das  Wahrheitsgefühl  abstumpfte,  und  es 
gewöhnte  tagtäglich  die  Sprache  und  das  eigene  Wort  Lügen  zu  stra- 
fen! wo  die  geistigsten  Güter  der  Menschheit  noch  blos  im  Glänze  ih- 
rer Schönheit  prangten  und  nur  aufrichtige  Verehrer  anlockten,  ohne 
blos  den  Weg  zu  angslreichen  Staatsprüfungen  und  kümmerlichen  oder 
glänzenden  Anstellungen  bahnen  zu  sollen  I  wo  noch  kein  unnatürli- 
cher Zwiespalt  zwischen  Sitte  und  Sittlichkeit  herschte,  wo  nicht 
Sitte  und  Ehre  ein  Duell  forderte,  welches  gleichzeitig  von  der  Sitt- 
lichkeit verboten,  von  der  Religion  verdammt,  vom  Gesetze  bestraft 
wird!'  So  in  der  Festrede  vor  dem  König  Max  im  J.  1855  S.  163: 
'die  reine  Achtung  vor  der  Wahrheit  ist  ein  besonderes  Erbteil  der 
Völker  germanischen  Stamms,  das  wir  mehr  oder  weniger  mit  unsern 
Stammverwandten  am  Kanal  und  am  Belt  und  an  der  Ostsee  teilen. 
Was  dagegen  romanisch  heiszt,  das  huldigt  in  gleichem  Grade  der 
Idee  der  Schönheit  ....  Wo  eine  Wahl  zu  treffen  zwischen  Wahr 
und  Schön,  da  wird  der  echte  Germane  lieber  das  Schöne  dem  Wah- 
ren, der  echte  Romane  lieber  das  Wahre  dem  Schönen  zum  Opfer 
bringen.  Denn  einem  deutschen  Herzen  erscheint  alle  Unwahrheit  als 
ungöttlich,  weil  Gott  die  Wahrheit,  durch  und  durch  Wahrheit  und 
Licht  ist  und  die  Lüge  wie  die  Finsternis  verdammt.  Der  Romane  da- 
gegen fühlt  sich  geneigter,  die  Unwahrheit  mit  der  Poesie  auf  gleiche 
Stufe  zu  stellen,  die  Erdichtung,  das  Geschöpf  des  berechnenden 
Verstandes,  nach  gleichem  Masze  zu  messen  mit  der  Dichtung,  dem 
Himmelskinde  der  Phantasie,  und  auf  diesem  Wege  das  zu  adeln,  was 
seinem  Wesen  nach  ungöttlich  ist.  Als  ähnelnde  Verwandte  stehen 
der  Schönheit  zur  Seite  die  Ehre  und  der  Ruhm.  Beide  strahlen  in 
schönerer  Pracht,  als  die  bescheidene  Wahrheit  und  Gerechtigkeit. 
Allein  der  deutsche  und  christliche  Sinn  musz  und  wird  ein  christ- 
liches Volk  beklagen,  das  nichts  höheres  auf  der  Welt  kennt  als  die 
Ehre,  und  sie  von  einer  Idee  zu  einem  Idol  erhebt.  Die  Anbetung' 
der  Wahrheit  ist  ihm  Gottesdienst,  die  Anbetung  der  Ehre  aber  Götzen- 
dienst.' Der  Rede  zur  Schillerfeier  und  den  mehrerwahnlen  Gedächt- 
nisreden möchte  ich  auch  hinsichtlich  der  Sprache  vor  allen  andern 
den  Preis  zuerkennen.  Wer  jene  unmittelbar  vor  oder  nach  J.  Grimms 
Festrede  liest,  der  wird,  auch  wenn  er  ein  leidenschaftlicher  Autochthon 
ist,  nicht  in  Abrede  stellen  wollen,  dasz  wir  den  Rhythmus  und  den 

2* 


20  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

klaren,  schönen  Flusz  der  Rede  nicht  in  solchem  Grade  in  der  Be- 
schafligung  mit  den  Schriftwerken  unseres  Volkes  gewinnen,  wie  in 
dem  Verkehre  mit  den  Klassikern  des  griechischen  und  römischen 
Altertums. 

Tübingen  im  August.  C.  L.  Roth. 


Kurze  Anzeieren  und  Miscellen. 


I. 

Professor  Dr  Friedrich  Osann  ini  Lehen  wie  im  Wirken  das  Bild 
€i7ies  Humanisteti.  Von  Dr  Wilhelm  Wiegand,  Gymnasial- 
director  in  Worms.  Gieszen  1859 ,  G.  D.  BrühPsche  Verlags- 
handlung.  48  S,    8. 

Wie  das  wohlgetroffene  und  lebensvolle  Portrait  eines  theuern 
Augehörigen  oder  Freundes  uns  sowol  die  geistigen  als  charakterlichen 
Züge  desselben  für  immer  treu  bewahrt  und  in  jedem  Momente  des  An- 
schauens  wiedergibt  und  zurückruft:  so  tritt  nns  oft  nicht  minder  leben- 
dig das  Bild  eines  lieben  Todten  aus  den  Zügen  und  den  Gedanken, 
wie  aus  einem  Rahmen,  entgegen,  welche  er  als  das  Füiden  und  Rin- 
gen seiner  Seele,  die  Stimmungen  seines  Gemütes  und  alle  Erschlieszun- 
gen  seines  innersten  Wesens  aus  der  Tiefe  des  Herzens  in  der  Vertrau- 
lichkeit brieflichen  Verkehres  niedergelegt  hat.  So  manche  Momente 
eines  reichen  und  segensvollen  Lebens,  welche  früher  teils  weniger 
beachtet ,  teils  oft  auch  nur  halb  verstanden  oder  gewürdigt  wurden, 
erhalten  oft  spät  erst  die  rechte  Bedeutung,  das  rechte  Verständnis  und 
eröffnen  dem  freieren  Blicke  eine  Vollendung  des  Ganzen ,  welche  bis 
dahin  unerkannt  geblieben  war.  In  diesem  Gefühle  werden  alle  Schü- 
ler Friedrich  Osanns,  denen  es  vergönnt  war,  den  wissen-  und 
freundschaftlichen  Verkehr  mit  dem  geliebten  Lehrer  über  ihre  akade- 
mische Lehrzeit  hinaus  in  brieflichem  Austausche  fortzusetzen ,  dem  äl- 
testen und  berufensten  ihrer  Commilitonen  mehr  als  alle  anderen  zum 
lebhaftesten  Dank  dafür  verpflichtet  bleiben,  dasz  er  die  theuern  Züge 
eines  begabten  und  hochgebildeten  Geistes,  eines  reinen  und  zarten  Ge- 
mütes,  eines  fleckenlosen  und  pflichttreuen  Charakters  zu  einem  Le- 
bensbilde vereinigte,  in  welchem  Jeder  sicherlich  das  edle  Bild  des 
Verklärten  wiederfindet,  wie  er  es  im  eigenen  Herzen  unverwischbar 
trägt  und  vielleicht  auch  in  den  vertrauten  Ergüssen  brieflichen  Ge- 
dankenaustausches heilig  bewahrt.  Gestatten  ihm  diese  letzteren  durch 
einen  oder  den  andern  charakteristischen  Beitrag  das  hohe  Gesammtbild 
allseitig  vollendeter  vor  Augen  zu  stellen  und  reicher  auszuschmücken: 
so  darf  er  sicherlich  des  dankbaren  Beifalls  derer  gewis  sein,  welchen 
auch  die  kleinste  Erinnerung  an  den  heimgegangen  Lehrer  und  Freund 
lieb  und  werth  ist. 

Wie  fast  alle  Zweige  der  Kunst  und  Wissenschaft  hat  auch  die  Phi- 
lologie in  einer  verhältnismäszigen  kurzen  Reihe  von  Jahren  nicht  blos 
die  Altmeister  und  Heroen  der  altern  Schule,  sondern  auch  mit  die 
Koryphäen  der  neuern  Periode  hinscheiden  sehen,  deren  Lebensbilder 
und  Andenken  in  den  kommenden  schweren  Zeiten  allein  nur  den  Epi- 
gonen schützend  und  stärkend  zur  Seite  stehen  werden  ,  wenn  es  gilt 
das  heilige   Erbe   über   die  andrängenden  Stürme   hinaus   einer   bessern 


Kurze  Anzeigen  und  Misccllon.  21 

Zukunft  zu  bewahren  (vgl.  S.  5  u.  Ü).  Zu  jenen  gehört  auch  Fried- 
rich Osann,  dessen  Jugendbildung  (S.  7  — 17),  wie  bei  so  vielen 
edeln  und  gioszen  Menschen,  unter  der  segensvollen  Leitung  einer  um- 
sichtigen,  klugen  und  cluirakterfesten  Mutter,  den  noch  frischen  und 
unmittelbaren  Eindrücken  der  Glanzperiode  der  deutschen  Litteratur 
und  ihrer  am  kunstsinnigen  Hofe  in  seiner  Vaterstadt  Weimar  vereinten 
Trilger,  sowie  endlich  unter  besonderen  äuszeren  Begünstigungen  einen 
Verlauf  nahm ,  der  ihn  sicher  und  bewust  dem  erwählten  Berufe 
entgegenführte,  welcher  durch  eine  mehr  als  dreiszigjährige  ehrenvolle 
und  erfolgreiche  Wirksamkeit  als  Docent  der  Philologie  an  der  Univer- 
sität zu  Gieszen  für  Wissenschaft  und  Leben  mit  dem  reichsten  Segen 
gekrönt  wurde.  Die  beiden  Hauptrichtungen  dieser  seiner  Thätigkeit 
als  L  e  h  r  e  r  wie  als  S  c  h  r  i  f  t  s  t  e  1 1  e  r  wie  auch  Charakter  und  Geist 
desselben  hat  die  bewäbrte  Hand  des  ältesten  seiner  hessischen  Schüler 
und  Freunde  teils  mit  Liebe  gezeichnet,  teils  auch,  insbesondere  durch 
Zusammenstellung  der  bezüglicben  Druckschriften,  skizziert,  dasz  nur 
eine  und  die  andere  besondere  Seite  zu  vervollständigen  bleibt,  welche 
für  das  Leben  und  die  gelehrte  Tiiätigkeit  des  Verklärten  von  Einflusz 
und  Bedeutung  war.  Die  hohe,  durch  nichts  irre  gemachte  und  bis 
zum  letzten  Hauche  ausharrend  bewährte  Pflichttreue  konnte  den  Da- 
hingeschiedenen vom  Beginne  seines  akademisclien  Lehramts  an  zu  kei- 
ner Zeit  an  der  vollen  Berechtigung  zweifeln  lassen,  dasz  ihm  vor  allen, 
als  Director  des  philologischen  Seminars  und  Lehrer  der  zukünftigen 
Gymnasiallehrer,  auf  die  hessischen  Gymnasialverhältnisse,  insbesondere 
die  Anstellung  der  philologischen  Lehrer  eine  P^inwirkung  gebüre ,  welche 
allein  die  Möglichkeit  eröffnete,  einerseits  tüchtige  Kräfte  an  die  geeigneten 
Stellen  zu  bringen,  andererseits  die  Leistungen  der  hessischen  Gymnasien 
den  Anforderungen  der  Gegenwart  und  dem  Stande  auswärtiger  huma- 
nistischer Lehranstalten  entsprechend  zu  steigern.  Osann  war  zu  dem 
Ansprüche  auf  eine  solche  Einwirkung  sicherlich  um  so  mehr  berechtigt, 
als  er  aus  eigner  Erfahrung  mit  den  Resultaten  der  Maturitätsprüfun- 
gen an  den  hessischen  Gymnasien  bekannt  war  und  im  vollen  Gefühle 
der  auch  ihn  treffenden  Verantwortlichkeit  keinen  Anstand  nahm,  das 
harte  Urteil  über  die  Leistungen  jener  Anstalten  auszusprechen,  wel- 
ches in  seiner  'Beleuchtung  der  Bemerkungen  des  Geh.  Käthes 
Schleier  m  ach  er  über  den  philologischen  Theil  des  Giesziier  Studien- 
plans ( 1843.)  S.  33  ff. '  niedergelegt  und  näher  begründet  ist.  Diese 
von  einem  so  hochstehenden  und  gelehrten  Manne  in  einer,  man  möchte 
sagen,  ganz  cavaliermäszigen  und  dilettantischen  Weise  gegen  Osann 
als  Verfasser  jenes  Teils  des  besagten  Studienplans  indirect  geschleu- 
derten ganz  ungegründeten  Vorwürfe  und  Angriffe  ,  der  in  den  dreiszi- 
ger  und  vierziger  Jahren  alles  überflutende  Andrang  des  Realismus  und 
sein  Kampf  mit  dem  Humanismus,  das  zeitweise  in  Hessen  versuchte, 
bald  aber  stillschweigend  wieder  beseitigte  Experiment  auch  Theologen 
zu  Gymasiallehrstellen  zu  befördern:  musten  einerseits  hemmend  und 
lähmend  auf  Osanns  ganze  Thätigkeit  in  dieser  Richtung  einwirken, 
andererseits  sein  zartes  und  leicht  zu  verletzendes  Gemüt  um  so  schmerz- 
licher berühren ,  je  weniger  es  zu  einem  Hervortreten  und  zu  einer  Be- 
teiligung an  änszern  Parteikämpfen  geartet  war  (vgl.  S.  26).  Es  ist 
leicht  begreiflieh,  dasz  diese  Verhältnisse  Osann  seine  akademische 
Wirksamkeit  vielfach  verleiden  und  seine  sonst  so  heitere  Stimmung  in 
dem  Masze  trüben  muszten,  dass  ihm  selbst  das  Land,  in  welchem  er 
seine  zweite  Heimat  und  den  stillen  Frieden  seines  häuslichen  Glückes 
gefunden  hatte,  bisweilen  minder  lieb  und  werth  erscheinen  mochte. 
Noch  im  Anfange  der  fünfziger  Jahre  sprach  er  dem  Unterzeichneten, 
dem  sich  die  Aussicht  eines  Uebertritts  in  österreichische  Schuldienste 
eröffnet  hatte,   unverholen  aus,   dass  er,  wäre  er   Katholik,    sehr   gern 


22  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

und  mit  Vergnügen  'einer  Berufung  nach  Oesterreich  folgen  würde,  da 
ihn  in  Gieszen  eigentlich  gar  nichts  fessele'  und  es  immerhin  etwas 
werth  sei,  einem  groszen  Staate  anzugehören.  Begreiflich  wird  weiter 
auch,  dasz  wie  Osann  einesteils  in  Folge  dieser  eigentümlichen  Ver- 
hältnisse sich  bezüglich  jeden  Einflusses  bei  der  Anstellung  der  künf- 
tigen Gymnasiallehrer  die  Hände  gebunden  sah,  so  auch  bei  ihm  von 
der  Gründung  dessen,  was  man  eine  'Schule'  zu  nennen  pflegt,  de- 
ren Haupt  und  Meister  er  gewesen  wäre,  keine  Rede  sein  konnte: 
die  wechselnden  Geschicke  der  Universität  Gieszen,  sowie  der  precäre 
Stand  des  philologischen  Studiums  dortselbst  machten  geradezu  die  zu 
jener  Gründung  unerlässliche  Stetigkeit  ungestörter  und  ungetrübter  Wirk- 
samkeit in  dieser  Richtung  unmöglich  und  zerstörten  jeden  nachhalti- 
gen Erfolg.  Es  war  alles  dieses  im  Interesse  des  hessischen  Studien- 
wesens um  so  tiefer  zu  beklagen,  je  mehr  sich  dadurch  leider  auch  hier 
wie  fast  allerwärts  in  Deutschland  die  tiefe  Kluft  immer  mehr  erwei- 
terte, welche  zwischen  den  Anforderungen  der  Wissenschaft  und  des 
Lebens ,  d.  h.  der  Universität  und  dem  die  Schule  vertretenden  Staate 
bezüglich  der  CandiJaten  des  Gymnasiallehramts  thatsäclilich  besteht 
und  unter  anderni  auch  bei  den  Verhandlungen  der  vierten  Versammlung 
mitlelrheinischer  Gymnasiallehrer  zu  Frankfurt  a.  M.  am  2S).  Mai  ISOO 
grell  genug  zu  Tage  getreten  ist:  nur  das  innigste  Zusammenwirken 
der  beiderseitigen  Vertreter  kann  hier  wahrhaft  das  Interesse  der  hu- 
manistischen Bildung  fördern ,  sofern  man  sie  nämlich  überhaupt  noch 
will  und  als  unerlässlichen  Factor  einer  durch  Jahrhunderte  bewährten 
Geistesbildung  erkennt  und  werth  hält. 

Je  trostloser  und  entmutigender  aber  die  herben  Erfahrungen  wa- 
ren, welche  Osann  nach  der  praktischen  Seite  seiner  Berufsthätig- 
keit  machte,  desto  inniger  und  rastloser  wandte  er  sich  seinen  Studien 
und  sehr  i  ft  stell  er  is  eben  Arbeiten  auf  fast  allen  Gebieten  der  klas- 
sischen Philologie  zu  (vgl.  S.  24),  wie  die  zahlreichen  kleinen  und 
gröszern  Werke,  Abhandlungen,  Programme  und  Aufsätze  beurkunden, 
welche  S.  38 — 46  übersichtlich  geordnet  und  zusammengestellt  sind.  Es 
erscheint  darunter  die  bekannte  Sj'lloge  inscriptionum  als  die  umfang- 
reichste seiner  litterarischen  Arbeiten,  über  deren  Entstehung  und  Ge- 
schicke S.  15  ff.  näheres  mitgetheilt  wird.  Offenbar  hat  derselbe  un- 
günstige Stern,  welcher  bei  seiner  ersten  Ausgabe  mit  einwirkte,  auch 
über  den  spätem  Schicksalen  des  Werkes  gewaltet,  das,  wie  auch  die 
Erstlingsschrift  der  Analecta  critica ,  viel  zu  spät  und  auch  da  noch 
nicht  im  gebürenden  Masze  Beachtung  und  Anerkennung  fand.  Und 
doch  war  Osann  einer  der  wenigen  ersten  Gelehrten,  welche  schon  im 
jugendlichen  Alter  auf  dem  Gebiete  der  Epigraphik  sich  einen  Namen 
erwarben,  lange  ehe  man  von  dem  einstigen  Aufschwünge,  der  Bedeu- 
tung und  Wichtigkeit  dieser  Disciplin  für  die  gesamte  Altertums- 
wissenschaft, wie  jetzt  allseitig  erkannt  ist,  eine  Ahnung  hatte.  Schon 
allein  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  werden  Osanns  Verdienste  als 
Epigraphiker  um  so  höher  geschätzt  und  anerkannt  bleiben,  je  mehr 
er  zudem  in  seinen  zahlreichen  epigraphischen  Beiträgen  und  Arbeiten 
mit  Vorliebe  auch  die  in  den  Inschriften  zu  Tage  tretenden  zahllosen 
individuellen  Modificationen  der  Sprachformen  zum  Gegenstande  beson- 
derer Betrachtung  zu  machen  pflegte:  eine  Seite  der  Ausbeutung  des 
inschriftlichen  Materials,  welche  fast  noch  jetzt  in  ihren  ersten  An- 
fängen steht.  Bis  in  die  letzten  Tage  seines  thätigen  Lebens  hat 
Osann  diesen  Studien  die  Liebe  und  Neigung  seiner  Jugend  bewahrt, 
und  noch  der  letzte  uns  bekannt  gewordene  Ausdruck  seiner  littera- 
rischen Bethätigung  war  eine  durch  eine  Mittheilung  von  unserer  Seite 
veranlaszte  Miscelle  epigraphischen  Inhalts  in  Fleckeise  ns  Jahr- 
büchern  für  Philologie   und  Paedagogik ,    nachdem    er   nicht    gar    lange 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  23 

zuvor  uocli  weitere  Beiträge  zu  den  ^  p  La  rmaceu  tischen  Siegel- 
st erap  ein'  im  Pliilolotrus  XIV  S.  631 — 44  gegeben  liatte,  welche  sich 
den  in  der  Zusammenstellung  S.  45  unter  Nr  ü7  und  72  erwähnten  als 
Nachträge  anreihen  lassen.  Auch  die  unter  den  Fe.stprograiamen  S,  40 
— 41  unerwähnt  gebliebene  'Coinnientatio  de  gemma  sculpta  christiana' 
(Ludvvigstagsprogramm  im  J.  1843)  verdient  dazu  um  so  mehr  besonders 
hervorgehoben  zu  werden,  als  sie  auch  auswärts,  namentlich  in  Frank- 
reich, eine  Verbreitung  und  Anerkennung  fand,  welche  Progranimab 
handlungen  der  Natur  der  Sache  nach  entweder  nie  oder  nur  selten  zu- 
teil zu  werden  pflegt.  Derselben  Gattung  von  Festschriften  ist  übrigens 
auch  die  in  besagter  Zusammenstellung  a.  a.  O.  verniiszte  'commen- 
tatio  de  columna  Maenia'  einzureihen,  welche  Abhandlung  kls 
Festprogramm  zu  der  am  25.  Aiigust  1844  vollzogenen  Einweihung  des 
zu  Ehren  des  Groszherzogs  Ludwigs  I  von  Hessen  zu  Darmstadt  er- 
richteten Säulenstandbildes  erschienen  ist.  Danach  dürfte  denn  auch 
die  a.  a.  O.  S.  42  unter  n.  5  eingereichte  angebliche,  uns  ebenfalls 
ganz  unbekannte  'comnientatio  de  cölumna  Alexandrina'  auf  irtüm- 
licher  Verwechselung  mit  obiger  Abhandlung  beruhen  und  somit  auszu- 
scheiden sein.  Nicht  unerwähnt  darf  hier  endlich  auch  der  in  den 
Bonner  Jahrbüchern  III  S.  1  — 12  niedergelegte  Aufsatz  'Gesonia' 
hleiben,  welcher  bekanntlich  von  neuem  eine  so  erfolgreiche  Anregung 
zur  vielseitigsten,  lebhaftesten  und  weitgreifendsten  Behandlung  der  be- 
kannten, für  die  rheinische  Urgeschichte  nicht  unwichtigen  Stelle  des 
Florus  IV  12,  26  (II  30)  gab. 

Bei  dieser  der  Epigraphik  zugewendeten  Thätigkeit  Osanns  kann 
es  ebenso  wenig  auffallend  erscheinen  wie  bei  seinen  übiigen  jihilolo- 
gischen  Arbeiten,  dasz  er  bei  der  grammatischen  Behandlung  der 
beiden  klassischen  Sprachen,  wie  die  meisten  andern  Vertreter  der 
altern  Schule ,  auf  dem  beschränkteren  Standpunkte  stehen  blieb ,  wel- 
cher die  Spracherscheinungen  beider  entweder  innerhalb  ihrer  selbst 
oder  aber  nur  in  gegenseitiger  Beziehung  und  Vergleichung  zu  erfassen 
und  zu  erklären  strebte.  Osann  kam  dadurch,  wie  mehr  oder  weniger 
die  meisten  gleichzeitigen  Koryphäen  der  Philologie,  in  ein  eigenes  Ver- 
hältnis zur  allgemeinen  Sprachvergleichung  und  insbesondere 
zur  Sanskritphilologie,  worüber  er  sich  nach  bester  Ueberzeugung 
öft'entlich  auszusprechen  keinen  Anstand  nahm.  Zunächst  veranlaszte 
ihn  hierzu  die  auf  seinen  Rath  erfolgte  Aufnahme  des  Sanskrits  in  den 
philologischen  Tlieil  des  Gieszner  Studienplans,  da  Osann  sich  der 
Ueberzeugung  nicht  hatte  verschlieszen  können,  dasz  bei  der  Wahl 
zwischen  dem  Hebräischen  und  dem  Sanskrit  für  den  Candidaten  des 
Gymnasiallehrarats  dem  letztern  ''wegen  der  unmittelbareren  Beziehung 
auf  die  beiden  klassischen  Sprachen'  der  Vorzug  zu  geben  sei.  Den 
auch  auf  diese  Partie  des  Studienplans  gerichteten  Angriff  des  Geheimen 
Eathes  Sc  hleierm  acher  wies  Osann  S.  28  der  oben  angeführten 
'Beleuchtung'  mit  folgendem  zurück:  'Mag  man  nun  immer  von  den 
Beziehungen  des  Sanskrit  auf  die  beiden  klassischen  Sprachen  und  sei- 
ner Anwendung  auf  die  letzteren  denken  wie  man  will  (ich  für  meinen 
Teil  bekenne  den  oft  so  sehr  gerühmten  Gewinn  für  die  Kenntnis  des 
uns  noch  zugänglichen  Griechisch  und  Lateinisch  nicht  so  hoch  an- 
schlagen zu  können,  wie  dies  von  vielen  Seiten  geschieht,  und  werde 
bald  Gelegenheit  haben  mich  darüber  weiter  zu  erklären):  fest  steht 
dennoch  eine  innige  Verwandtschaft  dieser  Sprachidiome  und  die  Wis- 
senschaft kann  ein  näheres  Eingehen  in  die  Gründe  und  Bezüge  dieser 
Verbindung,  ohne  einseitig  zu  werden,  nicht  von  sich  weisen,  und  es 
würde  einem  angehenden  Gymnasiallehrer  unserer  Zeit  einige  Kenntnis 
des  Sanskrit  wol  anzuempfehlen  sein,  sollte  er  es  auch  nur  gebrauchen, 
um  die  in  so  mancher  geistreichen  Schrift  aus  dem  Gebiete  der  Sprach- 


24  Kurze  Anzeigen  und  Miscelleti. 

forschung  vorkommenden  Bezüge  auf  dasselbe  verstehen  und  würdigen 
zu  können.     Ich  wenigstens    bedauere    dasz    meine    Studienzeit    in   eine 
Epoche  gefallen ,    in  welcher   die  Kenntnis  des  Sanskrit  in  Deutschland 
erst  anfieng  und  in  seiner  engen  Beziehung  auf  die  alten  Sprachen  sich 
noch  nicht  so  dringlich  wie  jetzt  geltend  gemacht  hatte,  und  jetzt  fühle 
ich  mich  zur  Erlernung  einer  neuen  Sprache  zu  alt.'     Wir  haben  diese 
Worte  blos    darum  wiederholt ,    weil    sie    das    in    demselben  Bezüge  von 
Osann  später  bei  der  von  ihm  angedeuteten  Gelegenheit  bemerkte  rich- 
tig würdigen  und  verstehen  lassen.     In  der  1845  erschienenen  commen- 
tatio    gramraatica  de   pronominis    tertiae    personae   IS ,    EA ,    ID    formis 
nemlich    schlägt    er    p.    XX  sq.    die    Bedeutung    der    Vergieichung    des 
Sanskrit   für    die   genauere    Kenntnis   der    beiden    klassischen   Sprachen 
einerseits   aus    dem   Grunde    gering  an,   weil   das    bis  jetzt   auf   diesem 
Gebiete  erzielte  entweder  wenig   weiter   geholfen   habe   oder    wol  schon 
anderwärts    her  bekannt  oder  auch  aus   der  genauem  Erforschung  jener 
beiden   Sprachen   selbst    zu    gewinnen   gewesen   sei,    andererseits   aber, 
weil  das  Studium  des  Sanskrit   und   seiner  Litteratur   noch    zu   sehr  iu 
den    ersten  Anfängen   stehe,   als    dasz  von  erklecklichen    auf  die  gram- 
matische Erforschung  des  Griechischen  und  Lateinischen  anzuwendenden 
Resultaten  ernstlich  die  Rede  sein  könne.    Wer  wollte  in  Abrede  stellen, 
dasz  Osann  in  gewisser  Beziehung  vind  namentlich  im  Angesicht  einer 
bekannten   zeitweilig   an  der   Tagesordnung  gewesenen ,   alle  Schranken 
durchbrechenden,  wilden  Etymologisierungswut   zu  dem  von  ihm  ausge- 
sprochenen Urteile   berechtigt   war  ?     Andererseits    aber  ahnte  er  selbst 
wieder  viel    zu  sehr    die   unermesslichen  Fortschritte  und  die  Eröffnung 
des  Einblickes    in    den  ganzen  wundervollen  Sprachenbau  der  indoeuro- 
päischen Völker,  welche  das  rastlos  fortschreitende  Studium  von  Sprache 
und  Litteratur  des  Sanskrit  vermittelte,  um  nicht  die  ganze  Grösze  der 
Umwälzung  zunächst  auf  dem  Gebiete  des  bis  dahin  landläufigen  etymo- 
logischen  und   weiter   auch    des    syntaktischen   Theils   der   griechischen 
und    lateinischen    Grammatik    vorauszusehen.       Hat    doch    selbst    auch 
der  Altmeister  G.  Hermann    noch  in  seiner  letzten  Schrift,  wenn  wir 
nicht  irren,  durch  Beiziehung  des  Sanskrit  der  unabweisbaren  Bedeutung 
der   allgemeinen  Sprachvergleichung   seine  Anerkennung    und  Huldigung 
beurkundet.     In    unsern    Tagen    freilich   wird    es    niemandem    mehr  ein- 
fallen, diese  Beziehungen  des  Sanskrit  zu  den  beiden  klassischen  Spra- 
chen  ernstlich    in  Frage   stellen    zu  wollen,  nachdem  die   riesigen  Fort- 
schritte   in    der   Erforschung    und    Kenntnis    von    Sprache,    Mythologie, 
Kultur  und  Leben  der  indoeuropäischen  Völker  dieselben  als  Söhne  des- 
selben Vaterhauses    kennen   gelehrt   hat,    welche   bis   zu   einer  gewissen 
Zeit-  und  Kulturstufe  vereinigt  waren,    dann  aber,   wie  die  Söhne  der- 
selben Familie,  in  alle  Welt  zerstreut  wurden,  um,  ein  jeder  nach  sei- 
nem Genius  und  seiner  eigenen  Art ,    auf  eigenen  Wegen  schneller  oder 
langsamer  eine    eigene  Lebensstellung  sich  zu  erringen.     Durch  die  um- 
fassenden   und    durchgreifenden,    auf    dem    Gesamtgewinne    der    wissen- 
schaftlichen Forschung  über  die  Vorzeit  der  groszen  Völkerfamilien  be- 
ruhenden   Resultate    sind    so    manche   auf  dem    Gebiete    der  klassischen 
Alterthumskunde  lange  ventilierte  Controverspunkte  zum  Abschlusze  ge- 
diehen,   wie    denn   auch    die    grosze  für   das    Griechenthum   so   wichtige 
Frage  über    das  Verhältnis   des  Hellenismus    zum  Orientalismus    zumeist 
von  dieser  Seite  her  ihre  Erledigung  fand. 

Es  kann  nicht  befremden ,  dasz  so  gewaltigen  Umwälzungen  und 
Fortschritten  auf  allen  Gebieten  der  Altertumswissenschaft  und  der 
engsten  Wechselwirkung  derselben  unter  einander  gegenüber  auch  die 
rüstigsten  und  frischesten  Kämpen  der  altern  Schule  allmählich  eine 
Sehnsucht  nach  Ruhe  ergriff,  welche  um  so  gerechtfertigter  erscheint, 
je    mehr   sie    zugleich    der  Ausdruck   der  Ueberzeugung  war,   dasz  man 


Kurze  Anzeigten  und  Miscellen.  25 

im  Hinblicke  auf  die  angebliche  Unzulänglichkeit  eigener  Kraft  in  die 
jetzige  Welt  nicht  mehr  passe.  In  solcher  Weise  hat  sich  auch  Osann, 
zugleich  noch  durch  das  Drang-  und  Wirrsal  akademisclier  Geschäfte 
aller  Art  in  seinen  Kräften  erschöpft  (vgl.  S.  32  und  38),  mit  jener 
Offenheit  und  Grailheit  ausgesprochen,  welche  seinen  Charakter  aus- 
zeichnete. Schon  1850  klagt  er  nach  den  Anstrengungen  seines  Berufes 
während  des  heiszen  Sommers  'zum  alten  Manne'  geworden  zu  sein. 
Mit  mehr  oder  weniger  Unterbrechung,  erneuter  Sammlung  der  Kräfte 
und  Wiederkehr  bessern  Betindens  dauerten  die  von  ihm  öfter  beklagten 
(vgl.  S.  32)  Leiden  von  nun  an  fort  bis  zu  seinem  Hinscheiden.  'Indem 
ich  gegenwärtig  an  Sie  schreibe  (heiszt  es  in  einem  Briefe  vom  12n  Juli 
1852),  beginne  ich  seit  mehreren  Tagen ,  die  mich  krank  teils  in  teils 
auf  dem  Bette  festgehalten  haben,  die  erste  geistige  Arbeit  wieder,  und 
trotz  der  Ungeheuern  Glut,  welche  der  aufsteigende  Sirius  auf  den  Erd- 
ball wirft,  fühle  ich  mich  doch  wieder  so  weit  gestärkt,  dasz  die  noch 
Bcliwache  Hand  die  Feder,  wenn  auch  in  schwieriger  Bewegung,  leiten 
kann.  Das  Leiden,  das  mich  zuweilen  heimsucht,  und  mich  an  alles, 
was  menschlich  ist  und  heiszt,  erinnert,  ist  eine  zu  grosze  Reizbarkeit 
meiner  Nerven,  die  dann,  durch  irgend  einen  Zufall  geweckt,  sieh  in  ei- 
nem heftigen  Fieber  ausspricht,  das  meine  Gott  Lob!  immer  noch  kräftige 
Natur  nicht  zu  eigentlichem  Nerventieber  werden  läszt.  Aber  freilich 
die  zu  grosze  Empfänglichkeit  für  alle  geistigen  Eindrücke,  die  in  mir 
lebt,  ein  nicht  zu  stillender  Trieb  alles,  was  mich  berührt,  auf  das 
innigste  in  mir  zu  verarbeiten,  eine  nicht  ruhende  Phantasie,  welche 
das  empfangene  Bild  zu  neuen  umgestaltet,  eine  mimosenartige  Be- 
schaffenheit meines  Gemüts,  welches  jede  unzarte  Berührung  auf  das 
nachwirkendste  empfindet  —  alles  dieses ,  was  in  mir  kocht  und  brütet, 
musz  am  Ende  auch  die  Form  zerstören,  in  welcher  sich  meine  Seele 
bewegt,  und  es  wird  irgend  ein  heftiger  Sturm,  unerwartet,  von  mir 
aber  ungefürchtet,  diesem  unbefriedigten  Geiste  den  Kerker  öffnen.' 
Wir  reihen  daran  gleich  einen  weitern  Ergusa  der  zunehmenden  in 
Folge  körperlicher  und  geistiger  Abspannung  wachsenden  Misstimmung 
des  edelsten  Herzens  und  Gemütes,  zumal  diese  letztere  die  lebhafte 
und  innigste  Theilnalime  nicht  zu  mindern  vermochte,  welche  Osann 
allezeit  für  die  Lebensschicksale  der  liebgewordenen  Freunde  und  ihrer 
Angehörigen  bewahrte  und  aussprach.  Einen  in  dieser  Beziehung  recht 
herzlichen  Brief  vom  16n  December  1857  schlieszt  er  mit  den  Worten: 
'Wie  es  sonst  hier  in  philologicis  hergeht,  werden  Sie  von  K.  oder  S. 
erfahren  können.  Ich  kann  mit  dem  Geiste  der  jungen  Leute,  wie  er 
namentlich  im  Seminar  herscht,  sehr  zufrieden  sein.  Ich  sehe  vor  mir 
fast  nur  Fleisz  und  eifriges  Streben.  Mir  selbst  geht  es  leidlich  :  doch 
wird  mir  in  einer  zweiten  Stunde  das  Sprechen  oft  so  schwer,  dasz  mir 
fast  die  Stimme  ausgeht,  so  dasz  an  ein  Zurückziehen  über  lang  oder 
kurz  doch  gedacht  werden  musz.  Auszerdem  fühle  ich  auch,  dasz  ich 
für  die  jetzige  Welt  nicht  mehr  passe.  Mögen  es  andere  besser  machen.' 
Noch  viel  entschiedener  sprach  sich  das  Gefühl  jener  körpeilichen  Er- 
mattung und  trüben  Gemütsstimmung  zugleich  mit  der  gröszten  Sehnsucht 
nach  Ruhe,  ja  mit  der  unzweideutigsten  Ahnung  baldigen  Heimgangs  zu 
den  Sitzen  wahrer  und  ewiger  Ruhe  in  des  theuern  Lehrers  und  Freun- 
des letztem  Briefe  vom  5n  Juli  1858  in  diesen  Worten  aus:  'Auch  ich 
habe  sehr  zu  leiden  gehabt.  Schon  vor  der  groszen  Hitze  stellte  sich 
ein  Kopfleiden  ein,  das  natürlich  durch  die  Witterung  und  angestrengte 
Arbeit,  die  ich  nicht  beseitigen  konnte,  zunahm  und  einen  Grad  er- 
reichte, der  mich  wirklich  besorgt  machte  und  mich  zeitweilig  alle 
Bücher  wegwerfen  hiesz.  Gegenwärtig  geht  es  mir  leidlicher,  aber  ich 
bin  doch  noch  so  angegriffen,  dasz  ich  mich  wahrhaft  nach  Ruhe  sehne, 
die  aber  nicht  vor  Ende  August  eintreten  wird,  wo  ich,  von  allen  hie- 


26  Kurze  Änzeis:en  und  Miscellen 


o* 


sigen  Verhältnissen  ausgespannt,  mich  wieder  in  Begleitung  meiner 
auch  noch  leidenden  Frau  in  den  Gewässern  der  Nordsee ,  wie  in  den 
zwei  letzten  Jahren,  zu  stärken  hoffen  darf.  Ob  ich  dies  erlebe,  wer 
weisz  es?  Im  64n  Jahre  hat  man  keine  weiten  Aussichten  mehr,  und 
wenn  ich  sehe,  wie  von  meinen  äqualen  Freunden  und  Bekannten  alles 
heimgeht,  musz  ich  jeden  Tag  als  einen  geschenkten  ansehen.  Auch 
gibt  es  noch  viel  bis  zu  jenem  Zeitpunkte  zu  schaffen.  Mir  kommt 
eigentlich  sehr  zur  Unzeit  die  unablehnbare  Theilnahme  an  dem  Jenai- 
schen Jubilaeura ,  wohin  mich  die  Universität  als  ihren  Deputierten 
schickt.  Freilich  gehöre  ich  dahin  als  ehemaliger  studiosus  Jenensis 
und  nachheriger  auszerordentlicher  Professor.  Solche  anstrengende, 
tumultuarische  Suiten  liebe  ich  nicht  und  kann  sie  auch  nicht  ver- 
tragen. Dies  auch  der  Grund,  warum  ich  mich  seit  Jahren  von  allen 
Versammlungen  der  Philologen  fern  halte.  Auch  passe  ich  nicht  mehr 
für  das  junge  Deutschland.'  Selten  wol  hat  ein  begabter  Geist  sein 
eigenes  Wesen  anschaulicher  und  allseitiger  in  wenigen  Strichen  ge- 
zeichnet, als  es  in  dem  ersten  dieser  drei  Briefe  geschehen  ist:  selten 
wol  auch  Jahre  lang  voraus  den  unerwarteten  und  ungefürchteten  Sturm 
vorausgefiihlt  und  vorausgesagt,  welcher  dem  unbefriedigten  Geiste  sei- 
nen Kerker  öffnen  sollte.  Die  sichere  Todesahnung  in  der  Mitte  des 
Jahres  1858  hat  sich  gegen  das  Ende  desselben  hin  verwirklicht:  er  ist 
gekommen,  der  unerwartete  Sturm,  um  mitten  in  dem  nach  so  manig- 
fachen  Leiden  der  letzten  Jahre  wie  nie  zuvor  (vgl.  S.  35)  wiederge- 
kehrten Wohlsein  das  edelste  Geistesleben  dieser  Erde  zu  entrufen  und 
der  ersehnten  Ruhe  zuzuführen.  —  Möge  es  Herrn  Director  Wiegand 
recht  bald  vergönnt  sein,  durch  die  von  ihm  (S.  6)  in  Aussicht  ge'stellte 
allseitige  und  vollständigere  Darstellung  dieses  Lebens  für  sich  und  alle 
ihm  dafür  dankbaren  Schüler,  Freunde  und  Verehrer  Friedrich  Osanns 
die  Schuld  der  Pietät  und  Freundschaft  ganz  abzutragen  und  dadurch 
ein  unvergängliches  Denkmal  der  Erinnerung  über  dem  Grabe  des  Ver- 
klärten aufzubauen ,  auf  welches  er  den  ersten  unverwelklichen  Kranz 
der  Liebe  niedergelegt  hat. 

Frankfurt  a.  M.  Jacob  Becker. 


II. 

Lehrbuch  der  christlichen  Religion  für  die  Oberhlassen  evangelischer 
Gymnasien.  Von  ür  K.  S chneider^  evangelischem  Pfarrer  in 
Schroda.    Bielefeld  1860.  297  S.    1  Thlr  3  Sgr. 

Während  in  den  Jahren  1836 — 1858  eine  Reihe  trefflicher  Lehrbücher 
für  den  Religionsunterricht  in  den  oberen  Klassen  evangelischer  Gymna- 
sien erschienen  sind —  Marheineke,  Kniewel,  Schmieder,  Tho- 
masius,  Fetri,  Oslander,  Bender,  Hülsmann,  Hagenbach  — , 
haben  die  letzten  Jahre,  neue  Auflagen  früher  erschienener  Lehrbücher 
ausgenommen,  soviel  dem  Ref.  bekannt  geworden  ist,  nichts  neues  auf 
diesem  Gebiete  der  paedagogischen  Litteratur  auszer  dem  im  folgenden 
eu  besprechenden  Lehrbuche  von  Schneider  hervorgebracht.  Es  hat 
dies  nicht  sowol  in  einer  Abnahme  des  Interesses  für  diesen  wichtigen 
Unterrichtszweig,  als  vielmehr  hauptsächlich  wol  darin  seinen  Grund, 
dasz  dem  Bedürfnis  der  höheren  Bildungsanstalten  für  eine  Reihe  von 
Jahren  Genüge  geleistet  schien. 

Durch  die  seit  einer  Reihe  von  Jahren  auf  diesem  Gebiete  der 
Paedagogik  gemachten  Erfahrungen,  welche  vorzugsweise  Lan  d  fer- 
ro an  n  in  seinem  vortrefflichen  Gutachten  über  den  evangelischen  Re- 
ligionsunterricht  in   den  Gymnasien   so  klar   und   treffend  zusammenge- 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  27 

stellt  hat,  hat  sich  au  den  meisten  Anstalten ,  so  viel  Referent  aus  den 
Jahresbericliten  zu  ersehen  Gelegenheit  pneliabt  hat,  die  Praxis  heraus- 
gestellt, dasz  in  der  Kegel  in  den  beiden  oberen  Klassen  neben  fort- 
laufender Lectiire  der  heiligen  Sclirift  ein  mehr  oder  weniger  ausführ- 
licher Unterricht  über  die  heilige  Schrift  —  eine  Art  Einleitung  in  das 
alte  und  neue  Testament  — ,  eine  kurze  systematische  Darstellung  der 
Glaubens-  und  Sittenlehre  und  als  Schlusz  eine  kurze  IJebersicht  der 
Geschichte  der  Entwickelung  der  christlichen  Kirche  gegeben  wird.  Die- 
ser Stoff  wird  in  der  Regel  so  verteilt,  dasz  die  Einleitung  und  die 
erste  Hälfte  der  Glaubenslehre  in  Secunda  durchgenommen  wird,  der 
Schlusz  der  Glaubenslehre,  die  Sittenlehre  und  die  Kirchengeschichte 
Pensum  der  Prima  sind.  Referent  hat,  teils  um  die  Glaubenslehre 
nicht  zwischen  Prima  und  Secunda  zu  teilen ,  teils  weil  die  angehen- 
den Secundaner  nicht  die  nötige  geistige  Entwickelung  besitzen ,  um 
einer  systematischen  Darstellung  der  Glaubenslehre  mit  Nutzen  zu  fol- 
gen, seit  einer  Reihe  von  Jahren  die  Glaubens-  und  Sittenlehre  in  Prima, 
dagegen  die  Einleitung  und  Kirchengeschichte  in  Secunda  genommen 
und  dies  als  ganz  zweckmä.szig  erkannt ,  doch  musz  er  gestehen  dasz 
einzelne  Punkte  der  Kirchengeschichte,  z.  B.  die  Darstellung  der  Ent- 
wicklung der  Lehre  und  der  abweichenden  Lehrmeinungen,  für  Secun- 
daner ihre  groszen   Schwierigkeiten  haben. 

Herr  Dr  Schneider,  früher  Religionslehrer  am  Gymnasium  in 
Krotoschin,  hat  in  seinem  Lehrbuche  der  christlichen  Religion  für  die 
Oberklassen  evangelischer  Gymnasien,  dessen  Herausgabe  nach  dem 
Vorworte  durch  den  Provinzial- Schulrath  Dr  Me  bring  in  Posen  ver- 
anlaszt  zu  sein  scheint,  diesen  durch  die  Erfahrung  als  zweckmäszig 
erwiesenen  Weg  eingeschlagen  und  in  3  Teilen  von  der  heiligen  Schrill 
S.  1  — 174,  von  der  Lehre  der  evangelischen  Kirche  S.  175 — 254,  von 
der  Geschichte  der  christlichen  Kirche,  S,  255 — 297,  gehandelt.  Was 
die  Teilung  des  Stoffes  betrifft,  so  hafr  er  blos  die  Einleitung  in  die 
heilige  Schrift  für  die  Secunda,  die  Lehre  und  die  Geschichte  für  Prima 
bestimmt;  daraus  erklart  sich  auch  die  auffallende  Ersciieinung ,  dasz 
die  Einleitung  174  Seiten,  die  beiden  anderen  Teile  zusammen  nur 
123  Seiten  umfassen.  Referent  kann  mit  dieser  Verteilung  des  Stoffes 
aus  dem  einfachen  Grunde  nicht  einverstanden  sein,  weil  nach  seiner 
Erfahrung  die  für  die  oberste  Klasse  bestimmten  2  Stunden  für  die 
Glaubenslehre ,  die  Sittenlehre  und  die  Kirchengeschichte  nicht  aus- 
reichen. 

Im  ersten  Teile  geht  der  Einleitung  in  die  einzelnen  Bücher  eine 
allgemeine  Einleitung  über  Offenbarung,  Inspiration,  Ansehen  der  Schrift, 
Kanon,  Sprache,  Text,  Uebersetzungen  voraus.  Die  einzelnen  Bücher 
sind  nach  der  Reihenfolge ,  die  sie  im  hebräischen  Texte  einnehmen, 
behandelt.  Die  Einleitung  ins  alte  Testament  scheint  Referenten,  was 
den  Umfang  betrifft,  nicht  in  dem  richtigen  Verhältnisse  zu  der  des 
neuen  Testaments  zu  sein;  während  die  Bücher  des  alten  Testaments 
auf  80  Seiten,  die  Apokryphen  auf  24  Sfeiten  abgehandelt  werden,  kom- 
men auf  die  Bücher  des   neuen  Testaments  nur  54  Seiten. 

Bei  jedem  Buche  wird  die  Frage  nach  dem  Verfasser  und  Zweck 
beantwortet  und  der  Inhalt  ziemlich  ausführlich  angegeben.  Die  Re- 
sultate der  neuesten  Kritik  werden  kurz  berührt,  die  Schwierigkeiten 
der  Erklärung  nicht  verschwiegen  und  ihre  Lösung  öfter  angedeutet, 
z.  B.  die  Frage  nach  der  Einheit  des  Pentateuchs  und  des  Jesaias, 
nach  der  Zuverlässigkeit  der  Ueberschriften  zu  den  neutestamentlichen 
Schriften,  die  Erklärung  einzelner  Wunder  usw. 

Der  zweite  Teil  enthält  eine  systematische  Entwickelung  der 
christlichen  Lehre  nach  ihrem  ethischen  und  dogmatischen  Gehalte. 
Der  Verfasser  hat  nach  der  in  neuerer  Zeit  wieder  beliebten  Weise  die 


28  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Glaubens-  und  Sittenlehre  eng  mit  einander  verbunden.  Der  Einteilung 
hat  er  das  apostolische  Syrabolum  zu  Grunde  gelegt;  nach  einer  Ein- 
leitung über  das  Wesen  und  die  Eigenschaften  Gottes  handelt  er  im 
ersten  Abschnitt  von  Gott  dem  Vater  —  das  Verderben  der  Schöpfung, 
die  Erhaltung  der  Welt,  die  göttliche  Vorsehung  und  das  Gesetz,  die 
Sehnsucht  — ,  im  zweiten  von  Gott  dem  Sohne  —  die  Person  des  Er- 
lösers, sein  Werk  — ,  im  dritten  von  Gott  dem  heiligen  Geist  oder  von 
der  Vollendung  der  Welt  —  der  heilige  Geist,  die  Kirche,  der  Weg 
zum  Herrn,  die  Gnadenmittel,  die  Hoffnung  des  Christen  — .  Ein  Anhang 
enthält  die  Unterscheidungslehren  der  christlichen  Coufessionen. 

Der  dritte  Teil  enthält  eine  kurze  Darstellung  der  Geschichte 
der  christlichen  Kirche  in  ihrer  äuszeren  und  inneren  Entwickelung 
nach  3  Perioden  bis  auf  die  neueste  Zeit,  die  beiden  ersten  Perioden 
auf  19,  die  dritte  von  der  Reformation  an  auf  22  Seiten. 

Diesen  Stoff  hat  der  Verfasser ,  was  die  äuszere  Einrichtung  der 
einzelnen  Teile  betrifft,  in  einzelne  I'aragraphen  verteilt  und  den 
Inhalt  dieser  durch  Anmerkungen  und  Zusätze  näher  erläutert  und 
erweitert 

Sehen  wir,  ehe  wir  zur  Beantwortung  der  Frage,  wie  der  Verfasser 
diesen  also  gegliederten  Stoff  behandelt  hat,  uns  wenden,  welchen 
Zweck  der  Verfasser  bei  der  Abfassung  seines  Lehrbuches  vor  Augen 
gehabt  hat,  so  musz  Ref.  bekennen,  dasz  ihm  nicht  ganz  klar  geworden 
ist,  ob  dasselbe  für  Schüler  oder  Lehrer  bestimmt  ist.  Nach  einer 
Aeuszerung  auf  der  ersten  Seite  der  Vorrede  sollte  man  freilich  er- 
warten, dasz  der  Verf.  bei  seiner  Arbeit  nur  oder  wenigstens  vorzugs- 
weise den  Lehrer  im  Auge  gehabt  habe,  die  ganze  Behandlung  "scheint 
aber  Ref.  dafür  zu  sprechen,  dasz  dasselbe  für  Schüler  bestimmt  ist. 
Ein  Schulbuch  darf  aber,  darin  sind  wol  alle  Lehrer  einig,  nur  das  ent- 
halten ,  was  für  den  Schüler  durchaus  notwendig  ist ,  und  musz  sich 
durch  Klarheit,  Einfachheit,  Deutlichkeit  auszeichnen.  Gegen  die  erste 
Forderung  hat  z.  B.  der  Verf.  aber  mehr  als  einmal  verstoszen,  denn 
Bemerkungen  wie  die  auf  ^S.  9  N.  2,  S.  12  N.  3  u.  4,  S.  13  N.  2, 
S.  91  N.  6,  S.  95  N.  4  und  viele  andere  sind  zwar  ganz  geeignet  für 
den  mündlichen  Vortrag  oder  als  Fingerzeige  für  den  Lehrer,  gehören 
aber  nicht  in  ein  für  Schüler  bestimmtes  Lehrbuch.  Was  soll  ferner 
der  Schüler  mit  Citaten  von  Büchern,  die  er  erst  auf  der  Universität 
oder ,  wenn  er  nicht  gerade  Theologie  studiert ,  nie  in  die  Hand  be- 
kömmt? Für  jüngere  Lehrer  mögen  dei gleichen  und  ähnliche  Citate 
ganz  zwecKmäszig  sein,   für  Schüler  sind  sie  nicht  geeignet. 

Was  den  religiösen  Standpunkt  des  Verfassers  betrifft,  so  ergibt 
eich  aus  der  ganzen  Art  und  Weise  der  Auffassung,  wie  auch  aus  der 
Behandlung  und  Darstellung  einzelner  Lehren ,  dasz  der  Verf.  entschie- 
den auf  dem  Boden  des  positiven  Christentums,  auf  dem  Boden  der 
wahren  Union  steht,  dasz  er  dem  Bekenntnis  der  lutherischen  Kirche 
zwar  treu  ist,  aber  nicht,  wie  so  manche  in  der  neueren  Zeit  thun, 
einseitig  diesen  Standpunkt  festhält  und  die  Berechtigung  anderer  Kir- 
chen und  Coufessionen  verkennt.  Mit  den  neueren  Ansichten,  welche 
die  gläubig  wissenschaftliche  Richtung  in  unseren  Tagen  hervorgebracht 
hat  (Schle  ier  macher,  Neander,  de  Wette,  Delitzsch,  Dehler, 
Stier,  Um  breit,  Lücke,  Tholuck,Nitzsch,  Müller,  Märten - 
sen,  Hase,  Lange  usw.),  ist  er,  w^ie  sich  an  vielen  Stellen  zeigt, 
nicht  nur  bekannt,  sondern  auch  durchweg  einverstanden.  Ich  erinnere 
nur  an  das,  was  er  S.  127  über  Einschaltungen  im  neuen  Testament, 
über  die  Echtheit  des  ersten  Briefes  an  den  Timotheus  S.  165,  über 
den  Verfasser  des  Briefes  au  die  Hebräer  S.  1(56,  über  den  zweiten 
Brief  des  Petrus  S.  171  und  anderes  sagt.  Daraus  ergibt  sicli  auch 
schon,    dasz  der  Verf.  durchaus   kein   sogenannter  Symbolgläubiger  ist, 


Kürzte  Anzeigen  und  Miscellen.  29 

ilasz  er  vielmelir  den  Sj'mboleu  die  ihnen  mit  Recht  zukommende  Be- 
deutunfj  und  Stellung  einräumt.  S.  7  der  Vorrede  saj^t  der  Verfasser: 
'Der  Schüler  will  wissen  was  seine  Kirche  bekenne,  was  in  ihrem  Be- 
kenntnis wesentlich,  was  zufällig'  sei,  und  welcher  Sinn,  was  für  eine 
Bedeutung  der  einzelnen  Vorstellung  im  ganzen  der  Lehre  gebühre.' 
Und  S.  182:  'Bios  historische  Bedeutung  hätten  die  Symbole, 
wären  sie  uns  nur  Zeugnisse  dessen,  was  die  Nicäner,  die  Reformatoren 
usw.  glaubten;  kirchliches  Ansehen  haben  sie,  wenn  sie  aus- 
drücken was  wir  glauben.  Dabei  müszen  wir  allerdings  geltend  machen, 
dasz  wir  uns  nur  in  dem  wirklichen  Bekenntnis  wiederfinden  können, 
nicht  in  allen  Formen  und  Ausdrücken  desselben  oder  in  der  zur  Be- 
gründung, Ausführung  und  Polemik  dienenden  theologischen  Erörterung. 
Da  fast  sämtliche  Bekenntnisschriften  einen  polemischen  Zweck  hatten, 
so  haben  sie  in  diesem  auch  eine  Beschränkung  ihrer  allgemeinen  Auto- 
rität, wie  denn  fast  jede  derselben  wesentliche  Lehren  der  Kirche  un- 
erörtert  Uiszt.  Sie  fordern  daher  selbst  zu  weiterer  biblischer  Forschung 
auf,  deren  Resultat  sie  nicht  zu  fürchten  haben.' 

'Was  die  materielle  Behandlung  anlangt',  sagt  der  Verfasser 
S.  8  der  Vorrede,  'so  genüge  die  Versicherung,  dasz  ich  mich  redlich 
bemüht  habe  die  Lehre  meiner  Kirche  treulich  wiederzugeben,  und  ich 
freue  mich,  dasz  ich  eben  damit  meinen  eigenen  Glauben  bekennen 
konnte;  es  ist  aber  auch  mein  Bestreben  gewesen,  den  anderen  Con- 
fessionen  gerecht  zu  werden.'  Referent  freut  sich  versichern  zu  können, 
dasz  er  keine  Veranlassung  gefunden  hat,  diesen  Worten  des  Verfassers 
weder  nach  der  einen  ,  noch  nach  der  anderen  Seite  hin  widersprechen 
zu  müszen. 

Gehen  wir  nun  zur  Behandlung  der  einzelnen  Teile  über,  so 
scheint  der  erste  Teil  von  dem  Verf.  mit  besonderer  Vorliebe  bearbeitet 
zu  sein  —  daher  geht  er  auch  wol  über  die  diesem  Teile  zu  bestim- 
menden Grenzen  hinaus.  Dahin  gehört  teils  die  zu  grosze  Ausführ- 
lichkeit, teils  die  Berührung  solcher  Gegenstände,  die  für  den  Lehrer, 
nicht  für  den  Schüler  bestimmt  sind;  dahin  rechne  ich  auszer  dem 
schon  früher  erwähnten  Bemerkungen  wie  S.  129,  4;  142  Anmerkung; 
161,  5;  222,  2;   230,  2;  288,  1. 

In  der  Glaubenslehre,  die  Ref.  etwas  ausführlicher  behandelt  wünschte, 
hätte  der  Schriftbeweis  für  die  Lehre  von  der  Trinität  mehr  ausgeführt 
werden  müszen.  S.  191  und  194  ist  von  den  bösen  Engeln  nicht  die 
Rede,  nicht  von  dem  Reiche  des  Teufels ;  S.  214  vermiszt  Ref.  die  mes- 
sianischen  Weissagungen. 

In  der  Kirchengeschichte  vermiszt  Ref.  eine  des  Zusammenhangs 
wegen  notwendige  Darstellung  der  apostolischen  Zeit,  des  Znstandes 
der  Heidenwelt  und  des  Judentums  zur  Zeit  der  Stiftung  des  Christen- 
tums, die  Gründe  der  schnellen  Ausbreitung  des  Christentums,  die 
Hindernisse  die  sich  derselben  entgegenstellten,  eine  Erklärung  von 
Scholastik  und  Synkretismus,  nähere  Angaben  über  Wykliffe,  das  In- 
terim, die  Verbreitung  der  Reformation  in  den  Niederlanden,  die  Streitig- 
keiten in  der  lutherischen  Kirche,  die  Unionsversuche  zwischen  der 
katholischen ,  griechischen  und  evangelischen  Kirche  ,  eine  ganz  kurze 
Geschichte  der  griechischen  Kirche,  eine  Erwähnung  Swedenborgs  usw. 
Dagegen  ist  der  Reichstag  zu  Worms  und  der  zu  Augsburg  zu  aus- 
führlich behandelt.  —  Das  könnte  besser  dem  mündlichen  Vortrage  des 
Lehrers  überlassen  werden. 

Im  einzelnen  hat  Ref.  zu  folgenden  Bemerkungen  Veranlassung  ge- 
funden. Der  §  76  der  Einleitung  über  die  jüdisch -alexandrinische 
Religionsphilosophie  scheint  Ref.  für  die  Schüler  der  Secunda  zu  hoch 
zu  sein.  S.  134  A.  3  ist  dem  Schüler  unverständlich.  S.  182  ist  der 
Ausdruck   katholische    und   evangelische  Religion   wol    nur   ein   Druck- 


30     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stalisl.  Notizen. 

felller,  ebenso  S.  213  Christus,  hebräisch  XQiarög,  der  Augsburger  Ee- 
ligionsfriede  1553.  Die  S.  242  stehende  5e  Anmerkung  hätte  wol  früher 
erwähnt  werden  miiszen. 

Die  Darstellung  zeichnet  sich  wie  durch  Klarheit,  Bestimmtheit 
und  Verständlichkeit  (welche  Eigenschaften  man  bei  mehreren  sonst 
trefflichen  Lehrbüchern  der  Religion  leider  verniiszt) ,  so  auch  durch 
eine  gewisse  Frische  und  wohlthuende  Wärme  aus.  In  der  Kirchen- 
geschichte könnte  der  Ausdruck  zuweilen  etwas  einfacher  und  weniger 
rhetorisch  sein. 

Abgesehen  von  den  im  vorhergehenden  angedeuteten  Mängeln  steht 
Eef.  nicht  an,  das  Lehrbuch  der  christlichen  Keligion  von  Schneider 
für  eine  erfreuliche  Erscheinung  in  der  paedagogischen  Litteratur  zu 
erklären ,  nur  möchte  sich  dasselbe  mehr  für  Lehrer  als  für  Schüler 
eignen,  teils  weil  wegen  des  groszen  Umfangs  natürlich  auch  der  Preis 
über  das  gewöhnliche  Masz  hat  erhöht  werden  müszen,  theils  weil  viele 
Bemerkungen  aufgenommen  sind,  die  nur  für  den  Lehrer  bestimmt  sind. 

Essen.  Buddeberg.  • 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 


Aarau,  Kantonsschule  1859/60.  Dieselbe  besteht  aus  einem  Ober- 
gymnasiuni  mit  4  (I  21  ,  II  18,  III  16  und  IV  11)  tind  einer  Gewerb- 
schule mit  ebenso  viel  Klassen  (I  21,  II  17,  III  11  und  IV  5)  und  zu- 
sammen 119  Schülern.  Für  die  Schüler  des  Gymnasiums  ist  von  neue- 
ren Sprachen  nur  Französisch  obligatorisch,  Hebräisch  wird  in  III  u.  IV 
gelehrt.  Auszer  dem  Rector  Dr  Rud.  Rauchen  stein  wirken  an  der 
Anstalt  die  Professoren  Fr.  Rauchens  t  ein,  Roch  holz,  Dr  Kurz, 
Mosbrugger,  Conrector  Rytz,  Hagnauer,  Holzin ger,  Hunzi- 
ker,  Schibker,  Dr  Zsckokke,  Krig  und  7  Hülfslehrer.  Das 
Programm  enthält  eine  Abhandlung  des  Hülfslehrer  Schiess:  das  La- 
teinische als  Unlerslütziing  zur  Erlernung  neuerer  Sprachen.  Unter  diesem 
Titel  zählt  derselbe  eine  Reihe  alphabetisch  geordneter  Wörter  aus  der 
französischen  und  italienischen  Sprache  auf  mit  Angabe  der  lateini- 
schen Stämme,  woraus  sich  ihm  gewisse  Analogien  ergeben  haben,  die 
er,  wie  er  sich  ausdrückt,  später  als  Lautgesetze  anerkannte  (sie!). 
Als  seine  hauptsächliche  Quelle  bezeichnet  er  das  etymologische  Wör- 
terbuch von  Diez,  bemerkt  aber  dazu,  dasz  er  manches  weggelassen 
and  einiges  berichtigt  habe.  ^ 

Griechenland.]  Litt  e  r  a  r  i  s  ch  es  u  n  d  Kul  turh  istor  i  sches 
aus  Griechenland,  Bekanntlich  legte  die  griechische  Regierung  den 
Kammern  des  Königreichs  im  Jahre  1860  einen  Gesetzentwurf  wegen 
Veränderung  des  Statuts  {■aavovLGiioq)  der  Universität  Athen  war,  wor- 
nach  die  Zahl  der  ordentlichen  und  auszerordentlichen  Professoren  an 
derselben  auf  51  (4  in  der  theol.,  21  in  der  philosoph.,  14  in  der  medi- 
cin.  und  12  in  der  Jurist.)  festgestellt  und  auszerdem  12  Lehrstühle  für 
besoldete  Privatdocenten  errichtet  werden  sollten;  auch  sollte  künftig 
jeder  neue  Lehrstuhl  durch  ein  von  den  Kammern  genehmigtes  Gesetz 
festgestellt  werden.  Bisher  bestanden  (nach  dem  Statut  von  1837)  nur 
2  Professuren  der  Theologie,  17  der  Philosophie,  12  der  Medicin  und 
10  der  Jurisprudenz,  im  ganzen  also  41.  Ueber  diesen  Gesetzentwurf 
erschien   (Athen  1860)   eine   ziemlich   ausführliche   Schrift   eines   an  der 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stalisl.  Notizen.     31 

Universität  selbst  als  Professor  angestellten,  in  Deutsehland  gebildeten 
Grieclien,  unter  dem  Titel:  ttsqI  rov  Vfov  %avovia^ov  zov  navsniarrjfii'ov 
Kul  TTJg  ti'XTjg  rcöv  iv  'EXlddi  öidao'növrcov  Kgiasig  xiveg,  die  mit  ge- 
nauer Kenntnis  der  Sache  und  mit  Wohlwollen  gegen  die  liegierung 
offen  und  freimütig  über  den  von  ihr  behandelten  Gegenstand  sich  aus- 
spricht. Es  wird  deutschen  Lesern  um  so  mehr  von  Interesse  sein, 
einiges  von  den  Ansichten  des  Verf.  und  von  dem  Inhalte  der  Schrift 
kennen  zu  lernen ,  da  es  sich  um  einen  der  wichtigsten  Gegenstände  für 
Griechenland  und  für  die  gesamte  griechische  Nation  handelt,  an  dem 
auch  das  gelehrte  Ausland  Interesse  hat.  Der  Vf.  selbst  geht  in  seiner 
Kritik  des  Gesetzvorschlags  und  des  neuen  Universitätsstatuts  (xaj^o- 
vieuog  rov  ncivsTnatrjLit'ov)  von  der  Anerkennung  der  darin  sich  kund- 
gebenden Sorge  und  Freigebigkeit  für  die  Förderung  der  wahren  Inter- 
essen der  Universität,  dieser  obersten  Unterrichtsanstalt  des  gesamten 
Griechenstammes,  aus,  und  er  ist  der  Meinung,  dasz  es  gerade  hierbei 
der  verständigen  Sorge  für  die  Zukunft  nothwendig  und  vorzüglicli  be- 
dürfe. Er  spricht  sich  daher  auch  für  Vermehrung  der  Lehrstühle  der 
theologischen  und  philosophischen  Facultät  aus,  namentlich  auch  in  Be- 
treff der  altgriechischen  Litteratur,  der  Geschichte  der  Kunst  und  der 
physisch-mathematischen  Wissenschaften ,  und  erklärt  ausdrücklich,  dasz 
'die  Theologie  und  die  altgriecliische  Litteratur  mit  ihren  Hülfswissen- 
schaften  die  Grundlage  der  sittlichen  und  wissenschaftlichen  Wieder- 
geburt des  griech.  Volks  ausmache'.  Er  fordert  daher  auch  als  uner- 
läszlich  die  nötige  Sorge  für  'Bildung  eines  erleuchteten  und  unter- 
richteten Klerus  und  wissenschaftlich  gebildeter  Lehrer  der  Kirche',  für 
rechte  Verwaltung  der  letzteren,  so  wie  für  angemessene  Gestaltung 
der  gesamten  Unterrichtsanstalten,  'damit  das  griechische  Volk  die 
Stellung  wieder  einnehme,  die  es  einst  unter  den  Völkern  Asiens  ein- 
nahm'. 'Der  Hellenismus',  sagt  der  Verf.,  'unterwarf  sich  durch  und 
nach  Alexander  d.  Gr.  die  Völker  Asiens,  indem  er  sie  durch  Verbrei- 
tung der  Wissenschaften  und  Künste  erleuchtete ,  befreite  und  sittlich 
bildete.  Nicht  durch  Reichtum  ,  nicht  durch  die  Zahl  der  Bevölkerung, 
nicht  durch  Armeen  und  Flotten  war  das  alte  Griechenland  grosz  und 
mächtig;  nur  durch  die  wahre,  sittliche,  geistige  und  künstlerische 
Bildung,  die  es  nach  Asien  brachte,  erreichte  das  alte  Griechenland 
eben  das,  was  die  Griechen  der  Gegenwart  erstreben.  Viel,  sagt  der 
Verf.,  ist  seit  30  Jahren  dafür  geschehen ,  aber  viel  bleibt  noch  übrig, 
und  manches  hätte  geschehen  können  und  sollen.  Wir  kennen  die  Ur- 
sache gar  wol.  Wir  alle  haben  schuld  an  den  ungesunden  Zuständen, 
an  denen  wir  leiden  und  an  unserer  politischen  Ohnmacht  ( Mo;;j;f |t'o;  xcrt 
dägccvsia).  Die  Fremden  rauben  uns  die  griechischen  Länder  in  unserer 
Nähe ,  verachten  uns  als  Schwächlinge ,  die  sich  mit  kleinlichen  und 
unbedeutenden  Dingen  beschäftigen  (äSgavirtg,  (ii-ngoXoyovg  xat  y.svo- 
GTtovSovg) ,  und  erregen  auf  jede  Weise  den  Hasz  der  Nachbarn  wider 
uns.  Um  so  mehr  bedarf  es  bei  der  Sorge  für  die  Bildung  des  griechischen 
Volks  der  verständigen  Rücksicht  auf  dessen  Zukunft  und  auf  die  not- 
wendige Verbesserung  seines  sittlich-geistigen  Zustandes ,  die  nicht  nur 
dem  gegenwärtigen  kleinen  und  armen  Königreich  Griechenland,  sondern 
den  küiiimenden  Geschlechtern  gilt  und  angehört'.  Der  Verf.  kann  des- 
halb auch ,  in  Hinblick  auf  die  groszen  und  wichtigen  Zwecke  des  ge- 
samten öffentlichen  Unterrichts  in  Griechenland  und  besonders  der  Uni- 
versität Athen,  es  nicht  unterlassen,  über  die  Unverhältnismäszigkeit 
und  Geringfügigkeit  der  Besoldungen  an  letzterer,  so  wie  überhaupt  über 
die  kümmerliche  Lage  (ä&liörrjg)  der  Gelehrten  und  über  die  Seltenheit 
wissenschaftlicher  Schriften  in  Griechenland  zu  klagen.  Er  setzt  zu- 
gleich die  traurigen  Wirkungen  hiervon  auseinander  und  macht  Vor- 
schläge   zu    ihrer   Abhülfe.     Einer  dieser  Vorschläge    in  Betreff  der  ge- 


32     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

rügten  Seltenheit  wissenschaftlicher  Werke  geht  dahin,  dasz,  insoweit 
es  sich  um  wahrhaft  wissenschaftliche  Schriften  handelt,  deren  Werth 
und  Wichtigkeit  vorher  gehörig  entschieden  sein  müste,  die  Regierung 
die  nöthigen  Kosten  für  Papier  und  Druck  übernehme  und  den  Schrift- 
stellern die  Auslagen  dafür  gewähre  Jedenfalls  läszt  diese  Klage  und 
der  Vorschlag  zu  ihrer  Abhülfe,  wie  seltsam  er  auch  sein  mag,  tiefe 
Blicke  in  die  diesfallsigen  eigentümlichen  Zustände  des  Landes  und 
Volkes  in  Betreff  der  Literatur  und  des  Buchhandels  werfen ,  und  wenn 
man  auch  dagegen  meinen  könnte,  dasz  doch  schon  manches  wahrhaft 
wissenschaftliche  Werk  der  neugriechischen  Litteratur  ans  Licht  getreten 
sei,  so  kann  man  doch  den  Vorschlag  weder  deshalb,  noch  auch  darum 
etwa  als  ungerechtfertigt  ansehen,  weil  er  aus  dem  Schosze  des  Ge- 
lehrtenstandes selbst ,  nemlich  von  einem  Professor  der  Universität 
Athen ,  nicht  von  einem  Buchhändler  ausgegangen  ist.  Er  kann  es  um 
so  weniger,  da  bereits  im  Interesse  der  Wissenschaft  ein  ähnliches 
Verhältnis  in  Griechenland  in  Ansehung  der  von  Professoren  an  der 
Universität  Athen  für  ihre  Vorlesungen  verfaszten  wissenschaftlichen 
Leitfaden  bestanden  hat,  die  wenigstens  früher  die  griechische  Regie- 
rung auf  ihre  Kosten  drucken  liesz. 

Der,  bereits  früher  von  mir  erwähnte,  von  dem  reichen  Griechen 
A.  Rallis  in  Triest  eingeführte,  in  der  Regel  am  25.  März  eines  jeden 
Jahres  in  Athen  durch  öffentliche  Berichterstattung  der  Preisrichter  zur 
Entscheidung  gelangende  poetische  Wettkampf  (s.  Jahrbücher  Bd  LXXX 
Heft  l  S.  40  f.)  hat  auch  im  Jahre  18(30  statt  gefunden.  Es  waren 
dazu  theils  epische,  theils  lyrische  Dichtungen,  auszerdem  auch  ein 
Trauerspiel  eingegangen ,  und  der  bestimmte  Preis  von  1000  Drachmen 
ward  dem  epischen  Gedichte:  6  'jQpi.ccTcoX6g ,  von  einem  Studierenden 
der  Medicin  an  der  Universität  Athen  aus  Macedonien,  zuerkannt.  Der 
diesjährige  Berichterstatter  war  der  Professor  der  Archaeologie  an  letz- 
terer, der  als  Gelehrter,  namentlich  als  Kenner  des  griechischen  Alter- 
tums ,  so  wie  als  Dichter  geschätzte  Alexander  Risos  Rangawis ,  der 
eich  über  die  eingegangenen  Dichtungen  im  allgemeinen  und  einzelnen 
in  einem  in  der  IlavdcÖQa  Nr  242  und  243  abgedruckten  Berichte  aus- 
sprach. Er  that  dies,  mit  Ausnahme  von  vier  Dichtungen,  die  ohne 
weiteres  als  keiner  Berücksichtigung  würdig  verworfen  worden  waren, 
in  Ansehung  der  andern,  eben  so  in  Betreff  der  Form,  der  Sprache  und 
Versification,  als  in  Bezug  auf  den  Gegenstand,  dessen  Erfindung,  An- 
ordnung und  Behandlung,  und  auf  den  Gehalt  der  Dichtungen,  mit  Klar- 
heit, kritischer  Schärfe  und  poetischem  Verständnisse.  Als  besonders 
erfreulich  ward  es  von  ihm  anerkannt,  dasz  von  sämtlichen  eingegan- 
genen Dichtungen  sieben  ihren  Gegenstand  aus  der  Geschichte  des  grie- 
chischen Volks ,  aus  dem  Freiheitskampfe  oder  doch  mit  Bezug  auf  den- 
selben,  entlehnt  hatten.  Rangawis  sagte  in  dieser  Hinsicht:  'ein  Volk, 
das  seit  Jahrhunderten  in  Sklaverei  gelebt  hat,  das  als  Ruine  unter 
Ruinen  von  den  Tyrannen  niedergetreten  und  geknechtet,  von  den  frem- 
den Nationen  wegen  seiner  Schwäche  und  Ohnmacht  verachtet,  und  von 
der  göttlichen  Vorsehung  scheinbar  vergessen  war,  das  sich,  aber  plötz- 
lich erhebt,  seine  Ketten  zu  Waffen  schmiedet,  den  Untergang  einem 
ehrlosen  Leben  vorzieht,  die  Welt  durch  seinen  Mut  in  Erstaunen  setzt 
und  seine  Freiheit  zur  Verwunderung  der  Nationen  erlangt,  ein  solches 
Volk  vermag  gar  wol  die  Phantasie  eines  jeden  zu  begeistern,  beson- 
ders wenn  dieses  Volk  einst  vor  allen  andern  Völkern  der  Erde  ge- 
leuchtet, diese  selbst  zur  Freiheit  geführt  und  sie  in  allem  Schönen, 
Groszen  und  Edlen  unterwiesen  hat,  und  in  einem  jeden  griechischen 
Dichter,  der  nur  einen  Funken  Talent  besitzt,  musz  dieser  Funke  zur 
höchsten  Begeisterung  sich  entzünden,  wenn  ersieh  anschickt,  die  Tha- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen.     33 

ten  und  den  Ruhm  des  Vaterlands  zu  besingen'.  Namentlich  mit  dem 
eingegangenen  Drama:  ot  Kvipfli'öat ,  aus  der  Geschichte  des  alten 
Korinth,  beschäftigte  sich  der  Berichterstatter  in  einer  lungeren  Aus- 
einandersetzung. Er  anerkannte  an  ihm  die  Vorzüge  einer  reinen  und 
tiieszenden  Sprache  voll  Kraft  und  Geschmeidigkeit,  gefälligen  und 
leichten  Versbau ,  groszes  Talent  und  vorzüglich  tiefe  Kenntnis  des 
Altertums;  jedoch  tadelte  er  an  ihm  Mangel  wahrhafter  Poesie  und 
dramatischen  Gefühls  und  dasz  die  Dialoge,  auch  bei  einer  gewissen 
Leichtigkeit  der  Versification ,  doch  nur  schöne ,  bisweilen  auch  gar  zu 
lang  ausgedehnte  Prosa  seien,  so  wie  dasz  es  ihm  an  Einheit  des  In- 
teresse, an  Durchbildung  und  Darlegung  der  Charaktere,  an  genauer 
Kenntnis  des  menschlichen  Herzens,  Entwicklung  und  Schilderung  der 
Leidenschaften,  an  geschickter  Erfindung  der  dramatisclien  Situationen 
gefehlt  habe.  Der  Sieg  war  zwischen  diesem  Drama  und  zwei  epischen 
Dichtungen,  dem  obgenannten  'AgiiaTcoXog  und  einem  anderen:  6  ayios 
Mrjvdg,  längere  Zeit  streitig.  Dem  letzteren  wurden  besonders  Harmo- 
nie der  Verse,  Schönheit  der  Gedanken  in  einer  edlen  Form,  lebhafte 
Phantasie,  Wahrheit  der  Uilder  und  eine  gewisse  Malerei  der  Sprache 
nachgerühmt,  daneben  aber  eine  nicht  ganz  reine  Versification  und 
Sprache,  namentlich  eine  fehlerhafte  Erfindung  und  Anordnung  des  Stoffs, 
so  wie  eine  nicht  glückliche  Verwicklung  zum  Vorwurf  gemacht.  Zwar 
wurden  auch  an  dem  ^AQ^araXös  eine  nicht  ganz  glückliche  Wahl  des 
Versmaszes  (abwechselnd  teils  Ss'ÄccnBvraavlXaßoL  nago^vrovoL,  teils 
ÖKtaavXlaßoi,  o^vrovot)  und  eine  ungleiche  Sprache  in  Betreff'  der  Me- 
trik, eine  weniger  leichte  Versification  ^^nd  Härte  in  der  Form  ge- 
tadelt; da  jedoch  diese  Dichtung  neben  solchen  Fehlern  durch  reine, 
tadellose  Sprache,  die  in  Wort,  Phrase  und  Geist  des  Charakters  der 
altgriechiscben  würdig  sei,  durch  geschickte  Verwicklung',  glückliche 
Erfindung  und  Durchführung  und  durch  treffliche  Charakteristik  sich 
auszeichnete,  so  ward  ihr  vor  den  beiden  anderen  der  Vorzug  und  der 
Preis  zuerkannt.  Es  darf  nach  solchen  wiederholten  Beispielen  und 
Erfahrungen  nicht  bezweifelt  werden ,  dasz  dieser  poetische  Wettkampf 
zur  Bereicherung  der  neugriechischen  Litteratur  in  der  a.  a.  O.  bemerk- 
ten Masze  beitragen  müsse ,  und  er  verdient  daher  auch  an  und  für 
sich,  so  wie  wegen  seiner  Ergebnisse  die  besondere  Teilnahme  des 
wissenschaftlich  gebildeten  Auslands. 


Bereits  haben  sich  unter  den  Griechen  des  Königreichs  und  der 
jonischen  Inseln  auch  auf  dem  Gebiete  der  Dichtkunst  nicht  wenige 
vor  anderen  besonders  ausgezeichnet  und  den  Beweis  geliefert,  dasz 
das  neugriechische  Volk  als  ein  dichterisch  begabtes  anzusehen  sei,  wie 
dies  schon  im  Hinblick  auf  den  reichen  Schatz  seiner  Volkslieder  aus 
der  ihm  allgemein  inwohnenden  Neigung  und  Befähigung  zur  Dichtkunst 
abgenommen  werden  musz.*)  Um  hier  von  andern  neugriechischen 
Dichtern  nicht  weiter  zu  reden,  gedenke  ich  zunächst  nur  der  beiden 
Jonier,  Julios  Typaldos  und  Aristoteles  Valaoritis ,  die  sich  in  der  letz- 
teren Zeit  als  reichbegabte  Dichter  besonders  bekannt  gemacht  haben, 
und  auf  welche  ich  hier  aufmerksam  machen  möchte.  Beide  haben  ein- 
zelne Gedichtsammlungen  drucken  lassen,  ersterer:  TrnLr]fic(Tu  dicccpogcc 
(Zante  1856),  dagegen  letzterer:  fivvi^uöavva  (Korfu  1857),  so  wie  auch 
eine   längere    erzählende  Dichtung   in   vier   Gesängen:    15  -KVQa  ^Qoavvr} 

*)  Man  vgl.  die  diesfallsige  Notiz  in  den  Jahrbüchern  der  2n  Abth. 
Bd  LXXXIl  Heft  3  S.  148,  vornehmlich  aber  die  bei  Teubner  vor  kurzem 
erschienene  reichhaltige  Sammlung  neugriechischer  Volkslieder  von  Dr 
Passow,  die  vollständigste  unter  allen  bisher  veröffentlichten  Samm- 
lungen dieser  Gattung. 

N.  Jahrb.  f.  Phil.   u.  Päil.    II.   Abt.  Kf,!.  Ilft  1.  3 


34     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

(Korfu  1859),  aus  der  Geschichte  des  neugriechischen  Volks  im  Anfange 
des  gegenwärtigen  Jahrhunderts.  Die  Gedichte  beider,  in  denen  die  ver- 
schiedensten Saiten  des  Menschenherzens  und  die  manigfaltigsten  Töne 
angeschlagen  werden,  zeugen  von  ungemeiner  Lebhaftigkeit  der  Phan- 
tasie, Tiefe  und  Innigkeit  der  Empfindung,  von  wahrer  dichterischer 
Begeisterung  und  einem  kräftigen  Nationalsinn ,  und  ihre  Schilderungen 
und  Darstellungen,  mögen  sie  die  eigenen  Gefühle  des  Herzens  und  die 
einfachsten  Empfindungen  des  privaten  Daseins  oder  geschichtliche  Be- 
gebenheiten ihres  Volks  zum  Gegenstande  haben,  sind  ebenso  von  einer 
in  hohem  Grade  fesselnden  Naivetät,  Einfachheit  und  Lieblichkeit,  als 
von  tiefergreifender  Wirkung,  besonders  wenn  sie  nationale  Stoife  be- 
handeln. Namentlich  gilt  dies  letztere  von  den  Dichtungen  des  Valao- 
ritis ,  die ,  neben  dem  Adel  und  der  sittlichen  Kraft  der  Gesinnungen 
und  neben  der  Erhabenheit  der  Gedanken,  vorzüglich  durch  eine  hoch- 
herzige patriotische  Begeisterung  und  die  durchsichtige  Klarheit  des 
plastischen  Ausdrucks  anziehen  und  fesseln,  womit  er  die  Eigentüm- 
lichkeiten des  griechischen  Volkscharakters,  so  wie  einzelne  Situationen 
darstellt.  Als  eine  Einseitigkeit  der  sprachlichen  Darstellung  musz  man 
es  freilich  bezeichnen,  dasz  beide  die  gewöhnliche  Redeweise  des  grie- 
chischen Volks,  für  welches  sie  dichten,  zugleich  unter  Beobachtung 
gewisser  Eigenheiten  des  Dialekts  der  jonischen  Inseln,  bei  ihren  Dich- 
tungen zur  Anwendung  bringen;  allein  es  kann  auch  ebenso  wenig  ver- 
kannt werden ,  dasz  in  dieser  leichten  und  mit  einer  ungesuchten  Nai- 
vetät sich  sorglos  gehenlassenden  volkstümlichen  Ausdrucksweise  ein 
nicht  geringer  Teil  der  zauberischen  Wirkung  begründet  ist ,  deren  Ein- 
druck auch  andere  als  griechische  Leser  empfinden.  Auch  wird  man  es 
im  allgemeinen ,  trotz  der  angegebenen  sprachlichen  Unregelinäszigkeiten 
und  formellen  Mängel,  anzuerkennen  haben,  dasz  Typaldos  und  Valao- 
ritis  wahre  Volksdichter  sind,  die,  weil  sie  die  innersten  Gefühle  und 
Stimmungen  des  Volks  aussprechen  und  ausdrücken,  auch  dasselbe  um 
so  tiefer  und  um  so  gewisser  ergreifen  und  fesseln.  —  Eine  andere  kleine 
Sammlung  griechischer  Dichtungen:  avlXoyr]  nOLTjCScov  EvcpQoavvrjg  2Ja- 
(.iKQT.^idov  (Athen  1857)  beweist,  dasz  auch  griechische  Frauen  für  die 
engen  Kreise  ihrer  Gefühle,  für  Gott,  Liebe  und  Freundschaft,  und  was 
sonst  ein  Frauenleben  bewegt,  den  geeigneten  dichterischen  Ausdruck 
zu  finden  verstehen.  Der  Herausgabe  der  an  sieh  nicht  zur  Veröffent- 
lichung bestimmt  gewesenen  anspruchslosen  Gedichte  lag  übrigens  zu- 
nächst ein  guter  Zweck,  nemlich  die  Unterstützung  einer  Mädchenschule 
in  Larissa  ,  die  der  Ehemann  der  Dichterin  begründet  hatte  und  an  wel- 
cher die  letztere  selbst  mit  thätig  war,  zum  Grunde. 


In  einer  kleinen  Schrift  des  schon  mehrfach  von  mir  genannten 
griechischen  Gelehrten  Spyridon  Zampelios:  Ka&iSQvaig  IlaxQiaQXSLOV 
sv'Pcoaaicc  (Athen  1859),  in  welcher  er  die  geschichtlichen  Nachrichten 
über  die  Errichtung  des  Patriarchats  der  orientalischen  Kirche  in  Rusz- 
land  (im  .Jahre  15S9),  und  zwar  in  Moskau,  zum  grösten  Theile  nach 
Karamsins  'Geschichte  des  russischen  Reichs'  zusammenstellt,  von  wel- 
cher letzterer  eine  in  ausgezeichnetem  Neugriechisch  geschi'iebene  Ueber- 
setzung  kurz  vorher  (Athen  1856 — 1859  in  12  Bänden)  erschienen  war, 
teilt  Zampelios  auch  ein  längeres  neugriechisches  Gedicht  mit,  das  mit 
jener  Patriarchatserrichtung  in  unmittelbarem  Zusammenhange  steht. 
Dies  Gedieht  enthält  die  ausführliche  Beschreibung  der  Reise  des  Pa- 
triarchen von  Konstantinopel  .Jeremias  und  zweier  griechischer  Erz- 
bischöfe Hierotheos  von  Monembasia  und  Arsenios  von  Alassona  nach 
Moskau  und  ihres  dortigen  Aufenthalts  bei  Gelegenheit  der  feierlichen 
Einführung  des  neuerwählten  l*atriarchen  der  russischen  Kirche,  und  ist 
in  der  Sprache    des  Volks  und    in   dem  Versmasze   des   funfzehnsilbigen 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.     55 

sop:eiiannten  politischen  Verses  g^edichtet.  Ein  besonderer  poetischer 
Werth  ist  ihm  zwar  nicht  zuzugestehen,  und  historischen  Wertli  hat  es 
höchstens  in  Betreff  der  morgeuliindischen  Kirche,  aber  es  ist  insofern 
nicht  ohne  ein  gewisses  litterarisches  Interesse,  als  es  zur  näheren 
Kenntnis  der  neugriechischen  Volkssprache  des  IGn  Jahrhunderts  bei- 
trägt und  in  dieser  Hinsicht  für  die  Geschichte  der  neugriechischen 
Litteratur  ein  nicht  unwiciitiges  sprachliches  Denkmal  ist.  Der  Heraus- 
geber hat  das  neugriechische  Gedicht  nach  einer  abschriftlichen  Hand- 
schrift der  Turiner  Bibliothek,  die  er  selbst  verglichen,  herausgegeben, 
und  dabei  die  Nachlässigkeiten  und  Unerfahrenheit  früherer  Heraus- 
geber, die  das  Gedicht  als  eine  Schrift  in  Prosa  angesehen  und  demge- 
mäsz  behandelt  hatten,  sorgfältig  verbessert. 


Von  dem  vorher  genannten  Alexander  Eisos  Rangawis  erschien  im 
Jahre  1859,  in  Athen  der  dritte  Band  der  'diäcpoQfi  /JirjYrjticiTa  nal 
noirjiicctci'.  Er  enthält  teils  Poesien,  teils  Aufsätze  verschiedener  Gattung- 
in Prosa.  In  den  letzteren  ist  der  Verfasser  besonders  bemüht,  das 
angenehme  mit  dem  nützlichen  zu  verbinden  und  unter  der  Form  an- 
ziehender Beschreibungen  und  Schilderungen  wissenschaftliche  und  ge- 
meinnützige Kenntnisse  zu  verbreiten,  und  er  thut  dies  zugleich  in 
einem  gefälligen  und  reinen  Neugriechisch.  Gegenstände  solcher  beleh- 
render Aufsätze  sind  hier  zunächst  die  Eisenbahnen  und  der  elektrische 
Telegraph,  über  welche  unter  der  Aufschrift:  ^OdotTropixat  'Ava^VTj6£is'' 
genauere  Aufschlüsse  und  belehrende  Erklärungen  gegeben  werden ;  an- 
dere verbreiten  sich  über  die  beiden  Städte  des  adriatischen  Meeres, 
Pola  und  Salona ,  ferner  über  Aegypten  und  über  das  Erechtheum.  In 
einem  Artikel  der  [JavdmQd  vom  15n  März  1860  über  den  vorliegenden 
Band  der  'ZlLcicpoQa  dirjyri^ata  v.c(l  IJoirj^inra''  sprach  sich  der  Ree.  mit 
groszer  Anerkennung  über  diese  zu  gleicher  Zeit  angenehm  unterhalten- 
den und  nützlich  belehrenden  Aufsätze  aus,  und  er  billigte  überhaupt 
das  Bestreben,  auf  solche  das  angenehme  mit  dem  nützlichen  verbin- 
dende Weise,  so  wie  durch  Schriften  für  das  weibliche  Geschlecht,  für 
die  Jugend  und  für  das  Volk  im  allgemeinen,  in  Uebereinstimmung  mit 
dem  Geiste,  dem  Fortschritte  und  den  Kenntnissen  der  Gegenwart,  die 
Bedürfnisse  und  Interessen  der  griechischen  Bildung  zu  befriedigen,  von 
welcher  der  Rec.  offen  bekennt,  dasz  'sie  sich  trotz  aller  Gymnasien 
und  öffentlichen  Privatschulen  in  einem  nicht  sehr  erfreulichen  Zustande 
befinde'.  Er  dringt  deshalb  mit  aller  Entschiedenheit  darauf,  dasz,  statt 
französische  Romane  ins  Neugriechische  zu  übersetzen,  man  Original- 
schriften zum  allgemeinen  das  Gemüt  erfreuenden  Gebrauche  (Siä  not- 
vriv  ^viayrnyi-ariv  ;j^p?j(7tf)  und  zur  Belehrung  des  Volks  abfassen  solle. 
'Die  Sucht',  sagt  er.  'schlechte  Romane  zu  übersetzen  oder  gehalt-  und 
geschmacklose  zu  schreiben,  von  welcher  viele  ergriffen  sind,  verräth 
eine  tiefliegende  Krankheit  der  Gesellschaft,  besonders  zu  einer  Zeit,  in 
der  das  grosze  A^'aterland  und  der  in  einem  kleinen  AVinkel  desselben 
vorläufig  aufgerichtete  griechische  Thron  auch  von  der  heranwachsenden 
Generation  edlere  Gesinnungen  und  bedeutsamere  Thaten  veilangt.' 
Auszer  den  obigen  prosaischen  Aufsätzen  enthält  der  dritte  Band  der 
'Erzählungen'  von  Rangawis  unter  der  Aufschrift:  '-^  Evvf-vzfv^ig  t-^g 
dQ&ß^rjg''  eine  meisterhafte  Darstellung  der  berühmten  Unterredung  Na- 
poleons mit  Metternich  in  Dresden  im  .Tnni  1813,  die  besonders  durch 
die  klare  und  lebendige  Charakteristik  der  beiden  Personen  ausgezeich- 
net ist,  so  wie  eine  in  Prosa  geschriebene  Komödie:  o  Tä^og  avFv 
vvficprjg  (die  Heirat  ohne  Braut),  in  welcher  namentlich  die  natürliche 
Einfachheit,  der  Reichtum  an  Witz  und  die  Wahrheit  der  Charakteri- 
stik der  handelnden  Personen  Anerkennung  verdienen.  Was  die  in  die- 
sem dritten  Bande  mitgeteilten  Dichtungen   anlangt,    so  gehören  sie  im 

3* 


3B     Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  slatisl.  Notizen, 

allgemeinen  der  lyrischen  und  epischen  Gattung  an.  Die  der  ersteren 
sind  teils  in  der  Weise  des  Anakreon,  teils  elegische  Gedichte,  einfach- 
naiv und  in  gefälliger  anmutiger  Form;  der  epischen  Gattung  angehörig 
ist  die  Uebersetzung  der  sechs  ersten  Gesänge  des  befreiten  Jerusalem 
von  Tasso  in  dem  Versmasze  des  Originals.  Rangawis  hat  sein  poe- 
tisches Talent  und  seine  auszerordentliche  Gewandtheit  in  der  Versi- 
fication  schon  früher  vielfach  dargethan  ,  eben  so  in  Tragödien  wie  in 
Komödien.  Es  genüge  hier  von  den  ersteren  nur  die  historisch-patrio- 
tische Tragödie:  i}  riaQa^ovT]  (der  Vorabend)  im  zweiten  Teile  seiner 
^läcpoQU  notriiiatoi,  Athen  1840,  so  wie  von  den  letzteren  das  politisch- 
satirische Lustspiel:  6  Fduag  tov  KovxQOvXri  (Athen  1845,  zweite  Ausg. 
1857.  Deutsch  von  Sanders,  lb49)  zu  erwähnen.  Auch  eines  der  be- 
deutendsten epischen  Gedichte  der  neugriechischen  Poesie:  6  Actonlüvog, 
das  die  Schicksale  des  montenegrinischen  Mönchs  Stephanos,  eines  der 
falschen  Peter  III  aus  der  Zeit  der  Katharina  II  schildert,  ist  von  Ran- 
gawis (im  zweiten  Theile  seiner  Tloiriaaza),  und  als  glücklicher  Ueber- 
setzer  fremder  Dichter  aus  dem  Deutschen,  Englischen,  Französischen, 
Italienischen  und  Altgriechischen  hat  er  sich  schon  früher  zu  erkennen 
gegeben. 

Auf  ein  anderes  litterarisches  Unternehmen  des  ebengenannten 
Alexander  Rangawis,  Avelches  derselbe  vor  längerer  Zeit  beabsichtigte 
und  womit  ira  August^  d.  J.  der  Anfang  gemacht  werden  sollte,  wies 
vor  einiger  Zeit  die  UavSäQa  vorläufig  hin.  Es  sind  dies  'dramatische 
Paraphrasen',  deren  Gegenstand  die  altgriechische  Tragödie  Und  Ko- 
mödie ist  und  wodurch  Rangawis  mit  dieser  selbst  das  griechische  Volk 
der  Gegenwart,  für  dessen  Verständnis  die  Meisterwerke  des  hellenischen 
Drama  mancherlei  Schwierigkeiten  und  Hindernisse  darbieten,  näher 
bekannt  zu  machen  gedenkt.  Hauptsächlich  sind  die  in  der  altgriechi- 
schen Sprache  selbst  liegende  Schwierigkeit,  das  oft  unverständliche  der 
Gedanken  und  der  Art  und  Weise  ihres  Ausdrucks ,  die  unvollkommene 
Kenntnis  der  einzelnen  Verhältnisse  und  Umstände,  auf  welche  sie  sich 
beziehen,  und  vorzüglich  die  Einbusze  der  metrischen  Harmonie,  dieser 
mächtigen  und  zugleich  anmutigen  Stütze  und  Hülfe  der  Dichtkunst, 
die  Ursachen,  aus  denen  vielen  Lesern  das  altgriechische  Drama  ver- 
leidet wird ,  wogegen  sie  die  bequemere  Beschäftigung  mit  fremden 
Dichtungen  imd  Romanen  vorziehen.  Die  'dramatischen  Paraphrasen' 
des  Rangawis  sollen  nun  die  Griechen  unserer  Tage  mit  einigen  Er- 
zeugnissen der  altgriechischen  Muse  und  mit  der  Rythmik  ihrer  Vers- 
kunst, welche  darin  mit  Strenge  beobachtet  wird,  bekannt  und  vertraut 
machen,  und  sie  sollen  zur  Kenntnis  und  zum  ästhetischen  Genüsse  der 
hellenischen  Dichtkunst  beitragen,  deren  Spuren  und  Muster  die  neu- 
griechische Poesie  folgen  nnisz  ,  wenn  sie  sich  'nicht  lächerlich  machen 
will'.  Der  im  J.  l->60  erschienene  erste  Band  dieser  'Paraphrasen'  ent- 
hält die  Uebersetzung  der  Antigene  des  Sophokles  und  der  drei  Komö- 
dien des  Aristophanes:  die  Wolken,  der  Friede  und  die  Vögel. 

Im  Jahre  1858  erschien  in  Athen  ein  vielfach  anziehendes  Buch 
unter  dem  Titel:  6  rsQoaväd'rjg ,  rj  (xvaavjjasic;  rrjs  TzaidL^rjs  fiov  -qXi- 
■niag ,  von  C.  Melas ,  worin  der  Verf.  vornemlich  sittliche  Zwecke  und 
die  Besserung  des  griechischen  Volks  vor  Augen  hatte,  indem  er  ihm 
darin  aus  der  Geschichte  des  alten  Griechenlands  mustergültige  Beispiele 
sittlicher,  geselliger  und  patriotischer  Tugenden  zur  Nacheiferung  vor- 
hielt. Der  Erfolg  hat  das  Verdienstliche  in  der  Auswahl  und  der  Dar- 
stellung, wie  in  Ansehung  des  Zwecks  und  eben  so  die  Nützlichkeit  des 
Buches  selbst  dargethan,  da  bereits  im  Jahre  1860  eine  zweite  Ausgabe 
desselben   nötig  geworden  war.      Gerade    für   Griechenland    darf  dieser 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.     37 

Urastaud  nicht  gering  angesclilagen  weiden;  er  spricht  vielmehr  deutlicli 
genug  für  den  Mangel  an  guten  und  gemeinnützigen  Schriften  für  das 
grieclii.'^che  ^^olk  und  für  sein  ^'erlangen  nach  solchen  belehrenden  und 
nützlichen  Schriften. 

Von  dem  Griechen  P.  Arabantiinis  aus  l']pirus  erschien  in  Athen 
(1850  und  1857)  eine  auf  besonderen  Studien  und  auf  der  Benutzung 
guter  statistischer  Nachrichten,  so  wie  auf  Autopsie  beruhende  'Ge- 
schichte von  Epirus '  unter  dem  Titel:  XoovoyoccrpLU  xfjq  Hni-iQOv  in 
zwei  Bänden.  Wie  wir  aus  der  üavdoyQa  vom  15.  Mai  18t)0  ersehen, 
hat  der  genannte  Grieche  auch  eine  Btoyoacpi^rj  avlloyr'j ,  rj  xcczuloyo'^ 
EXlrjvcov  auifcov  xat  Xoyi'ojv ,  ay.aaGÜvKov  iv  'Hjtsi'qco,  &8caciXia  Hai 
Ma-AsSovi'a  •Auza  xi~iv  tat,  i^'  y.at  irf  i-Acizovzcc£xriQi8a  verfaszt,  die  je- 
doch noch  ungedruckt  ist  und  über  mehr  als  fünfzig  bisher  fast  ganz 
unbekannte  gelehrte  Griechen  der  angegebenen  Länder  und  Jahrhunderte 
sich  verbreitet.  Das  in  der  Uardoiga  a.  a.  0.  mitgetheilte  Bruchstück 
daraus  über  3l£&6Sios  6  'Av&QKy.inig ,  einen  trefflichen  Mathematiker, 
Philosophen  und  Theologen  aus  Janina  in  der  zweiten  Hälfte  des  17n 
und  zu  Anfange  des  18n  Jahrhunderts,  der  auch  als  Scliriftsteller  thätig 
gewesen,  läszt  auf  das  Verdienstliche  der  ganzen  Zusammenstellung 
schlieszen.  •  A'. 

Grimma.]    Dem  zum  14.  September  1860  ausgegebenen  Jahresberichte 
der  hiesigen  königlichen  Landesschule    ist  als  wissenschaftliche  Beilage 
in  8  beigegeben :   Leitfaden  für  den  Religionsunterrichl  in  den  oberen  Gym- 
nasialklassen  (die  ersten  Paragraphen.    34  S.)   von  dem   Religionsl.  Prof. 
Lic.  th.   Dr   ph.   A,  F.  Müller.      Wir   empfehlen   die    Schrift  dringend 
der  Beachtung,  da  sie  auf  sehr  beherzigenswerthen,  aber  soviel  uns  be- 
kannt ist,  nicht  allgemein  anerkannten  und  befolgten  Grundsätzen  über 
Stoff  und  Methode   des    evangelisch -lutherischen  Religionsunterrichts  in 
den    oberen  Klassen  der   Gymnasien  beruht.     Die    wenigen,   aber  durch 
Tiefe  und  Gründlichkeit  ausgezeichneten  Anfangsp^ragraphen  geben  über 
dieselben  vollständig  Aufsclilusz   und  lassen  den  Wunsch  nach  baldiger 
Vorlegung  des   Ganzen    entstehen.     In   dem   LehrercoHegium    war    zwar 
Avärend  des  Schuljahrs  1859 — (jü  keine  Veränderung  vorgegangen,    doch 
trat  mit  dem  Schlüsse  desselben  der  4e  Professor  Cantor  und  Ordinarius 
von  IV*,  Dr  N.  M.  Petersen,  in  den  erbetenen  Ruhestand  und  wurde 
die  Lücke  .durch   die  Ascension    der   übrigen   Lehrer   und  Berufung   des 
Oberlehrers  Dr  Hermann  Jnstus  Lipsius  von  der  Landesschule  zu 
Meiszen  in    die    achte  Oberlehrerstelle    ausgefüllt.      Das    Schulcollegium 
besteht  demnach  gegenwärtig   aus    dem  Rector   Prof,  Dr  Ed.  Wunder 
(Ordin.  v.  I),   dem  Hausbeamten  Rentamtmann  Cotta,  den  Professoren 
Dr  Lorenz    (Ordin.    v.   III),    Fleischer   (Mathematicus) ,    Dr    Rud. 
Dietsch    (Ordin.  v.  II),    Lic.    th.    Dr   ph.    Müller    (Religionslehrer), 
Löwe  (Französisch),    Gilbert   (Gescliichte    und  Geographie)  und    den 
Oberlehrern  Dr  Lipsius  (Ordin.  von  IV«)  und  Dr  B.  Dinter  (Ordin. 
von   TV^^.       Die   Frequenz    betrug    im    Winter    1859  —  60    125    Schüler 
(I  20,    II  29,    III  34,    IV*  30,    IV "   12),    im   Sommer  18()0  129  (I   18, 
II  31,  III  39,  IV*  24,  IV**  17).    Beim  Beginn  des  gegenwärtigen  Winter- 
halbjahrs  zäldte   die   Anstalt    132   Schüler    (I2.i  Alumnen,    7  Extraneer: 
I  25,  II  31,  III  37,  IV«  24,  IV  »>  14).    Michaelis   1859  wurden  7,  O.stern 
1860   8    zur  Universität  entlassen.     Wenn  die  Fürstenscliule  die  Freude 
hatte,    am   14.  September  1860   eine    grosze    Anzahl    ehemaliger  Schüler 
(154)   den    310n  Stiftungstag    in   dankbarer  Liebe  begehen    zu  sehen,    so 
erfuhr  sie    auch    ganz   unerwartet    eine    überaus    grosze  Wohlthat   durch 
eine  Stiftung,   welche    ihr   der  in  London  lebende  Kaufmann  Wilhelm 
Heinrich    Göschen    machte.     Je   seltener    in  unseren  Tagen  die  Be- 
weise  hochherziger   Förderung   der   Gymnasien  und    ihrer  Zwecke  sind, 


38     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stalisl.  Notizen. 

um  so  weniger  glauben  wir  ein  Unrecht  zu  begehen,  wenn  wir  hier  die 
darauf  bezüglichen  Urkunden  vollständig  mitteilen,  zumal  da  aus  den- 
selben ein  Geist  und  Charakter  spricht ,  der  in  vielfacher  Hinsicht  Be- 
achtung verdient. 

Die  Stiftungsurkunde  lautet  also: 

'Zum  Gedächtnis  meines  seligen  Vaters,  des  Buchhändlers  Georg 
Joachim  Göschen,  der  in  und  nahe  bei  Grimma  einen  groszen  Teil 
seines  Lebens  zubrachte,  in  manigfacher  Beziehung  zur  Stadt  stand  und 
daselbst  seine  irdische  Laufbahn  endete,  und  in  treuer  Anhänglichkeit 
an  mein  Vaterland  Sachsen  habe  ich  beschlossen,  eine  Stiftung  zu  be- 
gründen, durch  welche  ich  der  berühmten  königl.  Landesschule  Grimma 
einen  Beweis  meiner  Hochachtung  zu  geben  und  die  tüchtigsten  Zög- 
linge derselben  bei  ihrem  Uebergange  zur  Universität  zum  eifrigen 
Fortschreiten  nach  dem  Ziele  umfassender  praktischer  Ausbildung  anzu- 
spornen beabsichtige. 

Ich  übergebe  nemlich  hiermit  dem  königl.  hohen  Ministerium  des 
Cultus  und  öffentlichen  Unterrichts  in  Dresden  die  Summe  von  15000 
Thlrn ,  mit  Buchstaben :  Fünfzehn  Tausend  Thalern  Courant ,  mit  dem 
ergebensten  Gesuche,  dieselbe  gegen  möglichste  Sicherheit  nutzbar  an- 
zulegen und  die  Zinsen  davon  alljährlich  in  nachstehender  Weise  zu 
verwenden : 

1)  Die  bei  einem  Zinsfusze  von  vier  Procent  von  diesem  Fonds  zu 
erlangenden  jährlichen  Zinsen  an  600  Thlrn  sollen  an  die  drei  ausge- 
zeichnetsten von  der  königl.  Landesschule  Grimma  auf  die  Universität 
übergehenden  Schüler  ,  und  zwar  an  jeden  derselben  drei  Jahre  hinter- 
einander jährlich  200  Thlr  davon  ausgezahlt  werden,  jedoch  mit  suc- 
cessivem  Eintritte  derselben  ,  so  dasz  alle  Jahre  ,  und  zwar  zu  Ostern, 
einem  Abiturienten  dieses  Stipendium  von  jährlich  200  Thlrn  auf  drei 
Jahre  conferiert  wird  und,  wenn  nach  den  ersten  drei  Jahren  nach  Be- 
gründung desselben  die  obigen  600  Thlr  an  drei  Studierende  vergeben 
sind,  alljährlich  ein  neuer  Percipient  an  die  Stelle  desjenigen  tritt, 
welcher  drei  Jahre  nach  einander  jedes  Jahr  200  Thlr,  mithin  zusammen 
600  Thlr,  empfangen  hat. 

2)  Zur  Perception  des  Stipendiums  kann  jeder  Abiturient  der  Lan- 
desschule Grimma,  der  Extraneer  wie  der  Alumnus,  der  Sohn  wohl- 
habender und  hochgestellter  Eltern  wie  der  von  niedrigeren  und  der 
Unterstützung  bedürfenden  abstammende,  gelangen,  wenn  er  den  er- 
forderlichen Grad  der  Bildung  des  Geistes  und  des  Herzens  erreicht  hat. 
Es  wird  aber  erfordert,  dasz  der  Percipient  einesteils  einen  solchen 
Umfang  des  AVissens  und  eine  solche  Reife  im  Urteil  documentiert  habe, 
dasz  ihm  die  erste  Censur  mit  vollem  Rechte  gegeben  werden  kann, 
andernteils  wärend  seiner  Schulzeit,  namentlich  wärend  der  zweiten 
Hälfte  derselben ,  das  allgemeine  Lob  eines  edelgesinnten  und  braven 
Schülers  behauptet  habe. 

3)  Zur  ferneren  Documentierung  seiner  geistigen  Bildung  hat  der 
Percipient  nicht  blos  dem  gewöhnlichen  Maturitätsexamen  sich  zu  unter- 
werfen, sondern  auch  eine  besondere  Arbeit  in  deutscher  Sprache  zu 
fertigen,  in  welcher  er  einen  solchen  Gegenstand  zu  behandeln  hat,  der 
ihm  Gelegenheit  bietet,  auszer  der  Fertigkeit  in  der  Sprache  den  Um- 
fang seines  historischen  und  allgemeinen  Wissens,  wie  die  Reife  im 
Denken  in  der  Weise  zu  bekunden ,  dasz  ihm  auch  dafür  die  erste 
Censur  mit  vollem  Rechte  erteilt  werden  kann. 

Diese  Aufgabe  soll  der  Rector  sämtlichen  Abiturienten,  welche  sich 
zutrauen  das  Maturitätsexamen  mit  erster  Censur  bestehen  zu  können, 
und  zwar  allen  die  nemliche,  im  letzten  Halbjahre  vor  ihrem  Abgange 
von  der  Schule  stellen,  die  eingelieferten  Arbeiten  censiereu,  sodann 
unter  den  übrigen  Lehrern  curaieren  lassen   und   darauf  mit   dem   ge- 


Berichte  über  gelehrte  Ansialten,  Verordnting-en,  slalisl.  Notizen.     39 

samten  Lehrercullcg'iuiii  .^icU  berathen ,  welche  von  diesen  Arbeiten  die 
vorzUglicliste  und  ob  diese  eine  solc.lie  sei,  dasz  deren  Verfasser  dem 
könig'l.  Ministerinm  znr  Krlangung'  des  Stijjcndiums  empfoldeu  werden 
könne.  Der  get'aszte  Beschlusz  ist  dem  könij;!.  Ministerinm  ungleich 
mit  der  betreffenden  Arbeit  selbst  —  welche  jedoch  nachher  an  die 
Schule  zurückzugeben  und  in  deren  Archive  aufzubewahren  ist  —  mid 
mit  dem  Jierichte  über  den  Ausfall  des  Maturitätsexamens  vorzulegen. 
Sollten  sich  unter*  den  eingelieferten  Arbeiten  einige  gleich  vorzügliche 
finden,  so  soll  der  Verfasser  derjenigen  Arbeit  vor  den  übrigen  em 
pfohlen  werden ,  der  durch  seine  schriftlichen  und  resp.  mündlichen 
Leistungen  beim  Maturitätsexamen  sich  vor  den  andern  Mit-abiturien- 
ten  hervorgethan  hat.  Würde  jedoch  keine  der  eingelieferten  Arbeiten 
den  erwähnten  Erfordernissen  entsprechen  oder  der  ersten  Censur  nicht 
würdig  erachtet  werden ,  so  wird  das  Stipendium  dieses  Mal  gar  nicht, 
sondern  erst  nach  Ablauf  des  nächsten  Halbjahrs,  also  des  Sommer- 
semesters, vergeben  und  es  findet  dann  die  Stellung  der  Aufgabe  an  die 
Michaelis- Abiturienten,  die  Censierung  und  Begutachtung  der  von  den- 
selben eingelieferten  Arbeiten  und  die  Empfehlung  des  Verfassers  der 
vorzüglichsten  Arbeit  an  das  königl.  Ministerium  in  ganz  gleicher  Weise 
statt,  nur  dasz  dann,  um  den  Turnus  des  triennii  für  die  Folge  nicht 
zu  alterieren ,  der  Stipendiat  für  das  erste  Seraester  seines  Universitäts- 
besuchs 200  Thlr  und  für  jedes  seiner  beiden  folgenden  Universitäts 
jähre  200  Thlr  erhält,  so  also,  dasz  nicht  nach  3,  sondern  schon  nach 
2^3  Jahren  dasselbe  Stipendium  zu  Ostern  neu  zu  vergeben  ist. 

4)  Dem  königl.  Cultusministerium,  welchem  die  Verwaltung  des 
Stipendiencapitals  anheim  gegeben  ist ,  steht  das  Kecht  der  definitiven 
Entscheidung  über  die  Vergebung  des  Stipendiums  nach  angehörtem 
Gutachten  des  Lehrercollegiums  zu.  Die  Auszahlung  des  Stipendiums 
erfolgt  durch  dasselbe  in  jährlichen,  halbjährlichen  oder  vierteljährlichen 
Katen  nach  dessen  Ermessen.  Auch  soll  das  königl.  Ministerium  das 
Recht  haben  ,  das  Stipendium  zu  suspendieren  oder  nach  Befinden  dem 
Percipienten  gänzlich  zu  entziehen,  wenn  der  letztere  auf  der  Universität 
sich  so  vergessen  oder  verwerfen  würde,  dasz  schwere  Strafen  über  ihn 
verhängt  werden  müsten,  oder  er  ein  so  dissolutes  Leben  führt,  dasz 
mit  Bestimmtheit  zu  erwarten  ist,  das  Stipendium  werde  in  seinen 
Händen  seinen  Zweck  verfehlen.  In  solchen  unverhofl'ten  Fällen  wird 
das  suspendierte  Stipendium,  wenn  der  bisherige  Percipient  sich  ent- 
schieden bessert,  ihm  nach  Entscheidung  des  königl.  Ministeriums  spä- 
ter, nach  eingetretener  Besserung,  resp.  bei  Beendigung  seiner  akade- 
mischen Studien,  nachgezahlt,  oder  andernfalls  zum  Capitale  geschlagen, 
welches  letztere  auch  dann  geschieht,  wenn  das  königl.  Ministerium 
das  Stipendium  dem  betreffenden  Empfänger  gänzlich  entzieht.  Stirbt 
der  Stipendiat  wärend  der  Perceptionszeit ,  so  erledigt  sich  selbstver- 
ständlich das  Stipendium  und  die  ferneren  Raten  desselben  sind  eben- 
falls zum  Capitale  zu  schlagen.  Die  auf  solche  Weise  unbezahlt  ge- 
bliebenen, zum  Capital  geschlagenen  Beträge  kommen  dann  dem  etwai- 
gen anderweit  bestehenden  Fragment-Stipendium  (s.  nachstehend  bei  5) 
zu  Gute. 

5)  Durch  die  von  mir  getroffene  Bestimmung,  dasz  nicht  zugleich, 
sondern  erst  zu  drei  auf  einander  folgenden  Jahresabschnitten  drei 
Abiturienten  nach  und  nach  in  den  Genusz  des  Stipendiums  treten  — 
wodurch  allein  die  alljährliche  Vergebung  des  letzteren  an  einen  neuen 
Percipienten  und  ein  regelmäsziger  Turnus  ermöglicht  wird  —  und  da 
sonach,  bevor  die  600  Thlr  jährlicher  Zinsen  ganz  vergeben  sind,  zum 
Beginn  ein  Jahr  lang  40(1  Thlr  und  ein  Jahr  lang  200  Thlr  zum  Sti- 
pendium nicht  verwendet  werden  und  wieder  Zinsen  tragen,  ferner  durch 
die  Zinsen ,  welche  das  von  mir  bereits  an  das  königl.  Ministerium  aus- 


40     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist,  Notizen. 

gezahlte   Capital    der    15000  Thlr    bis    zur    erstmaligen    Vergebung    des 
Stipendiums  trägt,  sowie  durch  die  auf  Anordnung  des  königl.  Ministerium 
etwa  suspendierten  oder  gänzlich  zurückgezogenen,  oder  durch  den  Tod 
des  Empfängers  erledigten  Stipendienzahlungen,  und  endlich  durch  einen 
möglicherweise  bei  gleicher  Sicherstellung  des  Capitals    zu  erreichenden 
höheren  Zinsfusz    des    letztern  können   und  werden  sich  nach  und  nach 
Ueberschüsse  bilden.     Diese  Ueberschüsse  sollen  capitalisiert  und  durch 
das    königl.    Ministerium    ebenfalls    separat    nutzbar*  angelegt    werden, 
auch  diesem   neuen    Capitale   die  ferneren    solchen  Ueberschüsse   irgend 
einer  Art   so   lange   zuwachsen,    bis    dasselbe  jährlich   300  Thlr  Zinsen 
gewährt.     Dann  soll  mit    diesen   Zinsen   ein   neues ,    an  drei  Michaelis- 
Abiturienten    mit    100  Thlrn  jährlich   drei  Jahre    lang    zu    vergebendes 
Stipendium  ins  Leben  treten,  wegen  dessen  die  über  das  alljährlich  zu 
Ostern  zu  vergebende  Hauptstipendium    oben  getrolfenen  Bestimmungen 
in  jeder  Beziehung  ebenfalls  Platz  ergreifen  sollen,  jedoch  nur  mit  der 
einzigen  Ausnahme  dasz,  wenn  dieses  Fragment-Stipendium  wegen  Nicht- 
erfüllung der  Vorbedingungen  irgend  einmal  nicht  vergeben  würde,  das- 
selbe nicht  für  die  nächste  Erteilung  des  Ostern  -  Stipendiums ,    sondern 
für  den  nächsten  Concurs  der  Michaelis- Abiturienten    reserviert  werden 
soll,  so  dasz  der  bei  dem  letzteren  für  würdig  zum  Genusz  des  Stipen- 
dium Erklärte   dasselbe    nachträglich    ebenfalls,   mithin  im  ersten  Jahre 
seiner  Perception  200  Thlr  anstatt  nur   100  Thlr,  erhielte.     Ob  und  wie 
dieses  Fragment- Stipendium   durch   ferner  immer  wieder  zu  capitalisie- 
rende  Ueberschüsse    endlich    bis    zu   einem    ebenfalls    600    Thlr  jährlich 
Zinsen  gewährenden  Capitale    anwachsen  dürfte,  überlasse  ich  d-er  Zeit 
und  den  Verhältnissen.     Doch    ist  es  mein  Wunsch  —  dessen  Erfüllung 
freilich  erst  für  eine  sehr  entfernte  Zeit  in  Aussicht  steht  — ,  dasz   end- 
lich  mit  demselben    auch   e'inem    der  Michaelis  -  Abiturienten ,  wie  durch 
das  Haupt-Stipendium    e'inem    der   Oster- Abiturienten,    die  Möglichkeit 
geboten  werde,  gleichfalls  einen  jährliclien  Zuschusz  zu  seinen  Studien- 
kosten  von   200   Thlrn    auf   3   Jahre    zu    erlangen.     Mehr    als    200  Thlr 
jährlich  auf  3  Jahre  für  jeden  der  würdig  befundenen  Percipienten  soll 
aber  in  keinem  Falle   das    Stipendium    betragen ,   weder    das  Haupt-Sti- 
pendium,   noch  das  aus  den  Capital-  und  Zins-Ueberschüssen  gebildete 
Fragment- Stipendium. 

6)  Würde  daher,  wenn  auch  voraussichtlich  erst  nach  einer  langen 
Keihe  von  Jahren,  auch  dasjenige  Capital,  von  welchem  das  Fragment- 
Stipendium  gewährt  wird,  einen  gröszeren  jährlichen  Ertrag  als  600  Thlr 
gewähren,  so  bleibt  die  Verwendung  des  Mehrertrags,  sowie  aller  dann 
noch  etwa  auf  irgend  eine  Art  zuwachsenden  Summen,  sei  es  solcher 
einzelnen  Summen  selbst  oder  der  Zinsen  von  dem  daraus  wieder  ge- 
bildeten Capitale,  dem  Ermessen  des  königl.  Cultus- Ministerium  über- 
lassen; doch  wünsche  ich,  dasz  damit  dann  ebenfalls  die  Ausbildung 
ehrenwerther  und  tüchtiger  Jünglinge,  welche  der  Wissenschaft  und 
einem  gelehrten  Berufe  sich  widmen,  auf  geeignete  Weise  gefördert 
werde,  z.  B.  durch  Gewährung  der  ganzen  oder  teilweisen  Mittel  zu 
einer  wissenschaftlichen  Reise ,  zu  Anschaffung  oder  Vermehrung  einer 
Bibliothek ,  eines  wissenschaftlichen  Apparats  oder  einer  mit  dem  ge- 
wählten Berufe  zusammenhängenden  Einrichtung  oder  dergleichen  mehr, 
und  zwar  gleichviel,  ob.wärend  ihrer  Universitätszeit  oder  nach  bereits 
beendigten  akademischen  Studien. 

7)  Würde  dereinst  die  Landesschule  Grimma  zu  bestehen  aufhören, 
so  soll  das  Stipendium  auf  eine  andere  (oder  nach  Betinden  mehrere) 
sächsische  Gymnasien  übergehen  oder  überhaupt  zu  Förderung  der 
Wissenschaft  verwendet  werden,  worüber  allenthalben  das  königl.  Cultus- 
Ministerium  zu  entscheiden  hat. 

Zu  Beseitigung  etwaiger  Zweifel  über  die  Auslegung  der  vorstehen- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.     41 

den  Bestimmungen  habe  ich  mich  in  einer  besonderen,  ebenfalls  von  mir 
eigenhändig  untei'schriebenen  und  dem  königl.  Ministerium  des  Cultus 
und  ött'entlichen  Unterrichts  mit  übergebeuen  Schrift  vom  heutigen  Tage 
über  die  dieser  meiner  Stiftung  zu  Grunde  liegenden  Absichten  und 
Wünsche  ausgesprochen  und  es  sollen  die  in  derselben  enthaltenen  Mo- 
tive bei  der  Vergebung  des  Stipendiums  als  Norm  dienen. 

Hoheustädt ,  den  14.  August  IBtiO. 

(L.  S.)  Wilhelm  Heinrich  Goschen.' 

Auch  diese  Schrift  geben  wir  in  folgendem  wörtlich  wieder: 

'Dem  königl,  Ministerium  des  Cultus  und  öftentlichen  Unterrichts 
in  Dresden  habe  ich  eine  Urkunde  vom  heutigen  Tage  übergeben,  in 
welcher  ich  bestimmte  Verfügungen  über  Verwaltung  und  Vergebung 
eines  zum  Besten  der  vorzüglichsten  Schüler  der  königl.  Landesschule 
Grimma  von  mir  gestifteten,  auf  ein  Capital  von  15000  Thlrn  gegrün- 
deten Stipendiums  getroffen  habe. 

Um  den  bezüglichen  Bestimmungen  unter  allen  Verhältnissen  die 
von  mir  gewünschte  Auslegung  und  Anwendung  zu  sichern,  bemerke  ich 
über  die  Motive,  welche  dieser  meiner  Stiftung  zu  Grunde  liegen,  und 
über  den  Gesiclitspunkt,  von  welchem  ich  bei  derselben  ausgegangen 
bin  und  den  ich  auch  in  alle  Zukunft  bei  deren  Ausführung  angenommen 
zu  sehen  wünsche,  folgendes: 

Seit  4t)  Jahren  in  England  wohnhaft  und  ununterbrochen  bemüht, 
neben  meinen  Berufsgeschäften  dem  wissenschaftlichen  Leben  des  In- 
und  Auslandes  und  seiner  fortschreitenden  Entwickelung  im  Geiste  zu 
folgen,  koiinte  ich  der  in  meinem  geliebten  deutschen  Vaterlande  vor- 
waltenden Tüchtigkeit  und  Gründlichkeit  des  Wissens,  der  Trefflichkeit 
der  zu  einer  wissenschaftlichen  Laufbahn  vorbereitenden  deutschen 
Unterrichts  -  und  Erziehungsanstalten  meine  volle  Bewunderung  und 
Verehrung  nie  versagen.  Ich  sah  mit  gröster  Genugthuung,  mit  welcher 
Liberalität  und  Umsicht  den  Jünglingen  aus  allen  Ständen  und  Lebens- 
verhältnissen der  Weg  zur  Wissenschaft  und  damit  zu  der  höchsten 
Stellung  in  derselben  wie  im  Staate  eröffnet  und  namentlich  durch  wie 
reichliche  Unterstützungen  den  unbemittelten  die  Beschreitung  und  Ver- 
folgung dieses  Weges  ermöglicht  wird.  Ich  erkannte  aber  auch  zu- 
gleich, dasz  diesen  Einrichtungen  zunächst  und  meistens  der  Zweck 
einer  wesentlichen  Beiliülfe  für  die  Söhne  armer  und  bedürftiger  Eltern 
zu  Grunde  liege  und  zu  Erreichung  dieses  Zweckes  schon  unendlich 
vieles  gethan  ist,  dasz  neben  diesem  Motive  der  Zweck  der  Aufmun- 
terung und  Belohnung  je  nach  den  Verhältnissen  mehr  oder  minder  in 
den  Hintergrund  tritt  und  dadurch  mancher  von  wohlhabenden  und 
hochgestellten  Eltern  abstammende,  vielleicht  noch  strebsamere  und 
talentvollere,  sich  von  jenen  Spenden  ausgeschlossen  sieht,  und  dasz 
die  letzteren  in  der  Mehrzahl  von  beschränkenden  Bestimmungen  in 
Hinsicht  auf  Zeit,  Ort  und  Studienzeit  abhängig  gemacht  sind.  Daher 
faszte  ich  vorzugsweise  bei  meiner  Stiftung  drei  Punkte  ins  Auge: 
zuerst  den  Zweck  der  allgemeinen  Förderung  und  Ermunterung  auf- 
keimender Talente  ohne  Rücksicht  auf  Bedürftigkeit  des  Individuums; 
ist  der  betreffende  Abiturient  nach  der  vom  königl.  Ministerium  ge- 
teilten Ansicht  des  Lehrercollegiums  der  tüchtigste  und  vorzüglichste 
Bewerber  um  das  Stipendium,  so  soll  er  es  erhalten,  auch  wenn  er  der 
reichste  ist.  Ferner  knüpfte  ich  die  Fähigkeit  das  Stipendium  zu  em- 
pfangen nicht  an  den  Besuch  einer  bestimmten  Universität;  der  damit 
beliehene  Percipient  soll  dasselbe  erhalten  und  3  Jahre  lang  behalten, 
er  mag  studieren  wo  es  sei.  Und  endlich  wollte  ich ,  als  in  England 
gereifter  Mann  des  praktischen  Lebens,  das  Stipendium  nicht  als  ein 
Vorrecht  der  ausschlieszlich  den  klassischen  Studien,  den  todten  Spra- 
chen sich  widmenden ,  sondern  vielmehr  als  den  Hebel  zu  einer  bereits 


42     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

beginnenden  praktischen  Anwendung  des  erlernten  auf  Gegenstände  des 
wirklichen  Lebens  angesehen  wissen.  Darum  zog  ich  für  die  Bewer- 
bungsarbeit die  deutsche  Sprache  vor  und  für  die  Themata  zu  derselben 
liesz  ich  die  Wahl  unter  Gegenständen  aus  dem  Gebiete  der  Geschichte 
(auch  der  neueren  Zeit) ,  der  Philosophie ,  der  Naturlehre  usw. ,  mit 
e'inem  Worte  unter  Fragen  des  allgemeineren,  nicht  blos  auf  die  Kennt- 
nis des  Alterthums  sich  gründenden  Wissens.  Ich  meine,  mit  einer  sol- 
chen Erstlingsarbeit  unmittelbar  vor  dem  Eintritte  in  die  akademischen 
Studien  prüft  ein  begabter  Jüngling,  ungehindert  durch  fremdes  Idiom, 
im  Gegenteile  auf  den  hohen  Werth  seiner  Muttersprache  erst  recht 
hingewiesen,  seine  ihm  von  der  Natur  verliehenen,  durch  treue  Lehrer 
und  eigenen  Fleisz  ihm  gewachsenen  Schwingen  am  besten  zu  dem 
höheren  Fluge,  den  er  fortan  im  Dienste  der  Wissenschaft  und  des 
Vaterlandes  beginnen  soll  und  will. 

Und  so  verleihe  Gott  dem  Werke  seinen  Segen,  und  gebe  dasz  es 
die  wohlmeinenden  Absichten,  welche  mich  dabei  leiteten,  erfülle:  den 
Schülern  der  Landesschule  Grimma  ein  Sporn  zu  wetteifernden  An- 
strengungen zu  werden,  den  Lehrern  als  wohlverdienten  Lohn  für  ihre 
aufopfernden  Mühen  die  Freude  zu  gewähren ,  dasz  sie  erfolgreiches 
jugendliches  Streben  im  Lernen  und  sittlichen  Betragen  belohnen  kön- 
nen ,  manchen  Eltern  in  der  Sorge  um  das  Gedeihen  ihrer  Söhne  und 
um  deren  Erhalten  auf  dem  rechten  Wege  zum  groszen  Ziele  zur  Seite 
zu  stehen  und  dem  Staate  Männer  erziehen  zu  helfen  wie  er  sie  braucht! 

Hohenstädt,  den  14.  August  1860. 

(L.  S.)  Wilhelm  Hei  n rieh  Gös  eben.' 

Wir  bemerken  zum  Schlusz,  dasz  das  Gedächtnis  des  edlen  Stifters 
jährlich  am  Stiftungsfest  mit  gefeiert  und  die  Verleihung  des  Stipen- 
diums Ostern  1861  zum  erstenmal  in  Ausführung  gebracht  werden  wird. 

R.  D. 

Heidelberg.]  Unser  groszherzogliches  Lyceum  dahier  feierte  beim 
Beginn  des  diesjährigen  Schuljahrs,  am  3.  October  1860,  ein  seltenes 
Fest  in  eben  so  einfach  würdiger  als  gemütlicher  Weise.  Es  galt  dem 
alternierenden  evangelisclien  Director  und  ältesten  Lehrer  der  Anstalt, 
Hofrath  Hautz,  dessen  vierzigjähriges  Dienstjubilaeum  die  Anstalt 
nicht  unbeachtet  lassen  wollte.  Denn  dieser  allgemein  verehrte  und 
anspruchslose  Lehrer,  wol  zugleich  einer  der  ältesten  unseres  Landes, 
welcher  im  Herbste  1819  seine  gesegnete  Lehrthätigkeit  an  dem  hiesigen 
Lyceum  begonnen  hatte  itnd  seit  dem  7.  September  1820  mit  Staats- 
dienereigenschaft angestellt  ist,  ist  seitdem  in  dieser  langen  Reihe  von 
Jahren  in  treuer  Anhänglichkeit  und  mit  wahrhaft  väterlicher  Liebe 
unserer  Anstalt  ergeben  gebheben,  deren  freudige  Entwicklung  zu  einem 
guten  Teil  als  sein  Verdienst  anerkannt  werden  musz.  Als  daher  der 
Jubilar,  wie  gewöhnlich,  seinen  Unterricht  beginnen  wollte,  ward  ihm 
die  freundlichste  Ueberraschung  bereitet.  In  dem  festlich  geschmückten 
Schulsaale  hatten  sich  sämtliche  Lehrer  und  Schüler  der  Anstalt  ver- 
sammelt ,  um  dem  geliebten  Collegen  und  Lehrer  ihre  Verehrung  und 
Dankbarkeit  an  den  Tag  zu  legen.  Der  anwesende  groszberzogliche 
Ephorus  des  Lyceums,  Herr  Geh.  Hofrath  Dr  Bahr,  begrüszte  den 
Jubilar  in  einer  herzlichen  Ansprache,  in  welcher  er  die  manigfachen 
Verdienste  desselben  um  die  Anstalt,  wie  um  das  Schul-  und  Kirchen- 
wesen der  Stadt  Heidelberg  im  allgemeinen,  in  beredten  Worten  aus- 
einandersetzte. Darauf  hielten  der  damalige  functionierende  alternierende 
katholische  Director  der  Anstalt,  Professor  Cad  enbach,  und  ein  Schü- 
ler passende  Vorträge,  um  auch  ihrerseits  den  Gefühlen  ihrer  Kreise  den 
festlichen  Ausdruck  zu  geben.  Auch  der  hiesige  Stadtpfarrer  und  Decan 
Hauck    als   erzbischöflicher   Religionsprüfungs-Commissar ins  und  Herr 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen.     43 

Stadtdirector  Dr  Wilhelmi  als  Präsident  des  Verwaltuiifjsrathes  des 
Lyceums  schlössen  sich  den  Glückwünschenden  in  freundlicher  Teil- 
nahme an.  Ein  Festmahl  in  unserem  Museum ,  wobei  die  Absinf^ung 
eines  von  Director  Cadenbach  in  der  Weise  des  'Gaudeamus  igitur' 
gedichteten  lateinischen  Festlitdes  die  heitere  Stimmung  vermehrte,  be- 
schlosz  den  freundlichen  ,  in  den  Annalen  des  hiesigen  Lvceums  denk- 
würdigen Tag.  —  Bekanntlich  gehört  es  zum  Programm  der  extremen 
Parteien  auf  kirchlichem  Gebiete ,  gemischte  Lehranstalten  zu  verdäch- 
tigen und  exclusiv  confessionelle  Schulen  —  sogar  bis  zur  Universität 
hinauf  —  zu  verlangen  und  anzustreben ,  weil  die  Weiterung  der  Kluft 
zwischen  den  Confessionen  ihren  Zwecken  am  meisten  zu  entsprechen 
scheint.  Indes  liefert  das  hiesige  groszherzogliche  Lyceum  den  that- 
sächlichen  Beweis,  wie  eine  confessionell  gemischte  Lehranstalt  einer- 
seits den  berechtigten  Ansprüchen  der  Confessionen  vollkommen  Genüge 
leistet,  andererseits  aber  zugleich  durch  Pflege  echtchristlicher  Humanität 
lind  durch  löblichen  Wetteifer  die  höheren  Interessen  einer  durchaus 
gemischten  Bevölkerung  zu  wahren  und  zu  fördern  weisz.  —  Auszerdem 
beteiligte  sich  aber  auch  die  hiesige  Gemeindebehörde,  stets  be- 
strebt den  um  Wissenschaft  und  Schule  wohlverdienten  Männern  ihre 
Anerkennung  und  dankbare  Verehrung  auszudrücken,  an  dieser  Feier. 
Sie  liesz  den  Jubilar  durch  eine  Abordnung,  an  deren  Spitze  die  beiden 
Bürgermeister  standen,  in  herzlichster  Weise  begrüszen ,  und  bei  diesem 
Anlasz  dem  wackern  Manne,  der  über  ein  Menschenalter  seine  stille  und 
gesegnete  Wirksamkeit  dem  Gedeilien  des  hiesigen  Schulwesens  gewidmet 
hatte,  folgende  Adresse  überreichen: 

'Hochverehrter  Herr  Hofrath! 

Mit  warmer  Teilnahme  haben  wir  von  der  Feier  Ihres  vierzig- 
•  jährigen  Jubelfestes  Kenntnis  erhalten,  und  wir  fühlen  uns  verpflichtet, 
teils  in  eignem  Namen ,  da  nicht  wenige  Mitglieder  der  Gemeindever- 
waltung sich  zu  Ihren  dankbaren  Schülern  zählen,  teils  für  die  Söhne 
unserer  Stadt,  welchen  Sie  stets  noch  Ihre  freundliche  und  wohlwollende 
Fürsorge  widmen  ,  den  besten  Dank  für  Ihre  gesegneten  Bestrebungen 
im  Interesse  der  Jugendbildung,  die  Sie  in  einer  langen  Reihe  von  Jah- 
ren mit  nie  erkaltendem  Eifer  redlich  erstrebt,  Ihnen  hiermit  auszu- 
sprechen. Möge  der  allgütige  Gott  Ihnen  und  Ihrem  Hause  seinen  Segen 
verleihen  und  Ihre  fernere  Thätigkeit  mit  bestem  Erfolg  krönen;  möge 
aber  auch ,  wenn  Sie  einst  die  Zurückgezogenheit  von  den  Geschäften 
der  Bürde  des  Amtes  vorziehen ,  das  Bewustsein  treu  erfüllter  Pflicht 
die  wohlverdiente  Ruhe  Ihres  Lebensabends  verschönern!  Mit  diesem 
Wunsche,  den  wir  aus  aufrichtigem  Herzen  Ihnen  darzubringen  uns 
beeln-en ,  verbinden  wir  die  Bitte  um  Fortdauer  Ihrer  wohlwollenden 
Gesinnungen  für  uns  und  unsere  Stadt  und  beharren  hochachtungsvoll 
und  ergebenst 

Heidelberg,   im  October   18ü0. 

Der  Gemeinderath:  Krausmann.' 

Auch  von  den  Gelehrtenschulen  unseres  Landes,  und  selbst  vom  Au.s- 
land ,  so  wie  auch  von  vielen  ehemaligen  Schülern  sind  Beglückwün- 
schungsschreiben  und  Zuschriften  an  den  verehrten  Schulmann  zu  seinem 
Jubelfeste,  zu  dem  die  mühevolle  Bahn  des  Lehrers  so  selten  führt,  ein- 
gekommen. EingesaJidt. 

Preuszen.]  Das  Centralblatt  für  die  gesamte  Unterrichtsverwaltung 
in  Preuszen  bringt  im  letzten  Novemberheft  S.  647  ff.  eine  Uebersicht 
der  Frequenz  an  den  Universitäten  des  Landes  wärend  des  Winter- 
semesters 1859 — 60.     Inländer  studierten  in 


44     Berichte  über  gelehrte  Anslallen,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 


Theol. 

Jur. 

Med. 

Philos. 

Sa 

Greifswald : 

3ö 

33 

130 

78 

277 

Halle: 

438 

40 

37 

114 

629 

Breslau: 

291 

130 

96 

242 

759 

Königsberg : 

126 

70 

86 

74 

356 

Berlin: 

279 

318 

245 

285 

1127 

Bonn: 

285 

114 

116 

193 

708 

Münster : 

276 

— 

— 

202 

478 

Sa  1731  705  710  1188  4334. 

Da  im  Sommersemester  die  Zahl  4131  betrug,  so  hatte  sich  dieselbe 
um  203  vermehrt.  Auf  die  Theologie  kommen  davon  114,  die  Medicia 
20,  die  Philosophie  91;  in  den  juristischen  Facultäten  dagegen  hatte 
eine  Abminderuiig  von  22  stattgefunden.  Vermindert  hatte  sich  die 
Zahl  der  Studierenden  in  der  Provinz  Preuszen  um  34,  in  Posen  um  6, 
in  Hohenzollern  um  5;  in  Pommern  war  sie  sich  gleichgeblieben,  in  den 
übrigen  Provinzen  eine  Vernnehrung  eingetreten,  am  bedeutendsten  in 
der  Rheinprovinz  (um  99).  Zu  diesen  Inländern  kamen  Nicht-Preuszeu 
646  (94  mehr  als  im  vorhergehenden  Semester).  Von  diesen  waren  Theo- 
logen 147,  Juristen  126,  Mediciner  95,  Philosophen  278.  Aus  Nord- 
amerika waren  29,  aus  Belgien  2,  aus  den  britischen  Ländern  15,  aus 
Dänemark  3 ,  aus  Frankreich  6 ,  aus  Griechenland  10 ,  aus  Italien  2, 
aus  den  Niederlanden  3,  aus  Norwegen  1,  aus  Polen  18,  aus  Ruszland 
61,  aus  Schleswig  4,  aus  Schweden  2,  aus  der  Schweiz  31,  aus  der 
Türkei  14.  Die  übrigen  kommen  auf  Deutschland  (Oesterreich  34, 
darunter  9  Theologen,  5  Juristen  und  20  Mediciner).  Vermindert  hatte 
sich  die  Zahl  der  Nicht-Preuszen  in  Greifswald  (7),  Breslau  (1),  Bonn 
14,  am  reichlichsten  (um  92)  vermehrt  in  Berlin.  R,  D. 

ScHAFFHADSEN ,  Kantonsschule  1858/59.]  Dieselbe  enthält  ein  Gym- 
nasium mit  6  (I  12,  II  12,  III  4,  IV  5,  V  3  u.  VI  7)  und  eine  Industrie- 
schule mit  4  Klassen  (I  13,  II  14,  III  15  u.  IV  7)  und  zusammen  92 
Schülern.  Griechisch  beginnt  in  III,  Hebräisch  wird  nur  in  VI  gelehrt, 
von  den  neueren  Sprachen  ist  auf  dem  Gymnasium  nur  Französisch 
obligatorisch.  Auszer  dem  Director  Morstedt  unterrichten  an  der 
Anstalt  die  Professoren  Mezger,  Kauer,  Dr  Hug,  Ost,  Pfister, 
Keszler,  Pfaff,  Brändli,  Olivier,  Merklein  und  4  Hülfslehrer. 
Das  Programm  enthält  eine  mathematische  Abhandlung  des  Professor 
Brändli:  das  Problem  des  Mydorge  durch  die  Methode  der  Synthesis  und 
der  Coordinaten  im  Zusammenhang  mit  der  Theorie  der  Kegelschnitte. 

Bing. 

ScHWEiDNiTZ.]  Evangelisches  Gymnasium.  Osterpr ogramm 
1860.  Wissenschaftliche  Abhandlung,  verfaszt  von  dem  Gymnasiallehrer 
Freyer:  über  die  einem  Vierseit  eingeschriebenen  Kegelschnitte  (S.  3 — 16). 
Schulnachrichten  (S.  17  —  40)  zusammengestellt  vom  Gymnasialdirector 
Dr  Held.  Leider  finden  sich  in  dem  Texte  ziemlich  viele  Druckfehler 
vor.  Zu  Ende  des  Schuljahrs  zählte  die  Anstalt  301  Zöglinge  ,  welche 
in  6  Klassen  in  wöchentlich  184  Stunden  gemäsz  dem  Stundenplan  vom 
7.  Januar  1856  unterrichtet  wurden.  Am  Michaelistermin  1859  wurden 
6,  am  Ostertermin  1860  10  Primaner  mit  dem  Zeugnis  der  Reife  für 
die  Universitätsstudien  entlassen.  Das  Lehrercollegium  bestand  aus 
den  Herren  Director  Dr  Held,  Prorector  Dr  Schmidt,  Conrector 
Rösinger,  Oberlehrer  Dr  Golisch,  ferner  aus  den  Gymnasiallehrern 
Dr  Hiidebrand,  Freyer,  Dr.Dahleke,  Dr  Schäfer  und  dem 
Hülfslehrer  Bisch  off.  Den  evangelischen  Religionsunterricht  in  IV 
erteiUe  Archidiaconus  Rolffs,  in  den  übrigen  Klassen  lag  derselbe  in 
den  Händen  der  Ordinarien ,  den  katholischen  Religionsunterricht  gab 
in  3  Abteilungen  zu  je  2  Klassen  der  Oberkaplan  Kiesel,   den   Turn- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.     45 

Unterricht,  -welcher  nur  im  Sommerhalbjahr  betriehen  wird,  leitete  der 
Stadtscluillehrer  Am  sei.  Der  Schulamt.scanr'idat  Wild,  welcher  sein 
Probejahr  an  dieser  Anstalt  zu  Anfani^e  des  Kalenderjahres  1859  be- 
gonnen hatte,  folgte  zu  Michaelis  einem  Hufe  als  Collaborator  am  könig- 
lichen fJymnasium  zu  Hirschberg.  Oeffentliche  Schulfeierliehkeiten  waren 
der  Hahn -Otto 'sehe  Prämial-Redeactus  am  14.  Juli,  zu  dem  Prorector 
l)r  Schmidt  durch  ein  Programm  eingeladen  hatte,  welches  Mittei- 
lungen über  verwandtschaftliche  Verbindungen  der  Hohenzollern,  nament- 
lich der  Karlinie,  mit  schlesischen  Fürstenhäusern  enthält.  Derselbe 
erörterte  bei  dieser  Gelegenheit  in  freier  Kede  das  Thema:  'In  welcher 
Weise  können  Freunde  und  Gönner  das  Gedeihen  einer  gelehrten  An- 
stalt fördern?'  Ferner  der  Geburtstag  Sr  Majestät  des  Königs  am 
15.  October ,  wobei  Director  Dr  Held  über  das  Glück  der  Völker 
sprach,  deren  Fürsten  sich  die  Pflege  der  Wissenschaften  und  die  Er- 
ziehung der  Jugend  zu  einem  vorzüglichen  Gegenstande  ihrer  Fürsorge 
machen,  dann  das  Schillerfest  am  l(*.  November,  wobei  der  Gymnasial- 
lehrer Dr  Dahleke  einen  Vortrag  über  Schillers  Leben  und  Wirken 
hielt ,  das  Heydianum  am  20.  Deceraber ,  zu  dessen  Feier  der  Director 
die  Frage  behandelte,  woher  es  gekommen  sei,  dasz  in  Gymnasien  der 
lateinischen  Sprache  im  Sprachunterricht  die  gröste  Bevorzugung  zu 
Teil  geworden  ist,  endlich  das  Stiftungsfest  des  Gymnasiums  am  2ß. 
Januar,  an  welchem  der  Prorector  die  Verdienste  Melanchthons  um  das 
deutsche  Schulwesen  in  den  Hauptzügen  schilderte.  —  Zu  der  silbernen 
Directorats- Jubelfeier  des  Gymnasialdlrector  Dr  Julius  Held,  welche 
am  7.  April  185U  in  angemessener  Weise  begangen  wurde,  hatte  der 
Prorector  Dr  Julius  Schmidt  im  Namen  des  LehrercoUegiums  und 
der  Patronatsbehörde  eine  Gratulationsschrift  durch  den  Druck  ver- 
öffentlicht ,  welche  ein  Thema  aus  der  vaterländischen  Geschichte  mit 
Hervorhebung  einiger  bisher  zum  Teil  weniger  beachteten  Momente 
beleuchtet:  dei^  in  der  kurbrandenimrgischen  Linie  der  Hohenzollern  im 
Jahre  1613  erfolgte  Confessionswechsel  (lU  S.)  Eing. 

Ulm.]  Am  dasigen  königlichen  Gymnasium  war  wärend  des  Schul- 
jahrs 1859 — fiO  der  Professor  Dr  Hassler  beurlaubt  und  erhielt  später 
den  Urlaub  auf  unbestimmte  Zeit  verlängert.  Am  H.  März  1860  wurde 
der  Professor  Strodtbeck,  nachdem  er  längere  Zeit  erkrankt  gewesen, 
in  den  Ruhestand  versetzt.  Der  Lehramtscandidat  Lamparter,  wel- 
cher für  Professor  Dr  Hassler  fungierte,  wurde  am  24.  Sept.  1859  als 
Repetent  nach  Tübingen  berufen,  dann  aber  am  6.  Oct.  zum  Amtsver- 
weser im  Obergymnasium  der  Professor  K.  Planck,  bisher  Lehrer  der 
VI.  Kl.  ernannt,  worauf  der  Lehrer  der  III.  Kl.  Prof.  Kapff  proviso- 
risch in  die  VI.,  Präceptoratsverweser  Fischer  in  die  III.  Kl.  traten. 
Nach  der  Pensionierung  des  Prof.  Strodtbeck  wurde  dessen  Lehrstelle 
am  obern  Gymnasium  und  das  Amt  des  Klassenlehrers  in  VIII  dem 
Prof.  Kapff  übertragen,  wärend  Prof  M.  Planck  in  die  VII.  Klasse 
vorrückte;  dagegen  erhielt  der  früher  als  Professoratsverweser  an  der 
VIII.  Kl.  angestellte  Dr  Presse  1  als  Amtsverweser  die  VI.  Kl.  An 
die  Stelle  des  Gymnasialvikar  Zej^er,  welcher  zum  Präceptor  in  Pful- 
lingen  gewählt  war,  trat  der  Lehramtscandidat  Katz.  Präceptor  Wer- 
ner endlich  wurde  von  der  II.  Kl.  zu  der  III,  befördert.  Es  unterrich- 
teten demnach  am  oberen  Gymnasium  der  Rector  Kern  (als  Klassen- 
lehrer von  X  u.  IX),  Prof.  Kapff  (als  Klassenlehrer  von  VIII),  Prof. 
M.  Planck  (als  Klassenlehrer  von  VII),  auszerdem  die  Professoren  K. 
Planck  und  Ofterdinger  (Mathematik)  und  der  Professoratsverweser 
Dr  Pres  sei.  Am  mitteren  Gymnasium  arbeiteten  der  Professoratsver- 
weser Dr  Press el  als  Amtsverweser  in  VI,  der  Präceptor  Reurlin  als 
Klassenlehrer  in  V  und  der  Amtsverweser  Fischer  in  Kl.  IV,  auszer- 


46     Berichte  über^gelehrle  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

dem  der  Garnisonspfarrer  Heintzeler  (Religion)  und  der  Oberpräcep- 
tor  Scharpff.  Die  Lehrer  des  unteren  Gymnasium  waren  Präceptor 
Schultes  in  Kl.  III,  Präceptor  Zell  er  in  Kl.  II,  Präceptor  AVerner 
in  Kl.  I.  Im  Schönschreiben  unterrichtete  ferner  der  Oberpräceptor 
Seharpf,  im  Singen  der  Musikdirector  Dief fenbacher,  im  Turnen 
Turnlehrer  Jechle,  im  Zeichnen  Zeichenlehrer  Mauch.  Unter  der 
Aufsicht  des  Gymnasialrectors  stehen  die  zwei  Elementarklassen,  deren 
Zweck  die  Vorbereitung  ebenso  für  das  Gymnasium ,  wie  für  die  Real- 
schule ist,  die  zweite  vorläufig  in  zwei  Parallelcötus  geteilt.  An  ihnen 
unterrichteten  der  Präceptor  Pfähler  und  die  Elementarlehrer  Bauer 
und  Dürr.  Von  inneren  Einrichtungen  ist  zu  erwähnen,  dasz  die  IV. 
Klasse  auch  eine  Stunde  für  Geographie  bekam,  so  dasz  von  3  eine  für 
Geschichte,  eine  für  Geograpliie,  die  dritte  zur  Repetition  in  beiden 
Fächern  bestimmt  ist.  Die  VII.  und  VIII.  Klasse  wurden  für  die  Zeit, 
dasz  die  Schülerzahl  klein  sei,  im  Griechischen  vorläufig  combiniert. 
Die  Schülerzahl  war 

X     IX     VIII     VII     VI     V     IV     III     II      I         Sa 
Mich.  1859     6      6  7        II      15     20    2.t     38    33     33       194 

Ostern  1860  8  7  12  11  14  21  35  32  34  34  208. 
Die  Elementarklassen  waren  von  160  besucht.  Die  wissenschaftliche 
Beigabe  zum  Programm  ist  eine  Abhandlung  des  Prof.  Dr  L.  F.  Ofter- 
d  inger:  Beiträge  zur  Geschichte  der  griechischen  Mathematik  (18  S.  4  nebst 
einer  Figurentafel).  Der  Herr  Verf.  hat  schon  früher  in  einer  Abhand- 
lung in  Grunerts  Archiv  der  Mathematik  V  I  (1844)  einen  Teil  seiner 
Untersuchungen  über  die  Geschichte  der  Mathematik  veröffentlicht  und 
dann  in  mehreren  Recensionen  und  Aufsätzen  in  Magers  pädagogischer 
Revue  1841 — 50  gezeigt,  wie  die  gefundenen  Resultate  pädagogisch  zu 
verwerthen  seien.  In  der  P^inleitung  äuszert  er  sich  S.  II  folgender- 
maszen:  ^Vergleicht  man  die  Entdeckungen  der  griechischen  Mathema- 
tiker mit  denen  der  Neuzeit,  so  haben  die  erstem  hauptsächlich  dar- 
nach gestrebt,  die  Eigenschaften  der  Linien,  Flächen  und  Körper  zu 
erforschen  und  dieselben  zu  beweisen,  wozu  sie  sich  der  theoretischen 
Analysis  bedienten,  welche  also  bei  Abfassung  ihrer  Werke  und  bei 
Erfindung  der  Mittelsätze  eine  bedeutende  Rolle  spielt  und  nicht  für  so 
unbedeutend  angesehen  werden  kann,  wie  manche  neuere,  z.  B.  Klügel, 
es  thun.  Dagegen  suchen  die  neueren  Mathematiker  allgemeine  Metho- 
den aufzustellen,  wie  Untersuchungen  zu  machen  sind,  aus  denen  sich 
Eigenschaften  der  Linien,  Flächen  und  Körper  von  selbst  ergeben.  Ar- 
chimedes  z.  B.  entdeckte  vermittelst  *■  der  Anwendung  von  Sätzen  der 
Mechanik',  dasz  jeder  parabolische  Abschnitt  gleich  vier  Dritteilen  eines 
Dreieck.s  sei,  das  einerlei  Grundlinie  und  gleiche  Höhe  mit  dem  Ab- 
schnitt hat,  und  suchte  dann  durch  die  theoretische  Analysis  den  Be- 
weis dieses  Satzes,  wodurch  er  auf  eine  Reihe  von  Sätzen  gekommen 
ist,  welche  er  alsdann  synthetisch  zusammenfügte.  Auf  diese  Art  führt 
Archimedes  in  seiner  Schrift  über  die  Quadratur  der  Parabel  seine  Leser 
durch  ein  groszes  Gebiet  der  Lehre  von  der  Parabel  und  zeigt  ohne  die 
Figur  zu  verlassen,  verschiedene  Eigenschaften  dieser  Curve,  um  end- 
lich im  24sten  Satz  zum  Beweis  des  obigen  zu  kommen.  Ganz  anders 
verfährt  man  in  der  neueren  Mathematik:  hier  sucht  man  mit  Hülfe  der 
Differential-  und  Integralrechnung  eine  Methode  aufzustellen,  wie  die 
Quadratur  aller  Curven  zu  vollziehen  sei  und  findet  dadiirch  als  Bei- 
spiel in  ein  paar  Linien  obigen  Satz.  Die  alte  Mathematik  hat  daher 
einen  viel  weitern  Weg  zurückzulegen ,  als  die  neuere.  Einer,  der  nach 
der  ersteren  geht,  gleicht  einem  Wanderer,  welcher  ein  Land  nach  allen 
Richtungen  durchzieht  und  es  deswegen  durch  eigene  Anschauung  voll- 
kommen kennen  lernt,  wo  hingegen  der,  welcher  den  Weg  der  neueren 
Mathematik  wandert,  einem   Reisenden   gleicht,    welcher  nie  die  Eisen- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slatist.  Notizen.     47 

bahn  verlilszt  und  deswegen  schneller  zum  Ziel  kommt,  manche  öde  Ge- 
gend nicht  sieht,  aber  eben  so  wenig  als  die  schönen,  welche  zufällig 
nicht  an  der  Eisenbahn  liegen.  Er  lernt  hüchstens  die,  welche  an  der 
Eisenbahn  sind,  die  Wagen  und  einige  Stationen,  nie  aber  das  Land 
kennen.  Das  Talent  allein  kann  Entdeckungen  machen,  und  man  kann 
daher  weder  lehren,  wie  man  dieselben  in  der  alten  machte,  noch  wie 
man  sie  in  der  neueren  Mathematik  macht.  Dagegen  kann  die  Geschichte 
zeigen,  wie  das  Talent  auf  die  Entdeckungen  gekommen  ist.'  Es  wird 
nun  in  der  Abhandlung  die  Darstellung  der  allgemeinen  Methoden, 
welche  im  Altertum  gebraucht  wurden,  vorgelegt  und  zwar  handelt  §  1 
über  die  theoretische  Analysis;  §  2  über  die  Zusamment'ügung  der  durch 
die  Analysis  gefundenen  Sätze  oder  über  die  Synthesis;  §  3  vom  Zu- 
sammenfügen der  Sätze  und  dem  Auffinden  neuer  Wahrheiten  durch  die 
philosophische  Methode;  §  4  über  die  Auffindung  der  ersten  Sätze  der 
Analysis;  §  5  von  der  problematischen  Analysis;  §  6  über  die  Auffindung 
der  Analysis;  §  7  über  Data  und  Orte;  §  8  von  den  geometrischen  Auf- 
gaben des  ApoUouius.  Für  die  Zukunft  behält  sich  der  Hr  Verf.  Unter- 
suchungen über  einige  specielle  Methoden  der  griechischen  Mathematik, 
wie  z.B.  Exhaustionsmethode,  Porismen  usw.,  dann  Analysen  der  ein- 
zelnen Werke  vor.  Eine  grosze  und  gründliche  Belesenheit  in  der  ma- 
thematischen Litteratur  überhaupt  und  der  alten  insbesondere,  so  wie 
eine  einfache  und  klare  Darstellung  machen  die  Abhandlung  recht  in- 
teressant und  schätzbar.  Wir  verweisen  z.  B.  auf  die  Bemerkung  S.  3 
über  a^f'wfio;,  y.oiv<xl  svvolkl  und  Xa^ßavo^sva.  Hätte  man  die  dort 
bestimmten  Bedeutungen  fest  und  sicher  erkannt,  man  würde  nicht  so 
vornehm  über  vieles  im  Euklid  abgesprochen  haben.  Der  Hr  Verf.  hat 
zwar  hier  unterlassen  die  Anwendung  derartiger  Untersuchungen  auf 
den  mathematischen  Unterricht  zu  zeigen,  aber  doch  in  der  Einleitung 
S.  III  und  IV  einige  Bemerkungen  gegeben,  welche  alle  Beachtung  ver- 
dienen. Es  wird  bekannt  sein,  dasz  er  ein  entschiedener  Anhänger  der 
genetischen  Methode  ist,  aber  auch  der  theoretischen  Analysis.  Warend 
er  beklagt,  dasz  die  letztere  nicht  viele  Freunde  gewonnen  habe,  tadelt 
er  dasz  viele  Lehrer  gar  zu  eifrig  für  die  genetische  Methode  kämpfen, 
und  die  syntlietische  deshalb  blindlings  verdammen,  ohne  zu  bedenken, 
dasz  sie  sich  dadurch  gerade  um  einen  schönen  Teil  des  mathematischen 
Wissens  bringen ,  der  gerade  beim  Unterricht  sehr  fruchtbar  ist.  Eben 
so  entschieden  weist  er  diejenigen  zurück,  welche  das  Wesen  der  gene- 
tischen Methode  darein  setzen ,  den  mathematischen  Unterricht  auf  ir- 
gend ein  philosophisches  System  zu  basieren,  und  welche  meinen,  dasz 
man  nach  einem  synthetisch  abgefaszten  Lehrbuch  einen  genetischen 
Unterricht  erteilen  könne,  wie  er  die  bekämpft,  welche  das  Wesen  der 
Synthesis  verkennen  und  nicht  darin  eine  durch  die  Analysis  bestimmte 
Notwendigkeit  sehen,  von  der  sich  nur  derjenige  entfernt,  welcher  kei- 
nen Begriff  von  einer  wissenschaftlichen  Auffassung  hat.  Der  Hr  Verf. 
wünscht  denn  durch  seine  Schrift  namentlich  jüngere  Mathematiker  zu 
veranlassen,  die  Bedeutung  der  Methoden  und  der  Schriften  des  Alter- 
tums sich  klar  zu  machen  und  die  letzteren  zu  studieren,  wozu  wir 
ihm  den  besten  Erfolg  wünschen.  Wenn  wir  bei  jedem  Unterricht  das 
zu  bildende  Subject  vor  allem  ins  Auge  zu  fassen  haben,  so  ergibt  sich 
leicht,  dasz  man  mit  den  Methoden,  welche  die  Wissenschaft  für  sich 
geschaffen  hat ,  recht  viel  Schaden  thun  kann.  Es  hat  sich  auf  dem 
Gebiete  des  Geschichtsunterricht  angefangen  die  Ueberzeugung  Geltung 
zu  verschaffen,  dasz  man  mit  den  wissenschaftlichen  Betrachtungsweisen 
in  der  Schule  nichts  erreiche  als  hohles  Phrasenwerk  und  eiteln  Dünkel, 
und  dasz  man  vielmehr  die  Uebung  in  richtiger  Auffassung  des  über- 
lieferten Factischen  zu  bezwecken,  dasz  man  vielmehr  gründlichere 
Specialgeschichte  als  allgemeine  Weltgeschichte  zu  betreiben  und  vorher 


48  Personalnotizen. 

in  die  Geschiclitsüberlieferung  der  Völker,  dann  erst  in  die  Beurteilung 
einzufüliren  habe.  Dem  Ref.  will  es  nun  auch  bedanken,  als  wenn  man 
in  der  Mathematik  nicht  das  pädagogisch  Richtige  thue ,  wenn  man  den 
Unterricht  sofort  und  consequent  nach  den  neuesten  Methoden  erteilt, 
dasz  die  schwerfälligeren  Wege,  auf  denen  die  alten  Mathematiker 
wandelten ,  gerade  der  wahren  Bildung  des  jugendlichen  Geistes  zuträg- 
licher sein  möchten ,  als  die  so  unendlich  vervollkommneten  der  Neuzeit. 
So  wenig  wie  wir  denen  beistimmen  können,  welche  den  ganzen  geo- 
metrischen Unterricht  auf  die  Elemente  des  Euklid  beschränkt  wissen 
wollen,  so  wenig  vermögen  wir  die  Behauptung  zu  begreifen,  dasz  seine 
Methode  gänzlich  zu  verlassen ,  nicht  in  einzelnen  Fällen  die  gerade 
dem  zu  bildenden  Schüler  angemessene  sei.  Der  mathematische  Unter- 
richt in  den  Gymnasien  hat  bedeutende  Fortschritte  gemacht,  wie  wir 
auf  das  bereitwilligste  anerkennen,  aber  davon:  ihre  eigene  Unterrichts- 
methode weniger  von  der  wissenschaftlichen  Ueberzeugung  als  von  dem 
Fassungsvermögen  und  dem  geistigen  Standpunkt  der  Schüler  abhängig 
zu  machen ,  scheinen  uns  doch  viele  Lehrer  noch  weit  entfernt.  Nichts 
aber  hilft  dazu  mehr,  als  das  Studium  der  Geschichte,  welche  die  Wis 
senschaft  selbst  gehabt  hat,  und  im  Hinblick  darauf  wünschen  wir  die 
Untersuchungen  des  Herrn  Prof.  Dr  Ofterdinger  beachtet  zu  sehn. 

R.  D. 


Personainotizen. 

Ernennung^en,  BefiirderangeD ,  Versetzungen: 

Bröse,  SchACand.,  als  ordentl.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Stralsund 
angestellt.  —  Hoppe,  Dr,  Privatdocent  und  erster  Assistent  bei  dem 
Institut  für  pathologische  Anatomie  in  Berlin,  zugleich  zum  ao.  Prof. 
in  der  medicinischen  Facultät  der  dasigen  Universität  ernannt.  — 
Seh  m  öl  der  s,  Dr,  ao.  Prof.,  zum  ordentl.  Prof.  in  der  philos.  Facultät 
der  Univers.  Breslau  ernannt.  —  Wieszner,  Dr,  als  CoUaborator  am 
Elisabeth-Gymnasium  in  Breslau  angestellt. 

Pensioniert: 

Dr  Uli  mann,  Prälat  und  Director  des  evangelischen  Oberkirchen- 

ratbs  in  Karlsruhe. 

Gestorben : 

Am  5.  Nov.  bei  Schiras  in  Persien  der  um  die  Wissenschaften  viel- 
fach verdiente  königl.  preuszische  Ministerresident  v.  Minutoli.  — 
Am  13.  Nov.  im  Staate  Indiana  in  Nordamerika  der  bekannte  Geolog 
Dr  David  Dale  Owen.  —  Am  25.  Nov.  in  Mergentheim  der  berühmte 
Reisende  und  Naturforscher  Herzog  Paul  von  Württemberg,  geb. 
am  25.  Juni  1797.  —  Am  28.  Nov.  in  Bonn  der  wirkliche  Geh.  Rath 
Freiherr  Josias  von  Buusen,  geboren  zu  Korbach  in  Waldeck  den 
25.  August  1791.  —  Im  Nov.  in  Warschau  der  dasige  Prof.  der  Chemie 
Dr  Theophil  Lesin  ski.  —  Am  2.  Decbr  in  Wiesbaden  der  von  1848 
her  bekannte  Dr  theol.  Karl  Jürgens,  geb.  1800  in  Braunschweig.— 
An  demselben  Tage  in  Tübingen  der  berühmte  Gründer  einer  eigenen 
theologischen  Schule,  Prof.  theol.  Dr  Ferd.  Christi,  von  Baur,  geb. 
am  21.  Juni  1792.  —  Am  4.  Decbr  in  Berlin  Dr  Karl  Albert  Aga- 
thon  Benary,  Prof.  am  Kölnischen  Realgymnasium  und  Privatdocent 
an  der  Universität,  geb.  1807  in  Kassel.  —  Am  5.  Decbr  in  Bonn  eine 
der  ehrwürdigsten  Säulen  deutschen  Wesens  und  deutscher  Wissenschaft 
Hof  rath  Prof.  Dr  D  ah  Im  an  n,  nachdem  er  kurz  vorher  durch  die  Ver- 
leihung des  rothen  Adlerordens  3r  Kl.  mit  der  Schleife  eine  Anerken- 
nung seiner  Verdienste  erhalten  hatte.  —  Am  20.  Decbr  in  Altenburg 
der  Prof.  Dr  Irenäus  Gersdorf  im  5 Isten  Lebensjahre. 


Zweite  Abteilimg: 

für  Gymnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Ausschlusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  von  Rudolph  Diefscb. 


3. 

Die  Ergebnisse  der  historischen  Sprachvergleichung-  und 
der  Unterricht  in  der  Muttersprache  im  Gymnasium. 


Sobald  zwei  Völker  in  feindliche  oder  friedliche  Berührung-  zu 
einander  treten,  erzeugt  die  Not  sofort  eine  Art  von  Sprachver- 
gleichung-. Die  ersten  Versuche  sind,  wie  in  urällester  Zeit,  so  noch 
in  unserer  zunächst  auf  das  notwendigste  Bedürfnis  gegenseifiger 
Verständigung  beschränkt,  blos  praktischen  Zwecken  dienstbar,  roh, 
bald  mehr  bald  niinder  zutreffend.  Dies  die  Quelle  der  Kunst 
des  Dolmetschers.  Noch  heutigen  Tages  nehmen  Reisende  und 
Missionäre,  die  uns  mit  zeither  unbekannten  Sprachen  zuerst  bekannt 
machen,  denselben  Standpunkt  ein,  d.  h.  sie  dienen  späteren  Reisenden 
gewissermaszen  als  Dolmetscher. 

Als  aber  im  Verlaufe  der  Zeit  die  Berührungen  der  Völker  häu- 
figer und  inniger  wurden ,  da  reichte  das  Gedächtnis  und  die  Zahl  der 
Dolmetscher  nicht  mehr  dazu  aus,  das  sich  steigernde  Bedürfnis  der 
Mitteilung  zwischen  Menschen  und  Völkern  verschiedener  Zunge  zu 
befriedigen  und  die  Masse  des  sich  darbietenden  Stoffes,  der  allmählich 
weit  über  das  erste,  praktisehe  Bedürfnis  hinaus  gewachsen  war,  fest- 
zuhalten und  zu  bewältigen.  So  trat  nach  Erfindung  der  Schrift  an  die 
Stelle  der  mündlichen  Sprachvergleichung,  d.  h.  des  Dolmetschers, 
die  schriftliche;  es  entstanden  die  Glossare,  Vocabularien  und  Wörter- 
bücher. Und  in  der  That  der  Lexikograph  unterscheidet  sich,  ehe  sich 
seine  Kunst  zu  einer  wahren  Wissenschait  ausbildet,  wesentlich  in 
nichts  von  dem  Dolmetscher;  denn  was  dieser  durch  die  mündliche 
Rede,  ganz  dasselbe  bezweckt  jener  durch  die  Schrift. 

Wie  fast  in  allen  andern  Künsten  und  Wissenschaften,  so  sind 
auch  in  dieser  schriftlichen  Kunst  des  Dolmetschers,  d.  h. 
der  Lexikographie,  die  Griechen  und  Römer  unsere  Lehrer  gewesen 
und  haben  zwei  Jahrtausende  hindurch  als  Muster  und  Vorbild  ge- 
golten.   So  lehnt  sich  noch  das   erste  namhafte  hochdeutsche  Wörter- 

N.  Jahrb.  f,  Phil.  u.  Päd.  11,  Abt.  Ibül.  Hft  2.  4 


50    Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mullersprache. 

buch*)  nicht  blos  an  das  von  diesen  zwei  Völkern  überkommene  Ver- 
fahren ängstlich  an,  sondern  will,  wie  früher  die  Glossare  der  Möncho 
und  weit  später  noch  bis  ins  18e  Jalirluindert  hinein  die  Mehrzahl  der 
Lexika,  nicht  sowol  die  Kenntnis  der  Muttersprache,  als  die  der  latei- 
nischen fördern.  —  Wie  ausreichend,  wie  zweckentsprechend  und 
vortrelTlich  in  ihrer  Art  die  lexikalischen  Arbeilen  der  Griechen  und 
Homer  gewesen  sind,  dafür  spricht  das  zweilausendjährige  uner- 
schütterle  Ansehen,  in  dem  sie  trotz  der  von  Grund  aus  veränderten 
Wellanschauung  der  ganzen  Menschheit  bei  allen  gebildeten  Völkern 
bis  auf  unsere  Tage  gestanden  haben.  Längst  hat  sich  der  geogra- 
phische Gesichtskreis  weit  über  die  engen  Schranken,  in  welche  die 
Völker-  und  Sprachonkunde  jener  eingezwängt  war,  ausgedehnl;  längst 
hat  die  Geschichle  die  Verwandtschaft  violer,  in  späterer  Zeit  von 
einander  weit  abwohnender  Nationen  und  ihrer  Sprachen  unwiderleg- 
lich dargethan  und  das  Christentum  den  gegen  fremde  Nationen  sich 
streng  abschlieszenden  Nationalstolz  der  beiden  alten  Völker  ge- 
schwächt oder  ganz  vernichtet  —  aber  trotzdem  ist  bis  in  unsere 
Zeilen  die  lexikalische  Methode  der  Griechen  und  Kömer  unverrückt 
in  Gellung  geblieben.  Selbst  jetzt  —  nach  den  reichen,  fruchtbaren 
Ergebnissen  der  neuen  sprachvergleiclienden  Wissenschaft  innerhalb 
der  letzten  Jahrzehende  —  selbst  jetzt  noch  sträubt  sich  die  grqszo 
Mehrzahl  der  Gelehrten  den  beschränkten  Standpunkt,  von  dem  aus 
jene  Völker  die  Sprachen  zu  vergleichen  gezwungen  waren,  aufzu- 
gehen, geblendet  von  den  auszeroi-dentlichen  Leistungen,  die  sie  trotz 
ihrer  überaus  geringen  Mitlei,  begünstigt  durch  die  glücklichste  Com- 
binalionsgabe,  auf  diesem  Felde  der  Wissenschaft  zuwege  gebracht 
haben.  Aber  ihre  lexikalischen  Leistungen,  Muster  und  Vorbild  für 
die  abgelaufenen  zwei  Jahrtausende,  sind  gleichwol  ein  Erzeugnis 
ihrer  Zeit  und  mithin  nicht  maszgebend  für  alle  folgenden.  Oder 
sollen,  ja  können  wir,  wenn  wir  es  wollten,  auch  heute  noch,  wo  sich 
die  Sprachvergleichung  über  die  ganze  Erde  auszubreiten  anfängt, 
auf  dem  beschränkten  Standpunkte  derselben  für  immer  stehen  blei- 
ben? Das  erscheint  bei  der  oberflächlichsten  Betrachtung  ein  Ding 
der  Unmöglichkeit. 

Der  Grundfehler,  in  den  die  beiden  allen  Völker  und  alle  Lexiko- 
graphen, die  sich  zeither  eng  an  sie  angelehnt,  verfallen  musten,  läszt 
sich  kurz  so  zusammenfassen:  die  griechisch-römische  Lexiko- 
graphie ist,  ohne  sich  zu  einer  wahren  Wissenschaft  erheben  zu 
können,  auf  dem  Standpunkte  des  Dolmetschers  stehen 
geblieben.  —  Wenn  den  Dolmetscher  die  Schranken  seines  Ge- 
dächtnisses hindern  die  Sprachvergleichung  auszudehnen ,  so  bildete 
für  die  Griechen  und  Römer  die  Nationaleitelkeit  eine  noch  gröszere 
Schranke.    Ihre  Lexikographie  muste ,  da  sie  sich  in  die  beiden  nicht 


*)  Petrus  Dasypodius :  dictionarium  latinogermanicum  et  germanico- 
latinum,  in  usum  et  gratiam  germauicae  pubis  summa  diligentia  conglu- 
liuatiini.  Argentorati  per  Wendelium  Rilielium  1535,  36,  37;  vgl.  die 
Vorrede  des  Grimm'scheu  Würterbuchs. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mullersprache.     51 

für  barbarisch  geltenden  Sprachen  einengte,  einseitig  werden.  Diese 
engen  Grenzen  hinderten  nicht  blos  die  Aussicht  in  fremde  Sprachen, 
auch  wenn  sie  ganz  nahe  lagen,  sondern  zugleich  die  Einsicht  in  die 
eigene.  Ja  der  Nalionalstolz  war  dabei  ein  noch  gröszeres  Hemmnis 
als  die  Gedächtnisschwäche  des  Dolmetschers.  Denn  was  jetzt  fast  jeder 
Keisende  in  zeither  unbekannten  Ländern  thut,  dasz  er  uns  ein  kleines 
Vocabularium  der  Sprache  des  fremden  Volkes  entwirft,  dasselbe  zu 
thun  ist  weder  Alexander  dem  Groszen,  noch  dem  Besieger  Karthagos 
und  dem  Eroberer  Galliens  eingefallen;  selbst  Tacitus,  der  die  Nachbar- 
völker und  ihr  geistiges  Leben  von  einem  freieren  Gesichtspunkte  aus 
als  alle  seine  Landsleute  betrachtet  —  auch  er  hat  uns  nur  einige  we- 
nige deutsche  Worte  und  zwar  in  so  ungetreuer  Form  hinterlassen, 
dasz  sie  selbst  für  die  neugewonnenen  reichen  Mittel  der  wissenschaft- 
lichen Sprachvergleichung  wahre  Rätsel  bilden.  Dieser  starre  Natio- 
nalstolz ist  der  Hauptgrund,  warum  beide  Völker  zur  Begründung 
gerade  der  lexikographischen  Wissenschaft  so  wenig  geeignet  waren. 
—  Wer  nur  eine  Sprache  kennt  —  sagt  Göthe  —  kennt  keine.  Aber 
auch  die  Kenntnis  zweier  Sprachen,  etwa  der  griechischen  und  latei- 
nischen, reicht  nicht  aus  zur  Schöpfung  einer  wirklichen  Sprachwissen- 
schaft. Immerhin  wird  eine  solche  Bekanntschaft  mit  blos  zwei 
Sprachen,  ohne  in  das  Wesen  des  Wortes  und  der  Sprache  überhaupt 
einzudringen,  eine  Art  der  Dolmetschung  sein  und  bleiben  müszen. 
Wie  sie  eine  tiefere  Erfassung  des  Wesens  der  Sprache  im  allgemei- 
nen, ja  selbst  im  besondern  nicht  notwendig  in  sich  schliesze,  be- 
weisen Sprachmeister  und  Frauen,  die,  eben  weil  sie  sich  mit  ihrem 
oberflächlichen  Wissen  begnügen  und  darin  sicher  fühlen,  oft  weit 
geläufiger,  fertiger  dolmetschen,  d.  h.  zwei  Sprachen  sprechen,  als 
gründlich  geschulte  Gelehrte. 

Der  Dolmetscher  und  die  zeitherige,  von  den  beiden  alten  Völkern 
überkommene  Sprachvergleichung  überheben  sich  aber  ferner  beide 
einer  doppelten,  dem  Vergleicher  unerläszlichen  Mühe.  Einmal  be- 
gnügen sie  sich,  ohne  bis  zur  ersten,  concreten,  sinnlichen  Bedeutung 
vorzudringen,  meist  mit  der  später  vorwaltenden  Bedeutung  des  Wor- 
tes. Dann  nennen  sie  alles,  was  in  die  Regel  des  Lautes,  wie  sie  diese 
nach  einer  bestimmten  immerhin  kurzen  Zeit  der  Sprache  erdichten, 
nicht  ganz  passen  will,  '^Ausnahme'.  In  dem  Glauben,  so  die  er- 
dichtete Regel  zu  retten,  lassen  sie,  unbekümmert  um  die  Erklärung 
des  Lautwandels,  die  Unregelmäszigkeit  des  Lautes  auf  sich  beruhen. 
Aber  woher  in  aller  Welt  sollen  diese  'Ausnahmen'  samt  und  son- 
ders kommen?  Ein  Bund  von  Gelehrten,  eine  Akademie,  kann  vor- 
schlagen ile ,  etre,  j''avais  statt  isle,  estre,  j'avois  zu  sprechen  und  zu 
schreiben  und,  was  in  Deutschland  schon  viel  schwieriger  wäre, 
möglicherweise  seinen  Vorschlag  durchführen.  Wer  aber  will  dem 
ganzen  Volke  durch  Rath  oder  Befehl  Lautänderungen  aufdrängen,  die 
dem  waltenden  Gesetze  der  Sprache  zuwider,  d.  h.  A  u  s  n  a  h  m  e  n  wären. 

Die  Ausnahmen  enthalten  aber  nicht  Willkür,  die  alle  Möglichkeit 
der  Erklärung  ausschlösse.    Sie  erklären  sich  vielmehr  meist  aus  dem 

4* 


52    Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

älteren  Stande  der  einen  Sprache ;  findet  sich  dort  keine  Auskunft, 
dann  wird  eine  andere  verwandte  Sprache  eine  ausreichende  Analogie 
darbieten  und  so  den  Ntrchweis  der  regelrichtigen  Bildung  auch  der 
sogenannten  Ausnahmen  ermöglichen.  Die  mehr  dolmetschende 
Lexikographie  der  Alten  konnte  und  wollte  fremde  Sprachen  nicht 
benutzen  und  verschmähte  es  meist  auch  die  eigene  dabei  zu  Rathe 
zu  ziehen.  Das  Wort  'Aus  nähme'  ist  aber  ein  unglücklich  ge- 
wähltes und  die  es  so  oft  im  Munde  fuhren  denken  dabei  an  nichts 
klares.  Die  Erörterung  musz  unten  öfter  auf  dasseli)e  zurückkommen, 
die  Sache  ist  aber  an  sich  viel  zu  wichtig;  daher  schon  hier  wenig- 
stens ein  Beispiel,  gleichviel  aus  welcher  Sprache. 

Die  lateinischen  Grammatiker  z.  B.  lehren:  ^die  Steigernngs- 
endungen  derAdjectiva  sind  ior,  issimus.'  Aber  kaum  ist 
die  Regel  erdichtet,  so  sind  sie  gezwungen  eine  grosze  Menge  von 
'Ausnahmen'  aufzustellen,  die  alle  in  die  erdichtete  Regel  nicht 
passen.  Die  unregelmäszigen  Formen  der  Steigerung,  d.  h.  die  Aus- 
nahmen, sind  aber  nicht  etwa  Neuerungen,  sondern  der  Zeit  ihrer 
Entslebung  nach  meist  uralt.  Woher  nun  dieser  Blisstand  zwischen 
der  Regel  und  den  vielen  Ausnahmen?  Antwort:  wie  der  Dolmetscher, 
so  betrachten  auch  die  lateinischen  Grammatiker  ihre  Sprache  als 
etwas  fertiges,  nicht,  wie  sie  sollten,  als  etwas  geschi^cht- 
lich  gewordenes;  demgemäsz  erdichten  sie  die  Regel  nach  dem 
zeitweiligen  Stande  der  Sprache,  und  zwar  meist  nach  dem  in  der 
klassischen  Zeit.  Was  sich  in  sie  nicht  fügen  will,  das  suchen  sie 
dadurch  loszuwerden,  dasz  sie  es  als 'A  usna  h  m  e'  neben  die  Regel 
stellen.  Verständigerweise  kann  man  bei  dem  Worte  doch  nur  an 
Willkür,  an  falsche  oder  Misbildungen  denken.  Jede 
Sprache  gestaltet  aber  ihre  Worte  nach  ihren  eigenen  Gesetzen;  wo- 
her also  die  Willkür,  die  vielen  'Ausnahmen'?  Nun  sobald  man 
nur  den  einsei  ti  gen  Standpunkt  aufgibt,  fällt  auch  die  Willkür  mit 
ihren  Ausnahmen  fort;  denn  diese  hat  nicht  dieSpracheselbst 
gesch  a  ff  en  ,  sondern  die  von  den  Gra  m  mati  kern  einseitig 
er  di  chtete  Regel.  Begreiflicherweise  läszt  sich  aber  ein  so  ur- 
sprüngliches formelles  Lautverhältnis  wie  die  Steigerung  nur  unter 
Berücksichtigung  verwandter  Sprachen  aufstellen;  aber  weder  die 
Griechen  noch  die  Römer  haben  bei  der  Beschränktheit  ihrer  Sprachen- 
kunde dies  zu  thun  vermocht.  Nach  J.  Grimm  ergeben  sich  durch 
Vergleichung  mit  den  andern  indoeuropäischen  Sprachen  zwei  Bil- 
dungsreihen der  Steigerung,  die  nicht  blos  alle  sogenannten 
Ausnahmen  der  lateinischen  Sprache  erklären ,  sondern  auch  manche 
Lautbildungen  als  Steiger  nd  e  erkennen  lassen,  welche  die  lateinische 
Grammatik  als  solche  verkannte.    Die  zwei  Reihen  sind  folgende: 

Comparativus:  Superlativus: 

1)  S  (goth.  z  ,  später  r)  ST 

11)  R  M  (beide  verstärkt  =  T  +  R  u.  T  +  M).*) 


*)   Die   griechische   Sprache    folgt   beiden   Reihen,    beschränkt    der 


Die  Spraclivcrgleicluiiig  iiiul  der  Unleiricht  in  dci  Mullersprache.     53 

Dariiacli  ordnen  sich  die  Ladtverhältnisse  der  lateinischen  Sleiserunes- 
endungen  in  folgender  Weise: 

A)  C  Olli  pa  r  a  ti  vus  : 

a)  K  ^^  or,  ior;  niTn-or,  alt-ior. 

b)  T  +  H  =  ter  z.  B.  al-ter  (gr.  I'-te^o?,  goth.  aii-thar,  nhd.  ander); 
Bedeutung:  der  eine  von  zweien,  daher  die  comparalive  Endung  ; 
ferner:  mag-isfer  (=  ifjEvö-iGTSQog) ,  der  gröszere ,  gewalligere 
von  zweien:  l)  Befehlshaber,  2)  Gehorchende,  Diener;  min- 
ister der  kleinere,  geringere,  wiederum  von  zweien  =  l)  Diener, 
2)  Herr;  sin-isler,  dex  ter  von  den  zwei  Seiten  des  meiisch- 
licheti  Leibes.  Ebenso  comparativische  Positive  und  Präpositio- 
nen; ex-ter  (terus) ,  posterus;  in-ter  von  in  gebildet  =  drinnen 
zwischen  zweien;  ebenso  sub-ter,  in-tra,  ul-lra  ,  ex-tra  ,  wo 
überall  der  Begrilf  der  zwei  der  Bedeutung  d^r  Worte  zu  Grunde 
liegt. 

a)  geminiert:  R  +  R  z.  B.  sup-er-ior,  inf-er-ior;  ahd. 
inn-aro,  inn-ar-oro;  oder  TU  +  h  z.  ß.  ex-ter-ior,  in- 
ter-ior. 

B)  S  u  p  e  r  1  a  t  i  V  u  s : 

a)  Ein  f  a  ches  M  =  umus,  imus  z.  B.  post-umus  (oder  pos-tumus, 
so  dasz  es  unter  b  gehörte?),  min-umus,  min-imus;  inf  imus, 
sup-imus,  wofür  die  Verkürzungen  :  imus,  summus ;  ferner  pr-imus. 
Bedeutung:  wie  die  Ordinalzahl  für  die  zwei  eine  compara- 
tive  Endung  (al-ler,  e-zsQog,  goth.  an-thar)  verlangt,  so  die  Or- 
dinalzahl für  die  eins  eine  Superlative,  was  die  verwandten 
Sprachen  bestätigen  z.  B.  pr-imus,  TCQ-cozog  (:=:  jr^-oraTOg,  tiq- 
orEpog) ,  litth.  pir-mas ,  lett.  pir-ms,  goth.  lautverschoben 
fr-uma  (ahd.  nicht  M  ,  sondern  nach  Nr  I  ST  =  vur-ist  :=  nhd. 
Für-st).  Von  andern  Ordinalzahlen  gehören  hieher :  nov-imus 
(=  nonus),  skr.  nav-amas;  dec-imus,  skr.  dasamas. 

b)  M  verstärkt  durch  T  -=  tinius  z.  B.  op-timus,  ex-timus,  dex- 
timus,  ul-timus,  in-timus,  sop-timus  (eß-öo^og^  skr.  sap-tanias) ; 
oc-tavus  (?)  für  oc-timus,  skr.  asch-tamas. 

«)  Analoger  Lautwandel  des  T  in  S  (=:simus),  wie  z.  B.  im 
Supinum  tum:  sum  und  sonst  oft;  z.  B.  mag-sinius  (maxi- 
mus),  prop-sinuis  (proximus),  pessimus,  vic-e-simus,  tric- 
e-simus  usw. 

l)  assimiliert:  acer-simus ,  facil-simus   (=  acerri- 


uuter  Nr  I,  in  der  Regel  der  zweiten;  z.  B.  zu  I  raxitov  für  za%L003V 
{^(ioGcov,  ebenso  iiciGC<av,  ßdßocov,  naGOcov),  Tartaros;  v.ci%Lojv,  H«MK7roff, 
aQiGToq,  ßslTiOTOg;  zu  II  nur  verstärkt  TR  Tmd  TAI  :r=:  T?QOg,  rarog 
(für  T.aiiTog);  nur  der  Superlativ  dß-So^og  (=  iTt-roiiog),  lat.  sep-timus, 
skr.  sap-tamas  zeigt  .statt  des  jüngeren  raiirog ,  rarog  die  echte,  alte 
Form  TM,  uulienntlicher  auch  6y-doog  für  oy-öouog,  wie  skr.  asch-tamas 
zeigt.  Gerade  die  Formen  auf  tarog  und  öo^iog  .sind  uralt,  können  also 
unmöglich  Ausnahmen  —  da.s  lieiszt  doch  —  Neuerungen,  Abweichungen 
von  der  Regel  der  Sprache  selbst  sein. 


54     Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

mus,  facillimus),  super-rimus;  Zusammenziehungen: 
ex-fer-simus,  ex-ter-rimus  =  extrenuis ;  postreams, 
'  supremus. 

2)  geminie  rt:  R  -j-  Simus  =  ir-simus,  is-simus, 
nhd.  inn-er-ste  (nicht:  inn-ste),  all-issimus. 

Was  an  Einzelnheiten  hier,  wo  es  nur  auf  ein  Beispiel,  nicht  auf 
völlige  Erschöpfung  der  Sache  ankommt,  etwa  vergessen  wäre,  ist  bei 
J.  Grimm  oder  sicherlich  bei  den  Sanskritanern  zu  finden.  Bis  auf 
den  Superlativ  octavus,  dessen  seltsames  v  übrigens  J.  Grimm  in 
dem  slav.  Superlativ  per-vgi  ^=  pr-imus  aufgespürt  hat,  überall  in  den 
lateinischen  Steigerungsendungen  keine  Ausnahmen.  Nur  das  von  den 
Grammatikern  gerade  als  Regel  aufgestellte  issimus  einzig  und  aliein 
könnte  man,  wenn  man  wollte,  eine  Ausnahme  nennen;  sonst  ist 
der  übrige  Lautwandel  durch  ausreichende  Analogien  der  lateinischen 
und  der  verwandten  Sprachen  gedeckt.  Aber  auch  dieses  issimus 
findet  seine  ausreichende  Erklärung.  Alle  Sprachen  lieben  es  die 
Steigerung  des  Begriffes  lautlich  hervorzuheben,  sei  es  durch  Re- 
duplication  (Wirrwarr,  murmur)  oder  Gemination  (ex-ter-ior,  ahd. 
inn-ar-oro),  sei  es  durch  Wiederholung  der  Wurzel  (aller-aller-gol- 
denster).  Das  lateinische  ir-simus,  issimus  ist  aber  eine  solche,  und 
zwar,  wie  die  uralten  übrigen  Bildungen  daneben  bezeugen,  offenbar 
nicht  ursprüngliche,  sondern  erst  viel  später  durchgedrungene  Gemi- 
nation der  Endungen  des  Comparativus  (ir)  und  des  Superlativus 
(simus),  der  unsere  nhd.  Gemination:  inn-er-ste  am  nächsten  zu 
kommen  scheint.  —  Oft  bricht  in  dem  geschichtlichen  Verlaufe  der 
Sprache  ein  neuer  Bildungstrieb  hervor  —  hier  die  Vorliebe,  die 
Steigerung  des  Begriffes  durch  lautliche  Doppelung  zu  kennzeichnen; 
die  neugeschaffenen  Lautgebilde  (=  issimus)  überwuchern  dann  all- 
mählich die  alten  Spröszlinge  (al-ter,  mag-ister,  pr-imus,  inf-imus, 
op-timus,  sep-timus,  mag-simus)  und  diese  setzen  nun  als  Reste  des 
früheren  echten  Bildungstriebes  in  der  jüngeren  Zeit  der  Sprache  ihr 
Dasein  vereinzelt  und  kümmerlich  fort*).  Resultat:  es  gibt  keine 
Ausnahmen  in  den  Sprachen  in  dem  Sinne,  wie  siezeit- 
her  die  dolmetsch  ende  Methode  derSprachvergleichung 


*)  Selbst  in  der  Steigerung  der  Adjectiva  bonus,  melior,  optimus; 
aya&dg,  v.QSioacov ,  x^artöTOg;  gut,  besser,  beste  usw.  kaun  man  nicht 
regellose  Willkür,  d.  h.  Ausnahmen  finden.  Denn  einmal  folgen  die 
Endungen  den  oben  angegebenen  Bildungsreihen;  freilich  zeigt  keine 
lateinische  Form  dieser  Adjectiva  das  issimus;  aber  eben  dieser  Umstand 
ist  ein  klarer  Beweis  für  das  jüngere  Alter  dieser  Endung.  Was  die 
verschiedenen  Wurzeln  anbetrifft,  so  ist  ja  auch  diese  Thatsache 
durch  die  Analogie  der  Pron.  personal,  (ego,  mei,  nos),  des  Verb,  auxi- 
liare  (sum,  fui)  und  anderer  Verba  (fero,  tuli;  oqccco,  otpofiai,  eidov; 
goth.  gagga,  iddja)  vollständig  erklärt.  Endlich  wird  eine  Ausnahme, 
die  sich,  wie  hier  bei  diesen  Adjectivis  nicht  blos  durch  die  beiden 
alten,  sondern  durch  alle  deutsche  und  slavische  Sprachen  gleichmäszig 
hindurchzieht,  offenbar  zur  Regel  und  deutet  auf  einen  häufigeren  Ge- 
brauch in  der  gemeinsamen  Ursprache. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unlerrichl  in  der  Multersprache.    55 

a  u  f  g  e  f  a  s  z  t  hat;  die  Ausnahme  bedeutet  vielmehr,  wenn 
sie  nicht  wie  dann  jedesmal  nachzuweisende  Jlisbildung  enthält, 
gerade  die  ältere,  frühere  Hegel.  Soviel  vorweg  über  das 
Wort  'Au  s  nähme'. 

Wenn  der  Dolmetscher  und  das  zeitherige  Verfahren  der  Lexiko- 
graphen sich  darin  gleichen,  dasz  beide  die  Sprachvergleichung;  auf 
den  kleinsten  Kreis  einengten;  wenn  ferner  beide  Laut  und  Sinn  des 
Wortes  für  etwas  fertiges,  feststehendes,  nicht  für  etwas  werdendes 
hielten  und  demgemäsz  einseilig  und  willkürlich  ihre  Uegeln  bildeten 
und  alles  damit  nicht  übereinstimmende  durch  das  Wort  Ausnahme 
beseitigen  zu  können  glaubten,  so  gibt  es  auszerdem  einen  dritten 
noch  wichtigeren  und  zugleich  bedenklicheren  Punkt,  in  dem  beide 
zusammentreffen.  Der  Dolmetscher  ist  zufrieden,  wenn  er  das  was 
er  denkt  durch  das  zutreffende  Wort  der  fremden  Sprache  mö<>lichst 
genau  ausdrückt,  d.  h.  die  ße  d  e  ut  u  ng  ist  für  ihn  die  Haupt- 
sache, der  Laut  des  Wortes  die  Nebensache.  Trotz  aller 
nicht  zu  verkennenden  Leistungen  innerhalb  der  b  e  - 
e  n  g  e  n  d  e  n  S  c  h  r  a  n  k  e  n  i  s  t  a  u  c  h  tl  i  e  ä  I  f  e  r  e  L  e  x  i  k  o  g  r  a  p  h  i  e 
auf  diesem  Standpunkte  stehen  geblieben. 

Will  man  aber  zwischen  Laut  und  Bedeutung  einen  schärferen 
Unterschied  machen,  so  ist  gerade  der  Laut  der  wichtigere  Teil  de» 
Wortes.  Von  Sprache  kann  doch  im  Grunde  nicht  früiier  die  Kede 
sein,  als  bis  der  Gedanke,  in  Laute  gefaszt,  an  unser  Ohr  schlägt.  Die 
Quelle  der  Sprache  ist  einmal  der  in  uns  liegende  Trieb  der  Mitteilung 
nach  auszen,  sei  es  durch  Geberde  und  Laut  oder  durch  den  Laut 
allein;  dann  aber  die  vorausgesetzte  Gewisheit,  dasz  der  Laut  von 
unserer  Umgebung  ganz  in  dem  Sinne,  in  dem  wir  ihn  ausstoszen, 
werde  verstanden  werden.  An  diese  beiden  Bedingungen  sind  die 
ersten  Versuche  des  Kindes  im  Sprechen  gebunden,  unter  gleichen 
Bedingungen  alle  Sprachen  entstanden  und  individuell  nach  ver- 
schiedenen Hichtungen  gewachsen.  Sobald  das  Kind  Versuche  macht 
sich  durch  Laute  nach  auszen  mitzuteilen,  setzt  es  zugleich  das  Ver- 
ständnis derselben  bei  seiner  Umgebung  voraus.  Kann  es  über  die 
noch  ungeüblen,  ungeschmeidigen  Organe  nicht  Herr  werden ,  bringt 
es  den  beabsichtigten  Laut  entweder  gar  nicht  oder  falsch,  d.  h.  für 
seine  Umgebung  unverstandlich  —  heraus,  dann  bricht  es 
gewissermaszen  in  Verzweiflung  über  die  Ohnmacht  seinen  Willen 
durchzusetzen,  d.  h.  zu  sprechen,  in  heftiges  Weinen  aus.  Nicht  blos 
die  Kinder,  sondern  auch  manche  Erwachsene,  ja  ganze  Völker  ver- 
mögen es  aber  bei  mangelhafter,  energieloser  Uebung  einzelner  Sprach- 
organe überhaupt  nicht  gewisse  Laute  auszustoszen.  So  bilden  sich 
bei  Kindern  und  Erwachsenen,  welche  dieselbe  Sprache  sprechen, 
feinere  Lautunterschiede.  Diese  Lautunterschiede  treten  aber  in  an- 
dern verwandten  Sprachen  so  individuell  verschieden,  so  grell  hervor, 
dasz  ganze  Völker  solche  Laute  nicht  hervorbringen  können,  zu  deren 
leichtester  Erzeugung  andere  durch  energische  Uebung  von  Jugend 
auf  ihre  Sprachorgane  gewöhnt  haben.    Wir  Deutsche  z.  B.  vermögen 


56     Die  Sprachvergleichung'  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

die  vielen  Zischlaute  und  das  gestrichene  1  der  Slaven,  die  Chinesen, 
KafFern  und  Türken  das  R  entweder  gar  nicht  oder  wenigstens  nicht 
im  Anlaute  der  Worte  auszusprechen;  ja  viele  Völker  Polynesiens  be- 
sitzen in  ihrem  ganzen  Lautsysteme  überhaupt  nicht  melir  als  6  Conso- 
nanten.  —  Dasz  sich  so  schon  uranfanglicli  wie  in  der  Kindersprache 
so  in  der  Sprache  überhaupt  grosze  und  auffällige  Lautunterschiede 
bilden  musten,  liegt  klar  am  Tage;  dasz  Grammatik  und  Lexikographie 
auf  diese  Unterschiede  des  Lautes  von  vorn  herein  ihre  ganze,  volle 
Aufmerksamkeit  richten  müszen,  ist  ebenso  einleuchtend.  Trotzdem 
haben  aber  beide  zeilher  gerade  dem  andern  Teil  des  Wortes,  nem- 
lich  der  Bedeutung,  eine  so  grosze  Wichtigkeit  beigelegt,  dasz  der 
Laut  dabei  offenbar  zu  kurz  kommen  muste. 

Auch  die  Philosophie ,  sobald  sie  an  die  Lösung  des  Rätsels  von 
der  wunderbar  innigen  Verbindung  des  Lautes  und  Begriffs  in 
dem  Worte  mit  Hand  anzulegen  anfleng,  hat  die  Sachlage  nicht  ver- 
ändert. Weil  sie  zeither  in  gleicher  Weise  die  hohe  Wichtigkeit  des 
Lautes  verkannte  und  darum  unterschätzte,  so  sind  alle  Versuche 
einer  sogenannten  philosophischen  Grammatik  von  Aristoteles  an  bis 
auf  Bernhardy  und  F.  Becker  verfrüht  gewesen  und  darum  inislungen. 
Erst  jetzt,  wo  Lexikographie  und  Grammatik  anfangen  sich  über  die 
lautlich  so  verschiedenen  Sprachen  aller  Erdteile  auszudehnen  und 
einen  Umfang  gewinnen,  wie  ihn  die  Griechen  und  Römer  und  auch 
Becker  bei  seinen  ersten  philosophischen  Sprachstudien  nicht  ahnen 
konnten,  sammeln  sich  die  Thatsachen  so  massenhaft  an  und  bieten 
nach  allen  Seiten  hin  einen  so  reichen  Stoff,  dasz  die  Philosophie  nach 
der  bereits  vollzogenen  Erforschung  der  durch  die  Manigfaltig- 
keit  des  Lautes  bedingten  Gesetze  so  vieler  einzelner  Sprachen  mit 
der  Hoffnung  auf  Erfolg  daran  gehen  kann,  auf  die  Grundgesetze  und 
den  Ursprung  der  Sprache  überhaupt  Rückschlüsse  zu  machen. 

Das  Wesen  und  die  Eigentümlichkeit  des  Lautes,  dieses  einen 
Teiles  des  Wortes,  war  noch  nicht  unbefangen  genug  beobachtet, 
noch  lange  nicht  genug  erforscht,  als  F.  Becker  zu  seinen  philo- 
sophischen Werken  den  ersten  Grund  legte.  Es  war  natürlich  dasz 
er,  wie  alle  vor  ihm ,  auf  die  Bedeutung  des  Wortes  ,  auf  den  Be- 
griff,  den  Hauptaccent  legte  und  so  die  unterscheidenden  Merkmale 
verkannte,  die  gerade  dem  Laute  des  Wortes  eigentümlich  sind. 
Nach  ihm  decken  sich  Sprach-  undDenkgesetze  voll- 
ständig. Aber  dieser  oberste  Satz  hebt  im  Grunde  alle  lautlich- 
individuelle Entwicklung  der  Sprachen  auf  und  tritt  so  in  den 
grellsten  Gegensalz  zu  den  Thalsachen.  Das  System  dieses  Gramma- 
tikers ,  der  für  die  Lösung  eines  der  schwierigsten  Rätsel  die  beste 
Kraft  seines  Geistes  in  edlem  Ringen  nach  der  Wahrheit  eingesetzt, 
hat  ein  ganzes  Menschenalter  hindurch  in  hoher  Geltung  gestanden. 
Je  einseitiger  Jahrtausende  hindurch  die  Bedeutung  des  Wortes 
als  die  Hauptsache,  der  Laut  als  die  Nebensache  gegolten,  desto 
erklärlicher  ist  der  Beifall,  den  sein  philosophisches  System  -ge- 
funden. 


Die  SprachvergleicliiiDg  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.     57 

Es  ist  Dr  H.  S  tei  ntha  Is  Verdienst,  das  Spraclisystcni  Beckers, 
um  den  Laut  des  Wortes  in  das  ihm  gebärende  Hecht 
einzusetzen,  in  seinen  Grundfesten  zuerst  angegrilFen  und  er- 
schüttert zu  Iiaben;  vgl.  weiter  unten.  Durch  die,  um  es  mild  zu 
sagen,  unziemliche  Art  seines  Kampfes  gegen  diesen  Grammatiker  hat 
er  es  ührigens  selbst  verschuldet,  wenn  alle  sittlich  gebildeten  Ge- 
lehrten diesen  seinen  Sieg  nur  widerwillig  anerkennen.  Die  Anhänger 
Beckers  aber,  die  er  doch  vorzugsweise  widerlegen,  d.  h.  für  seine 
Ansicht  gewinnen  will ,  werden  seine  die  Sache  aufklärenden  Bücher 
unwillig  zurückweisen. 

Welche  Macht  der  Wahrheit  allein  innewohnt,  wie  siegreich  sie 
vordringt,  auch  wenn  sie  auf  die   Waffen   des  Spottes,  Hohnes  und 
Uebermuts  verzichtet  ■ —  das  wird  Herr  Dr  Stein thal  an  K.  W.  L. 
Hey  s  e's  jüngst  herausgegebenem  Werke:  ^System   der  Sprach- 
wissen seh  a  ft'  —    gewis  noch   zu   seiner  Freude  erleben.     Dessen 
Erscheinen  hat  er  nach  dem  Tode  des  Verfassers  nur  durch  eine  so  sel- 
tene aufopfernde  Hingabe  an  das  Werk  eines  Fremden  ermöglicht,  dasz 
man   sich  mit  ihm  wegen  des    unziemlich   geführten  Kampfes   gegen 
Becker  einigermaszen  sittlich  ausgesöhnt  fühlt.  —  Heyse  hat  aher 
in  seinem  Sprachsystem  den  Standpunkt  des  Dolmetschers,  den 
die  ältere  Sprachwissenschaft  unbewust  einnahm,   völlig  überwunden 
und  von  den  weitesten  Aussichten ,  wie  sie  die  dermalige  Sprachver- 
gleichung  in   reichster  Fülle    darbietet,  ausgehend,   gegenüber   dem 
minder  faszbaren  Teile  des  Wortes,  der  Bedeutung,  das  sinnliche, 
concrete ,  leichter  greifbare  Element  desselben,  den  Laut,  und  seine 
geschichtliche  Entwicklung,  den  Lautwandel,   in   sein  volles  Recht 
eingesetzt  und  so  ein  Sprachsystem  gegründet,  von  dem  G.  Curtius 
ganz  richtig  urteilt,  dasz  es  für  lange  Zeiten  maszgebend  sein  werde. 
Ist  aber  der  Laut,  wie  He  y  se  (S.  261)  ganz  richtig  bemerkt, 
in  dar  That  früher  da  als  der  Begriff,   entsteht  er  in  dem 
Kinde  schon  vor  aller  ßegriffsbildung  als  Ausdruck  der 
Empfindung  des  Begehrens,  so  erscheint  die  Grammatik, 
die  den  Laut,  mit  der  Lexikographie,  welche  die  Bedeu- 
tung   des   Wortes    feststellt,    gleich    berechtigt,   wenn 
nicht  gewichtiger;   beide   Wissenschaften    setzen   ein- 
ander gegenseitig   voraus.     Was  sich  aber  auf  einem   andern 
Gebiete  des  Wissens  ereignet,  dasz  man  bis  auf  die  neueste  Zeit  die 
Geographie  von  der  Geschichte,  mit  der  jene  innig  zusammen- 
hängt, lostrennte,  ganz  dasselbe  ist  auf  dem  Gebiete  des  Geistes  und 
der  Sprachen  mit  der  Grammatik  und  Lexikographie  geschehen. 
Laut   und  Bedeutung  des  Wortes  sind  aber  wie   Leib  und.  Seele 
innig  verbunden  —  es  konnte  daher  nicht  fehlen,  dasz  beide  Wissen- 
schaften, so  lange  sie  getrennt  gleichsam  nebeneinander  herliefen,  in 
der  Irre  giengen.    Nun  was  Carl  Ritter  für  die  Geographie  und  die 
Geschichte  gethan,   dasselbe  haben  W.  Humboldt,  J.  Grimm  und 
Bopp,  aufdie  Geschichte  des  Lautes  und  seinen  Wandel 
sich  stützend,  für  diese  zwei  Geisteswissenschaften  geleistet.    Bei- 


58    Die  Sprachvergleichung  und  der  Unlerricht  in  der  Mullersprache. 

des  groszartige  Leistungen  des  menschlichen  Geistes,  von  denen  es 
schwer  zu  sagen ,  welche  gröszer  —  die  eine  durchweg  gebärend 
geschätzt  und  längst  überall  maszgebend,  die  andere  trotz  ihrer  grosz- 
artigen  und  reichen  Ergebnisse  noch  wenig  anerkannt,  sogar  vielfach 
angezweifelt  und  nur  spärlich  von  den  beteiligten  verwerlhet  und 
benutzt. 

Aber  dies  kann  und  wird  nicht  mehr  lange  so  bleiben;  Behörden, 
Schule  und  Lehrer  mögen  sich  sträuben  wie  sie  wollen,  es  wird  allen 
nichts  helfen;  sie  werden  an  die  mächtig  herandrängende  neue  Sprach- 
wissenschaft nolentes  volentes  herantreten  miiszen.  Auch  die  Ritter- 
sche  Grundansicht  von  dem  innigen  Verhällnis  zwischen  der  Geographie 
und  der  Geschichte  halte  anfänglich  mit  der  Unkunde,  althergebrachten 
Vorurteilen  und  der  vis  inerliae  zu  kämpfen;  da  aber  ihr  Stoff  band 
greiflicher  ist,  gelangte  sie  eher  zum  Ziele  und  fand  bald  die  nötige 
Gunst  der  Schulbehörden,  die  zur  Verbreitung  neuer  wissenschaftlicher 
Ideen  nur  schwer  zu  entbehren,  jedenfalls  aber  ein  schnell  wirksames 
Hülfsmittel  ist.  —  Anders  mit  der  vergleichenden  Sprach- 
wissenschaft. Entweder  sind  die  Begründer  derselben  zu  bequem 
oder  zu  stolz  gewesen,  Gunst  und  Beihülfe  der  leitenden  Schulbehörden 
nachzusuchen,  oder  sie  haben  die  nachgesuchte  nicht  gefunden.  Dies 
zweite  wäre  übrigens  leicht  erklärlich.  Denn  wie  die  Lehrer  der  Gym- 
nasien aus  Vorliebe  für  die  hergebrachte  Methode  den  neuen  Ldeeii, 
schon  um  das  eigene  Besitztum ,  in  dem  sie  sich  zeither  so  sicher 
gefühlt,  zu  retten,  den  passiven  Widerstand  der  Gleichgültigkeit  und 
Trägheit  und  den  Zweifel  an  der  Sicherheit  und  der  Möglichkeit  der 
praktischen  Anwendung  dieser  neuen  Ideen  entgegensetzten  —  in  ähn- 
lichem Falle  befanden  sich  mit  dem  gesamten  Lehrstande  auch  die  lei- 
tenden Schulbehörden.  Ja  da  an  ihrer  Spitze  meist  Männer  in  älteren 
Jahren  standen,  deren  w^issenschaftliche  Vorbildung  in  die  Zeit  vor 
dem  Entstehen  der  neuen  Sprachwissenschaft  füllt,  so  ist  es  erklärlich, 
dasz  auch  sie  die  Schule  vor  vom  Lehrstande  noch  nicht  anerkannten 
Neuerungen  schützen  zu  müszen  für  ihre  Pflicht  hielten.  So  hat  denn 
die  vergleichende ,  historische  Sprachwissenschaft  bei  Behörden  und 
Lehrern,  um  es  deutsch  herauszusagen,  bis  heute  als  gelehrter 
Kram,  mit  dem  man  etwa  an  einer  Universität  Staat  machen  könnte, 
gegolten  und  ist  dies,  was  noch  übler  klingt,  wirklich  gewesen.  Denn 
gelehrten  Kram  musz  man  doch  jede  wissenschaftliche  Idee  nennen, 
die  in  sich  gar  nicht  die  Energie  trüge,  Gemeingut  der  beteiligten  zu 
werden;  jedenfalls  so  lange  hat  man  das  Recht  dazu  sie  so  zu  nennen, 
bis  sie  anfängt  sich  unter  die  beteiligten  zu  verbreiten.  Die  altklas- 
sische Philologie  aber  Miat  bis  jetzt  keinen  thätigen  Anteil  genommen, 
vielmehr  bald  nur  die  stumme,  gleichgiltige  Zuschauerin  gespielt, 
bald  das  ihr  nicht  zustehende  Amt  eines  richterlichen  Chorus  sich  an- 
gemaszt.'  Wenn  nun  jüngst  im  Gegensatze  dazu  Professor  Haase 
als  Präsident  der  Pliilologenversammluiig  zu  Breslau  vor  wesentlich 
dabei  beteiligten  Schulmännern,  meist  Gegnern  der  neuen  Ideen,  diesen 
das  Wort  geredet:  wenn  Dove,  unter  den  Berliner  Rectoren  irre  ich 


Die  Sprachvergfeichung  und  der  Unterriclit  in  der  Muttersprache.    59 

nicht  der  erste,  in  einer  Amtsrede  auf  die  Träger  der  neuen  Sprach- 
wissenschaft als  Zierden  seiner  Universität  im  besondern  hingewiesen 
—  so  sind  das  bedeutsame,  günstige  Vorzeichen,  dasz  die  gewaltige 
Strömung  der  historischen  Sprachvergleichung  die  eng  gezogenen 
Grenzen  der  zeitherigen  einseitig  dolmetschenden  Sprachwissenschaft 
zu  überfluten  beginnt  und  selbst  die  Aufmerksamkeit  und  Beachtung 
hervorragender  Männer  auf  dem  Gebiete  der  Naturkunde  bereits  auf 
sich  lenkt. 

Haben  H.  Steintlial  und  K.  W.  L.  Heyse  den  Laut  als  das 
jtQOXEQOv  (vgl.  weiter  unten)  in  der  Sprache  psychologisch  nachge- 
wiesen, so  war  vor  ihnen  auf  empirischem  Wege  die  historische  Sprach- 
forschung bereits  auf  dasselbe  Ziel  losgesteuert;  mit  aller  Macht  hatte 
sie  sich  auf  den  Laut  des  Wortes  geworfen,  von  einseitiger,  unhisto- 
rischer Betrachtung  seines  Wandels  in  einer  Sprache  von  vorn  herein 
ganz  absehend.  Was  die  historische  Sprachforschung  in  der  kurzen  Zeit 
weniger  Jahrzehende  geleistet,  ist  so  groszartig  und  staunenswerth, 
dasz  die  Abgunst,  auf  die  sie  bei  Behörden  und  Lehrern  zeither  ge- 
stoszen,  nur  durch  die  tausendjährige  Geltung  der  Methode  der  älteren 
Sprachvergleichung  erklärlich  wird.  Auch  waren  die  grundlegenden 
Werke  nicht  auf  sofortige  praktische  Anwendung  angelegt  und  be- 
rechnet; es  bedurfte  und  bedarf  auch  jetzt  noch,  um  die  Ergebnisse 
unter  den  beteiligten  einzubürgern,  der  Mitwirkung  pädagogi- 
scher Kräfte,  die  sich  erst  allmählich  bilden  und  schulen  müszen. 
Es  dreht  sich  hier,  wo  es  blos  darauf  abgesehen  ist  Schulmänner 
auf  die  Ergebnisse  der  historischen  Sprachwissenschaft  durch  Andeu- 
tungen und  Beispiele  aufmerksam  zu  machen  und  so  gleichgültige  oder 
Gegner  für  die  Sache  zu  gewinnen,  natürlich  im  wesentlichen 
blos  um  die  beiden  alten  und  namentlich  um  die  Mutter- 
sprache, für  welche  letztere  die  meisten  Vorarbeiten  in  mehr  oder 
minder  gelungener  Form  vorliegen,  so  dasz  sich  jetzt  auch  der  Auto- 
didakt auf  ein  eingehenderes  Studium  der  Grimmschen  Grammatik 
viel  leichter  als  früher  vorbereiten  kann.  Dasz  diese  Vorarbeiten  so 
lange  auf  sich  warten  lieszen  und  auch  jetzt  noch  bisweilen  nicht  so, 
wie  es  die  groszarfigste  Thatsache  der  Gegenwart  auf  dem  ganzen 
Gebiete  der  Geisteswissenschaften  erheischt,  beachtet  und  zu  prak- 
tischen Zweeken  verwandt  werden,  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  wie 
sie  bereits  vorher  angedeutet. 

Auszerdem  hat  J.  Grimm  selbst  gleich  beim  Beginn 
dieser  Studien  seiner  eigenen  Sache  durch  die  Bemer- 
kung geschadet,  dasz  deutsche  Grammatik  in  den  Gym- 
nasien nicht  brauche  gelehrt  zu  werden.  Durch  dieses  sein 
Wort  wurden  die  Lehrer  geirrt  und  die  Behörden  geneigt  die  neuen 
Forschungen  in  Bausch  und  Bogen  für  gelehrten  Kram  zu  halten  und 
die  Schule  vor  Neuerungen  so  bedenklicher  Art  zu  schützen  und  zu 
bewahren.  Aber. welche  deutsche  Grammatik  hat  J.  Grimm  ge- 
meint? Nun  —  doch  keine  andere,  als  die  er  in  den  Gymnasien 
etwa  vorfand.    Das  war  aber  keine  deutsche  Grammatik,  sondern 


60    Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Multersprache. 

lateinische  —  nur  so,  dasz  aus  ihr  die  lateinischen  Paradigmen 
weggelassen  waren.  Wozu  aber  in  aller  Welt  soll  der  Sextaner  ler- 
nen: der  Vater,  des  Vaters,  die  Väter  und  so  weiter,  bis  er 
auf  diesem  qualvollen  Wege  endlich  bei  dem  ungeheuerlichen 
deutschen  Futurum  exactum  *)  ankommt?  Das  weisz  er  ja  alles  ganz 
ebenso  gut  wie  sein  Lehrer  von  der  3Iutter  her.  Die  grammatischen 
Grundbegriffe,  die  Kunstausdriicke  soll  er  sich  nach  den  Lehren  der 
lateinischen  Grammatik  einprägen:  warum  zu  demselben  Zwecke  noch 
deutsche  Grammatik  treiben?  Oder  soll  er  lernen  die  Formen  der 
deutschen  Worte  sämtlich  in  Parade  aufmarschieren  zu  lassen,  so 
leisten  ja  schon  die  lateinischen  Paradigmen,  denen  die  deutsche  Ueber- 
setzung  beigefügt  ist,  ganz  denselben  Dienst.  Passend  erschiene  eher 
den  Sextaner  zu  zwingen ,  statt  eine  solche  Art  deutscher  Grammatik 
zu  lernen  lieber  selbst  eine  zu  machen.  Der  Sextaner  und  Quintaner 
könnte  mündlich  oder  schriftlich  alle  diese  Formen  aus  dem  Ge- 
dächtnisse selbst  aneinander  reihen,  oder  besser  noch  Sätze,  wie  er 
sie  oft  von  der  Mutter  gehört  hat,  bilden,  in  denen  alle  Formen  eines 
Wortes  vorkämen.  Fände  der  einzelne  für  diese  oder  jene  Form  kei- 
nen entsprechenden  Satz,  so  mögen  die  andern  nachhelfen;  die  ganze 
Klasse  brächte  mit  vereinter  Kraft  das  vollständige  Paradigma  der 
DecUnalion  und  mit  einiger  Beihülfe  auch  das  der  Conjugation  sicher- 
lich zu  Stande.  Das  wäre,  so  scheint  es,  eine  passende,  vielleicht 
auch  fördernde  Aufgabe  für  solche  Knaben.  Aber  das  Erlernen  sämt- 
licher Formen,  wie  sie  in  der  altern  deutschen  Grammatik  aufgezählt 
werden,  ist  widersinnig  und  verdummend;  denn  was  man  weisz,  das 
braucht  man  nicht  zu  lernen;  der  Knabe  musz  so  an  seinem  wohler- 
worbenen Wissen  irre  werden. 


*)  Was  würde  ein  Dienstbote  von  seinem  Herrn  denken,  der  so 
spräche:  'wenn  ich  den  Brief  werde  geschrieben  haben'  — 
oder  gar :  'wenn  der  Brief  von  mir  wird  geschrieben  worden 
sein,  so  wirst  du  ihn  auf  die  Post  tragen'??  Nun  da  er  mü- 
de uts  eh  reden  kann  und  deswegen  keine  fremde  Redeweise  kennt 
und  duldet,  so  wird  er  im  Stilleu  lachen  und  seinen  Herrn  für  eineu 
Deutsch  verdreh  er  halten,  wenn  er  nicht  gar  an  etwas  sclilimmeres 
denkt.  In  100  deutschen  Büchern  und  in  100  Jahren  wird  man  dieses 
Futurum  exactum  nicht  lesen  und  nicht  sprechen  hören;  der  unterzeich- 
nete wenigstens,  der  einige  Jahre  über  das  halbe  Hundert  hinter  sich 
hat,  erinnert  sich  nicht,  auch  nur  einmal,  wo  Deutsche  mit  einander 
redeten,  diesem  Ungeheuer  von  Tempus  begegnet  zu  sein.  Läszt  es 
sich  bei  unsern  Klassikern  dennoch  hie  und  da  auftreiben,  so  wollen 
wir  nicht  vergessen,  dasz  sie  alle  durch  die  lateinische  Schule  gegangen 
und  dieses  wunderliche  Tempus  nicht  aus  der  deutschen  Rede ,  sondern 
aus  der  lateinischen  Grammatik  in  Sexta  gelernt  haben.  Für  die  we- 
nigen Fälle,  die  z.  B.  Koch  (deutsche  Grammatik  S.  123)  aus  Schiller 
auftreibt ,  genügt  das  Praesens  oder  das  umschreibende  Perfectum  voll 
ständig.  —  Ungeheuerlicher  noch  ist  freilich  die  Form,  die  der  Knabe 
als  die  letzte  beim  lateinischen  Verbum  zu  lernen  pflegt;  denn  das 
Participium  '  ein  zu  lobender '  (laudandus)  ist  falsch  nach  der  Con- 
struction,  völlig  undeutsch  und  daher  dem  Manne  des  Volkes  ganz  un- 
bekannt und  unverständlich. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.      Gl 

Es  ist  nur  zu  leicht  erkliirlich,  wie  J.  Grimm  gerade  bei  seinen 
ersten  Forschungen  über  unsere  Muttersprache  ein  Grauen  vor  dem 
Betriebe  einpr  deutschen  Grammatik  überfiel,  die  vom  lateini- 
schen, also  einem  grundfalschen  Standpunkte  aus  alles  das 
erklärte,  was  für  den  Knaben  e  i  n  e  r  E  r  k  1  ä  r  u  n  g  durchaus 
nicht  bedurfte,  dagegen  alles  und  jedes  echtdeutsche,  was 
von  demselben  Gesichtspunkte  aus  dunkel  bleiben  muste,  ganz  un- 
erklärt rathlos  bei  Seite  schob.  Die  lateinische  und  —  in 
einem  Abstände  von  weit  über  2000  Jahren  —  die  neuhochdeutsche 
Sprache  sollten  sich  gleichen  wie  ein  Ei  dem  andern  und  beide  ganz 
mit  demselben  Masze  gemessen  werden.  Wo  war  hier  eine  Spur 
geschichtlichen  Sinnes,  als  ob  2000  Jahre  an  dem  Menschen  und  seiner 
Sprache,  wärend  alle  Dinge  im  ewigen  Wechsel  kreisen,  wandellos 
vorüberzögen.  Dunkel  erinnere  ich  mich  noch,  welch'  Kopfzerbrechen 
und  welches  Misbehagen  mir  die  Erlernung  des  laudavi,  laudavisti 
gegenüber  dem  deutschen :  Mch  habe,  du  hast  gelobt'  —  längere 
Zeit  verursacht  hat.  Welcher  Abstand  beider  Sprachen  ,  für  den  Ver- 
stand des  Knaben  unerfaszbar.  Er  findet:  ich  lob-e,  du  lob-est  neben 
laude,  laud-as  begreiflich;  aber  dasz  die  beiden  grundverschiedenen 
Perfecta  einander  decken  sollen,  wie  es  in  seiner  lateinischen  Gram- 
matik steht,  das  ist  für  ihn  ein  unlösbares  Kätsel.  Aber  die  frühere 
lateinisch-deutsche  Grammatik,  wie  sie  J.  Grimm  vorfand  — 
löste  sie  etwa  dem  Knaben  das  Rätsel?  Im  Gegenteil  rathlos  liesz  sie  das 
deutsche  Tempus  ganz  unerklärt  neben  dem  lateinischen  stehen.  Warum  ? 
Weil  sie  eben  in  der  lateinischen  Grammatik  keinen  Beirath  fand  oder 
vielmehr  diesen  zu  finden  zu  wenig  scharfsichtig  war.  Das  lateinische 
laudavi,  laudavisti  war  für  die  Erklärung  natürlich  ganz  untauglich, 
aber  anders  die  Wendungen :  teneo  avem  capfam  (ich  halte  den  Vogel 
gefangen-en),  murem  captum  (die  Maus  gefangene),  babeo  rem  ex- 
ploratam,  cognitam  (die  Sache  erforscht-e,  erkannt-e),  urbes  obsessas 
tenemus  (die  Städte  eingeschlossene);  vor  allem;  persuasum  habeo, 
von  welchem  neutralen  Gebrauche  im  Deutschen  die  Abschleifung  der 
Geschlechtsendungen  des  prädicativen  Accusativus  des  Participium  aus- 
gegangen ist.  Auch  der  Lehrer  des  Lateinischen  sollte  —  der  deut- 
schen Grammatik  und  der  Muttersprache  zu  Liebe  —  gerade  diese 
Phrasen  nicht  erst  in  Tertia  oder  gar  in  Secunda ,  sondern  schon  in 
Quarta  besonders  berücksichtigen  und  syntaktisch  erklären;  denn  so 
würde  er  den  Schülern  zeitig  den  Wahn  benehmen,  als  habe  diö 
deutsche  Sprache  wie  die  lateinische  sechs  Tempora,  wärend  sie 
nie  mehr  als  zwei  Zeiten  besessen  hat.  An  den  Beispielen  rem 
exploratam  ha  beo ,  hominem  captum  teneo,  denen  sich  die  fran- 
zösischen j'ai  aime,  aimee,  aimes,  aimees  =  habeo  amat-um,  am, 
OS,  as  von  selbst  zugesellen,  erkennt  schon  der  Schüler  in  den  mittlem 
Klassen*),   dasz  jenes    für  ihn  so  rätselhafte:  ich   habe,   du  hast 

*)  Der  Secundauer  mag-  dann  aus  seiner  deutsehen  Gram- 
matik dazu  lernen:  ahd.  er  hapet  in  ginoman-an  (habet  eum  captum), 
sia  ginoman-a   (eam   captam) ,    iz   ginoman-az    (id    captum)   usw.;    der 


62     Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

gelobt  kein  Perfeclum  vom  Verbnm  loben,  sondern  das  Praesens  von 
haben  ist.  Alles  historischen  Sinnes  bar  und  ledig,  wüsten  die 
deutschen  Grammatiker  nicht,  dasz  zue»st  die  Mönche  in  den  Klöstern, 
später  die  Lehrer  in  den  lateinischen  Schulen  für  die  Uebersetzung 
lateinischer  Schriften  ins  Deutsche  —  wol  noch  unter  Einwirkung  des 
Französischen  —  die  umschreibenden  Tempora  erst  erfunden  haben. 
Dasz  sie  von  dem  doppelten  Irtume,  einmal  dasz  alles,  was  in  der 
lateinischen  Grammatik  stehe,  genau  auch  in  der  deutschen  stehen 
müsze,  dann  dasz  die  deutsche  Sprache  nicht  geworden,  sondern  fix 
und  fertig  immer  so  wie  unsere  heutige  gewesen  sei,  ausgiengen  und 
demgemäsz  im  etymologischen  Teile  6  Tempora  aufstellten,  das 
ist,  so  wenig  die  neuhochdeutschen  und  lateinischen  Zeiten  zu  einander 
passen,  natürlich  und  wegen  des  falschen  Standpunktes,  den  sie  ein- 
nahmen, auch  erklärlich.  Wenn  aber  jetzt  noch  deutsche  Grammatiker 
der  historischen  Schule  alle  6  Tempora  der  Beihe  nach  gegen  Grimms 
Vorgang  in  den  etymol  ogis  chen  und  nicht,  wohin  die  umschrie- 
benen alle  gehören,  in  den  syntaktischen  Teil  der  Grammatik 
aufnehmen,  so  ist  dies  unbegreiflich  und  zu  tadeln.  Was  soll  dies 
Zugeständnis  an  die  lateinische  Grammatik?  Es  hilft  nur  die  Ansicht 
verbreiten,  als  habe  irgend  eine  deutsche  Sprache  mehr  als  2  Zeiten. 
Der  römische  Knabe  konnte  sein  laudavi,  isti,  it  auch  im  etymolo- 
gischen Teile  der  Grammatik  verstehen;  er  hatte  ja  Subject  und 
Prädicat,  die  Ergänzung  des  Objects  lag  nahe  und  war  leicht.  Anders 
im  Neuhochdeutschen.  Die  deutschen  mit  sein,  haben  und  werden  zu- 
sammengesetzten Tempora  bedürfen  einer  synta  k  ti  s  chen  Erklärung 
und  sind  im  etymologischen  Teile  dem  Knaben  jetzt  um  so  weniger 
verständlich,  weil  die  ältere  Endung  für  das  Geschlecht  (vgl.  in  der 
Note  das  Beispiel)  in  unserer  heutigen  Sprache  ganz  abgeschliffen  ist. 
Von  einer  solchen  Art  deutscher  Grammatik  in  den  Gymnasien 
wollte  .1.  Grimm  nichts  wissen  und  der  Himmel  schütze  unsere  Ju- 
gend für  immer  davor.  Aber  das  alte  Vorurteil,  die  Sprache  für  etwas 
fertiges,  nicht  für  etwas  gewordenes  zu  halten,  weicht  immer  mehr 
dem  historischen,  vergleichenden  Verfahren;  Grammatik  und  Lexiko- 
graphie, Laut-  und  Bedeutungslehre  durchdringen  sich  einander  immer 
inniger  und,  was  wenigstens  die  Muttersprache  betrifft,  könnte  nur  die 
ärgste  Unwissenheit  und  der  Unverstand  es  wagen,  mit  einer  deutschen 
Grammatik,  die  auf  die  Geschichte  der  Sprache  gar  keine  Rücksicht 
nähme,  hervorzutreten  oder  sie  Schülern  aufzudrängen.  Aber  wenn 
unsere  Schüler  aus  der  alten  lateinisch -deutschen  Grammatik  statt  zu 
lernen  unzählige  Irtümer  einsaugen  musten,  wollen  wir  sie  ohne  alle 
Einsicht  in  die  Methode  der  vergleichenden  historischen  Sprachwissen- 
schaft aus  der  Schule  in  das  Leben  hinauslassen,  damit  sie,  wenn  nach 


Primaner  endlich  ersieht  aus  dem  goth.  ina  nam,  eura  cepi,  ina  namt, 
eum  cepisti,  ina  nam,  eum  cepit,  ina  nemum,  eum  cepimus  usw.,  dasz 
es  nie  mehr  als  zwei  Zeiten  gegeben  hat;  denn  der  gothischen  Sprache, 
also  gerade  der  ältesten  unter  allen  deutschen,  fehlen  alle  diese  um- 
schriebenen Tempora  des  Activum. 


Die  Sprnchverg'loichnnff  und  dor  Unterricht  in  der  Miillerspracho.     63 

kurzer  Zeit  die  neue  Lehre  völlig  durchdringt,  verblülTt  dastehen  und 
kopfscheu  nicht  wissen,  wie  sie  dann  als  Autodidakten  die  nicht  mehr 
von  der  Hand  zu  weisende  Sache  angreifen  sollen  und  vom  ABC  an 
bis  zur  verwickeltsten  syntaktischen  Construclion  eine  unverantwort- 
liche Unkuiide  an  den  Tag  legen. 

Absichtlich  sage  ich:  vom  ABC  an  und  nehme  gerade  dies  als 
Beispiel  heraus,  weil,  wer  das  ABC  seiner  Muttersprache  nicht  kennt, 
doch  wahrlich  nicht  behaupten  darf,  es  sei  um  seine  Einsicht  in  die 
Grammatik  derselben  wolil  beslellt.  Die  Frage  ist  nun  hierbei 
nicht  diese:  willst  du  die  Grimm 'sehe  Orthographie  annehmen 
oder  als  Neuerung  verwerfen  und  beim  Alton  bleiben?  Das  ist  in 
jedes  Belieben  gestellt;  die  Neuerung  darf  nicht  anbefohlen  werden, 
sie  musz  sich  trotz  der  groszen  Hindernisse,  welche  ihr  Unkunde  und 
Trägheit  entgegenstellen,  jedenfalls  selbst  helfen.  Die  Sache  steht 
aber  ganz  anders.  Wer  nemlich,  ohne  von  der  Grimm'schen 
Grammatik  Kenntnis  zu  nehmen,  bei  der  allen  Orthographie  bleibt, 
der  weisz  überhaupt  wenig  oder  nichts  vom  deutschen  ABC;  es  klingt 
sonderbar,  ja  anmasziich,  aber  trotzdem  ist  es  buchstäblich  wahr. 
Wiederum  ist  auch  hier  ein  Haupthindernis  der  richtigen  Erkenntnis 
die  Vorliebe  für  die  lateinische  Grammatik;  was  diese  von  den  Buch- 
staben ihrer  Sprache  lehrt  oder  nicht  lehrt,  ganz  dasselbe  soll  die 
deutsche  Grammatik  tbun  oder  lassen.  Dazu  tritt  der  Aberglaube  an 
die  Möglichkeit,  Natur  und  Wesen  der  deutschen  Buchstaben  ohne 
geschichtliche  Vergleichung  verstehen  und  feststellen  zu  können,  als 
wäre  unsere  Sprache  nicht  allmählich  geworden,  sondern  immer  so 
wie  heute  fix  und  fertig  gewesen.  Die  Folge  davon  ist:  die  Gegner 
sehen  in  der  Grimm'schen  Orthographie  eine  Neuerung,  wie  sie 
viele  andere  —  aber  ohne  alle  und  jede  nötige  Vorbildung  und  Be- 
rechtigung —  auch  vor  J.  Grimm  gewagt  haben.  Die  grammatische 
Begründung  unserer  Rechtschreibung  ist  aber  zeifher  grundsatzlos  ge- 
wesen und  muste  es  sein,  weil  sie  keine  geschichtliche  Grundlage 
hatte.  Die  Grimm'sche  Orthographie  ist  aber  keine  willkürliche 
Neuerung,  sondern  ein  auf  neu  entdeckten  groszartigen ,  zwingenden 
Gesetzen  beruhendes  System.  —  Und  doch  glauben  alle,  die  auch  nur 
die  Stadtschule  durchgemacht  haben,  über  Orthographie  mitsprechen 
zu  dürfen. 

Aber  da  stoszen  sie  in  der  neuen  deutschen  Grammatik  gleich 
im  Anfange  auf  den  ebenso  knappen  als  inhaltschweren  Satz:  die 
Kurzen  a,  i,  u  bilden  die  Grundlage  aller  deutschen  (ja 
aller  indo-enropäischen)  Vocale.  Dieser  Satz,  der  ebenso  gut  in  die 
lateinische  Grammatik  gehört,  stand  früher  weder  in  dieser  noch 
in  der  lateinisch-deutschen.  Er  musz  dem  Unkundigen  auf  den  ersten 
Anblick  inhaltleer,  unnütz,  ja  grundfalsch  erscheinen  —  und 
doch  bildet  er  in  Betreff  des  Vocalismus  für  die  deutsche  Grammatik 
und  Lexikographie,  also  natürlich  auch  für  das  ABC,  eine  der 
vi'esentlichsten  Grundlagen.  Was  soll  das  heiszen?  —  werden  sie 
fragen;  wozu  dieser  allgemeine,  inhaltloere  Satz  noch  dazu  an  der 


64    Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

Spitze  der  ganzen  Lehre  vom  ABC?  Ist  er  aber  nicht  auch  grund- 
falsch? Wo  bleibt  denn  unser  nhd.  Lieblingsvocal?  Wie  sollte  nicht 
gerade  das  E,  nach  dem  ja  Jean  Paul  mit  richtigem  Gefühle  für  den 
Wohllaut  unsere  Sprache  eine  E-E-E-Sprache  genannt  hat' —  wie  sollte 
dieser  beliebte,  durch  die  nhd.  Rede  weit  verbreitete  Vocal  nicht 
ursprünglich  sein?  Zweifelnd  oder,  wie  es  meist  zu  geschehen  pflegt, 
gerade  in  ihrer  Unkunde  sicher,  werden  sie  uns  den  nhd.  Satz  ent- 
gegenhalten :  ^  e  r  weckte  d  e  n  e  b  e  n  g  e  n  e  s  e  n  e  n  e  I  e  n  d  e  n  M  e  n  - 
sehen'  —  und  lachend  fragen,  wo  bleibt  denn  da  deine  Grundlage 
der  Vocale,  dein  a,  i,  u,  das  du  so  seltsamerweise  an  die  Spitze  der 
Lehre  vom  ABC  stellst?  Hier  hast  du  ja  einen  ganzen  vollen  Satz  und 
kein  einziges  a,  i,  u,  sondern  nicht  mehr  und  weniger  als  15  E-Laute, 
einen  neben  dem  andern. 

Statt  etwa,  wie  sie  ja  sonst  lieben  —  und  was  hier  einmal  ganz 
passend  wäre  —  die  Sache  von  dem  lateinischen  Standpunkte  aus  zu 
betrachten  und  Grammatik  und  Wörterbuch  zu  befragen,  ob  ein  latei- 
nischer Satz  mit  so  vielen  E-Lauten  ('is  inforlunatum  viriini,  vix  dum 
sanatum,  somno  suscitavit'  —  also  auch  nicht  ein  E!)  irgend  möglich 
sei ,  und  gerade  dadurch  an  der  Natur  dieses  deutschen  Vocals  irre 
und  stutzig  zu  werden,  fühlen  sie  keine  Veranlassung  sich  darum  zu 
bekümmern,  wie  und  woher  im  auffälligsten  Gegensatze  zufallen 
verwandten  Sprachen  diese  Unmasse  von  E-Lauten  in  unsere  nhd. 
Sprache  hereingeschneit  sei  und  ob  sie  wirklich  alle  1)  gleich,  alle 
2)  ursprünglich.*)  Natürlich  wer  die  tief  eingreifenden,  zum  Teil 
alle,  zum  Teil  die  jüngeren  deutschen  Sprachen  beherselieuden  Gesetze 
l)  des  Ablauts,  2)  der  Brechung,  3)  der  Schwächung  und 
des  Umlauts  nicht  kennt —  Gesetze,  die  für  tausende  von  deut- 
schen Worten  und  ihren  Lautgehalt  die  gemeinsame  Regel  in  sich 
fassen  und  die  Grundlage  des  deutschen  Vocalismus,  also  auch  das 
ABC  bilden  —  wer  diese  Gesetze  nicht  kennt,  dem  bleibt  diese  Un- 
zahl von  E-Lauten  nach  Ursprung  und  Eigentümlichkeit  völlig  unbe- 
greiflich. —  Der  Gegner  mag,  wenn  er  Lust  hat,  an  seiner  Unkunde 
festhalten,  aber  über  deutsche  Orthographie  mitzureden,  hat  er  auch 
nicht  das  entfernteste  Recht;  thut  er  es  dennoch,  nun  so  werden  seine 
Behauptungen  bei  seiner  Unkunde  der  eben  genannten  Gesetze  meist 
eben  so  irrig  als  anmaszend  sein. 

Diese  vielen  E-Laute,  zu  denen  in  der  nhd.  Schrift  noch  das 
zweite  dem  Laute  nach  nicht  verschiedene  Zeichen  ä  (mhd.  durchweg 
e  geschrieben)  hinzutritt,  stehen  nicht  blos  im  ABC;   sie  treten  dem 

*)  NHD.:  Er  —  weckte  —den  —  eben  —  genesenen— elenden— Menschen. 
Goth.:  Is  — vakida  — thana'-(ibns)  — ganisana  — (alilanti)— (manisks). 
Die  zweite  Reihe  beweist,  dasz  auch  nicht  e'in  E-Laut  in  dem  nhd.  Satze 
ursprünglich  ist;  sie  sind  sämtlich  durch  Brechung,  Umlaut  und 
Schwächung  aus  den  ursprünglichen  i  und  a  hervorgegangen.  NB. 
alid.  alilanti,  elilenti,  mhd.  eilend,  nhd.  elend  =  1)  ^andersländisch', 
exul,  2)  miser;  goth.  manisks  =  nhd.  menschlich,  ahd.  meuisco  = 
nhd.  Mensch;  goth.  adjectivum  ibns  =  nhd.  eben,  wovon  auch  n-eben 
c=  ahd.  in  epan. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mutlersprache,     65 

Unkundigen  überall,  bei  der  Declination,  Comparaliou,  Conjugalioii 
und  üerivation  störend  und  unbegreiflich  in  den  Weg.  Sie  sind  aber 
sämtlich,  wie  schon  angedeutet,  nicht  ursprünglich,  sondern  aus  A 
oder  I  entstanden.  *)  —  Was  sollte  ferner  der  Lexikograpli  mit  allen 
diesen  vielen  E  anfangen,  wenn  er  seine  Thäligkeit  von  der  Grammatik 
und  ihrer  Hauptregel  für  den  Vocalismus :  'die  Kürzen  a,  i,  u  bil- 
den die  Grundlage  aller  deutschen  Vocale'  —  loslösen  und 
nacli  eigenem  Belieben  wie  zeither  verfahren  wollte.  Tausend  Einzeln- 
heiten würde  er  ohne  die  Kenntnis  dieses  und  ähnlicher  gleich  wichtiger 
Sätze  der  Grammatik,  die  alle  zum  deutschen  ABC  gehören,  unerklärt 
lassen  nuiszen  und  überall  den  Faden  verlieren  ,  der  ihn  durch  das 
Labyrinth  der  deutschen  Lautgehilde  zu  führen  allein  geeignet  ist. 
Nur  die  hohe  Wichtigkeit  dieser  Gesetze  und  der  innige  Zusammen- 
hang der  zeither  leider  von  einander  gelrennten  Wissenschaften  der 
Grammatik  und  Lexikographie  erklären  z.  B.  die  Artikel  A  und  E  (und 
in  gleicher  Weise  auch  die  Artikel  von  den  Consonanten  B  und  D) 
in  dem  Wörterbuche  der  Gebrüder  Grimm.  Der  Unkundige  wird 
über  Inhalt,  Uinfang  und  Form  dieser  vier  Artikel  staunen  und,  weil  er 
die  den  manigfaltigsten  Lautwandel  erklärenden  deutschen  Grundge- 
setze nicht  kennt,  ferner  auch  weil  er  ähnliches  in  seinem  lateinischen 
Lexikon  nicht  findet,  die  Zweckmäszigkeit  der  Fassung  derselben  in 
Frage  stellen,  an  ihrem  Verständnisse  verzweifeln  und  so  das  Buch 
vielleicht  für  immer  zumachen.  Dieses  wäre  leicht  erklärlich,  aber 
auch  ebenso  bedauerlich  in  der  Wirkung,  da  sich  unzählige  andere 
gerade  auf  diese  vier  Artikel  zurückbeziehen. 

Nun  es  gilt  hier  nicht  eine  deutsche  Grammatik  zu  schreiben,  son- 
dern das  völlig  unzulängliche  Verfahren  der  lateinisch-deutschen 
Grammatik  durch  einzelne  Andeutungen  klar  vor  Augen  zu  legen; 
darum  nur  noch  ein  Beispiel  aus  dem  ABC.  In  dem  ABC  der  altern 
Grammatik  stand  eine  Aspirata  Th ;  aber  läszt  man  einen  dieses  Th 
aussprechen,  so  hört  auch  das  feinste  Ohr  eine  blosze  Tennis;  thun 
klingt  ganz  wie  tun.  Wo  also  über  diese  Muta  Aufklärung  suchen? 
Die  früheren  Grammatiker  giengen,  wie  die  Katze  um  den  Brei,  so  um 
dieses  Th  herum  und  hielten  entweder  Schweigen  für's  beste,  oder  was 
sie  lehrten  war  grundfalsch.  Wer  sich  darüber  belehren  will,  was  sie, 
ohne  den  Nagel  auf  den  Kopf  zu  treffen,  über  dieses  Th  hin  und  her 
redeten,  der  findet  dies  bei  Dr  G.  Michaelis  (das  Th  in  der  deut- 
schen Rechtschreibung.  Berlin  1860)  übersichtlich  zusammengestellt. 
Der  Unkundige  wird  sich  nun  wundern,  wenn  J.  Grimm  in  seiner 
Grammatik  sagt:  du  brauchst  ja  nur  die  gri  echi sehe  Sprache  wegen 
dieses  nhd.  Th  um  Rath  zu  fragen;  die  gibt  dir  eine  so  befriedigende 


*)  1)  Gebe,  gibt,  Gift;  trete,  tritl,  Tritt;  schlecht,  schlicht;  Erde, 
irdisch;  2)  i3etzen:  Satz  dicht  neben  .schätzen  (ä  =  e) :  Schatz;  rennen, 
rannte;  senden,  sandte;  setzen:  Luther  'die  Jünger  entsatzten  sich'; 
Ann,  Ermel;  alt,  älter,  Eltern;  Hand,  Hände,  behende;  Vater,  Väter, 
Vetter;  Mann,  Männer,  Mensch  usw.  Also  überall  kein  ursprüngliches 
E ,  sondern  in  allen  Beispielen  entweder  i  oder  a. 

.  N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  11.  Abt.  1861.  Hft  2.  5 


OG    Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

Antwort,  dasz  über  die  Natur  dieser  Mula   kein  Zweifel   übrig  bleibt. 
Das   Gesetz  der  Lautverschiebung  beweist  nemlich   in   überzeu- 
gendster Weise,   dasz  dieses  nhd.  Th  keine  Aspirata,   sondern  eine 
Tenuis  ist,  z.  B.  &vy(XT7jQ,  goth.  dauhtar,  nhd.  Tochter;  ebenso  &vqix, 
golh.  daur,  nhd.  Tor,  Tür  (Thor,  Thür?),  'Q'iiQ,  goth.  dius,  nhd.  Tier 
(Thier?).     Der  Unkundige    wird    sagen:    sonderbar  —    wegen    des 
deutschen  Buchstabens  soll  ich  die  grie  chi  s  c  he  Grammatik  um 
Rath  fragen.    Die  Sache  ist  aber  umzukehren  und  vielmehr  zu  fragen; 
warum  fehlt  dieses  so  hochwichtige  Gesetz  von  der  Lautverschie- 
bung, das  seinem  Wesen  nach  durchaus  kein  einseitig  deutsches  ist 
und,  irre  ich  nicht,  den  Hauplaiislosz  zu  der  gänzlichen  Umänderung 
der  Sprachwissenschaft  gegeben  hat,  immer  noch  in  den  lateinischen 
und  griechischen  Grammatiken  für  die  obern  Klassen  der  Gymnasien, 
wohin  es  durchaus  gehört,  wenn  unsere  Schüler  die  Verwandtschaft 
aller  drei   Sprachen  begreifen  und  selbst  nachweisen  lernen  sollen? 
Wie  man  hier  nach  der  griech.  Aspirata  &  die  nhd.  Tenuis  T  sicher 
feststellen  kann,  ebenso  lassen  sich  ja  aus  den  deutschen  Buchstaben 
auf  Laut  und  Bedeutung  lateinischer   und  griechischer  AVorte  sichere 
Rückschlüsse   machen.  —  Diese  zwei  Beispiele  aus  dem  ABC  mögen 
genügen.    Ehe  die  Rede  aber  von  der  Sache  abkommt,  wäre  noch  ein 
Punkt  zu  erörtern,  auf  den  ich  namentlich  den  für  Vereinfachung  der 
Orthographie  so  rastlos  kämpfenden  Hrn  Dr  G.  3Iichaelis  in  Berlin 
aufmerksam  machen  möchte,    falls  ihm  diese  Zeilen  etwa   zu  Gesicht 
kämen.     Für  Unkundige  zunächst  diese  Bemerkung:  J.  Grimms  ge- 
schichtlich begründetes  deutsches  Buchstabensystem  enthält  durchweg 
Vereinfachungen  unserer  Rechtschreibung,  welche  allesamt  dem  Kinde 
und  Ausländer  das  Lesen  und  Schreiben  erleichtern.    Hr  Michaelis 
betont  auszer  den  Vorteilen  für  die  Stenographie,  die  sich  aus  diesen 
Vereinfachungen  ergeben,   die  pädagogischen,   und  zwar  mit  Recht. 
Aber  die  Sache  hat  noch    eine    andere  Seite  und  erregt    ein   staals- 
männisches   Interesse,  wahrlich  nicht  zu  klein,  dasz  es  der  Minister 
der  Schulangelegenheiten  selbst  des  gröszten  Staates  unbeachtet  lassen 
dürfte.  — ■  Gelehrte  gibt  es  in  sehr  vielen  Staaten,  auch  in  denen,  wo 
die  Masse  des  Volkes  noch   ganz  ungebildet  und  roh  ist.     Von  Ge- 
lehrten ist  also  hier  nicht  die  Rede.     Für  alle  aber  bildet  Lesen  und 
Schreiben  die    erste  Bedingung   höherer  Bildung.     Soll   ein  Volk  in 
Masse  aus  der  Unkultur  herauskommen,  so  musz  es  mit  der  Erlernung 
des  ABC  beginnen,  um  dann  zum  Schreiben  fortzuschreiten.    Neben 
uns  Deutsche  können   sich  nun    unter   den  europäischen   Völkern    in 
BetreiT  der  Bildung  der   Gesamtmasse   des  Volkes  nur  die  Franzosen 
und  Engländer   stellen.     Aber  Volkszählungen,  Soldatenlisten,  stati- 
stische Uebersichten   ergeben,  dasz   lange  nicht  soviel  Franzosen  und 
Engländer  lesen  und  noch  viel  weniger  lesen   und  schreiben  können 
als  Deutsche.     Offenbar  mögen  hier  andere  Verhältnisse  mitwirken; 
der  Hauptgrund  des  Unterschiedes  liegt  aber  in  den  groszen  Schwierig- 
keiten, die  dem  Franzosen  und  Engländer  seine  Orthographie  verur- 
sacht und  ihn  namentlich  nötigt  viele  Buchstaben,  als  stumme,  nicht 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.     67 

zu  lesen,  aber  doch  zu  schreiben.  ■ —  In  England  haben  sich  Minister 
der  auswärtigen  Angelegenheiten  sogar  gemüs/.igt  gesehen,  diploma- 
tischen Agenion  bei  anderweitiger  Befähigung  die  Sicherheit  in  der 
Uechtschreibung  nachzusehen.  Warum  diese  beiden  Sprachen  eine  viel 
schwierigere  Orthographie  haben,  ist  hier  nicht  zu  erörtern.  Mögen 
beide  Völker  all  ihren  Scharfsinn  daransetzen,  wie  es  in  England  z.  B. 
Pitman  und  andere  thun,  um  sie  zu  vereinlachen,  damit  nicht  die 
grosze  Masse  ihrer  Landsleute  von  der  ersten  Bedingung  der  Bildung, 
der  Kenntnis  des  ABC,  für  immer  ausgeschlossen  bleibe.  Aber  auch 
bei  uns  Deutschen  —  ist  denn  unsere  zeitherige  Orthographie  so 
überaus  einfach  und  leicht,  so  ganz  frei  von  unnützen  Buchstaben, 
dasz  sie  das  Lesen  und  Schreiben  zum  allerleichtesten  Kinderspiele 
machte?  Oder  quälen  nicht  vielmehr  die  Lehrer  der  Stadt-  und  Dorf- 
schule die  Kinder  mit  einer  groszen  Zahl  unnützer  Schriftzeichen,  mit 
dem  Erlernen  vieler  Regeln  und  hinterher  gleich  wieder  vieler  'Aus- 
nahmen', so  dasz  die  Kinder  darüber  zum  Teil  verdummen,  im  besten 
Falle  die  willkürliche  Regel  mit  der  Ausnahme  lernen,  um  sie  nach  der 
Schulzeit  sofort  wieder  zu  vergessen.  Scheuen  sich  denn  nicht  sehr 
viele  Leute  aus  dem  Volke  auch  nur  einen  Zettel,  eine  Quittung,  einen 
Brief  zu  schreiben,  und  zwar  aus  lauter  Angst,  ob  sie  die  vielen  ortho- 
graphischen Regeln  nicht  längst  vergessen?  Wie  leicht  wird  es  ihnen 
durch  die  Grimmische  Orthographie  gemacht.  Sie  brauchen  dann 
nicht  mehr  gegen  ein  Grundgesetz  des  Geistes,  die  Analogie,  anders 
zu  schreiben  als  sie  hören  und  nicht  gegen  den  Reim  bei  ihrem  Schrei- 
ben zu  verstoszen  (warum  ohne:  schone,  lohne?  wahr:  zwar?),  der 
doch  für  die  ganze  Orthographie  das  wesentlichste  Kriterium  bildet. 
Wie  lange  freilich  der  alberne  Satz  noch  walten  wird,  gleich- 
klingende Worte  von  verschiedener  Bedeutung  müszen  ver- 
schieden geschrieben  werden,  so  lange  wird  man  die  Kinder  mit 
diesen  unnützen  ganz  regellos  und  willkürlich  gebrauchten  aa,  ee, 
00,  ah,  eh,  oh,  uh,  ih,  ieh  neben  den  einfachen  Vocalen  quälen,  das 
in  ihnen  liegende  Gesetz  der  Analogie  von  Jugend  auf  beirren  und 
schwächen  und  durch  Verletzung  der  Forderungen  des  für  die  Ortho- 
graphie maszgebenden  Reimes  ihren  Sinn  für  Wohllaut  ersticken. 
Wahrlich  für  jeden  Staatsmann,  der  auch  für  seinen  ungebildeten, 
aber  bildungsfähigen  Iiandsmann  aus  den  unteren  Schichten  des  Volkes 
ein  warmes  Herz  in  seinem  Busen  schlagen  fühlt  —  für  jeden  Staats- 
mann dieser  Art  liegt  hier  noch  ein  gut  Stück  Arbeit  vor  —  ganz 
geeignet  die  Bildung  aus  den  obern  Klassen  immer  mehr  auch  in  die 
untern  zu  verbreiten  und  so  das  eigene  Vaterland  andern  Völkern  als 
Muster  und  Vorbild  voranleuchten  zu  lassen. 

Aber  die  Schulbehörden  —  was  sollen  sie  von  diesem  staats- 
männischen Standpunkte  aus  thun?  Etwa  die  Vereinfachung  der  Ortho- 
graphie anbefehlen?  Gewis  nicht;  das  wäre  bei  der  Zerrissenheit 
Deutschlands  unzweckmäszig  und  kaum  erfolgreich,  wie  z.  B.  die 
Anordnungen  der  hannoverschen  Behörden ,  die  nur  nach  einzelnen 
Richtungen  hin  befriedigen  und  durch  gegenseitige  Nachgiebigkeil  der 

5* 

/ 


6S    Die  Sprachvergloichnng  und  der  Unlerriclit  in  d(>r  Muttersprache. 

Feststeller  zu  Stande  gekommen  sind,  gonngsam  dnriliun.  Was  not- 
tluil,  so  sclieint  es,  ist  dies  :  d  io  13  eh  ö  rd  en  sollen  dieCandi- 
dalen  zwingen,  in  derhislorisclien  deutschen  Grammatik 
zugleich  mit  Berücksichtigung  altdeutscher  Schriften 
eine  Prüfung  abzulegen,  die  jüngeren  Lehrer  an  Gym- 
nasien und  Realschulen  zur  N  a  c  h  h  o I u  n  g  des  versäumten 
einladen  und  die  älteren,  die  zur  Selbstbelchrung  in  sich  keine 
Veranlassung  fühlen,  e  i  n  s  t  w  ei  1  e  n  ge  w  ä  hr  en  lassen.  Denn  wer 
in  die  historische  deutsciie  Grammatik  auch  nur  einige  Einsicht  be- 
sitzt, für  den  ist  das  ganze  morsche  und  schwankende  Gebäude  un- 
serer zeitherigen  Orthographie  bereits  zusammengebrochen.  So  wür- 
den unter  Hinzutritt  pädagogischer  Kräfte,  die  zur  Verbreifung  der 
Lehren  der  vergleichenden  Sprachwissenschaft  unumgänglich  notwen- 
dig sind,  die  neuen  Ideen  und  die  reichen,  groszartigen  Ergebnisse 
derselben  b;ild  aufliören  für  gelehrten  Kram  zu  gelten  und  immer  mehr 
Raum  unter  den  beleiligten  Schulmännern  gewinnen,  bis  sie,  was  we- 
nigstens die  Vereinfachungen  unserer  Rechtschreibung  betrifft,  zur 
wesentlichen  Erleichterung  der  Lehrer  und  zum  reichsten  Segen  der 
Kinder  in  die  Stadt-  und  Dorfschule  eindringen.  Art,  Masz  und  Um- 
fang dieser  Vereinfachungen  wird  auch  ohne  die  Behörden,  ja  im 
äuszersfen  Notfalle,  was  zu  bedauern  wäre,  gegen  sie  unter  Mitwir- 
kung der  durch  die  Prüfung  der  Candidaten  neu  gewonnenen  pädago- 
gischen Kräfte  die  Folgezeit  bestimmen  und  festsetzen.  Einstweilen 
mögen  die  Sanskritaner  und  Germanisten,  die  groszen  und  auch  die 
kleinen,  von  denen  gerade  die  letzteren  oft  ungestüme  Forderungen 
machen  und  allzu  schartig  aburteilen,  die  Bemühungen  einzelner  Gym- 
nasiallehrer,  die  neben  ihrer  Hauptarbeit  auf  die  Sache  blos  ihre 
Muszestunden  verwenden  dürfen,  thunlichst  unterstützen,  etwaige  Ir- 
tümer  in  Einzelnbcilen  milde  beurteilen  tind  die  gute  Absicist  ermu- 
tigen, die  ja  nur  ihren  Forschungen,  weniger  uns  Lehrern  zu  Gute 
kommt.  Der  Sanskritaner  S  te  nzl  e  r  in  Breslau  beurteilt  in  richtigem 
Verständnis  der  Sache  unsere  Bemühungen  von  diesem  Gesichtspunkte 
aus;  mögen  die  übrigen  Sanskritaner  und  Germanisten  seinem  Beispiele 
folgen;  denn  ohne  Beihülfe  pädagogischer  Kräfte  in  dem  Gymnasium 
fehlt  der  sprachvergleichenden  Wissenschaft  die  sichere  Unterlage. 

Um  die  völlige  Unzulänglichkeit  des  früheren  grammatischen  Ver- 
fahrens klar  darzuthun,  eignet  sich  vor  allen  andern  Punkten  ganz  be- 
sonders die  deutsche  Conjugation.  Dasz  keine  deutsche  Sprache  mehr 
als  zwei  Tempora  hat,  ist  oben  bereits  beiläufig  erwähnt;  es  bleiben 
also  nur  die  zwei  Zeiten,  welclie  die  deutsche  Sprache  wirklich  be- 
sitzt, übrig,  das  Praesens  und  Imperfeclum. 

Was  nun  das  Praesens  betrifft,  so  kommen  4  Punkte  in  Betracht: 
l)  die  Wurzel,  2)  bei  vielen  Verbis  der  dori vierende  Vocal,  3)  der 
Bindevocal,  4)  die  Endung.  Von  einer  richtigen  Ansicht  aller  dieser 
vier  Punkte  in  der  älteren  deutschen  Grammatik  nicht  die  leiseste 
Spur.  Natürlich!  Wie  sollten  sich  diese  Lautverhältnisse,  deren  Ur- 
sprung in  die  urälleste  Zeit  der  Sprachbildiing  zurückreicht,  einseitig 


Die  Sprachvergleichung  uiul  der  Unlcrrichl  in  der  Miilfersprache.     69 

an  einer  Sprache,  noch  dazu  der  allerjiingsten  ,  der  n  e  ii  ho  eh  d  en  t- 
schen,  nachweisen  lassen.  Und  das  schlimmste  war,  dasz  hier  auch 
das  Vorbild  der  deutschen,  die  lateinische  Grammatik,  in  Irtümern 
hefangen  war  und  sich  nicht  recht  zu  helfen  und  zu  ratheu  wüste. 
Sie  verkannte  z.  B.  ad  Punkt  2  und  3  Natur  und  Wesen  des  derivie- 
renden  und  des  Bindeyocals  und  stellte  zur  Qual  der  Sextaner  vier 
Conjugationen  auf,  wärend  es  nur  zwei  Conjiigationen,  nemlich  Vorbu 
mit  oder  ohne  d  e  r  i  v  ie  r  en  den  Vocal,  gibt.  Die  Folge  war,  dasz 
die  lateinische  Grammatik  Wurzelverba,  z.  B.  da-re,  !eg-e-re  (^=  Wur- 
zel, liiudevocal,  Endung),  von  derivierten  Stämmen,  z.  ß.  lauda, 
mone,  puni  (=  Wurzel  und  Derivalionsvocal)  *),  nicht  scheiden  konnte. 
Die  lateinisch-deutsche  Grammatik  folgte  ihrem  Vorbild  auf  dem  Fusze 
nach  und  versäumte  es  gleichfalls,  die  Derivata:  sagen,  loben, 
streifen  von  den  ganz  verschiedenen  W  u  r  z  e  1  v  e  r  b  i  s  :  wachsen, 
steigen,  flieszen,  geben,  stehlen,  singen  zu  unterscheiden. 
Da  bei  den  deutschen  derivierten  Verbis  der  deri  vier  ende 
Vocal  (vgl.  weiter  unten)  jetzt  ganz  unkenntlich  ist,  so  erscheint  der 
Irlum  der  frühern  deutschen  Grammatiker  erklärlich  und  verzeihlich  ; 
bei  den  lateinischen  ist  er  jedenfalls  auffälliger. 

Diese  vier  Punkte  der  deutschen  Conjugation  kann  eine  einseitige 
Grammatik,  gleichviel  welche,  nach  allen  Seiten  hin  genügend  nicht 
lösen,  die  Lösung  war  der  historischen  vorbehalten.  Der  Autodidakt 
und  auch  der  Unkundige,  der  sich  eines  Lehrers  erfreut,  sei 
vorweg  gewarnt,  dasz  er  nicht  fürchte  in  dem  wogenden 
Meere  der  vielen  Wort  formen,  welche  die  Sprachvergleichung 
aus  allen  Sprachen  zusammenhäuft ,  gleichsam  zu  ertrinken. 
Zunächst  handelt  es  sich  hitr  ja  blos  um  die  Muttersprache  und  die 
beiden  alten,  die  alle  drei  dem  Gymnasium  nahe  liegen.  Dann  bewäl- 
tigen die  neuen  mit  wunderbarem  Scharfsinn  entdeckten  nicht  zahl- 
reichen Grundregeln  der  historischen  Sprachforschung,  deren  energi- 
scher Beihülfe  die  ältere  Grammatik  aller  Sprachen  zur  Bewältigung 
des  überreichen  Stoffes  natürlich  ganz  entbehrte,  solche  Massen  von 
Einzelnheiten  in  so  überschaulicher  Weise,  dasz  der  sogenannten 
'Ausnahmen'  immer  weniger  werden.  —  Schon  früher  hiesz  es : 
die  deutsche,  lateinische  und  griechische  Sprache  sind 


*)  Z.  B.  laiul-a-i-s  (=  1)  Wurzel,  2)  Derivatious-,  3)  Bindevocal, 
4)  Endung)  =  laudas;  laud-a-(i)-t  =  laudSt;  laud-a-i-mus  =  laud/imus ; 
ebenso  mon-e-i-s  nz:  inones,  pun-i-i-s  =  puuis;  also  alle  drei  Verba  keine 
Wurzelverba,  sondern,  wie  die  griech.  Verba  contracta  auf  sco,  ata,  om, 
Derivata.  Die  Contraction  der  derivierenden  kurzen  Vocale  a,  e,  i  mit 
dem  Bindevocale  erzeugt  die  Längen  a,  e,  i;  nur  in  der  3n  Pers.  Sing,  fällt 
der  Bindevocal  per  syncoi)en  aus ;  daher  die  Kürzen  a  ,  e ,  i  in  laudat, 
mouet,  punit.  Dagegen  i.st  da-re,  dessen  vocaliseh  auslautende  Wurzel 
keinen  Bindevocal  verlangte,  ein  Wurzelverbum  und  entbelirt,  wie  die 
griecb.  Verba  auf  (.n  ,  den  Bindevocal;  daher  das,  damus,  dabam,  dabo, 
da-e-re  =  däre.  Die  Länge  des  a  in  stäs,  stäbam,  stabo  ist  sehr  auf- 
fällig und  nur  durch  den  Einflusz  der  Analogie  der  groszen  Masse  der 
Derivata  auf  a-e-re  =  äre  erklärlieh. 


70    Die  Spraclivergleicining  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

mit  einander  verwandt.  Nun  machte  einer  die  Probe  mit  den 
Endungen  der  Conjugalion  und  stellte  z.  B.  laud-o ,  mon-emus, 
Tt;;rr-£T£,  Xsy-ov6i  mit  unsern  Formen:  ich  iob-e,  wir  erinner-n ,  ihr 
schlag-t,  sie  sag-en  zusammen.  Die  Folge  war;  kopfschüttelnd  schob 
er  die  Sache  bei  Seite  und  sagte  lächelnd  zu  sich  selbst:  was  doch 
diese  neuen  Grammatiker  für  gelehrteSchrullen  im  Kopfe  haben; 
credat  ludaeus  Apella.  —  Aber  auch  die  Kundigen  werden  über  ihn 
lachen,  dasz  er  nemlich  gegen  das  Gesetz  der  S  chwä  chung  volle 
Uebereinstimmung  der  nhd. ,  lat.  und  griech.  Vocale  in  den  Endungen 
verlangt.  Thatsächlich  lachen  also  alle  beide,  der  Unkundige  und 
der  Kundige,  einer  über  den  andern.  Wie  nun?  Wer  von  beiden  wird 
am  längsten  lachen?  —  Wie  hat  hier  zu  Punkt  Nr  2  und  3  (=  Deri- 
vations- und  Bindevocal)  das  von  J.  Grimm  aufgestellte  Gesetz  der 
Schwächung*)  aufgeräumt  und  in  die  Masse  der  verschiedenartig- 
sten Laute  die  notwendige  Einheit  gebracht.  Wenn  nun  der  Lehrer 
ad  vocem  'gelehrte  Schrulle'  seinen  Primanern,  natürlich  nach- 
dem sie  schon  in  Secunda  das  Gesetz  der  Schwächung  kennen  ge- 
lernt haben,  die  folgenden  Paradigmata  an  die  Tafel  schriebe: 
ahd.  hapern,  hapes,  hapet,  hapemes ,  hapet,  hapent 
lat.  habeo,       habes ,     habet,       habemus,  habetis,      habent 

ahd.         svikem ,     svikes ,    sviket,      svikemes,  sviket,       svikent 
gr.  6iya(fit)jaiyag,     öiyä,         öiyrnfisv,    oiyare,       6tya6t**) 

goth.       tugkja  ,       tugkeis  ,  tugkeith,  thugkjam,  Ihugkeith,  thugkjand 
gr.  doxo),         öoKSig,    öoüet,        öonov^sv,  öonstts ,     öoKsovri 

—  so  würden  sie  nicht  lachen  und   die  Zusammenstellung  für  eine 


*)  Nach  diesem  Gesetz ,  das  —  beiläufig  gesagt  —  in  die  franzö- 
sische Sjjrache  noch  viel  gewaltsamer  eingegriffen  hat,  schwächen  sich 
vom  9n  Jabrh.  an  die  Vocale  der  Endungen,  und  zwar  lange  wie  kurze, 
zu  einförmigem ,  tonlosem  E  ab  und  fallen  oft  per  syncopen  oder  apo- 
copen  ganz  fort.  Nur  wirkliche  Wurzeln  wie  her,  tum,  heit,  sam,  sal 
und  ähnliche  Derivationsendungen  haben  sich  bis  heute  die  alten  Vocale 
enthalten,  z.  B.  ahd.  liob-osta  =  lieb-ste;  vur-isto  c=:  Für-st;  bet-ota, 
bet-ete ;  ant-i,  Ende;  erth-a,  Erd-e;  frid-u,  Fried-e;  erb-o  ,  Erbe;  also 
die  ahd.  Vocale  a,  i,  o  und  u  sämtlich  =  nhd.  E,  oder  wie  in  den 
Worten:    liebste,  Fürst    zum  Teil  weggefallen.  **)   Von  Punkt  Nr  4 

(=  Personalendung)  findet  sich  weiter  unten  Gelegenheit  zu  sprechen; 
daher  hier  nur  kurz  soviel:  das  ursprüngliche  M  der  In  Pers.  Sing, 
bezeugt  das  ahd.  hapern,  das  griech.  fit,  die  lat.  uralten  zwei  Ueber- 
reste  sum  und  inquam  und  das  einzige  goth.  im  (=  sifii);  das  T  der 
3n  Pers.  Sing,  findet  sich  auszer  im  Griechischen  überall;  hier  ist  es 
abgefallen,  vgl.  aber  die  Formen  ti&r]6i ,  s&iXrjoi,  wo,  wie  auch  sonst, 
6  für  T  steht,  ferner  iari,  dor.  ri'O'rjri.  Endlich  das  NT  der  3n  Pers. 
Plural,  bezeugen  auch  für  die  griechische  Sprache  die  Formen  svri, 
dovAovxi.  Es  bewährt  sich  also  auch  hier  der  Satz  der  neuen  Sprach- 
wissenschaft: gerade  die  sogenannten  'Ausnahmen'  (didcofit,;  sum, 
inquam;  goth.  im;  a&skrjOL,  zi&r]Zi.,  saxt,  doy.^OTri)  bestätigen  uns  die 
ältere  ursprüngliche  Eegel  und  verdienen  eben  deswegen  bei  der  Fest- 
stellung des  Lautes  in  der  jüngeren  Zeit  der  Sprache  die  eingehendste 
Beachtung. 


Die  Sprachvergleichiniff  und  der  Unlerrichl  in  der  Mutlerspruche.     71 

'gelehrte  Schrulle'  halten.  Bei  der  Vergleicimng  mit  den  Kn- 
dung-en  unserer  neuhochdeutschen  Conjugalion  erwartet  der  Schüler 
nach  dem  Gesetz  der  Schwächung  diesen  vollen  stark  vocalischen 
ahd. ,  golh.,  lat,  und  griech.  Endungen  gegenüber  natürlich  nichts  an- 
deres als  lauter  tonlose  E.  Hauptgrundsatz  des  Lehrers  ist 
hie  bei:  der  Secundaner  und  Primaner  musz  die  Grundregeln  der 
historischen  Grammatik  kennen,  ehe  er  daran  geht  auch  nur  eine  altere 
Form,  deutsche  oder  lateinische  jind  griechische,  mit  unsern  heutigen 
zu  vergleichen.  Denn  das  Gegenteil  führte  vom  Ziele  ab  zu  der  schäd- 
lichsten Ungründlichkeit  und  zu  detn  früheren  Verfahren  zurück,  das 
wir  jü  aus  unserer  Schulzeit  kennen.  Untiere  Lehrer  legten  uns  etwa 
das  goth.  Vaterunser  oder  ein  anderes  altdeutsches  Bruchstück  vor 
und  lieszen  die  Schüler  herumrathen  und  nach  Gleichklängen  der  älte- 
ren Worte  und  Formen  mit  unsern  heutigen  suchen.  Was  aber  für 
unsere  Lehrer,  denen  zur  Vorbereitung  alle  Mittel  fehlten,  kein  Vor- 
wurf war,  das  wäre  für  uns  der  ärgste.  Ehe  ein  .solches  Verfahren, 
lieber  gar  keine  Beachtung  der  älteren  deutschen  Sprache.  Denn  auf 
diesem  Wege  wird  weder  die  Einsicht  in  die  ältere  noch,  was  viel 
schlimmer  ist,  das  Verständnis  unserer  eigenen  vermittelt  und  geför- 
dert, vielmehr  der  Ungründlichkeit  Thür  und  Thor  geötfnet  und  dem 
Schüler  der  Dünkel  beigebracht,  als  versiehe  und  wisse  er  Dinge,  die 
ihm  gänzlich  unbekannt  sind.  Kennt  dagegen  der  Schüler  die  Grund- 
regeln ,  so  braucht  er  nicht  nach  ungefähren  Gleichklängen  herumzu- 
rathen;  er  ist  vielmehr  auch  ohne  Beihülfe  des  Lehrers  im  Stande,  die 
älteren  Formen  in  die  neueren  mit  Sicherheit  umzusetzen.  Zu  dieser 
Sicherheit  musz  im  Gymnasium  der  Grund  gelegt  werden,  soll  der 
Schüler  auf  der  Universität  nicht  von  vorn  anfangen,  was,  wie  die 
vorliegenden  Thatsachen  zeigen,  der  allergeringste  Teil  der  Sludenteu 
zu  thun  geneigt  ist.  Auch  später  werden  viele  Studenten,  wie  zeilher, 
die  Sache  liegen  lassen;  aber  wenn  ihnen  durch  eine  sichere  Vorbe- 
reitung in  dem  Gymnasium  die  Möglichkeit  und  mit  ihr  ein  gewisser 
Anreiz  geboten  ist,  diese  Studien  auf  der  Universität  leichter  und 
müheloser  zu  verfolgen,  so  wird  die  Zahl  der  sich  beteiligenden  Stu- 
denten sehr  bald  bedeutend  wachsen,  im  schlimmsten  Falle  alle  übrigen 
von  dem  neuen  veränderten  Stande  der  ganzen  Sprachwissenschaft  doch 
wenigstens  eine  solche  Anschauung  haben,  dasz  sie  künftig,  wenn  die 
neuen  Ideen  immer  mehr  in  die  Grammatik  aller  Sprachen  vordringen, 
der  Sache  nicht  als  völlige  Ignoranten  gegenüberstehen. 

Vertraut  mit  den  Grundregeln  werden  z.  B.  Primaner  die  Endun- 
gen der  obigen  Paradigmen  auch  ohne  Hülfe  des  Lehrers  ins  Neuhoch- 
deutsche umzusetzen  im  Stande  sein  und  nicht  rathlos,  wie  die 
ältere  deutsche  Grammatik,  eine  Vergleichung  beider 
umgehen  müszen.  Der  Lehrer  hat  fast  weiter  nichts  hinzuzusetzen 
als  dies:  seit  dem  9n  Jahrh.  tritt  in  der  2n  Pers.  Sing,  an  die  Stelle  des 
s  ein  st,  wie  im  lat.  Ferfect  sti  für  s;  denn  dasz  M  und  N  in  den  En- 
dungen (ahd.  hapemes,  lat.  habemus:   nhd.  wir  hab-en*))  wechseln, 

*)  Wiederum  bietet  sich  hier  dem  Lehrer  Gelegenheit  bei  der  söge- 


72     Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

ist  dem  Schüler  nach  der  Lautverschiebung  bekannt  und  auch  das 
Schwinden  des  T- Lautes  in  3r  Pers.  Plur.  (hupent,  lat.  habent:  nhd, 
sie  hab-en)  aus  dem  analogen  Abfall  der  Endungen  in  verwandten 
Sprachen  (tttttoj:  diä(0(.u;  zvTtvet  für  Tvnreai^  rvTixei)  leicht  begreif- 
lich. Ebenso  wird  sich  schon  der  Secundaner  den  Vocalwechsel  im 
Praesens:  sehe,  siehst;  nehme,  nimmst;  fechte,  fichtst;  lösche,  lischst 
durch  das  Gesetz  der  Brechung  erklären  und  in  den  Formen:  ich 
darf,  kann,  mag,  weisz,  niusz ,  will,  nicht  wie  die  allere  Grammatik 
Praesentia,  sondern  wie  in  odi,  coepi,  memini  Praeterita  finden. 

War  das,  was  die  ältere  Grammatik  über  das  deutsche  Prae- 
sens beibrachte,  entweder  und  zwar  bis  auf  das  Paradigma  über- 
flüssig, da  der  jüngste  Sextaner  das  alles  so  gut  wie  der  Grammatiker 
von  seiner  Mutter  her  weisz,  oder  auf  der  andern  Seite  völlig  unzu- 
länglich das  echtdeutsche  an  der  Sache  zu  erklären,  so  ergieng  es 
dem  andern  deutschen  Tempus,  dem  Imperfectum,  viel  schlimmer. 
Sie  verglichen  etwa  lobte,  sagte,  klagte  mit  wuchs,  stieg,' 
flosz,  gab,  stahl,  sang  unter  einander,  suchten  nun  wie  immer  in 
der  lateinischen  Grammatik  nach  analogen  Formen  und  wandten  sich, 
da  sie  dort  keine  Spur*)  davon  fanden,  wohin?  Antwort:  —  es  ist 
kaum  zu  glauben  —  zur  französischen  Sprache  tind  Grammatik.  Die 
Tochter  aber  konnte,  da  schon  die  Muttersprache  gar  nichts  analoges 
besasz,  noch  viel  weniger  ähnliche  Imperfecta  bieten.  Trotzdem  ent- 
lehnte man  aus  der  französischen  Grammatik  E  i  n  teil  u  n  gs  gr  und 
und  Namen  für  die  deutsche  Conjugation  und  teilte  die  deutschen 
Verba  wie  die  französischen  I)  in  regelmäszige  und  II)  inun- 
regelmäszige  und  glaubte  so  auf  einmal  alle  Schwierigkeiten  los 
zu  werden,  die  den  Grammatikern  das  deutsche  Imperfeclum  machte. 

Aber  der  Misgriff  konnte  nicht  ärger  sein.    Der  Begriff 'r  egel - 
mäszig'   schlieszl  in  sich  die  Nebenbegriffe:  l)  ebenmäszig,  das 
heiszt  hier  wohllautend,  ferner  2)  ursprünglich,  der  Zeit  nach 
das  ältere.    Bei  dem  Begriffe  ^unr  egel  m  äsz  ig'  müsten  wir  dagegen 
denken  an  l)  Mi  s  laut,  2)  spä  teren  U  r  spr  u  ng,  3)  an  eine  be- 
schränkte Zahl   der  Verba.     Hier  heiszt's  aber  nicht  blos:   omne 
simile    Claudicat,    sondern    der    aus    der   französischen    auf   die 
deutsche   Grammatik   übertragene  Vergleich  passt    wie    das   fünfte 
Rad  an  den  Wagen.     Alles  ist   beim   deutschen  Verbum  ge- 
nannten «'Ausnahme';  sie  sin-d,    der    allereinzigen    in   unserer    nhd. 
Sprache,  auf  den  Satz  hinzudeuten,  dasz  die  Ausnahme  gerade  die  ältere 
Regel  bedeute.         *)    Teilt    man   nach  Heyse  (S.  457)  die  Tempora  in 
1)  einfache:  lego,  legi,  lese,  las,    2)  zusammengesetzte:  sag-te, 
Idacr-te,  lob-te;  lauda-b-am,  lauda-v-i,  und  3)  umschreibende:  lauda- 
tus  sum ,  TttvnnEvoi  itci;  ich  bin  gegangen,  habe  gelobt,  werde  loben, 
werde  gelobt  (die  sämtlich  erst  in  der  Syntaxis,  niclit  in  dem  etymolo- 
gischen Teil  der  Grammatik  eine  genügende  Erklärung  finden),  so  kann 
die  latein.  Sprache  für  die  einfachen  deutschen  Imperfecta:  sprach, 
flosz,    sang  usw.  kein  Analogen  bieten,  denn  sie  besitzt  auszer   dem 
allereinzigen   er  am    (für  esebam)   von    esum ,    sum,    wovon   auch  das 
einzige    einfache  Futurum   ero  kommt,   überhaupt   kein   einfaches 
Imperfectum. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  JluUcrsprache.     73 

rade  umgekelirt.  Die  Imperfecta  der  sogenannten  'rcgelmäszi- 
gen'  Verba  sind  nicht  wohllautend,  sondern  einförmig,  mis- 
tönend,  darum  den  Dichter  vielfach  heengerul;  weit  gefehlt,  älter, 
ursprünglicher  zu  sein,  sind  sie  sämtlicii  zusammengesetzte  Tem- 
pora und  kommen  von  Praesentibus,  die  samt  und  sonders  Derivata  sind. 
Wie  überall  so  kann  sich  der  Lehrer  auch  hier  zu  I  (='regel- 
mäszige'  Verba)  nicht  durch  die  Vergleicluiiig  mit  dem  MHD.,  son- 
dern nur  mit  dem  Golhischen  helfen,  um  diese  ^regelmäszigen'  Verba 
als  die  minder  wichtigen  zu  beseitigen  und  Natur  und  Wesen  derselben 
seinen  Secundanern  zu  erklären.    Er  schreibt  an  die  Tafel; 

a)  Gothischer  Infinitivus: 
Jan      —     on      —    an    (hail-jan ;  salb-on;  lib-an) 
(i-an  '—     o-an  —    ai-an). 

b)  Gothisches   Imperfectum: 
i-da    —    o-da   —    ai-da  (hail-ida;  salb-oda;  lib-aida). 

Seine  Secundaner,  die  das  Gesetz  der  Schwächung  und   die  Laut- 
verschiebung (goth.  d  :=  ahd.  f)  kennen,  sind  völlig  vorbereitet,  diese 
gothischen  Endungen  in  die  entsprechenden  neuliochdeufschen  umzu- 
setzen.    Ohne  zu   fehlen,   werden  sie  selbst  finden:    alle    drei  goth. 
Endungen  des  Infinitivus  und  Imperfectum  miiszen  im  NHD.  a)  zu  'en' 
und  b)  zu  'ete,  te,  t"  ■ —  werden;  also:  a)  heilen,  salben,  leben,  b) 
heil-ete,  heil-te,  heil-t'  usw.    Zugleich  sieht  der  Schüler,  dasz  diese 
sogenannten  '^regelmäszigen'  Verba  dem  Alter  nach  die  früheren 
nicht  sein  können,  sondern  wie  die  lat.  Verba  auf  äre,  ere,  Ire  und 
die  griech.  auf  eoj,  (vco,  oco  ursprünglich  durch  die  Vocale  i,  o,  ai  ab- 
geleitet,  mithin   nicht   älter   als  die  andern,  sondern  vielmehr  jünger, 
nicht  ^^'urzelverba,  sondern  vielmehr  sämtlich  Derivata  sind.   Will  der 
Lehrer  in  Prima  darauf  hindeuten,  dasz  die  Endung  des  goth.  Imper- 
fectum da,  das,  da,  dedum,  dedut,  dedun  auf  ein  Verbum  didan  (:= 
thun)  zurückzuführen  und  salb-o-da  ,  nhd.   salb-le,  eigentlich  für  ein 
Compositum  mit  der  Bedeutung:  ich  salben  that  zu  halten  sei,  so 
ist  gegen   eine  solche  kurz  gefaszte  Bemerkung  nichts  einzuwenden, 
und  zwar  um  so  weniger,  weil  unsere  heutige  Volkssprache  die  En- 
dung ete,  te  noch  gern  mit  thun  umschreibt,  z.  B.  er  that  den 
Leichnam  salben;  that  sehr  viel  klagen;  that  oder  thät  sehr  fluchen. 
Daraus  ersähe   der  Schüler,   dasz    es    sich   hier    nicht  um   'regel- 
mäszige',    d.    h.   wohllautend    gebildete    Imperfecta,    sondern 
geradezu  um  unschöne,  verstümmelte  Formen  und  Laute  handelt. 

Betrachten  wir  dagegen  zu  Nr  II  die  deutschen  Verba,  die  nach 
der  französischen  Grammatik  früher  den  Namen  'unregelmäszige' 
führten,  so  müsten  sie,   sollten  sie  den  Namen  mit  Recht  behalten, 

1)  nicht  zahlreich,  gewissermaszen  Ausnahmen,  2)  mi  n  der  wohl- 
lautend und  endlich  3)  jünger  sein  als  die  übrigen.  Aber  in 
allen  drei  Punkten  findet  das  gerade  Gegenteil  statt. 
Diese    sogenannten   ^unregelmäszigen '   Verba    sind    l)  zahlreich, 

2)  wohllautend  und  3)  so  uralt  und  ursprünglich,  dasz  eine  Sprache, 


74     Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

die  so  geformte  Verba  nicht  besäsze ,  für  eine  germanische  gar  nicht 
zu  lialten  wäre. 

Zu  II  Nr  1.  J.  Grimm  hat  aus  allen  germanischen  Sprachen  nicht 
weniger  als  500  solcher  '  u  nregel  m  äs  zige  n  '  Verba  aufgebracht. 
Bedenkt  man  nun,  dasz  mit  einem  jeden  mehr  oder  weniger  Nomina 
und  die  eben  zu  Nr  I  besprochenen  Verba,  die  sämtlich  durch  die 
Vocale  i,  o,  ai  deriviert  sind,  ferner  eine  Menge  von  andern  Deri- 
vatis  und  Compositis  *)  herkommen,  so  klingt  der  Name  'unregel- 
m  äs  zi  g' (=Ausnahnieti)  wunderlich  genug.  Aber  weit  gefehlt,  dasz 
sie  Ausnahmen  wären,  bilden  sie  vielmehr  den  Grundstock  nicht 
blos  des  neuhochdeutschen,  sondern  des  ganzen  germanischen  Sprach- 
schatzes. Nachdem  durch  J'.  Grimm  dieser  Nachweis  vollständig  ge- 
führt, kann  nur  die  ärgste  Unkunde,  die  sich  bloszzustellen  keine  Scheu 
trägt,  an  der  alten  widersinnigen  Benennung  dieser  Verba,  die  den 
Thatsachen  geradezu  ins  Gesicht  schlägt,  festhalten  und  den  passenden 
Namen  ablautende  oder  starke  Verba  (Conjugation)  zurückwei- 
sen. Dasz  die  Zahl  der  ablautenden  Verba  ab-,  die  der  andern  zu- 
genommen hat,  ist  ein  Beleg  für  die  Ursprünglichkeit  jener. 

Zu  Nr  II  2  gilt  das  Urteil  des  für  den  V^^ohllaut  empfänglichen 
Dichters  höher  als  das  des  Grammatikers.  Als  Adelung,  der  für  die 
schwachen  (==  ^regelmäszigen')  Verba  eine  absonderliche  Vorliebe 
halte,  sogar  den  Vorschlag  machte,  die  Imperfecta  einzelner  starker 
Verba  lieber  schwach  (=  ete)  zu  bilden,  also  etwa  greifete, 
kneip  ete  statt  griff,  k  ni  ff  zu  sagen,  so  legte  Jean  Paul  Ver- 
wahrung ein  und  forderte  alle  Dichter  auf,  einem  solchen  Gebahren  von 
vorn  herein  entgegenzutreten.  Gerade  die  starken  Formen:  wachse, 
wuchs.  Wuchs;  Grab,  Gruft,  grabe,  grub;  Greif,  GrilT,  greife,  grilT; 
Steig,  Stiege,  steige,  stieg;  Flosz,  flott,  Flotte,  Flusz,  fliesze,  flosz ; 
Gift,  Gabe,  gebe,  gab;  Binde,  Band,  Bund —  gerade  diese  Formen 
seien  gegenüber  der  schwachen  Conjugation:  sagte,  klagte,  lobte 
ebenmäszig,  schön,  wohllautend  und  für  den  Feierton  echter  Poesie 
wie  geschaffen.  Es  ist  auffallend,  wie  der  Dichter  trotz  aller  ihm  feh- 
lenden grammalischen  Einsicht,  blos  geleitet  von  dem  Gefühl  für  den 
Wohllaut,  den  Nagel  auf  den  Kopf  getroffen,  wärend  der  Grammatiker, 
alles  Sinnes  für  Wohllaut  bar  und  ledig  und  geirrt  durch  den  un- 
passenden Namen  ^regelmäszig',  von  dem  Ziele  so  weit  abirrte,  dasz 
er  sogar  einzelne  starke  Verba    lieber  schwach   abzubeugen  vor- 


*)  Z.  B.:  ich  1)  binde,  2)  band,  wir  banden,  3)  gebunden,  1)  Binde, 
Nabelbinde,  Bindfaden,  Bindseil,  verbindlich,  Buchbinder,  Buchbinderei, 
Bindeglied,  Bindemittel,  Buchbinderhandwerk  usw.  2)  Band,  Bändchen, 
Bändel,  Bändeljunge,  Bandwurm,  Bandwurmarzt,  Schuhband,  Stirnband, 
unbändig,  bändigen  usw.  3)  Bund  (fascia,  foedus),  Bündel,  Bündler, 
Bündlerei,  Bundesstaat,  Staatenbund,  Bundestag,  bündig,  Bündigkeit, 
Bündnis  usw.  Dazu  die  Verba  composita  an-,  zu-,  ver-,  aufbinden  und 
die  ganze  reiche  Sippe  in  elf  andern  deutschen  Sprachen,  denen  allen 
dasselbe  Verbum  zugehört ;  auszerdem  noch  die  urverwandten  lat.  W. 
iid  {=  fidere),  griech.  W.  nid-  (=  iti&eiv)  und  skr.  W.  bandh  mit  ihrer 
groszen  reichen  Verwandtschaft. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.    75 

schlug.  Was  Jean  Paul  nur  dunkel  ahnte,  das  wissen  jetzt  unsere 
Secnndaner,  nemlich  wenn  sie  die  Lehrer,  wie  es  ihre  Pflicht  ist, 
darüber  aufklären.  Die  Schwächung  hat  den  Endungen,  die  Bre- 
chung und  der  Umlaut  den  Wurzeln  der  mhd.  und  nlid.  Worte  das 
Mark  ausgesogen  und  die  älteren,  volltönenden  Vocale  zu  unzäliligen 
tonlosen  E  (vgl.  oben)  verdünnt,  Saft  und  Kraft  unserer  Vocale,  die 
ihnen  bis  heute  noch  verblieben  sind,  dagegen  haben  allein  diese  so- 
genannten 'unregelmäszigen'  Verba  geschützt  und  erhalten. 

Zu  Nr  II  1  und  2  ist  nachgewiesen,  dasz  die  starken  Verba 
in  den  germanischen  Sprachen  l)  sehr  zahlreich  und  2)  dasz  sie  wohl- 
lautend sind;  auch  das  ist  schon  erwähnt,  dasz  die  andern  auf  ete,  te 
ebenso  wie  die  lat.  auf  Are,  ere,  ire  und  die  griech.  auf  fw,  gw,  oca 
sämtlich  Derivata  sind.  Ist  nun  etwa  die  Bildung  der  starken  Verba 
wirklich  so  regellos,  willkürlich  und  verwildert,  dasz  sie  den  früheren 
Namen  ^i  nr  ege  Imä  szige'  thatsächlich  verdienten?  Das  ist  unter 
den  indoeuropäischen  Sprachen  gerade  für  die  deutsche  die  aller- 
wichtigsle  Frage.  Unsern  Schülern  auf  diese  Frage  keine 
Antwort  zu  geben  und  sie  so  in  tiefster  Unwissenheit 
über  Natur  und  Wesen  des  deutschen  Wortes  im  allge- 
meinen auf  die  Hochschule  zu  entlassen  —  das  ist  nach- 
gerade unverantwortlich.  Die  Bildung  dieser  Verba  ist  aber 
so  wenig  'unregel  mäszig',  dasz  sie  vielmehr  die  schönste,  durch 
alle  germanischen  Sprachen  giltige  Regel  enthält,  nach  der  sich  alle 
deutschen  Worte,  und  zwar  Verba  und  Nomina  zumal,  in  urältester  Zeit 
gebildet  haben. 

(Sehlusz  folgt.) 

Lissa.  Ed.  Olaiosky. 


Kurze  Anzeieren  und  Miscellen. 


III. 

Die  Bedeutung  des  Lateinischen  und  Griechischen  für  das  Gymnasium 
der  Gegenwart.  Festrede  am  Geburtslage  Sr  Majestät  des  Königs 
Johann  gehalten  im  Gymnasium  zu  St  Nicolai  in  Leipzig  am 
12.  December  1859  von  Dr  G.  A.  Gebauer.,  Adjunct.  l.  [Auf 
Verlangen  in  Druck  gegeben.]  Leipzig,  Carl  F.  Fleischer.  1860. 
19  S.  8. 

Es  ist  ohne  Frage  eine  der  glänzendsten  Seiten  im  Wesen  des  Sach- 
senvolkes, dasz  es  mitten  in  seinen  zum  Teil  groszartigen  industriellen 
Bestrebungen,  seinem  regen,  mehrfach  höchst  bedeutenden  Verkehrsleben 
und  Geschäftsbetriebe  der  Welt  des  klassischen  Altertums  und  vorzugs- 
weise den  Sprachen  desselben  mit  einer  Liebe  und  Hingebung  huldigt, 
die,  wie  sie  ruhmwürdi<T  an  sich  selbst,  so  segensreich  in  ihren  Aeusze- 
rungen  und  Erfolgen  genannt  und  als  erweckliches,  leuchtendes  Beispiel 
zur  Nacheiferung  aufgestellt  werden  musz.  In  den  verschiedenen  Zwei- 
gen und  Rangordnungen  der  sächsischen  Beamtenwelt ,  im  Wehr  -  und 
Nährstande  finden  sich,  nach  Verhältnis  des  Landesumfanges,  auffallend 


76  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

viele  Miluner  von  tüclitiger  wissenscliaftliclier,  insonderlieit  durch  d.'is 
Studium  der  groszen  Alten  gewonnener  Bildung,  von  den  Gelehrten  des 
Landes  zu  schweigen,  deren  im  Lichte  gründlicher,  umfassender,  das 
Gepräge  der  Klassicicität  tragender  Wissenschaft  leuchtende  Namen  auf 
weithin  den  besten  Klang  haben.  Wo  mir  recht  ist ,  spricht  noch  heu- 
tigen Tages  die  Erfahrung  für  Gottfried  Hermanns  Worte:  'quid 
litterarum  studia  dicam ,  quibus  ut  semper  excelluit ,  ita  nunc  maxime 
excellit  patria  nostra ,  sie  ut  quum  omnes  etiam  intimi  loci  cives  multo 
sint  quam  in  aliis  Germaniae  partibus  cultiores,  tum  eminentium  in 
omni  genere  doctrinae  liominum,  eorumque  non  aliunde  accersitorum, 
sed  apud  nos  natorum  atque  educatorum ,  ea  et  copia  sit  et  claritas,  ut 
non  modo  vicinae  gentes,  sed  etiam  remotis&imae  ab  nobis  sibi  artium 
doctores  mitti  rogent,  litterarumque  lumen  e  Saxonia  per  omnem  terra- 
rum  orbem  dispergi  videamus '  (Opnsc.  II  p.  345) ,  und  wenn  wir  auf 
das  bekannte  ''qualis  rex,  talis  grex '  Rücksicht  nehmen,  so  sehen  wir 
zur  Zeit  auf  dem  sächsischen  Königsthrone  einen  Herscher  walten ,  der 
wenn  e'iner  würdig  ist  als  rex  omnium  litteratissimus ,  humanitatis  stu- 
diis  politissimus  doctrinaeque  elegantia  cumulatissimus  gefeiert  zu  wer- 
den. AVer  die  Geistesrichtungen  und  Vorzüge  Königs  Johann  kennt, 
wird  mit  begeisterter  Freude  dem  zustimmen,  was  Herr  Gebauer  sei- 
nem hohen  Herrn  S.  1  f.  nachrühmt :  'diese  Feier  gilt  einem  Fürsten. 
der  mit  seltener  Energie  des  Geistes  eine  Keihe  von  AA'issenschafteu  nach 
ihren  Höhen  und  Tiefen  durchmessen  hat.  In  der  That,  werfen  wir 
auch  nur  einen  flüchtigen  Blick  auf  das  Leben  und  die  AVirksarakeit 
unseres  Königs ,  überall  tritt  uns  ein  Mann  entgegen ,  der,  von  heiszem 
Wissensdrange  durchglüht,  ein  Gebiet  menschlicher  Erkenntnis  nach  dem 
andern  zu  bewältigen  bemüht  war.  Hat  er  sich  doch  eben  so  sehr  ver- 
tieft in  die  ewigen  Wahrheiten  der  Mathematik,  wie  er  gefolgt  ist  den 
Errungenschaften  im  Bereiche  der  Naturwissenschaften;  ist  er  doch  mit 
demselben  Ernste  eingedrungen  in  die  Principien  der  Rechts-  und  Staats- 
wissenschaft, mit  dem  er  sich  hingegeben  hat  dem  Studium  der  Ge- 
schichte und  Altertumskunde.  Nehmen  wir  noch  dazu,  dasz  ihm  auch 
die  Philosophie,  die  Wissenschaft  xar'  i^oxt]v ,  kein  fremdes  Feld  ge- 
blieben ,  sondern  dasz  er  mit  der  ganzen  ihm  eigenen  geistigen  Kraft 
auch  ihre  Probleme  durchforscht  hat,  so  haben  wir  ein  Recht  darauf, 
unsern  König  den  ßaailsvzKrog  der  Könige  zu  nennen.  Wir  haben  einen 
Regenten  im  Sinne  des  Worts,  er  ist  Philosoph  der  König  wurde,  er  ist 
der  König  der  wahrhaft  philosophiert.  Allein  noch  ist  nicht  alles  er- 
schöpft, was  unser  König  in  den  Kreis  seiner  wissenschaftlichen  Thätig- 
keit  zog,  noch  gibt  es  eine  Seite  derselben,  die  nicht  minder  zu  schätzen 
und  hervorzuheben  ist,  das  sind  seine  sprachlichen  und  litterarischen 
Studien.  Wem  wäre  unbekannt  geblieben .  wie  derselbe  von  jeher  der 
vaterländischen  Litteratur  die  wärmste  Liebe  entgegenbrachte  ?  wie  er 
von  den  Sprachen  des  Auslandes  mehr  als  eine  gründlich  erlernt ,  eine 
sogar  zum  besondern  Studium  erkoren  hat?  Wen  gäbe  es  von  Sachsens 
Gelehrten,  der  nicht  seinen  eigenen  Ruhm  darin  fände,  dasz  sein  Landes- 
herr den  beiden  antiken  Sprachen,  die  für  das  Fundament  aller  höheren 
Bildung  gelten,  den  angestrengtesten  Fleisz ,  den  beharrlichsten  Eifer 
gewidmet  hat?  Und  hatte  er  die  eine  derselben,  die  Sprache  Latiums, 
schon  in  der  frühesten  Zeit  seines  Lebens  kennen  und  verehren  gelernt, 
so  ergriff  ihn  in  späteren  Jahren  eine  mächtige  Sehnsucht,  auch  Herr 
und  Meister  der  andei'n  zu  werden.  Was  es  aber  heiszt,  einen  Gegen- 
stand mit  Wärme  und  Begeisterung  zu  erfassen,  hat  niemand  trefflicher 
bewiesen  denn  unser  König.  Er  hat  die  griechischen  Dichter  nicht  nur 
gelesen,  er  hat  sich  förmlich  in  dieselben  hineingelebt,  er  hat  sogar 
durch  neue  und  geistvolle  Auffassung  mancher  schwierigen  Stelle  die 
Männer  von  Fach  in  Bewunderung  versetzt.'    Solch  einem  König  gelingt 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellcn.  77 

es  denn  leicht  in  die  Wirkliclikeit  einzuführen,  was  Orest  in  Goethe's 
Iphigenie  auf  Tanris  sagt: 

'Nacliahmend  heiliget  ein  ganzes  Volk 
Die  edle  That  der  Herscher  zum  Gesetz.' 
Er,  welcher  der  Geist  und  Herz  veredelnden,  heiligenden  Wissenschaft 
uiiii  aller  Trefflichkeiten  ragende  Spitzen,  wie  einst  Hiero  der  Syrakusier 
ahplh'ickte,  sich  in  der  köstlichsten  aller  Herschertugenden  vollendete, 
rnft  uns  die  Worte  Seneca's  (de  dem.  I  19,  (3  ff.)  ins  Gedächtnis: 
'non  opus  est  instruere  in  altum  editas  a^ces  nee  in  adscensum  arduos 
colles  emunire  nee  latera  montium  ahscidere ,  multiplicibus  se  niuris 
turriliusque  sepire:  salvum  regem  in  aperto  dementia  praestabit.  Unum 
est  inexpugnabile  mnnimentura  amor  civium.  Quid  pulchrius  est,  quam 
vivere   optantibus  cunctis  et  vota  non  sub  custode  nuncupantibus  ? ' 

Die  hier  zur  Anzeige  zu  bringende  Festrede,  die  auf  Grund  ihres 
fast  durciigängigen  Mangels  an  dem,  was  Oratorie  heiszt,  richtiger  Fest- 
abhandlung  genannt  werden  dürfte,  bezeugt  es  uns  in  erfreulichster 
Weise,  dasz  der  Verfasser  derselben  die  oratio  zum  Ausdruck  der 
ratio  verwendet  und  ein  warmes,  kräftig  und  hochschlagendes  Herz 
für  das  Gymnasium  und  dessen  menschenbildende  und  verklärende  Ziele 
und  Zwecke  hat.  Er  eroli'net  seinen  Vortrag  mit  der  Bemerkung,  es 
dürfe  mit  Kecht  als  ein  besonderer  Vorzug"  unserer  Zeit  betrachtet  wer- 
den, dasz  sie  darauf  dringt  die  Wissenschaft  in  allen  ihren  Teilen  und 
Zweigen  gebürend  zu  ehren  und  anzuerkennen,  dasz  sie  beeifert  ist 
dem  Träger  einer  jeden  einzelnen  unter  ihnen  mit  dankbarer  Gesinnung 
den  schuldigen  Tribut  zu  zollen,  und  fährt  dann  fort:  'Um  so  nach- 
drücklicher ergeht  an  uns  die  Mahnung,  den  heutigen  Tag,  den  Geburts- 
tag Sr  Majestät,  unseres  allergnädigsten  Königs  und  Herrn, 
im  vollsten  Sinne  als  einen  Fest-  und  Freudentag  zu  feiern.'  Lassen  wir 
die  als  Einleitung-  dienende  Behauptung,  aller  davon  vorkommenden 
Ausnahmefälle  ungeachtet,  gelten,  so  ergibt  sich  daraus  noch  nicht  die 
Dringlichkeit  der  Mahnung,  den  in  Rede  stehenden  Geburtstag  des 
Königs  Johann  im  vollsten  Sinne  als  einen  Fest-  und  Freudentag  zu 
feiern,  wenn  gleich  der  hohe  Herr  und  Herscher  den  Trägern  der  Wissen- 
schaft beigezählt,  als  solcher  gebürend  geehrt  und  anerkannt.  Ihm  mit 
dankbarer  Gesinnung  der  schuldige  Tribut  gezollt  werden  musz.  Gegen 
die  Logik  geht  auch  die  Gedankenverbindung ,  in  welcher  der  Redner 
auf  sein  Thema  kommt.  Hören  wir  ihn.  'Es  ist  nun  die  Vertrautheit 
unseres  Königs  mit  der  Litteratur  der  Griechen  und  Römer  dasjenige 
Stück  von  seinen  Studien,  welches  das  Gymnasium  zunächst  und  am 
innigsten  berührt.  Die  Namen  von  Hellas  und  Rom  haben  auf  dem 
sächsischen  Königsthrone  einen  ebenso  guten  Klang,  wie  sie  ihn  auf  dem 
Gymnasium  haben  und  haben  sollen.  Ihre  Sprachen  bilden  gleichsam 
die  geistige  Brücke,  welche  von  diesem  zu  jenem  hinüberleitet.  Daher 
glaube  ich  nicht  etwas  der  Feier  des  Tages  widersprechendes  zu  unter- 
nehmen, wenn  ich  für  heute  ganz  speciell  diese  Brücke  ins  Auge  fasse, 
d.  h.  wenn  ich  die  beiden  klassischen  Sprachen  des  Altertums  einer 
ausführlicheren  Betrachtung  zu  unterwerfen  gedenke.  Ich  lege  mir  nem- 
lich  die  Frage  zur  Beantwortung  vor,  ob  diese  beiden  Sprachen,  die  von 
unserem  Könige  mit  Vorliebe  gepflegt  worden  sind,  eine  gleiche  Pflege 
auf  dem  Gymnasium  verdienen,  mit  anderen  Worten:  ob  und  inwie- 
fern das  Lateinische  und  Griechische  auch  jetzt  noch  be- 
rechtigt sei,  den  Kern  und  Mittelpunkt  zu  bilden  für  den 
gesamten  Gymnasialunterricht.'  Die  alles  Preises  und  Ruhmes 
würdige  Vorliebe,  mit  welcher  König  Johann  die  beiden  klassischen 
Sprachen  des  Altertums  pflegt ,  kann  nicht  entscheidend  auf  die  Frage 
einwirken,  die  Herr  Gebauer  sich  zur  Beantwortung  vorlegt;  das 
'mit   anderen  Worten'   bezeichnet   auch   nicht,   wie  sonst  in  dieser 


TS  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Wendung',  die  Gleichheit  oder  Einerlei heit  des  Gedankens  bei 
zweifacher  Form  und  Einkleidung  desselben.  Weder  durch  ge- 
dankliche noch  formelle  Wohlordnung  empfiehlt  sich  der  nächstfolgende 
Satz:  ^Ist  man  nicht  taub  gegen  die  Vorwürfe,  welche  dem  Gymnasium 
der  Gegenwart  gemacht  werden,  sondern  leihet  man  mit  gleicher 
Bereitwilligkeit  allen  Gegnern  desselben  sein  Ohr,  so  werden  sich 
sehr  bald  zwei  Parteien  unterscheiden  lassen,  deren  Ansichten  ein- 
ander, so  sehr  sie  uns  beide  befehden,  doch  diametral  entgegenlaufen.' 
Das  ins  unbestimmte  weisende  'man'  drängt  sich  zum  öftern  in  den 
Vortrag  ein ;  wer  es  einmal  erfaszt,  wird's,  klebrig  wie  es  ist,  so  leicht 
nicht  wieder  los. 

Die  Leutchen,  mit  denen  sich  der  Herr  Verf.  hier  zu  schaffen  macht, 
sind  nicht  etwa  von  gestern  oder  vorgestern  her ,  noch  operieren  und 
conspirieren  sie  ausschlieszlich  gegen  das  Gymnasium  der  Gegenwart, 
sie  nehmen  vielmehr  ihre  Klopffechterposition  bereits  manches  Jahr  ein 
und  werden  in  ihrer  störrigen  Rechthaberei  und  Streitsucht  nicht  müde 
für  eine  abgethane,  verlorene  Sache  wieder  und  wieder  in  die  Schranken 
zu  treten.  Obschon  ein  guter  Teil  dieser  Kräher  und  Schmäher  das 
beste,  was  er  an  Geistestüchtigkeit  und  Gewandtheit,  an  Sprach-  und 
Sachkenntnissen  aufzuweisen  hat,  dem  Gymnasium  dankt,  so  schlägt  er 
dennoch,  aller  Pietät  gegen  dasselbe  und  sonach  auch  gar  vieler  anderen 
Tugenden  bar  und  ledig  (vid.  Cic.  pr.  Plane,  c.  'S'-i  §  80j ,  mit  der 
Entschlossenheit  des  bornierten ,  unverschämten  und  frechen  auf  seinen 
Wohlthäter  los  und  verräth  sich  dadurch  zugleich  als  einen  aus  dem 
Haufen  der  Schacher,  wenn  nemlich  Goethe  (Sprüche  in  Prosa)  mit 
der  Behauptung  Recht  hat :  'der  Undank  ist  immer  eine  Art  Schwäclie. 
Ich  habe  nie  gesehen ,  dasz  tüchtige  Menschen  wären  undankbar  gewe- 
sen.' Am  gerathensten  bleibt's  mit  Menschen  solcher  Sinnesart  nach 
Seneca's  kluger  Vorschrift  zu  verfahren:  'aut  potentior  te  aut  imbe- 
cilHor  laesit:  si  imbecillior,  parce  illi,  si  potentior,  tibi'  (de  ira  3,  5,  8). 
Für  den  belfernden  Kläffer  gehört  sich  das  souveräne  Schweigen  der 
Nichtbeachtung. 

Dem  Gymnasium  geht's  nun  einmal  wie  den  Gerechten  in  Davids 
Psalmen  (34,  20);  doch,  aller  ihm  widerfahrenden  Unbill  zum  Trotz, 
hält  es  sich  aufrecht  'in  dem  Wort  der  Wahrheit ,  in  der  Kraft  Gottes, 
durch  Waffen  der  Gerechtigkeit,  zur  Rechten  und  zur  Linken',  es  schreitet 
getrost  'durch  Ehre  und  Schande,  durch  böse  Gerüchte  und  gute  Ge- 
rüchte' und  seine  Diener,  die  Lehrer,  rufen  mitten  in  den  Anfechtungen 
und  Verhöhnungen  der  Widersacher,  die  in  afterprophetischer  Gewis- 
heit  sie  als  die  nächstens  sterbenden  bezeichnen,  freudig  mit 
Paulus,  dem  Apostel:  'siehe,  wir  leben."  (II.  Cor.  6,  9).  Auch  Herr 
Gebauer  tritt,  und  zwar  hier  nicht  etwa  als  Adjunctus,  sondern  so 
recht  aus  selbsteigener  Machtvollkommenheit ,  suo  ipsius  iudicio  omni- 
que,  ut  agricolae  dicunt,  pede  stans,  triplex  aes  der  Zuversicht  zu  einer 
gottgeweiheten  reinen  Sache  circa  pectus ,  als  wackerer  Streiter  und 
unerschrockener  Vorkämpfer  für  das,  was  den  Kern  des  Gymnasialunter- 
richts bildet,  für  das  Lateinische  und  Griechische,  auf  die  Bahn.  'Das 
sind,  sagt  er  S.  5  —  6,  die  beiden  Feuer,  hochgeehrte  Anwesende,  die 
immer  von  neuem  gegen  unsere  Gymnasien  angeschürt  werden,  und  durch 
diese  musz  jeder  Gymnasiallehrer,  der  das  Lateinische  und  Griechische 
zu  vertreten  hat,  mitten  hindurch,  da  es  keinen  Ausweg  gibt,  weder 
rechts  noch  links.  Doch  schreiten  wir  nur  kühn  und  mutig  vorwärts, 
angesengt  können  wir  wol ,  aber  verbrennen  werden  wir  gewis  nicht.' 
Der  nächstfolgende  mit  denn  sich  einleitende  Gedanke  schützt  jedoch 
vor  dieser  Gefahr  nicht!  Das  Besitztum,  welches  Herr  Gebauer  seinen 
Schülern  ,  möge  deren  künftiger  Beruf  sein  welcher  er  wolle  ,  für  das 
ganze  Leben  zu  vermitteln  sich  beeifert,  ist  ein  doppeltes,  'ein  gekräf- 


Knrzi;  Anzeigen  und  Miscellen.  79 

tigter  und  geregelter,  für  klare  und  schnelle  Auffassung  aller  Lebens- 
verhältnisse im  allgemeinen,  für  die  tieferen  akademischen  Studien  ins- 
besondere geschärfter  und  geübter  Verstand  und  ein  für  alles  schöne 
und  edle  empfängliches  Gemüt'  (S.  6).  Eine  kräftige  Lanze  legt  er 
gegen  den  kraftlosen,  alles  geistige  Leben  wahrhaft  ertödeudeu  Älecha- 
n Ismus  im  Betriebe  der  Sprachen,  wie  gegen  die  sogenannte  calcu- 
lierende  S.  7  charakterisierte  Lehrmethode  ein;  die  ebendaselbst  auf- 
geworfene Frage,  welches  die  richtige  Unterrichtsweise  sei.  bean,twortet 
er  klüglich  dahin:  'offenbar  diejenige,  welcher  die  ratio  selbst,  die  wir 
zu  bilden  und  zu  kräftigen  haben ,  den  Namen  gegeben.  Unser  Wahl- 
spruch ist  der  Satz  des  iiaco  von  Vefulam:  'vere  scire  est  scire  per 
causas.'  Derselben  Ansicht  war  auch  der  Meister  des  Lateinischen  und 
Griechischen,  Gottfried  Hermann.  'Discere',  sagt  dieser  in  seinen 
Opusculis  (nemlich  V  p.  183),  'non  est  colligere  modo  quae  quis  reminisci 
possit ,  sed  etiam  rei  cuiusque  naturam  et  veram  rationem  cognoscere 
ac  perspieere.' 

Begreift  das  vom  Verfasser  beliebte  'wir'  und  'unser'  die  Gesamt- 
heit der  sächsischen  Gymnasiallehrer,  nun  dann  haben  wir  diese  Herreu 
als  höchst  raisonnable  Methodiker  zu  verehren,  deren  Schülern  'eine 
grosze  Thür  aufgetlian  ist,   die  viel  Frucht  wirket.' 

AVas  S.  7 — 9  von  dem  Unterricht  in  der  griechischen  Formen- 
lehre, der  lateinischen  Syntax  und  Synonymik,  ingleichen  von 
den  schriftlichen  Uebungen  als  formalen  Bildungsmitteln  gesagt 
■wird,  darf  der  Billigung  aller  wahrhaft  praktischen  Schulmänner  ge- 
wis  sein. 

Da  der  Gymnasiast  nicht  blos  zu  richtigem,  sondern  auch  zu 
raschem  und  gewandtem  Urteile  angeleitet  werden  soll ,  so  wird 
zur  Erreichung  dieses  Zweckes  die  Wichtigkeit  der  lateinischen  und 
griechischen  Extemporalien  und  die  Uebung  im  Lateinisch - 
sprechen  ganz  besonders  betont  und  begründet  (S.  10).  Auf  geist- 
reiche und  interessante  AVeise  läszt  sich  Herr  Gebaue rS.  11  über  den 
Gewinn  an  ästhetischer  Bildung  der  Schüler  vernehmen,  den  die 
Uebung  in  einheitlicher  Darstellung  in  Prosa  und  Poesie,  in 
Auf-  und  Ausbau  einer  echt  lateinischen  Periode  selbst  für 
den  deutschen  Stil,  versteht  sich  mutatis  mutandis,  abwirft.  Das  S.  12 
— 15  über  den  Bau  des  lateinischen  Hexameters  und  Pentameters 
als  etwas  der  lateinischen  Periode  analoges ,  über  die  Malerei  durch 
Rhythmus,  Ton  und  Klang,  über  den  Reim  bei  alten  Dichtern, 
über  Assonanz  und  All  i  tteration,  teilweise  unter  Anführung  von 
Beispielen,  über  Hinweisung  auf  treffende  Parallelen,  Ver- 
gleichung  lateinischer  und  griechischer  Stellen,  immer  mit 
Bezugnahme  auf  den  im^  Schüler  zu  weckenden  und  auszubildenden 
Schönheitsinn  vorgetragene  dient  zum  beredten  Zeugnis  der  Einsicht 
und  Umsicht,  mit  welcher  der  Redner  alle  die  Stücke  hervorbringt  und 
zusammenfaszt,  die  als  lebens-  und  bedeutungsvolle  Factoren  eines  kern- 
haften ,  gediegenen  Gymnasialunterrichts  gelten. 

'Man  könnte  fragen',  äuszert  er  S.  16  — 17,  'weshalb  ich  die  ma- 
terielle Seite  der  Sache,  die  Schriftwerke  des  Altertums  ,  fast  ganz  aus 
den  Augen  gelassen  habe.  Ich  thät  es  absichtlich  und,  wie  mich  dünkt, 
nicht  mit  Unrecht.  Kein  (vernünftiger!)  Gymnasiallehrer  wird  den  In- 
halt zur  Nebensache  und  die  Form  zur  Hauptsache  machen.  Gerade 
die  neuesten  Schulausgaben  nehmen  auf  ein  allseitiges  Verständnis  des 
Inhalts  die  gebürende  Rücksicht.  Aber  man  soll  nicht  sagen  dasz 
jeder  Dilettant,  der  einmal  hineinblickt  (und  wäre  es  auch  zehnmal  und 
darüber!)  in  eine  Version  des  Horaz  oder  Sophokles,  denselben  Nutzen 
habe,  wie  der  fleiszige  Gymnasiast,  welcher  sich  mühsam  durcharbeitet 
durch  das  Original.     Die  deutsche  Uebersetzung  musz,    um  genieszbar 


80  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

zu  werden,  das  antike  Gewand  abstreifen  und  ein  modernes  anlegen. 
Jenes  antike  Gewand  aber  ist  nun  einmal ,  als  Gegensatz  zu  dem  Cha- 
rakter der  modernen  Sprachen  aufgefaszt ,  einer  der  mächtigsten  Hebel 
für  die  geistige  Durchbildung.  Möchten  das  doch  die  von  unsern  Geg- 
nern bedenken,  welche  ich  im  Eingange  als  materiell  gesinnte  Neuerer 
bezeichnete.  Sie  würden  nicht  immer  und  immer  rufen,  wir  hätten  allein 
künftige  Philologen  und  Theologen  im  Auge,  den  andern  böten  wir  nichts. 
Freilich  Gold  und  Silber  können  wir  niemandem  geben ,  aber  wir  geben 
unsern' Schülern  geistige  Schätze,  wir  machen  sie  geschickt  dem  mate- 
riellen Treiben  entgegenzuarbeiten  und  das  wahre  Glück  noch  in  andern 
Dingen  zu  suchen  als  in  Gütern  dieser  Erde.  Deshalb  wollen  wir  kei- 
neswegs die  begründeten  Forderungen  der  Gegenwart  ve?"ächtlich  ab- 
weisen. Wir  wollen  keine  sogenannten  Stockphilologen  sein.  Nicht 
Zweck  ist  uns  die  Kenntnis  des  Lateinischen  und  Griechischen,  nicht 
dasz  es  der  Schüler  lerne  betrachten  wir  als  Hauptsache,  er  soll  beide 
Sprachen  so  lernen,  dasz  er  daraus  für  das  Leben  einen  bleibenden 
Gewinn  zieht.  Daher  haben  wir  ja  die  mechanische  Methode  über  Bord 
geworfen,  daher  lassen  wir  die  calculierende  nicht  an  uns  heran,  mögen 
aiach  die  Zöglinge  jener  Anstalten,  in  denen  diese  letztere  zu  Grunde 
gelegt  ist,  weit  leichter  zum  Genusz  des  hymettischen  Honigs  kommen, 
als  dies  unsere  Zöglinge  im  Stande  sind.  Wir  haben  nichts  dagegen, 
wir  wünschen  sogar,  dasz  es  nicht  etwa  mel  Corsicum  werde.' 

Die  S.  17  — 18  an  die  Schüler  gerichteten  Worte  bekunden  in  ge- 
winnender Weise  ein  treues,  in  rechter  Liebe  zu  denselben  kräftig  ste- 
hendes Lehrergemüt,  einen  Mann  nach  dem  Herzen  Gottes,  dem  er  zu 
seinem  Amt  auch  Verstand,  Erkenntnis  und  Weisheit  gegeben.  Den  Schlusz 
(S.  18 — 19)  bildet  eine  patriotisch  -  innige ,  dem  König  Johann  darge- 
brachte Huldigung  mit  schönen  Gelöbnissen  unverbrüchlicher  Treue  und 
ehrfurchtsvoller  Liebe;  der  edle  Fürst,  der  sich  sicherlich  auf  den  Rath 
des  PI  in  ins  (Panegyr.  c.  75  §  5)  versteht:  ''discant  et  principes  accla- 
mationes  veras  falsasque  discernere',  wird  aus  den  Worten  des  Redners 
den  redlichen  und  aufrichtigen  Mann  schon  heraushören. 

Neustrelitz.  Eggert. 

IV. 

Die  Grundzüge  der  lateinischen  Prosodie  und  Metrik  in 
gänzlich  umgearbeiteter^  berichtigter  und  vervollständigter  Fas- 
sung von  Richard  Habenicht.  Leipzig ,  Teubner.  1860.  II 
u.  39  S. 
Das  kleine  Schriftchen,  auf  welches  Ref.  die  Aufmerksamkeit  der 
Fachgenossen  hinzulenken  beabsichtigt,  hat  sich  die  höchst  bescheidene 
Aufgabe  gestellt ,  die  Regeln  der  lateinischen  Prosodie  und  Metrik  in 
einer  genau  revidierten,  nach  eigenen  Studien  und  den  Forschungen  der 
neuern  Wissenschaft  berichtigten  Fassung  zum  Schulgebrauch  zusammen- 
zustellen. Alle  diejenigen,  welche  des  Verfassers  eingehende  Studien 
auf  dem  Gebiete  der  lateinischen  Metrik  aus  seinen  <■  Probeblättern  zu 
einem  neuen  Gradus  ad  Parnassum '  (Schulprogramm  des  Gymnasiums 
zu  Zittau  1859)  kennen  gelernt  haben,  werden  es  sicherlich  als  einen 
Akt  der  Selbstverleugnung  anerkennen,  dasz  derselbe  einen  guten  Teil 
seiner  mühsamen  Sammlungen  in  einem  Schulbüchlein  niedergelegt  hat, 
welches  die  Prosodie  auf  11,  die  Metrik  auf  21  Seiten  behandelt.  Um 
so  mehr  erscheint  es  als  Pflicht,  auf  die  kleine  anspruchslose  Arbeit, 
welche  entschieden  —  wie  Quintilian  sagt  —  ""plus  operae  quam  osten- 
tationis  habet',  speciell  aufmerksam  zu  machen.  Das  Hauptverdienst 
des  Verfassers  ist  unstreitig  das:  auf  Grund  eigener  Studien  und  unter 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  '  81 

trewissonhafter  Benutzung  der  kritisch-besten  Texte  sowie  der  metrischen 
Beobachtungen  Neuerer  mancherlei  falsches  ausgeschieden ,  bisher  über- 
sehenes nachgetragen ,  kurz  das  fast  ein  Jahrhundert  lang  in  Gramma- 
tiken und  metrischen  Handbüchern  ohne  wesentliche  Veränderungen  fort- 
geführte Material  neu  gesichtet  zu  haben ;  nicht  minder  verdient  aber 
das  überall  sichtbare  Bestreben  Anerkennung,  die  inetrisch  strengen  Dich- 
ter wie  Vergil  und  Ovid  und  die  laxeren  wie  Horaz  und  Catull, 
noch  mehr  aber  die  klassischen  und  vor-  oder  nachklassischen  streng 
auseinander  zu  halten  und  nur  auf  die  ersteren  metrische  Gesetze  zu 
begründen.  Der  bedeutendere  Teil  des  Buches  ist  ohne  Zweifel  die 
Metrik;  die  Lehre  vom  Distichon  (§  26  —  34),  von  den  Cäsuren  des 
Hexameters  (§  29),  von  den  versus  hypermetri  (§  31)  enthält  neben  dem 
allgemein  bekannten  auch  manche  feine  Observation ,  der  man  bisher 
noch  nirgends  oder  etwa  nur  in  Arbeiten  von  Lachmann  und  Haupt 
begegnet  sein  dürfte.  Freilich  musz  man  dabei  dem  Verf.  das  gute  Zu- 
trauen schenken,  um  das  er  in  der  Vorrede  bittet,  dasz  Behauptungen 
wie:  'findet  sich  selten',  'weniger  klassisch',  'wol  kaum  zulässig'  nicht 
aus  der  Luft  gegriffen  sind.  Um  wenigstens  einige  Beispiele  anzuführen, 
so  findet  sich  in  der  Prosodie  nicht  mehr:  immö,  ilicö,  octö  —  habe, 
tace,  mäne ,  iube  —  ibidem,  ubivis,  sexagintä  — ;  dagegen  werden 
sauguis,  pulvis,  odero,  dicito ,  cito,  quomodo  als  mittelzeitig  aufgeführt, 
wärend  die  landläufigen  Lehrbücher  die  Länge  oder  Kürze  schlechthin 
decretieren ;  die  Untersuchungen  aber  über  das  o  finale  der  3n  Declina- 
tion  und  Verba  sind  mit  dieser  Schärfe  der  Distinctionen  noch  nirgends 
geführt  worden  (vgl.  des  Verfassers  Probeblätter  usw.  S.  12.  13).  Der 
Gebrauch  der  positio  debilis  (§  5  c)  ist  wesentlich  beschränkt,  dagegen 
die  alte  Schulregel,  dasz  zweisilbige  Supina  lang  sind,  ganz  umgeworfen 
(§  4  Anmerk.  2);  über  die  Quantität  des  pro  in  Compositis  findet  sich 
eine  vollständigere  und  berichtigte  Zusammenstellung  des  vorkommenden 
Materials  (§  6  c)  u.  a.  m.  Viele  Regeln  haben  Abkürzungen  erfahren; 
sehr  sorgfältig  gewählt  aber  sind  die  Beispiele  S.  18.  19,  durch  die  eine 
ganze  Eeihe  von  Regeln  (besonders  die  überflüssigen  über  die  Endsilben 
griechischer  Wörter)  entbehrlich  geworden  sind.  —  Andererseits  kann 
freilich  Ref.  nicht  verhehlen,  dasz  er  manches  ungern  vermiszt  hat,  was 
sich  z.  B.  in  der  sehr  gründlichen  Behandlung  der  lateinischen  Metrik 
in  Krügers  lateinischer  Grammatik  findet  und  was  nicht  füglich  weg- 
bleiben durfte.  Ueberhaupt  hätte  der  Herr  Verf.  gut  daran  gethan,  die 
Vorarbeiten  anderer  mehr  zu  berücksichtigen;  es  würde  dadurch  sicher- 
lich sowol  die  Fassung  der  Regeln  als  auch  die  Anordnung  des  Materials 
gewonnen  haben.  Ref.  erlaubt  sich  auf  einiges  der  Art  aufmerksam  zu 
machen. 

§  2  konnte  die  Zahl  der  für  Schüler  sehr  instructiven  Beispiele 
durch  bigae,  tibicen,  veneficus,  alTus,  Stipendium,  sümo,  lenimen,  nölo, 
mSlo  vermehrt  werden ,  wogegen  das  ganz  unhaltbare  fecundus  n=:  feri- 
cundus  hätte  wegbleiben  sollen. 

§  3  muste  wol  des  zwischen  zwei  Vocale  eingeschobenen  h  Erwäh- 
nung geschehen,  bei  3  c  aber  ausdrücklich  angegeben  werden,  dasz  der 
berührte  Fall  nur  eine  selten  vorkommende  Licenz  sei. 

Bei  den  Ausnahmen  unter  4  vermiszt  man  die  Andeutung,  dasz 
soluis  und  totuis  sehr  schlecht  verbürgt  sind.  Dagegen  bei  den  unter 
6  konnte  füglich  erwähnt  werden,  dasz  das  Schwanken  des  vocalis  ante 
vocalem  im  Griechischen  oft  auch  im  Lateinischen  ein  Schwanken  der 
Quantität  zur  Folge  gehabt  habe  wie  in:  eous,  Nereis,  Malea  (chorea, 
platca?). 

§  4  ist  wol  diejenige  §,  welche  die  durchgreifendste  Umgestaltung 
verlangt  und  gewis  auch  in  einer  zweiten  Auflage  erfahren  wird.  Der 
Fall,    dasz   die  Wurzel   in    dem   e'inen  Priraitivum   sich   kurz   erhalten, 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.    II.  .AM.   1801.  Hft  2.  6 


82  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

wärend  sie  im  andern  (oder  in  den  Derivatis)  sich  verlängert  hat, 
muste  unbedingt  durch  eine  gröszere  Anzahl  von  Beispielen  erläutert 
werden ,  zumal  da  viele  der  in  Frage  kommenden  Wörter  wie  reges, 
leges,  vüces,  sedes,  dicere,  dncere  usw.  zu  den  häufigst  vorkommenden 
gehören.  Leicht  liesze  sich  aus  den  vorhandenen  Hülfsmitteln  ein  voll- 
ständiges Verzeichnis  der  im  Lateinischen  vorkommenden  Worte  von 
verschiedener  Quantität  bei  gleichem  Stamm  zusammenstellen;  die  vom 
Verf.  angegebenen  acht  Beispiele  geben  vor  allen  Dingen  gar  keine 
Auskunft  über  die  Häufigkeit  oder  Seltenheit  der  Erscheinung,  sie  geben 
aber  auch  keinen  Einblick  in  die  hierbei  obwaltenden  Sprachgesetze.  — 
Die  Anmerkung  1  über  die  zweisilbigen  Perfecta  enthält  manches ,  was 
der  Grammatik,  nicht  der  Metrik  angehört.  —  Zu  Anmerkung  3  liesze 
sich  wol  eine  etwa  so  formulierte  Note  hinzufügen:  'die  Perfecta:  bibi, 
tidi,  scidi  (scicidi?),  -  culi  (ceculi?)  sind  kurz,  weil  sie  (höchst  wahr- 
scheinlich) ehedem  eine  Reduplication  hatten ,  eine  Reduplication  ,  wie 
sie  sich  bei  tuli  nachweisen  läszt ,  bei  dedi ,  steti ,  stiti  noch  erhalten 
hat.'     Vgl.  Krüger  latein.  Gramm.  S.  120. 

§  5.  Bei  der  Ausnahme  zu  c  muste  wol  zur  Vermeidung  von  Mis- 
verständnis  vermerkt  werden,  dasz  der  usus  sich  bei  arbitror  und  gene- 
trix  durchgängig ,  bei  locuples  vorhersehend  für  die  Kürze  entschieden 
hat,  wärend  pigri,  libri  bei  guten  Autoren  wol  immer  lang  gebraucht 
werden.  Oder  kann  Hbri  auszer  mit  Hör.  Ep.  II  1  ,  217  noch  gut  be- 
legt werden? 

§  6.  Uebersehen  ist  die  Negation  ne  und  die  Erwähnung  von  negare, 
negotium,  nefas  u.  ä.  neben  nequidquam,  nJquam,  nequitia,  sowie  auch 
o  (=  ob)  in  ömitto.  Auch  die  Verlängerung  von  re  in  den  §  23  Anm. 
angegebenen  Wörtern  muste  wenigstens  durch  eine  Verweisung  auf  jene 
Stelle  hier  angedeutet  werden. 

§  9  b  3  hat  impune  (und  necesse?)  fälschlich  einen  Platz  neben 
bene  und  male  erhalten. 

§  15  c  2  empfiehlt  sich  wol  mehr  die  bisher  übliche  Fassung  der 
Regel :  'in  der  2n  Pers.  Sing,  der  Verba,  die  in  der  2n  Pers.  Plur.  -Itis 
haben.' 

§  19  Ausnahme.  Füge  hinzu:  Oedipüs,  Celtiber  (neben  Iber).  — 
Wenigstens  erscheint  eine  solche  Vollständigkeit  um  der  Ebenmäszigkeit 
willen  erforderlich,  wenn  §  20  Anm.  Specialitäten  wie  orichalcus  und 
polypus  erwähnt  werden. 

§  21  werden  wol  nur  durch  ein  Versehen  der  Brachys  und  Macer 
(et ,  t(")  unter  den  Versfüszen  mit  aufgeführt.  Zweckm.äszig  wäre  wol 
auch  die  ausdrückliche  Bezeichnung  der  Silbenverbindungen  gewesen, 
welche  in  regelmäsziger  Aufeinanderfolge  als  Versfüsze  ver- 
wendet werden,  d.  h.  ganze  Verse  bilden  können. 

§  22  läszt  es  unklar,  ob  man  auch  im  iambischen  und  trochäischen 
Verse  die  einzelnen  Versfüsze  'metra'  nennt;  wenigstens  geschieht  der 
bei  jenen  Versarten  üblichen  andern  Zählung  keine  ausdrückliche  Er- 
wähnung. 

§  23  war  wol  zu  bemerken ,  dasz  die  Verlängerung  kurzer  Silben 
durch  die  Arsis  in  keinem  Falle  auf  die  Mittelsilben  der  Worte  ausge- 
dehnt werden  darf,  dagegen  in  den  Anfangssilben  von  Wörtern,  die 
sonst  metrisch  nicht  verwendbar  sein  würden,  ganz  unverfänglich  ist,  zu- 
mal wenn  sich  irgend  ein  _  klassischer  Dichter  für  diese  Licenz  entschie- 
den hat,  wie  in  Prlamides,  Italia ,  religio,  röliquiae. 

§  25.  Warum  neben  der  Synizese  nicht  auch  der  Diäresis  und 
Syncope  mit  Angabe  der  Wörter,  auf  welche  sich  bei  guten  Motrikern 
diese  Freiheit  beschränkt,  Erwähnung  gethan  wird,  ist  nicht  recht  ab- 
zusehen. Auch  konnte  sich  Ref.  nicht  recht  klar  machen,  welchem 
praktischen  oder  wissenschaftlichen  Vorteil  zu  Liebe  den  'Abwechselungs- 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  83 

möglichkeiten'  innerhalb  der  einzelnen  Versarten  so  viel  Raum  (§  27. 
33.  40)  gewährt  worden  ist,  wärend  nirgends  darauf  hingewiesen  wird, 
dasz  die  Eleganz  des  Hexameters  wesentlich  im  melodischen  und  sinn- 
gemiiszen  Wechsel  von  Spondeen  und  Daktylen  besteht,  ferner  dasz  man 
von  einem  guten  Distichon  den  Abschlusz  entweder  des  ganzen  Gedankens 
oder  doch  eines  Gedankengliedes  erwartet.  Ueber  die  beschränkte  Zu- 
lässigkeit  des  spondiacus,  des  Endreims  in  den  beiden  Hälften  des  Hexa- 
meters, einer  gröszern  Interpunction  nach  dem  fünften  Fusze  u.  a.  m. 
vermiszt  man  ungern  eine  (wenn  aixch  nur  kurze)  Belehrung,  zumal  da 
die  versus  hypermetri  eine  ganze  §  ausfüllen. 

§  32,  1  heiszt  es  wol  deutlicher  statt  örtlich:  'durch  eine 
Pause  von  einem  halben  Takte.' 

Fast  alle  vom  Ref.  gemachten  Ausstellungen  beziehen  sich  lediglich 
auf  die  Brauchbarkeit  des  Schriftchens  als  Leitfaden  beim  metri- 
schen Unterricht;  in  dieser  Beziehung  liesze  sich  in  einer  zweiten 
Auflage  noch  mancherlei  bessern  und  nachtragen,  wie  ja  meist  derartige 
Versuche,  das  bestehende  zu  reformieren,  nicht  auf  den  ersten  Wurf 
völlig  gelingen.  Denn  die  Versuchung  liegt  zu  nahe,  indem  man  die 
Sünden  der  Väter  zu  verbessern  bemüht  ist,  auch  einen  Teil  ihrer  Ver- 
dienste dabei  mit  zu  übersehen.  Für  den  Philologen  und  Metriker  von 
Fach  wird  das  Scliriftchen  schon  in  seiner  jetzigen  Fassung  sich  als 
sehr  schätzbar  erweisen  und  auch  für  Schulen  mindestens  als  ebenso 
brauchbar  als  die  bisher  vorhandenen  Regelsammlungen,  welche  manche 
Punkte  vollständiger ,  andere  aber  entschieden  dürftiger  und  unzuver- 
lässiger behandeln. 

Druck  und  Papier  sind  gut;  von  Druckfehlern  ist  dem  Ref.  aufge- 
fallen: S.  12  Z.  18:  anlautend  statt  auslautend;  S.  13  Z,  3  unten:  vgl. 
statt  z.  B.;  S.  17  Z.  12:  Pyrrichius  statt  Pyrrhichius;  S.  19  Z.  5  schlieszt 
in  respondit  der  Versfusz  nach  d  statt  nach  n,  und  auch  sonst  wird  öfter 
der  Consonant  zur  vorhergehenden  anstatt  zur  folgenden  Silbe  gezogen  : 
ein  Punkt  über  den  man  wol  mehr  mit  dem  Verfasser  als  mit  dem  Setzer 
rechten  musz. 

Zittau.  _[ Dr  Theod.  Vogel. 

V. 
Vorschläge  zur  Einrichtung  von  lateinischen  Vocabularien  in  Ver- 
bindung mit  entsprechenden  Uebungsbüchern. 


Der  Gebrauch  von  zweckmäszigen  Vocabularien  und  Uebungsbüchern 
ist  für  das  Gedeihen  des  lateinischen  Unterrichts  so  wichtig,  dasz  jeder 
Beitrag  zur  Lösung  der  Frage,  wie  dieselben  einzurichten  seien,  will- 
kommen sein  musz.  Die  Sache  ist,  namentlich  in  Betreff  der  Vocabu- 
larien ,  noch  keineswegs  völlig  erledigt.  Denn  es  sind  auch  nach  dem 
Erscheinen  der  sonst  vortrefflichen  Arbeiten  von  Bonüell  und  Döderlein 
manche  Lehrer  mit  der  jetzt  herschenden  Methode  des  Vocabellernens 
aus  dem  Grunde  nicht  einverstanden,  weil  sie  derselben  die  Wirkung 
einer  bedenklichen  Begünstigung  des  blos  mechanischen  Gedächtnisses 
zuschreiben.  Durch  die  Erwägung  dieses  Bedenkens  ist  der  unterzeich- 
nete zu  dem  Entwurf  eines  Planes  für  die  Einrichtung  von  Vocabularien 
in  systematischer  Verbindung  mit  Uebungsbüchern  geführt,  welchen  er 
seinen  Fachgenossen  zur  Prüfung  und  weitern  Entwickelung  hiermit 
vorlegt. 

Derselbe  geht  von  dem  Grundsatz  aus,  dasz  das  Vocabellernen  um 
so  zweckmäsziger  sei ,  je  rascher  und  nachhaltiger  der  dadurch  gewon- 
nene  sprachliclae   Stoff   zur   Verwendung   komme,    je  mehr    dieser   also 

6* 


84  Kurze  Anzeigen  und  MisceUen. 

einen  stets  fertigen ,  lebendigen  Gedäclitnisreichtnm  bilde.  Diesem 
Grundsatz  gemäsz  sollen  dem  lateinischen  Unterricht  Vocabularien  zum 
Grunde  gelegt  werden  ,  deren  Stoff  nur  aus  den  in  den  Schulen  gelese- 
nen Klassikern,  zunächst  aus  Nepos  und  Cäsar,  entnommen  und  auf 
die  drei  untern  Unterrichtsstufen  so  verteilt  ist ,  dasz ,  wenn  die  Schü- 
ler zur  Leetüre  des  Nepos  und  später  des  Cäsar  schreiten,  sie  den  darin 
enthaltenen  Wortschatz,  mit  Ausnahme  der  seltneren  Wörter,  zur  Ver- 
fügung bereit  haben. 

In  der  engsten  Verbindung  mit  diesen  Vocabularien  stehen  in  ent- 
sprechende Curse  geteilte  Uebungsbücher  ,  welche  lateinisclie  und  deut- 
sche Sätze  zum  Uebersetzen  enthalten,  gebildet  aus  denjenigen  Wörtern 
des  Vocabulariums ,  welche  von  den  Schülern  vorher  auswendig  gelernt 
sein  müszen.  In  den  seltenen  Fällen,  wo  es  sich  nicht  gut  vermeiden 
läszt,  ein  noch  nicht  gelerntes  Wort  zu  gebrauchen,  wird  dieses  bei 
dem  Text  des  Uebungsbuches  gleich  mit  angegeben.  Kommt  ein  synony- 
mer Ausdruck  von  einem  gelernten  Worte  vor ,  so  wird  das  Wort  in  der 
gelernten  Bedeutung  in  gleicher  Weise  dazu  gegeben.  Auf  diesem  Wege 
soll  der  Schüler  nach  und  nach  in  den  gesicherten  Besitz  eines  sprach- 
lichen Materials  gelangen ,  welchem  nur  sehr  wenige  bei  Nepos  und 
Cäsar  nicht  vorkommende  Wörter  hinzugesetzt  zu  werden  brauchen, 
damit  eine  relative  Vollständigkeit  für  den  Gymnasialunterricht,  zunächst 
in  den  untern  und  mittlem  Klassen ,  erreicht  werde.  Dabei  wird  sich 
herausstellen ,  dasz  so  weder  das  Masz  des  Verständigen  überschritten, 
noch  der  Kreis ,  in  welchem  sich  die  Alten  bewegten ,  verlassen  wor- 
den sei. 

Es  geben  nun  ferner  die  Vocabularien  den  Stoff  zu  der  Erlernung 
und  Einprägung  der  Wortformen  und  schlieszen  sich  zu  diesem  Zweck 
genau  an  den  Gang  der  Schulgrammatik  an,  so  dasz  diese  die  Wörter 
für  ihre  Paradigmata  aus  dem  Vocabularium  entnehmen  und  in  der  Re- 
gel der  Angabe  weiterer  Uebungsbeispiele  füglich  entbehren  kann. 

Nach  den  hier  kurz  dargelegten  Grundsätzen  nun  sind  folgende  Vo- 
cabularien und  Uebungsbücher  behandelt  worden : 

Lateinisches  Vocahnlarium  für  Anfänger ,  grammatisch ,  sachlich  und  ety- 
mologisch geordnet ,  in  Verbindung  mit  entsprechenden  Uebungs- 
büchern  zum  Uebersetzen  aus  dem  Lateinischen  ins  Deutsche  und 
aus  dem  Deutschen  ins  Lateinische,  von  Dr  Christian  Ost  er- 
mann, ordentlichem  Hauptlehrer  an  dem  Gymnasium  zu  Fulda. 
Erste  Abteilung.  Für  Sexta. 
Uehiingshuch  zum  Uebersetzen  aus  dem  Lateinischen  ins  Deutsehe  und 
aus  dem  Deutschen  ins  Lateinische ,  im  Anschlusz  an  ein  gramma- 
tisch, sachlich  und  etymologisch  geordnetes  Vocabularium.  Erste 
Abteilung.  Für  Sexta.  Von  demselben. 
In  gleicher  Weise  Vocabulariwn  sowie  Uebungsbuch  für  Quinta. 

Alle  sind  1860  zu  Leipzig  bei  Teubner  erschienen.  Die  folgenden 
Abteilungen  werden  demnächst  erscheinen. 

Der  unterzeichnete  hält  sich  um  so  mehr  für  berechtigt  auf  diese 
Arbeit  aufmerksam  zu  machen  und  dieselben  für  den  lateinischen  Un- 
terricht zu  empfelden,  weil  die  Abteilungen  für  Sexta  seit  Ostern  und 
die  für  Quinta  seit  dem  Herbst  in  dem  hiesigen  Gymnasium  gebraucht 
werden  und  sich  in  dieser  Zeit  als  vortrefflich  bewährt  haben.  In  den 
Vorreden,  namentlich  zu  dem  Uebungsbuch  und  zu  dem  Vocabularium 
für  Sexta  spricht  sich  der  Herr  Verfasser  über  die  von  ihm  zur  An- 
wendung gebrachte  Methode  näher  aus.  Diese  wird,  falls  sie  zu  allge- 
meinerer Anwendung  kommen  sollte,  wol  mit  der  Zeit  die  Wirkung  ha- 
ben, dasz  die  bisherigen  Gegner  des  Vocabellernens  mit  demselben  aus- 
gesöhnt werden;  um  so  mehr,  da  die  fleiszig  vorzunehmenden  Wieder- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.     85 

boliingen  nicht  als  mechanische ,  sondern  als  grammatische  Gedächtnis- 
übungen betrieben  werden  sollen.  Es  sind  nemlich  je  nach  dem  Masze 
der  fortschreitenden  Kenntnis  des  grammatischen  Stofl's,  besonders  zu 
mündlichen  Uebungen,  die  Vocabeln  manigfaltig  zu  benutzen,  so  bei- 
spielsweise die  Substantiva  in  verschiedenen  Casus  und  Numerus,  die 
Adjectiva  in  verschiedenen  Genus,  Gradus ,  Casus,  Numerus,  die  Verba 
in  verschiedenen  Tempus,  Modus  usw.,  mit  zweckmäsziger  Abwechse- 
lung abzufragen  Durch  ein  solches  Verfahren  wird  denn  wol  unzwei- 
feliiaft  der  Schüler  dazu  angeleitet,  dasz  er  mit  seinem  Gedächtnisstoff 
nicht  jxcdankenlos  umgehe  und  sich  desselben  mit  der  Zeit  als  eines 
lebendigen  Schatzes  bewust  werde. 

Fulda.  Wesener. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 


Gera  IS60.]  Subrector  Wit t ig  wurde  wegen  ernsteren  andauern- 
den Unwohlseins  auf  sein  Nachsuchen  quiesciert;  die  Stelle  desselben 
wurde  dem  zunächststehenden  Collegen  Dr  Schaarschuh  übertragen. 
Der  Lein-er  der  französischen  Sprache  Dr  Fiebig  folgte  dem  an  ihn 
ergangenen  Rufe  an  das  Gymnasium  zu  Schleiz ;  an  seine  Stelle  trat 
provisorisch  der  Lehrer  der  französischen  und  englischen  Sprache  Bie- 
ring.  Der  gegenwärtige  Bestand  des  Lehrercollegiums  ist  im  Programm 
nicht  aufgeführt.  Schülerzahl  246  (I  14,  II  15,  III  27,  IV  50,  Pro- 
gymnasiura  I  59,  II  81).  Abiturienten  7.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus  eine  Abhandlung  vom  Adjunctus  Schmidt:  die  biblische  Geschichte 
in  Proyymnasialklassen  (12  S.  4).  Dr  Ostermann.. 

lieber  die  Gymnasien  des  Groszherzogtums  Hessen-Darmstadt 
berichten  wir  aus  den  Ostern  1800  erschienenen  Programmen  wie  folgt: 

1,  BÜDINGEN.]  Der  Lehramtscandidat  Dr  Marx  vollendete  im  Herbst 
seinen  Access  und  ist  seitdem  als  Lehrer  in  eine  anderweitige  Stelle  ein- 
getreten. Dem  Gymnasiallehrer  Dr  Haupt  wurde  der  Charakter  als 
Professor  erteilt.  Personalbestand  der  Lehrer :  Oberstudienrath  Director 
DrThudichum,  Professor  Dr  Haupt,  DrBlüramer,  Steinhäuser, 
Dr  Lotheiszen,  Decan  Meyer  (Religionslehrer),  Fix  (Lehrer  der 
Mathematik),  Facii  (Sing-  und  Schreiblehrer).  Schülerzahl  am  Ende 
des  Schuljahrs  60  (I  20,  II  17,  III  13,  IV  10).  Abiturienten  5.  Den 
Schulnachrichten  folgt:  Studien  über  John  Milt07is  poetische  Werke.  Von 
Dr  Lotheiszen  (37  S.  4). 

2.  Darmstadt.]  Der  Gymnasiallehramtscandidat  Dr  Weis  erhielt 
die  Zulassung  zum  Access.  Den  Gymnasiallehrern  Kayser,  Dr  Fried- 
rich Zimmermann  und  Dr  Georg  Zimmermann  wurde  der  Cha- 
rakter 'Professor'  verliehen.  Der  bisher  provisorisch  angestellte  Dr 
Köhler  wurde  zum  ordentlichen  Lehrer  des  Gymnasiums  ernannt.  Zu 
Ostern  1860  verliesz  die  Anstalt  nach  beendigtem  Access-  und  Probe- 
jahre der  Gymnasiallehramtscandidat  Dr  Becker,  um  seine  Thätigkeit 
am  Gymnasium  zu  Saarbrücken  fortzusetzen ,  woselbst  ihm  eine  provi- 
sorische Lehrerstelle  zuteil  geworden  ist.  Dem  Gymnasiallehramtscan- 
didaten  und  Prinzenlehrer  Dr  Maurer,  welcher  um  dieselbe  Zeit  seinen 
Access  beendigte,  wurde  gestattet  als  Volontär  am  hiesigen  Gymnasium 
einige  Lehrstunden  wäread  des  Sommersemesters  zu  erteilen.    Am  Schlusz 


86     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

des  Wintersemesters  wurde  Kaplan  Dr  Vosz,  welcher  den  katholischen 
Religionsunterricht  erteilte,  als  Pfarrer  nach  Alzey  berufen  und  Kaplan 
Beyer  zu  seinem  Nachfolger  bestimmt.  Der  bisher  als  Volontär  mit 
einigen  Lehrstunden  beschäftigte  Gymnasiallehramtscandidat  Dr  Fritsch 
folgte  einer  Berufung  nach  Frankfurt  a.  M.  als  Lehrer  an  der  dortigen 
Mittelschule.  Mit  Beginn  des  folgenden  Schuljahrs  wird  Dr  G aquo  in 
seinen  Access  beginnen.  Personalbestand  der  Lehrer:  Director  Professor 
Dr  Boszler,  Hofrath  Dr  Lauteschläger,  Hofrath  Haas,  Professor 
Kays  er,  Professor  Dr  Friedrich  Zimmermann,  Dr  Bender,  Pro- 
fessor Dr  Georg  Zimmermann,  Dr  Hüffell,  Wagner,  Hofrath 
Becker,  Dr  Lucius,  Dr  Köhler;  auszerordentliche  und  Hülfslehrer: 
Oberconsistorialrath  und  Stadtpfarrer  Dr  Rinck,  Kaplan  Beyer,  Pro- 
fessor Baur,  Hofkupferstecher  Rauch,  Canzleiinspcctor  Müller,  Hof- 
musikdirector  Mangold,  Oberbaurath  Dr  Müller,  Brehm  (Turnen); 
Accessisten:  Dr  Maurer,  Dr  Weis,  Dr  Gaquoin.  Schülerzahl  224 
(I  17,  II  27,  III  43,  IV  39,  V  40,  VI  29,  VII  29).  Abiturienten  19. 
Den  Schuluachrichten  folgt:  Bemerkungen  zu  Livius  Hb.  XXI  und  XXII 
von  Professor  Kays  er  (20  S.  4).  Die  behandelten  Stellen  sind:  XXI 
3,  1;  18,  7;  19,  9;  20,  9;  22,  1;  25,  10;  27,  4;  30,  7;  32,  7;  34,  4; 
36,  7;  38,  6;  40,  7;  44,  6;  49,  7;  54,  1;  54,  4;  56,  1;  59,  7;  60,  4. 
XXII  l  extr.;  2,  3;  3,  9;  4,  4;  12  in.;  13,  6;  17,  7;  24,  9;  30,  5; 
32,  3;  34  extr.;  36,  7;  41,  7;  47,  3;  47,  4;  49,  3;  50,  9;  51  extr.; 
54,  7;  59,  11;  60,  22—24. 

3.  GiESZEN.]  Der  Gymnasiallehramtscandidat  Dr  Oszwald  hat 
den  zu  Herbst  1858  angetretenen  Access  am  Gymnasium  zu  Herbst  1859 
beendigt;  der  Access  des  Gymnasiallehramtscandidaten  Dr  Calmberg 
gieng  mit  dem  Schlüsse  des  Schuljahrs  zu  Ende.  Personalbestand  der 
Lehrer:  Director  Dr  Geist,  Professor  Dr  Soldan,  Dr  Glaser,  Dr 
Diehl,  Dr  Rumpf,  Dr  Hainebach,  Dr  Beck,  Dr  Köhler,  Dr 
Dölp;  auszerordentliche  Lehrer:  Musikdirector  Hof  mann  (Gesang), 
Eeallehrer  Dr  Hanstein  (Englisch),  Professor  Dr  Fluck  (kathol.  Ee- 
ligionslehrer),  Reallehrer  Dickore  (Zeichnen).  Schülerzahl  151  (I  31, 
II  55,  III  22,  IV  15,  V  13,  VI  15).  Abiturienten  9.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Dr  Hainebach:  die  Wurzeln 
FEZ  und  ES  mit  ihren  Ableitungen  (29  S.  4)  *).  Zwei  Vorgänge  hätten 
in  der  griechischen  Sprache  eine  tief  greifende  Störung  zur  Folge  ge- 
habt, der  eine  und  bei  weitem  der  bedeutendste  sei  der  frühe  Untergang 
des  sogenannten  Digammas,  der  andere  die  häufige  Verdrängung  der 
Dentalspirans  a.  Durch  den  ersteren  namentlich  seien  viele  ursprüng- 
liche klare  Verhältnisse  getrübt  und  bei  einer  nicht  unbedeutenden  Zahl 
von  Wurzeln  und  Wörtern  der  zarte  Unterschied,  der  sie  von  andern 
sonderte,  verwischt  worden.  Es  sei  daher  von  der  gröszten  Wichtigkeit 
die  Reste  und  Spuren  jenes  verschwundenen  Lautes  scharf  ins  Auge  zu 
fassen  und  in  ihrer  Bedeutung  geltend  zu  machen.  Nur  so  sei  die  Mög- 
lichkeit gegeben  viele  für  abnorm  geltende  grammatische  und  metrische 
Erscheinungen  zu  begreifen,  viel  heterogenes,  was  zusammenzugehören 
scheine,  zu  scheiden  und  auseinander  zu .  halten.  Vor  allem  scheine 
eine  durchgreifende  Behandlung  der  ursprünglich  getrennten  und  durch 
den  Verlust  jenes  Lautes  gleich  gewordenen  Wurzelpaare  mit  ihrer  Des- 
cedenz  notwendig.  Das  Wurzelpaar  feq  und  fg  gehöre  zu  den  interes- 
santesten der  ganzen  Gruppe.  Beide  seien  zugleich  in  hohem  Grade 
belehrend  in  Bezug  auf  den  Wegfall  der  Dentalspirans  ff ,  beide  hätten 
eine  ansehnliche  Zahl  von  Wörtern  erzeugt,  die  offenbar  in  die  ursprüng- 
lichen Zeiten  des  griechischen  Volkes  hineinragten ,  beide  erschienen 
unverkennbar  auch  in  den  verwandten  Sprachen,  wo  sie  ebenfalls  durch 

*)  S.  die  erste  Abteilung  S.  86.  D.  R. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slatisl.  Notizen.     87 

viele  Fäden  mit  dem  uralten  Leben  verweben  seien.    I)  Die  Wurzel  feg 
und   ihre   Ableitungen.     Der   Form    nach    geordnet    folgen    sie   also    auf 
einander:    ei-ufisvij   und    i-cca&v)];    fu-ccvög ,   s-avöq    und   L-av6s;   ii-kq, 
i'-KQ  luid  i'-ap;  tl-cc(o  und  s-dco^  f-wfifT';  s-äcov;  s-avricpoQos  —  si-vv(ii; 
si-rvco  ;    ff-fta ,    f-fto:    und    ificcriov;   iv-vv(ii.;    fr-ivta;  tfi-^cc  —  'Tj-fia; 
rj-iog;    ^-'ia;    in-rl-ia;    iQ-fiUL;    Tj-ftfpog;    rja-vxog;    ia-&rjs ;     sa-nsQog- 
sa-ticc  und  iff-Tta;  fcff-Tios";  ^cp-fo-riog,  in-£a-riog  und  iTt-ta-viog  —  cia- 
zv;  da-zög  —   la-%vg.    Am  Schlusz  des  ersten  Teils  werden  die  behan- 
delten Wörter  nochmals  zusammengestellt,  und  zwar  mit  Beifügung  des 
F  und  des  <?,  wo  dieses  nemlich  geschwunden  ist,  damit  man  sich  durch 
den  Augenschein  überzeuge,  wie  leicht  und  natürlich  dieselben  sich  an 
ihre  Wurzel  anschlieszen.     fäa-vv^i  ifiv  vi'fii,  j^SL-vvixi),  fsa-vvoi  (ßsv- 
vvoi  y  fsi-vv(o),  f^a-{ia  (/äfi-ua,  y^i-fia,  ft-(icc),  f£a-&t]g,  f^o-fiu  (fij- 
fia),  fsa-cc(i£vrj  { pSL-a^ievr]^,  frJG-Log  (fjj-iog),  fjja-icc  (fr]-'Ca),  J^sa-dcov 
(fs-dwv),  ysc-avog  (ffi-avog ,  fs-av6g) ,   fsa-avrjrpÖQOg  (ßs-ciV7]cpÖQog), 
fsG-(XQ  (j^£i-aQ,  fi-ciQ),  fsa-nsQog,  füa-rv,  faa-tog,  J^sa-ricc  und  fia-ria, 
fsa-zLog,   J^TJa-^ai  (frj-^ai),   fja-vxog,  J^rja-iiSQOg  (fij-^isgog) ,   fta-xvg, 
J^S6-(xa>  (fiL-dta,  fs-dco),  fsa-c3^isv  (fs-cjfisv).      II)    Die  Wurzel  sg    mit 
ihren  Ableitungen.    Dahin  werden  gerechnet:  si-^i;  sa-ai'a;  li-og'f;  iri-ccQ, 
i'-ag,  TJ'KQ,  t'-ap?;  sa-rw ;  ia-Tvg :,  ^vv-ij-iog;   ^vv-7]-cov ;  i-og;  i-vg,  jj-vg; 
iaa-VTBQog  (iß-vzfpog'?);  sa-v^og;  ia-9lög;  fi-aog;  S-rjtrjg;  ^'-&og;  s-z6g. 
£-Tfog;    s-zccv6g;    i-z£cöv(,og;    i-rd^co;    s-zv^og;    izTqzv^og  und    arszv^og; 
i-tv(icoviog;   ot-ai;    öa-zfov.     Das    a   dieser   Wurzel    sei    denselben   Ein- 
flüssen   und  Veränderungen  unterworfen    wie    das   der  Wurzel  f8g,    nur 
dasz    sein  Wegfall   noch    weitere  Fortschritte   gemacht    habe.     Zwischen 
zwei  Vocalen   sei   es  ,  wenn  man  f'a-vfiog  und  sG-vzsgog  ausnehme  ,  nir- 
gends geblieben,  oft  habe  es  selbst  in  einem  folgenden  r  und  -S"  keinen 
Schutz  gefunden,   woran  sich    das   6  doch   sonst    so  gern   anlehne.     Da 
man  die  grosze  Aehnlichkeit  der  Wurzeln  fsg  und  sg  in  jeder  Beziehung 
wahrnehme,   so  dürfe  man  schon  um    deswillen  voraussetzen,  dasz  wie 
bei  fsg  so  auch  bei  fg   nicht  s,  sondern  a  der  ursprüngliche  Vocal  ge- 
wesen  sei.     Nur  das  Sanskrit  habe   diesen  bewahrt ,    wo  die  Wurzel  as 
laute.     Im  Lateinischen   und  Deutschen  sei  das  a  bei   dem  verbum  sub- 
stantivum    ebenfalls    nicht   mehr    sichtbar;    indes    dürfte    doch    manche 
Nominalbildung  vorhanden  sein,  die  es  gerettet  habe  (das  altlateinische 
ass-ir    oder    ass-er).      Schlieszlich    wird    der    ursprüngliche    Begriff   der 
Wurzel  sg  bestimmt:    da  wir  fänden  dasz  dem  abstracten  Sein,  wo  wir 
ihm  sonst  begegnen,  ein  concreter  Begriff  zu  Grunde  liege,  wie  hauchen, 
stehen,  sitzen,  bleiben,  so  dürften  wir  annehmen  dasz   es  auch  mit  fiftt 
nicht  anders  sei.     Curtius  (Grundz.  S.  344)  sei  der  Meinung,  dasz  es 
ursprünglich    hauchen ,    athmen    bedeutet   habe ,    aber    die    dafür   beige- 
brachten Gründe   erschienen  nicht  probehaltig.     Es   sei    viel  eher  anzu- 
nehmen dasz    sein    eigentlicher  Begriff  fest  sein ,   bestehen  gewesen  sei, 
eine  Vermutung   die    sich    wenigstens    auf  den  wirklichen  Gebrauch  des 
Wortes  stütze. 

4.  Mainz.]  Professor  Bone,  bisher  Director  am  Gymnasium  zu 
Recklinghausen,  wurde  zum  Director  ernannt.  Den  Gymnasiallehrern 
Dr  Becker,  Gredy,  Dr  Hennes,  Klein  und  Scho  eller  wurde  der 
Charakter  'Professor'  verliehen.  Der  evangelische  Religionsunterricht, 
welcher  bisher  von  dem  Superintendenten  Dr  Schmitt  erteilt  %vurde, 
ist  anfangs  dem  zum  Verweser  der  zweiten  evangelischen  Pfarre  er- 
nannten Pfarrverweser  Schuchard,  nach  definitiver  Wiederbesetzung 
der  zweiten  evangelischen  Pfarrstelle  dem  dafür  ernannten  Pfarrer 
Bauer  übertragen  worden.  Dr  Schumacher  wurde  zum  Access  zu- 
gelassen. Personalbestand  der  Lehrer:  Director  Professor  Bone,  kathol. 
Religionslehrer  Eni  er,  evangelischer  Pfarrer  Bauer;  ordentliche  Lehrer 
(alphabetisch):  Professor  Dr  B  eck  er,  Dr  Billhardt,  Professor  Gredy, 


88     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

Professor  Dr  Hennes,  Dr  Keller,  Kiefer,  DrKillian,  Professor 
Klein,  Li  ndenschmit  (Zeichenlehrer),  Dr  Muni  er,  Dr  Noire',  Pro- 
fessor Schoeller,  Dr  Stigell,  Dr  Vogel;  auszerordentliche  Lehrer: 
Dr  Hatteraer  (Repetitor),  Hona  (Gesanglehrer),  Vey  (Turnlehrer), 
We  rner  (Schreiblehrer);  Accessist  Dr  Schumacher.  Schülerzahl  am 
Schlüsse  des  Scliuliahrs  239  (I  10,  II  20,  III  28,  IV  31  ,  V  26,  VI  35, 
VII  37,  VIII  4(j).  Abiturienten  20.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  : 
einige  TVorte  über  Belohnung.  Ein  Beitrag  zur  Gymnasialpädagogik  von 
Dr  Keller  (18  S.  4).  1)  Belohnung  durch  Beweise  der  Achtung  und 
Liebe.  2)  Belohnung  durch  Anerkennung.  3)  Belohnung  durch  aus- 
drückliches Lob.     4)  Belohnung  durch  Prämien, 

5.  Worms.]  Nachdem  Dr  Hangen  seinen  Access  beendet  hatte, 
schied  er  von  der  Anstalt,  um  einer  Einladung  zu  einer  Lehrstelle  an 
der  Privat -Lehranstalt  des  Dr  Eisenbach  zu  Darmstadt  zu  folgen. 
Personalbestand  der  Lehrer:  Director  Dr  Wiegan d,  Eoszmann, 
Seipp,  Schüler,  Dr  Hobel,  Dr  Eich,  Dr  Glaser,  Dr  Uhrig,  Dr 
Burger,  Dr  Reis,  Reusz  (kathol.  Religionslehrer),  Wundt  (evangel. 
Religionslehrer),  B  esseis  (Israel.  Religionslehrer),  Hoffmann  (Zeich- 
nen). Schülerzahl  am  Ende  des  Schuljahrs  187,  und  zwar  102  Schüler 
des  Gymnasiums  (I  11  ,  II  15,  III  30,  IV  4ti)  und  85  Schüler  der  Real- 
schule (I  12,  II  20,  III  25,  IV  28).  Abiturienten  7.  Den  Schulnach- 
richten folgt  eine  Abhandlung  von  Dr  Uhr  ig:  die  Gefangenschaft  des 
Königs  Franz  I  von  Frankreich  (26  S.  4).  Br  Ostermann. 


Mecklenburgische  Programme   vom  Jahre  185  9. 

1.  Friedländisches  Gymnasium.]  Der  Conrector  Dr  Krahner  schied 
aus  dem  Lehrercollegium,  um  das  Directorat  des  Gymnasiums  in  Stendal 
zu  übernehmen;  desgleichen  trat  der  erste  Lehrer  der  Bürgerschule 
Hegenbarth  aus  seiner  bisherigen  Stellung;-  durch  Abänderungen  in 
der  Stundenzahl  mehrerer  Klassen  wurden  die  nötigen  Lectionen  durch 
das  Lehrercollegium  besetzt.  Das  Conrectorat  ward  dem  Prorector  Dr 
Dühr,  das  Prorectorat  dem  Subrector  Funk  übertragen,  der  Cand. 
theol.  Langbein  als  fünfter  Gymnasiallehrer  und  Subdirigent  der 
Bürgerschule  angestellt.  Zu  dem  50jährigen  Jubiläum  des  Kirchenrath 
Buchka,  eines  früheren  Zöglings  des  Gymnasiums,  gratulierte  das 
Lehrercollegium  durch  ein  Programm:  quaestio  de  Ans  er  e  poeta,  qua 
Theophilo  Gerardo  Buchka,  verum  sacrarum  apud  Megalopolitanos 
Schwanbeccenses  moderatori,  olim  disciplina  scholae  Friedlandien~ 
sis  inslituto,  celebritatem  eius  diei,  quo  ante  hos  quinquaginta  a?inos  publi- 
cum sacerdotium  iniit ,  rebus  ad  vota  ßuentibus  instauratam  gratulatur  colle- 
garum  nomiiie  Dr  Robertus  Ungerus,  Director;  zu  dem  50jährigen 
Jubiläum  des  Bürgermeisters  Scholarchen  und  Hofraths  Schröder 
durch  eine  gleichfalls  vom  Director  Dr  Unger  abgefaszte  Abhandlung 
de  Lucani  Heliaois;  endlich  zu  dem  50jährigen  Jubiläum  des  Pastor 
Leuschner,  der  von  Michaelis  1808  bis  Ostern  1818  dem  Lehrercol- 
legium angehört,  durch  ein  Programm,  für  welches  alle  Lehrer  Beiträge 
geliefert  hatten  (Corollarium  über  die  lateinische  Fausti7ischrift  zu  Leipzig, 
über  Gelb'us  19  ,  9  und  die  Amazonis  des  Domitius  Marsus  vom  Director, 
griechisc/ij  Ode  vom  Conrector  Dr  Dühr,  Abhandlung  über  Hom.  IL  V  490 
vom  Prorector  Funk,  zur  Theorie  der  Flächen  zweiten  Grades  von  Flem- 
ming,  kurze  Entwicklung  des  neutestam.  Begriffes  cä^i,  von  Langbein). 
Das  Lehrercollegium  bestand  aus  den  Herren:  Director  Dr  Unger, 
Conrector  Dr  Dühr,  Prorector  Funk,  Flemming,  Langbein,  Cantor 
P  fitzner.  5  Klassen:  135  Schüler  (59  Auswärtige;  I  5,  II  10,  III  35, 
IV  38,    V  41).     Abiturient  1.     Abhandlung   vom   Conr«ctor   Dr   Dühr: 


Berichte  über  gelehrte  Ansiallen,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.     89 

(eingehende  und  scharfe)  Bemerkungen  zu  der  von  C.  von  Orelli  heraus- 
gegebenen Hirzc Ischen  französischen  (hrimmnlik  {Fovtsetznn^  8.45 — 73.  4). 

2.  Güstrow.]  Groszherzogliche  Dom  seh  nie  (gegründet  4.0c- 
toher  1552,  vgl.  Dr  Raspe:  zur  Geschichte  der  Güstrower  Domschule. 
Güstrow  1852.  Einladungsschrift  zum  dreihundertjiihrigen  Jubililum  des 
Gymnasiums.  100  S.  4),  Lehrercollegium:  Director  Dr  Raspe,  Ober- 
lehrer M  a  1 1  h  ä  i,  Dr  Ernst,  Aken,  Vermehren.  Löscher.  4  Klas- 
sen: flS  Schüler,  darunter  Auswärtige  59  (1  17,  II  22,  III  32,  IV  27). 
Abiturienten  2.  Am  12.  April  1858  starb  der  Protoscholarcli  der  Dom- 
schule Superintendent  und  Consistorialrath  Dr  H.  Vermehren,  der 
eine  Reihe  von  Jahren  dem  Lehrercollejjium  angehörte.  Der  Lehrer 
Löscher  ward  zum  Hülfsprediger  in  Schwaan  berufen.  Ueber  die 
Ostern  1859  ins  Leben  getretene  Erweiterung  des  Gymnasiums  haben 
wir  bereits'  im  Juniheft  des  vorigen  Jahres  berichtet.  Abhandlung  von 
Dr  Ernst:  Grundlinien  zu  einer  Geschichte  der  deutschen  Nationallitteratur. 
I.  alte  und  mittlere  Zeit  (18  S.  4). 

3.  Neüstrelitz.]  Gymnasium  Carclinum.  Das  im  Programm 
nicht  namentlich  aufgeführte  Lehrercollegium  bestand  aus  den  Herren: 
Schulrath  Director  Dr  Rättig,  Professor  Dr  Ladewig,  Professor 
Michaelis,  Vilatte.  Mi  lar  eh.  Fül  dner,  Cantor  Messing,  Bluhm, 
Knebusz,  Kankelwitz.  5  Klassen:  153  Schüler,  darunter  57  Aus- 
wärtige (I  11,  II  15,  m  27,  IV  31,  V  69).  Abiturienten  5.  Elementar- 
schule 3  Klassen,  220  Schüler,  darunter  26  Auswärtige  (I  52,  II  77, 
III  91).  Die  erkrankten  Lehrer  Professor  Michaelis  und  Fül  dner 
wurden  durch  den  Privatgelehrten  Latendorf  vertreten.  Ein  früherer 
Schüler  des  Gymnasiums,  Rentier  Mater,  der  ohne  Aussicht  auf  eine 
Existenz  nach  Australien  ausgewandert  und  jetzt  mit  zeitlichen  Gütern 
gesegnet  ist,  hat  die  Summe  von  jährlich  lUO  Thalern  überwiesen  zum 
Stipendium  für  einen  solchen  Schüler,  der  sich  dem  höhern  gewerblichen 
Stande  zu  widmen  beabsichtigt.  Abhandlung  des  Lehrers  Milarch: 
die  Auferstehung  Jesu  Christi  im  Verhältnis  zu  unserer  Auferstehung  nach 
Paulinischem  Lehrbegriff  (14  S.  4).  Der  Herr  Verf.  findet  in  dieser  nach 
Inhalt  und  Form  gleich  ausgezeichneten  Abhandlung  ein  dreifaches  Ver- 
hältnis zwischen  Christi  Auferstehung  und  der  unsrigen.  Christi  Aufer- 
stehung sei  die  Versicherung,  der  Grund  imd  das  Vorbild  der 
unsrigen,  affirmatio  ,  causa,  exemplum.  Im  übrigen  s.  unsere  Anzeige 
in  Reuters  Repertorium. 

4.  Parchim.]  Gr  oszh  erz  ogliches  Fr  iedri  c  h-Fr  anz-Gym- 
nasiura  (gegründet  1564).  Lehrercollegium:  Director  Dr  Lübker,  Con- 
rector  G  e  s  e  1 1  iu  s  ,  Oberlehrer  Steffenhagen,  Oberlehrer  Dr  H  e  u  s  s  i , 
Oberlehrer  Schmidt,  Oberlehrer  Schmeltz,  Oberlehrer  Dr  Huther, 
Oberlehrer  Dr  Mommsen,  Collaborator  Dr  Ger  lach,  Collaborator  Dr 
Pfitzner,  Collaborator  Hahn,  Collaborator  Wes  t er wick;  Lehrer  der 
Vorschule:  Hennings,  Werner,  Timm.  6  Klassen,  179  Schüler, 
darunter  94  Auswärtige  (I  13,  II  17,  III  24,  IV  44,  V  36,  VI  45).  Vor- 
schule: 3  Klassen,  78  Schüler  (I  34,  II  22,  III  22).  9  Abiturienten. 
Collaborator  Peters  ward  nach  Cambs  bei  Bützow  versetzt,  an  seine 
Stelle  trat  der  Cand.  theol.  Westerwick.  Der  erste  Lehrer  der  Vor- 
schule Vosz  ward  zum  Rector  der  Stadtschule  in  Gravismühlen  ernannt; 
Cand.  theol.  Hennings  ward  sein  Nachfolger.  Ihre  königl.  Hoheiten 
der  Groszherzog  und  die  Groszherzogin  schenkten  dem  Gymnasium  zum 

'  Gebrauch  bei  den  Morgenandachten  ein  Orgel -Melodium  von  2  Spielen 
und  8  Registern  aus  der  Fabrik  von  Alexandre  in  Paris.  Die  Neujahr 
1856  gegründete  Witwen-  und  Waisen -Unterstützungskasse  erhielt  die 
Rechte  einer  juristischen  Person.  Abhandlung  vom  Collaborator  Dr 
Ger  lach:  das  Auge  imd  das  Sehen  (35  S,  4).  1)  Von  den  im  Auge 
entstehenden  Bildern  und  vom  Erlernen  des  Sehens.     2)    Vom  Sichtbar- 


90     Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen. 

werden  der  dunklen  Körper  und  vom  Glänze.  3)  Von  den  Farben  und 
Pigmenten.  4)  Vom  Äccommodationsvermögen  des  Auges.  5)  Vom 
Sehen  mit  zwei  Augen.  6)  Von  den  Contrasten.  7)  Von  den  Nach- 
bildern. 

5.  Rostock.]     Grosze  Stadtschule,  Gymnasium  und  Real- 
Bchule.     Lehrercollegium :   Professor   Director   Dr  Bachmann,   Con- 
director  Dr  Mahn,  Condirector  Dr  Busch,  Dr  Brandes,  DrBrum- 
merstädt,    Glasen,    Witte,    Dr   Wendt    I,    Rover,    Schäfer, 
Wendt  II,   Raddatz,   Dr   Holsten,   Dr   Krüger,   Pastor  Balck, 
Dresenl,  Dresen  II,  Hesse,  Hagen,  Dr  Robert,  Wahnschafft. 
Gymnasium   7  Klassen,    235  Schüler  (I  18,   II    22,    III  32,  IV»  38, 
IV  >>  36,  V  47,  VI  42).     Abiturienten  11.     Realschule  5  Klassen,  204 
Schüler  (I  19,  II  39,  III  51,  IV  53,  V  44).    Gesamtfrequenz  der  groszen 
Stadtschule  439  Schüler.    Der  Herr  Schulrath  Dr  Schröder  aus  Schwerin 
wohnte   dem   Abiturientenexamen    und   sämtlichen   Prüfungen   bei.     Am 
20.  Januar  1859  starb    plötzlich   der  Lehrer  Wahnschafft;    an   seine 
Stelle  trat  der  Engländer  John  Boyes.     Abhandlung  von  Dr  C.  Hol- 
sten:  Inhalt   und    Gedankengang   des   Briefes   an  die    Galater   (72   S.   4). 
1)   Das  Evangelium   von   Christus   und   seine  Verehrer.     2)   Inhalt    und 
Gedankengang  des  Briefes.     A)   Erster   theoretisch -demonstrativer  Teil 
(Kap.  1,  11  — 4,  7).    1)  Thatsächlicher  Nachweis  der  nicht  menschlichen 
Vermittlung   des  Heidenevangeliums   als   negativer   Beweis   seines   gött- 
lichen Ursprungs  und  Rechts  (Kap.  1,  11  —  2,  21).     2)   Religionshisto- 
rischer Beweis  der  göttlichen  Wahrheit  des  Heidenevangeliums  von  dem 
Empfang   des  messianischen   Segens    durch   die   Gerechtigkeit   aus   dem 
Glauben  ohne  Gesetz  (Kap.  3  —  4,  7).     B)  Zweiter  praktisch -paräneti- 
scher  Teil  (Kap.  4,  12  —  6,  10).     Aufforderung  in  der  göttlichen  Wahr- 
heit des  Heidenevangeliums    der  Freiheit  von  Gesetz  und  Beschneidung 
zu  bestehen    mit   Widerlegung   der   Anklage ,    dasz    diese   Freiheit   eine 
Freiheit  der   Sünde   sei.     Excurs   zu   Gal.  1,  10  und  5,  11  und  Excurs 
zu  Gal.  3 ,  20.     Wir   gedenken   auf  die  scharfsinnige  Schrift  des  Herrn 
Verfassers ,   dessen  Name   in   der   theologischen  Litteratur  bereits  einen 
guten  Klang  hat,    in  Reuters  Repertorium  ausführlicher  zurückzukom- 
men und  verweisen  vor  der  Hand  auf  die  anerkennende  Recension  von 
Professor  Dr  Lipsius  im  Leipziger  litterarischen  Centralblatt  1860 
Nr  26.     Eine   mit   dem   Programm  gleichzeitig   erschienene  Gratulations- 
schrift zu  der  vierzigjährigen  Amtsführung  des  Herrn  Condirector  Dr  Mahri 
vom   Director  Dr  Bachmann   gibt   interessante  Notizen  über   die  Ge- 
schichte  der  Rostocker  groszen  Stadtschule,  denen  wir  nocb  folgendes  ent- 
nehmen: Die  Anstalt  ist  ursprünglich  hervorgegangen  aus  der  1580  ge- 
schehenen Vereinigung  der  Parochialschulen  der  Rostocker  Hauptkirchen 
und  bestand  viele  Jahre  hindurch  aus   fünf  Klassen  mit  einer  gleichen 
Anzahl  ordentlicher  Lehrer,  deren  jedem  eine  bestimmte  Klasse  zugewie- 
sen war,  in  welcher  er  den  Unterricht  in  allen  Gegenständen  allein  be- 
sorgte.   Diese  Lehrer  waren  der  Rector  scholae,  der  Conrector  und  drei 
oder  vier  Cantoren.     Neben  diesen  Lehrern   fungierten   seit  den  letzten 
Decennien  des  vorigen  Jahrhunderts,  als  die  Zahl  der  Unterrichtsgegen- 
stände sich  gemehrt  hatte,  ein  oder  zwei  Hülfslehrer  mit  der  Benennung 
Collaboratoren.     Durch    die   Reorganisation    des   Rostocker   städtischen 
Schulwesens   im   Jahre   1828  und   die  im  Jahre  1830  nachträglich  vom 
Rath  getroffenen  Bestimmungen   wurde  die  grosze  Stadtschule   zu  einer 
aus  zwei  Hauptteilen   bestehenden  Lehranstalt  umgeschaffen :   zu   einem  ■ 
Gymnasium  von   vier  Klassen  (I  —  IV)   und   einer  Realschule  von  eben- 
falls  vier  Klassen   (1  —  4),   von   denen  die  beiden  untersten  (3  und  4) 
zugleich  Vorbereitungsklassen  auch  für  das  Gymnasium  zu  sein  bestimmt 
wurden  und  zu  diesem  Zwecke  jede  6  Stunden   lateinischen  Elementar- 
unterricht im  Lehrplane  zugeteilt  erhielten.     In  Folge  dessen  ward  das 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.     91 

Lehrercollegium  vermehrt,  welches  von  jener  Zeit  ab  aus  12  ordent- 
lichen Lehrern  und  3  Hülfslehrorn  für  Rechneu,  Schreiben,  Zeichnen 
und  Gesang,  zusammen  also  15  Lehrern  bestand.  Im  Sommer  1837 
machte  die  Ueberfüllung  der  dritten  Realklasse,  die  in  ihrer  Eigen- 
schaft als  Vorbereitungsklasse  für  Gymnasium  und  Realschule  bis  zu 
einer  Zahl  von  beinahe  60  Schülern  angewachsen  war,  eine  Trennung 
in  zwei  selbständige  Klassen  nötig,  deren  eine  sich  als  Quinta  an  das 
Gymnasium  anschlosz,  die  andere  als  dritte  Realklasse  ganz  der  Real- 
schule zugeteilt  und  von  dem  lateinischen  Elementarunterricht  befreit 
wurde;  die  so  gewonnenen  6  Stunden  wurden  für  den  deutscheu  und 
französischen  fnterricht  verwandt.  Die  vierte  Klasse  der  Realschule 
blieb  Elementarvorbereitungsklasse  für  beide  Zweige  der  Anstalt.  Das 
Lehrercollegium  ward  um  einen  ordentlichen  Lehrer  vermehrt.  Im  Jahre 
1844  muste  die  dritte  Realklasse  wegen  der  immer  wachsenden  Schüler- 
zahl in  zwei  Abteilungen  getrennt  werden,  welche  nun  als  3^  und  3 ''  in 
den  meisten  Lehrfächern  getrennt  als  Parallelklassen ,  in  den  übrigen 
jedoch  combiniert  unterrichtet  wurden.  Zu  Ostern  1846  wurde  die  bis 
dahin  noch  als  Vorbereitungsklasse  für  Gymnasium  und  Realschule  be- 
stehende vierte  Realklasse  gleichfalls  wegen  L^eberfüllung  in  zwei  für 
sich  bestehende  Elementarklassen  getrennt  und  dadurch  für  das  Gymna- 
sium eine  Sexta,  für  die  Realschule  eine  fünfte  Realklasse  geschaffen, 
indem  zugleich  die  seit  1844  bestehenden  beiden  parallelen  Abteilungen 
der  dritten  Realklasse  zu  zwei  selbständigen  Klassen  als  dritte  und 
vierte  Realklasse  erhoben  wurden.  In  der  Folge  ward  das  Lehrer- 
collegium in  der  Weise  vermehrt,  dasz  von  dieser  Zeit  an  14  ordent- 
liche Lehrer  und  nach  Anstellung  besonderer  Lehrer  für  französische 
und  englische  Conversation  in  den  beiden  obern  Realklassen  und  für 
den  Turnunterricht  sechs  Hülfslehrer  an  der  Anstalt  unterricliteten. 
Von  dieser  Zeit  an  sind  die  beiden  in  der  groszen  Stadtschule  vereinig- 
ten Anstalten  ihrem  Lehrgange  nach  von  einander  unabhängig  und 
factisch  selbständig  geworden,  übrigens  jedoch  mit  einander  insofern 
verbunden ,  als  das  Lehrerpersonal  beider  ein  Lehrercollegium  bildet, 
bei  dem  öffentlichen  und  dem  Privatexamen  beide  Teile  als  ein  Ganzes 
erscheinen ,  sowie  sie  auch  unter  derselben  Oberaufsicht  und  Leitung 
stehen  und  in  e'inem  Locale  vereinigt  sind.  Ostern  1852  wurde  endlich 
die  vierte  Gymnasialklasse  in  Ober-  und  Unter quarta  geteilt,  in 
der  Art  dasz  der  auf  zwei  Jahre  berechnete  Unterrichtscursus  der  vier- 
ten Gymnasialklasse  nunmehr  in  zwei  getrennten  Klassen  mit  einjährigen 
Lehrcursen  durchgeführt  wird.  Die  Frequenz  der  Anstalt  ist  in  fort- 
wärendem  Steigen  begriffen.  Im  Laufe  der  letzten  25  Jahre  sind  169 
Abiturienten  mit  dem  Zeugnis  der  Reife  entlassen,  von  ihnen  widmeten 
sich  47  der  Theologie,  87  der  Jurisprudenz,  26  der  Medicin,  4  der 
Philosophie,  2  der  Philologie,  3  anderen  wissenschaftlichen  Fächern. 

6-  Schwerin.]  Groszherzogliches  Gymnasium  Friederi- 
cianum  (gegründet  1553).  Das  im  Programm  nicht  namentlich  aufge- 
führte Lehrercollegium  bestand  aus  den  Herren :  Director  Dr  W  e  x  , 
Prorector  Reitz,  Oberlehrer  Dr  Büchner,  Oberlehrer  Dr  Schiller, 
Oberlehrer  Dr  Overlach,  Dr  Wigger,  Dr  Hartwig,  Dr  Meyer, 
Dr  Bleske,  Dr  Schulze,  Fischer,  Foth.  7  Klassen,  232  Schüler 
(I  27,  II  28,  III ^  32,  III  b  39,  IV ^  44,  IV ^  36,  V  26).  Abiturienten  15. 
Dr  Bleske  fiel  in  eine  schwere  Krankheit,  die  ihn  länger  als  ein  halbes 
Jahr  seiner  amtlichen  Thätigkeit  entzog.  Oberlehrer  Dr  Overlach 
ward  zum  Director  der  St  Annen-Schule  zvi  Petersburg  berufen.  Zwei 
frühere  Lehrer  am  Gymnasium,  Rector  B rasch  und  Dr  Kollmann, 
übernahmen  zur  Stellvertretung  einige  Lectionen.  In  Anlasz  des  25jäh- 
rigen  Jubiläums  des  Director  Dr  Wex  erschienen  folgende  Gratulations- 
schriften:   1)   Im   Namen    des   Lehrercollegiums    eine  Dissertation    vom 


92  Persoiiainotizen. 

Oberlehrer  Dr  Büchner:  qua  legis  Iiiliae  {de  civitate  soeiis  ac  Latinis 
donunda)  reliqidas  tabula  Heracleensi  esse  servatas  demonstratur  (17  S.  4j. 
2)  Vom  Hofrath  Dr  Dippe:  die  lange  Dauer  des  vienschlichen  Lebens  in 
Mecklenburg.  3)  Lateinische  Ode  vom  Schnlrath  Professor  Dr  Eggert 
hl  Neu-Strelitz.  4)  Vom  Rector  Professor  Crain  in  Wismar:  metrische 
U eher  Setzungen  ins  Griechische  und  Lateinische  aus  Schiller  und  Göthe  (23  S.  4). 
5)  Ein  deutsches  Gedicht  vo?i  den  Schülern  des  Gymnasium  Frideiicianum  (ge- 
dichtet von  Carl  Ähren s).  6)  £ine  Votivtafel  von  111  ehemaligen  Schü- 
lern des  Gymnasiums  (Beigabe  zu  einem  prachtvollen  Geschenk).  Zu  dem 
25jährigen  Jubiläum  des  Oberlehrer  Dr  Büchner  gratulierte  der  Di- 
rector  durch  eine  Schrift :  spccilegium  in  Cornelio  Tacito  (8  S.  4)  und  zu 
dem  25jährigen  Jubiläum  des  Oberlehrer  Dr  Schiller  der  Schulrath 
Professor  Dr  Egger t  in  Neu-Strelitz  durch  eine  lateinische  Ode.  Ab- 
handlung von  Dr  Wigger:  Meckleriburgische  Annalen  bis  zum  Jahre  954 
(vgl.  d,  Anz.  im  Leipz.  Centralblatt  1860  S.  388)  (32  S,  4). 

7.  Eatzebukg.]  Lauenb  urgische  Gelehrtenschule.  Lehrer- 
collegium:  Director  Professor  Ritter  usw.  Zander,  Rector  Bob  er  tag, 
Conrector  Burmester,  Subrector  Hornbostel,  Collaborator  Frahm, 
Collaborator  Burm  eister,  Tieck.  5  Klassen,  88  Schüler  (I  7,  II  10, 
IIT  11,  IV  27,  V  33).  In  die  durch  Pensionierung  des  Conrectors  Dr 
Aldenhoven  erledigte  dritte  Lehrerstelle  rückte  der  bisherige  4e 
Lehrer  und  Subrector  Burmester  auf,  der  Collaborator  Hornbostel 
ward  zum  Subrector ,  der  Hülfslehrer  Frahm  zum  Collaborator  er- 
nannt; an  die  Stelle  des  zum  Pfarrer  zu  Hohenhorn  berufenen  Colla- 
borator Harmsen  trat  der  Candidat  Burm  eister.  Abhandlung  vom 
Rector  Bobertag:  die  Weltstellung  Europas,  eine  geographische  Skizze 
(39  S.  4). 

(Schlusz  folgt.) 

Güstrow.  Dr  Nickel. 


Personalnotizen, 


Ernennungen,  Bcfürderongen ,  Tersetznng;en: 

Ampfer  er,  Jos.,  Gymnasiall.  zu  Pesth,  in  gl.  Eigensch.  an  das  G. 
zu  Salzburg  versetzt.  —  Benelli,  Job.,  Scriptor  an  der  Studienbiblio- 
thek zu  Mantua,  zum  Coadiutor  an  ders.  Bibliothek  befördert.  —  Be- 
seler,  Wilh.  Hartwig,  ehemaliges  Mitglied  der  Statthalterschaft  für 
die  Herzogtümer  Schleswig  und  Holstein ,  unter  Beilegung  des  Titels 
eines  geh.  Regierungsraths  mit  dem  Rang  eines  Raths  3r  Kl.,  zum  Cn- 
rator  der  Universität  Bonn  ern. —  Biedermann,  Dr  Herrn.,  Prof.  an 
der  Rechtsakademie  zu  Kaschau,  in  gl.  Eigensch.  an  die  Rechtsakademie 
zu  Preszburg  versetzt.  —  Biehl,  Wilh.,  Gymnasiall.  zu  Marburg,  in 
gl.  Eigensch.  an  das  G.  zu  Salzburg  versetzt.  —  Bryk,  Dr  Ant.,  Prof. 
der  Staatsarzneikunde,  zum  Prof.  der  Chirurgie  und  chirurg.  Klinik  an 
der  Universität  zu  Krakau  ern.  —  Christ,  Dr  Wilh.,  Studienlehrer 
der  Lateinscliule  am  Maximilian-Gymnasium,  unter  gleichzeitiger  Ernen- 
nung zum  Conservator  des  Antiquariums  und  Uebertragung  der  Function 
eines  vierten  Vorstands  des  philologischen  Seminars  zum  ao.  Prof.  in 
der  philos.  Facultät  der  Universität  zu  München  ernannt.  —  Concina, 
Abate  Natale,  Schulrath  und  Gymnasialinspector  zu  Venedig,  mit  Be- 
lassung seines  Rangs  und  Charakters  zum  Vorstand  der  Universitäts- 
bibliothek in  Padna  ernannt.  —  Dämmert,  L.,  Lehramtspraktikant  in 
Karlsruhe,  zum  Lehrer  mit  Staatsdienereigenscliaft  am  Lyceum  in  Mann- 
heim ern.  —   Deimling,    Otto,    Prof.    am  Lyceum  in  Mannheim,    in 


Porsonalnotizen.  93 

gleicher  Eif^enscliaft  an  das  Lyceum  zu  Karlsruhe  versetzt.  —  Deim- 
lin?,  Dr  Karl,  Lehramtspraktikant  in  Karlsruhe,  zum  Lehrer  mit 
Staatsdieuereigenschaft  am  Lyceum  in  Mannheim  ernannt.  —  Dieck- 
hoff,  Dr  A.  W.,  ao.  Prof,  an  der  Universität  zu  Göttingen,  zum  ord. 
Prof.  der  Theologie  an  der  Universität  zu  Rostock  eru.  —  Drenck- 
mnan,  SchAC, ,  als  wissenschaftlicher  Hiilfslehrer  am  Domgymnasium 
zu  Halberstadt  angest.  —  Frodl,  Kud.,  Supplent  am  G.  zu  Leitmeritz, 
zum  wirkl.  Lehrer  an  gedachter  Lehranstalt  befordert.  —  Gand,  Ernst, 
Lehrer  am  Staatsg.  zu  San  Procolo  in  Venedig,  zur  speciellen  Lehrkan- 
zel für  deutsche  Sprache  am  Oberg.  zu  Padua  befördert.  —  Gebhardt, 
H. ,  Studienlehrer  an  der  Lateinschule  in  Achaffenburg,  in  gl.  Eigen- 
schaft an  die  Lateinschule  des  Maximilians-Gymn.  zu  München  versetzt. 

—  Glaser,  Dr  Jul.,  ao.  Prof.  an  der  Universität  zu  Wien,  zum  ord. 
Prof.  des  Strafrechts  daselbst  ernannt. —  Gnesotto,  Ferd.,  geprüfter 
Lehramtscandidat,  zum  wirkl.  Lehrer  mit  der  Bestimmung  für  das  Staats- 
gynin.  zu  Treviso  ern.  —  Gorius,  Frdr.,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  bei 
dem  kathol.  Gymnasium  an  Marcellen  zu  Köln  angest.  —  Halm,  Dr 
Karl,  ord.  Prof.  und  Director  der  k.  Hof-  und  Staatsbibliothek,  erhielt 
die  Function  eines  dritten  Vorstands  beim  philol.  Seminar  in  München 
übertragen.  —  Harr  er,  L.,  Studienlehrer  in  Dinkelsbühl,  an  die  Latein- 
schule in  AschafFenburg  versetzt.  —  Hermann,  DrConr.  (der  Sohn 
Gottfried  Hermanns),  Privatdocent,  zum  ao.  Prof.  in  der  philos.  Facultät 
der  Univ.  zu  Leipzig  ernannt.  —  Herzig,  Frz,  Gymnasialsupplent  in 
Czernowitz,  als  wirkl.  Lehrer  am  kathol.  G.  zu  Schemnitz  angest.  — 
Heyzmann,  Dr  Udalr.,  Privatdocent  und  Scriptor  der  Universitäts- 
bibliothek zu  Lemberg,  zum  ao.  Prof.  des  kanon.  Rechts  in  der  Jurist. 
Facultät  der  Universität  zu  Krakau  ern.  —  Hillebrand,  Jos.,  an 
dem  Staatsgymn.  zu  Hermannstadt  vom  Suppl.  zum  wirkl.  Lehrer  be- 
fördert. —  Hochegger,  Frz,  Prof.  an  der  Prager  Hochschule,  zum 
wirkl.  Director  des  akademischen  Gymnasiums  in  Wien  mit  Belassung 
seines  bereits  erworbenen  Dienstrangs  ern.  —  Hofmann,  Vinc,  provis. 
Director  des  G.  zu  Brunn ,  zum  wirkl.  Dir.  dieser  Lehranstalt  ern.  — 
Homicsko,  Nicol.,  griech.-kathol.  Weltpriester,  zum  Religionslehrer 
am  Gymn.  zu  Unghvar  ern.  —  Jaspe,  Dr,  bisher  Hülfslehrer  in  Kieljf 
in  gl.  Eigensch.  an  die  Gelehrtenschule  zu  Meldorf  versetzt.  —  Jen- 
drassik,  Dr  Eug.,  Prof.  an  der  chirurg.  Lehranstalt  zu  Klausenburg, 
zum  ord.  Prof.  der  Physiologie  und  höhern  Anatomie  an  der  Univ.  zu 
Pesth  ern.  —  Jonäk,  Dr  Eberh.,  ao.  Prof.  der  Statistik  an  der  Uni- 
versität zu  Prag,  zum  ord.  Prof.  dieser  Hochschule  befördert.  —  J  u  n  g  - 
clausen,  Subrector,  an  Stelle  des  nach  Kiel  versetzten  Conrector 
Hagge    zum   Conrector   an   der  Gelehrtenschule  in   Meldorf  befördert. 

—  Jurkovic,  Joh.,  Gymnasiallehrer  zu  Essegg,  in  gl.  Eigenschaft  an 
das  Gymnasium  zu  Agram  versetzt.  —  Karpinski,  Andr.,  Gymnasial- 
lehrer in  Bochnia,  auf  Ansuchen  an  das  Gymn.  zu  Tarnow  versetzt.  — 
Kleemann,  Frdr.,  supplierender  Director  am  G.  zu  Pisek,  zum  wirkl. 
Director  dieser  Lehranstalt  ernannt.  —  Klimscha,  Phil.,  Gymnasial- 
suppl.  zu  Salzburg,  als  wirkl.  Lehrer  am  G.  zu  Marburg  angestellt.  — 
Kopczynski,  Dr  Ferd.,  pro'Vis.  Spitaldirector ,  zum  ord.  Prof.  der 
Staatsarzneikunde  an  der  Univ.  zu  Krakau  ernannt.  —  Korioth,  Dr, 
Weltgeistl.  und  SchAC,  als  ord.  Lehrer  beim  Progymnasium  zu  Rössel 
angestellt.  —  Kovdfik,  Joh.,  Supplent  am  G.  zu  Eger,  zum  wirkl. 
Lehrer  an  derselben  Lehranstalt  befördert.  —  Kriz,  Joh.,  Gymnasial- 
lehrer zu  Neusohl,  an  das  kathol.  G.  zu  Preszburg  versetzt.  —  Kf  izek, 
Wenz.,  Gymnasiallehrer  zu  Warasdin,  in  gl.  Eigensch.  an  das  Gymna- 
sium in  Brunn  befördert.  —  Langethal.  Dr,  ao.  Prof.,  zum  ord. 
Honorarprofessor  an  der  Universität  zu  Jena  ern.  —  Laubheimer, 
Dr  Frz,  theol.  Prof,   zu  Fünfkirchen,  zum  Prof.  der  Kirchengeschichte 


94  Personalnotizen. 

an  der  Universität  in  Pesth  ernannt.  —  Laukotzky,  VInc.,  Schulrath 
in  Triest,  als  Inspector  der  Volksschulen  in  Dalmatien  nach  Zara  ver- 
setzt. —  Maassen,  Dr  Frdr.  Bernh.,  ord.  Prof.  des  röm.  Rechts  an 
der  Univers,  zu  Innsbruck,  als  ord.  Prof.  des  röm.  und  Kirchenrechts 
an  die  Universität  zu  Gratz  versetzt.  —  Mainardi,  Ant. ,  Custos  der 
Studienbibliothek  zu  Mantua,  zum  Vicebibliothekar  an  der  Universitäts- 
bibliothek zu  Padua  ern.  —  Margo,  Dr  Theod.,  Privatdocent  in  Pesth, 
zum  Prof.  an  der  chirurg.  Lehranstalt  in  Klausenburg  ern. —  Maschka, 
Jos.,  Lehramtscand.,  als  wirkl.  Lehrer  am  G.  zu  Trient  angestellt.  — 
Mocnik,  DrFrz,  Schulrath  in  Laibach,  als  Inspector  der  Volksschulen 
von  Steiermark  und  Kärnthen  nach  Gratz  versetzt.  —  Müller,  Dr  A., 
Privatdoc.  an  der  Univ.  und  Lehrer  der  Anatomie  an  der  Akademie  der 
Künste  in  Berlin,  zum  ord.  Prof.  in  der  medicin.  Facultät  der  Univer- 
sität zu  Königsberg  ern.  —  Mussafia,  Ado,  Lehrer  der  italienischen 
Sprache  an  der  Universität  zu  Wien,  zum  ao.  Professor  der  romanischen 
Sprachen  und  Litteraturen  ebendaselbst  befördert.  —  Neu  mann,  Dr 
phil.  in  Berlin ,  zum  ao.  Prof.  in  der  philos.  Facultät  der  Universität 
zu  Breslau  ern.  —  Novdk,  Thomas,  Suppl.  am  Gymn.  zu  Jicin,  als 
wirklicher  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Königgrätz  angest.  —  Oskard, 
Andr. ,  provisor.  Director  des  G.  zu  Rzeszow,  zum  wirklichen  Director 
dieser  Lehranstalt  ern.  —  Pavissich,  Dr  Alois,  Schulrathin  Klagen- 
furt, an  die  Stelle  des  Schulr.  Laukot zky  nach  Triest  versetzt  und 
zugl.  zum  Inspector  der  Volksschulen  Krains  ern.  —  Pecho,  Karl, 
Supplent  am  Gymn.  zu  Rzeszow,  zum  wirkl.  Lehrer  ebendas.  befördert. 

—  Planck,  Dr ,  Diaconus  in  Heidenheim,  zum  Professor  am  obern 
Gymnasium  in  Heilbronn  ern.  —  Platz,  F.,  Lehramtspraktikant  in 
Wertheim,  zum  Lehrer  mit  Staatsdienereigenschaft  am  dortigen  Lycenm 
ern.  —  Prammer,  Ign.,  Lehramtscand.,  als  wirkl.  Lehrer  ara  G.  zu 
Znaim  angest.  —  Prantl,  Dr  Karl,  ord.  Prof.  an  der  Universität  zu 
München,  erhielt  die  Function  eines  zweiten  Vorstandes  vom  philologi- 
schen Seminar  übertragen. —  Schön,  Jos.,  Gymnasiallehrer  inKaschau, 
in  gl.  Eigenschaft  an  das  G.  zu  Brunn  vers.  —  Schumann,  Joseph, 
Gymnasialsupplent,  zum  wirkl.  Lehrer  am  G.  zu  Marburg  befördert.  — 

•ßchwarz,  Lehrer,  zum  ord.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Gumbinnen  ern. 

—  Selling,  Dr  E.  aus  Ansbach,  zum  ao.  Prof.  in  der  philos.  Facultät 
der  Univ.  in  Würzburg  ern.  —  So  leck  i,  Dr  Luc.  v.,  Weltpriester,  zum 
ord.  Prof.  des  Bibelstudiums  A.  T.  und  der  orient.  Dialekte  an  der  theol. 
Fac.  der  Univ.  zu  Lemberg  ern.  —  Spengel,  Dr  Leonh.,  ord.  Prof. 
der  Philol.,  erhielt  die  Stelle  eines  ersten  Vorstands  am  philologischen 
Seminar  der  Universität  München  übertragen.  —  Steger,  Jos.,  Gymna- 
siallehrer zu  Marburg ,  in  gl.  Eigenschaft  an  das  G.  zu  Salzburg  ver- 
setzt. —  Stock hardt,  DrE.,  Prof.  in  Tharandt,  zum  Director  des 
landwirthschaftlichen  Instituts  und  ord.  Honorarprof.  an  der  Univ.  zu 
Jena  ern.  —  Streer,Ed. ,  Gymnasialsupplent  zu  Neuhaus,  als  wirkl. 
Lehrer  am  Gymn.  zu  Warasdin  angest.  —  Strerath,  Dr,  SchAC,  als 
ord.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Bonn  angestellt.  —  Stumpf,  ord.  Lehrer 
am  Gymn.  zu  Coblenz,  zum  Oberlehrer  befördert.  —  Tabeau,  Ferd., 
Gymnasialsupplent  zu  Lemberg,  als  wirkl.  Lehrer  am  G.  zu  Sambor 
angest. —  Tomek,  Wenz.  AVladiwoj,  ao.  Prof.  der  österr.  Geschichte 
an  der  Univ.  zu  Prag ,   zum  ord.  Prof.  dess.  Fachs  ebendas.  befördert. 

—  Uhlif,  Jos.,  Gymnasiallehrer  zu  Jicin,  in  gl.  Eigenschaft  an  das 
Kleinseitner  G.  in  Prag  versetzt. —  Vaclena,  Joh.,  Gymnasialsupplent 
zu  Saaz,  zum  wirkl.  Lehrer  am  G.  zu  Pisek  ern.  —  Viefhaus,  SchAC, 
als  ord.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Burgsteinfurt  angest.  —  Vintsch- 
gau,  Dr  Max.  v.,  vom  Supplenten  zum  ord.  Prof.  der  Physiologie  und 
höhern  Anatomie  an  der  Universität  zu  Padua  befördert.  —  Vulpi, 
Dr  Ant.,  Statthaltereirath  und  gewesener   Professor  der  Universität  zu 


Personalnolizen.  95 

PavLa ,  zum  Director  der  rechts-  und  staatswissonschaftlichen  Studien 
an  der  Univ.  zu  Padua  ern.  —  Wahlberg,  Dr  W.  Emil,  ao.  Prof., 
zum  ord.  Prof.  des  Strafrechts  an  der  Wiener  Hochschule  ernannt.  — 
Wilhelm,  Andr.,  Schulrath  in  Galizien,  zum  Schulrath  und  G.ymnasial- 
inspector  für  die  Statthalterei  in  Mähren  ernannt.  —  Woldfich,  Joh., 
Gymnasialsuppl.  zu  Eperies ,  als  wirkl.  Lehrer  am  kathol.  Gymnasium 
zu  Scliemnitz  angestellt.  —  Zahradnik,  Jos.,  Gymnasialsupplent  zu 
Köhraisch-Leipa ,  als  wirkl.  Lehrer  am  G.  zu  Pisek  angest.  —  Zege- 
stowski,  Jos.,  Supplent ,  zum  wirkl.  Lehrer  am  G.  zu  Bochnia  be- 
fördert. —  Zerich,  Dr  Theod.,  theol.  Prof.  zu  Karlsburg,  zum  Prof. 
der  Pastoraltheologie  an  der  Univ.  zu  Pesth  ern.  —  Zons,  ScliAC, 
als  ord.  Lehrer  bei  dem  kathol.  Gymnasium  an  Marcellen  zu  Köln. 

Praedicicrt: 

Firmenich,  Dr  ph.  J.  M.,  Herausgeber  von  Germaniens  Völkerstim- 
men, als  Professor.  —  Saage,  Dr,  Oberlehrer  am  Gymn.  zu  Brauns- 
berg, als  Professor.  —  Von  der  kk.  Akademie  der  W.  zu  Wien  sind  er- 
nannt worden :  I.  zum  inländischen  Ehrenmitgl.  der  gewesene  Minister 
Graf  Leo  v.  Thun.  II.  Von  der  philosophisch -historischen  Klasse  1) 
zum  ausländischen  Ehrenmitglied  Professor  Dr  Frz  Bopp  in  Berlin;  2) 
zum  wirkl.  Mitgl.  Prof.  Dr  Frz  Pfeiffer  in  Wien;  3)  zu  inländ.  cor- 
respondierenden  Mitgliedern  Prof.  Rud.  Eitelberg  er  von  Edelberg 
in  Wien,  Prof.  Dr  Jul.  Ficker  in  Innsbruck,  Prof.  Dr  Frz  Lott  in 
Wien.  III.  Von  der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  1) 
zum  ausländ.  Ehrenmitglied  J.  B.  Biot  in  Paris;  2)  zum  wirkl.  Mitgl. 
Prof.  Dr  Ilud,  Kner  in  Wien,  Bergrath  Frz  v.  Hauer  in  Wien,  Prof. 
Dr  Joh-  Purkyne  zu  Prag;  3)  zu  inländ.  correspond.  Mitgliedern:  Dr 
Mor.  Hörnes,  Gustos  des  Hof-mineralien-cabinets,  und  Dr  Ed.  Süss, 
Custosadiunct  zu  Wien,  Oberreallehrer  u.  Privatdoc.  Dr  Jos.  Stephan 
in  Wien,  Linienschitfscapitän  v.  Wüllersdorff-Urbär,  Professor  Dr 
Joh.  Hlaiiwetz  in  Innsbruck,  und  Dr  med.  Joh.  Czermack. 

Pensioniert: 

Budalowski,  Frz,  Director  des  Gymnasiums  zu  Znaim,  auf  Nach- 
suchen iinter  Kundgebung  allerhöchster  Zufriedenheit.  —  Cicogna, 
Joh.  V.,  Director  der  rechts-  und  staatswissenschaftlichen  Facultät  der 
Universität  zu  Padua,  mit  Verleihung  des  Titels  eines  kk.  Statthalterei- 
raths.  —  Effenberger,  P.  Frz,  Schulrath  zu  Prag,  auf  Nachsuchen 
unter  Verleihung  des  Franz- Joseph-ordens.  —  Krtll,  Ant.,  Schulrath 
für  Mähren,  unter  Bezeugung  der  allerhöchsten  Zufriedenheit.  —  Kry- 
nicki,  Dr  Onufr.  v.,  Prof.  der  Kirchengeschichte  an  der  Universität 
zu  Lemberg,  auf  Nachsuchen  unter  Erteilung  des  Franz-Joseph-ordens. 
—  Menin,  Dr  Ludw.  von,  Universitätsbibliothekar  in  Padua,  unter 
Bezeugung  der  allerhöchsten  Zufriedenheit  mit  seinem  Wirken,  beson- 
ders im  Lehramt  und  in  der  Bekleidung  akademischer  Würden.  —  Vi- 
ditz,  Steph.,  Director  des  Gymn.  zu  Fiume,  auf  sein  Nachsuchen 
unter  Äussprechung  der  allerhöchsten  Zufriedenheit. 

Gestorben ; 

Am  12.  Aug.  1860  zu  Paris  der  bekannte  Zoolog  Andre-Marie- 
Constant  Dume'ril,  geb.  zu  Amiens  am  1.  Jan.  1774.  —  Am  16.  Aug. 
zu  Tübingen  der  Senior  der  dasigen  Universität,  Professor  Dr  Ed.  v. 
Schrader,  geb.  1779  zu  Hildesheim,  seit  1810  in  Tübingen  thätig.  — 
Am  30.  Aug.  wurde  zu  Neustadt  an  der  Mettau  der  kk.  Professor  Jos. 
BaumgärtI  zur  Erde  bestattet.  —  Mitte  August  starb  in  Pavia  der 
emer.  Professor  der  Rechte  an  der  dortigen  Universitä  Dr  Alois  Lan- 


96  Personalnotizen. 

franchi,  als  Gelehrter  gerühmt.  —  Am  7.  September  zu  La  Chine  bei 
Montreal  der  Director  der  Hudsonsbai-Gesellschaft,  Sir  George  Simp- 
son, als  Reisebeschreiber  in  der  geogr,  Wissenschaft  bekannt.  —  Am 
11.  Sept.  zu  Innsbruck  der  emer.  Professor  und  Consistorialrath  David 
Moritz,  im  78.  Lebensjahr.  —  Am  14.  Sept.  zu  Pe^th  der  emer.  Prof. 
und  Rath  Dr  Martin  Csauss,  im  Alter  von  64  Jahren. —  Am  16.  Sept. 
zu  Cilli  der  jub.  Religionslehrer  am  das.  Obergymnasium,  geistl.  Rath 
Job.  Graschitsch.  —  Am  19.  Sept.  der  Rath  u.  geh.  Archivar  Frdr. 
Firnhaber,  corr.  Mitglied  der  kais.  Akad.  d.  W.,  Geschichtsforscher, 
geb.  zu  Wien  8.  Febr.  1818.  —  Am  21.  Sept.  in  Frankfurt  a.  M.  der 
bekannte  Philosoph,  Dr  Arth.  Schopenhauer,  geboren  zu  Danzig 
22.  Febr.  1788.  —  Mitte  Sept.  zu  Pavia  der  Senior  unter  den  Profes- 
soren, Prof.  med.  Dr  Rud.  Lamprecht.  —  Am  1.  Oct.  zu  Mies  der 
Kreuzherr  Job.  Hof  mann,  als  Numismatiker  bekannt.  —  Am  2.  Oct. 
zu  Klattau  der  suppl.  Prof.  am  das.  Gymn.  Andrlik.  —  Am  5.  Oct. 
zu  Groszwardein  der  Prof.  der  Rechtsakademie,  Job.  Prikril,  32  J. 
alt.  —  Am  31.  Oct.  zu  Münster  der  Chorherr,  ord.  Prof.  u.  gewesener 
Gymnasialdirector  Dr  Nadermann.  —  Am  3.  Nov.  zu  Venedig  der  aus 
der  italienischen  Litteratur  bekannte  Prof.  Dr  FrzFilippi.  —  Am 
8.  Novbr  Sir.  Maries  Fellows,  Sammler  und  Beschreiber  der  'Xan- 
thian  Marbles',  61  J.  alt.  —  Am  13.  Novbr  zu  Münster  der  Oberl.  des 
Gymnasiums  Dr  Köne  (Uebersetzer  des  Heliand  und  der  altsächsischen 
Evangelienharmonie).  —  Am  20.  Nov.  in  Frankfurt  a.  M.  Dr  J.  M.  Jost, 
Lehrer  an  der  dortigen  israelitischen  Realschule,  Verf.  einer  Geschichte 
der  Juden  in  9  Bänden  und  anderer  Schriften,  geb.  1793  in  Bernburg, 
seit  1835  in  Frankfurt.  —  Am  28.  Nov.  in  Wetzlar  der  emer.  Professor 
am  Gymnasium  in  Duisburg  (früher  Professor  in  Chur  und  Gymnasial- 
director in  Wetzlar),  Johannes  Herbst,  Verf.  der  1855  in  Stuttgart 
erschienenen  Uebersetzung  des  Terentius,  im  68n  Lebensjahre.  —  An- 
fang Dec.  in  Athen  der  Attache'  bei  der  dortigen  preuszischen  Gesandt- 
schaft Dr  Arthur  von  Velsen,  der  wärend  seines  mehr  als  lOj.  Auf- 
enthalts dort  eifrig  den  philologischen  und  archäologischen  Studien  ob- 
lag. —  Mitte  December  in  Kosen  bei  Naumburg  a.  d.  S.  Dr  Hermann 
Kirchner,  Privatdocent  der  Philosophie  an  der  Universität  zu  Berlin, 
durch  Schriften  über  Plotinos  und  Kant  ausgezeichnet ,  im  38.  Lebens- 
jahre. —  Am  29.  Decbr  zu  Rudolstadt ,  der  Prof.  am  dasigen  F.  Gym- 
nasium Dr  Lobegott  Samuel  Obbarius,  im  72.  Lebensj.,  bekannt 
durch  seine  umfänglichen  Studien  über  Horatius,  —  Am  9.  Januar  18G1 
in  Mailand  der  Philolog  und  Schriftsteller,  Giovanni  Gherardini, 
im  Alter  von  80  Jahren.  —  Am  12.  Jan.  in  Prag  der  bei  dem  berühm- 
ten Streit  über  die  Könighofener  Handschrift  lebhaft  beteiligte  Biblio- 
thekar des  böhmischen  Museums  W.  Hanka.  —  Am  21.  Jan.  zu  Bres- 
lau der  Consistorialrath  Prof.  D.  Heinrich  Middeldorp,  nachdem 
er  am  4.  April  1860  sein  fünfzigjähriges  Doctorjubiläum  gefeiert  hatte. 
—  Am  22.  Januar  zu  München  82  Jahre  alt  der  Nestor  der  deutschen 
Anatomen  und  Physiologen,  Dr  Friedr.  Tiedemann  (früher  in  Hei- 
delberg). — •  Am  24.  Januar  zu  Leipzig  der  berühmte  Herausgeber  des 
Plato,  Rector  der  Thomasschule  und  ao.  Professor  an  der  Universität, 
Dr  J.  G.  Stallbaum,  geb.  1793  zu  Zaasch  bei  Delitzsch,  zuerst  am 
Pädagogium  zu  Halle ,  dann  seit  1820  an  der  Thomasschule  zu  Leipzig 
thätig,  seit  1835  Rector. 


Zweite  Abteilung: 

für  Gymiiasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Ausschlusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  tou  Rudolph  Dietsch. 


(3.) 

Die  Ergebnisse  der  historischen  Sprachvergleichung  und 
der  Unterricht  in  der  Muttersprache  im  Gymnasium. 

(Fortsetzung  und  Schlusz  von  S.  75.) 


Die  Erörferiing  ist  bei  dem  Punkt  angelangt,  wo  eine  Unter- 
suchung darüber  nicht  zu  umgehen  ist:  was  ist  die  Wnrzel  des 
Wortes?  Ist  sie  ein  Hirngespinnst ,  eine  leere  Spielerei  des  Gram- 
matikers, oder  hat  sie  ein  substanzielles  Dasein. innerhalb  der  mensch- 
lichen Sprache?  Der  unterzeichnete  gesteht  offen,  dasz  ihm  vor  dem 
Studium  einer  dahin  einschlagenden  Schrift  H.  Steinihals  (^Gramma- 
tik, Logik  und  Psychologie,  ihre  Principien  und  ihr  Ver- 
hältnis zueinander.  Berlin  1855)  und  des  bereits  oben  erwähnten 
grammatisch- philosophischen  Werkes  von  Heyse  (§33  ff.)  die  Be- 
deutung des  Wortes  Wurzel  völlig  unklar  und  dunkel  war.  Nach 
der  psychologisch  und  physiologisch  begründeten  Grundansicht  dieser 
3Iänner  bricht  die  zeilherige  Vorstellung  wie  der  concreten,  so  auch 
der  allgemeinen  philosophischen  Grammatik  von  der  Wurzel  des 
Wortes  und  mit  ihr  zugleich  auch  das  ganze  Lehrgebäude  Beckers, 
der  von  einer  völligen  Uebereinstimmung  der  Sprech-  und  Denkge- 
selze  irtiimlich  ausgieng,  zusammen  und  selbst  Jacob  Grimm,  der  in 
der  empirischen  Handhabung  der  deutschen  Wurzeln  so  bewunderns- 
werlhes  geleistet,  hat  die  Sache  nicht  tief  genug  erfaszt,  wenn  er 
freilich  zweifelnd  im  Eingange  des  II  Teiles  seiner  Grammatik 
sagt :  Verba  scheinen  Grundlage  aller  Worte.  Aber  die  Be- 
rechtigung seines  Verfahrens  wird  durch  Steinthals  und  Heyses  System 
auch  philosophisch  begründet  und  die  Wurzel  erhält  eine  Wichtigkeif, 
von  der  ich  wenigstens  früher  nicht  die  geringste  Ahnung  hatte,  da 
sie  mir  wesentlich  blos  eine  Lautdichtung  der  Etymologien  verwandter 
Wörter  zu  sein  schien  zur  Erklärung  der  verschiedenen  Formen. 

Die  Sache  ist  hier  entweder  gar  nicht  oder  in  knapper,  populä- 
rer Fassung   zu  besprechen ;   ein  Versuch  der  Art  ist  schwierig  und 

N.  Jaiub.  f.  Phil.  u.  Päd.  11.  Abt,  1S6I.  Hft  3.  7 


98     Die  Sprachvergleicluing  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

miszlich.  Dennoch  seien,  um  auf  diese  neue  Lehre  von  der  Wurzel  die 
beteiligten  aufmerksam  zu  machen,  hier  einige  Andeutungen  gewagt: 

d)  die  Sprache  überhaupt  musz  in  ähnlicher  Weise  entstanden 
sein,  wie  wir  ihre  Enlslehung  noch  heute  am  Kinde  wahrnehmen. 

6)  Sprache  und  Voraussetzung  des  Verständnisses  der  ausge- 
stoszenen  Laute  bei  der  Umgebung  fallen  zusammen;  kein  Sprachlaut 
des  Kindes  früher,  als  bis  es  das  Verständnis  seiner  Laute  voraussetzt. 
Dasselbe  gilt  selbst  für  die  Geberdensprache  des  Stummen,  die  gleich- 
falls ohne  die  Annahme  des  Stummen,  dasz  er  verstanden  werden 
könne,  nicht  denkbar  ist. 

c)  Beim  Kinde  und  bei  der  Sprachbildung  im  allgemeinen  hilft 
uranfänglicii  die  Geberde  des  Leibes  den  Sinn  des  Lautes  verständlich 
machen  (vgl.  Heyse  S.  134).  Ungebildete  Erwachsene  lieben  es  auch 
heute  noch,  um  denselben  Zweck  zu  erreichen,  ihre  Rede  mit  Gesticu- 
laiionen  zu  begleiten. 

rf)  Sieht  man  ab  von  den  Empfindungswurzeln  (Inlerjectio- 
nen),  die  ohne  ein  auszerhalb  des  sprechenden  liegendes  Object  zu 
benennen,  d.  h.  ohne  einen  Begriff  zur  Unterlage  zu  haben, 
nur  ein  lautliches  Bild  von  innern,  dunkein  Gefühlen  geben  und,  wie 
beim  Kinde,  so  in  jeder  Sprache  die  ersten  Lautbildungen  sind,  so 
hilft  bei  den  Wurzeln,  die  drauszen  liegende  Objecto  bezeichnen  sol- 
len, dem  Kinde  die  Geberde  mitsprechen  und  zunächst  die  Schallnach- 
ahmung, die  aber  in  kühner  Metapher  Laut  und  Bedeutung  des  Lautes 
bald  auch  auf  andere  Sinneseindrücke,  namentlich  auf  das  sichtbare 
überträgt,  die  Urworte  bilden,  z.  B.  bim,  bam,  bum=:  Glocke  und  lau- 
ten; piff,  paff,  puff  =:::=  Schusz  und  schieszen. 

e)  Wenn  nun  die  Anschauung  und  Vorstellung  des  Men- 
schen sich  noch  mitten  in  dem  Objecto  drauszen  befindet  und  sich  von 
ihm  nicht  losriugen  kann,  so  ist  der  Begriff,  der  das  manigfaltige 
des  Dinges  zu  einer  Einheit  zusammenfaszt,  ein  freier,  vom  Objekte 
drauszen  gewissermaszen  schon  erlösler  Akt  des  Geistes,  Die  Wur- 
zel, das  Urwort  des  Kindes  und  der  Sprache  überhaupt  —  wem 
entsprechen  sie  nun?  Dem  Begriffe,  wie  Becker  gelehrt  hat,  oder 
der  Vorstellung?  Offenbar  kann  das  Urwort,  die  Wurzel 
kein  treues  Lautbild  des  Begriffes  sein,  beide  können 
sich  nicht,  wie  Becker  lehrt,  decken,  da  ja  der  Begriff  kein 
drauszen  liegendes,  genau  entsprechendes  Object  hat, 
sondern  schon  ein  ureigenes,  in  dem  Objecto  nicht  mehr 
aufgehendes,  selbständiges  Erzeugnis  des  Geistes  ist. 
Die  Wurzel  musz  also  ein  Lautzeichen  sein  für  die  Vors  teil  u  ng, 
das  von  einem  einzelnen  concreteu  unterscheidenden  Merkmale  des 
Objects  hergenommen  ist.  Das  Urwort,  die  Wurzel  bezeichnet  also 
nach  Heyse  immer  etwas  besonderes,  concretes,  natürlich  stets 
sinnliches  und  nicht,  wie  Becker  meinte,  etwas  allgemeines, 
so  dasz  etwa  die  Urworte  und  Urbedeutungen  auf  eine  geringste  Zahl 
zusammenschrumpften.     Nach   Heyse   hat   auch    die   reichste    Sprache 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mullersprache.     99 

kaum  mehr  als  1000  solcher  Urworte,  Weder  beim  Kinde  noch  bei 
der  Sprache  überhaupt  wird  nun  das  entlehnte  und  verlautbarle  Merk- 
mal desselben  Objects  immer  dasselbe  sein,  und  hierin  liegt  der  indi- 
viduelle Unterschied  der  einzelnen,  sonst  selbst  nah  verwandten 
Sprachen.  Ein  Beispiel,  entlehnt  vom  Kinde,  das  im  Sprechen  die  er- 
sten Versuche  macht,  mag  die  Satze  von  Nro  a  bis  Nro  e  erläutern; 
sein  Gebaren  dabei  kann  von  der  Art  w  ie  die  Sprache  im  allgemeinen 
entstanden  ist  wesentlich  nicht  verschieden  sein.  Das  Kind  hat 
einen  Ochsen  brüllen  hören  —  oder  passender  noch  —  einen 
brüllenden  Ochsen  gesehen.  Es  bricht  bei  der  ersten  Wieder- 
holung desselben  Sinneseindrucks  oder  einer  spätem  in  den  schall- 
nachahmenden Wurzellaut  6m,  oder,  um  sein  Staunen  über  den  hefti- 
gen Eindruck  des  Objects  zu  verlautbaren,  vielleicht  in  den  bereits 
reduplicierten,  d.h.  nachdrucksvolleren  Laut:  bubu  aus,  sei  es  dasz  es 
diese  Wurzel,  die  noch  wenig  Uebung  und  Entwickelung  der  Sprach- 
organe verlangt,  selbst  schafft,  sei  es  dasz  es  den  von  der  Mutter  frü- 
her vorgesagten  Laut  sprechend  nachahmt.  Warum  stöszt  das  Kind 
den  Laut  aus?  Antwort:  einmal  weil  es  der  dnrch  wiederholte  An- 
schauung erzeuglen  Vorstellung  Ausdruck  geben,  die  heftige 
durch  das  Object  hervorgebrachte  innere  Erregung,  die  auf  die  Ge- 
berde und  die  Sprachorgane  einen  unwiderstehlichen  Druck  übt,  nach 
auszen  kund  (hun  —  mit  andern  Worten  —  weil  es  sprechen  will 
oder  besser  weil  es  sprechen  musz.  Hieraus  ergibt  sich:  wie  der 
Mensch,  um  nicht  zu  verhungern  und  zu  verdursten,  essen  und  trinken 
musz,  so  zwingt  ihn  dieselbe  Notwendigkeit  zum  spre- 
chen. Will  er  unter  dem  gewaltsamen  Einflüsse  innerer  heftiger  Em- 
pfindungen oder  dem  Drucke  neuer  äuszerer  Objecte  nicht  erliegen, 
so  musz  der  Mensch,  mag  er  wollen  oder  nicht.  Laute  ausstoszen, 
d.  h.  sprechen.  Die  innern  Empfindungen  einmal,  dann  die  neu  ange- 
schauten Objecte  wirken  mit  unwiderstehlicher  Gewalt  auf  die  entspre- 
chenden Organe  seines  Leibes  und  so  entsteht  mit  Notwendigkeit  1) 
die  Geberde  und  2)  der  Laut,  d.  h.  die  Sprache.  Zweitens  aber  slöszt 
das  Kind  den  Laut  bu  aus,  weil  es  das  Verständnis  dieses 
Lautes  bei  seiner  Umgebung  voraussetzt;  denn  dies  ist  die 
zweite  Vorbedingung  der  Entstehung  des  Wortes  beim  Kinde,  und  in 
der  Sprache  überhaupt.  Da  nun  das  Kind  durch  Ausstoszung  dieser 
Wurzel  bu  seinen  doppelten  Zweck,  l)  zu  sprechen,  d.  h.  sich  der  In- 
nern Erregung  durch  den  Laut  zu  entledigen  und  2J  verstanden  zu 
werden,  vollständig  erreicht  —  die  Eltern  begreifen  recht  gut,  was 
es  damit  sagen  will  —  so  kann  die  Wurzel  kein  Hirnge- 
spin nst,  keine  Lautdichtung  der  Grammatiker  ohne  allen 
geis  t  ige  n  1  nh  a  1 1  sei  n.  Ist  sie  nun  entweder  Nomen  oder  ist  sie 
Verbum?  Offenbar  keins  von  beiden;  denn  dazu  fehlt  ihr  das  Kenn- 
zeichen beider.  Erst  durch  Hinzutritt  von  beiderlei  Kennzeichen  wird 
aus  der  Wurzel  bu  der  Verbalstamm  ßoa  und  das  Verbum  ßoäv  (==z 
brüllen)  und  durch  Hinzutritt  des  Geschlechtszeichens  das  Nomei 
ßov£^  bos  (::=  Brüller).    Die  Wurzel  ist  vielmehr  Verbum  und, Nomen 

7* 


100  Die  Sprachvergloichiing  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

zunial*),  ja  noch  mehr —  das  Urwort  enthält —  und  das  ist  die 
Hauptsache  —  schon  den  ganzen  Satz  keim  in  nich;  es  ist 
g  e  w  isse  r  maszen  ein  Satz,  ein  —  ohne  alle  andere  Laufzuthat 
an  sich  verständliches  Ganzes.  Resultat:  wenn  das  Kind  der 
l^lulter  die  Wurzel  bu  zuruft,  so  will  es  keineswegs  nach  Art  des 
Lexikographen  ein  Ding  oder  eine  Thätigkeit  vereinzelt  he- 
nennen,  sondern  es  will  sich  durch  diesen  Laut  verständlich  machen. 
Es  will  entweder  sagen:  das  brüllende  Thier  ist  wieder  da,  oder  das 
Tliier,  von  dem  ich  als  einom  brüllenden  bereits  eine  Vorstellung  habe, 
brüllt  jetzt  eben  wieder.  Da  es  seinen  Zweck  bei  seiner  Umgebung 
erreicht  und  den  Laut  gar  nicht  ausstoszen  würde,  wenn  es  die  Mög- 
lichkeit verstanden  zu  werden  nicht  schon  vorausgesetzt  hätte,  so 
liegt  hier  in  den  Uranfängen  der  Kindersprache  eine  Art  der  Verstän- 
digung durch  den  Urlaut,  die  Wurzel  vor,  der  alle  formelle  lautliche 
Bezeichnung  des  Subjects,  Prädicats  und  der  Copula  noch  vollständig 
aiigeht. 

Man  wird  einwenden:  so  das  Kind,  so  die  Uranfänge  seiner 
Sprache  —  aber  ist's  denn  ebenso  mit  der  Sprache  überhaupt  gewe- 
sen? Darauf  antworten  Sleinlhal  und.  Heyse  mit  entschiedenem  Ja. 
Und  es  ist  nötig  auf  ihre  Beweisführung  wenigstens  kurz  zurückzu- 
kommen. 

A)  Millionen  von  Mensclien  stehen  noch  heutigen  Tages  auf  die- 
sem Standpunkte  der  frühesten  Sprachbildung  des  Kindes  durch  Wur- 
zeln. Die  Chinesen  reihen  einsilbige  Wurzeln  aneinander  und  drücken 
'nur  durch  die  Slellang  der  auf  einander  bezogenen  Wurzeln  die  jedes- 
malige Begriffsform  aus,  so  dasz  die  Verbindung  beider  nur  im  Geiste, 
nicht  durch  ein  Wort  oder  eine  Worfform  (Copula)  vollzogen  wird' 
(Heyse  S.  142).  Dadurch  gewinnt  die  Grundarisicht  von  der  Wurzel, 
nach  der  sie  in  den  Uranfängen  aller  Sprachen  bereits  den  Keim  des 
ganzen  Satzes  in  sich  enthält,  die  ausreichendste  Bestätigung. 

B)  Andere  Sprachen,  z.  8.  die  tartarischen  gehen,  über  die  Wur- 
zelsprache, in  welcher  ein  und  dieselbe  Wurzel  /ju  bald  brüllen, 
bald  Brüll  er  bedeutet,  einen  Schritt  hinaus  und  unterscheiden  den 
ISamen  für  das  Ding  (Subslauz)  von  dem  für  die  Thätigkeit  (Attribut) 
auch  lautlich,  aber  es  fehlt  Wort  oder  Form  für  die  Aussage.  Die 
Synthesis  des  Subjects  und  Prädicats  musz  also  der  hörende  auch 
ohne  alle  lautliche  Andeutung  in  seinem  Geiste  selbst  voll- 
ziehen.   Die  Türken  können  zwar  sagen:  homo  (=  Nomen),  amans 


*)  Selbst  volLständiV  eutvrickelte  Worte  tauf  einem  viel  späteren 
Stande  der  Sprache,  z.  ß.  fall,  Fall;  .schlag;,  Schlag;  bisz,  Bi.sz  ;  grab, 
Grab;  schritt,  Schritt,  kihmen  als  Bestätigung  dienen,  dasz  nicht  das 
Verbnm  die  Quelle  der  Sprache  sei,  sondern  dasz  der  Wnrzel  selbst 
eine  solche  Fülle  geistigen  Gehalts  innewohne,  dasz  sie  Verbum  nnd 
Nomen  zumal  bedeutet.  Weit  gefehlt  also,  dasz  die  Wurzel  eine  sinn- 
lose Lautdichtung  des  G  r  a  in  ni  at  i  k  er  s  wäre,  ist  sie  in  den 
Uranfängen  der  Sprache  erfüllt  mit  dem  reichsten  g  e  i  s  t  i  - 
gen  I  njia  1 1. 


Die  Sprachvcrgleicliuiig  mul  der  Unfcrrichl  in  der  iVIiilferspracIie.   101 

(=  Attribut;  also  gewissermaszen  Verb  um);  aber  die  beiden  ent- 
sprechenden türkischen  Worte  bedeuten  sowol ;  Iiomo  am  ans  ^  als 
aucii :  honio  amat,  weil  den  Türken  (I;is  lautliche  Mittel,  Subject 
und  Pradicat  durch  die  Copula  zu  verbinden  abgeht  (vgl.  Heyse  ebd.). 
Mag  man  vom  Kinde,  dem  freilich  die  vorsprechende  Mutter  bei  der 
Wurzelbildung  j  etzt  fast  alle  Mühe  abnimmt,  oder  mag  man  von  die- 
sen beiden  Sprachen  unter  Nro  A  u.  B  ausgehen,  in  beiden  Fällen  ge- 
winnt die  Wurzel,  der  die  ürammaliker ,  weil  sie  dieselbe  für 
ihre  eigne  L  a  u  t  d  i  c  h  t  u  n  g ,  nicht  für  eine  Schöpfung  der 
Sprache  sebst  hielten,  zeither  fast  allen  geistigen  Inhalt  abzu- 
sprechen geneigt  waren,  eine  weit  gröszere  Wichtigkeit,  als  man  ihr 
zeither  beizulegen  irgend  ge\>ohnt  war.  Denn  es  ist  einleuchtend, 
dasz  sich  —  also  ganz  gegen  Beckers  Ansicht  —  Sprech-  und  Denk- 
gesefze  ursprünglich  durchaus  nicht  decken  ;  denn  was  der  denkende 
Geist  vermöge  des  ihm  innewohnenden  Gesetzes  immer  thun  musz, 
nemlich  die  Synthesis  des  Subjecfs-  und  Pradicalsbegriffes  zu  vollzie- 
hen —  diese  Synthesis  ist  lautlich  in  den  erwähnten  Sprachen  gar 
nicht  ausgedrückt*). 

C)  Erst  a  u  f  de  r  driften  und  höchsten  S  t  u  fe  der  Sprache, 
welche  die  Kinder  und  manche  Völker  nicht  erreichen,  'nimmt  das 
V e r b u m  die  Kraft  der  Copula  in  sich  auf  und  u  i r d  zum 
wirklichen  A  ussa  ge  wo  rt  e'  (Ileyse  ebd.).  Auf  dieser  höchsten 
Stufe  stehen  neben  andern  die  indo-europaischen  Sprachen  und  unter 
ihnen  auch  die  deutsche.  Aber  uranfänglich  sind  auch  diese 
Sprachen,  wie  die  des  Kindes,  von  der  Bildung  der  Wurzel,  als  des 
Urwortes,  ausgegangen;  darum  ist  es  begreiflich,  wie  selbst  die 
ältere  Grammatik,  wenn  auch  mehr  dunkel  ahnend,  als  die 
Wichtigkeit  der  Sache  in  ihrem  ganzen  Umfange  begrei- 
fend, sich  mit  den  Wurzeln  soviel  zu  schalTen  gemacht  hat.  Auf  das- 
selbe Ziel  übrigens,  das  Sleintha!  und  Heyse  jüngst  auf  physiologischem 
und  psychologischem  Wege  erreicht,  war  schon  vor  ihnen, "aber  auf 
empirischem  Wege  die  historische  Sprachwissenschaft  losgesteuert, 


*)  Bestätigt  dasselbe  nicht  auch  folgende  Thatsache  ?  Die  Kinder 
spTechen  selbst  später  noch:  "'^''.lama,  essen  —  trinken  —  schla- 
fen'. Die  Mutter  versteht  das  Kind  vollständig;  das  Kind  würde  auch 
die  Laute  nicht  ausstoszen ,  wenn  es  nicht  die  Mögiiclikeit  des  Verständ- 
nisses voraussetzte.  Also  auch  hier  Sprache  und  Verständnis  ohne  die 
lautliche  Form,  die  dem  innern  Denkacte  vollkommen  entspräche. 
Es  sind  zwar  keine  "Wurzeln  (=  isK,  trink,  schlaf),  sondern  eine  Art 
echter  Infinitive;  aber  diese  Infinitive  bedeuten  nicht  Nomen  oder  Ver- 
bum  allein,  sondern  enthalten  den  vollen  und  zwar  für  die  Mutter 
ganz  verständlichen  Satzkeim.  Das  Kind  spricht  nur  anders, 
als  wir  zu  denken  gezwungen  sind.  Ganz  ähnlich  pflegen  in  aufgeregtem 
Zustande  auch  selbst  Erwaclisene  zu  sprechen;  wir  nennen  dies  dann 
Ellipse  und  ergänzen  dabei  allerlei  Worte.  At)er  von  dem  hier  ge- 
genommenen Standpunkte  aus  erklärt  sich  die  Ellipse  von  selbst;  jede 
Ergänzung  ist  überdüssig ;  die  Sache  ist  vielmehr  diese:  der  erregte 
Mensch  spricht  eben  anders,  als  der  ruhige  zu  sprechen  und  alle  zu 
denken  pflegen. 


102  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

sodasz  der  Empirie  die  philosophische  Betrachtung  dicht  auf  dem  Fusze 
gefolgt  ist.  Die  historische  Schule  stimmt  mit  den  beiden  philosophi- 
schen Grammatikern  darin  vollständig  überein,  dasz  sie  die  Sprachen 
nicht  als  etwas  fertiges,  wie  sie  zu  einer  bestimmten  Zeit  in  die 
Erscheinung  traten,  betrachtet,  sondern  als  etwas  gewordenes. 
Diese  Grundansicht  schlieszt  einmal  jede  einseitige  Beschäftignng  des 
Etymologeif  mit  einer  einzelnen  Sprache  ohne  Rücksicht  auf  die  ver- 
wandten aus  ,  dann  niusten  beide  mit  aller  Macht  auf  die  Quelle  des 
Wortes  und  der  Sprache  überhaupt,  d.  h.  auf  das  Urwort,  auf  die 
Wurzel  bingeleitet  werden. 

Jetzt  erst  kann  die  oben  zu  II  Nro  3  gestellte  Frage:  ob  die 
'  unr  egelmäs  z  ige  n'  Verba  ihren  Namen  etwa  verdienen,  weil  sie 
gegen  die  ursprüngliche  Regel  der  deutschen  Conjugation  gebildet 
seien,  genügend  beantwortet  werden.  Dasz  die  seh  wa  eben  Verba 
auf  ete,  te  die  Wurzel  nicht  enthalten,  ist,  da  sie  sämtlich  durch  die 
Vocale  2,  0,  ai  deriviert  sind,  von  selbst  klar.  J.  Grimm  hat  nun  ge- 
rade in  den  "^unregelmäszigen'  deutschen  Verbis  die  Wurzeln 
der  deutschen  Sprache  entdeckt  und  sie  demnach  auch  Würze  l- 
verba*)  und  ihre  Conjugation  die  starke  genannt.  Die  Regel  nun, 
nach  der  diese  Wurzelverba  gebildet  sind,  heiszt  A  b  la  u  t.  Es  hat 
damit  aber  folgende  Bewandtnis.  Alle  Sprachen  bilden  zuerst  die 
Wurzeln;  aus  diesen  entsteht  in  den  indo- europäischen  Sprachen, 
also  auch  den  deutschen  das  Wort 

A)  durch  innere  Lautveränderung  der  Wurzel  selbst;  diese  trifft 
natürlich  nur  den  Vocal,  da  wesentliche  Aenderung  des  Con- 
sonanten  der  Zerstörung  der  Wurzel  gleichkäme,  z.  ß.  Band, 
Bund;  der  Greif,  der  Griff. 

B)  Durch  äuszere  Lautansätze 

1)  Fräfixa  z.B.  die  Reduplication,  z.B. Wirrwar,  Singsang, 
murmur,  susurro. 

2)  Suffixa  am  Ende  der  Wurzel  a)  Flexion,  b)  Derivation, 
c)  Composition ; 

C)  durch  beide  ßildungsmittel  zugleich,  z.  B.  Tpegpco,  xi-xQOcp-u, 
tQag)-ijvac;  Not-durf-t,  Gift,  Gruf-t;  Gab-e,  Grab-en. 

Zu  Nro  A)  Die  innere  Lautveränderung  ist  aber  eben  das,  was  J. 
Grimm  Ablaut  nennt.  Die  slavischen  Sprachen  kennen  das  Bil- 
dungsmittel Nro  A  gar  nicht;  die  griechische  verwendet  es  häufig 
—  nur  meist  in  Verbindung  mit  dem  andern  unter  Nro  B,  z.  B.  TCi&eiv, 
nel^co,  TtiTioi&a^  mang,  neia^a;  die  lateinische  Sprache  hat  jedenfalls 
Spuren  davon;  denn  wie  soll  man  fid,  fid,  foed,  fides,  foedus;  die,  die. 


( 


*)  Dasz  *■  die  wirkliche  Urgestalt  und  Urbedeutung  der  Wurzeln 
uicht  innerhalb  einer  einzelnen,  also  auch  nicht  der  deutschen  Sprache 
gefunden  werden  kann,  sondern  dasz  diese  Ermittelung  der  gescliicht- 
lichen ,  d.  h.  vergleichenden  Sprachforschung  als  Aufgabe  zufällt ,  er- 
wähnt Heyse  (S-  111)  ganz  richtig.  Das  Gymnasium  hat  sich  auf  die 
Muttersprache  zu  beschränken;  die  Vermittelung  mit  den  beitlen  alten 
bewirkt  das  Gesetz  der  Lautverschiebung. 


Die  Sprachvorjjloicliuiig  und  der  Untcrriclit  in  der  MuUersprache,   103 

dicaro,  dicere ;  dux,  ducis,  düco,  plac-plAc,  placere  =  llacli,  eben,  fflalt 
sein  C^placidiim  niare,  anuiis')  und  pläcare,  flach  maclien,  ebnen  ('ae- 
qiiora  pl.')  anders  nennen  als  Ablant,  wenn  man  niclit  unnötige  Kunsl- 
ausdrücke  hänfen,  oder  gar  wie  die  altere  Grammatik  in  den  Worten 
ganz  irtiimlieli  Ausnahmen  ßndon  will? 

Von  allen  andern  indo -europäischen  Sprachen  ist  aber  der  Ab- 
laut sämtlichen  germanischen,  also  auch  unsrer  neuiiochdeutschen 
eigentümlich  und  durchweg  maszgebend.  Die  Sache  läszt  sich  genü- 
gend nur  vom  Gothischen  ans  erklären;  auch  das  Gymnasium  wird  auf 
anderem  Wege  nicht  ans  Ziel  gelangen,  und  es  scheint  eine  Andeutung 
darüber  hier  an  der  Stelle.  Das  Zurückgreifen  blos  bis  zum  MIID.  ist 
gewis  nicht  zweckentsprechend.  Die  Sache  wäre  dann  auf  der  Uni- 
versität doch  wieder  von  vorn  anzufangen,  was  selbst  strebsame  Stu- 
denten unterlassen  würden;  denn  da  der  Abstand  der  mhd.  von  den 
nhd.  Formen  sehr  gering  ist,  würde  der  Student  vor  den  sehr  abwei- 
chenden gothischen  und  althochdeutschen,  scheinbar  ganz  andern  For- 
men natürlich  zurückscheuen  und  das  ganze  Studium  an  den  Nagel 
hängen.  Kennt  dagegen  der  Secundaner  die  Grundregeln,  hat  er  sich 
—  selbst  bei  sehr  beschränkter  Leetüre  —  an  Beispielen  geübt,  um 
ältere  Formen  in  unsere  heutige  zu  verwandeln,  so  braucht  er  blos 
neben  den  nhd.  die  goth.  Ablaute  zu  lernen,  um  die  folgenden  Para- 
digmen leicht  zu  überschauen: 

Partip. 

u       bind-a,  band,  bund-um,  bund-ans. 

i  od   u-^^^"^'  ^^^'  geb-um,  gib-ans. 
Istil-a,  stal,  sielum,  stul-ans. 
a       far-a,  för,  för-um ,  far-ans. 
i       steig-a,  staig,  stig-um,  stig-ans. 
u       biug-a,  buag,  bug-um ,  bug-ans. 

Hat  der  Schüler  auszer  diesen  goth.  Ablauten  die  übrigen 
Grundregeln:  die  Brechung,  den  Umlaut  und  die  Schwä- 
chung, m"it  welcher  auch  die  verworrenen  nhd.  Quantitäts -Verhält- 
nisse zusammenhangen,  vorher  gelernt  und  weisz  er  das  wenige,  was 
der  blosz  dialektische  Vocalwechsel  zu  lernen  nötig  macht,  so  setzt 
er  sich  die  Wurzeln  und  Endungen  dieser  goth.  ablautenden  Verba 
von  selbst  in  die  betreffenden  nhd.  um.  Aber  ehe  ihn  der  Lehrer  be- 
ginnen läszt,  fängt  er  die  ganzeSache  gerade  damit  an,  wo- 
mit die  lateinisch -deutsche  Grammatik  völlig  rat  blos 
endete,  nemlich  mit  der  allereinzigen  nhd.  ^Ausnahme*:  1)  ich 
werde,  2)  ich  ward,  3)  wir  wurden.  Denn  gerade  diese  Au  s - 
nähme,  an  die  sich  der  Lehrer  vor  allem  anklammern  nuisz,  enthält 
die  alte  Regel.  Ablaut  des  Singularis  und  Ablaut  des  Pluralis  Prae- 
teriti  waren  nemlich  auszer  in  Klasse  III  (goth.  6,  ö  =  langes  nhd.  n) 
ursprünglich  immer  von  einander  verschieden. 

Zunächst  schafft  sich  der  Schüler  die  Endungen  bei  Seite;  also 


Präes. 

Praet. 

Praet 

Sing. 

Plur. 

I.     i     — 

a 

—    u    - 

II.     i     — 

a 

—    e    ■ 

III.     a     — 

ö 

—    6 

IV.    ei    — 

ai 

—     i 

V.    iu 

ua 

—     u 

104  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mutlersprache. 

golh.  a  n.  ans  im  Praes.  u.  Parlicip.  =  nhd.  n  u.  en  (=  Schwächung); 
golh.  um  =  nhd.  en  (=  l)  Schwächung  und  2)  Wechsel  der  liquidae, 
wie  er  auch  sonst  bei  Endungen  vorkommt).  Demgemasz  setzt  er 
nun  fest: 

a)  binde  —  2)  band  —  3)  wir  banden  (nicht  mehr:  bunden,  wie 

das  Volk  spricht). 

b)  gebe  (Brechung)  —  2)  gab  (unorganisches  a)  —  3)  gaben, 
stehle  (Brechung  und  Dehnzeichen)  —  2)  stahl  (unorganisches 

ä  und  h)  —  3)  stahlen. 

c)  fahre  (unorganisches  ä  und  h)  —  2)  fuhr  (h)  —  3)  fuhren. 

d)  steige    —  2)  stieg  —  3)  stiegen. 

e)  biege  —  2)  bog  —  3)  bogen.  *) 

Der  eingeschulte,  mit  der  Lautverschiebung  bekannte  Primaner 
wird  mit  Rücksicht  auf  den  dialektischen  Vocalwechsel  die  goth.  Prä- 
lerila band,  bundum;  gaf,  gebum;  för,  forum;  staig,  sligum ;  buag, 
bugum  mit  derselben  Sicherheit  ins  Ahd.  umsetzen  und  linden :  pant, 
puntumes;  kap,  käpumes,  stal ,  sfälumes ;  vuor,  vuorumes;  steic,  sti- 
kumes;  pouc,  pukumes.  Daraus  ersieht  der  Schüler,  dasz  auch  das 
Ahd.  einen  doppelten  Ablaut  im  Praeteritum  hatte;  dieselbe  Thatsache 
findet  er  im  Mhd.  und  so  wird  er  erst  begreifen,  dasz  die  Form:  ich 
ward,  wir  wurden  keine  Ausnahme,  sondern  gerade  die  alle  Kegel 
enthält  und  dasz  sich  Doppelformen  solcher  Praeierita  bei  Luther  und 
seinen  Zeitgenossen  und  manche  üeberresle  in  der  Volkssprache  (was 
die  Alten  sungen,  das  zwitscherten  die  Jungen;  sie  bunden  ihn, 
trunken  viel  u.  ä.)  grammatisch  erklären  lassen,  ohne  dasz  an  Aus- 
nahmen zu  denken  oder  gar  die  Rede  des  Volkes  als  regelwidrig  zu 
verachten  wäre.  Die  nhd.  Participia  ergeben  sich  den  Golhischen  ge- 
jjenüber  durch  die  Brechung  (gegeben,  gestohlen;  e  u.  o  =  ursprüng- 
lichem i  u.  u)  und  durch  unorganische  Längeruiig  (gefahren;  ä  für  a) 
von  selbst  und  so  hätte  der  Schüler  mit  Hülfe  der  Grundregeln  die 
völlige  Uebereinstimmung  sämtlicher  Laute  und  zwar  mit  seinen  eignen 
Mitlein  nachgewiesen  **). 


*)  Zu  Nro  d  und  e  die  Bemerkung  des  Lehrers:  In  beide  Klassen 
hat  die  Thatsache  Verwirrung  gebracht,  dasz  die  nhd.  Sprache  den 
doppelten  Ablaut  im  Praeteritum  aufgab;  diese  muste  sich  nun  ent- 
scheiden ,  entweder  für  den  langen  älteren  Ablaut  des  Singularis  oder 
für  den  kurzen  des  Pluralis.  Sie  hat  nun  die  Wahl  so  getroffen,  dasz 
ein  Teil  der  Verba  der  Klassen  d  und  e  den  langen  goth.  Ablaut  ai  und 
ua  (=  nhd.  ie  und  6)  z.  B.  steige,  stieg,  biege,  bog,  ein  Teil  den  goth. 
liurzen  Ablaut  des  Pluralis  i  u.  u  (o)  wählte,  z.  B.  greife,  griff,  fliesze, 
Flusz  und  (gebrochen:  ich)  flosz,  das  Flosz,  wählte.  **)  Auf  diejeni- 
gen nhd.  starken  Verba,  die  im  Laufe  der  Zeit  in  andere  Klassen  aus- 
gewichen sind ,  und  auf  das  Eindringen  des  o  aus  dem  Participium  ins 
Praeteritum,  z.  B.  schere,  schor  für  schar  (neben  die  Schaar,  Scharte, 
Scliur),  hat  der  Lehrer  den  Schüler  aufmerksam  zu  macheu;  dieser 
wird  sich  auch  hier  bald  zurechtfinden ,  wenn  er  die  Thatsache  festhält, 
wie  die  Verwirrung  davon  ausgegangen ,  dasz  die  nhd.  Sprache  den 
doppelten  Ablaut  im  Praeteritum  aufgegeben  hat. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.   105 

Der  Ablaut  ist  also  ein  ureigener,  regelmässiger,  wol- 
lautender,  allen  germanischen  Sprachen  gemeinsamer 
V  o  c  a  1  w  e  c  h  s  e  l  innerhalb  der  Wurzel,  dessen  lautliche  Ei- 
gentümlichkeil die  ältere  1  a  le  i  n  isch- de  n  ts  ch  e  Grammatik  gan/; 
und  gar  verkuiinte.  Aber  hat  sie  die  Bedeutung  dieses  wunderbaren 
innern  Vocaivvechsels  etwa  richtig  aufgefaszt?  Antwort:  noch  viel 
weniger,  sodasz  die  Pfliclit  jetzt,  wo  die  bessere  Einsicht  gewonnen 
ist,  mahnend  an  die  Lehrer  des  Gymnasiums  herantritt,  die  Schüler 
der  übern  Klassen  in  d;is  richtige  Verständnis  einzuführen. 

Der  Ablaut  hat  aber  nicht  blos  die  Kraft,  vom  Laute 
des  Praesens  den  Laut  des  Singularis  und  Pluralis  des 
Praeteriti  zu  unterscheiden,  sondern  seine  Kraft  ist  — 
wenigstens  was  die  germanischen*)  Sprachen  betriiff,  viel  schöpfe- 
rischer; der  Ablaut  ist  ausserdem  auch  die  Quelle  aller  deut- 
schen Nomina.  Nach  der  ersten  Reihe  der  Ablaufe  i,  a,  u  läszt 
sich  nemlich  auch  dieses  Paradigma  aufstellen: 

Verbuin:  trinke  — •  trank  —  (wir)  trunken  (nhd.  tranken) 

Nomina:    Trinkglas  —  Trank  —  Trunk 

Trink-er  —  Ge-lränk  —  trunk-en 

tränken  (goth.  dragk-jan)  —  Trunksucht. 
Jeder,  auch  schon  der  Secundaner  ersieht  aus  diesem  Paradigma  voll- 
ständig, dasz  es  sich  beim  Ablaut  nicht  blos  um  die  Temporal- 
bildung, um  die  Unterscheidung  des  Praesens  vom  Singularis  und 
Pluralis  des  Praeteritum  (=:  ich  werde,  wr/rd,  wir  werden  ::=  Siöo), 
oiöa,  l'ö^isv)  handelt,  sondern  vielmehr  um  die  gesamte  deutsche 
Wortbildung,  also  auch  der  Nomina  und  sämtlicher  schwachen 
Verba  (trank  :  Trank  :  Trunk  :  trunken;  Band  :  Bund  ;  tränken,  bändi- 
gen ;  sank  :  senken ;  sasz  :  setzen  ;  risz  :  ritzen  ;  asz  :  ätzen  ;  fuhr  :  füh- 
ren; stach  :  stacheln).  So  lassen  sich  denn  alle  Nomina  derselben 
Wurzel,  die  zwei  verschiedene  Ablaute  darbieten,  in  die  obigen  fiinf 
goth.  Klassen  ebenso  gut  einreihen,  wie  die  ablautenden  Wurzel- 
verba;  ja  wäre   im  Nhd.   für   zwei  solche  Nomina  ein  entsprechendes 


*)  Den  Streit,  ob  das  Praesens  oder  das  Praeteritum,  also  ob  gotli. 
bind,  gib,  stil,  steig,  hing  oder  band,  gaf,  stal,  stig,  bug  die  eigentliche 
Wurzel  enthalte,  mag  die  Schule  auf  sich  beruhen  lassen.  Für  die 
Schüler  reicht  die  Bemerkung  aus:  in  jedem  solchen  ablautenden 
Verbum  steckt  eine  den tsche  Würze  1.  Die  erste  Ansicht  ver- 
teidigt J.  Grimm ,  die  andere  vielleicht  richtigere  die  Sanskritauer.  Was 
aber  die  Bedeutung  dieses  regelmäszigen  Vocaivvechsels  betrifft,  so 
ist  J.  Grimms  Grundauschauung  gewis  die  einsichtsvollere.  In  den 
germanischen  Sprachen  ist  nemlich  dieser  Voealwechsel  organisch, 
d.  h.  begrifflich  wortbildend,  nicht,  wie  die  Sanskritauer  be- 
haupten, blos  lautlich.  Nicht  blos  'trink'  (=  Imperativus)  und  ich 
Hrank'  unterscheidet  sich  begrifflich  von  einander,  sondern  auch 
Tr«nk  und  Trank,  Grab  und  Grwf-t,  B«nd  und  Bund,  Her-zog  und  Z?<cht. 
In  diesen  und  unzähligen  Nominibus  bewirkt  allein  der  Vocalwan- 
del  an  und  durch  sich  den  Wechsel  auch  der  Bedeutung.  Zu  mei- 
ner Freude  bestätigt  aucli  Heyse  (S.  147)  J.  Grimms  Ansicht  und  erklärt 
in  Betreff  der  germanischen  Sprachen  den  Ablaut  für  wortbildend. 


106  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

starkes  Verbum  nicht  mehr  vorhanden,  so  kann  man  ein  solches  er- 
dichten und  auch  der  Primaner,  wenn  er  sonst  richtig  eingeschult  ist, 
wird  bei  dieser  Dichtung  nicht  oft  fehlgreifen*).  Wie  im  allgemeinen 
das  historische  Verfahren  dazu  drängt,  auf  die  alten,  namentlich 
die  gothischen  Ablaute  Bücksicht  zu  nehmen,  so  auch  besondere  Fälle, 
die  vom  Nhd.  aus  sonst  nicht  zu  erklären  wären.  Die  IV  u.  V  Klasse 
z.B.  bietet  jetzt  die Vocalleiter:  schreibe,  schrieb,  geschrieben;  fliehe, 
floh,  geflohen;  schliesze,  schlosz,  geschlossen;  biege,  bog,  gebogen; 
ziehe,  zog,  gezogen.  Dazu  passen  die  Nomina:  Schreiber,  Floh,  Bo- 
gen, Her-zog  und  Schlosz;  dagegen  enthalten  die  Vocale  in  Schrif-t; 
Flucht;  SchlMsz ;  Bwch-t;  bücken;  Zuch-t  und  Zug  (=  unorganisches 
ü)  die  älteren  Ablaute  des  früheren  Pluralis,  der  sich  jetzt  auszer  in 
ward,  werden  vom  Singularis  durch  einen  andern  Ablaut  nicht  mehr 
unterscheidet.  Aus  dem  gesagten  aber  erhellt:  der  Ablaut  ist  Ur- 
sprung und  Quelle  aller  deutschen  Worte,  der  Nomina  und  der  Verba, 
und  es  dreht  sich  dabei  keineswegs  blos  um  die  Temporal-Bildung. 
Weil  gefehlt,  dasz  die  ältere  lateinisch -deutsche  Grammatik  bis 
zu  dieser  Quelle  des  deutschen  Wortes  vorgedrungen  wäre,  stand  sie 
diesen  ablautenden  Wurzelverbis,  da  sie  in  der  iateinisclien  Grammatik 
kein  Analogon  fand,  völlig  rathlos  gegenüber.  Anstatt  sich  an  die 
griechische  Sprache  zu  halten,   die  in  ihren  Verbis  und  Nominibus 

*)  Verfiele  z.  B.  der  Primaner  auf  die  Frage  des  Lehrers  nach  zwei 
solchen  Nominibus  —  auf  die  nlid.  Hahn,  Huhn,  Henne,  so  fände 
er  zwar  kein  entsprechendes  nhd.  starkes  Verbum ;  auch  der  Lehrer 
könnte  ihm  selbst  aus  allen  germanischen  keins  beibringen.  Zunächst 
läszt  er  den  Umlaut  E  in  Henne  fallen;  das  E  kann  ja  nicht  ursprüng- 
lich sein  (vgl.  oben);  er  hält  sich  also  an  das  a  und  u  in  Hahn  und 
Huhn.  Dies  leitet  ihn  auf  die  III  goth.  Reihe  han ,  hun,  hon,  hun  = 
nhd.  Han,  Hun  (ü);  mithin  ist  das  ä  in  Hahn  unorganisch  und  das  H 
bloszes  Dehnzeichen;  ahd,  hanja  wird  durch  Umlaut  zu  nhd.  Henne. 
So  wäre  der  Laut  festgestellt.  Wie  steht  es  nun  mit  der  Bedeutung? 
Da  keine  deutsche  hier  aushilft,  so  kihinte  sich  der  Lehrer  wol  einmal 
an  die  lateinische  Sprache  wenden.  Nach  der  Lautversc'hiebung 
(cornu,  KSQug,  Hörn;  xotlog,  caelum,  hohl;  KÜlaiMog,  calamus,  Halm) 
musz  Hahn  =  lat.  can  sein  und  nun  hat  der  Schüler  selbst  alles 
gefunden  was  er  wünscht  und,  meine  Erfahrung  lehrt's,  zu  seiner 
groszen  Freude,  die  ihm  das  ganze  Verfahren  lieb  und  angenehm 
macht.  Zunächst  1)  sieht  er  ein,  dasz  seine  Dichtung  kein  Luft- 
schlosz,  folglich  die  Regel  des  Ablauts  für  alle  Fälle,  selbst  erdichtete, 
durchgreifend  ist,  dann  2)  weisz  er,  was  er  von  der  Mutter  nicht  ge- 
lernt hat,  dasz  Hahn,  Huhn  eigentlich  Kräher,  Schreier,  Sän- 
ger bedeutet  und  3)  lernt  er  nebenbei,  dasz  cano,  cecini,  cantum  ur- 
sprünglich nicht:  singen,  ''melodische,  kunstvolle  Töne  hervorbringen' 
(vgl.  Freunds  Lex.)  heiszen  kann,  was  an  sich  unwahrscheinlich  ist, 
da  sie  in  der  urältesten  Zeit  der  lateinischen  Sprachbildung  kaum  Kan- 
toren »md  Koncerte  gehabt  haben.  Vgl.  übrigens:  ''Galli  —  victores  ca- 
nere  solent;  sie  maestae  tubae  cecinere;  et  veterem  in  limo  ranae  ceci- 
nere  ('singen'?)  querehim.  Solche  Beispiele ,  die  der  Schüler  sich  selbst 
aus  dem  Latein,  oder  Griech.  sucht,  sind  recht  geeignet,  die  etwa  lauer 
werdende  Teilnahme  desselben  anzufachen  und  pflegen  einen  besondern 
Reiz  für  die  Sache  zu  veranlassen. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unlerricht  in  der  Muttersprache.   107 

(AaTto),  XeXoiTta,  lomog,  Xitcelv  =  golh.  sleiga,  staig,  stigum  ,  ßnev- 
6co,  GTtovö}],  golh.  biug,  buag)  einen  ganz  ähnlichen  Lautwandel  des 
Wurzeivocals  bietet,  nahm  sie  in  der  äuszersten  Verlegenheit  zu  einer 
secundäien  Sprache,  der  französischen,  ihre  Zuflucht  und  holte  sich 
von  einer  gewissen  Klasse  vonVerbis  dieser  Sprache,  deren  Bildung 
mit  der  der  deutschen  Wurzelverba  auch/ nicht  das  ge- 
ringste gemein  hat,  den  ganz  unpassenden  Namen  ^  unreg  ei- 
nlas z  ige  Zeilwörter'.  —  Doch  diese  Andeutungen  und  Beispiele  mö- 
gen genügen,  den  früheren  und  den  jetzigen  Standpunkt  der  deutschen 
Grammatik  zu  kennzeichnen. 

Es  fragt  sich  nun,  sollen  unsere  Schüler,  weil  sie  früher  aus  der 
la  t  ei  n  i  seh- d  eu  tschen  Grammatik  fast  nichts  als  Irtümer  lernen 
konnten,  von  der  Kenntnis  der  besprochenen  maszgebenden  Gesetze  für 
immer  ausgeschlossen  bleiben  und  ohne  alle  gründliche  grammatische 
Einsicht  in  ihre  eigene  Muttersprache  das  Gymnasium  verlassen,  um 
auch  auf  der  Universität —  dies  wird  bei  der  groszen  Mehrzahl  sicher 
der  Fall  sein  —  alle  sich  darbietenden  Mittel,  das  versäumte  nachzu- 
holen, unbenutzt  und  unberücksichtigt  zu  lassen?  Die  groszartigste 
That  der  Neuzeit  auf  dem  ganzen  Gebiete  der  Geisteswissenschaften 
sind  offenbar  die  neuentdeckten  Gesetze  der  historischen  Sprachfor- 
schung—  groszartig  durch  die  Schwierigkeit  ihrer  Entdeckung,  grosz- 
artig  in  ihren  Erfolgen.  Die  neuen  Ideen  durchdringen  und  beherschen 
nicht  blos  unsere  deutsche  Grammatik  und  Lexikographie,  sondern  die 
Ergebnisse  der  Forschungen  der  Germanisten  und  Sanskritaner  drän- 
gen immer  näher  und  mahnender  auch  an  die  altklassischen  Sprachen 
heran.  Aber  über  ein  Menschenalter  ist  bereits  verflossen  seit  dem 
Beginn  dieser  sprachvergleichenden  Studien  —  und  nicht  blos  die  Ge- 
bildeten, die  eine  allgemein -grammatische  Bildung  für  sich  beanspru- 
chen, sondern  auch  die  Philologen  und  Gymnasiallehrer,  denen  sonst 
die  grammatische  Grundlage  der  Sprachen  über  alles  geht,  nehmen  der 
Mehrzahl  nach  von  dieser  groszartigen  Thatsache  wenig  oder  gar  kjcine 
Kenntnis.  Soll  dies  immer  so  bleiben?  Nun  das  können  weder  Lehrer 
noch  Schulbehörden  wünschen.  Die  Schöpfer  und  Träger  der  neuen 
Ideen  und  alle  ihre  vielen  Werke  vermögen  es  allein  nicht  die  Ergeb- 
nisse zum  Gemeingut  der  beteiligten  zu  machen;  dafür  spricht  ja  die 
Erfahrung  und  die  zeitherige  geringe  Zahl  der  anteilnehmenden.  Ohne 
Bei  hülfe  pädagogischer  Kräfte  —  mit  einem  Worte:  ohne 
Beteiligung  der  Gymnasien  wird  und  kann  die  Sache 
nicht  anders  werden. 

Diese  Beteiligung  kann,  so  scheint  es,  in  dem  Gymnasium  zunächst 
nur  vom  deutschen  Unterricht  ausgehen.  Einzuwenden  pflegt  mau 
gegen  die  Aufnahme  der  deutschen  Grammatik:  I)  die  Ergebnisse 
der  neuen  Sprachvergleichung  sind  noch  zu  unsicher', 
und :  II)  Sv  i  e  soll  sich  in  d e m  G y  m n a  s i  u  m  Z e i  t  für  d i e s e  A r  t 
deutscher  Grammatik  finden'? 

Zu  Nro  I.  Sind  die  Ergebnisse  der  historischen  Sprachforschung 
sicher?  Nun  darauf  ist  ehrlich  zu  antworten:  alle  und  jede  Einzelnheit 


108  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unferrichl  in  der  Muttersprache. 

gewis  nicht.  Aber  welche  Fordernng  wäre  das  auch!  \¥as  in  über 
2000  Jahren  dem  alten  Verfahren  durchaus  nicht  gelungen  ist,  das  soll 
das  neue  innerhalb  eines  Menschenalters  leisten  !  Und  doch  mögen  die 
altklassischen  Pliilologen  nur  in  J.  ürimms  Grammatik  nachschlagen, 
welch'  grosze  Zahl  von  Einzelnheiten  in  Betreff  lateinischer  und  grie- 
chischer Wurzeln  und  Endungen  werden  sie  dort  ganz  anders  und 
zwar  richtiger  und  gründlicher  erklärt  finden,  als  in  der  Grammatik 
der  betreffenden  Sprachen;  bei  den  Sanskritanern  wird  die  Zahl  sol- 
cher Einzelnheiten,  soweit  hier  die  Kenntnis  des  unterzeichneten 
reicht,  kaum  geringer,  sondern  eher  noch  viel  bedeutender  sein. 

Nur  die  Philologen,  die  keine  Ahnung  davon  haben,  welche  Un- 
masse von  Einzelnheiten,  welche  die  ältere  lateinische,  griechische 
und  deutsche  Grammatik  entweder  irtümlich  erklärt  oder  ganz  unbe- 
beachtet  gelassen  hatte,  der  vergleichenden  Sprachwissenschaft  zu 
erklären  verblieben —  nur  diese  pflegen,  ohne  dazu  berechtigt  zu  sein, 
es  gerade  hervorzuheben,  dasz  die  einzelnen  Ergebnisse  noch  nicht 
alle  sicher,  vieles  noch  nicht  zum  völligen  Abschlusz  gebracht  sei. 
Wie  wäre  aber  das  Gegenteil  möglich!  Wie  ungerecht  ist  dieser  Vor- 
wurf, wenn  man  die  kurze  Zeit  bedenkt,  seit  der  diese  Studien  beste- 
hen. Bei  dem  Grundsatze  der  historischen  Sprachforschung  k  ei  n  e  r 
Schwierigkeit  aus  dem  Wege  zu  gehen,  ja  bei  ihrer  Vorliebe  selbst 
die  dunkelsten  Punkte  der  Grammatik  und  Lexikographie  zu  erleuch- 
ten —  wie  sollten  da  mit  einem  Schlage  alle  Einseinheiten  sicher  ste- 
hen und  gegen  jede  Kritik  gleichsam  feuerfest  sein.  Aber  gerade  diese 
noch  unsichern  Resultate  —  was  gehen  sie  die  Schule  an?  der  Lehrer 
wird  sich  hüten,  seine  Schüler  damit  zu  behelligen.  Aber  mehr  noch  ! 
Wären  selbst  die  besser  erläuterten  Einzelnlieiten,  die  sicheren  Resul- 
tate der  neuen  Sprachwissenschaft  noch  so  zahlreich,  das  gebe  dem 
Gymnasium  keine  dringende  Veranlassung  davon  Kenntnis  zu  nehmen. 
Dreht  es  sich  blos  um  Einzelnheiten,  so  können  möglicherweise  viele 
richtig,  viele  aber  auch  falsch  oder  mindestens  zweifelhaft  und  darum 
für  die  Schule  von  gar  keinem  Interi^ssa  sein.  Aber  so  steht  die  Sache 
nicht  und  die  Frage  wegen  der  Sicherheit  und  Unsicherheit  der  Er- 
gebnisse ist  anders  zu  stellen.  Nicht  die  erklärten  Einzelnheiten,  von 
denen  gewis  manche  falsch,  andere  nicht  überzeugend  und  für  die 
Schule  gleichgilfig  sind,  kommen  fiir  das  Gymnasium  in  Betracht,  son- 
dern die  neuen  Ideen,  die  leitenden  Grundsätze  der  historischen 
Sprachforschung  überhaupt;  denn  nur  diese  allein  haben  gegenüber 
dem  älteren,  regellosen  Verfahren  die  Gründer  der  vergleichenden 
Grammatik  und  Lexikographie  und  ihre  Schüler  befähigt,  in  kurzer 
Zeit  so  viele  Einzelnheiten  einsichtiger,  richtiger  und  besser  zu  erklä- 
ren, als  es  die  Träger  des  älteren  Verfahrens  selbst  bei  hoher  Bega- 
bung und  groszem  Fleisze  in  so  langen  Zeiträumen  vermocht  haben. 
Diese  so  viele  Einzelnheiten  zusammenfassenden  Grundregeln  der  ver- 
gleichenden Sprachwissenschaft  machen  es  oft  einem  sehr  kleinen 
Sanskritaner  und  Germanisten  möglich,  einem  namiiaften  altklassischen 
Philologen  die  ärgsten  Fehler  nachzuweisen.    Von  diesen  Grundlohren 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Miitterspracho.   U)9 

innsz  aber  das  Gymnasium  in  Bälde  Kennlnis  nehmen,  oder  es  kommt 
samt  der  ganzen  allltlassischon  Philologie  in  eine  schiefe  Stellung  zum 
Leben,  das  heiszt  liier,  zur  Sprachwissenschaft  im  allgemeinen.  Es 
ist  oben  z.  B.  bereits  an  mehreren  Orten  auf  die  grundfalsche  Ansicht 
von  (iem\\'orle:  ^Ausnahme'  hingewiesen,  die  in  der  älteren  Gram- 
matik eine  so  grosze  Rolle  spielt.  Das  heiszt  aber  nichtt«  anderes  als: 
Ich  U  a  n  n  ,  j  a  i  c  h  vv  i  1 1  m  i  r  keine  M  li  h  e  g  e  b  e  n  d  i  e  S  a  c  h  e  z  u 
erklären.  Ganz  anders  die  neue  Grammatik.  Diese  dreht  die  Sache 
um  und  sagt:  ich  musz  sie  erklären;  mislänge  in  einzelnen  Fällen 
der  Versuch,  dann  würde  ich  meine  Unkunde  offen  eingestehn.  Die- 
sen Zweck  sucht  sie  durch  alle  Mittel  zu  erreichen;  gelingt^s  nicht 
mit  einer  Sprache  allein,  so  doch  mit  Hülfe  einer  verwandten.  Und 
so  sind  ihr  doch  selbst  Misbildungen  *)  nicht  gleichgiltig.  Die  latei- 
nische Grammatik  lehrt  z.  ß.  gleich  im  Anfange 

Bei  a  und  e  der  ersten  hat 

das  genus  femininum  statt. 
*  A  u  s  n  a  h  m  e  n '  : 

Doch  viele  Worte  auf  ein  a 

sind  von  Natur  (?)  schon  mascula. 
Also  wiederum  dicht  hinter  der  Regel  die  '^Ausnahme'.  Was  be- 
deutet das  anderes  als:  ich  kann  und  will  das  genus  von  scriba, 
incola  usw.  nicht  erklären.  '  Sie  seien  von  Natur  (?)  schon  mascula' 
—  das  ist  ja  der  wunderlichste  Grund,  der  nichts  erklärt.  Menschen, 
Thiere,  ja  Pflanzen  sind  von  Natur  mascula  oder  feminina,  aber 
Worte  gewis  nicht.  Das  Wesen  des  Wortes  wurzelt  nicht  in  der 
N  a  tu  r  dra  u  sz  en  ,  sondern  in  der  Eigentümlichkeit  der  besondern, 
oder  in  dem  Wesen  der  Sprache  überhaupt.  'Von  Natur'  —  d.  h. 
hier  also ,  soll  es  nicht  sinnlos  sein :  nach  dem  individuellen, 
ursprünglichen  Gesetze  der  lateinischen  Sprache.  Nun  nach 
diesem  aber  hat  das  Masculinum  eine  entsprechende,  das  genus  be- 
zeichnende Endung,  in  aller  Regel  ein  S.  Wo  ist  dieses  S,  das  laut- 
liche Kennzeichen  des  natürlichen  Geschlechts  der  Dinge,  bei 
nauta,  scriba  hingekommen?  Das  ist  die  Frage,  nicht  zu  umgehen, 
selbst  wenn  die  eine  lateinische  Sprache  darauf  keine  Antwort  zu  ge- 
ben vermöchte.  Die  vereinzelten  gr.  LTtTtorcc,  v£(pEXr]'y£Qsrci  neben 
ösGTtOTTjg,  veaviag,  also  nach  der  Ansicht  der  alleren  Grammatik  wie- 

*)  Warum  sollte  z.  B.  ein  mit  den  Grundregeln  der  starken  und. 
schwaclien  deutschen  Conjugatiou  vertrauter  Secundaner  das  Wesen  der 
Misbildniif^  ich  wurde  nicht  erkennen  und  zu  erläutern  vermösren? 
Der  Lelirer  fragt:  wie  bildet  werden  das  Imperfectum  l)  stark,  2) 
schwach?  Der  Schüler  antwortet:  1)  ich  ward,  2)  ich  werdete.  Was 
ist  also:  ich  wurde?  Antwort:  eine  Misbildung,  weil  weder  stark, 
noch  schwach.  Woher  mag  sie  kommen?  Antwort:  wahrscheinlich  da- 
von, weil  der  jetzt  ungewöhnliche,  früher  aber  regelmäszige  doppelte 
Ablaut  des  Imperfectum  ich  ward,  wir  wurden  dabei  ins  Spiel 
kommt ;  der  Pluralablaut  u  wurde  in  den  Singularis  lieieingezogen, 
vielleicht  auch  weil  man  ich  ward  (fiebam)  vom  Formwort,  ich  wurde 
gelobt,  lautlich  scheiden  wollte. 


110  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

derum  Ausnahmen ,  erklären  die  Sache  vollkommen  und  die  Regel 
ist  so  festzustellen:  die  Wörter  auf  a  und  e  sind  weiblich,  die  auf  as 
und  es  männlich;  einige  lateinische  wie  nauta,  scriba  und  die  meisten 
grch.  Fremdwörter  poeta  bibliopola,  pharmacopola  usw.  haben  wie  das 
auch  in  jüngeren  deutschen  Sprachen  oft  der  Fall  ist,  das  S  abgewor- 
fen. So  sind  wir  die  Ausnahmen  auf  einmal  los  und  zugleich  den 
ganz  unlogischen  Grund,  als  seien  diese  Wörter  Won  Natur'  schon 
mascula;  denn  nach  der  Natur,  nach  dem  echt-lateinischem  Grund- 
gesetze ist  in  der  In  Declination  gerade  das  S  das  Kennzeichen  des 
Masculinum.  —  In  diesen  sogenannten  Ausnahmen  und  in  unzähli- 
gen andern  Fällen  ist  wahrlich  nicht  von  E  i  n  z  el  nhe  i  ten,  sondern 
von  einem  falschen,  grundsatz  I  osen  Verfahren  der  älteren 
Grammatik  überhaupt  die  Rede.  Die  Sache  wegen  der  Sicher- 
heit der  Ergebnisse  der  vergleichenden  Sprachforschung  ist  also  um- 
zukehren und  nicht  nach  den  Ein  z  e  In  hei  te  n  ,  sondern  im  allge- 
meinen so  zu  fragen:  sind  denn  die  Grundsätze,  nach  denen  die  alte, 
dolmetschende  Sprachvergleichung  verfährt,  so  sicher,  so  wohlbegrün- 
det,  dasz  sie  nicht  angefochten  werden  können?  Ist  aber  auch  nur 
ein  Fundamentalgeselz  falsch,  dann  müszen  auch  hunderte  von  Ein- 
zelnhoiten  grammatisch  und  lexikalisch  entweder  unerklärt  bleiben, 
oder  geradezu  falsch  sein.  Also  auf  die  Grnnds-ätze  kommt  es  vor 
allem  an,  von  diesen  müszen  unsere  Schüler  und  in  der  Folgezeit  alle 
Gebildeten  Kenntnis  nehmen,  damit  sie  nicht  hinter  dem  heutigen 
Standpunkte  der  Sprachwissenschaft  ganz  und  gar  zurückbleiben. 
Wir  Lehrer  werden  uns  hüten  vor  massenhafter  Anhäufung  von  Ein- 
zelnheiten und  uns  nur  auf  die  alten  und  die  Muttersprache  beschrän- 
ken. Kennen  unsere  Schüler  die  neuen  leitenden  Gedanken  —  nun  es 
liegt  in  ihnen  ein  solcher  Reiz,  sie  gewähren  auch  den  Anfängern  so 
weite  Uebersichten,  dasz  sich  jene  später  auf  der  Universität  und  im 
Leben  in  den  Einzelnheiten  schon  zurechtfinden  werden.  Darum  aber 
verlohnt  es  sich  wol  der  Mühe,  den  alten  Grundsätzen  hier  die 
neuen  übersichtlich  gegenüber  zu  stellen. 

I.   Hauptgrundsätze  des  alten  Verfahrens. 

A)  Die  Sprache  ist  etwas  fertiges.  Demgemäsz  erdichtet  der 
Grammatiker  nach  dem  jeweiligen  Stande  derselben  seine  Regeln. 
Das,  was  gerade  zu  einer  gewissen  Zeit  gewöhnlich  ist,  gilt  als 
Regel,  was  dazu  nicht  paszt,  als  '  Aus  n  a  hme'(=  unerklär- 
lich e  s ,  W  i  1 1  k  ü  r ,  falsches). 

•B)  Eine  einzelne  Sprache  kann  durch  sich  allein  ohne  Rücksicht  auf 
die  verwandten  grammatisch  und  lexikalisch  erklärt  werden. 

C)  Beginn  der  Vergleichung  der  Worte  von  der  Bedeutung,   statt 

vom  Laute  aus;  in  Folge   dessen  Trennung  der  beiden  innigver- 
bundenen Wissenschaften,  der  Grammatik  und  Lexikographie. 

D)  Unkenntnis    des    geschichtlichen  Lautwandels   der  Worte    und 

seiner  Gesetze;   daher  die  grundfalsche  Forderung  des  Gleich- 
klangs für  den  Nachweis  der  Verwandtschaft. 


Die  Sprachvorgleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.  111 

Dies  die  Ilauptgrundsätze  des  alten  Verfahrens;  eine  notwendige 
Folge  war  das  überaus  geringfügige  Ergebnis  der  früheren  Sprach- 
vergleichung und  unzählige  Irtümer  in  der  Grammatik  und  den  Wör- 
terbüchern. 

n.  Hauptgnindsätze  des  neuen  Verfahrens. 

Die  Sprache  ist  etwas  gewordenes.  Darum  miisz  ihre 
Behandlung  grundsätzlich  eine  geschichtliche,  vergleichende 
sein.  Dieser  Salz  gilt  für  Laut  und  Bedeutung,  für  Grammatik  und  Le- 
xikographie zugleich  und  aus  ihm  flieszen  alle  übrigen. 

I.  Der  Grammatiker  hat  die  Sprachregeln  nicht  zu  erfinden,  son- 
dern die  vorgefundenen  Worte  nach  ihrem  Laute  und  ihrer 
Verwendung  im  Satze  darzulegen.  Was  auf  einem  späteren 
Standpunkte  der  Sprache  als  Ausnahme  erscheint,  enthält 
meist  die  frühere  Hegel  und  den  allgemeinen  Grundsatz  auch 
für  den  Lautwandel,  der  später  zur  Hegel  geworden  ist, 
IL  Keine  Sprache  kann  durch  sich  allein  ohne  Rücksicht  auf  die 
verwandten  grammatisch  und  lexikalisch  erklärt  werden  und 
zwar  weder  die  Wurzel  noch  der  Stamm,  noch  die  Praefixa 
und  Suffixa  des  Wortes.'^) 

III.  Die  Vergleichung  musz  notwendig  von  dem  Laute   und   nicht 

von  der  Bedeutung,  dem  minder  faszbaren  Teile  des  Wor- 
tes, ausgehen.  Diese  Grundansicht  der  geschichtlichen  Sprach- 
vergleichung hat  jetzt  durch  Steinthal  und  Heyse  ihre  philoso- 
phische Begründung  erhalten.  Nach  ihnen  erscheint  in  der 
Sprache  der  Kinder  und  in  der  Sprache  überhaupt  gerade  der 
Laut  als  das  nQorsQOv. 

IV.  Verwandte  Worte,  die  natürlich  auch  eine   gemeinsame  Urbe- 

deutung voraussetzen,  sind,  wie  alle  irdischen  Dinge,  dem 
Wan  del  des  Lautes  unterworfen.  Wärend  die  historische 
Sprachvergleichung  in  den  Punkten  I  —  III  gegen  die  alte 
Methode  mehr  verneinend  verfährt,  so  sind  die  neu  entdeck- 
ten Gesetze  vom  notwendigen  Wandel  des  Lautes 
in  verwandten  Sprachen  ihre  positive,  vorzüglichste  Leistung. 
Unter  diesen  Gesetzen  steht  für  alle  indo-europäischen 
Sprachen  obenan  die  Lautverschiebung,  für  alle  ger- 
manischen der  Ablaut.  **) 


*)  Die  äuszerste ,  aber  richtige  Consequenz  zieht  Heyse  mit  den 
Worten:  ^es  gibt  keine  deutsche,  lateinische,  griechische,  sondern  nur 
indo-europäisclie  Wurzeln.'  Auch  die  lat.  und  griech.  Lexikographen 
werden,  so  sehr  sie  sich  noch  sträuben,  diesen  Grundsatz  adoptieren 
und  dem  Beispiele  Folge  leisten  miiszen ,  das  ihnen  Pott  und  Weber 
für  das  Sanskrit,  die  Gebrüder  Grimm  für  das  Deutsche  und  G.  Cnrtius 
für  das  Griechische  gegeben  haben.  **)  Aller  Lautwandel  ist  1) 

organisch,  d.  h.  begrifflich;  durch  ihn  wandelt  sich  die  Wurzel 
zum  Wortstamm,  der  Stamm  zum  Nomen  und  Verbum,  diese  zur  Fle- 
xion und  aus  dem  Primitivum  wird  das  Derivatum  und  Compositum ; 
der  Wandel  des  Wortes  ist  aber  2)  auch  blos  lautlich;   dann    hängt 


112  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mutlersprache. 

V.  Eine  notwendige  Folge  von  IV  ist  die  Aufgabe  der  früheren 
Forderung  des  Gleich  k  längs  verwandter  Worte,  l)  Der- 
selbe Laut,  z.  B.  Laus:  laus,  dis,  kann  in  der  verwandten 
Sprache  eine  ganz  andere  Sache  bezeichnen,  dagegen  aber 
auch  2)  ein  ganz  verschiedener  Laut  dieselbe  Sache, 
z.  B.  goth.  himins,  nhd.  Himmel  (=  V  him,  decken;  also  = 
Dach  der  Erde);  lat.  caelum  (=yioilog,  nhd.  hohl;  also  =  die 
grosze  Wölbung),  griech.  ovQavog  (1);  ebenso  ix£i.v,  habere, 
goth.  beides;  aigan  und  haban,  poln.  mam  (habeo).  Hierauf 
gründet  sich  ganz  im  besondern  die  Individualität  verwandter 
Sprachen. 

VI.  Uebereinstinimung  der  Wurzeln  beweist  an  sich  Ver- 
wandtschaft der  Sprachen;  treten  noch  gleiche  Bil- 
dungsmittel, innere  Wortbildung  (=  Ablaut),  Flexion, 
Derivation,  Composition,  zurWurzeigleichheit  hinzu,  dann  wird 
die  Verwandtschaft  noch  augenscheinlicher. 

Was  die  neue  Sprachwissenschaft  mit  diesen  zum  Teil  mehr  negieren- 
den, aber  namentlich  mit  den  positiven  Grundsätzen  in  der  kurzen  Zeit 
weniger  Jahrzehende  erreicht  hat,  ist  bewunderungswürdig  und  stau- 
nenswerth.  Und  doch  spukt  die  Forderung  des  Gleichklangs  der 
Worte  (=  Nro  I.  D),  der  die  Grammatiker  und  Lexikographen  beim 
Nachweis  der  Verwandtschaft  so  lange  geängstigt  und  vexiert  hat, 
noch  immer  als  Gespenst  herum;  es  ist  unsere  Pflicht  dieses  Gespenst 
schon  von  Secunda  ab  aus  dem  Gesichtskreise  auch  unserer  Schüler 
zu  verbannen.  Um  den  Unkundigen  auf  die  geschieh  tl  ich  begrün- 
dete Notwendigkeit  des  Lautwandels  aufmerksam  zu  machen 
und  ihm  die  fa  Ische  Ansicht  vom  Gleichklange  verwandter  Worte 
zu  verleiden,  dazu  dienen  einzelne  Beispiele  und  weiter  umschau- 
ende Uebersichten,  z.  ß.  des  Verbum  sein: 

skr.  asmi  —  asi  —  asti  —  smas  —  stha  —  santi 

altslv.  jesm''  —  jesi  —  jest  —  jesmi  —  jeste  —  sut  (für  jesul) 

litth.  esmi  —  essi  —  esti  —  esme  — •  este  —  esti 

gr.  sifii  —  iaal  (sig)  —  iari  —  iafiiv  —  eaxi  —  svti  (sloi) 

lat.  sum  (esum)  —  es  —  est  —  sumus  —  estis  —  sunt 

golh.  im  —  is  —  ist  —  sijum  (=  isum)  —  sijulh  —  sind 

ahd.  pim  —  pist  —  ist  —  pirumes  —  pirut  —  sind 

nhd.  bin  —  bist  —  ist  —  sind  (d?)  —  seid  (t?)  —  sind. 

Welcher  Wandel  des  Lautes  auf  der  einen,  wie  entschieden 
die  Verwandtschaft  aller  Worte  auf  der  andern  Seite !  Solche 
weitschichfige  Uebersichten  sind  nicht  für  die  Schule;  aber  trotzdem 
fragt  es  sich,   ob  nicht  der  Lehrer  am  Ende  seines  Unterrichts  dem 


er,  ohne  die  Bedeutung  irgendwie  zu  verändern,  mit  der  Uebung,  Ge- 
wöhnung, Kraft  oder  Ohnmacht  der  einzelnen  Spraehorgane  bei  den 
verschiedenen  Völkern  zusammen.  Hierauf  beruht  die  Zahl,  Verbindung 
und  eigentümlich  abweichende  Färbung  der  Buchstaben  und  Laute  in 
verwandten  Sprachen  und  Dialekten. 


Die  Sprachvergleichung-  und  der  Unterricht  in  der  Mutlersprache.  113 

Primaner  dieses  allereinzige  Beispiel  eines  so  wichtigen  Verbum, 
das  keine  Sprache  von  der  andern  entlehnen  kann,  vorlegen  und  ein- 
zelne Fragen  daran  knüpfen  dürfe,  um  das  Ergebnis  des  erlernten  gleich- 
sam zu  erproben  und  dem  Schüler  ausnahmsweise  für  die  Universität 
auch  einmal  eine  weitere  Aussicht  zu  erölfnen.  Der  eingeschulte  Pri- 
maner wird  auf  die  Fragen  des  Lehrers  gewis  wenig  Antworten  schul- 
dig bleiben  und  dabei  auch,  was  die  Ha  u  p  ts  a  che  is  t  und  bleibt, 
in  seine  eigene  Jlutlersprache  eine  tiefere  Einsicht  gewinnen.  Denn 
diesem  nhd.  Praesens:  ich  bin,  stand  die  ältere  lateinisch- deutsche 
Grammatik  völlig  rathlos  gegenüber  und  niuste  Person  um  Person  das 
ganze  Tempus  hindurch  für  Ausnahmen  erklären;  sie  konnte  auch 
nicht  eine  erklären.    Fragen  und  Antworten: 

1)  F.:  in  welcher  Person  herscht  die  gröszte  Uebereinstimmung, 
so  dasz  sich  darin  Wurzel-  und  ßi  1  du  n  gsgl  ei  chhe  i  t,  folglich 
entschiedene  Ver  wand  tschaft  kundgibt?  Antwort:  in  der  3  n  Per- 
son desSingularis  und  Pluralis;  denn  selbst  die  jüngste,  unsere 
neuhochdeutsche,  stellt  sich  hier  ebenbürtig  in  die  Reihe.  *)  Da- 
bei erscheint  das  a  in  skr.  asti  ursprünglicher  als  das  i  und  e  in  den 
übrigen  Sprachen;  also  Wurzel  =  as  (is  —  es).**) 

2)  F. :  welche  Sprachen  kommen  in  den  übrigen  Personen  dem 
Laute  der  Wurzel  am  nächsten?  Antwort:  das  Sanskrit  und  die 
lithauische,  demnächst  das  Allslavische;  in  den  übrigen  z.  B.  ftjut,  lat. 
gum,  goth,  im  hat  der  Anlaut  schon  mehrfachen  Schaden  gelitten.  Weit- 
ab steht  das  ahd.  pim,  pist,  pirumes,  pirut,  nhd.  bin,  bist;  es  ist  von 
einer  andern,  der  Bedeutung  nach  verwandten  Wurzel  gebildet.***) 

3)  F.:  unter  diesen  Sprachen  sind  sechs  todte,  zwei  lebende; 
welche  von  den  lebenden  hat  die  Urform  in  gröszerer  Reinheit  be- 
wahrt? Antwort:  oiTenbar  die  sogenannte  preuszisch-lithauische,  die 
altertümlichste  von  allen  jetzt  lebenden  indoeuropäischen  Sprachen; 
vgl.  Grimms  Grammatik  an  mehreren  Orten  und  Schleicher  hei 
Heyse  (S.  186). 


*)  Tiefer  als  diese  Ursprachen  steht  die  secundäre  französische. 
Durch  die  Schrift  kennzeichnet  sie  zwar  noch  die  beiden  3n  Personen: 
est,  sont;  aber  der  Laut  ä,  son ,  auf  den  es  vor  allem  ankommt,  ist 
versunkener  als  in  den  obigen  Ur-sprachen  und  bricht  nur  noch  vor  Vo- 
calen  deutlicher  hervor.  **)  Heyse  nimmt  (S.  394)  für  die  deutsche 
Sprache  zwei  Wurzeln  is  und  si  an,  aber  kaum  mit  Recht;  denn  wie 
lat.  sum ,  sumus,  sunt  für  esum  ,  esumus,  esunt  steht,  wie  eram,  ero 
(=  esam  ,  eso)  zeigen,  ebenso  reicht  die  Wurzel  is  für  die  deutschen 
Formen  ist,  sigum,  siguth,  sind  aus;  denn  der  goth.  Pluralis  und  mit 
ihm  die  entsprechenden  Formen  der  andern  deutschen  Sijraclien  stehen 
für  isum,  isuth,  isind  oder  isam,  isith,  isand;  vgl.  J.  Grimms  Grammatik 
106-i  unten.  ***)  Der  Lehrer  :  diese  Formen  gehören  zur  Wurzel  skr. 
bhu,  cpv,  lat.  fu,  wovon  fuam,  forem,  fore,  fui  und  das  poln.  Fat.  budu 
(=  ero)  kommt.  Wie  cpvvai  zwischen  der  Bedeutung  werden  und 
sein  schwankt,  so  heiszt  auch  das  ags.  beo  sowol  ero  als  auch  sum; 
das  ahd.  pim,  pist  usw.  und  das  nhd.  bin,  bist  hat  nur  die  zweite  Be- 
deutung. Lautverschiebung:  1)  lat.  f.  und  griech.  93  =  2)  goth.  b,  3)  ahd. 
p;   also    1)  fuam,    cpv-vai ,  2)  ags.  beora ,  beo,  3)  pim,   4)  bin  für  bim. 

N.  Jahrb.  f.  Thil.  u.  Päd.   II,  Abt.  1861.  Hft  3.  8 


114  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

4)  F.:  lassen  sich  die  allen  diesen  Sprachen  gemeinsamen  Per- 
sonaiendungen  aus  dem  Paradigma  erkennen?  Antwort;  ja;  es 
gibt  für  alle  zusammen  in  dieser  Rücksicht  nur  eine  Conjugation;  die 
ursprünglichen,  später  verblichenen  Endungen  aller  Sprachen  lauten 
nach  dem  Sanskrit:  mi ,  si,  li,  mas,  fha ,  nti ;  demgemäsz  gibt  es  auch 
z.  B.  im  Lateinischen  nicht  4,  sondern  nur  eine  Conjugation. 

5)  F.:  wie  ist  das  n  euli  o  ch  d  eu  tsch  e  Praesens  also  zu  er- 
klären? Antwort:  die  le  und  2e  Person  Sing,  kommt  von  der  Wur- 
zel cpv,  fu,  die  übrigen  von  der  Wurzel  is.  a)  Ich  bin  steht  für 
bim,  wie  M  und  N  in  den  Endungen  auch  sonst  wechseln;  b)  du  bist: 
st  seit  dem  9n  Jahrh.  in  der  2n  Person  überall  für  ursprüngliches  s; 
c)  ist  und  sie  sind  —  beide  ganz  nach  der  ältesten  Regel;  also 
an  eine  Ausnahme  gar  nicht  zudenken;  d)  ihr  seid  enthält  einen  ein- 
gebürgerten Schreibfehler  für  seit,  wahrscheinlich  um  diese  Person 
von  der  Präposition  seit  :=  ex  zu  unterscheiden,  und  endlich  e)  in 
die  le  Person :  wir  s  i  n  -  d,  ist  das  d  aus  der  3n  sie  sind  misbräuchlich 
eingedrungen;  denn  sumus  heiszt  im  MHD.  wir  sin ,  nicht  sin  d.  So 
wären  die  Formen  dieses  neuhochdeutschen  Praesens,  die  der 
älteren  deutschen  Grammatik  alle  als  Ausnahmen  galten,  sämtlich 
der  Wurzel  und  den  Endungen  nach  erklärt  und  selbst  der  Misbrauch 
als  solcher  nachgewiesen. 

Dieses  Beispiel  ist  ganz  geeignet,  ausnahmsweise  auch  ein- 
mal den  Blick  des  Anfängers  auf  die  ältesten  Zeiten  hin  und  wiederum 
auf  die  Gegenwart  zurückzuwenden  und  ihn  von  der  widersinnigen, 
zeither  massgebenden  Forderung  des  Gleichklangs  für  immer  gründ- 
lich zu  heilen.  Da  auch  er  es  schon  weisz,  dasz  die  Lautgebilde  der 
Sprachen  nicht  etwas  fertiges,  bleibendes  sind,  sondern  sich  in  bestän- 
digem, wenn  auch  nicht  regellosem  Flusse  befinden,  so  nimmt  ihn  der 
Lautwandel  aller  dieser  Praesentia  nicht  Wunder;  nach  dem  Grund- 
princip  der  Sprachvergleichung  (vgl.  oben  Nr  II  A)  musz  er  auf  einen 
solchen  Wechsel  der  Laute  noch  dazu  bei  einem  so  überaus  häufigen 
Worte  von  vornlierein  gefaszt  sein.  Umgekehrt  in  dem  ganzen  Para- 
digma wird  dem  Anfänger  gerade  die  fast  u  ngestörte  Reinheit 
der  ursprünglichen  Laute  in  der  preuszisch-lithauischen  Sprache 
sehr  auffallend  und  wunderbar  erscheinen;  denn  das  lith.  esmi,  essi, 
esti  steht  der  Wurzel  as,  es  noch  näher  als  selbst  die  ältesten  home- 
rischen und  die  dorischen  Formen  iftfi/,  iaal,  ivxi.  Volle  3000  Jahre 
liegen  hier  zwischen  der  lodten  griechischen  und  der  noch  lebenden 
lilhauischen  Sprache  —  und  nur  die  völlige  Abgeschiedenheit  der  letz- 
tern, die  auszer  dem  Dualis  neben  den  fünf  lateinischen  Casus  wie  die 
slavischen  noch  einen  Instrumentalis  und  Localis  besitzt,  ferner  der 
Umstand,  dasz  sie  weder  selbst  Schriftsprache  geworden,  noch  mit 
andern  Schriftsprachen  in  Beriihriing  gekommen  ist,  machen  die  alter- 
tümlichen, rein  erhaltenen  Formen  erklärlich  und  minder  wunderbar. 
—  So  schlagend  nun  auch  dieses  Beispiel  ist,  um  das  alte  Verfahren 
der  Sprachvergleichung  ins  hellste  Licht  zu  setzen,  da  sie  gezwungen 
war  fast  alle  Personen  dieses  ganzen  Praesens  der  deutschen,  latei- 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mutlersprache.   115 

nischen  und  griechischen  Sprache  als  unerklärbare  Ausnahmen 
hinzustellen,  so  ist  es  dennoch  blos  ein  Beispiel,  eine  Einzelnheit.  Hier 
handelt  es  sich  aber  darum,  ob  unsere  Schüler,  die  wir  mit  Einzeln- 
heilen  nicht  überladen  dürfen,  von  der  Kenntnis  der  Grundgesetze  der 
neuen  Sprachvergleichung  für  immer  ausgeschlossen  bleiben  sollen. 
Der  allen  Methode  fehlten  aber  eigentlich  .alle  leitenden  Grund- 
sätze, da  sie  die  Sprache  wie  der  Dolmetscher  als  etwas  feriiges 
betrachtete,  was,  da  ihre  Lautgebilde  namentlich  vor  Erfindung  der 
Schrift  in  beständiger,  aber  regelmäsziger  Bewegung  sind,  ihrem 
innersten  Wesen,  ihrer  eigensten  Naiur  zuwider  ist.  Die  Folge  war, 
die  alte  Methode  konnte  von  ihrem  mehr  dolmetschenden  Standpunkte 
aus  unzählige  Einzelnheilen,  z.  B.  alle  s  ogen  a  n  n  ten  A  u  s  na  li  men 
gar  nicht  erklären,  unzählige  andere  aber  nuiste  sie  irrig  und  falsch 
auslegen.  Die  Grundgesetze  aber,  nach  denen  die  neue,  ganz  umge- 
wandelte Sprachvergleichung  verfährt,  sind  dagegen  so  umsichtig,  un- 
zählige Einzelnheiten  mit  einem  Blicke  überschauend  und  so  sicher, 
dasz  an  eine  Widerlegung  nicht  mehr  zu  denken  ist  —  jetzt  um  so 
weniger,  wo  sie  von  Seiten  eines  neuen  Systems  der  Sprachwissen- 
schaft (vgl.  oben  das  über  Steinthal  und  Heyse  gesagte)  auch  an 
der  Philosophie  eine  Bundesgenossin  finden.  Der  Zweifel  an  den  Er- 
gebnissen, deren  Sicherheit  wenigstens  für  die  Muttersprache  seit  den 
Forschungen  J.  Grimms  auch  dem  blödesten  Auge  klar  vorliegt,  fällt 
in  sich  selbst  zusammen  und  zurück  auf  seine  Urheber,  die,  blos  um 
ihr  zeitheriges  Eigentum,  d.  h.  das  alte,  einseitige,  grundsatzlose, 
grammatisch-lexikalische  Verfahren  der  Griechen  und  Römer  zu  retten, 
denEinwurf  wegen  der  Unsicherheit  der  Ergebnisse  der 
neuen  historischen  Sprachwissenschaft  als  bloszen  Vor- 
wand vorschützen.  Wer  aber  noch  jetzt  die  oben  aufgestellten 
Grundsätze  des  alten  Verfahrens,  ohne  ihm  die  neuen  Uritisch  gegen- 
überzustellen ,  zu  vertheidigen  gedächte  —  nun  mit  dem  noch  ferner 
zu  streiten,  das  hiesze  leeres  Stroh  dreschen. 

Wie  steht  es  aber  zu  II)  mit  dem  andern  Einwurfe:  wo  findet 
sich  in  dem  Gymnasium  Zeit  für  den  Betrieb  dieser  neuen 
Art  deutscher  G  ra  mma  tik?  Nun  ohne  Rücksichtsnahme  auf  die 
andern  Gegenstände  des  deutschen  Unterrichts  läszt  sich  über  die  Ein- 
führung der  deutschen  Grammatik  nicht  wohl  sprechen  —  um  so  we- 
niger, da  die  Gegner  gerade  den  Mangel  an  Zeit  als  Grund  für  den 
Ausschlusz  angeben,  also  davon  Benachteiligung  anderer  wichtiger 
Teile  befürchten.  Dasz  hier  von  der  älteren  lateinisch -deutschen 
Grammatik,  die  weder  nach  Prima  noch  nach  Sexta  gehört,  überall 
nicht  die  Rede  ist,  versteht  sich  nach  allem  oben  gesagten  von  selbst. 
Den  folgenden  Sätzen ,  die  von  einer  gründlichen  Erörterung  des  ge- 
samten deutschen  Unterrichts  absehen,  steht  keine  besondere  Einsicht, 
sondern  nur  eine  sehr  lange  Praxis  in  Prima  und  Secunda  zur  Seite. 

Ist  es  Zweck  der  ganzen  Gymnasialbildung,  den 
Schüler  zu  befähigen  einst  in  kleinerem  oder  grösze- 
rem  Kreise  für  sein  Volk  zu  schreiben  oder  zu  seinem 

8* 


116  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

Volke  zu  reden,  so  bildet  den  Mittelpunkt  des  deutschen 
und  des  ganzenUnterrichts  überhaupt  der  deutscheAiif- 
satz.  Alles  andere  ist  nur  Mittel,  das  diesem  einen  Zwecke  dienstbar 
werden  musz  —  so  auch  die  gewpnnene  altklassische  Bildung  und 
die  Gesinnung  des  Schillers,  die  man  sonst  als  Mittelpunkt  des  Unter- 
richts zu  bezeichnen  pflegt.  Denn  auch  diese  sind  nur  Mittel  zum 
Zweck  und  finden  in  der  deutschen  Rede,  in  dem  deutschen  Auf- 
satze des  Schülers  allein  ihren  naturgemaszen ,  vollen  Ausdruck  und 
die  Möglichkeit  sich  praktisch  zu  bethätigen.  Aus  allen  Sprachen  und 
Wissenschaften  strömt  die  sich  ergänzende  Erkenntnis  und  die  ge- 
steigerte Kraft  des  Schülers  diesem  Mittelpunkte  zu  und  kommt  dieser 
seiner  Leistung  zu  gute.  Die  freien  deu  tschen  V  ertrage,  die 
an  sich  für  den  Mittelpunkt  des  Gesamtunterrichts  und  für  einen 
Prüfstein  der  Reife  oder  Unreife  des  Abiturienten  noch  mit  gröszerem 
Rechte  gehallen  werden  können  als  selbst  der  deutsche  Aufsatz, 
sind  ohne  vorhergegangene  Uebung  in  schriftlicher  Darstellung  zweck- 
widrig, ja  in  vieler  Hinsicht  gefährlich  und  bleiben  für  das  Gymnasium 
stets  mehr  blosze  Versuche,  da  der  Jüngling  nicht  leisten  kann,  wozu 
selbst  die  volle  Kraft  des  ausgebildeten  Mannes  seilen  ausreicht.  Der 
unterzeichnete  hat  diese  Ansicht  von  den  freien  Vorträgen  ,  an  der 
er  auch  jetzt  noch  festhält,  schon  vor  zwei  Jahrzehenden  in  den 
Jahn' schon  Jahrbüchern  gegen  J.  Günther  ausgesprochen,  der  die 
de  u  tsch  e  n  A  u  f  s  ä  tz  e  auf  einige  wenige  im  letzten  Cursus  der  Prima 
beschränken  und  an  ihre  Stelle  den  freien  Vortrag  setzen  wollte. 
Den  Unterschied  zwischen  der  auswendig  gel  e  rn  ten  Rede  und 
zwischen  dem  freien  Vortrage  mag  der  Lehrer  von  vornherein 
betonen.  Wenn  dieser  letzlere,  wie  das  nicht  anders  sein  kann,  der 
groszen  Mehrzahl  seiner  Schüler,  weil  er  über  ihre  Kraft  hinausgeht, 
in  der  Regel  mislingt ,  soll  er  sie  zeitig  auf  den  hohen  Wertb  eines 
starken  Gedächtnisses  aufmerksam  machen  und  bei  dem  Mislingen  ihrer 
Versuche  in  wirklich  freien  Vorträgen  mit  der  nicht  abzuleugnenden 
Thatsache,  die  für  mich  wenigstens  ein  wohlbegründeter  Erfahrungs- 
satz ist,  trösten  und  beruhigen,  dasz  auch  drauszen  auszerhalb  der 
Schule,  in  der  Kirche,  den  wissenschaftlichen  und  socialen  Vereinen 
und  in  den  politischen  Versammlungen  von  einer  gewis  nur  kleinen 
Zahl  freie  Vorträge  gehalten,  von  der  groszen  Mehrzahl  vielmehr 
auswendig  gelernte  Reden  vorgetragen  werden.  Wie  dem  aber 
auch  sein  mag,  was  auszergewöhnliche  Begabung  des  Mannes,  lange 
Uebung,  Begeisterung  für  die  vertretene  Sache,  Unabhängigkeit  der 
Stellung,  vor  allem  die  begründete  Ueberzeugung  von  der  Zustimmung 
der  Mehrzahl  der  Zuhörer  oder  wenigstens  der  Parteigenossen  im 
eigentlich  freien  Vortrage  zu  leisten  vermöge,  bei  unsern  Schülern 
musz  den  mündlichen  Vorträgen,  wollen  wir  diese  nicht  zu  vorlauten, 
eitlen  Schwätzern  ausbilden,  die  schriftliche  Darstellung  der  Ge- 
danken schon  eine  Weile  vorangegangen  sein.  Je  acht  deutsche  Auf- 
sätze im  Jahre,  und  zwar  schon  von  Secunda  ab,  geben  dem  Lehrer 
Raum  zu  sorgfältigem,  liebreichem  Eingehen  in  die  Mängel  der  An- 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.   1 17 


Ordnung  und  Darstellung  der  Gedanken,  dem  Schüler  aber  eine  hin-^ 
längliche  Vorübung  auf  die  Schluszprüfung.  Wer  durch  32  Aufsätze 
es  nicht  so  weit  bringt,  in  dieser  zu  genügen,  den  werden  auch  mehr 
nicht  ans  Ziel  bringen  —  mit  andern  Worten:  ein  solcher  Sciiüler  ist 
unreif  nach  Frima  versetzt  und  eignet  sich  überhaupt  nicht  für  eine 
wissensciiaftliche  Laufbahn,  Deutsche  Aufsätze,  deren  Thema  die  eigene 
Produclionskraft  des  Schulers  in  Anspruch  nehmen,  vor  Secunda  auf- 
zugeben, ist  zweckwidrig  und  geradezu  unverantwortlich.  Ist  doch 
selbst  die  letzte  Leistung  des  Abiturienten  noch  nicht  maszgebend  für 
seine  stilistische  Darstellung,  da  diese  erst  beim  Manne  zum  völligen 
Durchbruch  kommt,  die  grosze  Blehrzahl  der  Gelehrten  es  aber  nie  zu 
einem  individuellen  Stile  bringt.  Eine  Gewähr  aber,  und  zwar  die 
sicherste  die  wir  haben ,  ist  und  bleibt  der  deutsche  Aufsatz  für  die 
Gesamtbildung,  für  die  Reife  oder  Unreife  des  Prüflings;  es  läszt  sich 
aus  ihm  mit  ziemlicher  Sicherheit  errathen ,  ob  und  wie  er  einst  im 
Stande  sein  werde,  den  Vorrath  seiner  Kenntnisse  nach  einem  leitenden 
Gedanken  zuordnen  und  niederzuschreiben  oder  mündlich  vorzutragen. 
Das  Hesultat  der  Prüfung  in  ßetrelT  der  deutschen  Aufsätze  ist,  so 
scheint  es,  ein  dreifaches:  l)  gute  positive  Kenntnisse  bei  noch  man- 
gelhafter Anordnung  und  unbeholfener  Darstellung;  2)  ein  geringer 
Vorrath  an  Gedanken  bei  einer  gewissen  Befähigung  den  spärlichen 
Stoff  zu  benutzen  und  mit  den  geringen  Mitteln  doch  ein  einigermaszen 
genügendes  Ganze  zustande  zu  bringen  und  3)  eingehende  Auffassung 
des  Themas,  verständige  Anordnung  des  ausreichenden  Materials, 
Sicherheit  im  Fortschritt  von  Gedanken  zu  Gedanken,  überhaupt  die 
ersten  Spuren  individueller  Darstellung.  Mit  diesem  Resultate  mögen 
sich  die  trösten,  welche  darüber  in  Angst  sind,  die  Gymnasien  möch- 
ten nicht  genug  Beamte  bilden;  denn  die  Schüler  unter  Nr  1  werden 
wahrscheinlich,  die  unter  Nr2gewis,  nur  die  unter  Nr  3  auch 
im  kleinsten  ^^'irkungskreise,  der  ihnen  zufiele,  nie  Beamte  im  ge- 
wöhnlichen Sinne  des  Wortes.  Die  Zahl  der  letzten  ist  aber,  die  Er- 
fahrung lehrt  es,  sehr  gering;  bei  der  ersten  Klasse  mag  die  sie  ent- 
lassende Schule  auf  einen  spätem  Durchbruch  der  Urteilsreife,  bei  der 
zweiten  auf  Vervollständigung  des  spärlichen  Gedankenvorraths  durch 
erhöhten  Fleisz  rechnen. 

Je  wichtiger  nun  der  deutsche  Aufsatz  ist,  desloweniger 
darf  in  Secunda  und  Prima  die  auf  ihn  zu  verwendende  Zeit  beschränkt 
werden,  auch  nicht  durch  Einführung  der  deutschen  Grammatik,  der 
hier  das  Wort  geredet  wird.  Im  Gegenteil  da  wenigstens  in  Preuszen 
die  philosophische  Propädeutik  jetzt  wegfällt,  so  hat  der  Lehrer  schon 
im  ersten  Cursus  der  Secunda  alle  zu  erübrigende  Zeit  auf  die  Be- 
lehrung des  Schülers  zu  verwenden,  wie  der  Vorrath  an  Gedanken  — 
ein  Thema,  welches  keinen  vorrälhigen  Stoff  voraussetzen  könnte, 
wäre  natürlich  ein  falsch  gewähltes  —  zu  beschaffen,  die  schlummern- 
den zu  wecken  und  hervorzulocken  (inventio  rerum)  und  wie  das 
zusammengebrachte,  noch  so  spärliche  Gedankenmaterial  zu  ordnen 
sei  (dispositio  rerum).    Er  wird  dabei  mehr  praktisch  als  theoretisch 


1 J  S  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unlerricht  in  der  Mutlersprache. 

verfahren,  mehr  durch  Beispiele  als  durch  Lehre  die  Schüler  aufzu- 
klären suchen.  In  Prima  setzt  aber  der  deutsche  Aufsatz  nach 
wie  vor  eine  Belehrung  über  logische  und  psychologische  Grundbe- 
griffe voraus,  und  es  ist  schwer  zu  begreifen,  wie  der  Lehrer  ganz 
davon  Umgang  nehmen  könnte.  —  Von  der  Zeit  also,  welche  die  vor- 
bereitende Belehrung  und  die  Durchnahme  der  deuts  chen  Auf  s  ätze 
in  Anspruch  nimmt,  ist  für  die  Grammatik  nichts  zu  erübrigen,  aber 
auch  nicht  von  den  freien  Vorträgen  und  den  Declamationsübungen ; 
denn  diese  fordern  die  Kirche,  die  Gerichte,  die  Vereine,  überhaupt 
das  ganze  ölTenllicho  Leben  gebieterisch. 

Es  bleibt  also  nur  die  Leetüre  und  die  Litteraturgeschichte  übrig, 
die  sich  beide  nicht  wol  trennen   lassen.    In  Betreff  der  Leetüre  der 
untern  Klassen  fehlt  dem  Unterzeichneten  die  Erfahrung;  ohne  diese 
hat  niemand  ein  Recht  über  praktische  Dinge  abzuurteilen.   Litteratur- 
geschichte  und  Leetüre  der  Schüler  in  den  beiden   obersten  Klassen 
scheiden  sich  aber,  mag  man  sonst  Perioden  machen  so  viel  man  will, 
praktisch  nur  in  die  Zeit  vor  und  nach  Luther.    Für  den  zweiten 
Teil  nach  Luther  läszt  sich  eine  völlige  Uebereinstimmung  der  Gymna- 
sien in  Stoff,  Behandlung,  Lehrziel   nicht  erreichen;   es  ist   dies   ein 
Ding  der  Unmöglichkeit.   Zunächst  treten  die  Gegensätze  hervor:  evan- 
gelische, katholische  Gymnasien.    Wie  verschieden  wird  sich  darnach 
der  Geschichtsvortrag  der  Lehrer,  zum  Teil  auch  die  Leetüre  der  Schü- 
ler gestalten.    Die  Lehrer  an  solchen  Gymnasien  haben  die  besondere 
Gunst  freier  Bewegung;  die  gleiche  Gunst  fehlt,  wie  der  unterzeichnete 
leider  aus  langer,  trauriger  Erfahrung  weisz,  den  Lehrern  an  kirchlich 
gemischten  Gymnasien.    Aber  auch  innerhalb  derselben  Confession  — 
welche  Gegensätze!    Die  verschiedene  philosophische,  ästhetische,  ge- 
schichtliche Vorbildung  und  Richtung  des  Lehrers,  seine  eigene  Leetüre, 
die  sich  unter  unserri  Klassikern  bald  dem  bald  jenem  vorzugsweise 
zuwendet,   die  neueste  Litteratur  bald  mehr,  bald  weniger,   bald  gar 
nicht  beachtet  —  wie  sollte  sich  der  Vortrag  der  Litteraturgeschichte 
in  den  einzelnen  Gymnasien  demgemäsz  nicht   individuell    sehr    ver- 
schieden gestalten.   Endlich  die  Methode  selbst:  manche  häufen  Namen 
von  Büchern  und  Schriftstellern,  andere  lieben  es  den  Gang  der  Litte- 
ratur mehr  in  allgemeinen  Uebersichten  darzulegen  —  kurz  hier  ist 
an  Einheit  und  Ueiiereinstimmung  nicht  zu  denken.   Der  Unterzeichnete 
hält  sich  aber  nicht  für  berechtigt,  von  den  vielen  hier  blos  angedeu- 
teten Richtungen  gerade  diese  oder  jene  einseitig,  sei  es  zu  loben  oder 
zu  tadeln.    Ja  er  meint  dasz  diese  individuelle  Färbung  den  deutschen 
Gymnasien  wohl  anstehe  und  förderlich  sei.     Nur  in  Rücksicht  auf  die 
Methode  spricht  seine  Erfahrung  dafür:  massenhafte  Häufung  von  Na- 
men der  Schriftsteller  und  Bücher,  die  doch  nur  zu  schnell  vergessen 
werden,  nützen  ohne  Kenntnis   der  Schriften  dem  Schüler  wenig  oder 
nichts.   So  hat  er  sich  denn  je  länger  desto  mehr  blos  auf  Klops  tock. 
Lessing,  Herder,  Göthe  und  Schiller  beschränkt  und  sich  auch 
über  diese  möglichst  nur  insoweit  verbreitet,  als  sie  seinen  Schülern 
durch  die  Leetüre  thatsächlich  bekannt  waren. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Uuterrichl  in  der  Muttersprache.   119 

Die  Besprechung  des  C  o  11  ecta  neu  m,  von  allen  Arten  der  Con- 
trole  der  Leclüre  trotz  manclier  BedenlilichUeiten  wegen  der  Solbst- 
thätigkeit  ijnmer  noch  die  sicherste,  gibt  Anlasz  die  so  entstellenden 
Lücken  auszufüllen,  Gruppen  verwandter  Scliriftsleller  zu  bilden  und 
durch  einzelne  von  den  aufgenommenen  Stücken  das  zu  ergänzen,  was 
der  Vortrag  etwa  unbeachtet  gelassen.  Das  C  o  11  e  et  an  e  u  m,  in  Se- 
cunda  angefangen  und  in  Prima  fortgeführt,  ersetzt  dem  Schüler  ge- 
wisserinaszen  jede  fremde  Blumenlese,  wird  dem  strebsamen  mit  der 
Zeit  ein  liebes  Besitztum  und  zwingt  selbst  den  lässigen  zur  Teilnahme 
an  der  Sache.  Geschichtliche  Uebersichten  der  Ilauptgaltungen  der 
Bede,  namentlich  der  Poesie,  die  Hauptrichtungen  der  letzten  Periode, 
wie  sie  in  den  Zahlen  1748—72,  1772 — 95,  1795 — 1813  vorliegen,  ge- 
nügen, und  hindern  den  Schüler  daran,  dasz  er  bei  dem  genaueren  Ein- 
gehen auf  einzelne  wenige  Schriftsteller,  von  denen  natürlich  Schiller 
die  meiste  Teilnahme  und  Zeit  verdient,  den  Ueberblick  über  das  Ganze 
und  den  Zusammenhang  unserer  Litferalur  mit  den  übrigen  nicht  aus 
den  Augen  verliere.  Wie  die  Werke  von  11  e  i  nr  i  ch  K  ur  z  und  Wil- 
helm Wackernagel  für  die  Studien  und  Vorbereitung  des  Lehrers 
auf  den  ersten  Teil  der  Lifteratur  vor  Luther  maszgebend  sind,  so 
reichen  sie  auch  für  den  zweiten  aus.  Dem  Schüler  musz  di-e  Schüler- 
bibliolhek  die  noligen  Hülfsmittel,  für  wichtige  Werke  mehrere  Exem- 
plare bieten;  von  Secunda  ab  könnle  er,  so  scheint  es,  jeder  andern 
Anthologie  entrathen  und  die  fremde  durch  seine  eigene,  d.  h.  sein 
Collectaneum ,  ersetzen.  Je  kürzer  das  Handbuch  der  Litteraturge- 
schichle  ist,  das  der  Schüler  in  den  Händen  hat,  desto  besser;  das 
kleine  Web  er 'sehe  scheint  ganz  ausreichend. 

Ist  nun  der  besprochene  Abschnitt  der  Litteraturgeschichte,  bei 
dem  die  Lehrer  der  evangelischen  Gymnasien  vorzugsweise  auch  Luthers 
Schriften  zu  beachten  haben,  jedenfalls  der  allerwichtigsle,  so  dasz  der 
Schüler  ohne  genauere  Einsicht  in  einige  Hauptwerke,  ohne  Kenntnis 
vieler  Einzelnheiten  und  ohne  einen  Ueberblick  über  den  ganzen  Zeil- 
raum nicht  auf  die  Hochschule  zu  entlassen  wäre,  so  ist  an  eine  Ab- 
kürzung der  Zeit,  der  diesem  Unterrichtsgegenslande  zufällt,  nicht  zu 
denken,  dadurch  also  auch  kein  Baum  für  die  deutsche  Grammatik  zu 
gewinnen.  Aber  wie  steht  es  um  den  Vortrag  der  älteren 
Litteraturgeschichte?  Hat  auch  dieser  einen  so  besonderen  Cha- 
rakter, dasz  an  eine  Uebereinstimmung  in  den  einzelnen  Gymnasien 
nicht  zu  denken  ist?  Oder  läszt  sich  diese  so  herstellen,  dasz  der 
Candidat  in  der  Staatsprüfung,  der  Schüler  beim  Abiturientenex;imen 
in  BefretT  der  Kenntnis  der  Sache  Rede  und  Antwort  stehen  kann? 
Jene  Uebereinstimmung  ist,  so  scheint  es,  sehr  wohl  möglich;  dasz 
das  zweite  nicht  stattfindet,  ist  zu  bedauern  und  nachgerade  bedenk- 
lich. Denn  auf  diesem  Felde  des  Unterrichtsgegenstandes  fällt  alle 
individuelle  Auffassung  des  Lehrers  fast  ganz  weg;  die  vorhin  er- 
wähnten Gegensätze  gehen  auf  in  dem  historischen  Stand- 
punkte, der,  als  der  mächtigste,  alle  übrigen  in  sich  aufnimmt  und 
versöhnt. 


120  Die  Sprachvergleicimng  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

Wenn  nun  hier   die  Kritilt  des  zeitherigen  Verfahrens  schartig 
werden  musz ,  so  mag  der  geneigte  Leser  nicht  vergessen,  dasz  der 
unterzeichnete  gegen  seine  eigene  frühere  Methode  Selbstkritik  übt. 
Jede  Kritik,  die  bis  zur  Selbstkritik  fortschreitet,  ist  berechtigt,  nur 
die  erste  ohne  diese  unberechtigt   und  liebeleer.     Vv'ir  älteren  Lehrer 
können  uns  freilich  entschuldigen,  denn  wo  waren   in  den   dreisziger 
Jahren  die  Hülfsmittel,  deren  wir  uns  hätten  bedienen  können?  Unsere 
Lehrer  vermochten   uns   vor  J.  Grimm  die  Einsiciit  in  die  deutsche 
Grammatik  und  ältere  Litteratur  nicht  zu  vermitteln,  und  selbst  das 
Buch  von  Kunisch,  das,  erinnere  ich  mich  recht,  das  erste  Material 
brachte,  konnte  ohne  alle  grammalische  Vorbereitung  beim  Unterricht 
schwer  verwerlhet  werden.     Aus  J.  Grimms  Grammatik  selbst  Be- 
lehrung zu  schöpfen,  war  für  den  Autodidakten  noch  schwerer,  da  der 
Inhalt  gegen  alles,    was   zeither   in    der    lateinisch-deutschen 
Grammatik  gestanden,  so  grell  abstach  und  Form  und  Darstellung  dem 
unkundigen  das  Selbststudium  Mahrlich  nicht   erleichterte.    Aber  jetzt, 
wo  Hülfsmittel  in  Hülle  und  Fülle  zur  Hand  sind,  auch  jetzt  noch  hören 
die  Primaner  ihre  Lehrer  ein  ganzes  Jahr  hindurch  wöchentlich  eine 
Stunde  von  Schriftstellern  und  Büchern,  von  Inhalt,  Form  und  Tendenz 
derselben,  von  Sagenkreisen,  von  heidnischer  und  christlicher  Rich- 
tung der  Litteratur  und  wer  weisz  von  was  sonst  hin  und  her  reden, 
ohne  auch  nur  eine  Zeile  aus  all  den  beredeten,  bald  getadelten,  bald 
höchlich  belobten  Werken  zu  Gesicht  zu  bekommen.    Oder,  was  noch 
viel  schlimmer  ist,  der  Lehrer  liest  einzelne  Stellen  aus  den  älteren 
Schriften  vor,  damit  die  Schüler  an  den  Worten  herumrathen  und  die 
herauslesen,  deren  Gleichklang  an  unsere  Sprache  dunkle  Anknüpfungs- 
punkte bildet.     Die  Schüler   reden   von   dem  Inhalte  des  Nibelungen- 
liedes und  der  Gudrun  und  haben  vielleicht  nicht  einmal   die  Ueber- 
sefzung  von  S  i  mr  ock  und  Plönnies  eingesehen  ;  wie''s  dem  Parcival 
ergangen,  wissen  sie  genau   und  erzählen  davon  weitläuftig,  haben 
aber  kein  Sterbenswörtchen    vom  Urtexte  gelesen.     Das   ist   aber 
für  einen  Primaner  eine  Arbeit,  wie  sie  ihm  kaum  wider- 
sinniger zugemutet  werden  kann.    Da  lobe  ich  mir  die  volks- 
tümlichen, interessant  gehaltenen  Erzählungen,  die  auf  Quintaner  und 
Quartaner  berechnet  die  Kunde  von   der  deutschen  Heldensage  unter 
den  Gebildeten   zu  verbreiten   viel  besser  geeignet  sind  und  sich  in 
jeder  Schülerbibliolhek  in  mehreren  Exemplaren   finden  sollten.    Aber 
für  den  Primaner  ist  das  keine  Arbeit;    die  jüngeren  Schüler  werden 
den  Inhalt  der   netten   neuhochdeutschen  Erzählungen   für    immer  im 
Gedächtnisse  behalten,  der  Primaner  aber  solchen  Vorträgen  der  Lit- 
teraturgeschichte   nur  widerwillig  folgen,  um,  da  ihm   das  wirkliche 
Interesse  an  der  Sache  fehlt,  all  diese  Geschichten  von  Günther  und 
Hagen,  der  Chrimhilde  und  Bruniiilde ,  von  Parcival  und  sämtlichen 
Ritlern  der  Tafelrunde  recht  bald  gründlich  zu  vergessen.  —  Manche 
Sachen  lassen   sich  statistisch  schwer  nachweisen,  obgleich  z.  B.  die 
Erfahrungen  sämtlicher  Provinzialschulräthe  in  Preuszen  statistisch  zu- 
sammengefaszt  schon  eine  Einsicht  in  den  Stand  der  Sache  gewinnen 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.    121 

lieszen.    Jedoch  wie  dem  mich  sei,  nach  den  Programmen  zu  urteilen, 
haben  viele  Lehrer,  wenn  nicht  gar  die  Mehrzahl,  von  den  alldeutschen 
Schriften  auch  nicht  eine  gelesen  und,  was  noch  mehr  sagen  will,  da 
es  auf  den  Umfang  des  gelesenen  zunächst  gar  nicht  ankommt  —  sie 
sind    zu    ihrer    Leetüre    grammatisch    nicht   vorbereitet. 
Enthält  diese  Behauptung  keinen  bedeutenden  statistischen  Irtum  — 
dann  gleichen   die   Vorträge   vieler  Lehrer   über  die  ältere   deutsche 
Lilferatur  der  Rede  des  Blinden  von  der  Farbe  und  stellen  einzig  und 
allein  die  Gewandheil  derselben,  über  etwas  zu  reden,  wovon  sie  im 
Grunde  nichts  wissen,  in  das  hellste  Licht.    Auch  der  Unterzeichnete 
hat  sich  in  jüngeren  Jahren  hei  diesen  Vorträgen  bisweilen  in  eine 
seltsame  Begeisterung  hineingeredet,  die  aber  die  dunkle  Scham  und 
der  Gedanke  stels  ernüchterte:  du  redest  über  Dinge,  die  dir,  wenn  du 
es  ehrlich  eingestehen  willst,  ganz  unbekannt  sind.    Die  Folgen  für  die 
Schüler,  die  so  zu  grammatischer  und  zu  jeder  Art  von  Ungründlich- 
keit,  zum  Dünkel  und  zum  Heden  über  unbekannte  Dinge  verführt  wer- 
den, sind  so  bedenklich,  dasz  es  unbegreiflich  erscheint,  wie  sie  Leh- 
rern und  Schulbehörden  entgehen  konnten.   Den  deutschen  Nationalsinn, 
die  Liebe  zur  Geschichte  unseres  Volkes,   wie  man  etwa  behaupten 
möchte,  wird  ein  solcher  Betrieb  der  altern  Litttraturgeschichte  nicht 
zuwege  bringen,  da  ja  die  erworbenen  Kenntnisse  so  unsicher  sind, 
dasz   die  Teilnahme  an  der  Sache   schon    der   groszen  Mehrzahl   der 
Studenten  verloren  geht.   Jede  neue  Idee,  also  auch  die  noch  so  junge 
nationale  Hichtung  in  unserem  Volke  und  unserer  Litteralur  (seil  1800, 
vornehmlich  seit  1813)  bedurfte  der  Begeisterung,  um  zum  Durchbruch 
zu  kommen;  aber  nur  die  nachfolgende  besonnene,  nüchterne  Betrach- 
tung kann  das  erhalten,  was  die  Begeisterung   zuerst  ins  Dasein   ge- 
rufen.  Von  der  Begeislerung  der  romantischen  Schule  (1800),  der  alle 
gründliche  Einsicht  in  die  altdeulschen  Schriften  noch   fehlte,  ist   der 
erste  Austosz  zur  gröszeren  Beachtung  der  älteren  Geschichte  derLitte- 
ratur  ausgegangen,  der  Begeisterung  ist  durch  die  Schüler  J.  Grimms 
und  Lach  man  US  die  gründliche   Erforschung  der   älteren  Schriften 
selbst  gefolgt.    Ueber  die  Bestrebungen  der  romantischen  Schule  sind 
wir  bereits  hinaus,   und  nur  einzelne  ihrer  Richtungen  zucken  noch, 
um  bald  ganz  zu  erlöschen,  welterleuchtend   tief  unten  am  Horizonte 
unserer  Zeit.    Aber  als  bleibendes,  schönes  Erbe  hat  diese  Schule  uns 
den   auf  unser  Volk   und   seine   Geschichte  gerichteten  Sinn   und  die 
Liebe  zur  Muttersprache  hinterlassen  —  ein  Erbe,   würdig  unserer 
aber  auch  aller   folgenden  Zeiten.  —  Diese  Liebe  zur  Bluttersprache 
selbst  in  ihrem  ältesten  Stande  mag  das  begeisterte  Wort  auch   des 
mit  der  Sprache  nicht  vertrauten  Lehrers  zu  wecken  im  Stande  sein, 
so   dasz    sie   für    den   Augenblick    in   dem    Geiste   des   Schülers 
aufblitzt,  die  erweckte  aber  zu  erhalten,  zu  nähren  und  zu  stärken, 
so  dasz  sie  nie  erlösche,  das  vermag  nur  die  ernsle,  mit  Hand  an- 
legende Arbeil  des  Schülers  selbst,  dem  durch  zweckmäszige  Behand- 
lung des  Unterrichts  die  Mittel  dazu  müszen  geboten  werden. 

Der  V.'eg  aber,  den  die  Lehrer  der  Mehrzahl  nach  beim  Vortrage 


122  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unlerricht  in  der  Muttersprache. 

der  älteren  Litteratur  verfolgt  haben  und  noch  verfolgen ,  hat  den 
Schülern  diese  Mittel  zeilher  nicht  geboten.  Das  bezeugen  thatsäch- 
lich  die  leeren  Hörsäle  der  Germanisten  und  Sanskritaner  auf  der 
Hochschule,  die  grosze  Unkunde  selbst  der  jüngeren  Gymnasiallehrer 
in  der  Kenntnis  der  deutschen  Grammatik  und  die  zum  gröszten  Nach- 
teil der  altklassischen  Studien  von  den  Philologen  hartnäckig  fortge- 
setzte Opposition  nicht  blos  gegen  die  sichersten  Ergebnisse,  sondern 
auch  gegen  die  maszgebenden  Grundgesetze  der  vergleichenden  Sprach- 
wissenschaft. 

Ist  es  nun  wahr  dasz  die  dem  Vortrage  der  älteren 
Litteraturgeschichte  zeither  geschenkte  Zeit  an  vielen 
Gymnasienwenn  nicht  geradezu  übel  angewandt,  sodoch 
wenigstens  vergeudet  worden  ist,  so  fände  sich  hier 
Raum  undZeit  genug  für  denBetrieb  der  deutschen  Gram- 
matik und  zur  Ausfüllung  einer  in  die  Augen  fallenden 
Lücke  in  dem  Wissen  der  studierenden  Jugend.  —  Um 
den  etwaigen  Vorwurf,  als  läge  der  hier  vertretenen  Ansicht  von  der 
Notwendigkeit  des  Betriebes  der  deutschen  Grammatik  eine  blosze 
Vorliebe  zu  Grunde,  zu  entkräften,  hat  die  Erörterung  auch  auf  die 
übrigen  Zweige  des  deutschen  Unterrichts  Rücksicht  nehmen  und  ihre 
Bedeutung  und  die  darauf  zu  verwendende  Zeit  gegenseitig  abwägen 
niüszen.  DasResultat  ist  dieses:  die  zwei  Stunden  in  S  ecun  da 
sind  knapp  zugemessen;  aber  der  Lehrervvird,  da  es  die  Sache  einmal 
erheischt,  schon  Zeit  finden,  um  seinen  Schülern  die  Grundregeln  vom 
Ablaut,  der  Brechung,  dem  Umlaut,  der  Schwächung  und  den 
gestörten  nhd.  Quantitäts  Verhältnissen  beizubringen  und  die 
Lautverschiebung  wenigstens  an  einigen  Beispielen  zu  erläutern. 
Für  Prima  dagegen  ist  die  Zeit  ausreichend  vorhanden;  es  braucht 
nur  an  die  Stelle  der  langen,  inhaltleeren,  durch  die  Leetüre  nicht 
unterstützten  Vorträge  über  so  viele  altdeutsche  Schriftsteller  und 
Bücher  die  Erklärung  altdeutscher  Schriften  selbst  zu  treten.  Da  die- 
ser Teil  des  deutschen  Unterrichts  nicht  individuell  gefärbt,  nicht  von 
der  verschiedenen  Bildung  und  Richtung  des  Lehrers  abhängig  ist,  so 
ist  das  was  und  wie  der  Leetüre  weniger  streitig  und  leichter  fest- 
zustellen. 

Ohne  alle  Controverse  geht  es  aber  auch  auf  diesem  beschränk- 
teren Felde  des  Unterrichtsgegenstandes  leider  nicht  ab,  und  zwar 
nicht  blos  in  Betreff  der  unkundigen.  Diese  werden  bei  der  ihnen 
mangelnden  Kenntnis  der  deutschen  Grammatik  an  dem  früheren  Ver- 
fahren bei  dem  Vortrage  der  älteren  Litteraturgeschichte  festzuhalten 
geneigt  sein.  Da  ihnen  aber  alle  Einsicht  in  die  Sache  fehlt,  so  fällt 
ihre  Opposition  hier  auszer  Betracht;  denn  den  Haupteinwand, 
den  sie  vorzubringen  vermöchten,  könnten  sie  doch  nur  von 
ihrer  Unkunde  entlehnen,  die  ihnen  aber  bei  demjetzi- 
gen  Stande  der  historischen  Sprachvergleichung  an- 
fangen sollte  höchst  bedenklich  und  unbequem  zu  wer- 
den.   Was  die  kundigen  betrifft,  so  bedauert  es  der  unterzeichnelo 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Miillcrsprache.   123 

recht  sehr,  dasz  er  sich  in  BclrcfF  des  Umfangs  der  altdeutschen  Lec- 
tiire  mit  einem  Manne  nicht  im  Einklänge  befindet,  der  seine  Kenntnis 
und  Teilnahme  an  der  Sache   unter  den  Gymnasiallehrern  in  hervor- 
ragender Weise,  namenllicii  durch  seine  Recensionen  in  der  Berliner 
M  ii  t  Ä  el  Tschen  Zeitsclirift  an   den   Tag  gelegt  hat.     Ich  meine  den 
Oberlehrer  Stier  in  \^'itteIlberg  (vgl.  seine  Abhandlung  'gehört  das 
Mittelhochdeutsche  in  den  Lehrplan   der  Gymnasien?'  Miifzells  Zeit- 
schrift Juni  1860  S.433 — 450).    Wie  von  Hrn  Stier  zu  erwarten  vt  ar, 
verlangt   er  'gewissenhafte  Präparation   auf  Lexikon  und  Grammatik, 
sachliche  und  grammatische  Erklärung  durch  den  Lehrer.'    'Das  we- 
sentliche Ergebnis  altdeutscher  Stunden  ist  für  ihn  eine  gram- 
matische Erkenntnis   der  Muttersprache.'  »Er  sagt  ferner, 
was  mir  zu  lesen  sehr  lieb  war:  'es  hiesze  Wasser  in  die  Elbe  tragen, 
wollten  wir  hier  viel  Worte  machen,  um  zu  beweisen  dasz  heutzutage 
eine. solche  grammatische  Erkenntnis    der  Muttersprache 
eigentlich  von  jedem  gebildeten  —  mit  ganz   besonderem  Rechte  von 
dem  verlangt  werden  müsze,   der  sich  durch  Erlernung  der  altklassi- 
schen Sprachen  Bildung   des  grammatischen  Sinnes   überhaupt  zu  er- 
werben bemüht  ist.'    Wenn  Hr  Sti^r  endlich  von  den  mhd.  Gedichten 
das  Nibelungenlied  und  die  lyrischen  von  Walther"^)  besonders  be- 
achtet wissen  will ,   so  werden  nicht  blos  diese  Forderung,    sondern 
auch  die  andern  eben  erwähnten  leitenden  Gedanken  für  diesen  Unter- 
richt alle  kundigen  gern  unterschreiben.    Aber  die  Mehrzahl  der  letz- 
teren wird,  so  hoffe  ich,  ihm  nicht  beistimmen,  wenn  er  den  Unterricht 
einseitig  auf  das  Mhd.  beschränken  will.    Er  weisz  es  ja  selbst  so  gut 
oder  besser  wie  der  unterzeichnete,  dasz  dies,  soll  von  Gründlichkeit 
die  Rede  sein,  ein  Ding  der  Unmöglichkeit  ist.    Wir  müszen  mit  dem 
Anfange,  d.  h.  dem  Gothisclien,  und  nicht  mit  dem  Ende  der  alldeut- 
schen Sprachen,  dem  Mhd  ,  anfangen.    Alles  drängt  dazu.    Warum  hat 
es   früher,   wie  der  vorliegende  ganze  Aufsatz   nachzuweisen  bemüht 
ist  und  Hr  Stier  (S.  445  oben)  selbst  einräumt,   blos  eine  latei- 
nisch-deutsche und  keine  deutsche  Grammatik  gegeben?    Ant- 
wort; weil  uns  die  gothische  Grammatik  noch  fehlte;   mit  und  seit 
ihr  besitzen  wir  —  sei's  J.  Grimm  gedankt  —  auch  eine  deutsche. 
Dieser  geht  ja  selbst  nicht  etwa  nach  einem  gewissen  Belieben,  son- 
dern durch  die  zwingendsten  Gründe  veranlasst,  bei  allen  Grundregeln 
vom  Gothischen  aus.    "\"\'ie  kann  Hr  Stier  den  Schülern  für  das  Mhd. 
die  S  c  h  w  ä  c  h  u  n  g ,  Brechung,   den  Umlaut,  Rückumlaut,  die 
starke  und  seh  wache  Conjugation  usw.  gründlich  klar  machen, 
ohne  auf  die  älteren  Sprachen  zurückzukommen?     Er  sagt  ja  selbst: 
*es  ist  wahr,  die  Geschichte  der  Sprache  ist  unverständ- 

*)  Wieviel  von  den  betreffenden  Schriften  in  rein  deutschen  Gym- 
nasien gelesen  werden  kann,  ob  soviel  wie  Hr  Stier  verlangt  ('das 
ganze  Nihelungenlied  und  mögliclist  viel  von  AValther'),  weisz  der 
unterzeichnete  nicht  zu  sagen;  denn  ihn  zwingt  die  Rücksicht  auf  seine 
poluisclien  Schüler  zu  gröszerer  Beachtung  gerade  der  letzten  Periode 
der  Litteratur. 


124  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mutlersprache. 

lieh  ohne  zurückzugehen  bis  auf  das  Golhische.'    Dadurcli 
dasz  wir  die  Schüler  bei  den  Grundregeln  auf  das  Gothische  zurück- 
führen, werden  sie  wahrlich  noch  nicht  'Sprachgelehrte'  werden.  Aber 
wäre  es  nicht  geradezu  ein  Kunststück,  das  offenbar  nicht  gelingen 
kann,  das  Mhd.  ganz  einseitig  ohne  Rücksicht  auf  das  Gothische  auf- 
zufassen und  den  Schülern  zu  erläutern?    Ist  'die  Erkenntnis  un- 
serer  eigenen   Muttersprache    aber  die  Hauptsache    für 
die  altdeutschen  Stunden'' —  da  den  litterarischen  Werth  der 
älteren   deutschen  Schriften   die  an    den    alten  Klassikern  geschulten 
Philologen   und   die  durch    die  Werke    unserer  Klassiker   gebildeten 
Schulmänner  stets  mehr  oder  weniger  in  Frage  stellen  werden  —  nun 
so  ist  zu  dieser  Einsicht  schon  in  den  Schülern  der  Grund  so  zu  legen, 
dasz  keiner  in  der  tiefsten  Unwissenheit  die  Schule  verlasse,  die  streb- 
samen aber  vorbereitet  sind  auf  der  Universität  die  einschlägigen  Vor- 
lesungen zu  hören.   Das  werden  wir  aber  durch  den  einseitigen  Betrieb 
des  Mhd.  nicht  erreichen.    Hr  Stier  meint:   die  durch  die  Kenntnis 
des  Mhd.  ausgerüsteten   würden  auf  der  Hochschule  leicht  ans  Ahd. 
und  Goth.  herantreten.    Das  ist  sehr  zu  bezweifeln;  im  Gegenteil,  da 
sie  dann  doch  wieder  von  vorn  anlfangen  niüsten,  so  werden  sie  diese 
Mühe  scheuen  und  wahrscheinlich  selbst  das  Mhd.  links  liegen  lassen. 
Hr  Stier  selbst  verschweigt  es  ja  nicht  (S.  446),  dasz  'a  lle  Formen 
der   mhd.   Sprache    bereits    so    abgeschliffen    sind,   dasz 
ohne  ein  Zurückgehen  aufdie  ältere  Sprache  ein  volles 
Verständnis  derselben    nach   Flexion    und  Wortbildung 
nicht  möglich   sei.'    Jedenfalls  werden  sich  die  Schüler  bei  der 
Uebereinstimmung  der  mhd.  und  nhd.  Formen  aufs  Rathen  und  wieder 
aufs  Rathen  legen,  obgleich  Hr  Stier  (S.  443  unten)  hofft  dies  ver- 
hindern zu  können.   Bei  den  goth.  und  meist  auch  bei  den  ahd.  Formen 
sollen  sie  das  wohl  bleiben  lassen  —    nichts   aber  ist    hierbei   vom 
Lehrer  mehr  zu  vermeiden  als  gerade  dieses  Herumrathen  der  Schüler, 
worüber,   da  es  der  Ungründlichkeit  Thür   und  Thor  öffnet,  die  alt- 
klassischen Philologen,  und  zwar  mit  vollem  Recht,  Ach  und  Weh 
rufen  würden.    Soll  der  Schüler  auszer  der  Kenntnis  der  Muttersprache 
auch  eine  gründliche  Vorbildung  für  die  Universität  von  der  Schule 
mitnehmen,  dann  musz  diese  vom  Gothischen  ausgehen.    Die  Folge  ist: 
der  strebsame  Sludent  wird  nicht   blos   goth.  und  ahd.  Vorlesungen 
folgen  können,  sondern,  und  zwar  mit  der  leichtesten  Mühe,  auch  den 
mittelhochdeutschen.   Denn  zum  Uebergange  von  jenen  zu  diesen  bedarf 
es  ja  —  Hr  Stier  wird  dies  gern  zugeben  —  nichts  weiter  als  den 
Nachweis  des  rein  dialektischen  Wechsels  der  Buchstaben.    Ein  Punkt 
musz  hier  noch  besonders  hervorgehoben  werden.     Es  dreht  sich 
zunächst  um  die  Erlernung  der   Grundlehren  der  neuen 
deutschen   Grammatik  und  um  die  historische  Verglei- 
ch ung   der  Worte  innerhalb   der  deutschen,  womöglich 
auch  der  beiden  alten  Sprachen;  die  Lecture,  die  Hr  Stier 
zu  bevorzugen  scheint,  ist  erst  das  zweite.    Ehe  z.  B.  der  Secun- 
daner  die  ahd.  und  goth.  Formen:  drah-is-al-ar-i ,  salb-oda,  vur-isto 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unlerrichl  in  der  Muttersprache.  125 

mit  Hülfe  des  Gesetzes  von  der  Schwächung  und  dem  Umlaut  in 
die  ncuhüchdeulschen  Formen:  Drech-s-1-er ,  salb-cte,  salb-te,  Für-st 
ohne  a  1  le  Anl  ei  tung  des  Lehrers  selbst  umzusetzen  nicht  im 
Stande  ist,  möchte  ich  ihn  nichts  von  der  Flexion  einer  altdeulschen 
Sprache  lernen,  noch  viel  weniger  auch  nur  eine  Zeile  übersetzen 
lassen.  Die  Selbständigkeit  und  Sicherheit,  mit  der  er  nach  den  ge- 
lernten Regeln  verfahren  kann,  macht  ilim  Freude,  gewinnt  seine  Teil- 
nahme für  die  Sache,  erklärt  ihm  auf  einmal  den  groszen  Abstand 
unserer  Sprache  von  den  alten  und  erleichtert  für  hundert  ahnliche 
Fälle  die  später  folgende  Leetüre.  Im  Ganzen:  der  Schüler  musz 
dem  Lehrer,  nicht  derLehrer  dem  Schuler  bei  derLectüre 
die  älteren  Formen  erklären. 

Ist  es  nun  auch  sehr  auffallend,  wenn  Ilr  Stier  selbst  beim  Ab- 
laut, diesem  Haupt-  und  Grundgesetze  nicht  blos  der  starken  Conjuga- 
tion,  sondern  der  gesamten  germanischen  Wortbildung,  ohne  Berück- 
sichtigung der  älteren,  blos  mit  der  mittel  hochdeutschen  Sprache 
fertig  zu  werden  hofft,  so  würde  der  unterzeichnete  es  doch  sehr  be- 
dauern, wenn  auch  nur  ein  Wort  in  dieser  Controverse  die  Hochach- 
tung zu  schmälern  geeignet  wäre,  die  er  den  fortgesetzten  Bestrebungen 
Hrn  Stiers  für  die  Einführung  der  deutschen  Studien  stets  gezollt  hat. 
Die  neue  vergleichende  Sprachwissenschaft  schwebt  —  man  mag  da- 
gegen sagen  was  man  will  —  o  h  n  e  M  i  t  Wirkung  pädagogischer 
Kräfte  —  in  der  Luft;  je  geringer  die  Zahl  derer  zeither  war,  die, 
wie  Hr  Stier,  sie  einzubürgern  mit  Hand  anlegten,  desto  gröszer  sein 
Verdienst.  Aber  in  einem  Punkte  befinde  ich  mich  im  schrolFsten  Ge- 
gensatze zu  ihm;  es  ist  dies  die  La  u  t  v  er  s  ch  i  e  bu  n  g.  Bedarf  es 
erst  eines  Zeugnisses  für  diese  Grundregeln?  Nun  eins  der  jüngsten 
(von  He  y  se  S.  309j  lautet:  das  Gesetz  der  Lautverschiebung 
ist  von  dem  gröszten  Einflüsse  auf  etymologische  Wort- 
forschung. Es  gibt  ein  sicheres  Kriterium  zum  Erlernen 
der  ursprünglichenVerwandtschaft  und  zurUnterschei- 
dung  derselben  von  blos  zufälliger  Lautähnlichkeit,  so- 
wie von  später  er  En  tl  ehn  ung.  Gerade  dieses  Gesetz,  welches 
ebensogut  in  die  lateinische  und  griechische  Grammatik  gehört  wie  in 
die  deutsche,  ist  so  recht  geeignet  die  Teilnahme  des  Primaners  zu 
wecken  und  die  Liebe  zur  Sache  in  ihm  anzufachen;  denn  hier  kommen 
ja  die  beiden  alten ,  dem  Schüler  wohlbekannten  und  liebgewordenen 
Sprachen  mit  ins  Spiel.  Nach  meiner  Erfahrung  sind  gerade  durch 
diese  Grundregel  die  Schüler,  selbst  polnische,  für  diese  Studien  über- 
haupt angeregt  und  zum  Teil  wirklich  gewonnen  worden.  Ferner  aber 
ist  die  Lautverschiebung  die  Brücke,  über  welche  die  altklassi- 
schen Philologen  willig  oder  unwillig  werden  gehen  müszen,  um  aus 
der  einseitigen  Betrachtung  ihrer  Sprachen  endlich  herauszukommen. 
Je  näher  dieser  Umschwung  der  Dinge  heranrückt,  desto  unverant- 
wortlicher wäre  es,  wenn  das  Gymnasium  dem  Schüler  diese  Regel 
vorenthielte  —  eine  Regel,  die  er  nach  wenigen  Jahren  drauszen  auf 
der  Universität  oder  in  dem  späteren  Leben  nicht  wird  entbehren  kön- 


126  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

nen,  falls  er  der  neuen  Sprachwissenschaft  dann  nicht  ganz  ralhlos 
gegenüberstehen  soll.  Ohne  Anleitung  seitens  des  Gymnasium  wird 
er  das  versäumte  nachzuholen,  d.  h.  von  vorn  anzufangen,  auch  auf 
der  Universität  nicht  Veranlassung  suchen.  'Sprachforscher'  werden 
unsere  Schüler,  wie  Hr  Stier  meint,  blos  deswegen,  weil  sie  die 
Lautverschiebung  kennen,  wahrlich  noch  nicht  werden,  sondern  nur, 
wie  eben  gesagt,  den  neuen  Thalsachen  einst  nicht  als  Ignoranten 
gegenüberstehen.  Auch  'mit  den  Schwankungen  der  mulae  im  Mhd. 
und  Nhd.'  hat  es  nicht  soviel  auf  sich,  wie  derselbe  behauptet;  denn 
mit  Recht  bemerkt  Heyse  (S.  306):  'das  Mhd.  und  Nhd.  bleibt  in  die- 
sen Lautverhällnissen  (der  mutae)  im  allgemeinen  auf  dem  Stand- 
punkte des  Ahd.  stehen,  nur  mit  zunehmender  Erweichung  der  harten 
Laute  (=  t,  p  und  k  zu  d,  b  und  g),  also  zurückschwankend  ins  Goth. 
und  Nnd.'  Zugleich  können  die  Lehrer  nur  mit  Hülfe  dieses  Gesetzes 
die  herkömmliche,  grundfalsche  Ansicht  von  der  Not- 
wendigkeit des  Gleich klangs  verwandter  Worte  in  ver- 
schiedenen Sprachen  bekämpfen.  Diese  Ansicht  hat  aber  den  Fortschritt 
der  gesamten  Sprachvergleichung,  auch  der  lateinischen  und  griechi- 
schen, so  lange  gehemmt  und  verzögert.  Je  wichtiger  und  maszgeben- 
der  für  das  Gymnasium  die  beiden  alten  Sprachen  sind,  desto  mehr 
Berücksichtigung  verdient  das  Band,  welches  jene  mit  allen  deutschen 
und  den  übrigen  indo -europäischen  verbindet.  Dieses  Band  aber  ist 
gerade  die  Lautverschiebung.  Zweierlei,  was  zu  wissen  vor  allem 
notthut,  lernt  durch  sie  der  Schüler  zugleich:  1)  es  gibt  in  verwandten 
Sprachen  einen  Lautwandel  der  mutae,  der  den  Gleichklang  be- 
seitigt; 2)  dieser  La  u  tw  andel  ist  an  f es  te  Gesetze  gebunden,  die 
es  auch  einem  Primaner  ermöglichen  ,  die  Verwandtschaft  der  Worte 
verschiedener  Sprachen  entweder  zu  bejahen  oder  zu  verneinen.  End- 
lich ist  gerade  dieses  Gesetz  geeignet,  den  Schüler  auf  den  möglichen 
späteren  Betrieb  des  Sanskrit  vorzubereiten,  wozu  dem  Gymnasium 
sonst  alle  unmittelbare  Gelegenheit  fehlt.  So  steht  es  denn  zu  hoffen, 
dasz  die  Mehrzahl  der  kundigen  die  Beschränkung  der  älteren  deut- 
schen Leetüre  blos  auf  das  Mhd.  misbilligen  werde,  da  diese  Be- 
schränkung beim  besten  Willen  in  aller  Strenge  doch  nicht  durchzu- 
führen wäre. 

Was  den  Umfang  der  Leetüre  befrilTf,  so  musz  der  unterzeichnete 
Lehrern  an  ganz  deutschen  Gymnasien  die  Sache  anheimstellen; 
er  selbst  ist  durch  die  Bücksicht  auf  seine  durch  die  Nationalität  der 
Schüler  bedingten  Verbältnisse  auf  ein  geringstes  3Iasz  beschränkt 
und  zu  besonderer  Beachtung  der  klassischen  Periode  unserer  Littera- 
tur  mehr  noch  als  andere  Lehrer  verpfliclitet.  Etwa  10  Verse  aus  der 
goth.  Bibelübersetzung,  15 — 20  Verse  aus  dem  Krist  von  0  t  fri  ed,  eine 
avenliure  aus  dem  Nibelungenliede  und  einige  lyrische  Gedichte  von 
Walther  bieten  hinreichenden  StolT,  um  den  Schüler  auf  den  späteren 
Betrieb  alldeutscher  Leetüre  vorzubereiten.  Um  ihm  von  der  nieder- 
deutschen Mundart,  die  sich  in  der  hollämlischen  Sprache  eigen- 
tümlich entwickelt,  in  Deutschland  selbst  aber  mit  Reinke  de  Voss 


Die  Sprdcliverglciclmng  und  der  Unterriclit  in  der  Mullersprache.   127 

iini  1500  als  Schriffsprache  abstirbt  und  dem  Neuhochdeutschen  Plalz 
macht,  eine  Probe  geben  zu  können,  werden  die  Lehrer  in  Norddeutsch- 
land vielleicht  ein  Bruclistück  aus  dem  Heljand  ungern  vermissen. 

Das  wäre  in  der  That  ein  sehr  kleines  Besitztum  des  Sciu'ilcrs, 
aber  an  sich  und  in  seiner  Nachwirkung  auf  der  Universität  ein  viel 
fruchtbareres,  als  der  oberdächliche  Eindruck  aller  der  schönen  von 
der  Lectiire  nicht  unterstützten  Reden  über  unsere  ältere  Lilteratur. 
In  Bezug  auf  das  wie  der  Leetüre  befinde  ich  mich  mit  Hrn  Stier  in 
voller  Uebereinslimmung  und  unterschreibe  alles,  was  er  in  dieser 
Hinsicht  vorschlügt.  Süllen  die  Philologen  nicht  mit  Recht  ihr  Veto 
einlegen,  so  müszen  wir  bei  der  altdeutschen  Leetüre  ganz  so  gründ- 
lich verfahren  wie  jene  bei  der  altklassischen;  ihr  Vorgang  sei  dabei 
auch  für  uns  maszgebend  und  Vorbild.  Doch  statt  vieler  Worte  lieber 
ein  Beispiel: 
Ulfil.  Luc.  XIX  1  (iesus)  inngaleithands  lairhlaith  iaireikon. 

Der  Gleichklang  mit  neuhochdeutschen  Worten  kann  den  An- 
fänger hier  nicht  leiten  und  ebendeswegen  ,  um  allem  Dberflächlichen 
Vergleichen  von  vorn  berein  vorzubeugen,  ist  das  Beispiel  gewählt. 
Im  Gegenteil  auszer  dem  Fremdwort  iaireikon  starren  den  unkundigen 
die  gothischen  Worte  als  völlig  fremde  an  und,  da  er  die  Grund- 
regeln ni  c  h  t  k  en  n  t,  schrecken  sie  ihn  ab.  Anders  der  einge- 
schulte Primaner.  Auf  seine  Grundregeln,  deren  Wirksamkeit  er 
ja  an  vielen  Beispielen  schon  erprobt,  vertrauend,  gibt  er  die  Hoffnung, 
hinter  diesen  scheinbar  ganz  fremden  Lauten  neuhochdeutsche 
Worte  zu  entdecken,  nicht  auf  und  geht  frisch  an  die  Sache.  Es  ent- 
spinnt sich  nun  folgendes  Spiel  von  Frage  und  Antwort,  und  zwar  noch 
ehe  der  Schüler  die  goth.  Flexion  erlernt,  von  der  die  verwickelte 
Substanlivdeclination  (a  ,  i ,  u)  überhaupt  besser  der  Universität  ver- 
bliebe. 

inngaleithands.    A)  L  a  u  l. 

I)  F.:  ist  das  ein  einfaches  Wort?  Antwort:  nein;  denn  alle  Wur- 
zeln der  Nomina  und  Verba  in  den  indo- europäischen  Sprachen  sind 
einsilbig.  2)  F.:  wie  ist  das  Wort  in  seine  Teile  zu  zerlegen?  Wahr- 
scheinliche Antwort:  inn-ga-leith-ands. 

a)  Die  Endung  ands. 

l)  F. :  wie  musz  diese  Endung  ands  im  Nhd.,  Latein,  und  Griech. 
heiszen?  Antwort:  nach  der  S  ch  w  ä  ch  u  ng  ands  und  nach  Abfall 
des  Zeichens  des  Nominativ  end;  im  Latein,  anfs  =  ans;  im  Griech. 
avTg  =  äg.  2)  F.:  was  ist  das  für  eine  Endung?  Antwort:  in  allen 
drei  Sprachen  die  Endung  des  Particip.  3)  F.:  der  goth.  Genetivus 
heiszt  andis,  wie  ebenderselbe  in  diesen  drei  Sprachen?  Antwort: 
endes,  antis  (laud-antis),  avrog  {tOT-avtog^.  4)  F.:  was  ist  nun 
in  unserm  Nom.  und  Genetiv  Ileil-and,  Heil-andes  auffallend? 
Sichere  Antwort:  dasz  beide  durch  die  Schwächung  nicht  zu 
Heil-end,  Heil-endes  geworden  sind?  dagegen  ist  in  dem  gewöhnlichen 
nhd.  Participium  heilend,  heil-endes  das  ursprüngliche  a  nach  der 
Regel  längst  in  e  geschwächt.   5)  Fr. :  warum  bat  sich  das  a  in  Heil  a  nd 


128  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unlerrichl  in  der  Muttersprache. 

erhalten  und  ist  dieses  Participium  eine  Ausnahme?  Antwort:  Worte, 
die  im  Verkehr  des  Lehens,  in  der  kirchlichen,  gerichtlichen 
Sprache  und  sonst  sehr  häufig  gehraucht  werden',  behalten  bisweilen 
die  altertümliche  Form  für  alle  Zeit  bei;  so  z.  B.  im  Latein,  familias 
das  ältere  as,  sum  und  inquam  das  ursprüngliche  M  der  ersten  Person 
und  Heiland  das  alfe  golh.  und  ahd.  a.  Weit  gefehlt,  dasz  diese 
Worte  regellose,  willkürliche  Ausnahmen  wären,  enthalten  sie  die 
ältere  Regel,  nach  der  man  gerade  den  Stand  auch  der  späteren  Sprache 
bemessen  musz. 

b)  Praefixa  inn  und  ga. 

l)  F.:  welches  nhd.  Wort  entspricht  dem  goth.  inn?  Antwort: 
da  nach  der  Lautverschiebung  die  liquidae  in  den  verwandten 
Sprachen  in  der  Regel  übereinstimmen,  das  kurze  i  aber  bleibt  oder 
nur  in  e  gebrochen  sein  könnte,  so  musz  das  nhd.  Wort  gleichfalls 
inn,  inn-en  (=  adverbium)  lauten.  2)  F.:  wie  heiszt  das  goth.  in 
im  Nhd. ,  Latein,  und  Griech.  ?  Antwort :  aus  denselben  Gründen 
in,  in,  iv.  Zusatz  des  Lehrers:  der  Bedeutung  nach  deckt  das  goth. 
in  die  lat.  und  nhd.  Präposition,  enthält  also  auch  das  griech.  £ig  in 
sich.  3)  F.:  wie  heiszt  goth.  ga  im  Nhd.?  Antwort:  nach  der  Laut- 
verschi  ebung  und  der  S  ch  wächung  ke.  Lehrer :  im  Ahd.  heiszt 
sie  in  der  That  ki,  aber  im  Nhd.  schwankt  die  muta  ins  Golh.  zurück 
und  heiszt  ge,  lat.  co,  con  =  mit,  zusammen;  bisweilen  wird  diese 
weithin  durch  die  deutsche  Sprache  verbreitete  Partikel  ge  noch  weiter 
in  g'  geschwächt,  z.  B.  g-rade,  g-leich,  G-Iied  usw. 

c)  Wurzel  lai th. 

1)  F.:  welche  Gesetze  kommen  bei  dieser  Wurzel  lailh  in  Be- 
tracht? Antwort:  die  La  utverschi  ebu  n  g  und  der  Abi a  ut.  2)  F. 
wie  hat  der  Schüler  demgemäsz  zu  verfahren?  Antwort:  nach  der' 
Lautverschiebung  musz  L  als  liquida  übereinstimmen ,  die  goth. 
aspirata  Th  (nicht  =^  nhd.  th)  dagegen  sich  in  die  media  D  ver- 
schieben. Soll  es  ferner  ein  ablautendes  Verbum  sein,  so  deutet  der 
Diphthong  ai  die  vierte  Klasse  der  starken  Conjugation  (vgl.  oben  das 
Paradigma)  an.  Die  mir  !)ekannten  goth.  Ablaute  dieser  Klassen  sind 
aber:  ei,  ai,  i,  i.  Da  die  nhd.  starke  Conjugation  aber  den  doppel- 
len Ablaut  des  Praeteritum  aufgegeben  und  die  nhd.  Verba  dieser 
Klasse  sich  entweder  für  den  alten  langen  Vocal  des  Singularis  oder 
den  kurzen  des  Pluralis  entscheiden,  so  werden  die  den  goth.  entspre- 
chenden niid.  Vocale  entweder  ei,  i,  i,  i  (=:  in)  oder  ei,  i,  i,  i  lauten. 
—  Hat  der  Schüler  die  unter  Nr  c  2  gestellte  Frage,  wie  geschehen, 
beantwortet,  dann  kann  er  in  Betreff  der  Vocale  und  der  Conso- 
nanten  nicht  mehr  fehlgehen  und  das  folgende  Paradigma  der  vier 
deutschen  Hauptsprachen  selbst  aufstellen,  wobei  ihm  höchstens  der 
rein  dialektische  Vocalwechsel  goth.  ei  =  ahd.  und  mhd.  i  und  nhd. 
ei  und  ferner  goth.  ai  =  ahd.  und  mhd.  ei  an  die  Hand  zu  geben 
wäre.  F.:  wie  heiszen  die  Ablaute  in  den  vier  deutschen  Sprachen? 
Antwort: 


Die  Spfacbvorgleichung  und  der  Unterricht  in  der  Mnllersprache.   129 

Imperf. 
Prues.    Sing.  Plur.  Partie. 

Golh.  ei  —  ai  —  i  —  i  — (ga)leitha,  lailli,  Itthiim,   lithans. 

Alid.      i  —  ei  —  i  —  i  — (Ui)lidii,     leil,   litumes,  litaner. 

Mhd.      i  —  ei  —  i — i  — lide,  leit,  Uten,      (g-e)liten. 

(ei —    i — ^i  —  i  — leide,  litt,    litten,     (ge)litten. 

'  '  jei —    i' — i  —  i(=in)  —  steige,'      stieg,  stiegen,  (ge)stiegen. 

l)  F. :  wodurch  unterscheidet  sich  das  nhd.  Verbum  von  denen 
der  drei  andern  Sprachen  wesentlich?  Antwort:  im  Gegensatz  zu  den 
älteren  Sprachen  hat  es  im  Sing,  und  Plur.  des  Imperfectuni  einen  und 
den  se  Ib  e  n  Ablaut;  nur  das  einzige  nhd.  Imperfectum  ich  ward,  wir 
wurden  folgt  der  älteren  Hegel.  2)  Welchen  Ablaut  hat  von  den 
früheren  zweien  das  nhd.  Vcrbuni  gewählt?  Antwort:  den  kurzen 
des  Pluralis,  =  i.  3)  F.:  ist  das  doppelte  tt  in  litt  organisch?  Ant- 
wort :  nein.  Die  Doppelung  ist  unorganisch  und  blos  zu  dem  Zwecke, 
dasz  wir  das  i  kurz  aussprechen  sollen.  Der  Quantität  nach  ist 
die  Formel  toVrog,  die  in  den  älteren  deutschen  Sprachen  vorhanden 
war,  im  Nhd.  —  wenige  Worte,  die  der  älteren  Regel  folgen,  unge- 
rechnet —  nicht  mehr  möglich;  die  Formel  totto^  wandelt  sich  l)  in 
raTVog  oder  2)  in  roititog.  Ich  leide:  ich  litt  folgt  der  Formel  2)  xon- 
nog,  wie  Vater;  Gevatter  (=  Mitvater),  Veiter;  ich  nehme:  er  nimmt. 
Der  Lehrer:  der  Uebergang  des  weichen  Lautes  (d  =  leide)  in 
den  harten  (t:=lilt  für  lidd)  findet  eine  Analogie  an  schneide,  schnitt; 
Knabe,  Knappe;  plagen,  placken;  Schnabel,  schnappen:  vgl.  Koch 
deutsche  Grammatik  §  32.  Resultat:  das  goth.  innga  lei  thands 
musz  in  unserer  Sprache  buchstäblich  in  n  geleidend  heiszen,  wel- 
ches Wort  als  Compositum  nicht  vorhanden  ist.  *)  Nun  erst  —  das 
heiszt  nach  der  genauen  Feststellung  des  Lautes  —  kommt 
die  Bedeutung  an  die  Reibe. 

inngaleithands.  B)  Bedeutung. 
Der  Lehrer:  inngaleithands  übersetzt  das  Etßel&tav  des  Urtextes. 
Das  Simplex  leithan  kommt  in  den  goth.  Quellen  selbst  nicht  vor, 
sondern  nur  die  Composita  Ihairhleithan  ötigiea&at,^  galeithan  mit- 
gehen, gehen,  mithinngaleithan  övvSLGiQ'/^EG&at.  Demgeraäsz  ist  die 
Grundbedeutung: 

l)  ire,  prolicisci,  navigare,  und  zwar  (mit  Ausnahme  des  Mhd.  und 
Nhd.)  in  allen  älteren  Sprachen.  Davon  deriviert,  und  zwar 
noch  mit  der  ursprünglichen  Bedeutung:  a)  nhd.  leiten,  ahd. 
leitan  (goth.  laitbjan?)  =  gehen  machen,  führen,  den  Weg 
weisen.  Composita  :  geleiten  ,  begleiten  (=  be-ge-leiten).  b) 
Grabgeleit  (z.  B,   'geben   des  Grabgeleit')  =-•  1)  Milgang  zum 


*)  Um  die  Wichtigkeit  des  Ablauts  anzudeuten ,  für  Tinkundige 
diese  beiläufige  Bemerkung:  das  obige  Verbum  gebt,  und  zwar  ab- 
lautend, durch  neun  germanische  Sprachen:  goth.  leitha,  ahd.  lidu, 
alts.  lithu,  ags.  lidlie,  altn.  lidb ,  mhd.  lide,  nlid.  leide,  neuniederi. 
lid ,  schw.  lider, 

N.  Julirli.  f.  Phil.  u.  I'iid    !!.  AUt.  IsOl.  Ilfi  3.  9 


130  Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache. 

Grabe,  2)  auch  die  mitgehenden,  c)  Mit-g-Iied  =  Mitgänger, 
comes,  sociiis;  dieses  Nomen  hat  den  alten  langen  Ablaut  des 
Sing.  Praeteriti,  wärend  ich  litt  den  kurzen  des  Pluralis. 
2)  Nach  W.  Wackernagel  euphemistisch:  1)  Trübsal  erfah- 
ren, Uebles  durchmachen,  dulden,  pati ;  dies  ist  die  durchgängige 
Bedeutung  wie  im  3Ihd.  so  auch  in  unserer  Sprache*);  dazu  die 
Nomina  leid,  dolorosus,  invisus,  das  Leid,  miseria. 

*thairhlaith.' 
'Laut  und  Bedeutung  dieses  zweiten  Wortes  des  goth,  Textes  ver- 
langen keine  weitere  Erörterung.  Der  Primaner  erkennt  in  dem  laith 
sofort  die  le  oder  3e  Pers.  Imperfecti  desselben  Verbum.  Die  Präpo- 
sition thairh  c.  Accusativ  bedeutet  öia  und  heiszt  ahd.  durah,  nhd. 
durch;  das  t,  goth.  th,  ist  regelmäszig  in  nhd.  d  verschoben  und  h, 
wie  oft,  zu  ch  geworden.  Tha  i  r  h  1  ei  th  a  n  ist  also  buchstäblich 
unser  durchleiden,  hat  aber  blos  die  ursprüngliche  Bedeutung 
l)  Iransire  und  noch  nicht  2)  die  verdunkelte  perpeti;  thai  rhlailh  ist 
also  das  griech.  öitjQxeto.  Endlich  iaireikon  ist  der  Accusativus 
des  hebräischen  Fremdwortes  iaireiko. 

So  wäre  alles  erklärt  —  und  erst  jetzt  ist  der  Schüler  im  Stande 
den  golh.  Satz  inngaleithands  Ihairhlaith  iaireikon  als  Uebersetzung 
des  Urtextes  eiötX&ojv  öiriQy^cXQ  xriv  l£Qi%(6  ins  Nhd.  umzustellen: 
'hineingehend  durchgieng  (er)  Jericho.'  Dabei  ist  auf  den 
im  Goth.  fehlenden  Artikel  xiqv  aufmerksam  zu  machen;  denn  wie  bei 
Homer  das  6,  i],  to,  so  ist  das  golh.  sa,  so,  Ihala  wesentlich  noch 
pron.  demonstrativum  und  fängt  erst  an  unter  gewissen  Verhältnissen 
die  Natur  unseres  Artikels  in  beschränkterem  Sinne  anzunehmen.  Dasz 
die  golh.  Verbalendungen  wie  die  lat.  und  griech.  an  dem  pron.  per- 
sonale keine  Stütze  brauchen,  wie  dies  jetzt  im  Nhd.  auszer  beim 
Imperativ  fast  durchgängig  der  Fall  ist,  darauf  deutet  das  in  der  neu- 
hochdeutschen Uebersetzung  des  goth.  Satzes  eingeklammerte  ('er') 
hin.  Wo  der  griech.  Urtext  die  pron.  personalia  hat,  da  stehen  sie 
auch  im  Goth.,  z.  B.   Matth.  VI   12  1)   aq  y,ca  rj^etg  äcpU^zv  roTg 

*)  W.  Wackernagel  erklärt  den  auffallenden  üebergang  der  Be- 
deutung von  1)  ire  in  2)  pati  durch  einen  Euphemismus,  der  mir 
nicht  recht  einleuchtet.  Ob  nicht  das  ahd.  leita  =  fuuus  den  Ueber- 
gung  richtiger  vermittelt.  Dieses  ahd.  leita  kann  neben  ags.  lade  r^= 
iter  und  altn.  leid  =  iter,  conventus  ursprünglich  nicht  funus  be- 
deutpn.  Es  heiszt  vielmehr  1)  Gang,  Weg,  2)  x«t'  i'^oxrjv  der  Gang 
zum  Grabe,  also  wie  unser  Grab  geleite  :=  funus.  Demgemäsz  wäre 
die  Grundbedeutung  von  mhd.  liden,  nhd.  leiden  1)  gehen,  2)  xar'  i^oxfjv 
mitgehen  zu  Grabe,  3)  Trauer  haben,  dulden,  pati.  Unser  Wort 
Leid  ist  also  nicht  =  miseria  im  allgemeinen,  sondern  ursprünglich 
in  concret<j  Trauer  um  einen  Tod  ten.  Darauf  deuten  noch  die  nhd, 
Wendungen  Leid  haben,  Leidtragende  :=  1)  um  einen  Gestorbenen 
trauern,  Trauerkleider  tragen,  2)  die  zu  Grabe  mitgehenden  Verwandten. 
NB.  Das  scheinbar  ähnliche  mhd.  gute,  nhd.  gleite  ist  ein  ganz  an- 
deres Wort  und  würde  nach  der  Lautverschiebung  im  Goth.  nicht 
wie  unser  obiges  leitha,  luith,  lithum,  sondern  loida,  laid,  lidum  lauten 
müszen. 


Die  Sprachvergleichung  und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.  131 

o(p£d£Tat.g  '^[lav,  2)  srasre  jah  veis  afletam  Ihaim  (=  Artikel)  sku- 
larn  unsaraim;  3)  sowie  auch  wir  ablassen  den  Schuldnern  unseren 
(als  ob  im  Urtexte  stünde  7}i.iETEQ0ig  und  nicht  ■rjucöv  =  unsara). 

Hier  auf  dem  Papiere  erscheint  die  vorstehende  Erklärung  des 
goth.  Paradigma,  das  als  concretes  Beispiel  eine  allgemeine  Erörterung 
über  das  wie  der  Leetüre  ersetzen  soll,  als  eine  lange  Schreiberei; 
Frage  und  Antwort  in  der  Klasse  —  die  Kenntnis  der  Grundregeln 
vorausgesetzt  —  nehmen  mit  jedem  neuen  Beispiele  des  Lautwan- 
dels, mit  der  Leefüre  jedes  neuen  Verses  immer  weniger  Zeit  in  An- 
spruch; je  gründlicher  der  Anfang  der  Leetüre,  desto  schneller  der 
Forlschritt.  Die  Sicherheit  des  Verfalirens ,  welche  die  fruchtbaren, 
tausend  einzelne  Lautgebilde  der  verschiedenen  Sprachen  umfassenden 
neuen  Sprachgesetze  dem  Schüler  gewähren,  erregt  sein  Interesse  für 
die  Sache  und  weckt  in  ihm  wie  den  Zweifel  an  der  Richtigkeit  der 
alten  Sprachvergleichung  so  den  Glauben  an  die  Wahrheit  der  Er- 
gebnisse der  neuen.  Kommt  der  Lehrer  später  zum  Mhd.,  dann  wird 
die  Leetüre,  da  fast  alle  Schwierigkeiten  bereits  überwunden  sind, 
leichter  fortschreiten,  ja  unter  günstigen  Umständen  cursorisch  werden. 
—  Wie  gering  auch  das  Besitztum  des  Schülers  sein  mag,  das  er  sich 
so  erworben,  er  hat  nicht  blos,  was  die  Hauptsache  bleibt,  eine  ver- 
hältnismäszig  gründliche  Einsicht  in  den  grammatischen  Bau  seiner 
Muttersprache,  der  neuhochdeutschen,  gewonnen,  sondern  auch  ein 
Recht  sich  eine  gewisse  Kenntnis  der  älteren  deutschen  Litteratur  zu- 
zuschreiben. Auf  der  Hochschule  wird  er  geneigt  sein  die  Hörsäle  der 
Germanisten,  später  vielleicht  auch  der  Sanskritaner  zu  besuchen  und 
sie  nicht,  wie  zeilher,  meiden  oder,  weil  ihm  alle  Vorbildung  fehlt, 
sofort  nach  den  ersten  Stunden  verlassen.  Die  Lehrer  endlich  werden 
sich  davon,  dasz  namentlich  in  Prima  die  Zeit  zu  einem  derartigen 
Vortrage  der  Litteratur  völlig  ausreicht,  bald  überzeugen  und  an  dem 
neuen  Verfahren  ihre  Freude  erleben;  denn  anstatt  nach  allgemeinen 
Uebersichlen  und  Inhaltsangaben  der  altdeutschen  Werke,  die  ohne 
Kenntnis  des  Urtextes  einen  sehr  beschränkten  Werth  haben,  in  wer 
weisz  wie  viel  Büchern  herumznsuchen,  können  sie  nun  aus  sich 
selbst  schöpfen  und  zu  einer  gründlichen  grammatischen  Kenntnis 
ihrer  Muttersprache  selbst  gelangen  und  auch  ihre  Schüler  dazu  an- 
leiten. Für  Autodidakten  noch  einmal  der  Rath :  wollen  sie  nicht 
nach  vielen  Umwegen  trotzdem  immer  zur  Rückkehr  zum 
Gothischen  gezwungen  werden,  so  niüszen  sie  von  vorn 
herein  mit  dieser  Sprache  anfangen;  denn  die  gothische 
ist,  wie  Hopp  ganz  richtig  bemerkt,  der  Licht-  und  Glanzpunkt 
der  gesamten  deutschen  Grammatik. 

Von  der  Muttersprache  aber  musz  die  Bewegung,  und  zwar  im 
Gymnasium,  ausgehen,  soll  die  geographisch  beschränkte,  in  starren 
Kationalstolz  eingepferchte  Grundanschauung,  welche  die  Griechen  und 
Römer  bei  der  Vergleichung  der  Sprachen  hatten  und  die  Grammatiker 
und  Lexikographen  auch  jetzt  noch  nicht  aufgeben  wollen,  einem  freie- 
ren, weitsichtigeren,  nicht  regellosen  Verfahren  endlich  Platz  machen. 

9* 


132  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Es  ist  nicht  zufällig',  dasz  der  Sprachvergleichung'  der  heiden  alten 
Völker  der  Blick  in  die  Ferne  und  zugleich  die  schärfere  Umschau  in 
der  nächsten  Umgebung  gänzlich  mangelten.  Es  ist  nicht  zufällig,  dasz 
gerade  in  den  jüngst  verflossenen  Jahrzehenden  die  Vergleichung  immer 
■weiter  und  weiter  vordringt  in  die  Sprachen  der  Völker,  sondern  viel- 
mehr eine  Wirkung  der  ganz  umgewandelten  Weltanschauung.  In  allen 
Erdteilen  taucht  eine  Nation  nach  der  andern  hervor  aus  dem  früheren 
Dunkel  an  das  Licht  der  Geschichte,  Völker  rücken  näher  an  Völker, 
Sprachen  an  Sprachen  und  immer  gröszer  wird  die  Umschau  und 
immer  weiter  und  schärfer  der  Fernblick.  Dem  ahnungsreichen,  in  die 
Tiefen  der  Zeit  sich  versenkenden  Geiste  solcher  Männer  gerade  aus 
unserem,  dem  deutschen  Volke,  wie  W,  Humboldt,  J.  Grimm 
und  Bopp,  war  es  vorbehalten  das  Wort  als  ein  werdendes  nach 
seinem  geschichtlichen  Lautwandel  zu  erkennen,  eine  der  ver- 
änderten Wellanschauung  entsprechende  Sprachwissenschaft  zu  gründen 
und  zugleich  durch  neue,  früher  nicht  geahnte  Gesetze —  ein  Ergebnis 
ihrer  schöpferischen  Phantasie  und  der  seltensten  Verstandesschärfe  — 
zu  regeln  und  durch  und  durch  zu  befruchten. 

Lissa.  Ed.  Olawsky. 


Kurze  Anzeieren  und  Miscellen. 


VI. 

Bericht  über  die  19e  Philologenversammiung  zu  Braunschweig 
26  —  29.  September  1860. 


Da  die  Versammlung  ein  Jahr  ausgefallen  war,  so  hatte  man  auf 
eine  recht  zahh'eiche  Beteiligung  gehoft't  und  diese  Hoffnung  war  nicht 
getäuscht  worden.  317  Mitglieder  beteiligten  sich  an  derselben.  Zwar 
hatte  natürlich  das  Braunscbweigische  Land  das  verhältnismäszig  gröszte 
Contingent  gestellt  (102,  darunter  aus  der  Stadt  Braunschweig  selbst  71), 
doch  waren  auch  andere  deutsche  Länder  mehr  oder  minder  zahlreich 
vertreten:  Anhalt  mit  9,  Bayern  mit  5,  Bremen  mit  5,  Frankfurt  a.  M. 
mit  1,  Hamburg  mit  2,  Hannover  mit  43  (darunter  Göttingen  mit  15), 
Hessen-Darmstadt  mit  1,  Holstein  mit  2,  Kurhessen  mit  5,  Lübeck  mit 
2 ,  Mecklenburg  mit  6 ,  Nassau  mit  1  ,  Oesterreich  mit  2  *) ,  Preaszen 
mit  00,  das  Königreich  Sachsen  mit  13,  die  sächsischen  Herzogtümer 
mit  0,  Württemberg  mit  2  Namen.  Die  Schweiz  hatte  4  Teilnehmer 
gesandt,  England  3,  Frankreich  1,  Euszland  3.  Da  sich  viele  in  der 
Wissen.schaft  und  der  Schule  gefeierte  und  berühmte  Männer  eingefun- 
den hatten,  so  war  die  Anregung,  die  im  geselligen  Verkehr  empfangen 
wurde,  eine  selir  lebhafte  und  fruchtbare. 

Nachdem  in  der  vorbereitenden  Sitzung,  den  26.  September, 
die  Braunschweiger  Liedertafel  durch  Vortrag  eines  Gesangs   von   Men- 


*)  Die  österreichische  Zeitschr.  spricht  im  vor.  Jahrg.  S.  901  aus: 
'Möchten  es  bei  der  folgenden  Versammlung  die  Zeitverhältnisse  dem 
österreichischen  Lehrstande  ermöglichen,  den  lebhaften  Wunsch  der 
Teilnahme  zu  reichlicher  Verwirklichung  zu  bringen.' 


Kurze  Anzeigen  und  Aliscellen.  133 

delsuhu-Bartholdy  die  Versammlung'  begrüszt  hatte ,  hielt  der  rrUsideiit 
Director  Professor  Dr  Krüger  die  Eröffnung-srede.  Nachdem  er  für 
die  Aussetzung  der  Versammlung  im  vorigen  Jahre  entweder  um  Zu- 
stimmung oder  doch  um  entschuldigende  Nachsicht  g'ebeten  und  die 
Versammlung  in  Brauuschweig  willkommen  g-eheiszen  hatte,  gedachte  er 
der  im  letzten  Jahre  verstorbenen  bedeutenden  Mitglieder  und  Mitstifter 
des  Vereins  Fr.  Thiersch,  Fr.  Nägelsbach,  W.  Grimm  und  Alex, 
von  Humboldt  und  forderte  die  Anwesenden  auf  sich  zum  Zeiclien 
des  ehrenden  Andenkens  von  den  Sitzen  zu  erheben ,  was  allgemein  er- 
folgte. Hierauf  gab  er ,  eingedenk  seines  eigenen  Amtes  und  der  Stel- 
lungen der  Mitglieder,  der  Versammlung  eine  Betrachtung  des  Schulamts 
im  Vergleich  mit  dem  akademischen  Lehramt.  Nach  Darlegung  dessen, 
was  beide  gemein  haben,  der  wissenschaftlichen  Vorbereitung,  wurden 
hauptsächlich  die  Eigenschaften  und  Thätigkeiten  aufgeführt,  aufweiche 
der  Schulmann  dem  akademischen  Lehrer  gegenüber  verzichten  müsze 
(Weiterförderung  der  Wissenschaft  durch  litterarische  Thätigkeit) ,  dem 
aber  auch  die  eigentliche  Aufgabe  des  Schulmanns  (die  erziehende 
Thätigkeit)  und  die  daraus  für  ihn  entspringenden  Freuden  entgegen- 
gestellt. Gewis  wird  derjenige,  welcher  in  der  Schule  seinen  Lebens- 
beruf hat,  aus  dieser  Rede  klare  Einsicht  in  das  Wesen  und  Freudig- 
keit zu  seiner  Aufgabe  gewonnen,  aber  auch  die  Notwendigkeit  erkannt 
haben ,  von  den  akademischen  Lehrern  fort  und  fort  zu  lernen.  Ref. 
weisz  aus  eigener  Erfahrung,  wie  ihn  nichts  frischer  zu  seinem  Amte 
gemacht  hat,  als  der  Verkehr  mit  den  Heroen  der  Wissenschaft,  wie 
ihn  die  Philologenversammlungen  im  reichsten  Masze  darbieten. 

Unter  Vorsitz  des  Vicepräsidenten  Dir.  J.  Jeep  aus  AVolfenbüttel 
wurden  zu  Schriftführern  bestellt;  Professor  Dr  Dietsch,  Oberlehrer 
Koch  aus  Braunschweig,  Conrector  Dr  Lahmeyer,  Collaborator  Dr 
Abi  cht  und  Collaborator  Steinmetz  aus  Lüneburg:  eine  gröszere 
Zahl  als  sonst,  weil  man  die  Schriftführung  in  der  pädagogisclien  Section 
mit  ins  Auge  gefaszt  hatte. 

Nachdem  darauf  die  Mitglieder  des  herzoglichen  Staatsministeriums 
und  Consistoriums  und  einige  andere  hohe  Förderer  des  Vereins  in 
Braunschweig  als  Ehrenmitglieder  zur  Teilnahme  an  den  Verhandlungen 
eingeladen  worden  waren ,  brachte  das  Präsidium  einen  sehr  wichtigen 
Antrag  ein:  1)  eine  Commission  zu  ernennen,  welche  im  Verein  mit 
dem  Präsidium  der  jedesmaligen  Versammlung  auf  rechtzeitige  Be- 
schaffung fester  Zusagen  von  Vorträgen  und  Thesen  hinwirken  solle, 
damit  §  3  der  Statuten  zur  wirklichen  Ausführung  gebracht  werden 
könne ;  2)  eine  Verbindung  der  gröszeren  Versammlung  mit  den  be- 
stehenden kleineren  Vereinen  (z.  B.  dem  der  mittelrheinischen  Gymna- 
siallehrer, dem  zu  Oschersleben)  anzubahnen,  von  welcher  Verbindung 
die  gröszere  Versammlung  nicht  zir  verachtende  Vorlagen,  die  kleineren 
Vereine  manigfache  Anregung  erhalten  würden.  Es  wurde  nach  dem 
Wunsche  des  Präsidiums  beschlossen,  diesen  Antrag  derselben,  aus  den 
gegenwärtigen  Präsidenten  und  den  g-ewesenen  Präsidenten  und  Vice- 
präsidenten  bestehenden,  durch  Hinzuwahl  der  Herren  Regierungsratli 
Dr  Firnhaber  aus  W^iesbaden  und  Professor  Dr  Fleekeisen  aus 
Frankfurt  a.  M.  verstärkten  Commission ,  welche  über  die  Wahl  des 
nächsten  Versammlungsortes  zu  berathen  habe,  zur  Berichterstattung 
zu  überweisen.  *) 

*)  Es  ist  nicht  zu  leugnen,  dasz  das  Interesse  an  den  allgemeinen 
Sitzungen  mit  der  Zeit  einigen  Abbruch  erlitten  hat  und  den  Präsidenten 
wesentliche  Schwierigkeiten  aus  dem  Mangel  an  Vorträgen  erwachsen 
sind.  Allerdings  miisz  aber  anerkannt  werden,  dasz  den  Männern  der 
Wissenschaft,  welche   beim    Besuch    der  Versammlungen  im  freien  Ver- 


134  Kurze  Auzeigen  und  Miscellea. 

Die  am  Nachmittag  nach  Wolfenbüttel  unternommene  Palirt  war 
höchst  belehrend  und  genuszreich.  Viele  haben  gewis  zum  erstenmal 
die  reichen  Schätze  gesehen ,  welche  die  herzogliche  Bibliothek  enthält, 
und  auch  die  damit  vertrauteren  sind  gewis  mit  neuer  Freude  wieder 
an  die  Betrachtung  derselben  herangetreten.  Die  Aufstellung  war  eine 
so  zweckmäszige,  dasz  sie  den  freiesten  Ueberblick  gewährte,  und  die 
Erläuterungen,  welche  der  treffliche  Bibliothekar  Dr  Bethmann  gab, 
boten  die  reichste  Belehrung.  Möge  der  von  ihm  ausgedrückte  Wunsch, 
dasz  die  Vereinigung,  welche  von  einigen  Bibliothekverwaltungen  bereits 
getroffen  sei,  um  die  Benutzung  ihrer  Schätze  auch  auswärts  zu  er- 
leichtern und  dieselben  doch  vor  Verlusten  zu  schützen,  weitere  Ver- 
breitung finde,  in  Erfüllung  gehn.  Auch  die  Besucher  des  herzoglichen 
Archivs  fanden  durch  die  freundliche  Güte  des  Hrn  Archivrath  Schmidt 
volle  Befriedigung. 

In  der  ersten  allgemeinen  Sitzung  am  27.  September  feierte 
zuerst  Director  Dr  Eckstein  in  beredtester  Eede  das  Andenken  von 
F.r.  V.  Thiersch.  Indem  er  aus  lebendiger  persönlicher  Erinnerung 
einige  Züge  aus  dessen  Leben  einstreute,  übergieng  er  zwar  nicht  die 
groszen  Verdienste,  welche  sich  der  Verewigte  um  die  Wissenschaft  und 
die  Schule  erworben,  und  die  einfluszreiche  Stellung,  die  er  auch  sonst 
im  Leben  eingenommen ,  hob  aber  natürlich  besonders  hervor  ,  wie  von 
ihm  mit  der  Gedanke  zu  Gründung  des  Vereins  ausgegangen  sei  und  wie 
thätig  und  belebend  er  bei  den  Versammlungen  desselben  mitgewirkt 
habe.  Dem  am  Schlüsse  gestellten  Antrage ,  auf  den  Verewigten ,  wie 
bereits  auf  mehrere  verstorbene  Mitglieder  geschehen,  eine  Medaille 
prägen  zu  lassen,  trat  die  Versammlung  einstimmig  bei,  es  ist  aber 
dem  Ref.  nicht  bekannt  geworden ,  ob  und  wie  weit  derselbe  in  der 
Ausführung  gediehn  sei. 

Der  folgende  Vortrag  des  Professor  Dr  Petersen:  die  älteste  Poesie 
der  Griechen  als  gemeinsariie  Quelle  Borne?  s  und  Ilesiods,  läszt  einen  kurzen 
Auszug  nicht  zu,  da  er  eine  Anzahl  von  Thesen  oder  nach  des  Herrn 
Redners  eigenem  Ausdruck  Hypothesen  aufstellte,  die  nur  in  Verbindung 
mit  einander  und  in  Beziehung  auf  die  gemeinsame  Voraussetzung  ihre 
Probe  bestehen  können.  Wir  erwähnen  deshalb  nur,  dasz  die  Grund- 
lage von  der  Entwicklung  des  Mythos  bei  allen  indoeuropäischen  oder 
arischen  Völkern  genommen  ward.  Der  Uebergang  von  der  Naturan- 
schauung und  der  physischen  Bedeutung  der  Religion  (pelasgischer  Zeit- 
raum) zu  der  Entwicklung  des  Mythos,  wie  sie  in  der  homerischen  und 
hesiodischen  Poesie  vorliegt,  wurde  in  drei  Perioden  geteilt:  die  äoli- 
sche,  in  welcher  die  arische  Bevölkerung  Griechenlands  sich  in  viele 
Stämme  zersplitterte,  die  thrakisch-ionische,  in  welcher  die  Mythen 
der  einzelnen  Stämme  ausgetauscht  und  durch  eine  vorhomerische  Poesie 
zu    einem   Ganzen    verschmolzen  wurden    (der  Redner  stimmt   hier  mit 


kehr  Erholung  und  Anregung  suchen,  das  Halten  von  ausgedehnteren 
Vorträgen  kaum  zuzumuten  ist ,  auf  der  anderen  Seite  eine  freie  Dis- 
cussion  bei  der  tiefen  Vorbereitung,  welche  zur  Beurteilung  wichtiger 
neuer  Ansichten  notwendig  ist,  nur  in  wenigen  Fällen  stattfinden  kann. 
Die  Universitätslehrer,  welche  in  der  Wissenschaft  sich  nach  der  Höhe 
und  Tiefe  frei  bewegen,  ernten  aber  gewis  Dankbarkeit,  wenn  sie  den 
Gymnasiallehrern  durch  Vorträge  einen  Einblick  in  die  Fortschritte  und 
die  Methodik  der  Wissenschaft  gewähren,  und  geben  wir  ihnen  diese 
Dankbarkeit  zu  erkennen ,  so  wird  dies  sie  gewis  antreiben,  sich  davon 
nicht  zurückzTiziehen.  Vollkommenes  zu  verlangen  ist  unbillig,  aber 
Ref.  musz  ehrend  aussprechen  dasz  er  noch  keiner  Versammlung  bei- 
gewohnt hat,  bei  welcher  er  nicht  mehrere  ihn  wahrhaft  anregende  und 
nützliche  Vorträge  zu  hören  bekommen  habe. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscullen.  135 

E.  Curtius  Ansicht  über  die  lonier  übereiii,  obue  jedoch  die  Einwan- 
derung dieses  Stammes  aus  Kleinasien  anzunehmen)  und  die  achäische, 
in  welcher  die  Versetzung'  des  Mythos  mit  Historischem  begann  und  die 
nach  der  dorischen  Wanderung  eingetretene  hellenis*che  Zeit,  in  wel- 
cher die  Naturbedeutung  der  Mythen  völlig  dem  liewustsein  entschwun- 
den war,  vorbereitet  ward.  Ohne  auf  das  einzelne  weiter  einzugehen, 
fügen  wir  nur  hinzu,  dasz  der  Redner  die  Ausbildung  des  epischen  Dia- 
lekts und  des  Hexameters  den  thrakischen  Dichtern  zuweist  und  Ilias 
wie  Odyssee,  sowie  die  Hesiodeischen  Gedichte,  von  je  e'inem  talentvollen 
Dichter  in  der  achäischen  Periode,  also  vor  der  dorischen  Wanderung 
in  ihrer  wesentlichen  Gestalt  aus  älteren  Dichtungen  zu  Ganzen  zusam- 
mengefügt sein  Uiszt,  ohne  jedoch  spätere  Interpolationen  auszuschlieszen, 
wärend  er  die  orphische  Theogonie  als  in  Peisistratos  Zeit  durch  Onoma- 
kritos  und  seine  Collegen  in  ganz  ähnlicher  Weise  wie  jene  aus  älteren 
Dichtungen  redigiert  betrachtet.  Obgleich  der  Redner  erkannte ,  dasz 
eine  vollständige  Durchsprechung  seiner  Thesen  unmöglich  sein  werde, 
so  bezeichnete  er  doch  den  Hauptsatz ,  dasz  Poesie  und  Mythos  sich 
mit  einander  entwickelt  hätten  und  dasz  also  die  Geschichte  der  Poesie, 
wozu  die  homerische  wie  die  hesiodeische  Frage  gehöre,  nicht  ohne 
Rücksicht  auf  die  Entwicklung  des  Mythos  behandelt  werden  dürfe,  als 
wol  zu  einer  Discussion  geeignet.  Indes  erhob  sich  niemand  zum  Worte. 
Der  folgende  Vortrag,  in  welchem  Gymnasiallehrer  Dr  Kirchhoff 
aus  Altona  nachzuweisen  suchte,  dasz  die  alten  Dichter  durch  ent- 
sprechende An-  und  Auslaute  phonische  Figuren  gebildet  hätten,  wie  z.  B. 

"Eqcos  ccviKari  iicc^av, 

"EQag  6s  iv  KrTJfiaai.  TCintstg 
die  E  und  K  sich  entsprächen  oder  in  den  beiden  Choranfängen : 

IIoXXu   TU   dsivä   KOvdsV    AN  -@  QfällOV   öslvÖtsqov   Ttslsl 

T  ovto  xat  Ttoliov  nigAN  IJöviov  Xsiiisqcco  vÖtco  I 
die  ausgezeichneten  Laute  sich  respondierten  (denn  es  hätten  sich  auch 
überhaupt  Labialen,  Dentalen  usw.  ohne  Unterschied  des  Klanges  gedeckt), 
machte  allerdings  kein  Glück.  Er  konnte  nicht  zu  Ende  geführt  werden 
und  ward  von  Director  Dr  Lübker  aus  Parchim  und  Oberlehrer  Dr 
A.  Mommsen  ebendaher  bekämpft,  von  jenem  weil  umfänglichere  Be- 
obachtungen zur  Aufstellung  solcher  Gesetze  notwendig  seien  und  keines- 
falls sie  zu  Conjecturen  führen  dürften,  die  von  Seite  des  Sinns  keinen 
Zwang  und  keine  Empfehlung  für  sich  hätten,  von  diesem  weil  zwischen 
Anlaut  und  Auslaut  kein  Unterschied  gemacht  worden  sei  und  bei  dem 
Vorhersehen  des  N-  und  S- Lautes  in  den  griechischen  Endungen  z.  B. 
Tov  Tijs  naiSog  ddsXcpöv    zu  einer  phonischen  Figur  N  22  N  gemacht 

werden  könne.  Es  suchte  Kirch  hoff  seine  Ansicht  gegen  die  Ein- 
wendung beider  Herren  zu  vertheidigen;  doch  ergriflf  niemand  weiter 
das  Wort.  Je  weniger  die  Ansichten  des  Redners  Anklang  gefunden 
haben  und  finden  konnten,  um  so  mehr  betrachtet  es  Ref.  als  eine  Pflicht 
auszusprechen ,  dasz  derselbe  ihm  so  wie  manchem  anderen  im  Privat- 
verkehr als  ein  von  redlichem  und  ernstem  Eifer  beseelter,  Belehrungen 
zugänglicher  Mann  erschienen  ist. 

Da  die  Zeit  zu  weit  vorgerückt  war  und  sich  das  Auditorium  ziem- 
lich entleert  hatte,  auch  Hofrath  Professor  Dr  Urlichs  erklärte,  dasz 
er  seinen  beabsichtigten  Vortrag  lieber  am  folgenden  Tage  halten  wolle, 
so  wurde  die  Sitzung  geschlossen. 

Inder  zweiten  allgemein  en  Sit  zung  am  28.  September  führte 
der  Vicepräsident  den  Vorsitz  und  teilte  mit ,  dasz  der  treue  Förderer 
des  Vereins,  der  nie,  auch  wenn  er  an  persönlichem  Erscheinen  ver- 
hindert war ,  sein  Andenken  zu  bezeugen  unterlassen ,  Geh.  Rath  Prof. 
Dr  Ed.  Gerhard  in  Berlin  durch  Uebersendung  der  zweiten  Abteilung 


136  Kurze  Aiizeii^e»  und  Miscellen 


&'■ 


seiner  Abliaudluug  über  die  Melallspiegel  der  Etrusker  die  Versaraiulung 
geehrt  habe.  Auszerdem  war  eingegangen:  Sack:  Geschichte  der  Schulen 
zu  Braunsckweig,  le  Abteihmg.  Beide  Bücher  wurden  dem  Gebranch 
gemäsz  der  Bibliothek  des  Ortes  (der  des  herzoglichen  Obergymnasiums) 
überlassen. 

Professor  Dr  E.  Curtius  machte  auf  den  beklagenswerthen  Um- 
stand aufmerksam,  dasz  die  Sammlung  der  kleinen  Schriften  K.  O. 
Müllers  noch  nicht  vollendet  sei  und  dem  Erscheinen  des  dritten  Teils 
sich  Hindernisse  entgegenstellten;  es  sei  dies  eine  Saclie  wie  der  Wissen- 
schaft so  der  Pietät,  da  O.  Müller  selbst  im  Sterben  den  Wunsch, 
dasz  seine  kleinen  Schriften  gesammelt  und  herausgegeben  werden  möch- 
ten, ausgesprochen  habe.  Seinem  Antrage,  dem  Verleger  den  dringenden 
Wunsch  nach  Erscheinen  des  dritten  Teils  auszusprechen  und  eine  neue 
Subscription  zu  eröffnen,  entsprach  die  Versammlung  auf  das  bereit- 
willigste. 

Im  Namen  der  Commission   schlug   darauf  Direetor  Dr  Eckstein 
Frankfurt    a.  M.   zum  nächsten  Versammlungsort  und  die  Herren  Di- 
reetor   Dr   Classen  und    Professor    Dr   Fleckeisen    zu   Vorsitzenden 
vor:   ein  Antrag  der  allgemeine  Annahme  fand.     Fleckeisen    erklärte 
nicht  nur  in  seinem  und   seines  Collegen  Direetor  Dr  Classen  Namen 
die  Bereitwilligkeit   zur  Annahme    der  Wahl,    sondern  auch,    wie  er  die 
Versicherung  gebe,    dasz   die  Versammlung  in  Frankfurt  werde  herzlich 
willkommen  geheiszen  werden.    Ueber  den  Wunsch  der  B.  Gr.  Teubner- 
schen  Buchhandlung  in  Leipzig,  den  Verlag  der  Verhandlungen  für  immer 
zu  übernehmen,  hatte  die  Commission  einen  Antrag  nicht  stellen  zu  dür- 
fen geglaubt,    um  nicht    die  Präsidenten    der  folgenden  Versammlungen 
zu  binden.     Erwägt   man,    welche    Schwierigkeiten   der   Absatz    für   die 
einzelnen  Buchhandlungen  dadurch   gehabt,    dasz    kaum    zu  finden  war, 
wo   der  Wunsch  etwas    nachzulesen    seine  Befriedigung   erhalten   könne, 
und  bedenkt  man  den  Vorteil,  der  daraus  entstehen  wird,  wenn  die  Ver- 
handlungen aller  Versammlungen  als  ein  zusammenhangendes  Werk  da- 
stehen, so  ist  Ref.  überzeugt,  dasz  die  künftigen  Präsideuten  das  Aner- 
bieten   der   B.    G.    Teubn  ersehen   Buchhandlung,     das    nach    den    ge- 
machten Erfahrungen  in  der  That  nicht  als  aus  der  Absicht  auf  Gewinn 
hervorgegangen  angesehen  werden  kann,    aus  freien  Stücken   annehmen 
werden.     In   Betreff  des    dritten   Punktes,    welcher  der  Commission  zur 
Berathung  zugewiesen    war,   schlug    dieselbe  vor:    eine  Verbindung  mit 
den  kleineren  und   engeren  Vereinen  als  einen  Eingriff  in  deren  Rechte 
auf  sich  beruhen  zu  lassen,  dagegen  versuchsweise  aus  den  verschiedeneu 
Gegenden  Deutschlands  Männer  zu  erwählen,  mit  denen  sich  das  Präsi- 
dium   in  Verbindung   setzen   könne   und    die    für   Beschaffung    von   Vor- 
trägen in  ihren  Kreisen  thätig    sein  würden.     Die  Versammlung  geneh- 
migte eben  so  diesen  Antrag,  wie  die  Wahl  der  Professoren  Dr  Bonitz 
in  Wien,    Dr  Haase    in  Breslau,    Dr  Hertz  in  Greifswalde,    Ilofrath 
Dr  Döderlein  in  Erlangen,  Dr  Ger  lach  in  Basel  und  aus  dem  Kreise 
der   Schulmänner    Direetor    Dr    Eckstein    in    Halle    und   Ephorus    Dr 
Bäumlein  in  Maulbronn. 

Der  Vortrag  des  Direetor  Dr  Rein  aus  Crefeld  machte  in  anschau- 
lichster Weise  Mitteilungen  über  den  Fund  römischer  Phaleren  am  Rhein, 
der  die  erst  in  neuerer  Zeit  aufgestellten  richtigen  Ansichten  über  die 
Beschaffenheit  dieser  römischen  Älilitärorden  aufs  glänzendste  bestätigte 
'nnd  ergänzte.  Die  im  Geschäftszimmer  vorgelegten  Reste  und  Nach- 
bildungen der  gefundenen  Gegenstände  erregten  viel  Interesse  und  allge- 
mein war  man  dem  Redner  für  die  erhaltene  Belehrung-  dankbar. 

Ausgezeichnet  durch  Klarheit  war  ferner  der  Vortrag  des  Hofrath 
Professor  Dr  Urlichs  über  das  Nereidcninonwnent  von  Xanllios.  Ueber- 
raschend   war   das  Resultat   der  Untersuchung,    indem   der  Redner   eine 


Kurze  Anzeigen  und  Jliscellen.  J37 

Stelle  des  Theopomps  (XII  Buch  am  Ende)  nachwies,  welche  als  völlig 
im  Monument  bildlich  ausgedrückt  erscheint.  Interessant  waren  auch 
die  Mitteilungen,  welche  Staatsrath  Professor  Dr  Mercklin,  eben  von 
London  kommend,  aus  frischer  Anschauung  über  die  Aufstellung,  Be- 
schatfeuheit  und  die  vei-schiedenen  Perioden  des  Kunststils  an  dem  Mo- 
nument gilb. 

Zu  einer  längeren  Debatte  gab  der  Vortrag  des  Bibliothekar  Dr 
Bethmann  aus  Wolfenbüttel  Veranlassung.  Indem  derselbe  aus  dem 
reichen  Schatz  seiner  Kenntnis  darlegte,  wie  im  Mittelalter  in  noch 
höherem  Masze,  als  die  lateinische  Schrift,  die  griechische  ganz  vou 
ihrem  ursprünglichen  Charakter  abgekommen,  dann  den  allerdings  für 
viele  paradox  klingenden  Satz ,  dasz  wenn  die  Buchdruckerkunst  nicht 
erfunden  worden  wäre,  die  Men.schheit  das  Sclireiben  verlernt  haben 
würde,  überzeugend  bewies,  hierauf  aber  auch  die  bis  jetzt  gebrauchten 
Typen  als  dem  Geschmack  der  letzten  Jahrhunderte,  nicht  den  ursprüng- 
lichen Buchstaben,  wie  sie  sich  auf  Inschriften  und  in  Codicibus  ünden, 
entsprechend  gebildet  bezeichnete,  beantragte  er:  die  Versammlung  .solle 

1)  erklären,  dasz  die  griechischen  Typen  einer  Verbesserung  bedürften, 

2)  der  Teubner sehen  Buchdruckerei  den  Dank  für  den  gemachten 
Versuch  ausdrücken,  3)  die  Sache  zur  weiteren  Erörterung  in  Zeit- 
schriften, namentlich  den  Jahnschen  Jahrbüchern,  bringen.  Bei  der 
sich  erhebenden  Debatte  teilte  Professor  Dr  Fl  eck  eisen  mit,  dasz 
die  Typen  von  A.  Nauck  (jetzt  in  Petersburg)  entworfen,  vom  Geh. 
Rath  Ritschi  begutachtet  und  der  Schnitt  von  ihm  selbst  beaufsichtigt 
worden  sei.  Gegen  die  Schriftprobe  selbst  wurde  keine  Einwendung 
weiter  erhoben,  als  dasz  dieselbe  zu  fein  und  schlank  und  deshalb  avoI 
nicht  für  alle  Augen  zuträglich  sei.  Die  Versammlung  erkannte  an, 
dasz  die  Sache  einer  gründlichen  technischen  Erörterung  bedürfe  und 
sprach  demnach  nur  den  Wunsch  aus,  dasz  dieselbe  in  den  Jahnschen 
Jahrbüchern  erfolgen  mö^e.  AVenn  man  auch  nicht  verkennen  wird, 
dasz  die  möglichste  Wiederherstelhuifr  der  ursprünglichen,  griechischen 
Schrift  eine  Forderung  des  historischen  Sinnes  ist ,  so  weisz  Referent 
doch  gewis ,  dasz  die  Gewohnheit  dem  allmählichen  Sichbahnbrechen 
der  Neuerung  entschiedenen  Widerstand  entgegensetzen,  aber  auch  eben 
so,  dasz  man  sich,  wenn  die  Sclirift  ins  Leben  eingeführt  wird,  der  vol- 
lendeten Thatsache  allmählich  fügen  wird.  Der  Angelpunkt  dabei  wird 
seiner  Ueberzeugung  nach  die  Einführung  in  die  Schulbücher  sein  und 
deshalb  emptiehlt  er  hier  die  Frage  einer  grüudhchen,  vorurteilslosen 
Erörterung,  ob  eine  Erleichterung  des  Lesenlernens  durch  die  neue  Schrift 
vermittelt  werde  ,  i^nd  glaubt  dasz  man  dieselbe  mit  Ja  beantworten 
werde,  da  die  Schrift  weniger  Zeichen  und  dieselben  schärfer  unterschie- 
den gibt,  als  die  bisher  gebrauchten  Schnörkel. 

Der  Vortrag  des  Director  Dr  Lübker  aus  Parchim  über  die  charak- 
teristischen Unterschiede  des  Euripides  vom  Sophokles  ,  in  welchem  beson- 
ders die  religiösen  Anschauungen  Erörterung  fanden ,  rief  keine  Debatte 
hervor.  Die  Zeit  war  indes  so  weit  vorgeschritten,  dasz  zu  allgemeinem 
Bedauern  der  angekündigte  Vortrag  des  Professor  Dr  Westphal  aus 
Breslau  über  die  Interpolatio?ien  in  Aeschylos  Agamemnon  nicht  mehr  ge- 
halten werden  konnte.  Wie  Ref.  vernimmt,  hat  Professor  Westphal 
denselben  vor  einem  engeren  Kreise  von  Freunden  privatim  noch  gehalten. 

In  der  dritten  allge  m  e  inen  Sitzung  an  demselben  Tage  Nach- 
mittags 5- Uhr,  der  auch  viele  Damen  anwohnten,  las  Director  Graven- 
horst  aus  Bremen  seine  deutsche  Bearbeitung  von  Sophokles  König  Oedi- 
pus  vor  und  emptieng  den  anerkennendsten  Dank.  Nachdem  der  Vice- 
präsident  Director  Jeep  herzliche  Abschiedsworte  an  die  Versammlung 
gerichtet  und  dieselben  Professor  Dr  Haase  aus  Breslau  in  eben  so 
herzlicher  Weise    erwiedert   hatte,    trennte   sich    die  Versammlung,    ura 


138  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

noch  am  nächsten  Tage  eine  gemeinsame  Fahrt  nach  Harzburg  zii 
unternehmen,  zu  welcher  das  herzogliche  Staatsministeriura  mit  hoher 
Liberalität  die  Eisenbahntransportmittel  zur  Verfügung  gestellt  hatte. 

Wir  wenden  uns  zu  den  Verhandlungen  der  pädagogischen  Section, 
welche  eine  Teilnahme  fanden  wie  fast  noch  nie,  und  von  einem  gei- 
stigen Leben  erfüllt  waren,  das  in  den  meisten  gewis  die  Ueberzeugung 
von  der  Dauerhaftigkeit  dieses  Teils  der  Versammlungen  fest  begründete. 

In  der  vorbereitenden  Sitzung  am  26.  September  wurde 
zum  Präsidenten  Professor  Dr  Assmann  aus  Braunschweig  erwählt  und 
nahm  dies  Amt,  indem  er  sich  Ephorus  Dr  Bäumlein  aus  Maulbronn 
zum  Vicepräsidenten  erbat,  mit  Dank  an.  Die  Secretäre  der  allgemei- 
nen Versammlung  übernahmen  auch  hier  das  Schriftführeramt.  Zu  den 
bereits  gedruckt  vorliegenden  Thesen: 

I   Thesen,  aufgestellt  von  Professor  Dietsch  in  Grimma. 

I. 

1)  Der  Geschichtsunterricht  des  Gymnasiums  kann  nur  dann  befriedi- 
gende Resultate  gewähren,  wenn  er  sich  dem  Wesen  des  Ganzen 
möglichst  vollständig   einordnet  und  sich  darnach  gestaltet. 

2)  Er  hat  sein  Ziel  nicht  sowol  in  einem  ausgebreiteten  Wissen,  als  in 
Weckung  des  Sinns  und  Uebung  des  Geistes  für  Auffassung  geschicht- 
licher Thatsachen  zu  suchen  und  auf  das,  was  sich  der  Schüler  selbst 
erarbeitet,  einen  hohem  Werth  zu  legen,  als  auf  das  blos  gedächtnis- 
mäszig  aufgenommene. 

3)  Sind  die  sicher  stehenden  Resultate  der  historischen  Forschung  natür- 
lich von  ihm  nicht  auszuschlieszen ,  so  hat  er  doch  vorzugsweise 
seine  Aufgabe  in  der  Kenntnis  des  überlieferten  zu  suchen ,  um  so 
mehr  als  ohne  diese  das  wissenschaftliche  Studium ,  auf  welches  das 
Gymnasium  vorzubereiten  hat,  der  Grundlage  ermangelt. 

4)  Er  hat  a)  nicht  Universalgeschichte,  sondern  die  Geschichte  der  drei 
Hauptvölker:  Griechen,  Römer  und  Deutsche  zu  lehren,  wobei  natür- 
lich die  in  ihnen  enthaltenen  oder  zu  ihnen  in  Beziehung  stehenden 
universalgeschichtlichen  Momente  nicht  übergangen  werden  dürfen 
und  können; 

b)  nicht  Culturgeschichte,  wol  aber  eine  Heraushebung  und  Zu- 
sammenfassung der  aus  dem  eigenen  den  Litteraturen  zugewandten 
Studium   des   Schülers    zu   gewinnenden  Anschauungen  zu  bieten; 

~c)  zur  denkenden  Betrachtung,  namentlich  des  in  den  Thatsachen 
und  Handlungen  objectiv  erkennbar  gegebenen  Zusammenhangs  und 
der  daraus  hervorspringenden  allgemeinen  Wahrheiten  anzuleiten, 
wodurch  die  religiöse  und  sittliche  Bildung,  zu  welcher  der  Geschichts- 
unterricht vorzugsweise  mitzuwirken  hat ,  einen  sicherern  Grund  ge- 
winnt als  durch  Vorträge. 

5)  Auf  der  obersten  Stufe  hat  der  Geschichtsunterricht  vorzugsweise  die 
alte  Geschichte  zum  Gegenstande  zu  nehmen.  Eine  wünschenswerthe 
vertiefende  und  erweiternde  Repetition  der  mittleren  und  neueren 
Geschichte  wird  dadurch  nicht  ausgeschlossen. 

6)  Auf  dieser  Stufe  hat  der  Unterricht  a)  das  von  dem  Schüler  bereits 
in  den  alten  Geschichtschreibern  gelesene  zu  befestigen  und  zusam- 
menzuordnen , 

b)  durch  Aufweisung  von  Gesichtspunkten  zu  fernerer  Leetüre 
anzuregen  und  vorzubereiten , 

c)  aus  bezeichneten  Quellen  selbstthätige  Aneignung  zu  fordern. 
(Wie  weit  dies  mit  der  deutschen  Litteratur  möglich,  ergibt  sich  von 
selbst.) 

Aber  auch  schon  auf  der  mittleren  Stufe  sind  die  Schüler  sowol 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  139 

beim  Unterricht  als  insbesondere  bei  den  früher  gehabte  Abschnitte 
umfassenden  Repetitionen  anzuhalten, 

a)  das  bei  ihrer  Lectüre  gewonnene  in  ihre  geschichtlichen  Kennt- 
nisse einzuordnen  und 

b)  sich  durch  Lectüre   genauere  Kenntnis  wichtiger  Personen  und 
Begebenheiten  zu  verschaffen. 

IL 
Es  dürfte  fruchtbar  sein  von  wissenschaftlichem  und  pädagogischem 
Standpunkte  aus  die  Frage  zu  erörtern,  wie  viel  und  was  die  lateinische 
Schulgramniatik   von   den  Resultaten  der  Sprachforschung   aufzunehmen 
habe. 

IIL 
Interesse  erregend  würde  eine  Aussprache  und  Mitteilungen  darüber 
sein,  was  die  Gymnasien  von  einem  Schulgesetze  erwarten  und  was  sie 
nicht  wünschen  können. 

wurden  noch  folgende  gestellt: 

II  Thesen. 

I.  Kühnast:  Wenn  man  dem  lateinischen  Sprachunterricht  im  Gym- 
nasium als  Hauptzweck  die  formale  Bildung  der  Schüler  zuweist, 
so  ist  damit  der  Anspruch  auf  Bevorzugung ,  den  er  hat,  dem  Grie- 
chischen gegenüber  nicht  gerechtfertigt,  und  selbst  dem  Französi- 
schen gegenüber  nicht  stark  genug  begründet,  denselben  Haupt- 
zweck und  eine  nicht  minder  gründliche  Behandlung  der  letztge- 
nannten Sprachen  vorausgesetzt. 

Der  Ausdruck  ^formale  Bildung'  ist  hier  in  dem  Sinne  genommen, 
in  welchem   er  nach   dem  Vorgange   von   Fr.  Thiersch    gewöhnlich 
gebraucht  wird. 
IL  Rehdantz:  Das  laute  Lesen  und  Recitieren  der  Klassiker. 

III.  Ostermann:  Die  lateinischen  Vocabularien  für  die  unteren  Klas- 
sen der  Gymnasien  müszen  in  engster  Verbindung  stehn  mit  ent- 
sprechenden Uebungsbüchern  und  müszen  ihr  Material  den  Autoren 
entnehmen,  welche  von  den  meisten  Gymnasien  in  der  Quarta  und 
Tertia  gelesen  werden,  dem  Cornelius  Nepos  und  Julius  Cäsar. 

IV.  Lechner:  1.  Unterricht  im  Turnen  sollen  wirkliche  Gymnasialleh- 
rer erteilen. 

2.  Studierenden  der  Philologie  und  Schulamtscandidaten  soll  Ge- 
legenheit geboten  werden,  sich  für  denselben  die  nötige  Vorbildung 
zu  erwerben. 

3.  Die  Methode  soll  die  von  Adolf  Spiesz  begründete  sein. 

4.  Als  Ziel  des  Unterrichts  soll  wie  bei  den  humanistischen  Stu- 
dien zunächst  allgemeine  formale  Bildung  gelten. 

5.  Zur  Teilnahme  sollen  alle  Schüler  verpflichtet  sein,  welche 
nicht  durch  Gebrechen  oder  Krankheiten  abgehalten  sind. 

V.   Assraann:  Es  ist  die  Ueberzeugung  auszusprechen: 

dasz    unsere   Jugend    nur   durch  rationelle  Turnübungen   zu    einem 

kräftigen  Geschlechte  herangebildet  werden  könne, 
und  dasz  eines  der   notwendigsten  Mittel  für  diesen  Zweck  die  Er- 
richtung von  Turnhäusern  sei. 
VI.  Lattmann:    1.  Die  Einheitlichkeit   des  Gymnasium   beruht   haupt- 
sächlich auf  einer  gleichartigen  Ausbildung  des  Lehrerstandes. 

2.  Es  ist  zunächst  zu  wünschen,  dasz  alle  (studierten)  Gymna- 
siallehrer eine  gleichartige  humane  Grundbildung  durch  ihre  aka- 
demischen Studien  gewinnen  und  dasz  erst  zu  dieser  Grundlage  ihrer 
Ausbildung  das  besondere  Fachstudium  (Mathematik  und  Naturwis- 
senschaften, neuere  Sprachen,  Theologie,  gelehrte  Philologie)  hinzu- 
gefügt werde. 


140  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

3.  Es  ist  zu  wünschen,  dasz  die  philologischen  Universitätslehrer 
einen  groszen  Teil  ihres  Unterrichts  so  gestalten,  dasz  er  den  allge- 
meinen humanistischen  Studien  dient,  und  dasz  gleichfalls  die  akade- 
mischen Lehrer  der   Philologie ,  Theologie    und    Naturwissenschaften 
durch  einen    entsprechenden,    insbesondere  für  die  Bildung  des  Leh- 
rerstandes berechneten  Unterricht  Gelegenheit   bieten,   jene   humani- 
stische   Grundlage    zu   einer   allgemeineren   humanen   Bildung  zu  er- 
weitern. 
Die  Versammlung  beschlosz    die  neu  angemeldeten  Thesen  drucken 
zu  lassen  und  in  der  nächsten  Sitzung  über  die  Reihenfolge  der  Debatte 
Beschlusz  zu  fassen. 

In  der  ersten  Sitzung  (27.  Septbr  Morgens  8  Uhr)  erklärte  der 
Präsident,  Prof.  Dr  Assmann,  wie  er  auf  die  so  zahlreiche  Teilnahme 
der  deutschen  Philologen  und  Schulmänner  die  Ueberzeugung  gründe, 
die  Versammlung  werde  mit  ihm  darin  übereinstimmen,  dasz  als  Ergeb- 
nis der  ^'erhandlungeu  eine  echte  deutsche  That,  welche  die  Liebe 
und  das  Interesse  zum  deutscheja  Vater  lau  de  bekunde,  zu  erzielen 
sei;  deshalb  schlage  er  vor  dasz  zunächst  die  Fragen,  welche  sich  auf 
das  Volk  und  seine  Kräftigung  beziehen,  in  den  Vordergrund  gestellt 
würden  und  demnach  die  Keilienfolge  eintrete:  II  4  in  Verbindung  mit 
5;  II  2;  11;  II  1;  II  3;  II  ü.  Die  Maiorität  der  Versammlung  stimmte 
dafür,  so  wie  sie  auch  genehmigte,  dasz  die  Assmannschen  Thesen  als 
die  allgemeineren  zunächst  zur  Verhandlung  gestellt  würden. 

As s mann  hoffte  dasz  der  erste  Teil  seiner  These  keine  Debatte 
erfordern  werde,  da  gewis  die  ganze  Versammlung  mit  dem  Inhalt  des- 
selben einverstanden  sei;  indes  die  laute  Aussprache  dieser  Zustimmung 
werde  in  weiteren  Kreisen ,  namentlich  auch  bei  den  Schulbehorden,  an- 
regend, ja  begeisternd  wirken :  was  rationeller  Turnunterricht  sei,  werde 
Dr  med.  Frank  erörtern.  Für  den  zweiten  Teil,  die  Errichtung  von 
Turnhäusern,  sjDreche  das  Bedürfnis,  da  z.  B.  im  letzten  Sommer  wegen 
des  Wetters,  wie  aus  providentieller  Fügung,  über  die  Hälfte  der  Turn- 
tage ausgefallen  sei;  seien  übrigens  erst  solche  Häuser  da,  so  würden 
die  Behörden  auch  leichter  die  Mittel  zum  Turnunterricht  bewilligen; 
ohne  jene  aber  werde  das  Turnen  überhaupt  des  Haltes  ermangeln. 

Die  medicinischen  Erfahrungen  und  Beobachtungen,  mit  denen  Dr 
med.  Frank  (Director  einer  orthojiädischen  Anstalt)  die  Notwendigkeit 
einer  gröszeren  Beachtung  der  leiblichen  Ausbildung  der  Jugend  begrün- 
dete ,  und  die  Hinweisungen  auf  das  Beispiel  der  Griechen  können  wir 
hier  wol  übergehen,  nicht  als  ob  sie  nicht  belehrend  und  ansprechend 
gewesen  wären,  sondern  weil  sie  schon  oft  in  dieser  Zeitschrift  erörtert 
sind.  Eücksichtlich  des  rationellen  Turnunterrichts  erklärte  derselbe 
sich  dahin,  dasz  zwar  die  beiden  Systeme,  das  schwedische  von 
Ling  und  das  Spieszsche  noch  in  einer  feindlichen  Polemik  gegen- 
einander stünden,  dasz  aber  eine  Verschmelzung  beider  nicht  nur  mög- 
lich, sondern  schon  vielfach  angebahnt  sei;  auch  empfahl  er  die  Schre- 
b  ersehe  Zimmergymnastik,  da  die  darin  angegebenen  Uebungen  von 
jedem  Lehrer  leicht  geleitet  und  beaufsichtigt  werden  könnten. 

Nachdem  Ephorus  Bäumlein  beantragt,  ohne  Discussion  die  Zu- 
stimmung zu  dem  allgemeinen  Teil  der  Thesis  auszusprechen  und  Stu- 
dienlehrer Lechner  die  Ausschlieszung  der  Frage  über  das  Turnen  der 
weiblichen  Jugend,  die  er  allerdings  bejahe,  aber  für  hier  zur  Debatte 
nicht  geeignet  halte,  befürwortet  hatte,  erklärte  sich  Reg.-Rath  Dr  Firu- 
haber  aus  Wiesbaden  gerade  gegen  den  Bäumleinschen  Antrag,  da  es 
eich  nicht  darum  handle,  eine  Ueberzeugung  zu  wecken,  vielmehr  nur 
darum,  wie  die  Mittel  und  Wege  zur  Verwirklichung  dieser  Ueberzeu- 
gung zu  finden  und  zu  beschaffen  seien.  Conr.  Hasper  aus  Mülhausen 
gibt  aber  einen  Anstosz  an  dem  Wortlaute   der  These  zu  erkennen,  da 


Kurzo  Anzeichen  und  Miscellen.  141 


'o 


(las  nur  die  Anssclilieszung  nndcrer  Dinge  zu  enthalten  scheine;  fü 
ein  so  vortreffliches  Mittel  er  das  Turnen  zur  Kräftigung  des  Geschlech- 
tes halte,  so  könne  er  es  doch  nicht  als  das  einzige  gelten  lassen;  das 
Wort  Gottes  sei  vor  allem  dazu  nötig,  worauf  Assmann  erklärt,  wie 
es  ihm  nicht  in  den  Sinn  gekommen  durch  jenes  nur  das  andere  Prin- 
cip  ausschlieszen  zu  wollen.  Nachdem  Consistorialrath  Hirsche  aus 
Braunschweig  in  begeisterter  Rede,  weil  es  sich  nicht  um  eine  kleine, 
sondern  um  eine  grosze  That  für  das  deutsche  Volk  handle ,  die  Mäd- 
chen, die  ja  auch  zum  deutschen  Volke  gehörten,  nicht  auszuschlieszeii 
angerathen  und  ferner  den  Antrag  begründet  halte:  es  ist  Sache  des 
Staats  aus  eignen  Mitteln  für  die  Errichtung  von  Turnanstalten  zu  sor- 
gen, bemerkte  der  Vicepräsident  der  allgemeinen  Versammlung  Director 
Jeep,  man  scheine  ihm  in  der  Phrase  zu  stecken;  um  herauszukommen 
empfehle  er  die  Befolgung  des  Bäumleinschen  Antrags.  Noch  bemerkte 
Realschuldirector  Dr  Hüser  gegen  Hasper,  dasz  das  nur  natürlich 
nichts  anderes  bedeute,  als  nicht  ohne  und  veranlaszte  dadurch  den 
Präsidenten  Assmann  seiner  These  folg'ende  veränderte  Fassung  zu 
geben:  'Es  ist  die  Ueberzeugung  der  Versammlung,  dasz  unsere  Jugend 
nicht  ohne  rationelle  Turnübungen  zu  einem  kräftigen  Geschlechte  her- 
angebildet werden  könne',  in  welcher  dieselbe  darauf  einstimmige  An- 
nahme fand. 

Die  Besprechung  wandte  sich  nun  den  Lechner  sehen  Thesen  zu 
(II  4)  und  Lechner  motivierte,  nachdem  er  seine  Absicht  als  da- 
hin gehend  bezeichnet  hatte:  Besprechungen  über  die  rechte  Art  und 
Weise  des  Turnunterrichts  anzuregen ,  was  die  That  sei  deren  es  für 
das  deutsche  Volk  bedürfe ,  seinen  ersten  Satz  damit,  dasz  es  ihm  nicht 
in  den  Sinn  komme,  die  bisherigen  Turnlehrer  von  Profession,  verab- 
schiedete Kori^orale  usw,  herabzusetzen  ;  zum  Teil  seien  sie  recht  ach- 
tungswerthe  Leute;  aber  es  sei  gewis,  dasz  dem  Lehrer,  den  die  Schüler 
schon  durch  anderen  wissenschaftlichen  Unterricht  achten  und  lieben 
gelernt,  ein  tieferer  Eespect  bei  dem  Turnen  zur  Seite  stehen  werde; 
man  habe  dies  an  manchen  Orten  dadurch  öffentlich  anerkannt ,  dasz 
man  dem  Turnlehrer  noch  einigen  Unterricht  in  den  Realfächern  anver- 
traut habe;  übrigens  könne  der  Gymnasiallehrer,  wenn  er  den  Turnun- 
terricht erteile,  für  seine  erzieherische  Thätigkeit  und  seinen  wissen- 
schaftlichen Unterricht  nur  gewinnen,  für  jene,  weil  sich  auf  dem 
Turnplatze  der  ganze  Charakter  des  Schülers  ihm  oft  besser  und  klarer 
oft'enbare,  wie  in  der  Lehrstunde,  für  diesen,  weil  er  seine  Methode 
vielmehr  den  Charakterbedürfnissen  der  Schüler  anpassen  werde;  er 
habe  an  sich  selbst  diese  Erfahrung  gemacht  und  sie  sei  ihm  von  vielen 
Seiten  bestätigt  worden.  Einem  Vorschlage  von  Bäumlein  in  Rück- 
sicht auf  die  Schwierigkeit  der  Durch-  und  Ausführung  einzuschieben 
'wenn  möglich'  wird  von  Eckstein  entgegnet,  dasz  'soll'  die 
Bedeutung  des  Optativ  mit  av  habe.  Auf  die  Anfrage  von  Firnhaber, 
ob  mit  dem  Ausdrucke  'wirkliche  Gymnasiallehrer'  gemeint  sei 
'durch  Turnlehrer  mit  dem  Range  von  Gymnasiallehrern' 
oder  'dasz  jeder  Gymnasiallehrer  seine  Fähigkeit  zum  Turnunterricht 
erweisen  solle',  welche  Anfrage  mit  der  Bemerkung  verbunden  war:  als 
eiste  Grundbedingung  zum  Gedeihen  der  Turnsache  erscheine  ihm,  dasz 
der  Turnunterricht  obligatorisch  sei  und  in  die  gewöhnliche  Unterrichts- 
zeit aufgenommen  werde,  erörtert  Le ebner:  sein  Ausdruck  solle  nur 
bedeuten,  wie  wünschenswerth  es  sei,  dasz  der  Turnlehrer  wirklich 
zum  Lehrercollegium  gehöre  und  auch  noch  anderen  Unterricht  erteile, 
nicht  wie  oft  bisher  ein  Korporal  oder  Unteroffizier  sei.  Er  habe  vor- 
züglich sein  Vaterland  Bayern  vor  Augen  gehabt,  wo  die  Directoren 
klagten,  dasz  sie  unter  den  sonst  körperlich  kräftigen  und  rüstigen  jün- 
geren Lehrern  keine  Bereitwilligkeit  und  Fähigkeit  zur  Uebernahme  von 


142  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Turnunterricht  fanden;  er  glaube,  es  werde  für  das  jüngere  Gymriasial- 
lebrer-Geschlecht  eine  Aufmunterung  dazu  sein,  wenn  die  Versammlung 
ihre  Uebereinstimmung  mit  seinem  Antrage  ausspreche.  Dies  erfolgte 
darauf  einstimmig. 

Zur  Motivierung  seines  zweiten  Satzes  stellte  Lechner  vor,  wie 
schädlich  gerade  bei  dem  Turnunterrichte  die  mangelnde  Vorbildung  sei, 
da  ein  Fehlgriff  auf  das  ganze  leibliche  Wohlergehen  eines  Menschen 
nachteiligen  Einflusz  ausüben  könne.  Von  der  Vorbildung  verlangte  er 
nicht,  dasz  der  Turnlehrer  ein  Turnkünstler  sein  solle,  der  jede  Uebung 
selbst  mit  der  gröszten  Vollkommenheit  auszuführen  im  Stande  sei,  aber 
verstehen  müsze  er  sie  gründlich,  wozu  Bekanntschaft  mit  der  Anatomie 
und  Physiologie  und  Kenntnis  der  Geschichte  des  Turnwesens  und  sei- 
ner Methodik  gehöre.  Er  erkannte  auf  das  vollständigste  die  vortreff- 
lichen Einrichtungen  der  Turnlehrerbildungsanstalten  in  Berlin  und  Dres- 
den, nach  deren  Muster  jetzt  auch  Würtemberg  eine  solche  einrichte, 
an,  wies  aber  auf  die  Schwierigkeiten  hin  :  wie  der  Studierende  und  der 
angehende  Lehrer  ohne  nachteilige  Unterbrechung  seiner  wissenschaft- 
lichen Studien  die  Zeit  finden  solle,  um  einen  vollständigen  Cursus  an 
einer  solchen  Anstalt  durchzumachen.  Um  seine  Ansicht  darüber  zu 
begründen,  wie  ohne  Benachteiligung  der  wissenschaftlichen  Studien 
und  mit  geringen  Mitteln  etwas  geschehen  könne,  damit  auf  den  Univer- 
sitäten die  Möglichkeit  vorbereitet  würde ,  dasz  Turnlehrer  unter  den 
wirklichen  Gymnasiallehrern  sich  finden  lieszen,  führte  er  das  Beispiel 
von  Erlangen  an ,  wo  in  Verbindung  mit  dem  philologischen  Seminar 
und  unter  Aufsicht  von  dessen  Vorstand,  dem  Hofrath  Prof.  Dr  Dö- 
derlein ,  ein  Turncursus  bestehe.  Während  des  Wintersemesters  halte 
der  Prosector  Vorlesungen  über  das  allgemeine  der  Physiologie  und 
Anatomie  in  ihrer  Anwendung  auf  das  Tunren  unter  Rücksichtnahme 
auf  die  verschiedenen  Altersklassen  der  Menschen,  er  selbst  über  die 
Geschichte  des  Turnwesens  von-  den  Zeiten  des  klassischen  Altertums 
an;  im  Sommer  würden  praktische  Uebungen  vorgenommen;  die  Teil- 
nahme der  Studierenden  sei  eine  ganz  freiwillige,  aber  doch  eine  nicht 
unerfreuliche.  Obgleich  auf  die  Frage  des  Präsidenten,  ob  der  Sinn 
sein  solle:  'vom  Staate  müsze  Gelegenheit  geboten  werden'. 
Lechner  erwiederte,  er  habe  absichtlich  die  allgemeinste  Fassung  ge- 
wählt, weil  in  verschiedenen  Ländern  die  Verhältnisse,  nach  denen 
doch  die  Einrichtungen  bemessen  werden  müsten,  verschieden  seien, 
trat  dennoch  Hirsche  noch  einmal  für  seinen  Antrag  auf,  dasz  der 
Staat  die  Kosten  übernehmen  müsze,  da  er  den  Nutzen  davon  ziehe  und 
die  politischen  Gefahren  des  Vaterlands  (als  er  hier  den  Hinblick  auf 
diese  als  die  Ursache  bezeichnete ,  warum  man  die  Turnthesen  vor  allen 
andern  auf  die  Tagesordnuug  gebracht  habe,  riefen  viele  Stimmen  Nein, 
Nein)  zur  Eile  drängten.  Der  Satz  zwei  der  Lechnerschen  Thesen 
wurde  übrigens  in  der  ursprünglich  ihm  gegebenen  Fassung  angenommen. 

Der  unter  3.  aufgestellte  Satz  muste  notwendig  zur  Vergleichung 
der  Lingschen  und  Spieszschen  Methode  führen,  da  zwischen  beiden 
allein  gegenwärtig  ein  Wahlstreit  besteht.  Le ebner  erkannte  in  sei- 
ner Motivierung  an,  wie  vortrefflich  die  schwedische  Methode  für  die 
Heilgymnastik  sei,  erteilte  aber  der  Spieszschen  für  den  pädagogischen 
Zweck  unbedingt  den  Vorzug  und  berief  sich  deshalb  auf  das  Urteil 
solcher,  die  nachdem  sie  von  Rothstein  in  der  Berliner  Centralturnan- 
stalt  gebildet  worden ,  dennoch  im  Schulunterrichte  unbedingt  der  Spiesz- 
schen Methode  den  Vorrang  einräumten.  Jeep  rieth  die  Frage  über 
die  beiden  gegen  einander  polemisierenden  Methoden  ganz  fallen  zu  las- 
sen ,  da  gewis  die  wenigsten  Anwesenden  darüber  ein  klares  Urteil  be- 
säszen;  Propst  Dr  Müller  aus  Magdeburg  aber  erklärte,  wie  er  glaube, 
dasz  jede  Controverse  hier  beseitigt  werden  könne,    wenn   man   einfach 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  143 

die  Ansicht  ausspreche ,  dasz  im  Unterricht  die  Spieszsche  Methode  be- 
rücksichtigt werden  nmsze;  gerade  aber  die  Bemerkung,  wie  wenige 
Gymnasiallehrer  von  den  beiden  Methoden  Kenntnis  hätten,  dränge  ihn 
2u  dem  Wunsche:  die  Versammlung  möge  aussprechen,  dasz  es  Pflicht 
jedes  Gymnasiallehrers  sei,  ein  thätiges  Interesse  am  Turnunterricht  zu 
nehmen,  indem  er  sich  häufig  auf  dem  Turnplatze  einfinde  und  an  den 
Uebungen  beaufsichtigend  und  leitend,  ermunternd  und  tadelnd  Teil 
nehme.  Eckstein  beklagte,  wie  wenig  die  Spieszsche  Methode  und 
seine  Schriften  bekannt  wären  und  wie  leider  manche  Turnlehrer  selbst 
die  Mühe  ihres  Lesens  und  Studierens  scheuten;  aber  um  so  mehr  wünschte 
er  die  Sache  von  den  anwesenden  Sachverständigen  besprochen  zu  sehen, 
da  dies  anregend  und  belehrend  wirken  würde;  eine  Abstimmung  sei  ja 
nicht  notwendig.  Hirsche  sprach  sich  aufs  lebhafteste  für  die  päda- 
gogischen Vorzüge  der  Spieszschen  Methode  aus  und  beantragte,  dasz 
man  diese  jedesfalls  in  der  Thesis  betone.  Der  von  Dir.  Dr  Wendt 
aus  Hamm  beantragte  Zusatz:  'zugleich  ist  eine  feste  Verbin- 
dung mit  der  militärischen  Ausbildung  der  Jugend  anzu- 
streben', wurde  auf  die  Debatte  über  Punkt  4  verschoben.  Lechner 
begrüszte  es  als  einen  wesentlichen  Gewinn,  dasz  hier  die  Erinnerung 
an  Spiesz  und  seine  Methode  aufgefrischt  werde  uud  wünschte,  dasz 
manche  Lehrer  zu  Kluge,  Kawerau,  Waszmannsdorf,  Kloss 
gehen  möchten  um  sich  selbst  eine  Anschauung  zu  erwerben;  auch  in 
AYürtemberg  habe  man  sich  davon  überzeugt  und  neuerdings  eine  Anzahl 
Lehrer  nach  Dresden  gesandt,  um  sich  unter  Kloss  auszubilden;  doch 
glaube  er,  dasz  eine  Discussion  über  Specialitäten  hier  wol  zu  weit 
führen  dürfte.  Nachdem  noch  Dr  med.  Frank  sich  darüber  ausgespro- 
chen hatte,  dasz  das  Spieszsche  System  durch  Schüler  von  Spiesz,  na- 
mentlich durch  Kloss ,  um  vieles  dem  Lingschen  entlehnte  bereichert 
worden  sei,  dasz  man  dies  aber  eingestehen  und  die  leidige  Polemik, 
die  allein  noch  die  beiden  Systeme  trenne  und  auseinander  halte,  unter- 
lassen solle,  stellte  Oberlehrer  Dr  Kinds  eher  aus  Zerbst  den  Antrag: 
die  Versammlung  geht  unbeschadet  der  Anerkennung  des 
allgemeinen  Urteils  über  die  Methode  von  Spiesz  über  den 
dritten  Satz  zur  Tagesordnung  über  und  dieser  Antrag  wurde 
durch  Stimmenmehrheit  angenommen. 

Nachdem  Lechner  darauf  aufmerksam  gemacht,  dasz  hier  der  Ort 
sei  auf  Assmanns  zweite  These  zurückzukommen,  und  zugleich  seine 
Uebereinstimmung  über  die  Unentbehrlichkeit  von  Turnhäusern,  besonders 
im  Winter  ausgesprochen  hatte,  verlas  der  Präsident  eine  Stelle  aus 
einer  preuszischen  Ministerialverordnung  vom  7.  Febr.  1844,  in  welcher 
auf  die  Errichtung  von  Turnanstalten  mit  Turnhäusern,  namentlich  in 
jeder  gröszeren  Stadt  Bedacht  zu  nehmen  anempfohlen  wird,  und  fragte, 
wie  wenig  oder  nichts  seit  den  16  Jaliren  geschehen  sei;  und  doch  sei 
die  Errichtung  von  Tarnhäusern  eins  der  notwendigsten  Mittel,  wenn 
das  rationelle  Turnen  allgemein  werden  und  durch  dasselbe  ein  kräfti- 
ges Geschlecht  dem  Vaterlaude  erwachsen  solle.  Der  Satz  wurde  ohne 
weitere  Debatte  einstimmig  angenommen. 

In  Betreff  seines  vierten  Satzes  bemerkte  Lechner,  dasz  er 
denselben  ausdrücklich  gegen  die  zu  grosze  Betonung  der  Wehrhaft- 
machung  gerichtet,  welche  dem  Gymnasialturnen  heutzutage  wesentlich 
schade ;  wie  das  Gymnasium  bei  seinem  sonstigen  Unterricht  nicht  die 
künftigen  Theologen,  Juristen,  Mediciner  usw.,  sondern  die  allseitige 
Entwicklung  und  Ausbildung  aller  geistigen  Kräfte  ins  Auge  fasse,  so 
sei  auch  bei  dem  Tuvnunterrichte  die  allgemeine  Entwicklung  aller  im 
Leibe  liegenden  Kräfte  festzuhalten ;  indem  sie  eben  dies  bei  ihrer  Gym- 
nastik befolgt,  hätten  die  Griechen  jene  vollendete  Harmonie  in  der 
Ausbildung    des  Geistes   uud   des  Körpers   erzielt,  in    der  sie  als    uner- 


144  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

reichte  Muster  für  uns  dastanden;  übrigens  werde  bei  dem  Turnen,  wie 
er  es  befürworte ,  die  Gymnasialjugend  von  selbst  auch  kräftiger  und 
tüchtiger  und  somit  wehrhafter  gegen  den  Feind  des  Vaterlandes  wei*- 
den,  aber  deshalb  sei  noch  nicht  die  Wehrhaftigkeit  im  Schulunterricht 
in  den  Vordergrund  zu  stellen,  wodurch  eine  der  allgemeinen  Ausbildung 
nachteilige  Einseitigkeit  entstehe.  Dagegen  machte  AVendt  geltend, 
dasz  man,  wenn  man  die  Wehrhaftigkeit  betone,  doch  auch  einen  all- 
gemeinen Beruf  aller  im  Auge  habe;  ]\Iediciner,  Theologen  usw.  seien 
einzelne,  aber  alle  seien  Bürger  des  Staats  und  als  solche  Krieger; 
man  müsze  die  Jugend  frühzeitig  in  den  Waffen  üben  und  in  ihr  den 
militärischen  Geist  erwecken  und  nähren.  Nachdem  Weudt  Ecksteins 
Frage ,  ob  er  an  die  Einführung  von  etwas  ähnlichem  ,  wie  die  schwei- 
zerischen Kadetteninstitute  seien,  denke,  bejaht  hatte,  erklärte  dieser 
die  Einführung  derselben,  möchten  sie  noch  so  vortrefflich  sein,  bei 
uns  für  unrätlilich  zu  halten  und  drang  auf  die  Trennung  der  militäri- 
schen Seite  von  der  Turnfrage,  da  die  pädagogische  Bedeutung  dersel- 
ben dadurch  wesentlich  beeinträchtigt  werde.  Dem  Vermittlungsvor- 
schlage des  Propsts  Müller,  der  Thesis  beizufügen:  auch  Förderung 
der  Wehrhaftigkeit,  setzte  Lechner  entgegen,  dasz  das  von  ihm 
mit  gutem  Bedacht  gesetzte  Wörtchen  'zunächst'  eben  besage,  dasz 
andere  Rücksichten  nicht  ausgeschlossen  seien;  in  Betreff  eines  Antrags 
von  Professor  Dr  Kühnast  aus  Rastenburg:  die  Worte  'wie  bei  den 
humanistischen  Studien'  zu  streichen,  weil  sie  Meinungsverschie- 
denheiten hervorzurufen  geeignet  seien,  erwiederte  er,  dasz  die  Worte 
nur  zur  Erläuterung  seiner  Grundansicht  dienen  sollten ,  um  namentlich 
dem  vorzubeugen,  dasz  das  Turnen  nicht,  wie  wol  geschehen  sei,  in 
bloszes  Exercieren  ausarte.  Hierauf  wurde  bei  der  Abstimmung  Punkt 
4  einstimmig  angenommen. 

Zur  Begründung  seines  .5n  Satzes  erwähnte  Lechner  nur,  dasz 
noch  in  manchen  Ländern,  wie  in  Bayern,  und  an  manchen  Schulen 
das  Turnen  nur  facultativ  sei,  dasz  es  aber  obligatorisch  werden  müsze, 
wenn  es  auf  das  Erwachsen  eines  kräftigen  Geschlechts  den  vollen  Ein- 
flusz  üben  solle.  Nachdem  die  erwähnte  Thatsache  noch  von  mehreren 
Seiten  bestätigt  war,  wurde  der  Satz  einstimmig  angenommen. 

Zur  Begründung  seines  oben  erwähnten  Antrags  erinnerte  Wen  dt 
daran,  dasz  das  Turnen  eine  politische  und  eine  pädagogische  Seite 
habe,  und  dasz  die  Lehrer  bedenken  müsten,  wie  sie  zuerst  Bürger  und 
dann  Erzieher  seien,  also  die  politische  Seite  nicht  zu  vergessen  hätten; 
es  sei  Thatsache,  dasz  das  Turnen  häutig  in  eine  Einübung  von  Kunst- 
stücken ausarte,  und  das  praktische  und  ideale  Ziel  der  Jugend  gar 
nicht  zum  Bewustsein  "komme;  das  ideale  Ziel  aber  sei  die  Wehrhaftig- 
keit des  Mannes,  die  Kraft  zur  Verteidigung  des  Vaterlandes;  von  einer 
sklavischen  Nachahmung  der  schweizerischen  Kadetteninstitute  könne 
keine  Rede  sein,  aber  lernen  müsze  man  auch  von  ihnen,  das  Princip 
derselben  könne  man  annehmen.  Prof.  Langbein  aus  Stettin,  der 
bekanntlich  in  der  pädagogischen  Revue  den  militärischen  Uebungen 
immer  kräftig  das  Wort  geredet  hat,  macht  bemerklich,  wie  seiner  Er- 
fahrung nach  die  Uebungen  nach  der  Methode  von  Spiesz  in  den  Alters- 
klassen bis  zu  14  und  15  Jahren  das  vollste  Interesse  fänden,  dann 
aber  die  Teilnahme  für  dieselben  lauer  werde;  gerade  für  die  Schüler 
der  oberen  Klassen  hätten  sich  ihm  die  militärischen  Uebungen  trefflich 
bewährt.*)     Hasper  machte  geltend,  dasz  hier  in  einer  Gymnasialleh- 


*)  Auch  Ref.  hat  die  Erfahrung  gemacht,  dasz  in  den  oberen  Klas- 
sen die  Teilnahme  für  das  Turnen  abnimmt.  Den  Grund  davon  kann 
er  nicht  in  dem  für  das  Maturitätsexamen  allein  in  Anspruch  genom- 
menen Interesse  finden  —  dem  Maturitätsexamen  wird  von  gewissen  Sei- 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  145 

rerversammlung  mir  die  pädagogische  Seite  des  Gegenstands  ins  Ange 
zu  fassen  sei.  Lecliner  bemerkte  gegen  Wendt,  es  sei  eben  das  Ver- 
dienst von  Ad.  Spiesz,  dasz  er  die  Oaulvelstiicke  aus  dem  Turnen  ver- 
bannt und  demselben  ein  ideales  Ziel ,  die  allseitige  harmonische  Aus- 
bildung des  Körpers,  welche  doch  die  Wehrhaftigkeit  mit  in  sich  ent- 
halte, gesteckt  habe;  gegen  Langbein:  die  Spieszsche  Methode  schlicsze 
das  Eiegenturnen  mit  selbstgewählten  Vorturnern  nach  Jahn-Eiselnscher 
Weise  nicht  aus  und  dies  könne  für  die  oberen  Klassen  angewandt  wer- 
den; seine  Erfahrung  sei  übrigens,  dasz  die  Frei-  und  Ordnungsübungen 
auch  von  erwachsnen  Schülern ,  selbst  von  Primanern  mit  gröstem  In- 
teresse betrieben  würden.  Hirsche  stimmte  zwar  Lechner  über  das 
in  der  Spieszschen  Methode  enthaltene  militärische  Element  bei,  glaubte 
aber,  dasz  jedesfalls  die  militärischen  Frei-  und  Ordnungsübungen,  für 
welche  das  vor  zehn  Jahren  erschienene  Büchlein  von  Langbein  ein 
trefflicher  "Wegweiser  sei,  aufgenommen  werden  müsten.  Als  Wendt 
die  Bemerkung  machte,  dasz  es  ihm  notwendig  scheine,  auch  den  Ge- 
brauch der  Schieszwaften  die  Jugend  zu  lehren ,  erhoben  sich  viele 
Stimmen  mit  Nein!  Nein!,  worauf  er  erklärte  von  Specialitäten ,  über 
die  man  sich  nicht  einigen  werde,  abzusehen,  aber  das  allgemeine,  die 
Verbindung  des  Turnens  mit  militärischen  Uebungen,  festzuhalten.  Für 
Wendt  stellte  Hüser  die  Bemerkung  auf,  dasz  die  militärischen  ÜebuuT 
gen  nicht  nur  eine  politische ,  sondern  auch  eine  pädagogische  Bedeu- 
tung hätten ,  indem  durch  sie  der  Knabe  Gehorsam  lerne ;  trete  nun 
dazu  noch  ein  politischer  Vorteil  hinzu ,  warum  wolle  man  ihn  ver- 
schmähen? Die  Erkaltung  des  Interesses  für  das  Turnen  in  den  oberen 
Klassen  bestätigte  er,  glaubte  aber  dieselbe  nicht  aus  dem  System,  son- 
dern aus  anderen  bei  den  Schülern  der  oberen  Klassen  dominierenden 
Interessen ,  dem  Gedanken  an  die  Maturitätsprüfung  und  dgl.  herleiten 
zu  raüszen.  Oberlehrer  Dr  Nasemann  ans  Halle  erklärte  sich  dahin, 
dasz  das  von  Wendt  aufgestellte  ideale  Ziel  eben  durch  die  Gesamtbil- 
dung der  Jugend  zu  erreichen  sei ,  da  die  Wehrhaftigkeit  des  Mannes 
wesentlich  auf  der  Gesinnung  beruhe;  das  politische  Princip  aber  sei 
um  so  mehr  abzuweisen,  weil  zu  der  unmittelbaren  militärischen  Tüch- 
tigkeit nicht  eine  lange  Vorbildung  notwendig  sei,  sondern  eine  raschere 
Einschulung  genüge,  wie  in  Preuszen  der  einjährige  freiwillige  Kriegs- 
dienst beweise.  Der  Präsident  Assmann  erinnerte  an  ein  Wort  von 
Luther  (Ausgabe  von  Walch  XXII  2289)  und  erklärte  sich  für  Wendts 
Antrag,  weil  er  unsere  Zeit  für  eben  eine  solche  wie  die  damalige  an- 
sehe, und  es  notthue  dasz  wir  Deutsche  zum  Heer  und  Streit  tüchtig 
und  allezeit  bereit  seien,  dasz  unsere  Jungen  Kriegsleute  seien  und  Land 
und  Leute  vertheidigten.  Die  nun  erfolgte  Abstimmung  ergab  ein  zwei- 
felhaftes Resultat  und  auch  bei  einer  Wiederholung  stellte  sich  keine 
entschiedene  Ueberzeugung  für  Wendts  Antrag  heraus. 

Wegen  der  drängenden  Zeit  wurden  die  beiden  Anträge  vom  Propst 
Dr  Müller:  'der  Staat  soll  sich  der  Sache  des  Turnens  an- 
nehmen' und  'jeder  Gymnasiallehrer  soll  thätig  sein  In- 
teresse für  das  Turnen  an  den  Tag  legen'  einfach  ohne  weiteres 


ten  gern  alles  in  die  Schuhe  geschoben ;  gerade  die  geistige  Anstrengung 
weckt  das  Bedürfnis  nach  Ausarbeitung  des  Körper  — ,  sondern  in  dem 
in  der  Jugend  liegende  Trieb  nach  Unabhängigkeit  und  freier  Selbst- 
bestimmung, der  sich  dem  gegenüber  am  stärksten  geltend  macht,  worin 
er  nicht  einen  notwendigen  Unterricht,  sondern  eine  Erholung  findet. 
Die  gegenteiligen  Erfahrungen  beweisen  erst  dann,  wenn  die  Spieszsche 
Methode  vom  8n  Jahre  an  ununterbrochen  geübt  worden  ist.  Es  ist 
dies  ein  Punkt,  welcher  der  Aufmerksamkeit  einsichtsvoller  Turnlehrer 
und  erfahrner  Lehrer  zur  Beachtung  wol  zu  empfehlen  ist. 

N.  Jahrb.  f.  Pliil.  u.  Päd.    II.  Aht.   ISni.   Hft  :J.  10 


146  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

angenommen.  Obgleich  durch  Annahme  des  Müll  ersehen  Antrags 
bereits  der  Wunsch,  der  Staat  möge  sich  der  Sache  annehmen,  ausge- 
drückt war ,  so  wurde  doch  noch  der  weiter  gehende  oben  erwähnte 
Antrag  von  Hirsche  als  zur  Abstimmung  zu  bringen  bezeiclinet;  indes 
erklärten  sich  Eckstein,  Hüser  und  Peter  dagegen,  indem  sie  her- 
vorhoben ,  dasz  Interessen  berührt  würden  ,  welche  hier  nicht  zur  Ent- 
scheidung kommen  könnten,  und  es  gieng  die  Versammlung  über  den 
Antrag  zur  Tagesordnung  über. 

Ref.  kann  auf  die  Verluindhingen  nur  mit  dem  Gefühle  zurückblicken, 
dasz  die  Versammlung,  obgleich  mehrfache  Veranlassung  sich  bot  über 
die  ihr  angewiesne  Sphäre  hinauszugehen,  doch  mit  sicherem  Takte  auf 
dem  pädagogischen  Standpunkte  sich  erhielt.  Wesentlich  wurde  dies  mit 
der  ruhigen,  sicheren  und  klaren  Haltung  Lechners  verdankt. 

In  der  zweiten  Sitzung  der  pädagogischen  Section,  den 
2  8.  September  8  Uhr,  erhielt  nach  der  festgesetzten  Reihe  der  Thesen 
zunächst  Professor  Dr  Rehdantz  aus  Halberstadt  das  Wort,  um  den 
von  ilim  angeregten  Gegenstand :  dafi  laute  Lesen  und  Recilieren  der  Klas- 
siker,  zu  erläutern.  Der  Vorschlag  desselben  gieng  dahin:  den  bisher 
üblichen  Brauch,  vor  der  Uebersetzung  den  Text  laut  lesen  zu  lassen, 
durch  einen  anderen,  der  im  Cliarakter  der  alten  Sprachen  begründet 
sei  und  im  Interesse  der  lernenden  Jugend  liege ,  zu  ersetzen.  Indem 
der  Redner  entwickelte,  welche  Ausbildung  die  antike  Sprache  zur  gänz- 
lichen Uebereinstim.mung  zv/isclien  Klang  und  Gedanken,  Laut  und  Inhalt 
gewonnen  und  wie  auch  die  Schriftsprache  bei  ihnen  immer  auf  die 
Forderung  gehört  zu  werden  basiere,  gelangte  er  zu  dein  Resultat,  dasz 
ein  häufiges  und  ausdrucksvolles  lautes  Lesen  der  alten  Klassiker  not- 
wendig sei,  weil  nur  so  ihre  hohen  Vorzüge  und  die  Gründe  gewisser 
sprachlicher  Erscheinungen  recht  erkannt  werden  könnten.  Aber  dasselbe 
sei  auch  notwendig,  weil  nur  dadurch  dem  Schüler  eine  befriedigende 
und  daueinde  Freude  an  den  alten  Schriftstellern  verschafft,  sein  Ge- 
schmack wahrhaft  g'ebildet ,  er  sittlich  mit  seiner  Seele  hineingezogen, 
durch  die  Nötigung  das  formvollendete  edle  Pathos  der  Alten  wiederzu- 
geben selbst  veredelt  und  für  die  Arbeit,  die  dazu  gehöre,  durch  die 
aus  ihr  resultierende  Freude  gewonnen  werde.  Die  Methode  wurde  da- 
liin  bestimmt,  dasz  das  Lesen  vor  der  Uebersetzung  zu  unterbleiben 
habe,  wodurch  man  zugleich  Zeit  gewinnen  werde,  und  nach  der  Er- 
klärung und  Erläuterung  das  laute  Lesen  an  den  ausgewählten  schönsten 
und  ergi'eiferidsten  Stellen  geübt  werde. 

Eine  Debatte  fand  nicht  statt,  und  der  Präsident  gestand  es  offen 
ein,  dasz  er  und  wol  viele  der  Anwesenden  einen  weiteren  und  tiefer 
gehenden    Gegenstand  erwartet  gehabt  hätten. 

Die  Discussion  wandte  sich  hierauf  zu  den  von  dem  unterzeichneten 
Berichterstatter  über  den  Geschichtsunterricht  gestellten  Thesen,  wobei 
es  freilich  zu  beklagen  war,  dasz  dieselben,  obgleich  sie  bereits  vor  der 
Versammlung  eingereicht  waren  und  auch  bei  der  Anmeldung  jedem 
Mitgliede  gedruckt  auscrehändigt  wiirden,  doch  wahrscheinlich  in  Folge 
von  Mangel  an  Exemplaren  in  Vieler  Hände  nicht  gelangt  waren  und 
erst  durch  Vorlesen  im  Zusammenhang  bekannt  gemacht  werden  musten. 
Von  Professor  Dr  Kühnast  wurde  die  Discussion  der  Thesen  empfoh- 
len, da  sie  aucli  nach  den  tüchtigen  Leistungen  der  Neuzeit  dennoch 
eine  Bedeutung  von  hohem  Interesse  hätten;  indes  genehmigte  die  Ver- 
sammlung durch  Stimmenmehrheit  den  Antrag  von  Subconrector  Dr 
Schuster  aus  Clausthal:  wegen  der  groszen  Ausdehnung  der  Thesen 
sofort  zu  Nr  5  überzugehen.     Der  Ref.*)  wies  in  seiner  Motivie- 


*)  Ich   darf  es  ja  hier  wol  aussprechen,  dasz  ich  die  Thesen  gestellt 
hiitte  mit  in   Hinblick   auf  den  in  der  letzten  Oscherslebener  Versamm- 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  147 

rwng  auf  die  von  ihm  in  der  Encyclopädie  der  Pädagogik  von  Schmid, 
Palm  er  und  AVildermuth  II  775  gegebene  Abhandlung  über  den 
Gescliichtsuuterricht  in  den  Gymnasien  hin;  sein  Hauptsireben  sei  in 
derselben  gewesen  dasjenige  herauszustellen,  wodurch  sich  der  Ge- 
schichtsunterricht im  Gymnasium  von  dem  in  andern  Schulanstalten 
zu  unterscheiden  habe,  und  dies  habe  er  in  dem  Streben  nicht  nach 
bloszeu  geschichtlichen  Kenntnissen,  sondern  nach  historischer  Bildung, 
in  der  Aneignung  und  denkenden  Durchdringung  des  Stoffes  durch  eigene 
Arbeit  des  Schülers  gefunden;  in  consequeuter  Durchführung  dieses  Prin- 
cips  sei  er  zu  der  in  seinem  fünften  Satze  gestellten  Forderung  gelangt, 
die,  übrigens  keineswegs  neu,  schon  von  Peter  und  Campe  ausge- 
sprochen und  begründet  und  wenn  auch  nicht  in  vielen,  doch  in  einigen 
Gymnasien  durchgeführt  sei ,  so  dasz  praktische  Erfahrungen  bereits 
vorlägen.  Da  die  Litteraturen  der  Alten  das  Feld  seien,  auf  welchem 
sich  vorzugsweise  die  Selbstthätigkeit  der  Schüler  bewege ,  so  ergebe 
sich,  dasz  die  von  ihm  an  den  (Geschichtsunterricht  des  Gymnasiums 
gestellte  methodische  Forderung  vorzugsweise  nur  an  der  alten  Geschichte 
erfüllt  werden  könne,  und  da  die  klassischen  Studien  in  der  Prima  erst 
ihren  Abschlusz  fänden,  so  leuchte  ein  dasz  diese  Klasse  es  sei,  in 
welcher  jene  eigne  Arbeit  in  der  Geschichte  allein  recht  stattfinden 
könne ,  und  daraus  folge  dasz  in  ihr  die  alte  Geschichte  der  Ilaupt- 
gegenstand  des  Geschichtsunterrichts  sein  müsze;  indes  nehme  er  dafür 
keine  völlige  Ausschlieszlichkeit  in  Anspruch;  der  Forderung,  dasz  die 
Schule  alles  früher  gelehrte  festhalte  und  auffrische,  und  der  eben  so 
begründeten,  dasz  was  der  Schüler  in  Prima  sonst  noch  und  namentlich 
aus  dem  Studium  der  deutschen  Litteratur  gewinne,  für  seine  historische 
Bildung  verwerthet  werde,  sei  vollständig  durch  die  von  ihm  postulierte 
vervollständigende  und  vertiefende  Repetition  der  mittleren  und  neueren 
Geschichte  Genüge  geleistet;  er  kenne  den  Einwand,  welchen  man  liaupf- 
sächlich  gegen  seine  Ansicht  erheben  werde,  recht  wohl,  dasz  die  mittlere 
und  neuere  Geschichte  beeinträchtigt  und  in  Folge  davon  nicht  der  Ab- 
schlusz in  dem  Unterricht  des  Gymnasiums  erreicht  werde,  den  die  Zeit 
und  das  Wesen  desselben  erforderten;  indes  müsten  Schule  und  Lehrer 
eine  heilsame  Resignation  zu  Gunsten  der  Schüler  üben  und  einerseits 
nicht  gehen  wolleu,  was  sie  nicht  in  vollem  Masze  geben  könnten,  an- 
dererseits aber  das,  was  sie  zu  erreichen  im  Stande  seien,  in  gründlichster 
und  haftendster  V^eise  zur  Anwendung  bringen;  fortgesetztes  Geschichts- 
studium auf  der  Universität  sei  sehr  wünschenswerth ,  schon  um  des- 
willen ,  weil  erst  mit  der  Erweiterung  des  Gesichtskreises  im  wirklichen 
Leben  und  der  Kenntnis  in  den  speciellen  Fachwissenschaften  die  Mög- 
lichkeit klarerer  Anschauung  und  tieferer  Auffassung  geschichtlicher  That- 
sachen  und  Verhältnisse  eintrete;  dies  sei  vorzugsweise  in  der  mittleren 
und  neueren  Geschichte  mit  ihren  complicierteren  Verhältnissen  der 
Fall ,  wärend  die  alte  Geschichte  mit  ihren  einfacheren  Verhältnissen 
und  scharf  ausgeprägten  Volkscliarakteren  dem  Gymnasiasten  schon 
vollständiger  zu  erfassen  sei;  viele  Universitätslehrer  und  auch  Wiese 
bei  einer  anderen  Gelegenheit  erhöben  Klage  darüber,  dasz  die  Studie- 
renden auf  der  Universität  für  die  Geschichte  ein  so  geringes  Interesse 
bewiesen;  möchten  auch  andere  Ursachen  dazu  mitv/irken ,  so  sei  doch 
gewis  eine  hauptsächliche  der  Dünkel,  dasz  sich  die  jungen  Leute  ein- 
bildeten   die    ganze    Geschichte    schon    zu    kennen;    begnüge    sich    das 


lung  für  die  nächste  —  die  eben  um  der  Philologenversammlung  in  Braun- 
schweig willen  ausgesetzt  wurde  —  festgesetzten  Berathungsgegeustand 
und  dasz  demnach  in  diesem  Falle  eine  Verbindung  des  groszen  Vereins 
mit  den  bestehenden  kleineren  lokalen,  wie  sie  der  Herr  Vicepräsident 
beantragte ,  erstrebt  war. 

10* 


148  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Gymnasinm  mit  einem  geringern  Umfange,  so  werde  gewis  jene  Klage 
verstummen;  erreiche  es  aber  in  jenem  eine  um  so  tüchtigere  Bildung, 
so  würden  die  Schüler  mit  besserer  Vorbereitung  zu  dem  tiefern  Ge- 
schichtsstudium und  zugleich  mit  mehr  Eifer  und  Lust  hinzutreten;  die 
beste  Vorbereitung  aber  sei  eine  gründliche ,  selbsterarbeitete  Kenntnis 
der  noch  leichter  überschaubaren  und  beg-reiflichen  alten  Geschichte.  — 
Da  sich  der  Präsident  Professor  Dr  Assmann  an  der  Debatte  selbst 
zu  beteiligen  wünschte ,  so  übernahm  der  Vicepriisident  Ephorus  Dr 
Bau  ml  ein  den  Vorsitz  und  forderte  namentlich  dazu  auf,  dasz  die 
Erfahrungen  aus  verschiedenen  Ländern ,  die  ja  verschiedene  Einrich- 
tungen hätten,  mitgeteilt  werden  möchten.  —  Peter  aus  Schulpforte 
fordert  für  Prima  in  einem  zweijährigen  Cursus  ein  Jahr  für  griechische 
und  römische  Geschichte  und  eins  für  mittlere  und  neuere.  Als  seine 
Hauptdifferenz  von  Dietsch  bezeichnete  er,  dasz  er  in  Prima  einen 
ganzen  Cui'sus  der  Geschichte,  und  zwar  von  einem  mehr  Aveltgeschicht- 
lichen  Standpunkte  aus  wolle,  wozu  die  mittlere  und  neuere  Geschichte 
mit  gehöre,  weshalb  er  auch  den  Satz  dahin  limitiert  wünscht,  dasz  i  n 
Prima  alte  Geschichte  zu  lehren  sei,  jedoch  ohne  die  mitt- 
lere und  neuere  auszuschlieszen.  Nachdem  er  angedeutet,  wie 
er  ein  sehr  wesentliches  Moment  darauf  lege,  dasz  der  geschichtliche 
Unterricht  mindestens  zweimal  durchlaufen  werde,  erörtert  er,  dasz  ev 
in  Schnlpforte  denselben  so  eingerichtet,  dasz  in  den  beiden  Tertien 
(1jährige  Curse)  die  griechische  und  römische  Geschichte,  dann  in  den 
beiden  Secunden  (ebenfalls  je  einjährige  Curse)  die  mittlere  und  neuere 
Geschichte  gelehrt  werde;  in  Prima  behandle  er  dann  selbst  die  ge- 
samte Geschichte  in  der  oben  angegebenen  Weise ,  und  zwar  mit  der 
Methode,  dasz  er  unfruchtbarere  Partien  rasch  abmache,  um  bei  den 
fruchtbarem  länger  zu  verweilen.  Der  Redner  spricht  seine  Ueber- 
zeugung  aus ,  dasz  der  Geschichtsunterricht  einer  Hebung  bedürfe ,  was 
auszusprechen  er  sich  dadurcli  berechtigt  fühle,  dasz  er  zwei  Decennien 
Geschichtsunterricht  erteilt  und  sich  darin  selbst  wenig  genügt  habe. 
Auch  er  bezeichnet  als  das  Ziel  alles  geschichtlichen  Unterrichts  die 
Bildung  des  geschichtlichen  Urteils  und  die  Entwicklung  des  historischen 
Sinns,  erkennt  aber  an  ,  dasz  dieses  nur  auf  dem  Gebiete  der  alten  Ge- 
schichte zu  erreichen  sei;  wenn  der  Schüler  ein  lebendiges  Bild  von  der 
Geschichte  der  Staaten  des  Altertums  in  sich  aufgenommen  habe,  so 
besitze  er  daran  einen  für  sein  ganzes  Leben  bleibenden  Gewinn ;  es 
entwickle  sich  daraus  von  selbst  das  Interesse  für  die  Geschichte  der 
spätem  Zeiten  und  für  die  Fortsetzung  des  Geschichtsstudiums  auf  der 
Universität;  deshalb  wolle  er  die  alte  Geschichte  in  Prima  mehr  als 
bisher  berücksichtigt  wissen,  wenn  auch  in  etwas  anderer  Weise,  als  es 
sein  Freund  Dietsch  vorgeschlagen.  —  Professor  Dr  Assmann  erklärt 
sich  zunächst  dahin ,  dasz  die  Peinigung  über  Satz  5 ,  deren  Zustande- 
kommen Dietsch  bezweifelt  habe,  auch  nicht  notwendig  sei,  die  An- 
regung und  der  Austausch  der  Ideen  genüge.  Die  Thesen  bildeten  ein 
zusammenhangendes  System,  mit  dessen  Princip  man  vollkommen  ein- 
verstanden sein  könne,  ohne  deshalb  die  in  Nr  5  daraus  gezogene  Con- 
sequenz  begründet  zu  finden  ;  darauf  werde  die  Individualität  des  Lehrers 
mehr  oder  weniger  Einüusz  üben.  Gegen  Peter  bemerkte  derselbe  zu- 
nächst ,  dasz  Interesse  und  Sinn  für  Geschichte  nicht  allein  durch  die 
alte  Geschichte  geweckt  werde,  sondern  auch  durch  die  neuere  Geschichte, 
wenn  sie  gut  behandelt  werde,  ja  dasz  ilim  die  objective  Betrachtung  der 
alten  Geschichte  dazu  überhaupt  nicht  genüge,  dasz  die  politische  Be- 
trachtung und  die  Rücksicht  auf  die  Gegenwart  dazutreten  müsten.  Das 
den  Thesen  von  Dietsch  zu  Grunde  liegende  Princip,  wie  der  Schul- 
unterricht anregen,  der  Schüler  arbeiten  müsze,  billige  er  vollkommen, 
aber  freilich  stünde  der  Ausführung  desselben  die  Ordnung  vieler  Schulen 


Kurze  Aazeigeii  und  Miäcelieii.  149 


"o 


entgeg-en ;  das  Masz  der  häuslichen  Arbelteu  sei  zu  grosz  und  trete  der 
selbstiüuligen  Arbeit  des  Schülers  hemmend  entgegen.  Deshalb  gerade 
billige  er  denn  auch  den  zweiten  Satz,  dasz  der  Geschichtsunterricht 
nicht  sowül  ausgebreitete  Kenntnis,  als  Weckung  des  Sinns  und  Ur- 
teils für  geschichtliches  Verständnis  zu  bezwecken  habe.  Trotz  dieser 
vollkommenen  Uebereinstininiung  mit  dem  Priucip  stehe  er  dennoch  iu 
Bezug  auf  Satz  5,  vielleicht  in  Folge  seiner  individuellen  Richtung,  auf 
entgegengesetztem  Standpunkt ;  er  verkenne  nicht  die  Wichtigkeit  der 
alten  Geschichte,  aber  es  komme  ihm  vor  allem  auf  eine  klare  Ueber- 
sicht  an,  und  diese  müsze  in  der  alten  Geschichte  in  den  früheren 
Klassen  erreicht  werden,  damit  dem  Schüler  auf  der  obersten  Stufe  das 
Material  zu  Gebote  stehe.  Er  erteile  im  Gymnasium  in  Braunschweig 
den  Geschichtsunterricht  in  Prima,  nehme  aber  da  nur  neuere  und  neueste 
Geschichte,  wobei  er  jedoch  nie  versäume  eine  Repitition  der  alten  vorauf- 
zuschicken und  die  Bedeutung  derselben  für  die  Neuzeit  darzustellen ; 
etwaige  Lücken  müsten  in  der  Unterprima  durch  Privatstudium  ausge- 
füllt werden;  dagegen  habe  er  in  Oberprima  zwei  Stunden  für  Anti- 
quitäten angesetzt;  hier  werde  die  alte  Geschichte  noch  einmal  von 
einem  neuen  Gesichtspunkte  aus  betrachtet,  ohne  dasz  das  ganze  Ge- 
rüste der  Thatsachen  wieder  aufgebaut  werden  müste.  Als  eine  Haui)t- 
sache  bezeichnete  der  Redner  ferner,  dasz  an  einem  wohlgeordneten 
Gymnasium  der  klassische  Unterricht  so  eingerichtet  werden  müsze, 
dasz  er  den  geschichtlichen  Unterricht  ergänze;  der  betreffende  Lehrer 
müsze  die  Schüler  auf  das  hinweisen,  was  sie  zur  Erweiterung  ihrer 
geschichtlichen  Kenntnisse  zu  lesen  hätten,  und  durch  Beaufsichtigung 
dieser  Leetüre  beständig  auf  die  Schüler  einwirken;  den  Homer  und, 
wie  Heyne  schon  ausgesprochen,  den  Livius  cursorisch  zu  lesen,  sei 
schon  Studium  der  alten  Geschichte.  Auf  seinen  eigenen  Unterricht 
weiter  eingehend,  bezeichnete  sich  sodann  Assmann  gewissermaszeu 
als  den  Vertreter  des  modernen  Elements  an  seinem  Gymnasium ;  er 
betrachte  es  als  seine  Aufgabe,  zwischen  den  von  ihm  gelehrten  Fächern: 
Deutsch,  Geographie  und  Geschichte,  eine  Einheit  herzustellen;  den 
Schüler  auf  die  Bedürfnisse  der  Gegenwart  hinzuweisen,  darauf  könne 
zunächst  der  deutsche  Unterricht  wirken  schon  durch  die  zweckmäszige 
Wahl  der  Themata  für  die  Ausarbeitungen;  aber  auch  der  geographische 
Unterricht  sei  für  diesen  Zweck  höchst  wichtig,  und  er  könne  mit  dem 
preuszischen  Schulplan,  der  denselben  von  Prima  ganz  ausschliesze,  nicht 
einverstanden  sein;  nicht  umsonst  habe  ja  K.Ritter  die  Geographie 
zu  einer  Wissenschaft  erhoben;  eine  rechte  Würdigung  des  deutschen 
Landes  und  Volkes  könne  der  Schüler  nicht  eher  gewinnen  ,  als  bis  er 
in  Prima  eingetreten  sei;  durch  einen  darauf  hinarbeitenden  Unterricht 
werde  der  praktische  Sinn  geweckt:  gewia  eine  notwendige  Forderung 
der  Zeit;  damit  im  Zusammenhange  stehe  aber  die  Forderung,  dasz  die 
neuere  Geschichte  in  Prima  gelehrt  werde.  Der  Redner  knüpfte  hierauf 
an  die  von  Di  et  seh  4,  5  aufgestellte  Forderung,  dasz  der  Schüler  zur 
denkenden  Betrachtung  der  Geschichte  anzuleiten  sei,  die  Frage,  wie 
dios  in  Bezug  auf  die  mittlere  und  neuere  Zeit  durchzuführen  sei ,  ehe 
der  Schüler  in  Prima,  ja  in  Oberprima  eingetreten.  Zum  Schlusz  stellte 
'er  der  so  weit  verbreiteten  Ansicht,  wie  der  Mangel  an  Interesse  für 
das  Geschichtsstudiura  auf  der  Universität  daraus  herzuleiten  sei ,  dasz 
auf  der  Schule  schon  alles  gelehrt  werde,  als  seine  Erfahrung  entgegen, 
dasz  viele  seiner  Schüler  dasselbe  mit  Ernst  betrieben  und  ihm  oft  ver- 
sichert hätten ,  wie  sie  die  Lust  mehr  zu  hören  und  zu  lernen  eben  auf 
der  Schule  gewonnen;  er  könne  dies  nicht  anders  ansehen,  denn' als  das 
Resultat  des  Gesamtunterrichts,  den  sie  empfangen,  und  der  Gesamt- 
übersicht über  die  Geschichte,  welche  sie  gewonnen.  —  Director  Dr 
Lübker   aus  Parchim  erkannte    zwar   die  Gründe   des  vorigen  Redners 


150  Kurze  Auzeigeu  und  Miscelleu. 

an,    fand   sie    aber   doch   mehr   individueller  Natur   und  bezeichnete  als 
Beispiel    sogleich,    dasz    nur    wenige  Gymnasien  sich  in  der  glücklielien 
Lage  befinden  würden,    in  Prima   zwei  Stunden   für  Antiquitäten    übrig 
zu  haben.     Er  erklärte    sich    sodann  für    vollständige  Aufrechte) haltung 
der  Thesis    ohne  die  Peter  sehe  Beschränkung;    denn   die    mittlere  und 
neuere  Geschichte   im    zweiten  Jahre  zu  absolvieren ,    werde  wegen  des 
umfällglichen  Materials    nur    selten   gelingen ,    und   wolle    man  auch  den 
gewis  richtigen  Grundsatz  anwenden,    dasz  die    deutsche  Geschichte    in 
den  Vordergrund  zu  treten  habe,    so  werde    man    doch    oft   in  die  Not- 
wendigkeit versetzt  werden,  auf  die  Geschichte  der  Nachbarländer,  z.  B. 
Frankreichs,  Englands  usw.,  ausführlicher  einzugehen.    Als  Kern  der  Frage 
bezeichnete    er    Nr  1    der    Dietschischen   Thesen.     Stimme   man    mit 
diesem  überein,    so  könne  man  auch  nicht  anders,  als  Nr  5  vollständig 
anzunehmen;    es   werde    dadurch    dem  Schüler  das    ihm  adäquate  Mittel 
geboten  ,    sich  zu  klarerer  Erkenntnis  der  politischen  und  socialen  Ver- 
hältnisse   seiner   Zeit   vorzubereiten.      Aus  gewissen   Partien    der    alten 
Geschichte,  wie  z.  B.   den  römischen  Bürgerkriegen  und  den  Zuständen 
Athens,  wie  sie  uns  Thucydides  geschildert,  könne  man  am  besten  auch 
für  unsere  Zeit  lernen;    dies    aber   könne    nur  in  Prima  geschehen;    nur 
hier   könne    man    die   groszen    Alten   selbst    reden   lassen    und    den   Ge- 
schichtsunterricht   in    eine    fruchtbare   Verbindung    mit   der    klassischen 
Leetüre    setzen.      Drittens   führte    er   als    einen    dritten    nicht    zu    über- 
sehenden  Gesichtspunkt,    der   für    die   vorliegende    Thesis   spreche,    an, 
dasz  durch  den  Geschichtsunterricht  nicht  allein   der  Geist  gebildet  und 
der  geschichtliche   Sinn    geweckt   werden,     sondern    der   Schüler    durch 
ihn  auch  ein  lebendiges  anschauliches  Bild  von  geschichtlicher  Entwick- 
lung  erhalten    solle;    dies    sei  nur  in    beschränkten  Rahmen,    nur  durch 
eigene  Arbeit    des  Schülers ,   nur  in  Verbindung  mit  Studien  in  der  be- 
treffenden Litteratur    und    daher   nur    am  Altertume  möglich.  —    Firn- 
haber bemerkte,  dasz  er  etwas  Liebes  iind  Erprobtes  aufgeben  müsze, 
was  niemand  gern  thue,   wenn  er  die  Thesis  in  dem  Umfange,  wie  sie 
aufgestellt  sei ,  annehmen  sollte.     Er  habe  zwanzig  Jahre  mit  Lust  Ge- 
schichtsunterricht erteilt  und  dann  manche  organisatorische  Verordnungen 
für    denselben  erlassen,    aber   dasz    in    einem   zweijährigen    Cursus    der 
Prima  bei  drei  wöchentlichen  Stunden  hauptsächlich  alte  Geschichte  ge- 
trieben werde,  dafür  könne  er  sich  nicht  erklären;  den  Unterricht  müsze 
dann  der  Lehrer   der   klassischen  Sprachen  erteilen ,    was  nicht  gut    an- 
gehn  werde,   und   der  Lehrer  selbst  müsze  ein  sehr  bedeutender  Lelirer 
sein  ,   wenn  er  die  Schüler  durch  so  lange  Zeit  zu  fesseln  vermöge ;    er 
müsze  deshalb  den  Antragsteller  ersuchen  sich  darüber  zu  erklären,  wie 
er    sich  den  Geschichtsunterricht   auf   dem  ganzen  Gymnasium  gestaltet 
gedenke  und  wie   viele  Zeit  er  in  Prima  für   die  Vervollständigung  und 
Vertiefung  der  übrigen  Geschichtskenntnisse  neben  der  alten  Geschichte 
in  Anspruch  nehme.  —  Der  Ref.   bemerkte    hierauf,    wie   er  in  seinem 
bereits  erwähnten  Aufsatze   über  den  Geschichtsunterricht  in  den  Gj'm- 
nasien    die   verschiedenen   Einrichtungen    in    den   verschiednen    Ländern 
Deutschlands  berücksichtigt  habe,  wie  er  aber,  um  eine  stete  Grundlage 
zu  gewinnen,  die  Einrichtungen  der  preuszischen  Gymnasien,  der  Älehr- 
zahl  der  evangelischen  Deutschlands,  zu  Grunde  gelegt  habe,  um  so  mehr, 
als    ihm    in    denselben    dem   natürlichen  Stufengange   der  geistigen  Ent- 
v\ricklung  am  meisten  Rechnung  getragen  scheine.     Nachdem  er  sodann 
kurz    den   von   ihm    an   jenem  Orte   aufgestellten  dreifachen  Cursus  des 
Geschichtsunterrichts  erörtert ,  erklärte  er  dasz  er  bei  der  Methode  ,  die 
er  für  die  alte  Geschichte  in  Prima   für   notwendig    halte,    bei  der  Ver- 
bindung des  Unterrichts  mit  Leetüre  und  eigener  Arbeit  der  Schüler,  viel 
eher  den  Einwand  erwartet  hätte :  die  Zeit  von  drei  Stunden  sei  zu  kurz 
bemessen,    um    noch  eine  vervollständigende  und  vertiefende  Repetition 


Kurzü  Auzeigüii  utiil  Misuellen.  151 

der  luittlerou  uud  ueueren  Geschichte  anzuschlieszeii.  Weuu  Assniaiiii 
nebeu  zwei  Stunden  neuerer  Geschichte  in  der  Oberprima  noch  zwei 
Stunden  Antiquitäten  habe,  so  ersclieine  dies  ihm  als  eine  zu  grosze 
Zersplitterung  der  Zeit  und  der  Kraft  des  Schülers;  gegen  Peters  Vor- 
schlag habe  er  einzuwenden,  dasz  ihm  die  Zeit  dann  für  jeden  der  bei- 
den Teile  der  Geschichte  zu  kurz  erscheine,  obgleich  er  glaube,  dasz 
auch  bei  ihr  der  geeignete  Lehrer  etwas  tüchtiges  leisten  werde.  Der 
Lehrer  der  klassischen  Sprachen,  der  Klassenlehrer  der  Prima,  brauche 
nicht  gerade  auch  den  Geschichtsunterricht  zu  erteilen,  wol  aber  müsze 
der  Lehrer,  in  dessen  Hände  dieser  gelegt  sei,  ein  philologisch  tüchtig 
gebildeter  und  mit  dem  Gang  und  den  Kesultaten  des  klassischen  Unter- 
richts vertrauter  Mann  sein  und  sich  immer  in  Einklang  mit  den  be- 
tretl'enden  Lehrern  zu  setzen  und  zu  erhalten  wissen ;  indem  er  nur  eine 
Vervollständigung  und  Vertiefung  dessen,  was  der  Schüler  an  Kenntnis 
der  mittleren  und  neueren  Geschichte  aus  Secunda  mitgebracht  habe, 
durch  Repetitionen  von  verschiedenen  neuen  Gesichtspunkten  aus  ver- 
lange, glaube  er  dasz  dazu  ein  volles  Jahr  nicht  nötig  sei,  dasz  aber 
darüber,  ob  der  Lehrer  ein  volles  Halbjahr  oder  einige  Monate  hinter- 
einander darauf  verwenden  oder  ob  er  die  Repetitionen  zu  verschiedenen 
Zeiten  eintreten  lassen  wolle,  keine  allgemeine  Vorschrift  sich  erteilen 
lasse,  dasz  dies  dem  gewissenhaften  Ermessen  des  Lehrers  zu  überlassen 
sei;  nur  das  eine  bemerke  er  noch,  wie  auch  nach  seiner  Ansieht  der 
Lehrer  bei  der  alten  Geschichte  das  für  Mittelalter  und  Neuzeit  bereits 
gewonnene  zur  Verdeutlichung  zu  benutzen  und  aus  dem  Altertum  auf 
jene  beleuchtende  Strahlen  fallen  zu  lassen  habe.  —  Nachdem  der 
Vorsitzende  Vic  e  präside  nt  den  Wunsch  ausgesprochen  hatte,  dasz 
doch  vor  allem  die  Praxis  in  verschiedenen  Ländern  durch  Mitteilungen 
dargelegt  werden  möge,  da  es  ja  der  Hauptzweck  der  Versammlung  sei, 
nicht  Beschlüsse  zu  fassen,  sondern  eine  Reihe  von  Erfahrungen  auszu- 
sprechen und  auszutauschen,  erklärt  Firnhaber,  dasz  er  noch  mitten 
in  seiner  Auseinandersetzung  begriffen  sei  und  nur  erst  die  Antwort  von 
Dietsch  habe  abwarten  müszen.  Er  erhob  darauf  gegen  die  Thesis 
zwei  Einwände:  1)  wenn  der  Lehrer  in  Prima  vertiefen  und  vervoll- 
ständigen solle,  was  in  Secunda  in  der  mittleren  und  neueren  Geschichte 
gelernt  worden,  so  werde  man,  da  man  die  genauste  Bekanntschaft  mit 
dem  dortigen  Cursus  voraussetzen  müsze,  zu  der  Forderung  gelangen, 
dasz  der  Lehrer  der  Geschichte  in  Prima  wenigstens  auch  den  Unter- 
richt in  Secunda  erteile ;  auszerdem  müsze  man,  darauf  komme  er  trotz 
Dietsch s  Gegenbemerkung  zurück,  verlangen,  dasz  er  auch  in  Prima 
wenigstens-  einen  groszen  Teil  des  klassischen  Unterrichts  gebe;  dies 
alles  aber  könne  kein  Lehrer  bewältigen,  es  sei  zu  viel  von  einem  ver- 
langt. 2)  Ein  Hauptziel  des  Gymnasialunterrichts  sei  auch,  dasz  der 
Abiturient  eine  deutsche  Gesinnung  auf  die  Universität  mitnehme;  dazu 
sei  eine  klare  Einsicht  in  die  deutsche  Geschichte,  in  den  Entwicklungs- 
gang unserer  Nation  erforderlich ,  und  diese  müsze  von  ihm  nicht  blos 
aus  Büchern  und  aus  dem  Vortrage  des  Lehrers  aufgenommen,  sie  müsze 
ein  wohlerrungenes  und  selbsterarbeitetes  Eigentum  sein ;  daher  sei  die 
mittlere   und    neuere    Geschichte    in   Prima    notwendig.  *)    —    Conrector 


*)  Obgleich  Ref.  hier  den  Standpunkt  eines  Berichterstatters  fest- 
zuhalten hat,  so  wird  er  doch  bei  dem  geneigten  Leser  mit  folgender 
Bemerkung  Entschuldigung  finden.  Es  ist  ihm  höchst  erfreulich  gewe- 
sen ,  dasz  bei  der  ganzen  Discussion  ein  Vorwurf  nicht  gegen  ihn  er- 
hoben worden  ist,  zu  dem  jetzt  gewisse  Parteien  so  gern  greifen,  es 
werde  durch  seine  Vorschläge  der  deutsche  Patriotismus ,  die  vaterlän- 
dische deutsche  Gesinnung  beeinträchtigt.  Dasz  mau  für  die  alte  Ge- 
schichte in  Prima   stimmen  und   doch    die   deutsche  vaterländische  Go- 


152  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen, 

Ziel  aus  Hildesheim  erklärte,  dasz  er,  dem  Wunsche  des  Vorsitzende« 
zu  entsprechen,  Mitteilungen  aus  der  Praxis  und  den  Erfahrungen  in 
Hannover  machen  wolle,  wo  er  an  mehreren  Gymnasien  den  Geschichts- 
unterricht erteilt  habe ;  an  allen  habe  er  in  Tertia  mittlere  und  neuere, 
in  Secunda  alte ,  in  Prima  wieder  mittlere  und  neuere  Geschichte  ge- 
lehrt, dabei  aber  das  Bedürfnis  empfunden ,  dasz  in  Prima  die  alte  Ge- 
schichte nicht  ganz  liegen  gelassen  werde.  So  sei  er  zuletzt  zu  der 
Praxis  gekommen,  dasz  er  in  Prima  zwei  Stunden  auf  die  mittlere  und 
neuere,  eine  auf  die  alte  Geschichte  verwende,  und  habe  davon  erfreu- 
liche Resultate  gehabt ;  dem  entsprechend  möchte  er  den  Satz  von 
Dietsch  geradezu  umkehren;  eher  werde  er  mit  dem  Antragsteller 
sich  einverstanden  erklären,  wenn  derselbe  auf  dem  Gymnasium  nur 
alte  Geschichte  getrieben,  deutsche  und  neuere  Geschichte  aber 
gänzlich  ausgeschlossen  wünsche,  wie  ähnliches  auf  den  englischen 
Schulen  der  Fall  sei.  Da  Dietsch  sich  dahin  äuszerte,  dasz  er  sich 
nach  den  von  ihm  aufgestellten  Principien  durchaus  nicht  für  diese 
Ansicht  erklären  könne,  so  fuhr  er  fort,  dasz  er  sich,  da  solches  nicht 
gewollt  sei',  auch  gegen  die  Thesis  erklären  müsze ,  und  zwar  mit  aus 
dem  Grunde  ,  weil  die  alte  Geschichte  klar,  licht  und  übersichtlich  sei 
und  sich  deshalb  vorzugsweise  für  das  jüngere  Alter  eigne,  wärend  ein 
Verständnis  der  mittleren  und  neueren  Zeit  nur  einem  gereifteren  Alter 
zugänglich  sich  zeige ;  er  stelle  deshalb  gegen  die  Thesis  den  Gegen- 
antrag :  in  Prima  soll  vorzugsweise  mittlere  und  neuere 
Geschichte  gelehrt  werden,  olme  dasz  jedoch  die  alte 
Geschichte  ausgeschlossen  bleibe.  —  Provinzialschulrath  Dr 
Seh  rader  aus  Königsberg  äuszerte  sich  zunächst  dahin,  dasz  es  nicht 
genüge  auszusprechen,  der  Geschichtsunterricht  solle  den  geschichtlichen 


sinnung  unendlich  hoch  stellen  kann ,  dies  wird  man  unter  anderm  aus 
Heilands  trefflichen  Schulreden  erkennen.  Von  ihm  rührte  in  Stendal 
die  Einrichtung  her ,  welche  Ref.  nicht  wenig  in  seinen  Ansichten  be- 
stärkt hat.  Es  handelt  sich  in  der  Pädagogik  nur  um  die  Mittel  ^ene 
Gesinnung  zu  wecken  und,  was  noch  weit  wichtiger  ist,  auf  solide,  un- 
verrückbare Grundlagen  zu  stellen,  und  da  halte  ich  dreierlei  fest: 
1)  der  Jüngling,  der  nicht  aus  unsern  groszen  Dichtern  Begeisterung 
für  das  deutsche  Vaterland  zu  schöpfen  im  Stande  ist,  wird  sie  auch 
aus  der  deutschen  Geschichte  nicht  gewinnen.  2)  Das  Studium  der 
deutschen  Geschichtsquellen  kann,  abgesehen  davon  dasz  sie  auszerhalb 
des  Wesens  der  Gymnasien  liegen,  jene  Begeisterung  nicht  ^vecken,  schon 
um  ihrer  Form  willen  nicht;  nur  wer  diese  schon  in  sich  trägt,  wird  auch 
die  Quollen  gern  und  mit  Genusz  nach  groszer  Mühe  durcharbeiten. 
3)  Soll  diese  Begeisterung  eine  wahre  sein,  so  musz  sie  nicht  allein  auf 
den  Groszthaten  unseres  Volks  und  seiner  einstigen  Herlichkeit  beruhn, 
sie  musz  auch  durch  die  klare  Einsicht  in  die  Mängel  und  Schäden  nicht 
geschwächt  und  aufgehoben  sein.  Mögen  andere  Nationen  in  einer  ein- 
seitigen Darstellung  ihrer  vaterländischen  Geschichte  den  Stoff  zur  Be- 
geisterung suchen,  der  echte  Deutsche  verlangt  auch  darin  nichts  als 
Wahrheit.  Zu  einer  solchen  Erkenntnis  der  deutschen  Geschichte ,  die 
-eben  so  die  Freude  an  der  Herlichkeit  erhält  wie  in  der  klaren  Er- 
kenntnis der  Schattenpartien  das  Vertrauen  auf  Gott  und  die  Nation 
nicht  verliert  und  den  Antrieb  zu  rechtlichem  und  praktischein  Handeln 
findet,  kann  noch  kein  Jüngling,  wenn  er  zur  Universität  geht,  gelangt 
sein.  Ich  glaube  nicht  zu  irren,  wenn  ich  eben  zu  viele  nur  jugend- 
liche Anschauungen  der  deutschen  Geschichte  für  eine  Calaniität  er- 
kläre. Das  Gymnasium  entlasse  seine  Schüler  mit  reger  Lust  zur  tie- 
feren Erkenntnis  der  deutschen  Geschichte,  aber  der  Mann  höre  nie  auf 
sie  zu  studieren! 


Kurze  Anzeigen  und  3IisceIIen.  153 

Sinn  wecken,    soudcrn   man   sich   auch  über   die  Mittel   und  Wege  ver- 
ständigen müszc ,   wie  dieser  Zweck  zu  erreichen  sei.     Wie  der  geehrte 
Eedner  dazu   kam,    einen    dreijährigen  Cursus  der  Geschichte   zu  ver- 
werfen,   ist    dem  Ref.    nicht    klar  geworden,    da  einen  solchen  niemand 
vorgeschlagen,    vielmehr   er    und   Peter    nur    einen    zweijährigen   bean- 
tragt   hatten.     Uebrigens  erklärte  er  sich  für  einen  vierjährigen  Cursus 
und  wies  der  Secunda   alte,  ein  Jahr  orientalische  und  griechische,  eins 
römische,  der  Prima  die  übrige  ,   ein  Jahr  mittlere  und  ein  Jahr  neuere 
Geschichte  zu.     Wenn  hieraiif  der  geehrte  Redner  sich  dahin  aussprach, 
dasz   die  anregende   Kraft    des    biographischen    Elements    auch    für    die 
oberen    Klassen    nicht    in  Abrede    zu   stellen    sei,    aber   man  nicht    das 
ideale  über  das  notwendige  zu  stellen  habe,  so  vermutet  Ref.  auch  hier 
einen  Irtum   seines    Gehörs    und   der  Niederschriften ,  wenigstens    ist  es 
ihm  nicht  in  den   Sinn  gekommen,    das   biographische  Element   als    das 
für   die   obersten   Klassen  vorzugsweise   geeignete  und   bildende    darzu- 
stellen ,    obgleich    er    die  Beurteilung   von  Charakteren  aus   den  Quellen, 
z.  JB.   Themistokles  nach  Thukydides ,  natürlich  für  vullkommen  berech- 
tigt, ja  notwendig  erklärt  hat.     Die  Gründe,  welche  der  geehrte  Redner 
für  seine  Anordnung  anführte,  waren:  alte  Geschichte  könne  allerdings 
tiefer  und  eingehender  in  Prima  gelehrt  werden  als  in  Secunda,  aber  es 
sei  nicht  unmöglich    schon   in  Secunda   das  Verständnis  der  Thatsachen 
zu  erzielen,    auch  die  Kenntnis  der  Verfassungen  und  der  Gesetze,  die 
das  ganze   antike  Leben   geregelt   haben;    so   könne,   um   nur   eins  der 
wichtigsten  Momente    hervorzuheben,   die   Entwicklung   der  athenischen 
Verfassung  von    Solon    bis    404    und    der   römischen   von    510 — 30  auch 
schon    in    der    Secunda    gegeben    und   verstanden   werden,    das   letztere 
zumal,    da   in    dieser  Klasse  Ciceronische   Reden  gelesen   würden,    dem 
Geschichtsunterricht  auch  noch  andere  adminiculierende  Mittel  zu  Hülfe 
kämen.     Allerdings  könne  in  Secunda  auch  deutsche  Geschichte  gelehrt 
und  von  einem  energischen  Lehrer  das  thatsächliche  eingeprägt  werden, 
aber  das  wichtigste,  die  Entstehung  des  deutschen  Reichs  aus  dem  Ge- 
gensatze zwischen  den  Hermunduren  und    den  nördlichen  Stämmen ,  die 
Entwicklung  der  deutschen  Reichsverfassung  von  den  ältesten  Zeiten  bis 
zu  ihrem  Verfall,  aus  welchem  die  einzelnen  Territorien  hervorgegangen, 
könne   unmöglich   in   Secunda    zum   Verständnis    gebracht    werden,    das 
könne   erst    in  Prima   geschehen ;    ohne    solches  Verständnis    aber  werde 
der  Schüler  keine  Liebe  zur  deutschen  Geschichte  gewinnen,  den  besten 
Stachel  zur  weiteren  Betreibung.     Für  die  von  ihm  vorgeschlagene  An- 
ordnung spreche  auch  noch  ein   anderes  Moment;  es  sei  doch  jedesfalls 
notwendig,    dasz  beim  Geschichtsunterricht   maszvolle  Mitteilungen  aus 
den  Quellen   stattfänden ;    da  könnten   nun  wol    für   Secunda  Herodot, 
Livius ,    Taeitus    usw. ,    teilweise  im  Originale ,   teilweise   in    flieszenden 
Uebersetzungen,    zu  Hülfe   genommen   und   dies    dann  in  Prima  fortge- 
setzt werden,  aber  geeignete  Abschnitte  aus  Paulus  Diaconus,  Gregorius 
von  Tours  usw.  könnten  nicht  in  Secunda  bei   der  Betrachtung  benutzt 
werden,  dies  könne  erst  in  Prima  geschehen,  und  um  so  mehr,  je  mehr 
man  der  Neuzeit  nahe;    erst  in  Prima  könne  dies  ein   fruchtbringender 
Hebel  des  Geschichtsunterrichts  werden ;    aus  diesen  Gründen  billige  er 
den  fünften  Satz  der   Dietschischen  Thesen  nicht  und  verlange,  ab- 
gesehen von  den  notwendigen  Repetitionen,  für  Prima  neuere  Geschichte, 
nicht  alte.  —  Da  vom  Vorsitzenden  die  Frage  angeregt  wurde,  ob  man 
nicht    in   Hinsicht   auf   die   Zeit   und    die   noch    zur  Berathung  gestellte 
Kühnastsche   Thesis    von     einer    weiteren    Discussion   absehen   wolle, 
so  ergab  die  Abstimmung  ein  zweifelhaftes  Resultat  und  wurde  deshalb 
vom   Präsidium    die   Fortsetzung    der   Debatte    verfügt.    —   Der   Propst 
Müller    aus  Magdeburg   gibt    als    den    in    seiner    Schule    eingehaltenen 
Gang  des   Geschichtsunterrichts  an,    dasz    in  den  drei  untern  Klassen 


i  54  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

nur  Geographie,  dann  in  Oberqiiarta  vaterländische  (preuszische)  Ge- 
schichte, darauf  endlich  in  Tertia  in  e'iuein  Cursus  die  ganze,  endlich  in 
Secunda  die  alte,  in  Prima  die  mittlere  und  neuere  Geschichte  gelehrt 
werden.  Die  alte  Geschichte  komme  dabei  nicht  zu  kurz  ;  denn  in  Se- 
cunda werde  viel  Historisches  (Herodot,  Livius,  Sallust)  gelesen  und  der 
Schüler  werde  da  hinlänglich  auf  die  Quellen  der  alten  Geschichte  hin- 
gewiesen; in  Prima  genüge  dann  bei  der  Leetüre  der  alten  Klassiker 
immer  wieder  auf  die  Geschichte  hinzuweisen  und  daneben  auch  die 
Schüler  zur  Nachlesung  gewisser  historischer  Partien  anzuhalten;  schwe- 
rer sei  es  aber  in  Secunda ,  die  staatlichen  Verhältnisse  der  Neuzeit 
dem  Schüler  anschaulich  zu  machen:  auch  aus  dem  Grunde  müsze  er 
gegen  den  in  der  Tliesis  enthaltenen  Vorschlag  sich  erklären,  weil  dann 
die  in  Prima  einrückenden  Schüler  noch  gar  keine  ausführliche  Ge- 
schichte der  alten  Zeit  gehabt  haben  würden;  aus  welchem  Bereiche 
solle  man  dann  in  den  ersten  sechs  Wochen  den  Stoff  zu  den  Aus- 
arbeitungen entnehmen?  Auszerdeni  erscheine  ihm  die  neue  Geschichte 
gerade  für  Prima  von  groszer  Wichtigkeit;  denn  hier  erst  könne  die 
Jugend  mit  rechtem  Gewinn  auf  die  Gegenwart  hingewiesen  werden, 
erst  hier  könne  man  auf  ihren  praktischen  Sinn  einwirken;  der  Sinn 
für  Geschichte  könne  durch  nichts  besser  erweckt  und  gestärkt  werden, 
als  durch  die  neue  Geschichte;  dasz  durch  deren  Behandlung,  wie  vor- 
her geäuszert  sei ,  das  geschichtliche  Interesse  auf  der  Universität  er- 
kalte, widerspreche  durchaus  seinen  langjährigen  Erfahrungen.  —  Peter 
bittet  um  Entschuldigung,  wenn  er  wegen  der  Kürze  der  zugemessenen 
Zeit  etwas  schrofi"  zu  sprechen  scheine;  vor  allen  Dingen  müsze  er 
darauf  hinweisen ,  wie  natürlich  ein  tüchtiger  und  für  sein  Fach  be- 
geisterter Lehrer  notthue;  in  vielen  Einzelheiten  sei  er  mit  As s mann 
und  Sehr  ad  er  vollkommen  einverstanden,  aber  nicht  in  den  von  ihnen 
gezognen  Folgerungen;  er  erkenne  vollkommen  die  Berechtigung  des 
modernen  Elements  an,  und  es  brauche  z.  B.  nach  seiner  Ansicht  der 
Lehrer,  wenn  er  nur  ein  einsichtiger  Mann  sei,  die  Geschichte  der  fran- 
zösischen Revolution,  wie  gefährlich  auch  dieser  Boden  sei,  keineswegs 
intact  zu  lassen;  aber  ihm  komme  vor  allem  darauf  das  meiste  an,  dasz 
die  alte  Geschichte,  das  Griechen-  und  Kömertum,  angeschaut  werde  im 
Lichte  der  Gegenwart,  dasz  sie  dargestellt  werde  als  ein  Teil  der  Welt- 
geschichte,  nicht  als  ein  abgeschlossenes  Ganzes,  dasz  die  Bedeutung 
der  Entwicklung  der  alten  Völker,  ihres  Verfalls  und  ihrer  Regeneration 
durch  das  Christentum  für  alle  Folgezeit  gehörig' erkannt  werde;  dies 
lasse  sich  aber  erst  in  Prima  erkennen,  und  auf  solche  Erkenntnis  des 
Zusammenhangs  hinzuwirken,  darauf  sei  sein  Streben  in  dieser  Klasse 
gerichtet;  wenn  darauf  hingewiesen  worden  sei,  dasz  die  alte  Geschichte 
in  Secunda  nicht  entbehrt  werden  könne,  so  spreche  dies  Argument  viel- 
mehr für  seine  Weise;  denn  werde  die  alte  Geschichte  erst  in  jener 
Klasse  gelehrt,  so  werde  der  Schüler  von  derselben  für  seine  Leetüre 
wenig  Nutzen  haben ,  da  er  sie  erst  nach  und  nach  im  Verlaufe  zweier 
Jahre  bekomme;  nach  seiner  Weise  habe  er  sie  schon  in  Tertia  gehabt 
und  bringe  den  Gewinn  davon  nach  Secunda  mit;  allerdings  sei  auf  die 
Repetitionen  der  alten  Geschichte  in  dieser  Klasse  viel  zu  halten,  dann 
aber  könne  in  Prima  um  so  leichter,  um  einen  Ausdruck  der  Thesis  zu 
gebrauchen,  'die  Vertiefung  und  Erweiterung'  folgen.  —  Assmann  ver- 
sichert, dasz  auch  er,  wie  Peter,  groszes  Gewicht  auf  die  Repetitionen 
lege  und  in  Prima  nie  zur  neuen  Geschichte  übergehe,  bevor  er  nicht 
die  alte  sorgfältig  wiederholt  habe.  Sodann  wiederholte  er  seine  An- 
sicht, dasz  auch  er  in  der  Prima  alte  Geschichte  behandelt  wissen  wolle, 
aber  nicht  vorzugsweise  und  deshalb  den  Satz  Nr  5  lieber  umkehre;  die 
individuelle  Ueberzeugung,  welche  ihm  von  verschiedenen  Seiten  zum 
Vorwurf  gemacht  worden  sei,  habe  denn  doch  mehrere  Vertreter  in  der 


Kurze  Anzeigen  und  Miäcellen.  1^5 

Versammlung  gefundeu;  unmöglich  könne  die  alte  Geschichte  den  Cursus 
der  Geschichte  in  Prima  ausfüllen,  wenigstens  solle  sie  es  nicht,  da  be- 
reits in    den  untern  Klassen  eine  Uebersiclit    derselben   gegeben  worden 
sei ;    seiner    Ueberzeugung   nach   sei    dem    Primaner    auch   das   moderne 
Element  nahe  zu  bringen;    zur  Erweiterung  der  Kenntnis  von  der  alten 
Geschichte    werde    es    sich   sehr  empfehlen,    wenn    bei    der  Leetüre    der 
klassischen  Schriftsteller  mit  der  grammatischen  auch  geschichtliche  Er- 
klärung  verbunden,    wenn  auf  die  reale  und  historische  Seite  derselben 
mehr  Gewicht   gelegt  werde,  als  es  gewöhnlich  geschehe;    die  gramma- 
tische und  sprachliclie  Auslegung  haben  auch  ihre  Grenzen.  — •  Als  letzter 
ausführlicherer  Redner  in  der  J)ebatte  trat  auf  Director  Dr  Hoffmann 
aus  Lüneburg.     Er  wendete  zuerst  das  Argument,  das  Peter  für  seine 
Ansicht  herangezogen,    dasz   der  Schüler,    wenn  die    alte  Geschichte  in 
Secunda   gelehrt    werde,    wenig  Gewinn  davon    für    seine  Leetüre  haben 
werde,  gegen  die  Aufnahme  der  alten  Geschichte  in  Prima,  da  der  Pri- 
maner,   wenn   sie    erst  in   seiner  Klasse   gelehrt  werde,    erst  successive 
das  erhalte,  was  er  zur  Leetüre  viel  notwendiger  brauche  als  in  Secunda; 
nach  jenes  Ansicht  solle  der  Primaner  noch  mit  dem  Haus  halten,  waa 
er  in  der  Tertia  gewonnen  ,  wärend  nach  der  anderen  Weise  ein  zwei- 
maliger Cursus  in  Quarta  und  Secunda  vorausgegangen  sei;  ihm  scheine 
es  notwendig  die  Einheit  der    beiden  obern  Klassen  aufrecht  zu  halten ; 
in  diesen  wünsche  auch  er  vor  allem  eine  Vertiefung  ins  Altertum,  aber 
diese   müsze   besonders   von   der   linguistischen  Seite   aus   erfolgen ;    die 
Geschichte  solle  dagegen  vom  Altertum    in    die  neuere  Zeit  herüberfüh- 
ren und  das  spätere  als  Resultat  des  früheren  ansehn  lehren;  geschähe 
dies,    so  würden  junge  Leute,    die    von    den  Schulen  abgehn,   auch  ein 
Verständnis   für  unsere  Zeit    mitbringen;   vor  20 — 30  Jahren,   wo    man 
wenig    für   mittlere   und   neuere    Geschichte    gethan ,    seien    dagegen  die 
Abgegangenen  regelmäszig   mit  unseren    staatlichen  Veihältnissen  unzu- 
frieden und  im  Conflict  gewesen,  weil  sie  dieselben  nur  nach  dem  Alter- 
tum bemessen   hätten ,    welches    doch  nicht    den   richtigen  Maszstab  ab- 
gebe.     Dazu    komme,    dasz    ein    volles    und   bildendes   Verständnis    des 
Mittelalters   in  Secunda    nicht   erschlossen   werden  könne;    das    sei  eine 
\Velt  für  sich,    wärend    alte   und  neuere  Geschichte  auffallend   auf  den- 
selben  Principien    beruhten;    wer   nun    das    Mittelalter  nicht   in    Prima 
kennen  lehren  wolle,  weise  die  Schüler  auf  die  Universität  an;  die  Uni- 
versitäten stünden  aber  jetzt  besonders  beim  Detailstudium,  und  kaum 
möchte  noch  irgendwo  Universalgeschichte  des  Mittelalters  gelehrt  wer- 
den;   somit   müsze    Prima   der   Theorie    nach    mittlere    und   neuere    Ge- 
schichte   zufallen ;    ein    guter   Lehrer    aber    werde    dabei  in  schlagenden 
Fällen   auch    auf   ähnliche    Erscheinungen    des    Altertums   gern    eingehn, 
und    ein    solcher  könne  auch  allenfalls  alte  Geschichte    in  Prima  lehren 
und  durch   geeignetes   Hinweisen    auf  entsprechende  Fälle   der   Neuzeit 
das    Verständnis    der    letztern    auch    durch    alte    Geschichte    genügend 
vorbereiten ;   denn   die   Bestrebungen   und  Leidenschaften  der  Menschen 
seien   zu  allen  Zeiten  im  wesentlichen  sich  gleich  und  unter   der   römi- 
schen   Toga   wie    unter    dem    griechischen    Gewand    dieselben    gewesen 
wie    heutzutage.    —    Nachdem    ein   Antrag    von    Lattmann,    zu   Nr  5 
zuzufügen:    jedoch    ist    auf    die    Individualität    des   Lehrers 
Rücksicht    zu   nehmen,    auf  die  Bemerkung  des  versitzenden  Vice- 
präsidenten,   dasz  dies  selbstverständlich  und  durch  die  Discussion  klar 
genug   herausgestellt   sei,    in  Uebereinstimmung   mit    der    Versammlung 
zurückgezogen    worden    war ,    erhielt    bei    der    vorgerückten    Zeit    der 
unterzeichnete   Ref.    nur    noch    ein   kurzes    Schluszwort.     Er  sprach    in 
dems-'lben  aus,    dasz    er   das  Wort   weniger  verlangt   habe,    als  man  es 
von  dem  Antragsteller  habe  erwarten  können,   weil  er  den  Wunsch  ge- 
hegt, möglichst  vieler  Ansichten  zu  hören  und  von  ihnen  zu  lernen,  er 


156  Kurze  Anzeige»  und  Miscellen. 

dauke  allen,  die  für  oder  gegen  seine  Thesis  gesprochen,  mit  der  Ver- 
sicherung, dasz  er  nichts  unbeachtet  lassen  werde;  die  Zeit  verbiete 
ihm  auf  die  erhobenen  Gegengriiade  einzugehen*)   und   er   iniisze    daher 


*)  Damit  es  einerseits  nicht  als  eine  leere  Phrase  erseheine,  dasz 
er  nur  in  Rücksicht  auf  die  Zeit  ein  Eingehen  auf  die  erhobnen  Ein- 
wände und  Gegengründe  unterlassen  habe,  andererseits  aber  für  eine 
weitere  Discussion  ein  Anhalt  geboten  werde ,  will  Ref.  hier  nach  dem, 
was  er  sich  unmittelbar  bei  der  Debatte  notiert,  das  geben,  was  er  bei 
längerer  Zeit  gesprochen  haben  würde.  Was  er  gegen  den  einen  Ein- 
wand von  Firn h aber  (die  Weglassung  der  Titel  wird  man  entschuldi- 
gen) bemerkt  hätte,  ist  schon  oben  in  einer  Anmerkung  mitgeteilt,  ge- 
gen den  andern  aber  würde  ausgesprochen  worden  sein ,  dasz  es  zwar 
als  wünschenswert  erscheine ,  wenn  der  Geschichtsunterricht  in  Secunda 
und  Prima  in  der  Hand  desselben  Lehrers  liege,  aber  doch  nicht  als  ab- 
solut notwendig,  ebenso  wenig  wie  dasz  der  Lehrer  der  Geschichte  einen 
Teil  des  klassischen  Unterrichts  erteile,  vielmehr  nur  die  Forderung 
aufzustellen  sei,  dasz  der  Lehrer  sich  mit  dem  Gang  und  den  Resulta- 
ten der  übrigen  Unterrichtsfächer  vertraut  mache  und  mit  den  betref- 
fenden Lehrern  in  eine  innige  Geistesgemeinschaft  setze:  eine  Forde- 
rung die  zwar  ideal  sei,  deren  Erfüllung  aber  mit  allen  Kräften  zuge- 
strebt werden  müsze,  wenn  die  Schule  ein  harmonisches  Ganzes  bilden 
solle;  übrigens  sei  allerdings  der  Geschichtsunterricht  in  Secunda  und 
Prima  und  ein  Teil  des  klassischen  Unterrichts  in  der  letztern  Klasse 
für  denjenigen  zu  viel,  der  sich  erst  den  Stoft"  und  die  Methode  er- 
werben müsze,  aber  die  Forderung  übersteige  durchaus  nicht  das  Masz 
der  Arbeit ,  welches  in  den  meisten  Ländern  e'inem  Lehrer  aufgelegt 
werde,  und  er  selbst  getraue  sich,  ohne  grosz  sprechen  zu  wollen,  die- 
selbe zu  erfüllen.  Von  Ziel  hätte  ich  die  regelmäszige  Verwendung 
einer  Stunde  in  Prima  auf  alte  Geschichte  bestens  als  ein  meiner  An- 
sicht etwas  näher  tretendes  Zugeständnis  acceptiert ,  gegen  seinen 
übrigen  Einwand  aber  geltend  gemacht,  dasz  die  alte  Geschichte  aller- 
dings klarer,  lichter  und  übersichtlicher,  als  die  übrigen  Perioden  der 
Geschichte  seien ,  aber  die  Aneignung  iind  Einprägung  des  Thatsäch- 
lichen,  wie  sie  für  das  jüngere  Alter  passe,  wesentlich  verschieden  sei 
von  der  auf  eigner  Anschauung  aus  der  Litteratur  beruhenden  Einsicht 
in  das  Leben  der  alten  Völker,  welche  ich  als  das  Gesamtergebnis  des 
Hauptstudiums  der  Gymnasiasten  ,  zu  dessen  Sammlung  und  Uebersicht 
der  Geschichtsunterricht  eine  bedeutende  Mitwirkung  habe ,  fordere, 
aber  gewis  nur  in  Prima  fordern  könne.  Bei  der  Erwiderung  gegen 
Schrader  hatte  ich  auf  dessen  Zugeständnis  zu  fuszen,  dasz  deutsche 
Geschichte  auch  schon  in  Secunda  gelehrt  und  das  Thatsächliche  von 
einem  energischen  Lehrer  (dergleichen  allerdings  für  jeden  sicheren  Er- 
folg voraussetzen)  eingeprägt  werden  könne,  und  daran  die  Frage  an- 
zuknüpfen, ob  denn  das,  was  er  in  Secunda  als  noch  nicht  verständlich 
bezeichnet,  nicht  bei  der  von  mir  beabsichtigten  Repetition  in  Prima 
nachgeholt  werden  könne,  die  ich  mir  in  einem  solchen  Masze  dächte,  dasz 
z.B.  bei  ihr  vom  Schüler  Giesebrechts  treffliches  Werk  gelesen  wer- 
den könne;  schon  der  Umstand,  dasz  ich  selbst  das  eben  genannte 
Werk  als  ein  solches  öffentlich  bezeichnet,  das  in  keiner  Schulbibliothek 
fehlen  und ,  wo  möglich ,  von  keinem  Schüler  ungelesen  bleiben  dürfe, 
beweise,  wie  ich  die  Forderung  des  Gegners  nicht  unberücksichtigt  ge- 
lassen habe.  Für  die  feste  Einprägung  der  Thatsachen  der  mittleren 
und  neueren  Geschichte  in  Secunda  war  dann  von  mir  hervorzuheben, 
wie  eine  solche  nach  Prima  mitgebracht  werden  müsze,  damit  die  deut- 
sche Litteraturgeschichte ,  in  welchem  Umfange  man  auch  sie  lehre ,  ein 
Adminiculum  habe  (die  oratio  obliqua  wird  schleppend,  deshalb  will  ich 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellon.  157 

auf  seine  über  all  sein  Erwarten  günstig  aufgenommenen  Lehrbücher 
und  auf  die  gleich  beim  Beginn  bezeichnete  Abhandhing  verweisen; 
darüber  freue  er  sich,   dasz  das  Princip  von  ihm,   die  eigne  Arbeit  des 

lieber  direct  fortfahren).  Das  Verständnis  der  Verfassungen  und  Gesetze, 
wie  es  der  Redner  in  Secunda  für  möglich  hält,  ist  doch  noch  weit  ent- 
fernt von  dem,  was  icli  für  die  alte  Geschichte  in  Prima  verlange;  fliesz- 
ende  Uebersetzungen  In  den  obern  Klassen  der  Gymnasien  anzuwenden, 
halte  ich  für  unrätlich;  der  Gymnasiast  musz  gezvvungen  und  dahin  ge- 
bracht werden,  aus  den  Quellen  selbst  zu  schöpfen,  und  deren  durch 
Uebersetzung  nie  zu  erreichende  schöne  Eigentümlichkeit  anerkennen 
lernen.  Dasz  schon  in  Secunda  die  alten  Geschichtschreiber  zur  Kennt- 
nis der  Geschichte  gelesen  werden ,  ist  meiner  Erfahrung  nach  unmög- 
lich. Die  Schüler  haben  hier  noch  zu  viele  sprachliche  Schwierigkeiten 
zu  überwinden ,  aber  wenn  dieselben  in  Secunda'  durch  öffentliche  Leetüre 
in  Herodots  und  Livius'  Sprache  eingeführt  sind,  dann  kann  in  Prima 
das  Lesen  erfolgen ,  welches  ich  neben  dem  Unterricht  in  der  alten  Ge- 
schichte verlange.  Auch  kann  das  Lesen  in  Secunda  neben  der  alten 
Geschiclite  nicht  das  leisten,  was  man  vielleicht  meint;  denn  wenn  der 
Schüler,  nachdem  er  die  griechische  Geschichte  im  ersten  Jahre  gehabt, 
im  zweiten  an  die  Leetüre  des  Herodot  geht,  so  kann  dies  dann  nur 
zur  Ausfüllung  und  Vervollständigung  führen.  Das  ,  was  ich  in  Prima 
verlange,  setzt  schon  einen  gröszern  Umfang  in  der  alten  Geschichts- 
litteratur  voraus ,  und  es  kann  bei  einem  solchen  viel  mehr  Frucht  und 
Segen  erreicht  Averden.  Gegen  das  Lesen  von  Abschnitten  aus  Paulus 
Diaconus,  Gregor  von  Tours  usw.  bin  ich,  nicht  insoweit  als  ob  man 
nicht  einzelneu  dies  zuführen  und  zulassen  solle,  aber  im  ganzen  fürchte 
ich,  haben  sie  neben  den  Schriftstellern  des  Alterturas  eher  etwas  ab- 
schreckendes. Soll  die  Liebe  zum  deutschen  Vaterland  geweckt  werden 
—  und  wer  will  dies  nicht  ?  —  nun  so  gibt  es  ein  besseres  Mittel  als 
seine  lateinischen  Geschichtschreiber:  die  Dichtungen  des  deutschen 
Volks.  Die  Nibelungen  und  Lieder  von  Walter  von  der  Vogelweide  in 
Prima  gelesen,  wie  es  ja  Hr  Stier  mit  so  trefflichen  Gründen  verlangt, 
werden  die  Brust  der  Jugend  höher  schlagen  machen,  und  sollte  dann  die 
vertiefende  und  erweiternde  Repetition,  wenn  sie  sich  daran  anschlieszt 
und  diese  Begeisterung  zu  gröszrer  Klarheit  und  Sicherheit  bringt, 
einen  Abbruch  an  der  deutschen  Gesinnung  des  Jünglings  erwirken  ? 
Der  deutsche  Unterricht  komme  nur  dem  Geschichtsunterricht  recht  zu 
Hülfe ,  dann  wird  auch  bei  vorzugsweise  alter  Geschichte  in  Prima  nach 
energischer  Einpräguhg  des  Thatsächlichen  aus  Mittelalter  und  Neuzeit 
in  Secunda  der  Schüler  genug  auf  die  Universität  mitbringen.  Wenn 
mein  verehrungswürdiger  Freund,  Propst  Müller,  sich  deshalb  gegen 
meinen  Vorschlag  erklären  zu  müszen  glaubt,  weil  der  Schüler  dann 
nicht  nach  Prima,  was  er  dort  aus  der  alten  Geschichte  brauche,  mit- 
bringe, so  hat  er  wol  nicht  genug  beachtet,  dasz  nach  meinem  Vor- 
schlag ja  in  Tertia  zwei  Jahre  auf  feste  und  sichre  Einprägung  des 
Thatsächlichen  aus  der  alten  Geschichte  verwendet  und  in  Secunda  das 
Wissen  durch  stete  Repetition  befestigt  und  bei  der  Leetüre  erweitert 
werden  soll.  Der  Frage,  woher  der  Stoff  zu  den  Ausarbeitungen  wärend 
der  ersten  sechs  Wochen  genommen  werden  solle,  setze  ich  einfach  die 
Antwort  entgegen:  aus  den  in  Secunda  gelesenen  Schriftstellern.  Ueber 
den  Begriff  'praktischer  Sinn'  läszt  sich  viel  streiten,  mir  aber 
scheint  die  einzige  wahre  praktische  Vorbereitung,  die  das  Gymnasium 
geben  kann:  festes,  durch  ernste  Arbeit  zum  Eigentum  gewordenes 
Wissen,  klares  Denken,  Liebe  zur  Wahrheit  und  eine  ernste  fromme 
Gesinnung.  Man  kann  freilich  die  brennenden  Fragen  der  Zeit  vom 
Schüler  nicht  ganz  abwehren ,  aber  ihn  voll  in  dieselben  hinein  zuführen, 


158  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Schülers  im  Geschichtsunterricht  des  Gymnasinms  zur  Geltung-  zu  brin- 
fien,  allgemeine  Uebereinstimmung,  wenigsten  keinen  Widerspruch  ge- 
funden, und  dasz   auch   die  Gegner   seiner  Ansicht   die  Notwendigkeit, 

scheint  mir  unrätlich,  ja  schädlich;  was  dafür  zu  thun  ist,  kann  und 
musz  auf  andere  Weise  geschehen  und  wird  durch  den  von  mir  vorge- 
schlagenen Weg  des  Geschichtsunterrichts  nicht  ausgeschlossen.  In  den 
letzten  Worten  des  Redners  finde  ich  ein  von  mir  vielleicht  verschulde- 
tes Misverständnis ;  nicht  dem  Unterricht  in  der  neueren  Geschichte  in  der 
Prima  will  ich  den  Mangel  an  Interesse  auf  der  Universität  zugeschrie- 
ben wissen,  sondern  dem  bisher  üblichen  Lernen  und  Aneignen  aus  dem 
Munde  des  Lehrers  und  gewissen  Compendien,  das  einen  falschen  Dün- 
kel erzeugt.  Statt  dessen  verlange  ich  die  Aneignung  durch  eigne  Ar- 
beit ,  wie  sie  für  die  alte  Geschichte  mir  nur  in  Prima  möglich  erscheint. 
Mit  Peter  bin  ich  nicht  in  so  groszer  Differenz,  als  er  selbst  glaubt; 
denn  die  Beziehung  der  alten  Geschichte  auf  die  Neuzeit ,  und  ihr  Er- 
fassen als  eines  Teils  der  allgemeinen  Geschichte  will  auch  ich ;  nur 
über  die  Mittel  und  Wege,  und  über  das  für  jeden  Teil  der  Geschichte 
erforderliche  Masz  an  Zeit  sind  wir  nicht  ganz  einig.  Für  das,  was 
zu  erkämpfen  mir  am  Herzen  liegt,  eine  ganz  andere  und  viel  ein- 
gehendere Berücksichtigung  der  alten  Geschichte  in  Prima,  als  sie  bis- 
her an  den  allermeisten  Gymnasien  stattgefunden,  begrüsze  ich  ihn, 
wie  auch  Lübker,  freudig  als  meinen  Bundesgenossen.  Auch  von 
Assmann  trennt  mich  nicht  ein  so  groszer  Zwischenraum;  er  räumt  ja 
der  alten  Geschichte  in  Prima  viel  ein  und  ich  erkenne  dem  modernen 
Elemente  mehr  zu,  als  es  vielleicht  scheint;  ich  habe  z.  B.  gar  nichts 
dagegen,  wenn  das  Thatsächliclie  aus  der  französischen  Revolution  und 
der  neuesten  Zeit  in  Secunda  objectiv  eingeprägt  wird.  Was  seine  Be- 
merkung wegen  der  Leetüre  betrifft ,  so  musz  ich  doch  darauf  hinwei- 
sen, dasz  bei  manchen  Schriftstellern,  wie  z.  B.  Plato,  den  Tragikern, 
Cic.  de  nat.  Deor.,  doch  für  das,  was  man  gewöhnlich  Geschichtskennt- 
nisse nennt,  nicht  viel  zu  geben  ist,  wol  aber  für  die  Erkenntnis  des 
antiken  Geistes ,  und  eben  weil  ich  diese  Erkenntnis  für  die  alte  Ge- 
schichte verwerthet  wissen  will,  ich  diese  nach  Prima  verlege.  Wenn 
ich  mich  endlich  zu  meinem  lieben  Freund  Hof  fmann  wende,  so  musz 
ich  zuerst  daran  erinnern,  dasz  ja  auch  ich  sogar  einen  doppelten  Cur- 
sus  der  alten  Geschichte  in  Sexta  oder  Quinta  und  in  Tertia  vor  Prima 
voraussetze  und-  für  Festhaltung  und  Auffrischung  des  vorher  gewonne- 
nen in  jeder  folgenden  Klasse  entschiedene  Fordrungen  gestellt  habe. 
Sie  sind  freilich  für  viele  Lehrer  unbequem,  wenn,  wie  es  nicht  anders 
sein  kann,  die  Curse  in  verschiedenen  Händen  liegen,  aber  um  des 
Wohles  des  Ganzen  und  des  zu  bildenden  Schülers  willen  müszen  sie 
energisch  festgehalten  werden.  Will  man  Secunda  und  Prima  als  einen 
continuierlichen  Cursiis  ansehn,  so  wird  man  allerdings  meinen  Vor- 
schlag zu  modificieren  haben,  wie  ich  selbst  darauf  hingedeutet;  ich 
habe  aber  für  das,  was  ich  angenommen,  die  Gründe  für  mich,  die  in 
Preuszen  bestimmt  haben,  an  den  Gymnasien  Tertia  und  Secunda  als 
^ine,  Prima  wieder  als  eine  besondere  Stufe  hinzustellen.  Ich  will  nicht 
eingehen  auf  das ,  was  mein  Gegner  über  das  Verhältnis  des  Mittelalters 
zur  alten  und  zur  neuen  Zeit  gesagt  hat;  ich  erkenne  manches  darin 
an,  obgleich  sich  über  manches  noch  streiten  läszt,  aber  Widerspruch 
erhebe  ich  dagegen,  dasz  das  Gymnasium  seinen  Unterricht  nach  dem 
gerade  obwaltenden  Stand  auf  den  Universitäten  zu  regeln  habe;  was 
könnten  wir  dann  nicht  alles  in  unsern  Kreis  aufnehmen?  Auf  der 
Universität  wird  gewis  Universalgeschichte  des  Mittelalters  gelesen 
werden,  wenn  Zuhörer  sich  finden,  wenn  der  Lehrer  ein  ihm  entgegen- 
kommendes Bedürfnis   wahrnimmt.     Und   wenn  gesagt   ward,   dasz   die 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  150 

der  nlten  Geschichte  in  Prima  eine  gr'oszere  und  eingehendere  Berück- 
sichtigung zu  widmen,  als  bisher  fast  allgemein  geschehen  sei,  aner- 
kannt hätten.  Er  schlosz  mit  der  Hoffnung,  dasz  die  von  ihm  angeregte 
Diseussion  dem  Geschichtsunterrichte ,  dem  er  die  beste  Kraft  seines 
Lebens  gewidmet  habe,  und  den  er  für  eins  der  wichtigsten  Bildungs- 
mittel des  Gymnasiums  halte,  Nutzen  bringen  und  ihm  die  Aufmerk- 
samkeit vieler,  wenn  sie  auch  nicht  selbst  Geschichte  lehrten,  zuwen- 
den werde,  und  mit  der  Aufforderung,  dasz  trotz  aller  divergierenden 
Ansichten,  doch  alle  in  e'inem  Geiste  Bausteine  herbeischaffen  und  zu- 
bereiten möchten,  damit  der  Bau  ein  groszer  und  herlicher,  auf  soliden 
Grundlagen  beruhender  werde.  —  Eine  längere  Debatte  erhob  sich  nun 
wegen  der  Abstimmung  über  den  fünften  Satz  der  Dietschschen  The- 
sen, auf  welche  Realschuldirector  Dr  Hüser  antrug.  Gegen  die  Vor- 
nahme einer  solchen  erklärten  sich  der  Ref.,  weil  ihm  die  Diseussion 
keineswegs  zum  Absclilusz  gebracht  schien,  der  Präsident  Assmann, 
der  den  Vorsitz  wieder  übernommen  hatte,  indem  er  auf  die  Resultat- 
losigkeit  einer  solchen  hinwies  und  es  für  zweckmäsziger  hielt,  den 
Streit  auf  den  litterarischen  Kampfplatz  zu  überweisen,  auf  dem  er  und 
Dietsch  sich  mit  gegenseitiger  herzlicher  Achtung  und  Liebe  bewegen 
würden.  Bäum  lein,  indem  er  darauf  aufmerksam  machte,  dasz  dann 
die  Abstimmung  auch  auf  die  Ansichten  vermittelnder  Natur  gerichtet 
werden  müsze ,  was  bei  der  Kürze  der  Zeit  unmöglich  sei,  wobei  Ziel 
an  den  von  ihm  vorgelegten  Gegenantrag  erinnerte.  Wärend  Peter 
noch  den  Unterantrag  stellte,  dasz  dem  modernen  mehr  einzuräumen 
sei  als  es  von  Dietsch  geschehen,  bemerkte  Schrader,  dasz  die  Ab- 
stimmung nur  dann  zu  Ende  kommen  könne,  wenn  sie  einfach  auf  den 
Dietschschen  Satz  gerichtet  werde,  und  gab  Hoff  mann  zu  erkennen, 
dasz  die  Abstimmung  sehr  interessant  sein  würde,  dieselbe  aber  dann 
doch  auch  von  denen  vorgenommen  werden  solle ,  welche  wirklich  in 
den  oberen  Gymnasialklassen  Geschichte  gelehrt  hätten,  das  werde  noch 
interessanter  sein,  wogegen  sich  mehrfache  Stimmen  mit  'Nein,  Nein' 
erklärten.  Der  Präsident  endete  endlich  die  Debatte  mit  der  Bemerkung, 
dasz  wenn  man  berücksichtige,  wie  Dietsch  nur  vorzugsweise  die 
alte  Geschichte  in  Prima  zum  Gegenstand  des  Geschichtsunterrichts  em- 
pfehle,  alle,  welche  dies  entweder  umgekehrt,  oder  doch  beide  Teile 
der  Geschichte  gleicherweise  in  jener  Klasse  berücksichtigt  wollten,  da- 
gegen zu  stimmen  hätten,  und  stellte  demnach  die  Frage.     Die  Stimm- 

Leidenschaften  dieselben  unter  der  römischen  Toga  und  dem  griechi- 
schen Chiton  gewesen,  wie  heutziitage,  nun  so  habe  ich  eben  zu  be- 
merken, dasz  sie  dort  durchsichtiger,  erkennbarer,  klarer,  ja  unver- 
hehlter  hervortreten ,  als  in  der  neuen  Zeit  und  demnach  in  der  alten 
Geschichte  mehr  für  ihre  Erkenntnis  vom  Schüler,  denn  um  den  handelt 
es  sich  allein,  gewonnen  werden  kann.  So  finde  ich  mich  denn  durch 
das  angeführte  nicht  widerlegt  und  selbst  wenn  manche  Uebelstäntle  mit 
Recht  an  meinem  Plane  gerügt  werden  können,  so  musz  ich  dennoch 
auf  die  Beantwortung  der  beiden  Fragen  dringen:  welches  ist  das  wahre 
Wesen  des  Gymnasiums  und  wie  hat  sich  der  Geschichtsunterricht  dem- 
selben einzufügen?  Denn  darauf  beruht  alles,  was  ich  aufgestellt  und 
vorgeschlagen  habe,  vor  allem  auch,  was  ich  für  den  Geschichtsunter- 
richt in  Prima  verlange.  Ich  weisz  es  wol ,  dasz  ich  etwas  Ideales  hin- 
gestellt habe  und  zu  seiner  Verwirklichung  noch  manche  Hindernisse 
hinweggeräumt  werden  müszen ;  ehe  dieselben  nicht  beseitigt  und  die 
Bedingungen  beschafft  sind,  möchte  ich  selbst  nicht  Hand  anlegen;  aber 
die  Frage  ist:  musz  darnach  gestrebt  und  was  kann  sofort  ins  Leben 
eingeführt  werden,  was  kann  jeder  Lehrer  sofort  zur  Richtschnur  seines 
Unterrichts  nehmen? 


160  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  —  Berichtigungen. 

Zählung  ergab  keine  Majorität  für  die  These,  aber  die  Gegenprobe  auch 
keine  gegen  dieselbe.  Man  stellte  die  Forderung,  da  doch  vielleicht 
viele  sich  der  Abs.timmung  enthalten  wollten,  die  ganze  Abstimmung  zu 
wiederholen  und  für  beide  Fragen  die  Zahlen  zu  constatieren,  der  Prä- 
sident aber  entschied  sich  nur  für  Wiederholung  der  Gegenprobe  und 
als  er  nun  die  Herren ,  welche  das  erstemal  die  Hände  nicht  aufgehoben 
gehabt,  dies  jetzt  zu  thun  aufforderte,  ergab  sich  eine  Maiorität  gegen 
die  These. 

Der  Ref.  musz  hier  sm  Schlusze  gesteheu,  dasz  ihn  dies  Resultat 
der  Abstimmung  nicht  überrascht  habe,  dasz  er  sich  aber  durch  die- 
selbe weder  gebeugt  noch  besiegt  fühlt  und  derselben  durchaus  nicht 
den  Werth  beilegen  kann ,  der  ihr  in  einigen  Blättern  beigelegt  worden 
ist.  Es  ist  dies  nicht  Rechthaberei  von  seiner  Seite,  vielmehr  erkennt 
er  an ,  dasz  die  Debatte  einiges  in  ihm  zu  gröszerer  Klarheit  gebracht 
hait,  aber  der  Grund,  weshalb  er  sich  gegen  die  Abstimmung  erklärte, 
zwingt  ihn  auch  jetzt  noch  derselben  weniger  Bedeutung  beizulegen. 
Die  Frage  ist  vereinzelt  nicht  zu  lösen ,  es  handelt  sich  dabei  um  eine 
das  ganze  Wesen  des  Gymnasiums  betreffende,  die  man  mit  mehr  oder 
weniger  Recht  die  der  Concentration  genannt  hat,  darum,  wie  die  Zer- 
splitterung zu  heben,  wie  die  nicht  auszuschlieszendeu  modernen  Ele- 
mente den  Hauptgegenständen  so  zuzuordnen  sind,  dasz  sie  in  eine 
innige  Beziehung  sich  gegenseitig  helfend  und  fördernd  treten.  Der 
Ref.  hat  dies  mit  dem  Geschichtsunterricht  versucht  und  gefunden ,  dasz 
er  mit  seinen  Ansichten  nicht  allein  steht,  sondern  mancher,  dem  er 
unbedingt  eine  höhere  Auctorität  zuschreibt,  sie  gutheiszt,  und  so  hegt 
er  die  Hoffnung,  dasz  je  mehr  man  sich  mit  seinem  ganzen  System  und 
dessen  Principien  vertraut  macht  —  was  bei  der  Discuasion  bei  vielen 
eingestandenermaszen  nicht  der  Fall  war  und  nicht  der  Fall  sein  konnte 
— ,  je  mehr  man  sich  in  das  wahre  Wesen  des  Gymnasiums  vertieft  und 
dies  als  Ganzes  ins  Auge  faszt,  desto  weniger  Individualität  und  Macht 
der  Gewohnheit  entgegenstehn  werden,  nicht  die  Wahrheit  seiner  Sätze 
völlig  anzvierkennen  —  denn  diese  Hoffnung  wäre  unbescheiden  —  aber 
seinen  Forderungen  eine  gröszere  Berechtigung  zuzugestehn.  Und  so 
empfiehlt  er  denn  dieselben  der  fortgesetzten  Aufmerksamkeit  aller, 
welchen  es  mit  unserem  Gymnasialwesen  Ernst  ist. 

Rud.  Dietsch. 


Berichtigungen. 


S.  55  Z.  2  1.  statt  nicht  rvie  dann:  nicht  eine  dann.  S.  58  Mitte  st. 
dieser  neuen  Ideen:  diesen  n.  I.  S.  72  Z.  16  für  klagte  mit  7vuchs:  klagte 
und  wuchs.  Auf  der  vorletzten  Zeile  derselben  S.  ist  einzige  zu  tilgen, 
S.  75  Z.  5  für  dasz  mit  einem  zu  lesen  dasz  von  einem.  Durch  das  Mis- 
verständnis  einer  vom  Hm  Verf.  nachträglich  erhaltnen  Anweisung  ist 
S.  69  in  der  Note  vorl.  Z.  nach  den  Bindevocal  ausgefallen:  daher  damus, 
duham,  dabo,  dare,  7iicht  ü;  die  Länge  des  a  in  das,  da,  ferner  stäs, 
stnbam ,  stäre  ist  sehr  auffällig  und  nur  usw.  ' 


Zweite  Abteilung: 

für  Gymiiasialpüdagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

niit  Ansschlusz  der  classisclien  Philologie, 
herausgegeben  toii  Rudolph  Dietsch. 


4. 

Zur  Historik. 

(Fortsetzung  von  Bd  LXXX  S.  276  ff.) 


4. 

Es  ist  eine  sehr  erkläriiclie  Sache  dasz  jeder,  der  auf  irgend  einem 
Gebiete  des  wissenschafllichen  oder  praktisclien  Lebens  mit  Reform- 
vorschlögen  hervortritt,  dabei  von  dem  Vorhandensein  einzelner  Mängel 
oder  einer  allgemeinen  Mangelhaftigkeit  ausgeht.  Denn  diese  Mängel 
oder  Mangelhaftigkeit  nicht  vorausgesetzt,  wäre  es  absurd  an  eine 
Reform  denken  zu  wollen. 

Wenn  diese  Mängel  aber  nur  wirklich  existieren,  wenn  sie  nur 
nicht  jenen  Reformgedanken  zu  Liebe  angenommen  werden,  wenn  der 
Reformer  nur  nicht  jenem  Unglücklichen  gleicht,  der  Feuer  schreit  und 
die  Stadt  allarmiert,  ehe  es  noch  gebrannt  hat!  Wir  setzen  voraus 
dasz  er  diese  Mängel  selbst  gesehen ,  durch  eigne  schmerzliche  Er- 
fahrung kennen  gelernt,  sich  auch  bemüht  hat  zu  helfen  und  zu  heilen, 
ehe  zu  einer  totalen  Reform  geschritten  wird,  auch  dasz  unser  wol- 
wollender  Freund  wisse,  was  bereits  über  diese  Sache  gedacht  und 
versucht  sei,  auch  sich  darüber  erkläre,  was  er  gegen  die  Vorschläge 
anderer  einzuwenden  habe.  Denn  in  der  Wissenschaft  ist  es  wie  im 
Leben  sehr  rallisam,  dasz  man  das  Neue  an  das  Alte  anknüpfe  und 
lieber  dies  weiter  zu  bilden  suche  als  einen  Salto  mortale  ins  Blaue 
thue,  den  wenige  geneigt  sein  möchten  nachzuthun.  Diese  unsere 
Forderungen  sind  um  so  billiger,  wenn  jene  Reform  einer  Wissen- 
schaft zugedacht  ist,  für  welche,  was  ihre  Methodik  anlangt,  doch 
manches  gute  gethan  ist  und  wie  z.  B.  von  Loebell  noch  immer 
gethan  wird.  Wir  müszen  uns  daher  befremdet  fühlen,  wenn  Professor 
Biedermann  in  seiner  Schrift 

'der  Geschichtsunterricht  in  der  Schule,  seine  Mängel  und  ein  Vor- 
schlag zu  seiner  Reform',  1860. 
alles  was  auf  diesem  Gebiete  geleistet  ist  auf  eine  so  vornehme  Weise 
ignoriert   dasz    cri  z.  B.  Loeb«lls  Verdienste   dabei  keines  Blickes 

N.  Jalul).  f,  Phil.  u.  Päd.    II.  Abt.  W,l,  Hft  4,  11 


"c" 


162  Zur  Historik. 

würdigt.  Wir  wollen  ihm  nicht  gleiches  mit  gleichem  vergelten,  son- 
dern, selbst  auf  die  Gefahr  hin  oft  gesagtes  wieder  sagen  zu  müszen, 
seine  Vorschläge  in  Erwägung  ziehen  und  prüfen,  ob  wir  von  ihnen 
Gebrauch  machen  und  Mutzen  ziehn  können. 

Sehen  wir  zuerst  die  Mängel,  welche  Professor  B  i  ed  erm  ann 
an  unserem  bisherigen  historischen  Unterrichte  entdeckt  hat. 

Es  fehlt  ihm,  sagt  er,  an  A  n  s  ch  a  ul  i  ch  kei  t.    Wenn  dies  der 
Fall  ist,  so  liegt  die  Schuld  sicher  nicht  an  der  Disciplin,   sondern  an 
dem  Lehrer.    Wir  fordern  alle  auf  der  ersten  Stufe  dieses  Unterrichts 
die  lebendige  Anschauung,  wählen  für  diese  Stufe  eben  darnach  Per- 
sonen und  Begebenheiten  aus,  wählen  selbst  nicht   das   sn   sich   be- 
deutendere, folgenreichere,  sondern  das  mehr  vor  Augen  tretende,  das 
Auge  fesselnde,   Personen  aus  der  alten  Sage,  welche  die  spätere  Ge- 
schichte fallen  lassen  nuisz  ,  einzelne  Handlungen  und  Worte,  welche 
vielleicht  der  historischen  fides  entbehren,  weil  wir  der  Anschauung 
lebendige  Bilder  vorführen  wollen,  die  allerdings  zugleich  auch  für 
die  geistige  Kraft  geeignet  sind  und  an  denen  das  Herz  einen  Anteil 
nimmt.    Diese  Gegenstände  sind  daher  dem  Kindesalter  auch  viel  ver- 
trauter und  bekannter  als  der  Verfasser  glaubt.    Die  Naturen  jener 
Personen,  eines  Priamus,  eines  Hector,  eines  Achilles,  eines  Odysseus, 
kann  er  begreifeil  wie  die  Motive  ihres  Handelns,  wärend  ihm  das 
Leben  z.   B.   eines  Napoleon  noch    lange   ein  unverständliches  Rätsel 
bleibt.    Und  wie  sollte  es  da  an  der  Selbstthätigkeit  fehlen,  wo 
der  Knabe  noch  so  bereit  ist  nicht  blos  mit  dem  Ohre  zu  hören,  son- 
dern tief  in  seine  Seele  aufzunehmen,  innerlich  eine  Sache  zu  durch- 
leben und  sie  selbst  in  seinen  Spielen  darzustellen?   Wir  setzen  natür- 
lich voraus   dasz  ein   Lehrer  da   sei,  der  die  Herzen  der  Kleinen  zu 
fassen  und  in  seine  Worte  ein  ethisches  Interesse  zu  legen  wisse.  Und 
wenn  dem  Verfasser  denn  der  Zusammenhang  unter  den  histori- 
schen  Ereignissen  so   schwer  zu  erfassen  scheint,  ist   der  zwischen 
verschiedenen  Culturzuständen  denn  leichter  zu  verstehen?    Der  Raub 
der  Helena  und  der  Zug  der  Griechen  sind  in  ihrer  Beziehung  zu  einan- 
der auch  dem  kleinsten  Knaben  begreiflich,  wärend  er  den  Uebergang 
von  Sklaverei    zur  Nichtsklaverei,    von   der  Freiheit  eines  Volks  zu 
dessen  Knechtschaft  u.  dgl.  schwerer  verstehen  wird.  Denn  das  Warum 
und  das  Verhältnis  von  Ursache  und  \Mrkung  liegen  ihm  nahe,  sobald 
der  Versland  erwacht;   die  stillen  und   leisen  Uebergänge,  die  nicht 
e.Kplodierenden,  achtet  und  beachtet  er  nicht.    Eben  so  unbegreiflich 
ist  was  der  Vf.  über   den   biographischen  Unterricht  sagt,  über 
dessen  Wesen  und  Schranken  doch  jetzt  die  meisten  Pädagogen  einig 
sein  dürften.    Auch  die  Auswahl   des  Stoffes  ist  von  den  gröszten 
Pädagogen  —  ich  nenne  nur  Raumer,   S  ch  l  e  i  er  ma  eher  —  sehr 
reiflick  erörtert  worden  und   die  Ansichten  hierüber  haben  sich  mehr 
und  mehr  genähert  und   geeinigt.     Statt  dieser  Jlänner  dankbar  Er- 
wähnung zu  Ihun,  beruft  sich  Professor  Biedermann  lieber  auf  die 
Auctorität  eines  Referenten  in  der  Preuszischen  Zeitung! 

Und  welches  sind  nun  die  Vorschläge,  welche  uns  der  Verfasser 


Zur  Historik.  163 

selber  zu  bieten  hat?    Er  will  den  Geschichtsunterricht  auf  cultur- 
geschichtliche  Grundlage  basiert  wissen. 

Er  gliedert  ihn  darnach  in  eine  dreifache  Stufe: 

1)  die  eines  culturgeschichtlichen  Anschauungsunterrichts. 

Auf  dieser  Stufe  würde  es  darauf  ankommen,  dem  Knaben  über- 
haupt das  Auge  für  culturgeschichtliche  Anschauungen  zu  ölTnen.  Man 
würde  ihn  anhalten  auf  die  Cultur,  welche  ihn  von  allen  Seilen  um- 
gibt, zu  achten  und  ihre  Produclionen  zu  bemerken  und  ihn  dann  von 
den  Erscheinungen  des  gegenwärtigen  CuHurlebens  auf  frühere  und 
abermals  früiiere  Zustände  zurückweisen.  Einer  systematischen  Ord- 
nung bedarf  es  noch  nicht:  der  Lehrer  könnte  beliebig  bei  diesem  oder 
jenem  Punkte  ansetzen.  Auch  könnten  schon  die  Culturzustände  ver- 
schiedener Völker  verglichen  werden.  j\lan  sieht,  es  soll  das  Auge 
für  diese  Dinge  geweckt,  der  Trieb  der  Beobachtung  angeregt,  aber 
auch  der  Keim  zu  den  Tugenden  gelegt  werden,  welche  sich  im  Dienste 
der  fortschreitenden  Cultur  bethätigen.  Wir  erkennen  den  guten  Willen 
von  dem  Verf.  an,  aber  woher  sollen  die  bei  weitem  meisten  Schulen 
die  Stoffe  für  diese  Anschauungen  nehmen?  Diese  können  nicht  durch 
Bilder,  sondern  allein  durch  das  Leben  dargeboten  werden.  Wir  wün- 
schen nicht  minder  die  Schärfung  des  Auges  und  überhaupt  der  Sinne; 
aber  möge  sie  doch  in  dem  Kreise,  in  dem  die  Jugend  steht,  in  Feld 
und  Wald,  in  den  Werkstuben  der  Handwerker  gesucht  werden,  — • 
und  möge  diese  Beobachtung  nicht  auf  Kosten  einer  andern  Seelen- 
kraft, auf  welche  die  Geschichte  wirkt,  der  Phantasie  und  des  ethischen 
Interesses  gepflegt  zu  werden  verlangen!    Es  folgt  hierauf 

2)  die  Stufe  einer  culturgeschichtlichen  Heimats-  oder  Vaterlands- 
kunde. 

Auf  dieser  Stufe  würde  die  im  aligemeinen  erworbne  Anschauung 
sich  auf  einen  bestimmten  Raum  conceiitrieren ,  zuerst  den  nächsten, 
des  Heimatsortes,  dann  den  des  specielleren  Heimatslandes,  endlich 
den  des  gesamten  deutschen  Vaterlandes.  Der  Unterricht  würde  den 
Knaben  mit  den  Veränderungen  bekannt  machen,  welche  die  Phy- 
siognomie dieser  Räumlichkeiten  in  Wohnung,  Kleidung,  Bodenein- 
teilung und  Bestellung,  Ein-  und  Auswanderung,  Erwerbs-  und  Be- 
rufsarten usw.  im  Laufe  der  Zeit  erfahren  hat,  auch  natürlich  bereits 
eine  Reihe  geschichtlicher  Momente  aufnehmen,  welche  hiermit  in  Ver- 
bindung stehen. 

3)  Der  eigentlich  planmäszige  Geschichtsunterricht  auf  cultur- 
geschichtlicher  Grundlage  würde  nicht  mehr,  wie  der  bisherige,  von 
der  Gegenwart  ausgehen ,  sondern  die  Geschichte  von  ihren  Anfängen 
an  verfolgen  und,  indem  er  die  veränderten  Zustände  welche  sich 
vorfinden  aufzeigt,  die  Ereignisse  vorführen,  durch  welche  diese  Ver- 
änderungen bewirkt  sind.  Natürlich  würde  hierbei  die  vaterländische 
Geschichte  vor  der  fremdländischen,  die  der  neueren  Zeit  vor  der  der 
alten  den  Vorzug  erhalten.  Zur  Erläuterung  dieses  Vorschlags  gibt 
der  Verf.  im  Anhange  eine  Probe  von  der  Art  und  Weise,  wie  er  den 
Gegenstand  behandelt  zu  sehen  wünscht. 

11* 


164  Zur  Historik. 

Wir  wollen  es  niclit  leugnen  dasz  der  Standpunkt,  auf  welclten 
Professor  Biedermann  die  Geschichte  und  den  Unterricht  iu  der- 
selben führen  will,  eine  scheinbare  Berechtigung  habe. 

Es  gibt  in  der  Geschichte  Zeiten,  in  denen  die  Ciiltur  mit  all 
ihren  Produetionen  all  und  jeden  Werth  verliert,  die  Völker  wie  die 
einzelnen  die  Cultiirzusliinde,  in  denen  sie  so  lange  behaglich  und 
ruhig' gelebt  haben,  entweder  in  wilder  Wut  niederreiszen  und  zer- 
treten oder  auch  in  edelster  Begeisterung  sie  von  sich  ahliuin,  und 
von  der  Rückkehr  zu  den  einfachen  Sitten  der  Väter  auch  deren  Tugend 
und  Kraft  und  das  stille  Glück  in  den  Hütten  der  Jugend  hoffen.  Es 
gibt  aber  eben  so  aucii  Zeilen,  in  denen  die  Cultnr  als  ein  Gut  er- 
scheint, um  dessenlwillen  das  Leben  eigentlich  erst  lebenswerth  sei 
und  das  daher  um  jeden  Preis  erhalten  werden  müsze.  Gegen  sie 
kommen  weder  Glauben  noch  Nationalität,  weder  Freiheit  noch  Ehre 
irgend\^ie  in  Betracht:  es  dünkt  eine  Thorheit,  um  solcher  phantasti- 
scher Güter  willen  irgend  einem  der  reellen  Güter  und  Genüsse  ent- 
sagen zu  wollen.  Unsere  Zeil  ist  vielleicht  eine  solche.  Daher  erklärt 
es  sich  denn,  dasz  alle  Welt  so  viel  Rücksicht  auf  die  Cultur  genom- 
men wissen  will,  und  Professor  ßi  e  d  er  m  a  n  n  ,  der  allerdings  darin 
tüchtige  Studien  gemacht  und  von  diesen  seinen  Studien  neuerdings 
glänzende  Beweise  gegeben  hat,  den  Geschichtsunterricht  ganz  und 
gar  in  diesem  Sinne  umzugestalten  versucht.  Uns  bestimmt  gerade 
diese  Rücksicht  darauf,  dasz  unsere  Zeit  die  socialen  Fragen  weit  über 
die  politischen  und  nationalen  erhoben  hat,  zu  der  entgegengesetzten 
Ansicht,  und  wir  meinen  in  der  That  dasz  ein  Unterricht,  wie  ihn  sich 
Professor  Biedermann  denkt,  seines  Teiles  dazu  beitragen  würde, 
ein  Volk  des  edelsten  Selbsibcwnsiseins ,  der  Liebe  zur  Freiheit  und 
der  thalkräftigcn  Gesinnung  zu  berauben.  Die  Erziehung  und  der 
Unterricht  haben  die  Aufgabe  eben  so  sehr  der  Zeit  zu  dienen  wie 
ihren  Strömungen  zu  widerstehen  un  !  gegen  sie  anzukämpfen. 

Die  Cultur  eines  Volkes  ist  ein  unendlich  umfassendes,  wie  alle 
diejenigen  zeigen,  welche  über  die  Cnlturgeschiclite  als  ein  Ganzes 
geschrieben  haben.  Es  ist  unmöglich  alle  die  Einzelheiten,  welche 
zusammen  die  Cultur  eines  Volkes  oder  einer  Zeit  ausmachen,  aufzu- 
zählen, ohne  dasz  man  (iofrfiir  läuft  ein  und  das  andere  dabei  zu  über- 
gehn.  Der  von  Biedermann  mit  so  viel  Beifall  citierte  Kirch- 
m  a  n  n  steigt,  indem  er  sie  unter  gewisse  Hauptrubriken  bringt,  von 
den  Mitteln  zur  Befriedigung  der  dringendsten  Bedürfnisse,  von  Nah- 
rung, Kleidung,  Wolmunii,  Geräten,  Waifcn,  Austausch  der  Producte, 
empor,  indem  er  hierauf  den  Menschen  in  zunehmender  Erkenntnis  und 
Beherschung  von  Raum  und  Zeit,  dann  in  künstlerischen  und  wissen- 
schaftlichen Bestrebungen  und  Leistungen  befrachtet  und  ihn  endlich 
zu  Spiel,  Luxus  usw.  beffleitel.  Für  diese  massenhaft  aufgeliäuften 
Stolfe,  welche  eben  um  ihrer  Massonhaftigkeit  willen  immer  wieder 
von  der  Geschichte  ausgeschieden  und  in  besondere  Disciplinen  abge 
leitet  sind,  ist  es  offenliar  schwer,  zumal  beim  Unterrichte,  eine  Ein- 
heit der  Betrachtung  zu  gewinnen,  da  die  heterogensten  Dinge,  und 


Zur  riislorik.  165 

Dingo  vvelclio  sicli  unmöglich  für  die  Fassungskraft  eines  und  dessell)en 
Lebensalters  eignen,  darin  zusamniengefaszt  werden:  Dinge,  in  denen 
ein  Mininuna  von  Freiheit  und  Geisligkuit  zu  linden  ist,  neben  Dingen, 
in  denen  die  IndividUiiiitat  des  einzelnen  hochbegabten  ,  über  seiner 
Zeit  und  über  allen  Zeilen  stehenden  Mannes  in  ilirem  freisten  Wallen 
und  Schaffen  anzuerkennen  ist:  Dinge,  welche  einem  Volke  ansschliesz- 
lich  angeliiiren  und  deren  Kntstehen  nur  aus  der  Individualität  dieses 
bestimmten  Volkes  begrilTen  werden  kann,  und  Dinge,  welche  so  sehr 
an  das  allgemein  menschliche  streifen,  dasz  nicht  mehr  ihr  Vorhanden- 
sein, sondern  ihr  Niciitvorhandensein  in  die  Augen  fällt:  Dinge,  welche 
der  frische  und  muntere  Knabe  vollkommen  klar  auffaszt  und  an  denen 
er  seine  oft  humoristische  Freude  hat,  neben  Dingen,  welclie  einen 
durch  lange  Denkiibnng  gekräftiglen  Geist  oder  ein  in  ahnungsvollen 
Gefühlen  sich  vertiefendes  Gemüt  voraussetzen.  Die  Folge  hiervon 
ist  die  gewesen,  dasz  man  aus  dieser  wiislen  Masse  gewisse  Teile  aus- 
gesondert und  aus  der  Geschichte  der  Lilteratur,  der  Kunst,  der  Philo- 
sophie besondere  Disciplinen  gebildet  hat,  welche  allerdings  mehr 
als  blosze  Teile  der  Culturgescliichte  sind,  vielmehr  geistige  (ianze 
mit  eigner  in  sich  selbst  ruhender  Entwicklung  bilden.  Unter  diesen 
Umständen  sind  wir  verpilichtet  den  BegrilT  der  Cultur,  vielleicht 
auch  den  einer  Geschichte  der  Cultur,  in  nähere  Betrachtung  zu 
ziehen. 

Der  nächste  Gegensatz  zur  Cultur  ist  ofTenbar  die  Natur.   Wir 
stellen  Naturstaaten  und  Culturstaaten  einander  gegenüber;  wir  spre- 
chen  von  dem   was   ein  Mensch  von  Katiirsei,   im  Gegensatz  zu  dem 
was  die   Cultur  ihm  gegeben  hab-e.     Natürlich  ist   hierbei   unmöglich 
eine  scharfe  Grenze   zu  zielien.     Denn  wir  werden  ebensowol  in  den 
ersten  Anfängen  menschlicher  Gesittung  bereits  auch  gewisse  Cultur- 
zustände  vorauszusetzen  haben,  wie   wir   sie  ja   auch  jetzt   bei   den 
rohsten,  von   der  Cultur  am  meisten    unberührt  gebliebenen   Völker- 
stämmen finden,   als   auch  inmitten   der  Cultur  nach  der  Natur  eines 
Volkes  fragen,  die  nicht  durch  die  Cultur  geschaffen,  wol  aber  unter 
der  Obhut  und  Pflege  der  Cultur  sich   von  innen  heraus  zu  dem  ,  was 
sie   von   Anbeginn    gewesen,   enluickell   habe.     Die  Griechen    wären 
vielleicht  keine  Griechen  geworden,  wenn  sie  auf  anderem  Boden,  in 
andern  Verhältnissen,  in  Berührung  mit  andern  Völkern  gelebt  hätten; 
aber   man   denke  sich   Aegypter  oder  Juden   auf  griechischen  Boden 
versetzt,  würde  bei  ihnen  griechische  Sitte ,  griechische  Kunst,  grie- 
chische ^^  issenschaft  erblüht  sein?    Es  ist  das  der  ewige  Unterschied 
zwischen   dem    non    sine   und    propter:    zwischen    dem    was    von 
auszen  kommend  oder  fördernd  auf  das  Leben  einwirkt,  und  dem  was 
von  innen  heraus  sich  hervorzuarbeilen  und  zu  gestalten  strebt.    Dies 
Verhältnis  macht  daher  aucli  den  Gegensatz  zwischen  Natur  und  Cultur, 
so  sehr   man  auch  auf   die  Unterscheidung  zwischen  beiden  zu  hallen 
hat,  doch  in  der  Wirklichkeit  zu  einem  flieszenden,  so  sehr  dasz,  wie 
es  auch  wahrscheinlich  Professor  Biedermann  tbut,  die  Cultur  meist 
nicht  sowol  im  Gegensalze  zur  Natur  gefaszt  wird,  sondern  diese  lelz- 


166  Zur  Historik. 

tere  mit  einschlieszt,  also  das  Product  aus  Natur  und  Cultur  bezeichnet, 
wogegen  wir  natürlich  darauf  angewiesen  sind  diese  beiden  auseinan- 
derzuhalten und  namentlich  aus  jenem  sehr  complicferten  Product  den 
einen  Factor  wieder  auszuscheiden  und  die  ursprüngliche  einfache 
ISatur  wiederzugewinnen.  Denn  dies  ist  doch  allein  dasjenige  was  — 
ich  bemerke  dies  im  Gegensatze  zu  Professor  B  ie  der  m  ann  —  unser 
Interesse  in  Anspruch  nimmt,  auch  im  alltäglichen  Leben,  wo  ja  auch 
unser  Bemühen  ist  dahinter  zu  kommen,  was  eigentlich  an  dem 
Menschen,  was  sein  wahres  Wesen ,  sein  Charakter  sei,  nicht  blos  um 
uns  nicht  durch  den  äuszerlichen  Schein  täuschen  zu  lassen,  sondern 
auch  weil  wir,  erst  wenn  wir  dies  sein  Wesen  wirklich  erkannt,  sein 
ganzes  Leben  und  Schaffen,  wie  es  in  die  Erscheinung  tritt,  meinen 
verstehen  zu  können.  Und  so  urteilen  ja  nicht  wir  allein,  sondern 
ganze  Völker,  und  zwar  die  edelsten  von  ihnen,  und  in  ihren  gröszten 
Zeiten,  indem  sie  um  sich  selber  zu  erhalten  bereitwillig  alle  jene 
Aeuszerlichkeiten  darangeben.  Kurz  in  dieser  Unterscheidung  zwischen 
Cultur  und  Natur  erscheint  jene  gegen  diese  als  die  geringere,  werlb- 
losere ,  und  so  hoch  wir  die  Völker  stellen,  welche  sich  um  sich  in 
ihrer  innersten  Eigentümlichkeit  zu  erhallen  freiwillig  von  den  Banden 
losgemacht  haben,  mit  denen  die  Cultur  sie  hätte  umslricken  mögen, 
eben  so  niedrig  achten  wir  die  Völker,  welche  um  ihre  Culturzu- 
stände  zu  retten  ihr  eigenstes  Wesen,  ihre  Freiheit  und  ihre  Ehre 
dahingehen. 

Es  ist  also,  wenn  man  diese  Natur  eines  Volkes,  dieses  innerste 
in  allen  Verändrungeu  und  Wechseln ,  allen  Entwicklungen  und  Bil- 
dungen desselben  sich  als  dasselbe  erhaltende  Wesen  desselben,  er- 
kennen und  das  Gefühl  für  diese  Natur,  das  Bewuslsein  über  dieselbe 
und  die  Liebe  und  Hingebung  an  dieselbe  in  den  Herzen  des  Volkes, 
hier  also  in  denen  der  Jugend  recht  stark  und  lebendig  wirkend  machen 
will,  hinzuweisen  auf  diejenigen  Sphären,  innerhalb  deren  jene  sich 
am  reinsten  und  ungemischtesten  kundthun  wird  und  am  sichersten 
beobachten  läszt,  d.  h.  nicht  auf  Cultur,  Culturzuslände  und  Ver- 
ändrungeu in  der  Cullur,  sondern  auf  die  geschichtlichen  Momente 
in  dem  Volksleben.  Denn  jene  sind  überwiegend  äuszerlicher  Art, 
diese  dagegen  eben  so  überwiegend  innerlich:  jene  vielfältig  durch 
Zufälligkeiten  von  auszen  an  ein  Volk  herangebracht,  diese  mehr  aus 
dem  tiefsten  Innern  desselben  hervorbrechend. 

Es  hat  ohne  Zweifel  Zeilen  gegeben,  in  denen  man  sehr  genau 
die  W^ohnung  eines  Sachsen  von  der  eines  Wenden  unterscheiden 
konnte:  die  Anlage  eines  Hauses,  der  Bau  des  Dorfes  usw.  waren  eben 
so  verschieden  wie  ihre  Sprache,  ihre  Kleidung,  ihre  Religion.  Aber 
mit  der  fortschreitenden  Cultur  werden  diese  Unterschiede  mehr  utid 
mehr  verwischt  und  ausgeglichen,  und  z.  B.  in  der  Altmark,  einem 
der  am  reinsten  erhalfnen  Wohnsitze  der  Sachsen,  ist  heutzutage  ein 
sächsisches  Dorf  von  einem  wendischen  nicht  mehr  zu  unterscheiden. 
Selbst  ein  Zeitraum  von  vierzig  Jahren  kann  hier  von  unendlicher  Be- 
deutung sein.    Die  Cultur  gleicht  demnach  hier  wie  in  jeder  andern 


Zur  Historik.  167 

Beziehung  die  nalüiiiclieti  Verschiedenheiten  aus  und  ist  eine  Feindin 
des  Individuellen.  Sie  ist  also  nicht  geeignet  das  was  der  Geschichts- 
unterricht doch  hauptsächlich  soll  zu  leisten,  nemlich  ein  lebendiges 
Gefiihl  für  Nationalität  zu  erhalten  und  zu  stärken  und  dadurch  ein  Volk 
auf  den  Kampf  für  dieselbe  vorzubereiten  und  zu  rüsten. 

Dagegen  leistet  dies  die  Geschichte,  wie  wir  sie  bis  dahin  gelehrt 
haben.    Sie  führt  uns  hauptsächlich  Zeilen  vor,  in  denen  alle  Tugenden, 
welche  lief  im  Innern  des  Volkes  w  ohnen,  zu  Tage  kommen  und,  ver- 
bunden mit  der  Leidenschaft,   mit  der  jedes  lebende  Wesen  sich  des 
Todes  erwehrt,  eine  Heihe  groszer  und  unsterblicher  Thalen  verrichten 
lassen.    Sie  stellt  uns  ebenso  eine  Reihe  von  Personen  vor  Augen,  in 
denen  nicht  dieser   oder  jener  Culturzustand ,   sondern    vielmehr  die 
eigenste  Nalur  eines  Volkes  sich  kundthut   und  in  denen  dieses  Volk 
sich  selbst  mit  seinem  innersten  und  wahrsten  Wesen  wiederfindet.    Ja 
es  weisz  und  strebt  darnach  von   diesen  Personen  die  Hülle,  welche 
die  Cultur  um  sie  herumgelegt  hal,  zu  entfernen  und  mehr  als  der  Ge- 
schichlsforscher  den  innersten  Kern  derselben  herauszuschälen  und  als 
den    seinen    anzuerkennen.     So    macht   das    Volk    aus   Friedrich    dem 
Groszen,  all  seinem  französischen  Wesen   zum  Trotz,  seinen  alten 
Fritz  wie  es  seinen  alten  Blücher   festhält,  weil  es    das  alte  und 
unveränderliche  deutsche  Wesen  in  ihnen  wahrnimmt.    Es  sind  immer 
nur  einzelne  Momente,  in   denen  man  so  in  das  Innere   eines  Men- 
schen und  eines  ganzen  Volkes  eindringen  kann,   und  man  musz  die 
Stunde  abpassen,   in  der  es  ihnen  beliebt  sich  ohne  die  Hülle  des  all- 
täglichen Lebens,    d.   h.   eben    der  vielgepriesenen   Cultur,    sehn    zu 
lassen.    Wer  diese  Momente  wahrnimmt,  erhält  damit  den  Schlüssel, 
durch  den  es  ihm,  mehr  als  durch  alle  Erscheinungen  des  Culturlebens, 
möglich  wird  bis   zum  Herzen    derselben    vorzudringen.     Es  ist  mir 
daher  ein  Rätsel,  wie  man   durch  einen  auf  culturgeschichtliche  Basis 
gestellten   Unterricht   hoffen  kann   auf  die  nationale  Gesinnung  eines 
Volkes  einzuwirken:  vielmehr  musz  diese  Betrachtung  der  Geschichte 
dahin    führen ,    den   Patriotismus    als    eine    gebildeten   Zeiten    wider- 
sprechende Verkehrtheit   und   einen  Kampf  um   dieselbe   als   Bohheit 
erscheinen  zu  lassen.    Wer  zu  Thaten  erzogen  werden  soll,  dem  musz 
man  die  Thalen  zeigen,  welche  gethan  sind  und  wie  sie  gethan  sind. 
An  den  Zuständen  Deutschlands,  wie  sie  zu  Hermanns  Zeilen  waren, 
kann  man  möglichen  Falls  ein  recht  lebhaftes  Interesse  nehmen,  aber 
einer  tief  sittlichen  Wirkung  wird   man  nur  dann  sicher  sein,   wenn 
man  Hermann   und  seine  Cherusker  in  ihrem  Römerhasz  gegen  Varus 
und  Rom  losbrechen  sieht. 

Und  wenn  nun  so  die  Cultur  als  das  viele  und  manigfaltige  die 
Natur  als  die  eine,  die  Cultur  als  das  äuszerliche  die  Natur  als  das 
innerliche,  die  Cultur  als  die  Hülle  und  Schale  die  Natur  als  der  Kern, 
die  Cultur  als  das  veränderliche  die  Natur  als  die  in  Wechsel  sich  er- 
haltende erscheint,  so  dürfen  wir  auch  nicht  vergessen,  dasz  in  der 
Cultur  das  Leben  eines  Volks  mehr  von  der  Seite  der  Unfreiheil, 
in  der  Natur  mehr  von  der  Seite  der  Freiheit  erscheint. 


168  '  Zur  Historik. 

Es  erscheint  dies  auf  den  ersten  Blick  als  ein  Widerspruch,  da 
das  Volk  sich  seine   Natur  niclit  gegeben,   sondern   diese  aus  Gottes 
Hand  empfangen  habe,  wärend  die  Ciiiliir  sein  eigenes  Werk  und  Ver- 
dienst sei.    Allein   in   Wahrheit  thut  sicli  in   dev  Ciiliur  eines  Volks 
die  Unfreiheit,   nicht  die  Freiheit  kund.     Denn   natürlich  miiszen  wir 
hierbei  von  einer  groszen  Zahl  von  Zuständlichkeiten  absehn ,  welche 
mit  der  Geschichte  in  engster  Verbindung  stehen,  und  als  eine  Folge 
seines  geschichtlichen  Lebens,  als  ein  Niederschlug  seiner  Thaten  oder 
Nichtlhaten  zu  betrachten  sind.     So  ist  die  Verfassung  des  englischen 
Volkes  kein  Teil  seiner  CuUur,  wenn  man  diese  nicht  völlig  ins  nebel- 
hafte verschwimmen  lassen  will,  sondern  eine  Frucht  seiner  Geschichte, 
eine  That  seiner  Freiheit,  wenn  man  will  eine  SelbsloiTenbarung  seiner 
Natur  und  seines  innersten  Wesens.   Wenn  man  diese  Zuständlichkeiten 
abzieht,  so  bleibt  uns  ein  Rest  übrig,  welcher  recht  eigenllich  dem 
Kreise  der  Cultur  zuzuweisen  ist.     Diese   aber  sind  wesentlich  nicht 
Sache  eines  freien  Entschlusses ,  einer  festen  üeherzeugung ,  sondern 
des  Zufalls,  der  Mode,  der  Nachgiebigkeit  gegen  den  Reiz  des  neuen, 
gegen  die  Lockungen  des  Genusses,  der  Gewöhnung  vor  allem,   kurz 
einer  Richtung  in  welcher  der  Mensch  mehr  von  seiner  Freiheit  auf- 
zugeben als  dieselbe  zu  behaupten  scheint.    Oder  ist  in  dem  Gebrauch 
des  Kaffees,  der  Kartoffeln,  des  Tabaks,  in  den  verschiedenen  Kleider- 
trachten u.  dgl.  je  weiter  abwärts  ein  um  so  höherer  Grad  von  Frei- 
heit zu  erkennen?     Umgekehrt  ist    es  noch  kein  Beweis  von  Freiheit, 
dasz  man  sich  von  den  gegebenen  Bedingungen  seines  Seins  und  \>'esens 
löse,  sondern  dasz  man  von  dem  gegebenen  aus  sich   zu  dem  mache, 
wozu  man  die  innere  Bestimmtheit  in  sich  trägt.     Ein  Volk  gibt  sich 
daher  eben  dadurch  als  ein   freies  zu   erkennen,  dasz  es  mit  ganzer 
Energie  das  sein  will,  was   es  als  seine  wahrhafte  Bestimmung  und 
Aufgabe  betrachtet.    Daher  erklärt  es  sich  auch ,  dasz  Freiheit  und 
Nationalität  zwei   zusammenfallende  Begriffe   sind.     Die  Freiheit 
eines  Volks   leuchtet  am  hellsten,  wenn  es  nicht  für  diese  oder  jene 
äuszeren  Güfer,    sondern   für   sein   eigenstes  Wesen  einen   Kampf  auf 
Leben  und  Tod  besteht.     So  haben   die  Griechen  bei    Marathon    und 
Salamis,  so  die  Deutschen  bei  Leipzig  und  Watcrloo  zugleich  Freiheit 
und  Nationalität  erkämpft;  so   ist  umgekehrt  die  Freiheit  verloren  ge- 
gangen, wenn  man,  um  die  Güter  der  Cultur  zu  retten,  alles  andere 
aufgeben  zu  müszen  meinte.    Stellen  wir  also  mit  Professor  Bieder- 
mann den  geschichtlichen  Unterricht  auf  die  Basis  der  Cultur,  so  wer- 
den wir  Gefahr  laufen  den  Boden  der  Freiheil  zu  verlieren  und  Dinge 
des  Zufalls,  der  Unfreiheit,  des  äuszerlichen  Scheins,  des  materiellen 
Nutzens  in  den  Herzen  der  Jugend  zur  Herschaft  zu  bringen. 

Doch  man  hält  uns,  und  wie  es  scheint  mit  Recht,  Wissen- 
schaft und  Kunst  entgegen,  Kreise  der  Cultur,  in  denen  der  Geist 
offenbar  in  seiner  höchsten  Freiheit,  in  seinem  wahrhaftesten  Wesen, 
in  seiner  reinsten  Geistigkeit  erscheine. 

Ich  musz  hiergegen  bemerken,  dasz  diese  Dinge  mit  Unrecht  in 
den  Kreis   der  Cultur  gezogen  werden.     Die  Produclionen  darin    sind 


Ztir  Ilislorik.   ^  169 

vielmehr  groszenleils  von  der  Ciiltiir  und  ihrer  Blüte  ganz,  unahhiingig-. 
Denn  ein   Teil  derselben  isl  vielmelir  diircli    die  Geschiclile  bedingt, 
sei  es    positiv,   sei    es  negativ,    d.  h.   durch  das  Nichtvorhandensein 
einer  wiikliciien  Geschichte;  zum  Teil   aber  stehen  sie  unter  einander 
in  einer  Conlinuifiit,  die  von  den  Cullurverhiillnissen,  ja  sogar  von  der 
Geschichte  ganz   unabhängig  ist.    Wir  wollen  es  nicht  leugnen,  dasz 
die  Productionen  der  Litleratur  nicht  ganz  unahhiingig  von  der  Cullur 
seien.     Sehn   wir  doch    dasz  die  sittliche   Verworfenheit,  der  Luxus, 
die  Genuszsucht,  Handel  und  Gewerbe   eine  wahre  Flut  von  Schriften 
hervorgerufen  haben  und  täglich  hervorrufen.    Indes  sind  dies  Werke, 
deren  eine  Nation  noch  nach  Jahrhunderten  sich  mit  Stolz  rühmt?  oder 
sind  es  die  Schmarolzerpllanzen ,  welche  eine  wahrheitsliebende  und 
sitllicl'e  Kritik   von   dem  Boden  eines  Volkslebens  zu  entfernen  sucht, 
vorausgesetzt  dasz  es  nichf  rein  ephemere  Erscheinungen  sind,  welche 
der  Tag  bringt  und  wieder  hinwegnimmt?    Dagegen  haben  grosze  ge- 
schichtliche Zeiten  auch    einen  groszen  Aufschwung  in   der  Litteratur 
und   Kunst  wie   in   der  strengen  Wissenschaft  zur  Folge  gehabt.    Zu 
Zeiten  allerdings  hat  sich  der  Geist  eines  Volks,  der  seine  geschicht- 
liche Mission  Jioch   nicht  oder  nicht  mehr  erfüllen   konnte,   in   diese 
reinen  Höhen  geistigen  Lebens  und  SchaiFens  gelliichtet,  um  besserer 
Zeilen  zu   harren   oder   diese  vorzubereiten.    Es  würde  für  die  Leser 
dieses  Blattes  überllüssig  sein  dies  mit  Beispielen  zu  belegen.    Ich  be- 
merke nur,  dasz  man  Erscheinungen  wie  die  eines  Klopstock  oder 
des  kosmopolitischen  Philanthropismus  lange  nicht   genug  von  diesem 
Standpunkt    aus    gewürdigt    hat.     Auszerdem    aber    bilden    diese    Er- 
scheinungen in  Wissenschaft  und  Kunst  eine  in  sich  zusammenhangende 
Kette,  welche  sich  allerdings  zuweilen  auf  den  Boden  realer  Verhält- 
nisse, sei  es  der  Cultur  oder  der  Geschichte,  hcrabsenkt  und  mit  ihm 
in  Verbindung  tritt,    stets  jedoch  sich  in  der  Sphäre  reinen  geistigen 
Schaffens  und  Strebens  erhält,  ohne  sich  von  dem  was  unten  vorgeht 
in  ihren  Productionen  hemmen  zu  lassen.    So  sehn  wir  denn  in  cultur- 
armen  Zeiten  ewige  Werke  der  Poesie,  der  bildenden  Kunst,  der  Ge- 
schichtschreibung  entstehen,  und   umgekehrt  Zeiten   einer  hohen,  ja 
überspannten  und  raffinierten  Cullur,  z.  B.  die  des  romischen  Kaiser- 
reichs, an  solchen   Werken   ärmer  und   ärmer  werden.      Denn   wenn 
ein  Tacitus  in  ihnen  entstanden  ist,  so  hat  ihn  weniger  die  römische 
Cultur,  als  die  Feindschaft  und   der   llasz  gegen  dieselbe  hervorge- 
rufen.   Athen  war  noch  immer  der  Hauplsitz  griechischer  Cultur,  als 
die  tragische  Poesie  längst  verstummt  war,  welche  in  den  einfachen 
Zeiten  nach  den  Perserkriegen  erstanden  war.     Und  was  hat  die  grie- 
chische Beredtsamkeit  anders  zu  ihrer  höchsten  Blüte  gebracht,  als 
der   letzte  Kampf  Athens  um  seine  Freiheit?    Die  Cultur  blieb  auch 
nach  dem  lamischen  Krieg  und  stieg  höher  und  höher  empor;  aber  die 
Cultur  erzeugt  nicht  die  ewigen  Werke  der  Kunst,  eben  so  wenig  wie 
die  der  Wissenschaft  oder  der  Philosophie,  wenn  auch  der  Geist  in 
Zeiten,  die  zu  Thaten  unfähig  sind,  sich  in  diese  Gebiete  flüchtet.    Es 
ist  daher  ganz  unberechtigt,  wenn  man,  wie  es  doch  in  der  Regel  und 


170  ZurHistorik. 

selbst  von  Waclismiilh  geschieht,  Wissenschaft  und  Kunst  und  über- 
haupt diese  Sphäre  des  reinsten  g-eistigen  vSchalTens  dem  Gebiet  der 
Culfur  zuweisen  will,  von  der  sie  doch  gerade  in  ihren  höchsten  Pro- 
ductionen  ganz  unabhängig  gewesen  sind.  Ja  es  ist,  sobald  sie,  wie 
z.  B.  Euripides,  sicii  unter  den  Einflusz  von  diesen  Culturzuständen 
gestellt  haben,  dies  mit  einer  inneren  Corruplion  verbunden  gewesen, 
M'ärend  dagegen  ein  Aristophanes,  der  gegen  den  Geist  und  gegen  die 
Cultur  seiner  Zeit  ankämpft,  die  Komödie  zu  ihrer  Vollendung  ge- 
führt hat. 

Sollten  aber  wirklich  Wissenschaft  und  Kunst  in  einer  Beziehung 
zurCuIlur  stehen,  so  wäre  es  immer  nur  diese,  dasz  was  jene  geleistet 
haben  ins  Leben  hinabdringen  und  zu  einer  gewissen  Cultur  beitragen 
könne,  nur  dasz  ich  allerdings  das  Verhältnis  als  ein  fernes  und  die 
Wirkung  als   eine    ziemlich   unsichere    betrachten  würde.     Denn   die 
Cultur  schlieszt  immer  den  Begriff  einer  gewissen  Ausbreitung  in 
sich.    Wenn  die  Bildung  sich   auf  einen  geringen  Teil   eines  Volkes 
beschränkt,  anstatt  dasz  viele  an  ihr  einen  vcrhältnismäszigen  Anteil 
nehmen,  so  wird  man  nicht  mehr  von  Cultur  sprechen  wollen.    So  ist 
es  eine  Sache  der  Cultur  dasz  man  sich  zum  Essen  nicht  der  Finger, 
sondern  des  Messers  und  der  Gabel  bedient,  dasz  man  zu  lesen  und  zu 
schreiben   im  Stande    ist,   vielleicht   auch    dasz    man   orthographisch 
schreibt  und    richtig   und   mit   Gewandtheit  spricht;   denn   diese  und 
ähnliche  Dinge    können    in   dem   gewohnten    und    bewustlosen  Besitz 
eines  groszen  Volksteiles  sein;  es  hat  dagegen  nichts  mit  der  Cultur 
eines  Volkes   oder  Landes   zu  thun,  dasz   es  einen  Cornelius   und 
Kaulbach  oder   einen  Beethoven   besitzt,    auch   nicht  dasz   eine 
kleinere  Anzahl   gebildeter  Personen  an  den  Werken    dieser  Künstler 
ein  lebhaftes  Interesse  nimmt.    Die  Werke  des  Sophokles  und  Aristo- 
phanes, des  Thukydides  und  Plato  liegen  auszerhalb  der  Cultur,  sind 
vielmehr  durch  Geschichts-  als  durch  Culturverhällnisse  bedingt;  da- 
gegen ist  es  für  die  Cultur  Athens  charakteristisch,  dasz  das  Volk  als 
Ganzes  an  den  dramatischen  Werken  jener  Zeit  wie  an  den  Bauwerken 
eines  Phidias  ein  Interesse  und   dafür  ein  Verständnis  hatte.    Eben 
sowenig  gehören   Goethe   und  Schiller   in    die  Culturgeschichte 
hinein,  auszer  gelegentlich  wie  Friedrich  der  Grosze  und  Joseph  der 
Zweite.    Denn  Cultur  ist  allerdings   das   Product  des  Menschen ,   aber 
ein  Product,  in  welchem  die  freien  und  geistigen  Elemente,  welche 
dieselbe  bilden,   sich  wie  ein  Niederschlag  krystallisiert  wieder  auf 
den  Boden  niedergelassen  haben  und  zu  einer  bewustlosen,  weit  ver- 
breiteten, unfreien  Zuständlichkeit  geworden    sind.     Und  so  bewegt 
sich  die  Cultur  auf  einer  Stufe,  die  zwischen  der  ursprünglichen  Natur 
sowol   des  Volks   selber  als   der  äuszern  Verhältnisse    und   der  des 
freien  geistigen  Lebens,  Strebens  und  Schaffens  in  der  Mitte  liegt. 

Denn  mehr  noch  als  die  Sphäre  der  geistigen  Production  werden 
wir  die  des  eigentlich  Sittlichen  von  der  Cultur  auszuschlieszen  haben. 
Unser  sprachliches  Gefühl  selbst  sträubt  sich  dagegen,  das  Sitt- 
liche und  die  Cultur  zu  identificieren.    Es  ist  allerdings  ein  Teil  der 


Zur  Ilistorik.  171 

Ciiltur,  dasz  man  einen  Bekannten  in  dieser  oder  jener  Weise  griisze, 
dasz  man  in  Gesellschaft  nicht  laut  lache,  nicht  in  heftigen  Wort- 
wechsel geralhe  u.  dgl.,  und  wir  nennen  den,  welcher  hiergegen  ver- 
stöszt,  einen  rohen  und  ungebildeten  Menschen.  Aber  ob  jemand  die 
Wahrheit  sage  oder  lüge,  ob  er  herzliches  Wolwollen  gegen  andere 
hege  oder  nicht  u.  dgl.,  gehört  nicht  mehr  in  das  Gebiet  der  Cultur, 
sondern  in  das  des  Sittlichen.  Es  ist  daher  sehr  wohl  möglich,  dasz 
sehr  sittliche  Leute  durchaus  aller  Cultur  und  umgekehrt  sehr  feine 
Leute  durchaus  aller  Sittlichkeit  entbehren.  Das  Zeitalter  Ludwigs  XIV 
war  sicher  so  cultiviert  wie  irgend  eins  und  die  Herzogin  von  Orleans 
mochte  an  dem  Hofe  als  äuszerst  roh  und  uncultiviert  erscheinen; 
diese  dagegen  war  eine  Frau  von  wirklicher  Sittlichkeit,  wie  man  sie 
am  Hofe  nicht  fand  und  auch  nicht  einmal  begriff.  So  sehr  waren  in- 
mitten der  aHerhöchslen  Cultur  selbst  die  Wurzeln  der  Sittlichkeit 
abgestorben.  Es  ist  daher  auch  alles,  was  ein  Volk  in  schweren  Zei- 
len zu  leisten  im  Stande  ist,  die  Tapferkeit,  die  Vaterlandsliebe,  der 
Gehorsam,  die  Treue  usw.  keine  Frucht  der  Cultur;  vielmehr  musz  oft 
erst  die  ganze  Cultur  einer  Zeit,  wie  z.  B.  in  der  französischen  Kevo- 
lulion,  mit  dem  schärfsten  Besen  rein  ausgekehrt  werden,  wenn  jene 
Tugenden  wieder  aus  dem  Grund  und  Boden  des  Volkes  aufschieszen 
sollen.  Es  ist  zuweilen  wol  der  Fall,  dasz  Cultur  und  Sittlichkeit  zu- 
sammen bestehen,  wie  in  Athen  zu  Perikles  Zeit;  in  der  Regel  aber 
dauert  eine  solche  Vereinigung  nur  kurze  Zeit,  und  immer  ist  sie  eine 
der  seltenen  Ausnahmen. 

Aus  allen  diesen  Gründen  halten  wir  denn  dafür,  dasz  Professor 
Biedermann  sich  sehr  schlecht  um  sein  Vaterland  verdient  machen 
würde,  wenn  sein  Reformvorschlag,  welcher  den  geschichtlichen 
Unterricht  auf  eine  culturgeschichtliche  Basis  stellen  will,  allge- 
meine Geltung  erhallen  sollte.  Doch  davor  wird  uns  Gott  behüten. 
Es  ist  auch  nicht  die  Besorgnis,  dasz  je  viele  Lehrer  diesen  Weg  ein- 
schlagen sollten,  was  mich  zu  dieser  Erörterung  bewogen  hat,  sondern 
das  wissenschaftliche  Bedürfnis  und  die  Vagheit,  mit  welcher  der  Vf. 
gleich  unzähligen  andern  sich  des  Begriffs  der  Cultur  bedient  hat. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Greiffenberg.  Dr  Campe. 

5. 

Demosthenes  ausgewählte  Reden,  erklärt  von  C.  Rehdantz.  Er- 
ster Teil:  die  zwölf  philippischen  Reden.   Leipzig,  Druck  und 
Verlag  von  B.  G.  Teubner.    1860.    389  S.    8.*) 
Von  der  attischen  Dekas  war  bisher  in  der  Teubner  sehen  Samm- 
lung  von  Schulausgaben   griechischer  und  lateinischer  Klassiker  mit 

*)  Besondere  Umstände  veranlassen  uns  diese  Recension  ausnahms- 
weise in  der  zweiten  Abteilung  zu  bringen ;  im  übrigen  werden  wir  streng 
die  Regel  einhalten,  die  durch  die  Ueberschrifteu  der  beiden  Abteilungen 
hinlänglich  bezeichnet  ist.  D.  ß. 


172  Demosllicues,  erklärt  von  Rehdantz. 

deulschen  Anmerkungen  erst  Isokrales  in  drei  ausgewählten  Uedeii, 
erklart  von  0.  Sehn  e  i  il  er,  verlreltju.  Etwas  si)ät  erscheint  denn 
jetzt  in  derselben,  auch  Demosthenes.  Der  erste  Teil  dieser  neuen 
Bearbeitung  liegt  in  dem  oben  genannten  Buche  vor,  dessen  Preis 
(221/2  Ngr.)  gegenüber  dem  Umfang  wie  dem  Inhalt  des  Werks  ein 
ganz  überaus  mäsziger  genannt  werden  musz. 

Aufgenommen  in  diesen  ersten  Teil  sind,  wie  der  Titel  sagt,  die 
zwölf  philippischen  Heden.  Ref.  gesteht,  dasz  er  nicht  ohne  einige 
Verwunderung  diese  Inhaltsankündigung  gelesen  hat.  Dasz  die  Rede 
über  Halonnesos  mit  in  den  Cyclus  eingetreten  ist,  wird  sich  gewis 
rechtfertigen  lassen;  wenn  auch  nicht  dcmostheniseh,  so  ist  diese  Rede 
doch  ein  wichtiges  Supplement  für  das  Verständnis  andrer  Reden  und 
ein  für  die  Entwicklung  des  letzten  Akts  der  philippischen  Politik 
bedeutsames  Document,  und  von  doppeltem  Interesse,  insofern  sie  uns 
einen  andren  Vertreter  der  patriotischen  Partei  kennen  lehrt,  der, 
wenn  auch  nicht  mit  gleicher  Kunst  wie  Demoslhenes,  so  doch  mit 
gleich  groszer  Wärme  und  olcicher  sittlicher  Entrüstung  den  Feind 
des  Vaterlands  und  die  Indolenz  der  Bürger  bekämpft.  Welches  aber 
war  der  Grund  dafür,  in  eine  Sammlung  '^ausgewählter'  Reden  die 
'Elickwerke  eitler  oder  gewinnsüchtiger  Rhetoren'  aufzunehmen,  als 
welche  der  Verfasser  selbst  (S.  49)  die  zehnte  und  elfte  Rede  be- 
zeiciinet?  Am  allerwenigsten  hätte  man  die  elende  voluminöse  Com- 
pilalion,  die  als  die  vierte  philippische  Rede  gilt,  erwartet.  Sicherlich 
haben  die  Bearbeitungen  dieser  Plagiate  keinen  andern  \^'erfh  als  den, 
welchen  sie  als  Repositorien  umfangreicher  Anmerkungen  erhalten ; 
eine  Leetüre  derselben  wird  gewis  kein  Schulmann  beabsichtigen.  In 
einem  günstigem  Licht  läszt  sich  die  Einreihung  des  philippischeri^ 
Ultimatums  auffassen,  da  dies  Aktenstück,  dessen  Echtheit  der  Ver- 
fasser, wie  schon  früher  Bohne cke,  Grote  und  Winiewski,  ohne 
Beschränkung  annimmt,  wärend  A.  Schäfer  (Demosthenes  III  2,  113) 
es  doch  nur  für  eine  Beproduction  des  wesentlichen  Inhalts  der  von 
Philipp  erhobnen  Beschwerden  ansielu,  unbestritten  von  hoher  Wich- 
tigkeit und  schon  als  eine  Stimme  aus  dem  feindlichen  Lager  höchst 
interessant  ist. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  der  Bearbeitung  selbst,  so  ist  vor  allem 
anzuerkennen,  wie  es  dem  Verfasser  selbst  nach  so  vielen  voraus- 
gehenden Behandlungen  der  philippischen  Reden  docli  gelungen  ist, 
etwas  ganz  selbständiges  zu  geben;  ja  es  hat  sich  dem  Ref.  bei  einer 
Vergleichung  mit  den  frühem  geläufigsten  Ausgaben  manigfach  die 
Vermutung  aufgedrängt,  dasz  Rehdantz  zuweilen,  um  ja  nicht  frühe- 
res zu  wiederholen,  manches,  was  bei  Franke  und  Westermann 
besprochen  war,  unerklärt  gelassen  zu  haben  scheint,  auch  wo  ein 
Wink  wünschenswerth  gewesen  wäre;  insbesondere  kommen  die  rein 
grammatischen  Bemerkungen  für  eine  Schulausgabe  doch  gar  zu  dürftig 
weg,  ein  Mangel  der  durch  die  massenhaften  Beispiele  nicht  beseitigt 
wird.  Gern  glauben  wir  aber  den  Worten,  die  der  Verfasser  in  dem 
Vorwort  ausspricht,  dasz  das  Buch  ein  Werk  liebevoller  iVlühen  sei; 


Demostlienos,  erklärt  von  Rehdantz,  173 

die  Fülle  des  ^ebofeneii  Materials  ist  wahrhaft  erstaunlich  und  in  man- 
cher Beziehung:  mochte  man  dem  Verf.  ein  i-itjdlv  ayctv  Kurufen;  doch 
dnvon  nachher. 

Eine  obgleich  zvA'eckmäszig  kurze,  so  doch  bei  aller  Präcision 
vollständige  Einleitung  in  die  historischen  Grundlagen  der  deuiosthe- 
nischen  iicden,  verbunden  mit^einem  episodischen  Ueherhlick  über  die 
(ieschichte  der  griechischen  Rhetorik  und  den  notwendigsten  Andeu- 
tungen über  die  Schicksale  der  AVerke  des  Demosthenes,  geht  dein 
Texte  voraus.  Der  Verfasser  hat  durch  die  zweckmäszige  Anordnung 
dieser  Prolegomena  die  Möglichkeit  gewonnen,  die  sachlichen  Bemer- 
kungen ,  deren  Umfang  bei  Westermann  manchmal  die  gramma- 
tischen und  stilistischen  zu  beeinträchtigen  scheint,  durch  Verweisung- 
auf  die  Paragraphen  dieser  Einleitung  fast  gänzlich  aus  dem  Commentar 
zu  verweisen;  einzelne  gelegentliche  kurze  Notizen  abgerechnet  (z.  B. 
zu  II  19;  1\  il)  finden  sich  solche  in  gröszerem  Umfang  nur  in  der 
Erklärung  der  zwölften  Rede  (zu  §^§  2.  4.  10.  20).  Nach  der  Arbeit 
A.Schäfers  auf  diesem  Gebiete  noch  v.esenilich  neues  zu  leisten 
dürfte  schwer  sein;  auch  in  der  viel  discutierten  Frage  über  Demosthe- 
nes Geburtsjahr  ist  Rehdantz  Schäfer  beigetreten  und  setzt  das- 
selbe auf  Ol.  99,  1.  384,  wie  er  auch  die  erste  Philippica  mit  ihm  iind 
Grote  der  Anirabe  des  Dionysios  gemäsz ,  aber  im  Widerspruch  mit 
der  auch  neuerdings  noch  lebhaft  verfochtnen  Ansicht  Böhneckes, 
auf  Ol,  107,  1.  351  setzt.  Das  ganze  Resume  empfiehlt  sich  durch  ^ 
Klarheit  und  geschickte  Disposition.  Der  Abdruck  der  Biographie  des 
Demosthenes  von  Lihanios  war  nach  dieser  Einleitung,  zumal  in  einer 
Schulausgabe,  gewis  entbehrlich. 

Der  Commentar  selbst  nun  kann  in  gewisser  Beziehung  als  für 
die  Erklärung  demosfhenischer  Reden  Epoche  machend  gelten.  Noch 
kein  Erklärer  hat  es  versucht,  so  wie  Rehdantz  dem  Demosthenes 
bis  in  die  innerste  Werkstatt  seiner  Gedanken  nachzugehn;  daher 
denn  das  überraschende  Licht,  was  durch  Hindeulungen  auf  die  jewei- 
lige Stimmung  des  Redners,  auf  die  Betonung  und  Stellung  der  ein- 
zelnen Worte,  auf  die  vermutlich  angebrachten  Pausen  und  Tempo- 
wechsel, auf  das  rythmische  Anschwellen  und  Mattwerden  der  Sätze 
in  das  Verständnis  der  Reden  gebracht  wird;  gewis,  es  ist  keine 
Phrase,  wenn  der  Verf.  in  der  Vorrede  sagt,  man  müsze  mit  allen 
Kräften  der  Seele  dem  Redner  nachempfinden,  um  die  Energie  seiner 
Sprache  zu  verstehn.  Dieser  innern  Durchdringung  der  demoslhe- 
nischen  Werke  auch  Worte  gegeben  und  andere  auf  den  gefundenen 
Weg  gewiesen  zu  haben,  das  ist  das  unschätzbare  Verdienst  der  Arbeit 
von  Rehdantz.  Davon  wol  zu  unterscheiden  und  nach  des  Ref. 
Ueberzeugung  mindestens  in  einer  Ausgabe  ^für  den  Schulgebrauch' 
nicht  unbedingt  zu  billigen  ist  die  Hervorhebung  des  äuszerlich  rheto- 
rischen, welches  Rehdantz  mit  unverkennbarer  Vorliebe  in  den 
Vordergrund  stellt.  Die  mit  anatomischer  Genauigkeit  vollzogne  Zer- 
gliederung der  Sätze,  die  Nachweisung  der  'räumlichen  Harmonie' 
(zu  VI   5)    zwischen    den   einzelnen   Gliedern,   des    anlistrophischen, 


174  Demosthenes,  erklärt  von  Rehdantz. 

chiastisclien  Satzbaus  u.  dgl.  wird  sich  noch  entschuldigen  lassen; 
auch  die  genaue  Erklärung  der  Gedankenfiguren,  wie  der  Prodiorthosis 
(zu  IX  3),  des  Aprosdoketon  (zu  VII  35),  der  Hypophora  (zu  VII  3) 
usw.,  hat  für  die  richtige  Auffassung  der  betreffenden  Stellen  ihren 
Werth ;  was  aber  sollen  dem  Schüler  die  umfangreichen  Citate  aus 
den  Rhetoren ,  welche  lediglich  die  Xe^ig  and  vnoKQtG ig  des  Redners 
secieren  und,  wie  sie  selbst  den  kundigen  Leser  durch  ihre  Breite  und 
häufig  auch  durch  ihre  Hohlheit  abstoszen,  so  für  den  Schüler  not- 
wendig resultatlos  bleiben  müszen,  schon  aus  dem  einfachen  Grunde, 
weil  er  bei  der  rhetorischen  Terminologie  mit  seinen  lexikalischen 
Hülfsmilteln  in  die  Enge  kommt?  Hierin  ist  unbedingt  zuviel  gethan; 
man  vergleiche  nur  die  umfänglichen  Anführungen  aus  Hermogenes, 
Minucianus  und  Quinctilian  zu  IX  17,  die  endlose  Diatribe  des  Diony- 
sios,  die  zu  IX  26  f.  ausgeschrieben  ist.  Citate  aus  Longinos,  Anaxi- 
menes,  loannes  Siceliota  usf.  entsprechen  dem  Zweck  und  den  Be- 
dingungen einer  Schulausgabe  nicht,  wenigstens  nicht,  wenn  sie  so 
zahlreich  auftreten  wie  bei  Rehdantz. 

Die  grammatischen  und  eigentlich  stilistischen  Bemerkungen  sind, 
besonders  die  erstem,  wie  schon  angedeutet,  minder  zahlreich,  zeich- 
nen sich  aber  durch  eine  überaus  grosze  Reichhaltigkeit  ihres  Inhalts 
aus  und  legen  ein  Zeugnis  ab  von  den  umfassenden  Vorstudien,  welche 
der  Arbeit  zu  Grunde  liegen,  und  von  der  vollständigen  Beherschung 
vor  allem  des  demoslhenischen  Lesestoffs.  Es  ist  gewis  ein  nicht  hoch 
genug  anzuschlagender  Vorteil  des  Interpreten,  durch  Abzahlung  aller 
betreuenden  Stellen  den  Sprachgebrauch  eines  Schriftstellers  definitiv 
normieren  und  über  Zulässigkeiten  oder  unstatthaftes  ein  Urteil  fällen 
zu  können,  das  die  Akten  schlieszt.  Dasz  auch  hierin  für  die  Zwecke 
der  Schulausgabe  das  Zuviel  nicht  vermieden  ist,  wird  wol  Rehdantz 
selbst  kaum  in  Abrede  stellen;  es  ist  nicht  zu  leugnen,  dasz  die  Spalt- 
seiten seines  Commentars  zuweilen  durch  die  Ueberfülle  von  Citalen 
Rechentabellen  ähneln  (vgl.  die  Anmerkungen  zu  VII  7.  X  7.  38.  57. 
59.  XI 16.  XII  3.  5. 12),  doch  der  Werth  dieser  excursähnlichen  Bemer- 
kungen kann  wol  über  diesen  äuszerlichen  3Iangel  hinwegsehn  lassen, 
zumal  auch  die  Citate,  so  weit  thunlich  und  nötig,  in  der  Regel  ausge- 
schrieben sind.  Ein  reiches  Material  mit  vielen  Nachträgen  ist  auch  in  den 
Indices  niedergelegt,  wo  besonders  die  Bearbeitungen  der  Präpositionen 
und  einige  synonymische  Reihen  höchst  beachtungswerth  sind;  ein  be- 
stimmtes Princip  jedoch,  eine  gewisse  Kategorie  von  Anmerkungen, 
etwa  sämtliche  lexikalische,  dem  index  zuzuweisen  ist  nicht  erkennbar; 
er  enthält  auch  viele  grammatische  Ergänzungen  zum  Commentar.  In 
zwei  am  Schlüsse  folgenden  Excursen  werden  zahlreiche  Beispiele  über 
die  abweichende  Stellung  der  durch  Präpositionen  eingeführten  Attri- 
bute, der  Adverbien  und  der  Objectscasus,  sowie  die  den  Rednern  geläu- 
figen Schwurformeln  und  Anrufungen  der  Götter  gegeben;  Ref.  will  aus 
seinen  früher  zu  ähnlicher  Zusammenstellung  gemachten  Sammlungen*) 


1)  Nachträge  zu   dem  Anhange   über    die  abweichende  Stellung  der 
Attribute. 


Demostlieiics,  erklärt  von  Rehdantz.  175 

ans  den  Rednern  noch  eine  Anzahl  die  Vollständigkeit  erhöhender  Stel- 
len beifügen,  zumal  da  auch  rücksichtlich  des  Demosllienes  absoluto 


A)  Das  ptcip  schlieszt ,  zwischen  Artikel  und  Substantiv  steht  das 
Object ,  das  Adverb  oder  die  Präposition  mit  ihrem  Casus :  Demostb. 
XV  33:  Tqv  vTCo  rcöv  nooyövcov  xä^iv  7taQCid^So[.i£vrjv.  XXXVII  20: 
toig  vcp  iz^Qcov .öi-Aui'oig  cöQLOuivoig.  L  ü5:  tov  vno  zcov  voficov  %q6- 
vov  (OQiGLisvoj^  LI  13.  Pseudodcmosth.  LIX  70.  LXI  43;  vgl.  Demosth. 
XVIII  111:  SV  Ttgclyacc  ovvTS&fv  oipsa&e.  Aescb.  111  220:  arjusLov  tnl 
xcöv  y.atQwv  kchI  tov  GV[icp8QOvzog  dvögog  TtoXixsvoiiivov;  id.  I  93.  Lys. 
XIll  61:  T^s  roTf  Tiolixsiug  yia&iaxatitVTjg.  XXXIV  4:  iv  xccig  scp' 
Tj^icöv  öXiyagxiciig  ysysvrj^iBvaig ,  und  vgl.  dens.  XIV  35.  XIII  48  (wo 
xfj  nöXfi  jedoch  allenfalls  auch  zu  cä'xiog  construiert  werden  kann). 
Isokr.  IV  179:  xrjv  ttbqI  TjjMDcg  cixL^iiav  yeysvrjfisvrjv.  Isae.  III  50:  xoig 
SK  T^s  yvi]aiag  %vy<xxQ6g  naiGi  y^yoröaiv.  Deinarch  I  30:  xov  Nlko- 
drjacp  &civcitov  y.uxaoTiBvaa&ivxcx ;  ib.  §§  7')#  84  (wo  vo^ii^öiiBva  aber 
zur  Xot  substautiviscli  gefaszt  werden  kann).  87.  II  10.  Beabsichtigte 
Betonung  des  vorgeschobnen  Begrifl's  läszt  sich  hierbei  fast  durchgän- 
gig nachweisen. 

B)  Das  ptcp ,  getrennt  von  seiner  Präposition ,  tritt  in  die  Mitte 
zwischen  Artikel  und  Substantiv.  Demosth.  XIX  174:  rryv  ygacpBioav 
iniGxokriv  vn'  Bfiov,  (XX  ÖO:  cpsvyovaiv  fvsQyexccig  di'  vnäg.)  XXII  49 
(wo  TtSQi  xovrav  doch  wol  zu  }iSiu.£voi.g  gehört).  XXXV  53.  XXXXV  81. 
Pseudodemosth.  XIII  24:  xovg  dvaxojgovvxag  xtav  ßagßciQcov  cctto  Tr;g 
rjrxrig.  LIX  47.  Aesch.  III  126:  iv  xoig  xEzay^BvoLg  XQovoig  vno  xcov 
TCQoyövcov  (aus  dem  officielleu  Stil  eines  Psephisma).  Lys.  XII  77:  Tut's 
BiQTjuh'OLg  xQonOLg  vn'  spiov.  Isae.  I  §§  12.  22:  xbv  tl&ovxa.  xcov  ccq- 
10VX03V  sni  xr]V  'd'VQcev.  Deinarch.  III  22  :  xccig  yByevrjiiBvaig  ^qxi]0£oi.v 
vnsQ  xovxcov  xcov  y^griaüxcav  (vergl.  den  Passus  in  dem  Aktenstück  bei 
Demosth.  XVIIl  181).  Hypereid.  f.  Euxen.  p.  15  Z.  6  (Schneidewinj: 
■lovg  cvy.ocpccvxovjMBVovg  xcov   nolixcöv  vnö  xivtav, 

C)  Das  ptcip  von  seinem  nachfolgenden  Object  getrennt,  tritt  vor 
das  Substantiv.  Demosth.  XXII  37:  xrjvö'  äcpXiQr]i.iBvr]v  xrjv  ßov?.r]v  xbv 
GxBqarov.  LVII51:  btiI  xotg  ovoi  Smca'wg  yovBvGiv  Bfiavzco.  ib.  §56: 
xcov  ciTtoiprjcptGccuBvcov  'AXliiovglcov  i[iov.  Pseudodem.  XVII  15.  LIX  7. 
Demosth.  prooem.  XV  1.  XXXXI  3.  Aesch.  III  217:  xovg  BLgrjiiBvovg  bv 
vfiLv  Xöyovg  sfiavxcß '  id  II  155.  Lys.  XIII  43:  xdg  yBysvrji-isvag  gv^i- 
cpoQug  xfj  tcöXbl.  Pseudolys.  XX  36.  Andok.  II  1 :  to:  yLyvöf-LBva  dya&d 
xij  nölsi.  Deinarch  I  39:  xoug  ■nccxBLliqcpÖGi  xcov  cpvyäScov  Orjßag  vgl. 
ib.  §  104:  stlrjcpöxa  GS  x6  xqvglov.  Analog  ist  die  Trennung  des  Ob- 
jectsatzes  vom  regierenden  ptcip  Demosth.  XVIII  254  :  xcov  oirjQ-svxcov^^ 
"ElXrjvcüv  —  dici^Siv,  vgl.  Aeschin.  I  2  :  oi  sico&öxsg  löyoi  IsyBG&ai. 

D)  Collision  mehrerer  (adverbialer,  Präpositions-  oder  Objects-)Zu- 
sätze  zum  ptcip.  Demosth.  XVIII  82:  oi  nccgd  xov  Klsixdgxov  xözs 
TigBGßsig  ÖBvg'  dcpinvovfisvoi.  XIX  65:  xcov  s>ist  xo:hc5v  vvv  ovzcov. 
XX  76:  xfjg  sv  E%dGzcp  vvv  nsgl  avzov  dö^rig  vnagxovcrjg.  XXXXV  46: 
xovg  in'  s^andxTj  vvv  Xöyovg  vno  xovrov  grj&rjGo^svovg.  LVII  42: 
zco  slg  ffi£  rj-AovxL  •nLvdvvcp  vvv.  Pseudodem.  XXVI  18:  xotg  i^ca'cpvrjg 
jxsz'  ogyrjg  ndOsatv  v^tv  GvfininxovGLV.  Brief  IV  8:  zcav  xoCg  '"'EXXrjGi 
y.a-/.cöv  GvußBßrjy.dzcov  did  ^iXinnov.  Aesch.  III  25:  Slk  xrjv  ngog  Ev- 
ßovXov  ysysvrjUBvrjv  niGxiv  vfitv.  Lykurg  g.  Leokr.  118:  xovg  vGtsgov 
ngoGavaygacpBvxc(g  ngodözag  slg  xavxrjv  x^v  GzrjXrjv.  Isokr.  XVIII  45 : 
xovg  vno  xcov  ngoyövcov  noXsuiOvg  rjuiv  y.axaXBicpQ-Bvxag.  Deinarch 
I  15:  täv  vno  AgndXov  KOfiic&svxcov  xg'ri^dzo:)V  Big  xrjv  noXiv.  Pseu- 
doaeschin.  Brief  V  6:  xcov  b-asl  [loi  ^szd  aov  nctl  ^iXi'vov  Siuzgißcov 
ysvo^svcov. 


176  Demosthenes,  erklärt  von  Rehdantz. 

Vollständigkeit  bei  Rehdantz  nicht  erzielt,  vielleicht  auch  g-ar  nicht 
beabsichlifft  worden  ist. 


Die  von  Eehd.  mit  Beispielen  belegte  Nachstellung  der  durch  Prä- 
positionen eingeführten  Attribute  oder  der  Objecte  unmittelbar  hinter 
das  ptcip.  ist  so  häufig  ,  dasz  Ref.  darüber  keine  Nachträge  für  nötig 
erachtet.  —  Beispiele  aus  anderen  Schriftstellern  übet  diese  abnormen 
Stellungen  bei  Krüger  §  50,  10,  2  und  zu  Thukyd.  I  II,  3.  Hertleia 
zu  Xenoph.  Anab.  IV  3,  23.   Xyrop.   VI   1,    18. 

Nachträge  zu  dem  Anhang  über  die  Schwurformeln  und  Anrufungen 
der  Götter  bei  den  attischen  Eednern : 

Folgende  Schwurfonneln  fehlen  in  dem  Verzeichnis  bei  Rehdantz 
gänzlich:  vi]  zovg  &sovg  Demosth.  XXI  2  (kurze  Formeln  sind  selten, 
abgesehen  von  vij  zli'a  und  juä  dia),  ^ä  rovg  dsovg  Dem.  XXV  48.  85. 
(6  QfOL  (Aesch.)  Brief  XII  3.  TCQog  rijg  ^A^rivug  Deinarch  I  45.  vri 
rqv  'A&rivclv  Lykurg,  g.  Lebkr.  75  (die  einzige  bei  Lyknrg  vorkonimende 
Anrufung  auszer  der  feierlichen  am  Anfang  der  Rede).  Pseudodemosth. 
XXVI  19.  TCQÖg  &mv  Vkv^nicov  Isae.VI  58.  Dys.  XIII  95.  XIX  34.  54 
(Lysias  gebraucht  sonst  nirgends  Schwurformeln,  nicht  einmal  das  so 
gewöhnliche  vh  zJi'a;  nur  P.sendolys.  VI  7.  32.  38  hat  fia  rov  z/m,  und 
VIII  18:  ficc  rovg  &Eovg).  ^ä  tovg  &aovg  rovg  'Olif.i7riovg  Aesch.  III 
182.  I.'Jae.  VIII  29.  vr]  rov  dta  rov  'OXvintiov  Dem.  XXIV  121.  7t(j6s 
^log  v.ai  Smiiovmv  Isae.  II  47.  lao:  rovg  &£Ovg  xocl  zag  &8ag  Demosth. 
XIX  07.  (jLCi  rov  z/ta  ■/.cd  rov  'JTtoXla  Deni.L  13.  (ticz  rov  z/ta  Hai 
rov  'Anöllco  ■Kai  rrjv  dtjfir/TQa  Dem.  LH  9.  ai  yr]  ■aal  'qlis  ■/.al  agary] 
Aesch.  bei  Dem.  XVIII  127.  ai  yry  Kai.  Q-iol  %ai  öai^ovsg  -Aal  av&qm- 
Tcoi,  Aescli.  III  137. 

Auszerdem  sind  zu  den  belegten  Formeln  noch  nachzutragen:  c6  Zsy 
Kai  -O-aot  steht  noch  Dem.  XXXII  23;  oj  717  -nal  &soi'  Dem.  XVIII  139. 
XIX  287.  XXIII  61.  XXIV  180.  XXXX  5.  XXXXV  73.  7TQ6g  dibg.-Aal 
&i(av  Dem.  LV  9.  35.  LVII  50.  59.  nQog  ro'v  Zliog  ■x.al  räv  allav 
Idtav  Aesch.  III  156.  jrpog  zli6g  Dem.  XVIII  256.  XX  157.  LV  18. 
itqbg  !&£oh'  und  ■ngbg  rmv  ^foJi;  Dem.  XVIII  I'^^O.  XXI  48.  172.  XXIII 
106.  XXXIX  37.  XXXXI  22.  XXXXV  81.  vq  rov  dia  -aal  rovg  &fovg 
Dem.  XVIII  129.  liä  r/qv  'A97]vciv  (Dem.)  prooem.  XXXXVI  3.  fiä  rov 
di'a  -nal  rovg  allovg  Q'sovg  (Aesch.)  Brief  XI  6.  fiä  rovg  Q'sovg  Dem. 
XVI  32.  XVIII  111.  XXI  58.  139.  XXIX  57,  XXXIX  1.  LIV  6.  26.  36. 
Isae.  XI  36.  lia  zlia  Dem.  XXI  25.  XXII  33.  XXIX  59.  XXXV  40. 
XXXXI  20.  LV  26.  Pseududem.  XIII  21.  Die  Formel  [la  rov  z/t«  ist 
selten,  wie  Dem.  XXIV  125.  XXXX  57.  vrj  röi'  zJi'a,  was  Rehdantz 
>ftls  gewöhnliche  Schwurforrael  ansieht,  dürfte  bei  den  Rednern  nicht 
vorkommen;  Dem.  XXXVII  50,  wo  selbst  neuerdings  Bekker  den  Ar- 
tikel noch  festhält,  fehlt  derselbe  niclit  nur  im  .■* ugustanus ,  sondern 
nach  Dindorf  auch  im  2  (praef.  d.  leipziger  Ausgabe  von  1855  p.  L). 
Der  von  Rehd.  mit  besonderer  Sorgfalt  besprochene  Gebrauch  des  v^ 
dia  in  der  Ilypophora  und  sonst  lieszo  sich  zwar  noch  durch  Aveitere 
Beispiele  ergänzen,  doch  würde  dies  für  den  Zweck  der  vorliegenden 
Beurteilung  doch   zu  weit  führen. 

Zu  den  feierlichen  Anrufungen  der  Götter  in  den  Reuen,  besonders 
am  SchluRZ  uud  Anfang  sind  noch  hinzuzufügen  die  Stellen  Aesch.  I  116. 
II  180.  Hypereid.  f.  Lvkoplir.  p.  21  Z.  12  (Sehneidew.).  Dem.  XX  25, 
besonders  Pseudodem.  XXV  97;  auch  in  der  Prooemicnsammlung  hinter 
Demosthenes  findet  sie  sich  empfohlen  XXV  4.  XXXI  2. 

Alle  mit  TtQog  beginnenden  Schwurformeln  stehen  nur  im  interroga- 
tiven oder  imperativ ischen  Satze;  fia  kommt  bei  den  Eednern  fast  durch- 
weg in  negativen  Wendungen  vor  (alleinige  dem  Ref.  bekannte  Ausnah- 


Demosthenes,  erklärt  von  Rehdantx.  177 

Aber  freilich  ein  groszer  Ueb^Istand  dieser  schätzbaren  Collecla- 
neen  kann  nicht  unerwähnt  bleiben;  die  vielen  falschen  Citale  nehmen 
doch  dem  reichen  Inhalt  einen  Teil  seines  Werthes.  Ueberhaupt  ist 
die  fypogra|)hische  Form,  abgesehn  von  der  Sauberkeit  des  Drucks 
und  der  Ausstattung,  nicht  ganz  mit  der  gewöhnlichen  Teu  bn  ersehen 
Accuralesse  gegeben;  unzählige  falsche  oder  ganz  fehlende  Accente, 
Buchstabenverlauschungen,  ja  Versetzungen  ganzer  Zeilen  (so  ist  S.  98 
in  der  Aiim.  zu  §  2  die  Zeile  ^tovxi  —  9,  23'  vom  Anfang  des  Com- 
menlars  der  folgenden  Zeile  hereingeworfen)  können  nicht  ganz  allein 
als  Sünden  des  Setzers  gelten,  sondern  miiszen  auch  dem  Mangel  einer 
sorgfältigen  Correctur  zugeschrieben  werden.  Unerträglicher  als  diese 
vom  Leser  leicht  zu  beseitigenden  Verstosze  sind  nun  aber  eben  die 
nicht  zutrelTenden  Citate;  dasz  darin  der  Verfasser  nicht  ganz  schuld- 
frei zu  sprechen  ist,  zeigen  Bemerkungen  wie  die  zu  IX  42,  wo  die 
über  den  Arlhmios  Auskunft  gebende  Stelle  ganz  ohne  Angabe  der 
Quelle  (Plut.  Themist.  6)  gelassen  ist,  zu  IX  30,  wo  citiert  wird  'Aesch. 
3,  3:  ulk  ovv  TtQoßalXexal  yi  ri  tcqo  rrjg  £t^i;vj/g',  wärend  es  heiszen 
musz :  Aesch.  III  11:  orAA'  ovv  TtQoß.  ys  xi  txqo  xijg  aiG'ivvijq.  Bei  der 
nähern  Besprechung  einer  der  bearbeiteten  Reden,  die  Ref.  weiter 
unten  geben  will,  wird  sich  Gelegenheit  finden,  noch  einige  Belege 
dieser  Unachtsamkeit  hervorzuheben;  als  schlagender  Beweis  mögen 
die  sämtlichen  falschen  Citate  aus  Krügers  Grammatik  und  die  in 
den  beiden  Excursen  vorkommenden  errata  unter  dem  Text  ihren 
Platz  finden.^) 


men  Isae.  III  25.  39.  49:  val  [la  ^lia).  Consequent  vermeidet  diese 
Formeln  Isokrates  in  den  gerichtlichen  wie  epideiktischen  Eeden,  An- 
dokides  (nur  in  der  verdächtigen  Eede  III  15  steht  einmal  vi}  dia  in 
d_er  Hypophora),  fast  gänzlich  Lysias  (siehe  oben),  Antiphon  (nur  VI  40: 
cä  Tjiv  v.a.1  %^oi  TTÜvtsg,  auch  von  Kehd.  angeführt),  Ilypereides;  spar- 
sam damit  ist  Isaeos ,  Lykurg  (siehe  oben),  sehr  freigebig  Aeschines  und 
Deinarcli,  keiner  aber  mehr  als  Demosthenes. 

2)  p.    68    zu  §  10  lies   §  69,     7,     3  statt  69,  17,  3. 

„     68     „  „  10     „     „  47,     6,  11     „       47,     6,  4. 

„     72     „  „  16     „     „  56,  12,     4     „       56,  12,  7. 

„     75     „  „  22     „     „  54,     6,     4     „       54,     5,  4. 

„     82     „  „     4     „     „  49,     6,     2     „       49,     2,  6. 

„     84     „  „     8     „     „  47,   10,     3     „       47,  10,  4. 

„  129     „  „  21     „     „  50,  11,   12     „       50,  11,  3. 
{;„  IjT    „  „  45     „     „  46,   10  „       46,     4. 

„  143     „  „  50     „     „  53,     9,     1     „       59,     9,  3. 

„   163     „•  ,,   10  ist  das  Citat  §  56,  8,  11   unverständlich. 

„  165     „  „  12   lies  §  62,     4,     2  statt  63,     4,  2. 

„  194    „  „  32     „     „  61,     5,     7    „       61,    6,  7. 

„  194     „  „  33     „     „  62,     1,     3     „       62,     2,  3. 

„  204     „  „     8  würde  das  Citat  §  61,  7,  1  passender  sein  als  § 

„  239     „  „     1   lies   §  54,     6,     6  statt  64,     6,  6.  [57,  3,  7. 

„•  250  „  „  23  „  „  65,  6,  5  „   55,  6,  5. 

„  262  „  „  44  „  „  48,  3,  8  „   48,  4,  8. 

„  273  „  „  67  „  ,.  46,  4,  2  „   46,  2,  2. 

„  287  „  „  12  „  „  51,  11,  2  „   51,  10. 

N.  Jahrb.  f.  Phil,  u.  Päd.  II.  Abt.  IbCl,  Hft  4.  12 


178  DemosUienes,  erklärt  von  Rehdantz. 

Die  erste  Frage,  die  eine  neue  Ausgabe  des  Demosthenes  seit 
Immanuel  Bekker  hervorruft,  ist  die  nach  der  Stellung  des  Ver- 
fassers zum  Pariser  codex  ^.  Rehdantz  nimmt  dieser  Handschrift 
gegenüber  eine  reservierlere  Stellung  ein  als  die  Züricher ,  Vö  mel, 
Bekker  in  der  zweiten  Ausgabe,  Westermann  usw.;  er  hat  in 
den  gehaltvollen  Abhandlungen  über  '^  demosthenische  Litteratur  in 
Bezug  auf  die  Kritik'  in  den  Jahrbüchern  für  Philol.  u.  Päd.  (Bd  75 
und  77)  sein  Glaubensbekenntnis  darüber  ausgesprochen:  Mch  glaube 
die  demosfhenische  Kritik  musz  S  zu  Grunde  legen,  aber  sie  kann  und 
musz  nicht  selten  über  ihn  hinausgehn'  (Bd  77  Heft  8  S.  568).  Ohne 
daher  sich  D  i  n  dorfs  zweideutiger  Haltung  aiizuschlieszen,  tritt  Reh- 
dantz nicht  selten  den  Lesarten  des  pr.  S  gegenüber,  wie  Ref.  dies 
unten  an  der  Behandlung  der  zweiten  olynlhischen  Rede  näher  nach- 
weisen wird;  er  hat  auch  in  der  viel  discufierten  Interpolationsfrage 
rücksichllich  der  dritten  Philippica  sich  für  Beibehaltung  der  in  pr.  21 
fehlenden,  aber  allerdings  schon  im  12n  Jahrhundert  am  Rande  mit 
der  Bemerkung  tn'ixtL  to  loinov  h%c3&sv  nachgetragnen  Passus,  ins- 
besondere der  umfänglichen  Partien  nach  §  5,  in  §§  32.  41  (jedoch 
diese  eingeklammert),  46  und  71  (eingeklammert)  entschieden,  da- 
gegen den  Zusatz  der  Handschriften  und  der  margo  des  2^  in  §  65  weg- 
gelassen; die  Gründe  für  diese  Entscheidung  sind  von  ihm  a.  a.  0. 
S.  568  ff.  ausführlicher  erörtert.  Ref.  möchte  kaum  bezweifeln,  dasz 
der  Verf.  zu  andern  Resultaten  gekommen  sein  würde,  wenn  er  schon 
die  inzwischen  von  Ferdinand  Schultz  publicierte  Abhandlung  de 
codicibus  quibusdam  Demosthenicis  ad  orationem  Philippicam  tertiam 
nondum  adhibitis  (Programm  des  Friedrich-Gymnasiums  zu  Berlin  1860) 
gekannt  hätte.  Was  bisher  doch  nur  Vermutung  war,  dasz  ncmlich  2 
allein  von  allen  bekannten  Manuscripten  die  ciQ%cda  eKÖoaig  repräsen- 
tiere, ist  durch  die  Vergleichung  der  bisher  noch  unbenutzten  Floren- 
tiner Handschrift  aus  dem  13n  Jahrhundert,   die  ohne  aus  2  geflossen 


p.  303  zu  §  51  lies  §  65,  6,  5  statt  65,  6,  7(so  wenigstensist 
,,  319  ,,  „  11  ,,  ,,  43,  3,  0  ,,  43,  3,3.  [zu  vermuten), 
„  3G5  unter  dea  „  ,,  47,  16,  2  ,,  47,  16. 
Es  versteht  sich,  da,sz  diesen  Berichtigungen  die  Vergleichung  derselben 
(der  dritten)  Au.«gabe  der  Krügersclien  Grammatik  zu  Grunde  liegt, 
welche  Rehd.  benutzt  hat.  Aus  den  beiden  Excursen  lieben  wir  hervor: 
Anhang  I  p.  3s6  Z.  10  v.  u.  lies  7,  1«  statt  7,  10;  p.  386  Z,  2  v.  u.  lies 
Dein.  1,  110  st.  1,  109.  Anhang  II  p.  387  Z.  23  v.  o.  lies  Isae.  0,  61 
st.  6,  51;  p.  387  Z.  25  v.  o.  triift  das  Citat  nicht,  steht  vielmehr  ganz 
richtig  p.  389  Z.  8  v.  o.;  p.  387  Z.  24  v.  n.  lies  18,  208  st.  18,  206; 
p.  389  Z.  6  V.  o.  lies  Antiph.  6,  40  st.  6,  90;  p.  389-  Z.  10  v.  o.  lies 
Deinarch  1,  7  st.  I,  17;  p.  389  Z.  4  v.  u.  ist  Aesch.  1,  87  zu  streichen, 
denn  es  steht  dort  nicht  cpägs  Sr]  TtQog  rov  jdioq,  sondern  cp.  Ö.  n.  t. 
A.  ■v.al  t(av  &tcov;  p.  389  Z.  3  v.  u.  ist  das  schon  Zeile  8  an  riclitiger 
Stelle  angeführte  Citat  23,  24  zu  tilgen.  Von  sonstigen  Irtüineru  kann 
•Ref.  für  den  Augenblick  noch  berichtigen:  p.  126  zu  §  16  Z.  2  v.  u.  lies 
Dem.  15,  16  st.  15,  0;  p.  193  zu  §  32  Z.  10  v.  o.  lies  2,  24  statt  2,  6; 
p.  269  zu  §  59  Z.  10  v.  o.  lies  6,  31  st,  31,  6;  p.  277  zu  §  74  Z.  2 
V.  o.  lies  40,  54  st.  40,  45;  p.  321  zu  §  16  Z.  17  v.u.  lies  Protag.  339E 
St.  339  A;  p,  377  unter  na^d  Z.  14  v.  u.  lies  2,  22  st.  2,  5. 


Demoslhenes,  erklärt  von  Relidantz.  179 

7.11  sein,  doch  bei  weitem  in  den  meisten  Punkten  mit  ihm  überein- 
stimmt (^iiiirum  in  modiim  cum  Parisiensi  congruit,  mullum  tarnen 
tibest,  quin  ex  illo  exscriptus  videatur'  p.  4),  zur  Gewisheit  erhoben 
worden;  dasz  die  im  pr.  2^  ausgeschiednen  Stellen  der  dritten  Philip- 
pica  nicht,  wie  llehdantz  glaubt,  auf  Schreibversebn  beruhen,  dasz 
überhaupt  die  im  2  vorliegende  Recension  nicht  eine  willkürliche, 
sondern  eine  oder  vielmehr  die  berechtigte  sei  und  die  Werke  des 
Redners  in  echter  Fassung  wiedergebe,  diese  zuerst  von  den  Zürichern 
mit  kühnem  Durchgreifen  befolgte  Annahme  ist  nun  wol  als  Siegerin 
aus  dem  Streite,  der  seit  mehr  als  drei  Decennien  die  Kritiker  be- 
wegte, hervorgegangen,  und  selbst  Cobet  wird  sich  zum  Rückzüge 
entschlieszen  müszen.  Mögen  nur  bald  die  Schatze  dieser  Handschrift 
vollständig  mitgeteilt  werden!  Ucbrigens  sind  bei  Rehdantz  die 
kritischen  Anmerkungen,  gemäsz  den  Zwecken  der  Schulausgabe,  be- 
schränkt auf  die  Angabe  der  beachtenswerthesten  Varianten,  vollstän- 
dig nur  die  Abweichungen  aus  2  mit  sorgfältiger  Benutzung  der 
Collationen  Dübners  und  Vom  eis  angeführt. 

Indem  Ref.  sich  jetzt  der  eingehenderen  Besprechung  der  Be- 
handlung einer  Rede,  der  zweiten  olynthischen,  zuwendet,  schickt  er 
voraus,  dasz  er  seinerseits  sich  entschieden  zu  den  ßekennern  der  im 
S  vorliegenden  Recension  hält  und  dasz  er  von  diesem  Gesichtspunkte 
aus  die  Betrachtung  anstellen,  demnach  wo  nicht  dringende  Gegen- 
gründe vorliegen,  die  Lesart  des  2  zu  vertheidigen  suchen  wird. 

Gleich  zu  §  1  freilich  stimmt  Ref.  dem  Herausgeber  bei,  wenn  er 
von  allen  seinen  Vorgängern  abweichend  gegen  2  nach  den  andern 
Manuscripten  7tohj.i-}]6avtag  für  TtolE^'ijöOvtag  hergestellt  hat;  denn 
die  Erhebung  der  Olynthier  ist  ja  nicht  mehr  in  die  Zukunft  fallende 
Eventualität,  sondern  längst  ein  Factum,  das  schon  in  der  ersten  Rede 
(§§  5.  7)  als  thalsächlich  bezeichnet  wird;  ob  aber  noX.  oder  aeKX}]- 
(levovg  und  e'iovzag  prädicativ  stehe,  welches  letzlere  jetzt  West  er- 
mann in  der  3n  Ausgabe  annimmt,  ist  definitiv  nicht  zu  entscheiden. 
Warum  aber  soll  §  2  avtovg,  wie  im  kritischen  Anhang  als  möglich 
angedeutet  ist,  eine  Interpolation  sein,  da  es,  von  Rehdantz  selbst 
ganz  richtig  erklärt,  den  von  Schäfer  und  selbst  noch  von  Bekker 
in  der  neuen  Ausgabe  verkannten  Gegensatz  des  selbsllhätigen  Han- 
delns der  Athener  gegenüber  dem  wolwollenden  Entgegenkommen 
der  Götter  andeutet:  Svir  müszen  nun  selbst  zusehn,  dasz.'  Das- 
selbe gilt  von  dem  dvat,  vor  öo'^o^ev  §  2,  was  Rehdantz  auch  für 
möglicherweise  interpoliert  hält,  warum  ist  gar  nicht  abzusehn;  denn 
das  Praedicat  bei  öoxetv  wird  sogar  häufiger  durch  eivai,  vermittelt 
(Krüger  §  55,  4,  4);  vgl.  beispielsweise  Demosth.  XXI  134.  135.  194. 
218.  XXXXIII  4.  Prooem.  XIII  1.  XXIV  2.  Lys.  XIX  14.  Xen.  An. 
IV  4,  10. 

Ebenso  wenig  wie  alle  übrigen  Herausgeber  hat  Rehdantz  das 
durch  alle  Handschriften,  zwei  unbedeutende  ausgenommen,  verbürgte 
07to3g  —  doi,03uev  §  2  aufzunehmen  gewagt.  Die  Frage,  ob  nachBegriffen 
wie  6K0Ttsiv,  itQcixxciv ^  E7ti(i.sX£i6&ai  und  ähnlichen  die  Intention  aus- 

12*       ■ 


180  Demoslhenes,  erklärt  von  Rehdantz. 

drückenden  Verbis  oncog  mit  einem  obliquen  Modus  folgen  dürfe,  kann 
bier  nicht  füglich  erörtert  werden;  nur  darauf  wagt  Ref.,  selbst  dem 
allgemeinen  Conseiisus  der  Herausgeber  gegenüber,  aufmerksam  zu 
machen,  dasz  es  nicht  an  Stellen  fehlt,  wo  an  eine  handschriflliche 
Verwechselung  des  Futurs  und  Coni.  Aoristi  nicht  zu  denken  ist. 
Demoslh.  XXIV  107  conslruiert  TtaQuöKcva^eiv  mit  dem  Coni.  (oiicog 
rcov  vo^i.'^o[iivcov  xv%03<si)  ^  wiewol  er  es  §§  106.  1J3.  115  wie  her- 
kömmlich mit  dem  Futur  verbindet;  bei  Xen.  Anab.  III  1,  38:  d  ini- 
l.isXij&sitjTS  OTicog  —  6T.Qaxi]yol  avTizavaaTad-dxjLv  ist  die  Lesart  un- 
antastbar (vgl.  Krüger  zu  I  8,  13).  Aesch.  lil  6i  wechselt  hinter 
iTtQazTcto  oTicog  der  Conj,  im  ersten  Gliede  (oTtcog  (xr]  nEQi^iEivi]Te}  mit 
dem  Futur  im  zweiten  und  dritten,  ohnß  dasz  man  daran  Anstosz  ge- 
nommen hat.  Pseudodemoslh.  Brief  II  9  (BeUker)  :  OJtcog  allrjlcov  v^ieig 
7CcQLyiv}]ß&e  6'KOTtoiv,  und  V  5:  tiquits  ovrcog  OTtag  —  6TEQi]d'co(jLEv 
ist  eine  Vertauschung  mindestens  nicht  leicht  zu  nennen.  Lys.  XIII  93 
hat  Rauchenstein  auch  in  der  3n  Ausg.  noch  und  ebenso  Scheibe 
und  Westermann  iv'&vf.isiad's  oitcog  fir]  EQyov  ö'/^siliojxaTOv  SQyd- 
a}}öd-s  gegen  Baiters  i^yaoeßde  festgehaüen.  Auch  in  dem  Vorkom- 
men des  Optativs  hinter  diesem  ursprünglich  fragenden  ortag,  zunächst 
W'ol  nach  historischen  Temporibus  (vg;\.  Isae.  VI  35.  Isokr.  XXI  13. 
Isae.  I  18  wird  bei  Schömann  guvtcslv^  OTTcog  —  anoGr£Qt]aet.£  nach  den 
Handschriften  gelesen,  wärend  in  der  Züricher  Ausgabe  das  Fut.  cor- 
rigiert  ist;  vgl.  Krüger  §  54,  8,  6),  liegt  ein  Fingerzeig  für  die  Zu- 
lässigkeit  des  obliquen  Verhältnisses,  welche  auch  Matlhiae  §  518,  7. 
Rost  §  122,  10''.  Baumlein  Modi  S.  192  zugestehn  und  belegen.  Da 
nun  fast  überall,  wo  diese  Construciion  sich  findet,  die  Manuscripte 
mehr  oder  minder  schwanken  (auch  Dem.  1X51.  56  gibt  2  den  Con- 
junctiv :  %ivri6)]xcii,  —  öovltvöaGLv^  an  beiden  Orten  auch  von  andern 
Handschriflen  unterstützt;  Aesch.  II  130  hat  erst  JJekker  gegen  alle 
Handschriften  etcloxfjttj/Gij  ins  Futur  verwandelt),  so  wird  die  Conse- 
quenz,  mit  der  BekUer  die  von  Dawes  aufgestellte  Regel  über  die 
Construction  des  Zn(og  fii]  auch  auf  OTtag  ausgedehnt  hat  (vgl.  Schäfer 
App.  crit.  I  p.  277),  nicht  für  unbedenklich  gelten  können,  wie  auch 
der  Dawessche  Canon  selbst,  dasz  höchstens  der  Conj.  aor.  primi 
pass.  und  der  des  zweiten  Aorists  aller  genera  verbi  zulässig  sei,  un- 
haltbar erscheint,  zumal  die  Beweglichkeit  der  griechischen  Modi  im 
voraus  eine  solche  Beschränkung  ganz  unwahrscheinlich  macht. 

Am  Schlüsse  desselben  Paragraphen  scheint  die  Umstellung  av 
nolccov  %cd  xoTtQov  für  it..  ',co:l  x.  (hv  kaum  nötig;  Rehdantz  hat  sie 
dem  xav  Gvn^iä'icov  zuliebe  hergestellt,  weil  sich  sonst  die  Ueber- 
tragung  der  Allraciion  auf  diesen  letzlern  Genetiv  nicht  denken  lasse. 
Freilich  xtov  ovn^.  mit  Franke  und  Westermann  von  itQoUa&UL 
(nach  Analogie  des  Gen.  bei  iiid-uGi^aL)  abhängig  zu  machen,  ist  noch 
weniger  ralbsam,  da  der  constanfe  Gebrauch  AQSTtQoUö&ai  den  Accus, 
fordert.  Vielmehr  glaubt  Ref.  dasz  die  Lesart  noXsav  xal  xotccov  cov, 
die  alle  frühern  Herausgeber  auszcr  Pauly  festhalten,  sich  ver- 
theidigen  läszt;  die  Genetive  Tiolacov  kkI  xonatv  erklären  sich  durch 


Demostlieiies,  erklärt  von  Rehdantz.  ISl 

die  altraclio  inversa  (Krüger  §  51,10,9)  und  diese  übertriiü:t  sich 
parallel  aiicli  auf  das  zweite  Glied:  tcüv  övi-i^iaycov  kccI  natQcav.^  \voI)ei 
ja  der  Gedanke  vorschwebt:  cov  vvv  kvqioc  eGf-iEV,  mindestens  ist  niclit 
einziiselin,  warum  diese  Altraction  niclit  ebenso  gut  anfs  zweite  Glied 
fortwirken  könne,  wie  die  von  Hehdantz  gewiiblle  Form  derselben. 
Dasz  aber  TCQoUiUvovg  als  substantivisch  gewordnes  Parlicip  (solioii 
Ueiske  erklärte  es  durch  n^oirag)  den  Gen.  zu  sieb  nehmen  könne, 
wie  auch  Schäfer  vermutete,  ist  ohne  Belege  analoger  Art  nicht 
füglich  anzunelimen ,  und  die  von  Uehdantz  dafür  geltend  gemachte 
Regel  Krügers  (§  4T,  10)  spricbt  eher  dagegen,  da  7TQoie(xevog 
doch  nicht  zu  den  völlig  substantivierten  Participien  wie  ccqywv^ 
7iQoat']KOvreg  u.  dgl.  gezählt  werden  kann. 

Warum  §  3  liinter  (pikorifiiav  das  riva  beibehalten  ist,  kann  Ref. 
nicht  durchschauen,  zumal  es  auch  in  den  Handschriften,  die  es  bie- 
ten, gar  nicht  an  dieser  Stelle,  sondern  vor  eyeLv  steht  und  ganz  ent- 
behrlich ist;  im  kritischen  Apparat  hat  Rehdantz  nicht  angemerkt, 
dasz  es  im  pr.  2  fehlt;  vgl.  Demosth.  XX  69:  sGii  rovro  ro  yga^^ia 
i-KSLvcp  (piXoruda  TCQog  v^iag  avxovg.  In  §  4  ist  avTov  wol  nur  Druck- 
fehler statt  ccvxov  ■,  denn  die  Redensart  ttot^  avxov ^  naq  avrcov  'von 
sich  aus'  ist  constant.^)  Das  rovxcov  vor  of%i  in  demselben  Para- 
graphen, welches  nach  pr.  2^  bei  Westermann,  Bekker  (2e  Ausg.) 
u.  a.  fehlt,  ist  nicht  nur  entbelnlich ,  wenn  auch  ein  solches  resümie- 
rendes ovxog  gern  den  Nachsalz  des  Relativsatzes  einleitet,  sondern 
auch  schwierig  zu  construieren,  weshalb  schon  die  Abschreiber  in  F 
und  T  noch  durch  ein  vnsQ  nachzuhelfen  suchten.  In  §  5  hat  Reh- 
dantz gegen  -T  das  xov  vor  xovg  vjceQS-jiTt.  stehen  gelassen-,  weil,  wie 
er  zu  V  1  darüber  bemerkt,  der  förmliche  Stil  des  Prooeiiiiums  ein 
solches  Sichgehenlassen  nicht  gestatte;  man  sieht  dieser  Grund  ist 
sehr  subjectiv,  und  da  der  Artikel  bei  der  Verbindung  durch  re  —  nai 
auch  anderwärts  an  zweiler  Stelle  fehlt  (z.  B.  Demosth.  XXIV  8),  so- 
gar bei  verschiedner  Form  (Isae.  VIII  37.  Tluikyd.  I  ü4)  und  ebenso 
bei  dem  nicht  minder  scharf  auseinanderhaltenden  Kai  —  y.ai.  (Lykurg, 
g.  Leokr.  90),  so  stimmt  Ref.  Westermann  bei,  wenn  er  das  ro-i; 
für  entbehrlich  erklärt.  Beiläufig  bemerkt  ist  doch  auch  die  Weg- 
lassung des  Artikels  hinter  alla  %cd,  die  Rehdantz  zu  V  1  ver- 
wirft, nicht  schlechthin  wegen  der  gröszern  Selbständigkeit  dieses 
Satzgliedes  als  unmöglich  zu  betrachten;  denn  cc IIa  fx/j^  hinter  dem 
z.  B.  Demosth.  XVIII  176  der  Artikel  fehlt,  macht  doch  schon  durch 
den  Gegensatz  das  Glied  nicht  weniger  selbständig. 

Groszes  Bedenken  findet  Reh  da  n  tz  in  dem  kulqov  §  8,  weil  die 
betonte  Stellung  des  Wortes  sich  nicht  erklären  lasse;  er  vermutet 
•nccLQov  oder  (im  kritischen  Apparat)  y.aiga  'zu  rechter  Zeit,  d.  h.  in 
dem  Augenblick,  wo  die  Olyntliier  Athen  ein  Bündnis  angetragen  haben.' 


3)  Vgl.  Demosth.  IX  14  (ans  seiner  Tasche).  XXI  2J2.  XXVII  63 
("■aus  eigenen  Mitteln').  Lys.  XXXI  10  (ebenso). _  Isokr.  IX  20.  XII  18 
('ans  eigner  Erfindung').  Analog  naga  cqpwv  avtaiv  D«in.  XXVII  69. 
ticq'  ifiavTOv  Isae.  VIII  39.     naQ'  7jf.icöv  avrojv  Isokr.  XVIII  60. 


l82  Demosthenes,  erklärt  von  Rehdanlz. 

Diese  letztere  Beziehung  ohne  alle  Andeutung  herauszuhören  ist  an 
sich  sehr  schwer,  und  jeder  Grund  zur  Aenderung  fallt  weg,  wenn  man 
das  emphatische  Vorausstellen  des  Wortes  erklaren  kann.  Dies  aher 
scheint  möglich;  Demosthenes  betont  rMiQOv  absichtlich,  indem  er 
wie  so  oft  (vgl.  z.  B.  I  24.  III  7)  die  in  den  Verlegenheiten  des  Phi- 
lippos sich  bielende  günstige  Gelegenheit  der  bisherigen  Thatenlosig- 
keit  der  Athener  gegenüber  hervorhebt:  ^die  (ungünstige)  Lage  Phi- 
lipps ist  so  weit  gediehn'  (also  die  auszeren  Umstände  haben  sicli  für 
euch  günstig  gestaltet);  daran  knüpft  er  nach  Beseitigung  des  Ein- 
wurfs §  9  sofort  §  11  die  Conseqiienz  :  thut  ihr  nun  das  eure,  sie  zu 
benutzen.  — Dasz  das  7]  hinter  öei,t,ccro}  entbehrlich  ist  gibt  Rehdantz 
selbst  zu,  ohne  dasz  jedoch  in  diesem  Falle,  wie  er  glaubt,  ravra  not- 
wendig auf  das  folgende  bezogen  werden  und  als  durch  das  sich  an- 
schlieszende  t/  —  -f^  speciliciert  angesehn  werden  müste;  warum  soll 
nicht  auch  schon  das  erste  Glied  (cog  ovk  aXii^i]  ravr  iyco  Xiyco^  den 
beiden  folgenden  parallel  stehn ,  da  doch  das  Disjunctivverhällnis  nicht 
schon  beim  ersten  angedeutet  werden  musz?  Im  Gegenteil  wäre  es 
sonderbar,  wenn  Demosthenes  den  Beweis  der  Wahrheit  blos  für  die 
beiden  letzten  Punkte,  das  Mislrauen  der  von  Philipp  belrognen  und 
die  Freiheitsliebe  der  Thessaler,  antreten  wollte,  da  er  ja  im  voraus- 
gehenden noch  mehr  Gründe  für  das  Wanken  der  philippischen  Macht 
erörtert  hat  und  die  Worte  cog  —  Isyco^  denen  dann  beispielsweise  ein 
paar  Einzelpunkte  beigefügt  werden,  eben  die  Wahrheit  aller  Behaup- 
tungen in  Bausch  und  Bogen  garantieren  sollen. 

Die  Bemerkung  über  av  tv%rj  §  10   enthält   einen  .Widerspruch 
zu  dem  zu  I  3  und  IX  54  angedeuteten;  denn  wärend  an  diesen  Stellen 
xvy%ävcLv  durch  das  aus  dem  vorhergehenden  zu  supplierende  Parlicip 
vervollständigt  wird,  stellt  Rehdantz  an  der  vorliegenden  Stelle  die 
Notwendigkeit  eines  solchen  Supplements  in  Abrede,  da  die  Lebendig- 
keit der  Sprache  dasselbe  nicht  fordre.   Der  unterzeichnete  seinerseits 
möchte  der  Auffassung  beistimmen,  dasz,  wo  es  vermeidlich,  ein  Parli- 
cip zu  ergänzen  nicht  notwendig  ist;  in  den  meisten  Fällen  freilich  gibt 
sich  die  Wendung  als  eine  persönliche  zu  erkennen  und  gestattet  zwang- 
los die  Supplierung  des  Parlicips  wie  oxuv  zv^co^  o  xt  av  rvicoöi,  o  xi 
av  xvxrj  snaarog  u.  dgl.  (Rehdantz  zu  Dem.  IV  46.  Schneider  zu  Isokr. 
VII  29.   Sauppe  zu  Plat.  Protag.  353"),  doch  auszuschlieszen  ist  der  un- 
persönliche absolute  Gebrauch  nicht;  vgl.  Aesch.  III  42:  si  ovxco  xv^oi, 
wo  das  ovxo)  die  Supplierung   eines  Particips  nicht  gestattet,  ebenso 
(üemosth.)  Brief  III  37:  av  ovvco  xv'/,]]-    LVIII  41:  xäv  omog  ixv%£ 
Xeyovxav.    LXl  55:    ovk  inl  6ol  voftt^co   ysutjöcG&aL  ^rjv   cog  £'xv%ev. 
Vgl.  Plat.  Kratyl.  439 '';   dafür  spricht   auch  der  nicht  seltne  absolute 
Gebrauch  des  Neutr,  partic.  xvy^ov  Svenn  sich's  trilTt.''*) 


4)  Demosth.  XVIII  221;  XXXIX  15;  LIV  42.  Pseudodem.  XXV  88. 
prooem.  XXVIII  3.  Aesch.  III  10.  Pseudoaesch.  ]3rief  VII  1.  Isokr. 
III  47.  VIII  120.  XcQ.  Anab.  V  9,  30.  Arrian.  Anab.  I  10,  6:  rvxuv 
fisv  —  xv%6v  dL  Anderes  bei  Lothholz  zu  Basilios  de  legendis  librig 
geutil.  p.  67. 


Dcmostlieiies,  erklärt  von  Hclidanlz.  183 

In  §  13  ist  die  ursprüngliche  Lesart  des  ^  ag  TtQOGr'jKei  aal  det 
der  von  üiiidorf  und  Helidantz  vorgezognen   allerdings  angeblicli 
von  gleiclier  Hand   bewirkten  Correclur  xal  örj  v\ol  aus   dem  Grunde 
vorzuzichn  ,  weil  doch   die  im   folgenden  ausgesproclineu   Wirkungen 
des  Auftretens  der  Athener  nicht  notwendig  an  ein  sofortiges  {xal  öij) 
Eingreifen   derselben  gebunden  sind,  sondern  auch  später  noch  ein- 
treten können,   wenn  nur  die  Athener   sich   energisch  zeigen  wollen. 
Sehr  richtig  deutet  Kehdantz  selbst  an,  dasz  7r^0(J?^Ka  das  durch  die 
Ehre,   öst  das  durch  die  Lage  der  Dinge  im  eignen  Interesse  gebotne 
andeute,   und  das   letztere  ist   demnach   als  das   praktisch  wirkungs- 
vollere durchaus  nicht  überflüssig;    ähnlich   Demoslh.  XVIII   17:   k'ßri 
6    apayKaioi'  Kai  TtQoafJKov  l'scog.   vgl.  Pseudodemosth.  XXV  1-i,  und 
den  Unterschied  macht  recht  klar  XVIII  72:  el  e'öet  riva  rovrcou  stoj- 
iivrtjv  (painjvai,  tlva  dkXov  t]  xov  'A&vjvaLCOv  örjfiov  ngoöijKS  yeveod'ai. 
■ —  Sehr  erwünscht  ist  es  dasz  §  14  das  eV  TCQOö&rJKrj  in  der  Bedeutung 
'als  Zugabe',  wenn  aucli  nicht  aus  d'er  klassischen  Graecität,   nachge- 
wiesen (Index  unter  iv)  und  die  Lesart  des  21  iv  [xhu  ngoa&ijui]  fieQig 
in  ihr  bis  auf  die  jüngste  Zeit  streitig-  gemachtes   Recht   eingesetzt 
worden  ist.    Dagegen  kann  Ref.  nicht  billigen,  dasz  Uehdanlz  durch 
Setzung  eines  Kolon  hinter  'OXvv&LOi.g  (letzteres    dann  abhängig  von 
VTttjQ'^s)  die  Worte  zq)Civ)]  Vt  xovxo  6vi>ai.i(p6tE^ov    als   selbständigen 
Satz  hinstellt,  wodurch  die  Aufzählung  der  Beispiele  für  die  Bedeut- 
samkeit der  makedonischen  Macht  in  ihrer  Rolle  als  Zugabe  in   be- 
fremdlicher Weise  unterbrochen  wird;    es  ist  ein  Grund  dafür  auch 
nicht  zu  erkennen,  wenn  man,  wie  Rehdantz  selbst,  tovro  Gwu^Kpo- 
rsQov  mir  auf  die  makedonische  Macht  bezieht  und  übersetzt:  'dies  in 
seiner  Vereinigung  mit  anderen' ;  bezieht  man  freilich  Towro,  wie  Wolf 
und  Franke,  zugleich  auf  die  olynlhische  und  makedonische  Macht 
('dies  beides  zusammen'),  so  kann  roi^ro,  auf  Olvv&ioig  mitbezogen, 
nicht  füglich  in  demselben  Satzgliede  mit  ^OXvvd-loig  stehn,  und  dann 
allerdings  würde  sich  eine  Interpunction  nach  'Okvv&iotg  nötig  machen. 
Die  gewissermaszen  stoszweise  und  daher  asyndetisch  erfolgende  Auf- 
zählung der  Beispiele  wird  durch  das  di  hinter  vvvl,  was  Rehdantz 
und  so  auch  Din  dor f  und  Bekker  gegen  pr.  2  beibehalten,  in  ihrem 
Charakter  unterbrochen;  gerade  in  solchen  eine  vorausgehende  allge- 
meinere Sentenz  begründenden  Satzreihen  ist  das  Asyndeton  nicht  un- 
gewöhnlich und  nachdrücklicher,  wie  Demosth.  XXXIX  35.     LVI   45. 
Aesch.  II  164.    Das  die  Reihe  schlieszende  nal  vor  OTroi,  welches  mit 
einem  allgemeinen  Gedanken  den  Abschlusz  macht  ('und  überhaupt'), 
fehlt  ebenfalls  in  Z  und  dürfte  auch  entbehrlich  sein;   denn  wie  eine 
Reihe  von  ähnlichen  Einzelbegriffen  durch  ein  asyndetisch  angefügtes 
Ta  roiavra,  Ttavza,  rakXa  u.  dgl.  abgeschlossen  wird,  so  wird  auch  die 
Satzreihe  durch  einen  unverbunden  angefügten  das   vorige  zusammen- 
fassenden Gedanken  beendet;  vgl.  Demosth.  XXIII  17b:  oqüxbx^v  novr]- 
qiav  %al  rr/v  ccTiißriav,  (og  avco  %al  Katco.   ro  TtQcoxov  ■r]8i%Ei  Krjcpiöo- 
öoxoV  Ttaliv  A&rjvoöaQOV  iitavGato'  av&ig  rjÖLnei  XaßQiaV  iiccliv 
ajAoloyei  Xa^tjTt"  navr^  ävco  aal  nccxco  TteTtohyKS. 


184  Demoslhenes,  erklärt  von  Rehdantz. 

Das  Citat  zu  §  17  Ttms  i%ov6i  0iki7tnco  ^zu  10,  12'  scheint  auf 
einem  Verselm   zu  beruhn,  denn   was  an  der  angezognon  Steile  über 
s%civ  und  seine  Construction  mit  dem  Infin.  gesagt  ist,  hat  gar  keinen 
Bezug  auf  die  vorliegende;  Ref.  würde  glauben,  es  sei  irrig  aus  dem 
Schlusz  des  Commentars  zum  vorhergehenden  Paragraphen  wiederholt, 
wenn  nicht  dasselbe  rätselhafte  Cilat  zu  III  8  wiederkehrte,  wo  eben- 
falls k'%£tv  XLvi  'sich  gegen  jemand  verhalten'  steht;  der  Verfasser  von 
XI  10  erklärt  es  durch  §LC(y.£ia%uL  nqöq;  ohne  adverbialen  Zusatz  (der 
hier  durch  %ag  vertreten  ist)  kommt  es  in  dieser  Bedeutung  wol  nur 
selten  vor.  —  An  dem  uv  in  §  18  stöszt  Rehdantz  wol  mit  Unrecht 
an;  es   fügt  eine  neue  Eigenschaft  des  Philippos  hinzu  zu  dem  §  15  f. 
gesagten  ,  woraus  die  Hörer  schlieszen  können  ,  dasz  er  nicht  einmal 
bei  seiner  nächsten  Umgebung,  geschweige  denn  beim  makedonischen 
Volke  beliebt  sei:  'denn  zu   allem  anderem  sei  auch   wieder   sein 
Ehrgeiz  nicht  zu  überwinden.'     Es  ist  ein  noch  nicht  hinlänglich  ins 
Licht  gesetzter  Gebrauch  des  «u  (auch  avQ-iq  und  avze)^  kraft  dessen 
es  nicht  die  Wiederholung,  sondern  das  Hinzutreten   neuer  Momente 
bezeichnet,  'auch  wieder,   auch  noch'^);   vgl.  zu  unsrer   Sielle  die 
Schilderung  bei  Plut,  Alkib.  16:   fV  roLovxoig  TtolLTSvixaGL  Kai  loyoig 
v.ctX  (pQOvr}i.iari  v,a.l  ösLvorijrt  710IX71V  av  naXiv  xi]v  tQvcpyjv  tijg  §icä- 
xt]g  Y.xX.    Xen.  Anab.  II  6,  7:  ovxoa  (lev  q}tXo7ioX£[.iog  rjV  7cole1.11.Kog  öa 
UV  nxvx')]  idonei  dvai^  oxi  axI.    Demosth.  XXVIl  11  bei  Angabe  eines 
neuen  Generalpostens  in  der  Vermögensschätzung:  ymI  xovxtav  av  tc5v 
y^Q7][i<xx(ov  xo  KSwaXaiov  xtA.  ,   vgl.  Antiph.  V  10  und    das  ei  yaQ  av 
bei  der  Vorbringung  neuer  Eventualitäten  Demosth.  XIX  221.  XXIV  68. 
Dasz  es  hinter  yaQ  nicht  bedenklich  ist,  wie  Rehdantz  meint,  zeigen 
Stellen  wie  die  äuszerlich  ähnlich  gebildete  Demosth.  XXI  110:  xovrl 
yag  av  f.it%Qov  naQtjX&i  fts  sItvclv,  vgl.  Xen.  An.  III  2,  27,  'ganz  abge- 
sehn  von   der  gewöhnlichen  Formel  y.al  yaQ  av  xovxo.    Die  Bezeich- 
nung der  Person,   die  Rehdantz   durch  seinen  Aenderungs Vorschlag 
avxov  herstellen  will  und  deren  scheinbare  Notwendigkeit  sogar  Din- 
dorf  veranlaszte  aus  den   untergeordneten  Handschriften  ein  xcovÖQog 
einzusetzen ,  ist  nicht  erforderlich  ,  und  ebenso  wenig  musz  man  mit 
Westermann  avvTtSQßX^ixov   auf  Philipp  beziehn   und   xi]v  cpiXori- 
liiav  zum  Accusativ  der  Relation  machen.   Wie  leicht  die  Griechen  den 
Genetiv  des  determinierenden  Pronomens  ergänzten,  beweisen  Stellen 


5)  av  in  dieser  Geltung  entspricht  oft  unserem  neues  ,  entgegenge- 
setztes einfübreuden  'andrerseits';  daher  ist  es  beim  Eintritt  neuer  Perso- 
nen durch  'meiner-,  deiner-,  ihrerseits'  u.  dgl.  zu  übersetzen  (vgl.  z.  B. 
Dem.  XXVII  13.  Xen.  Kyrop.  I  4,  23.  Aristoph,  Vö.  1087.  Soph.  Antig. 
725);  in  Satzgliedern,  die  durch  iibv  —  de-  entgegengestellt  sind,  wird 
es  dem  zweiten  eingefügt  (Dem.  XX  12-3;  XXIX  3.'i.  Xen.  Kyrop.  VIII 
1,  13),  in  correlativen  Disjiinctivsätzen  ebenso  (Dem.  XXIII  62;  XXVII 
49.  Isae.  XI  28.  34.  Antiph.  V  22.  VI  5,  vgl.  V  76),  bei  der  Fort- 
setzung der  Rede  durch  ovSi  (Demosth.  XXIII  155.  XXV  18  oväs  yag  av. 
XXXXIX  37.  Pseudolys.  VIII  7.  Isae.  VII  35),  besonders  gern  wird  es, 
wenn  zwei  correspondierende  Condicionalsätze  a,uf  einander  folgen,  hin- 
ter st  di  gesetzt,  wie  Dem.  XXIII  23.   XXVII  21.  22.  XXXXIX  56. 


üemoslhenes,  erklärt  von  Helidanlz.  185 

wie  Demosth.  XIX  lOii  avayr.r]  xovg  koyovg  Al6-iiv)]v  duciv  i]  SiaQgrj- 
di]V  axovöavva  0ikt7tnov  vtcoGxoiisvov  — •  •?/  yoiixEv&ivxa  xal  cpevcc- 
möQ'EVTCi  ri]  Ttegl  takXa  (piXav^Qanicc.  XXVI i  22  ft  ri,  öei  xen^ai- 
QEG&ai  TtQog  xov  aXlov  (avxoi'^  was  bei  D  i  n  d  o  r  f  steht,  felilt  im  pr.  2^) 
TQOTtov  xcft  Ti]v  civaLÖ£ica>.  LVI  19  oio,uo;i  vj^idg  &civf.ia^sn'  TtaXat  xt]v 
Tol^civ  (^avxov  stellt  nur  in  mg.  Z)  und  vgl.  noch  XXIll  178.  XXXXV 
69.  XXXXVU  31.  78.  Aristoph.  Hi.  390  (KocU).  Ueher  die  Beziehung 
der  Eigenschaft  auf  die  belrelTende  Person  liiszt  ja  der  Zusammenhang 
nirgends  Zweifel. 

Zu  §  22  triirt  das  Citat  ^acpoQiicig  dg  —  &mv  svvoiav  \  zu  11,  3' 
nicht.  In  dem  xovvavxLOv  yaQ  av  riv  &civ^ci6xov  §  23  vermutet  lleh- 
dantz  wieder  eine  Interpolation  der  Worte  dv  rjv,  wofür  Ref.  schlech- 
terdings keinen  Grund  sehn  kann,  denn  av  rjv  fehlt  nur  in  einem  ganz 
untergeordneten  Code.x:  Augustanus  und  av  im  August,  prinius.  Warum 
soll  die  Copula  bei  &av(.iaGx6v  nicht  auch  ihre  Berechtigung  haben, 
wie  so  auch  gleich  vorher  iarlv  bei  &av^a(jx6v  steht;  vgl.  Lys.  XXII 
18  Ttcög  av  ov  &av^ia6xov  ei'tj.  Demosth.  XXV  31.  prooem.  XXXVIII 
1  u.  oft.  —  Zu  §  24  hatte  die  viel  besprochne  Construclion  Ka^  sva 
avxcöv  wol  eines  Winkes  bedurft;  auch  zu  der  verwandten  Stelle  IV 
20  bleibt  der  Gebrauch  des  (nach  der  Ansicht  des  unterzeichneten 
völlig  zum  distributivum  gewordenen  und  deshalb  nach  Art  der  Casus- 
beugung behandelten"))  JCßO-'  sva  c.  genet.  unbesprociien  und  zu  IX 
22  wird  auf  eine  Bemerkung  zu  X  46  verwiesen:  wieder  einmal  ein 
nicht  zutreffendes  Citat. 

Vorlreiriich  erscheint  die  Emendalion  in  §  28:  A^cpiTtoXiv.  Kai 
av  X}]cpd-rj .  TcaQuiQ^jua  zxX.  anstatt  des  handschriftlichen  y-av.  Bisher 
hatte  man  sich  teils  durch  ^^'eglassung  des  y.cvt  geholfen  und  mit  Wolf 
A^cpLTtoXig  dv  X^icp^fj  geschrieben,  teils  AiicpiitoXig  (^  A^cpi'TtoXiv)  %av 
X)](pd-rj  aufgenommen,  wobei  befremdlich  blieb,  warum  gerade  Amphi- 
polis  allein  als  Siegespreis  genannt  wurde;  auch  würde  aav  At/qDOjj 
'selbst  wann  es  erobert  sein  wird',  eine  unerklärbare  Betonung 
auf  die  Eroberung,  die  doch  natürlich  dem  ■KOj.u'^eG&ai,  vorausgehn 
muste,  legen.  Ref.  meinte  früher,  es  solle  die  Verschiedenheit  der 
Eroberer  (der  Strategen)  und  derer,  die  den  Nutzen  davon  ziehen 
(^v^eig),  hervorgehoben  werden  und  dachte  zu  schreiben:  A^cptitoXiv^ 
vq)    ov  oder  vcp    (av  dv  Xfjq^&rj^  tc.  v.  k. ;  in  dem  bloszen  nav  Xi^cp&y 


6)  Dieser  Ansicht  Westermanns ,  Krügers  n.  a.  nach  Buttinanns  Vor- 
gang (Index  zur  Midiana  s.  v.  ■kktu)  miisz  Ref.  unbedingt  beipflicliten; 
denn  ti(x&' tva ,  yM&'  tKacxa,  kkt'  oli'yovg  tritt  vollständig  in  die  Stelle 
des  Casus  (recti  und  obliqui)  ein.  Schlagende  Stellen  sind  auszer  den 
von  Buttmann  und  Krüger  §  60,  8,  4)  citierten:  Dem.  LIV  2ö  rcöv 
nagövrcov  v.aQ-'  £va  TtQog  tov  ßco^iov  ciyovxEg  (singulos).  Aesch.  II  15 
tu  KuQ''  iv.aGta  xcov  fxft  orjd^vxcov  •utt'  t^ov  zal  zovg  löyovg  dTCijyyBiXa. 
Isae.  VIII  •^'i  xov  y8vovg_  ■aa^d'  i-naaxov  vaag  iQcoxrjaco.  Dem.  XXIV 
194  et  Ka&'  iKaaxov  cov  sqel  dEL-nvvvai  ßov?.0LXO  (pBva%i6iiQV  tvEnu 
QiqQ'rjaö usva  (singula  —  dicta).  Plutarch  de  mul.  virtut.  (tom.  VIII  p. 
299.  Hütten  tom.  II  p.  226  ed.  stereot.  Tauchnitz)  Mi&QLddxrjg  xa^' 
sva  x(av  Falaxcov  TtaQsdiSov  G(payiqc6^svov. 


186  Detnoslhenes,  erklärt  von  Kehdantz. 

kann  dieser  Gegensatz  kaum  liegen,  ein  vit'  avrcov  wäre  dann  wol 
nicht  entbelirlicli.  Auf  alle  Fälle  ist  die  Uehdantzsche  Emendatioii 
ein  besseres  expediens.  —  Unbegreiflich  ist  es  dasz  §  30  nicht  die 
Lesart  des  2!  %al  z6  ßovleveßd-ca  zal  x6  Xiyuv  %ai  xo  ngarrsiv  bei- 
behalten, sondern  mit  Dindorf  und,  auffällig  genug,  auch  Bekker 
Xiyuv  an  die  erste  Stelle  gesetzt  worden  ist.  Eine  organische  Glie- 
derung der  Rechte  des  Staatsbürgers,  wie  sie  in  der  Ekklesia  hervor- 
treten, liegt  ja  nicht  vor  (Demosth.  XIX  34,  wo  dies  der  Fall  ist,  ist 
die  Reihenfolge  öiov  vfiäg  dxovGai  [correspondierend  dem  keyeiv]^ 
eita  ßovlEv6aG9ai,,  ^lera  xavxa  8s  tcqÜxxslv  allerdings  wol  begründet) 
und  die  Gegensätze  des  Xiysiv  und  tiqccxxclv  erscheinen  fast  stehend 
in  unmittelbarer  Gegenüberstellung^),  welche  in  der  von  Rehdantz 
gewählten  Textesgestaltung  unterbrochen  wird.  —  Schlieszlich  noch 
die  Bemerkung,  dasz  ein  Grund  für  die  Aufzählung  einer  Menge  von 
Stellen  bei  Demosthenes ,  die  einen  obliquen  Casus  oder  den  Plural 
von  östva  enthalten,  wie  sie  zu  §  31  gegeben  ist,  nicht  zu  ersehn 
ist;  mindestens  hätte  diese  Sammlung  unbedingt  in  den  Index  verwie- 
sen werden  miiszen.  Uebrigens  ist  in  der  vorliegenden  Sammlung 
noch  unter  xov  öetvog  IV  43  übersehen. 

Referent  hat  absichtlich,  um  den  in  einer  Zeitschrift  für  Recen- 
sionen  offnen  Raum  nicht  zu  überschreiten,  eine  Rede  gewählt,  die 
nicht  zu  lang  ist  und  verhältnismäszig  wenig  gröszere  Textesschwierig- 
keiten bietet.  Dasz  er  sich  Ausstellungen  an  dem  gebotnen  erlaubt 
hat,  wolle  der  Herr  Verfasser  durch  das  Streben  des  Ref.  nach  Kräf- 
ten zum  Verständnis  des  herlichsten  Redners  des  Altertums  beizu- 
tragen entschuldigen  und  das  bemerkte  wolwollend  prüfen.  Zum 
Schlusz  noch  den  Wunsch,  dasz  der  zweite  Teil  dieser  in  so  vieler 
Beziehung  neue  Gesichtspunkte  erschlieszenden  Ausgabe  nicht  allzu 
lange  auf  sich  warten  lassen  möge! 

Zittau.  Hermann  Frohberger. 


Kurze  Anzeisren  und  Miscellen. 


VII. 

Aufgaben  bei  den  baierischen  Abiturientenprüfungen. 


"Wer  sich  für  d.as  baierische  Gymnasialwesen  näher  interessiert,  dem 
kann  es  erwünscht  sein  einige  Themata  für  die  Abiturientenprüfung  ken- 


7)  Abgesehu  von  der  officiellen  Formel  Xsysiv  xat  TTgätreiv  za 
ßiXxLatcc  T«  di'iam  vgl.  Dem.  XX  51.  XXI  190.  XXV  27.  XXVI  8.  21 
prooem,  XXXXV' 4.  Brief  III  3.4.  Lys.  XII  49.  XVI  21.  Isokr.  XVII 
33.  39.  49.  XXI  9.  [Aescli.]  Brief  XI  2.  Ebenso  tzqccttsiv  kuI  dnsiv 
Demosth.  XIX  6.  XXXXIX  9.  Uyeiv  xai  noiuv  [Demosth.]  XXIV  25. 
49.  Ausnahme  [Lys.]  II  42  i-auvos  ditsiv  -nal  yvcövai  v.al  TtQa^ai.  De- 
mosth. XVIII  88  Isyav  v.a.1  yQccqjcov  Kai  tiquxxwv. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  187 


'<s 


nen  zu  lernen,  wie  sie  alljährlich  vom  Kultusniinisterinm  gestellt  wer- 
den. Denn  seit  G  Jahren  besteht  die  Einrichtnng  im  Interesse  einer 
gleichmiiszigen  Benrteilung-,  dasz  für  die  sämtlichen  Gymnasien  des 
Küuigreichs  einerlei  Prüt'ungsanl'gabeu  den  Stiulienrectoraten  angefertigt 
werden.  In  den  drei  ersten  Tagen  des  Juni  wird  die  schriftliche  Ma- 
turitätsprüfung von  den  die  Prüfungscommission  bildenden  Gymnasial- 
lehrern unter  Vorsitz  des  Rectors  ohne  Zuziehung  eines  besondern  Re- 
g'ierungscommissärs  gehalten,  so  dasz  für  jede  der  sechs  Aufgaben  ein 
halber  Tag  zur  Ausarbeitung  unter  beständiger  Vigilanz  eines  Lehrers 
gegeben  wird.  Der  Studienrcctor  bringt  die  betreffende,  vom  Ministerium 
ihm  versiegelt  zugefertigte  Aufgabe  mit  in  den  Prüfungssaal,  eröffnet  sie 
erst  vor  den  Augen  der  Commission  und  der  Abiturienten  und  läszt  sie 
dann  in  3 — -4  Stunden  bearbeiten.  Die  Prüfungscommission  corrigiert 
und  censiert  die  eingelieferten  Arbeiten  und  der  Studienrector  sendet 
sie  an  das  Kultusministerium.  Dieses  teilt  sie  dann  verschiednen  Sach- 
kundigen, die  in  keinem  Connex  mit  den  Gymnasien  stehen,  behufs  einer 
Superrevision  zu,  welche  die  von  der  Prüfungscommission  erteilten  Cen- 
surnoten  endgiltig  bestätigt,  erhöht  oder  herabsetzt.*)  Proben  der 
deutschen  Themata  für  eine  Uebersetzung  in  das  Lateinische  und  4n 
das  Griechische  und  für  die  Mathematik  können,  wenn  es  gewünscht 
wird,  nachgeliefert  werden;  hier  beschränkt  sich  Ref.  die  Themata  für 
einen  freien  deutschen,  für  einen  geschichtlichen  und  für  einen  Religions- 
aufsatz mitzuteilen: 

Aufgaben  zum  deutschen  Aufsatz.  1853/54.  Der  Abschied 
vom  Gymnasium,  1)  Rückblick  in  die  Vergangenheit ,  2)  Empfindungen 
der  Gegenwart,    3)  Hoffnung  und  Entschlusz  für  die  Zukunft. 

1854/55.  Ueber  die  Tugend  der  Bescheidenheit,  welche  den  stu- 
dierenden Jüngling,  der  sie  besitzt,  ziert,  und  den  andern,  der  sie  wahr- 
nimmt,    jTiit  Freude  erfüllt  und  zur  Nacheiferung  antreibt. 

1855/5!).  Wessen  entbehrt  der  Jüngling,  welcher  die  griechischea 
und  römischen  Schriftsteller  nicht  kennt? 

1856/57.  Ueber  den  groszen  Werth  der  Zeit  zur  gewissenhaften 
Benützung  derselben  für  jeden  Menschen,  insbesondere  für  den  studie- 
renden Jüngling  —  unter  Berücksichtigung  des  Satzes :  o  mihi  prae- 
teritos  referat  si  luppiter  annos ! 


*)  [Ein  Beispiel  einer  Discrepanz  der  Ansicht  des  censierenden  Studien- 
rectors  mit  der  des  Superrevisor  teilt  Döderlein  in  seinen  jüngst  er- 
schienenen "'öffentlichen  Reden'  (Frankfurt  1800)  mit  und  appelliert  S.  332 
an  das  philologische  Publicum.  Wir  werden  die  Votierungen  Sachkun- 
diger über  die  grammatische  Controverse  gern  in  unsrer  Zeitschrift 
mitteilen.  Döderlein  schreibt  dort:  « "^wir  bezweifeln  dasz  ein  wohlge- 
arteter Jüngling  beide  Fragen  mit  gutem  Gewissen  bejahen  könne'  hatte 
ein  Abiturient  mit  dul>itamus  num  .  .  .  aftirmare  possit  übersetzt.  Ich 
hatte  dies  darum  beanstandet,  weil  diese  Phrasis  eine  Suspension 
des  Urteils  enthalten  würde,  ich  schwanke  ob,  wie  hei  Plin.  Ep.  VI 
27:  dubito  num  idem  tibi  suadere  quod  mihi  debeam,  und  am  Schlusz 
quibus  ex  causis,  nt  supra  scripsi,  dubito  an  idem  tibi  qiiod  tunc 
mihi  suadeam,  wo  deutlich  Plinius  wirklich  selbst  nicht  weisz,  wie 
er  rathen  soll.  Ebenso  Cic,  Att.  XV  9  dubitabam  tu  litteras  essesne 
accepturus.  Dagegen  die  deutsehe  Redensart:  'ich  bezweifle  dasz'  ist 
offenbar  soviel  als  'ich  glaube  dasz  nicht',  ist  also  ein  negatives 
Urteil,  nur  in  beschränkter  Form,  welches  der  Lateiner  durch  vereor 
ut,  haud  scio  an  nou  auszudrücken  pflegt.  Ein  Schulcollege  hatte  den 
Abiturienten  gegen  meine  Correctur  in  Schutz  genommen  und  eine  allerh. 
Superrevision  ist  ihm  beigetreten.  Ich  melde  hiemit  Berufung  an  —  ohne 
jedochSitz  und  Adresse  des  Obertribunals  als  letzter  Instanz  zu  kennen.'»] 


188  -     Kurze  Anzeigen  und  Miscellen 


ö' 


1857/58.  lieber  den  Werth  und  die  groszen  Wirkungen  der  Be- 
redtsamkeit  im  Privat-  und  gesellschaftliclien  Leben,  im  Staat  und  in 
der  Kirche  —  nachgewiesen   an  einzelnen  Beispielen  des  Altertums. 

1858/59.     Widerlegung    der   gemeinen    Lebensansicht    bei   Horatius : 
'o  cives ,  cives,    quaerenda  pecunia  primum  est;    virtus  post  nuramos ! ' 
1859/Ö0.     Die    gewissenhafte   Vorbereitung    des   Jünglings    für    sei- 
nen Beruf  ist  die   beste  Bethätigung  seiner  Vaterlandsliebe. 

Aufgaben  aus  der  protestantischen  Religionslehre. 
1858/54.  1)  Wodurch  erweist  sich  die  Notwendigkeit  einer  besondern 
göttlichen  Offenbarung?  womit  beweisen  wir  die  Göttlichkeit  derjenigen, 
auf  die  sich  unser  Glaube  stützt?  2)  Nach  welchem  Stufengang  hat 
Gott  den  Heilsrath  für  das  menschliche  Geschlecht  kundgethan  und  aus- 
geführt? 3)  Durch  welche  Gnadenmittel  gelangen  wir  zum  Heil?  was 
lehrt  die  evangelische  Kirche  von  ihrer  Kraft  und  den  Bedingungen 
ihrer  Wirkung? 

ISbi/öb.  1)  Die  Lehre  von  der  Erbsünde  soll  nach  den  Bestim- 
mungen der  protestantischen  Kirche  angegeben  und  mit  den  wichtigsten 
Beweisstellen  der  heiligen  Schrift  belegt  werden,  wobei  nachzuweisen 
ist,  wie  sowol  die  Erlösungsbedürftigkeit  als  die  P^rlösungsfähigkeit  des 
Menschen  durch  sie  gewahrt  wird.  2)  Es  ist  anzugeben ,  was  unter 
dem  Stand  der  Erniedrigung  und  der  Erhöhung  Christ!  verstanden  wird, 
wiefern  beide  uns  zur  Gewisheit  unseres  Heils  nötig  sind  und  auf  welche 
Schriftstellen  sich  die  Lehre  gründet.  3)  Was  ist  das  Gebet,  welches 
sind  seine  notwendigen  Eigenschaften  und  welche  Verheiszungen  sind 
ihm  gegeben  ? 

1855/56.  1)  Worauf  beruht  die  Möglichkeit  einer  positiven  Offen- 
barung Gottes?  Welches  sind  die  Kennzeichen  der  wirklich  geschehnen? 
Auf  welchem  Wege  ist  sie  bis  zu  uns  gedrungen?  2)  Worin  besteht 
das  hohenpriesterliche  Amt  Christi?  auf  welchen  Voraussetzungen  beruht 
es?  welche  Wirkungen  hat  es?  3)  Worin  besteht  das  eigentlich  unter- 
scheidende Moment  des   rechtfertigenden  Glaubens. 

185t)/57.  1)  Worin  besteht  das  göttliche  Ebenbild,  das  dem  Men- 
schen ursprünglich  anerschaffen?  wiefern  haben  wir  es  verloren?  wiefern 
besitzen  wir  es  noch?  2)  Wodurch  unterscheidet  sich  der  christliche 
Glaube  an  Gott  von  den  Vorstellungen  derDeisten,  der  Pantheisten  und 
der  Materialisten?  3)  Wie  entspringt  aus  dem  Glauben  die  Liebe?  in 
welchem  fortdauernden  Zusammenhang  stehn  beide  mit  einander? 

1857/58.  1)  Es  ist  anzugeben  a)  wiefern  und  wodurch  der  Glaube 
rechtfertige ;  b)  warum  er  die  Busze  zur  notwendigen  Voraussetzung 
habe;  c)  warum  er  vom  heil.  Paulus  allen  Werken  entgegengesetzt 
werde  und  doch  in  guten  Werken  fruchtbar  sein  solle.  2)  Mit  welchem 
Recht  heiszt  die  heil.  Taufe  das  Sakrament  der  Wiedergeburt?  welche 
Gnade  gewährt  sie?  wozu  verpflichtet  sie?  3)  Was  versteht  man  unter 
der  unsichtbaren  Kirche?  wie  unterscheidet  man  sie  von  der  siebt- 
baren? 

1858/59.  1)  Worin  besteht  der  wesentliche  Unterschied  des  alten 
Bunde«  von  der  christlichen  Heilsordnung?  2)  Was  begreift  der  Tod  in 
sich,  welcher  Rom.  6,  33  der  Sünde  Sold  genannt  wird?  3)  Wodurch 
hat  Christus  unsern  Tod  besiegt  und  wie  werden  wir  seines  Sieges  teil- 
haftig? 4)  Mit  welchem  Grund  wird  Christus  ein  dreifaches  Amt  zu- 
geschrieben? und  welche  Verrichtungen  kommen  ihm  nach  jedem  dieser 
drei  Aemter  zu? 

1859/1)0.  1)  Was  ist  Religion  und  welcli«  Stücke  sind  wesentlich 
zu  ihrem  Bestand?  2)  Was  versteht  man  unter  natürlicher  und  was 
unter  positiver  Offenbarung?  3)  Wo  wird  das  Heil  Christi  iins  ange- 
eignet, von  wem,  durch  welche  Mittel,  auf  welchem  göttlich  geordneten 
Wege  ? 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  189 

Aufgaben  aus  der  allgemeinen  Geschichte.  185^/54.  1)  Von 
welchen  Völkern  wurde  das  weströmische  lieich  in  dem  letzten  Jahr- 
hundert seines  Bestclms  bis  zu  seinem  Untergang  (470  n.  Chr.)  durch 
Einfälle  hart  bedrängt?  auf  welche  Weise  gieng  es  unter.?  und  welche 
Eeiche  haben  sieh  auf  den  Trümmern  desselben  im  ön  und  Gn  Jahr- 
luindcM't  in  Italien  gebildet?  2)  Welches  sind  die  wichtigsten  Ereignisse 
des  siebenjährigen  Kriegs,  mit  Angabe  der  ßestimmungen  der  Friedens- 
schlüsse, wodurch  derselbe  beendigt  wurde? 

1854/55.  I)  Welche  Kriege  haben  die  Kömer  mit  den  Samniten  ge- 
führt? und  mit  welchem  Erfolge?  2)  Von  welchen  türkisclicn  Sultanen 
wurden  dein  byzantinischen  Kaiserreiche  zuerst  einzelne  Provinzen  ent- 
rissen? und  auf  welche  AVeise  wurde  dasselbe  von  den  Türken  gänzlich 
vernichtet  ?  3)  Kurze  Angabe  der  Ursachen  des  spanischen  Erbfolge- 
kriegs,  dann  der  daran  teilnehmenden  verbündeten  Mächte  und  der  Be- 
stimmungen der  Utrecht  -  Rastatter  und  Badener  Friedensschlüsse. 

1855/5G.  1)  Durch  welche  Kriege,  Hauptfeldherrn  und  Haupt- 
schlachten hat  Korn  Italien  erobert?  2)  Was  hat  Kaiser  Maximilian  I 
für  Deut.-rchland  gethan ,  aber  auch  welchen  Verlust  das  Eeich  unter 
ihm  erlitten  ? 

185(3/57.  1)  Was  gab  nach  dem  antalkidischen  Frieden  —  387  v. 
Chr.  —  Veranlassung  zu  dem  Glänze  des  thebanischen  Staats  ?  wie 
lange  dauerte  dieser  Glanz  und  welchen  Helden  war  er  hauptsächlich 
zu  verdanken?  2)  Auf  welche  Weise  gelangte  das  Holienstaufische 
Haus  zu  dem  Besitze  des  Königreichs  Sicilien?  wie  lange  und  unter 
welchen  Herschern  behauptete  es  sich?  und  wie  wurde  ihm  dieser  Be- 
sitz wieder  entrissen?  3j  Kurze  Angabe  des  geschichtlichen  Verlaufs 
des  dreiszigjährigen  Kriegs  nach  dem  Prager  Frieden  1635  bis  zum 
Abschlüsse  des  westphälischen  Friedens  und  der  wichtigsten  Bestim- 
mungen des  letztern. 

1857/58.  1)  Was  gab  Veranlassung  zu  dem  Kriege  Eoms  mit  dem 
Könige  Antiochus  (III)  dem  Groszen  von  Syrien?  welches  ist  der  Ver- 
lauf und  der  Ausgang  dieses  Kriegs?  2)  Was  versteht  man  unter  dem 
Investiturstreite?  unter  welchen  deutschen  Kaisern  wurde  derselbe  ge- 
führt? und  wann  und  wie  wurde  er  beigelegt?  3)  Kurze  Angabe  der 
wichtigsten  Ereignisse  des  dreiszigjährigen  Kriegs  vom  Jahre  1625 — 1630. 

1858/59.  1)  Kurze  Darstellung  des  Verlaufs  des  Triumvirats  des 
Antonius,  Octavianus  und  Lepidus  zu  Rom  von  der  Zeit  der  Ermordung 
Ciceros  bis  zur  AUeinherscliaft  des  Octavianus  (43  bis  30  v.  Chr.).  2) 
Welches  sind  die  wichtigsten  Erfindungen  und  Entdeckungen  im  14n 
und  15n  Jahrhundert  und  ihr  Einflusz  auf  die  Entwicklung  der  euro- 
päischen Staaten  in  Bezug  auf  Wissenschaft,  Kunst,  Handel  und  Ge- 
werbfleisz  ?  3)  Angabe  der  Ursachen  und  des  Verlaufs  des  österreichi- 
schen Erbfolgekriegs  bis  zum  Frieden  von  Breslau  (11.  Juni  1742). 

1859/60.  1)  Welche  Veranlassung  und  welchen  Erfolg  hatten  die 
Reformversuche  der  zwei  Volkstribunen  Tiberius  Gracchus  und  Cajus 
Graccims  in  Rom  (133 — 121  v.  Chr.)?  2)  Kurze  Darstellung  der  wich- 
tigsten Begebenheiten  des  ersten  Kreuzzugs  (1096 — 1099). 


VIII. 

Des  Guiot  von  Provins  bis  jetzt  bekannte  Dichtungen^  alt  franz. 
und  in  deutscher  metrischer  Ueb  er  Setzung  mit  Einlei- 
tung, Anmerkungen  und  vollständigem  erklärendem  Wörter- 
buche.   Herausgegeben  von  Joh.  Friedr.  Wolfart  (Professor 


190  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

am  Domgymnasium  zu  Magdeburg ^  f  29.  März  1860)  und  San- 
Marte   (^A.  Schulz).    Parcival- Studien.     Erstes  Heft.     Hallö 

1861. 

Wie  schon  der  vollständig-  mitgeteilte  Titel  vermuten  läszt,  so  haben 
wir  es  hier  mit  einem  Werke  zu  thun,  das  nach  beiden  Seiten,  der  lit- 
terarhistorischen  und  der  philologischen,   einen  weiten  und  förderlichen 
Ausblick  eröffnet ;  und  ^venn  auch  die  Verfasser  so  einmütig  mit  einander 
zu   arbeiten  verstanden  haben,    dasz  auf  vielen  Punkten    die  Grenzlinie 
zwischen     ihren    beiderseitigen    Arbeitsfeldern    dem   Blicke    völlig    ent- 
schwindet ,    so    hat   es    doch  kein  Bedenken ,    in  der  Besprechung  beide 
Gebiete  auseinander  zu  halten  und  eins  nach  dem  andern  zu  überblicken. 
—  Der  Haupttitel  Parcival-Ötudien  kann  für  den  ersten  Augenblick 
etwas  befremden,  bis  man  sich  eriunert,  dasz  Wolfram  von  Eschenbach 
allerdings  einen  Kyot  ganz  bestimmt  und  wiederholt  als  den  Verfasser 
eines    Romans    von    Parcival   und    dem   Königsgeschlecht   des    Gral   be- 
zeichnet   und   auf    ihn    als    seinen    Gewährsmann    mehr   als    einmal   sich 
beruft.     Diese  Angabe  Wolframs  hatte  bisher  allen  Forschern  als  zwei- 
fellos gegolten,    nur   dasz    nach  Lachmanns   Vorgang   man   die  Iden- 
tität des  Wolframschen  Kyot  des  Provenzalen  und  des  Guiot  von  Provins 
fast  einstimmig  bestritten  hatte.    Erst  für  AY.  Wa  ck  er  nagel  erwuchs 
aus    der    Einsicht    einiger   lyrischer   Gedichte,    die    er   in   einem   Berner 
Codex   unter    Guiots    Namen    auffand,    die    gröszte    AA'ahrscheinlichkeit, 
dasz  Wolframs  Gewährsmann  mit  diesem  eine  Person  sei.     Dagegen  ist 
neuerdings  Avchat  (Pfeiffers  Germania  III  1858)  aus  einer  Vergleichung 
von   Wolframs   Parcival   mit   den   Contes    del   Graal    des    Chrestiens    de 
Troyes  zu   dem  Resultat  gekommen,   dasz  Wolframs  Berufung    auf  den 
Kyot    eine    reine   Erlindung    und    ein  falsches   Vorgeben   sei   und    dasz, 
wärend  W.  und  Chrestiens   vereint    wie   glanzvolle  Gestirne    am    mittel- 
alterlichen Himmel  aufsteigen,  Kyöt,  einem  trügerischen  Meteor  gleich, 
kaum    aufgegangen    spurlos    dahin    schwinde.       Wir  wollen    hinzufügen, 
dasz    auch  französischerseits    man   sich    in    dieser   Frage    der   Negative 
zuzuneigen    scheint;     wenigstens    sagt  Ede'lestand    du   Me'ril    (Floire    et 
Blanceflor  1856  S.  XXX) :   'la  France  e'tait  bien  oublieuse  de  ses  gloires 
poetiques   pendant  le  moyen -uge:  beaucoup  d'autres  poemes  d'une  exi- 
stence  incontestable  ont  pe'ri  —  et  deux  poetes,  Alberic  de  Besan^on  et 
Kyot,  ne  sont  plus  connus  que  par  des  allegations  semblables' 
(wie  Ruoprecht    von   Orbent  bei  Konrad  Fleck).   —    Die    Einleitung    zu 
unserem  Guiot  (S.  1 — 28)  behandelt   nun  im  In  Kapitel  die  Lebensum- 
stände des  Dichters,  dessen  Heimat  Provins  in  Nieder-Brie,  vier  Meilen 
von  der  Seine ,    in  Isle  de  France  war ;  und  was  das  wichtigste  ist ,  die 
Abfassung  der  Bible    wird    nach    den  eignen  Angaben   des  Guiot    fest- 
gestellt  auf  die  Zeit   zwischen    J.  1203  und  1208.     Die   2691  Verse   der 
Bible  gehören  ihrer  Tendenz  und    ihrem  Grundton  nach  zu  der  Gattung 
von   satirisch -didaktischen  Dichtungen,   an    denen  der  Norden   wie  der 
Süden   Frankreichs   im    Pin   und*  13n   Jahrhundert    besonders   reich    ge- 
wesen   sein    musz;    bald    zornvolle,    bald  witzige  Ergüsse  des  Unwillens 
und    des    Spottes    gegen    das    Unwesen    und    den    Verfall    besonders   der 
sichtbaren  Kirche,  des  Papsttums,  der  hohem  und  niedern  Geistlichkeit, 
der  Mönchs-   und   mönchischen  Ritterorden.     So  unter  den  Dichtungen 
der  Troubadours    die    sirventes    eines  Bertrand   de  Born,    in  Nordfrank- 
reich die  Strafgedichte  eines  Jehan  Baillehans,  Luc  de  la  Barre,  Thibaut 
de  Marly,  des  Hugues  de  Bersil,  des  Roix  de  Cambray  u.  a.   Mit  Recht 
,  stellt  die  Einleitung  den  Guiot  unter   seinen  Geistesverwandten  vornan, 
der  '"mit  markigem  Pinsel,  in  der  Manier  eines  Tintoretto,    die  charak- 
teristischen Züge   seines  Jahrhunderts   malt,    und    im  Bewustscin   einem 
edlen  Zwecke  zu  ^ienen  und  in   der   stolzen  Sicherheit   einer   sittlichen 


Kurze  Anzeigen  und  iMiscellen.  191 


'o 


und  cliristliclien  Pfliclit  zu  genüg'en  der  Welt  zu  Nutz  sein  Buch  hin- 
gibt, hoffend  sich  und  den  darin  rühmlich  erwähnten  ein  dauerndes 
Ehrengedächtnis  zu  stiften.'  Im  2n  Kapitel  wird  die  oben  berüiirte 
Streitfrage  eiugJingiich  behandelt,  und  zwar  in  dem  Sinne,  dasz  der 
Versuch  gemacht  wird,  mit  allen  zu  Gebote  stehenden  Eeweismitteln 
die  vielfach  bestrittne  Identität  des  Kyot  und  unsers  Guiot  zu  er- 
härten. Was  hier  an  äuszern  und  Innern  Argumenten  beigebracht 
wird,  reiht  sich  zu  einer  folgerecliten  Schluszkette  zusammen  und  läszt 
kaum  noch  die  entfernte  Möglichkeit  offen ,  trotzdem  den  Wolfram  der 
Unwahrheit  und  eines  falschen  Vorgebens  hinsichtlich  seiner  französi- 
schen Quelle  zu  bezichtigen  (vgl-  Gödecke  Grundrisz  der  Gesch.  der 
deutschen  Dichtung  I  S.  25).  Wolfram  hat  darnach  einen  epischen 
Roman  des  gleichen  Inhalts  gekannt,  dessen  Verfasser  er  Kyot  eiuen 
Provenzäl,  den  Provenzäl  nennt,  der  aber  'en  franzoys  gesprach';  mag 
er  immerhin  seinen  Kyöt  für  einen  Provenzalen  gehalten  haben,  so  wird 
es  einem  doch  leicht  hier  mit  San-Marte  ein  naheliegendes  Misverständ- 
nis  gelten  zu  lassen,  demzufolge  dem  lese-  und  schreibunkundigen 
Wolfram  das  gesprochne  Provins  zu  Provenz  werden  konnte.  Guiot 
erscfieint  dann  füglich  als  der  Vollender  und  Umarbeiter  der  Contes  del 
Graal  von  Chrestiens  de  Troyes ,  und  war  sein  Werk  etwa  zwischen 
11 '.10  und  1195  vollendet,  so  blieb  bis  1204  noch  hinreichend  Zeit,  dasz 
seine  Handschrift  des  Parcival  nach  Deutschland  und  in  Wolframs  Hand 
gelangen  konnte.  Besonders  ansprechend  ist  der  Teil  der  Beweisführung, 
der  auf  die  Uebereinstimmung  des  ethischen  Gedankeninhalts  im  ein- 
zelnen und  des  Grundtons  im  ganzen  zwischen  dem  Parcival  und  Guiots 
Bible  sich  stützt;  er  läszt  sich  mit  den  Worten  der  Einleitung  S.  18  in 
die  Summe  zusammenfassen,  dasz  'd  er  T  e  nrpleisenorden  im  Parci- 
val nichts  anders  sei,  als  ein  im  Geiste  Guiots  reformierter 
T  emp  elherr  enorden',  und  dasz  (S.  22)  nach  allem  wir  aus  der 
Bible  nicht  blos  keinen  Grund  zu  entnehmen  vermögen  ,  dem  Guiot  die 
Fähigkeit  einen  Roman  des  Inhalts  wie  unsern  Parcival  zu  dichten 
abzu.sprcchen,  sondern  ihn  vielmehr,  besonders  seines  theologischen 
Standpunkts  wegen ,  für  sehr  wohl  dazu  geneigt  und  geeignet  halten 
müszen.  So  viel  Beweiskraft  man  auch  solchen  aus  der  Sache  selbst 
geschöpften  Momenten  zugestehn  möchte  ,  wenn  es  sich  etwa  um  eine 
vorliegende  alt  französische  Parcivaldichtung  ohne  Namen 
li.-^ndelte,  so  wenig  läszt  sich  doch  leugnen,  dasz  mit  dem  vorläufigen 
Nichtvorhandensein  eines  solchen  Epos  von  Kyot  ein  wesentlicher 
King  aus  der  Kette  der  Schluszfolgerungen  gebrochen  ist;  wie  denn,  bis 
ein  solches  Epos  aufgefunden  sein  wird,  die  Vermutung  von  einer  Guiot- 
schen  Parcivaldichtung ,  auf  die  zudem  in  der  Bible  sich  nirgends  eine 
ausdrückliche  und  positive  Hinweisnng  findet,  sich  auL-h  durch  die  ein- 
gänglichste Forschung  immer  nur  bis  zu  einem  möglichst  groszen  Grad 
von  Wahrscheinlichkeit  wird  bringen  lassen.  —  Das  3e  Kapitel  S.  23 
charakterisiert  in  kurzen  Zügen  eine  analoge  Erscheinung,  das  Speculum 
stultorum  von  Brunellus  Vigellus ,  ein  satirisches  Gedicht  in  lateinischen 
IHstichen  aus  der  Zeit  nach  J.  1150.  —  In  den  erläuternden  An- 
merkungen (S.  126 — ^156)  begegnen  wir  einem  reichen  Material  an 
historischen  Daten,  Citaten  von  Parallelstellen  in  der  heil.  Schrift,  in 
Wolframs  Parcival,  im  Brunellus,  das  geeignet  ist  über  manche  dunkle 
und  schwierige  Stelle  Licht  zu  verbreiten  und  neben  vielem  bekanntern 
nicht  wenige  Beweise  von  Beleseulieit  und  Scharfsirni  bringt.  —  Neben 
dem  französischen  Text  läuft  eine  metrische  Uebersetzung  her, 
die  im  ganzen  wie  im  einzelnen  ein  bei'edtes  Zeugnis  für  die  unge- 
wöhnliche Gewandtheit  des  auf  diesem  Gebiete  wohlbekannten  Parcival- 
forschers  San-Marte  ist;  sie  habe  sich,  heiszt  es  in  der  Vorrede,  zwar 
der   möglichsten   Treue   befleiszigt,    dennoch    aber    sich    einer   gewissen 


192 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 


.  -^ 


freien  Bewegung  und  der  metrischen  Form  nicht  entschlagen  dürfen, 
um  den  Eindruck  des  Originals  entsprechend  wiederzugeben  und  dem 
Leser  ein  frisch  lebendiges  Gesicht,  keine  mechanische, 
Todtenmaske  eutgegeuzuhallen.  Der  geringste  eigne  Versuch  auf 
diesem  Gebiete  liefert  den  Beweis,  dasz  schon  der  blosze  Ueber- 
setzer  es  hier  mit  manigfachen  Schwierigkeiten  zu  thun  hat,  die 
Scharfsinn  und  Geduld  oft  auf  eine  harte  Probe  stellen;  wenn  aber  San- 
Marte  seine  Arbeit  mit  dem  Namen  einer  Uebersetzung  bezeichnet,  so 
ist  das  eben  ein  bescheidner  Ausdruck  für  ein  Werk,  das  so  selbständig 
durchdacht,  so  von  neuem  im  Innern  empfangen  und  so  in  einem  Gusz 
und  ohne  Risse  und  Fugen  herausgestaltet  ist ,  dasz  wir  es  mit  viel 
gröszerem  Rechte  als  eine  freie  Nachdichtung  ansehn  dürfen, 
der  es  kaum  an  einzelnen  Stellen  abzumerken  ist,  dasz  sie  mit  so  viel 
Treue  sich  einem  fremdsprachigen  Original  anschlieszt.  Selbst  wo  iu 
der  Texteskritik  und  Interpretation  offenbare  Dunkelheiten  zurückge- 
blieben sind,  hat  der  Uebersetzer  sich  mit  vielem  Glück  seines  Rechts 
bedient,  durch  geistvolle  Divination  die  Lücken  des  Texts  auszufüllen 
und  dem  Leser  einen  unverkümmerten  Genusz  zu  vermitteln.  Es  sei 
vergönnt  auf  Stellen  hinzuweisen  wie  V.  213  ff.  2445  ff.  u.  a.     V.  1180  ff. : 


Diex,  tu  ies  Rois  et  conseillieres. 
Et  gouvernierres  et  jugierres, 
Sire ,   delivre  Sainte  Eglise 
De  ces  trois  villes  en  tel  guise 
Que  je  voie  Ies  trois  pucelles. 
Or  seroient-eles  noveles, 
Que  lonc  tems  a  je  nes  i  vi; 
A  grant  tort  en  sommes  parti. 

Und  V.  2G6  ff. : 

Les  Corz  sont  povres  et  ombrages. 
Lors  fuient-il  et  borz  et  viles , 
Mes  Dex  qui  set  totes  les  guiles, 
Merveillouse  justice  en  prent, 
Qu'il  les  fet  vivre  trop  vilment. 


O  Gott,  du  König  und  Berather, 
Regierer,  Richter,  Herr  und  Vater, 
Befrei  die  heil'ge  Kirche  bald 
Von  der  drei  alten  Vetteln  Gewalt 
Und  führe  die  drei  Jungfrau'n  zurück; 
So  lange  sah  sie  nicht   mein  Blick, 
Dasz  ganz  als  neue  sie  würden  kommen, 
's  ist  Elend,  dasz  sie  uns  genommen. 

O  weh, 
Wie  arm  ich  tind  düster  die  Höfe  seh ! 
Da  fliehen  sie  die  Stadt'  und  Schlösser, 
Doch  Gott  kennt  all  die  Lumpe  besser 
Und  übt  Justiz  bewundernswerth , 
Dasz  ihnen  er  Lumpenleben  beschert. 


Wo   vom   Wortlaut   abgewichen   zu   sein  scheint,    trifft   wenigstens   der 
Sinn  wieder  mit  dem  Text  zusammen,  Avie  V.  165 — 107: 


S'il  estoient  tuit  en  un  fou, 
Jti  des  Princes ,  comme  je  cuit, 
N'i  auroit  un  brülle'  ne  cuit 


Würfe  man  sie  in  die  Flammen , 
Kein  Fürst ,  nicht   einer  hielte  Stand  , 
Der  nicht  gebraten  und  verbrannt! 


Wörtlich:  'wenn  alle  Weisen  und  Tapfern  in  e'inem  Feuer  wären,  würde 
von  den  Fürsten  nicht  e'iner  dabei  sein  (gebraten  nemlich  oder  verbrannt).' 
Oder  V.  902  tf. : 


Molt  devroit  estre  chiers  prodom. 
Hui  eSt  11  jors  mes  c'est  ale' , 
Li  prodome  sont  11  gäbe' 


Achtung  verdient  der  Ehrenmann; 
Doch  herscht  die  Sitte  heut  zu  Tag: 
Dem  Ehrenmann  folgt  Lästrung  nach; 

wo  V.  902  das  Gegenteil  auszusagen  scheint:  'aber  heute  Ist  das  vor- 
bei!' Aehnlich  V.  949.  50.  Hinter  V.  982  Ist  vielleicht  ein  Punctum  zu 
setzen  und  V.  983  le  leu  vilein  von  der  Hölle  zu  verstehn ,  wohin  sie,  die 
gottlosen  Kleriker,  am  Ende  der  Tage  geworfen  werden.     V.  1110.  Uli: 


Grant  bataille  r'ont  bien  covens, 
Quont  en  11  tient  bien  ses  convens 


Den  Conventen  auch  wurd'  angefacht 
Manch  ernster  Kampf,  wenn  ihre  Rechte 
Aufi-echt  zu  halten  man  gedächte; 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 


193 


wo  die  Uebersetzung'  wol  ohne  Not  vom  nächsten  Wortsinn  (die  Klöster 
haben  Kampf  und  Not,  wie  man  ihre  Convente  aufrecht  halten  wollte) 
abgewichen  ist.     V.   1373.   74: 


Ne  noiis  nes   amerions  pas 
Outre  le  terme  laborer 


Und  groszes  Lob  wird  ihnen  blühen, 
Wenn  sie  nicht  aus  den  Schranken  scheiden 


liesze  sich  füglich  auch  so  fassen:  'ich  möchte  die  Karthäuser  nicht  un- 
mäszig  kränken.'     V.  2109.   10: 

Nuns  ne  pot  onques  acomplir  j  Dahin  wird  niemand  je  gelangen , 
Voloir  de  farae  |  Ein  Weib  zu  schätzen, 

d.  h.  zunächst  eines  Weibes  Willen  zu  thun.  —  Dies  und  vieles  ähnliche 
indes  steht  nicht  selten  in  so  augenscheinlicher  Abhängigkeit  vom  Zu- 
stand des  Originaltextes,  dasz  die  Uebersetzung  vielmehr  überall  An- 
lasz  bietet,  die  Feinfühligkeit  und  Versgewandtheit  des  Verfassers  zu 
bewundern,  als  sich  bei  Einzelnheiten  abwägend  und  bemängelnd  auf- 
zuhalten. Lieber  möchte  ich  hier  noch  eine  Beobachtung  aussprechen, 
die  freilich  ein  wenig  zu  viel  auf  einem  bloszeu  Gefühl  beruht,  als  dasz 
sie  sich  allgemein  formein  und  nachweisen  liesze ;  es  will  mir  nemlich 
scheinen  als  wenn  derjenige,  der  eine  solche  Uebersetzung  ohne  die 
fortlaufende  Controle  des  Urtextes  läse,  einen  nicht  unerheblich  ab- 
weichenden Eindruck  von  Geist,  Richtung  und  Grundton  des  Gedichts 
bekommen  müste ;  und  als  wenn,  gerade  je  gründlicher  der  Stoff  in  dem 
Nachdichter  durchgearbeitet,  je  selbständiger  er  wieder  ausgestaltet  wird, 
mit  je  gröszrer  Hingebung  er  umfaszt  wird,  desto  näher  an  ihn  die 
Versuchung  herantritt,  den  Urtext  in  einem  etwas  höhern  Ton  zu  sin- 
gen, mit  etwas  frischern  Farben  zu  malen,  mit  etwas  stärkern  Accen- 
ten  zu  recitieren.  Und  so  gelungen  sonst  die  Guiot  -  Uebersetzung  Ken- 
nern und  Laien  erscheinen  wird,  so  gelenk  sie  sich  bewegt,  so  glücklich 
sie  aus  dem  Sprachschatze  an  rechter  Stelle  das  rechte  Wort  hervor- 
zuholen weisz,  so  erreicht  sie  doch  nicht  durchgehends  die  Simplicität, 
Volkstümlichkeit,  Naivetät,  mit  der  sich  der  französische  Dichter  auch 
da  noch,  wo  er  pathetisch  zu  werden  scheint,  zu  bewegen  pflegt.  Glück- 
licherweise ist  diese  Beobachtung  der  Art,  dasz  sie  sich  mit  einer  ge- 
wissen Notwendigkeit  bei  allen  Uebersetzungen,  die  von  ihrem  Originale 
durch  grosze  und  tief  einschneidende  Culturepochen  geschieden  sind, 
in  gröszerer  oder  geringerer  Ausdehnung  wiederholen  wird,  wie  denn 
auf  dem  Gebiete  der  Kunst  nicht  minder  wie  auf  dem  der  Litteratur 
dieselbe  Erscheinung  nachgewiesen  ist.  Es  kann  nicht  anders  sein, 
aus  dem  Munde  des  Nachdichters  vom  J.  1860  wird  der  alte  Guiot  des 
J.  1180,  und  sei  es  auch  nur  um  eines  Granes  Schwere,  ernster,  tiefer, 
pathetischer,  reflectierter ,  wuchtiger  klingen,  als  sich  aus  dem  Urtexte 
im  einzelnen  herausbeweisen  läszt.  Gleichwol  hegen  wir  (mit  den  Ver- 
fassern) die  Zuversicht  (S.  VIII),  dasz  die  persönliche  Vorführung  dieses 
scharfen,  straffen,  so  wahrhaft  christlich  wie  frei  denkenden  Cluniacen- 
sermönchs  zu  tieferem  Verständnis  des  Parcival  und  zur  Erhellung  des 
historischen  Grundes  und  Bodens,  auf  welchem  die  Parcival-  und  Gral- 
Sage  sich  ausbildete,  keine  unbedeutende  Mitwirkung  äuszern  wird.  — 
Die  Textesrecension  und  das  ausführliche  Wörterbuch, 
von  denen  wir  zum  Schlusz  zu  berichten  haben,  sind  die  mühsame  und 
verdienstvolle  Arbeit  eines  Forschers,  des  Professor  Wolfart,  der 
zeither  wol  nur  im  engeren  Kreise  des  Gymnasiums  durch  methodolo- 
gische Elementarbücher  bekannt  geworden  war,  der  aber  durch  rastloses 
Studium  allmählich  auf  allen  Gebieten  der  Sprachforschung  so  umfas- 
sende ,  gründliche  Kenntnisse  gewonnen  hatte ,  dasz  ihm  nur  der  ent- 
schiedene Drang  zu  litterarischer  Publicität  hätte  gegeben  sein  müszen, 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II,  Abt,   IS61,  Hft  4.  13 


194  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

um,    wo   er   zngriff,    bedeutendes   zu  Tage  zu   fördern.     So  möge  denn 
wenigstens    die    einzige  vollendete  wissenschaftliche  Arbeit  dieses  uner- 
müdlichen  Forschers    der    verdienten   Beachtung    nicht   entgehen.      Der 
Text    ist   ein   durchaus   wortgetreuer    Abdruck   aus    der   Me'onschen 
Ausgabe  der  Fabliaux  et  Coutes.    Paris   1808.    Tom.  II   S.  307  ff.     Das 
Bedauern    der   Herausgeber,    dasz    sie    weder    die    beiden   M^on sehen 
Handschriften    noch    andere    haben    vergleichen    können,    teilen    wir    in 
vollem    Masze;    denn   wenn    der    mitgeteilte    Text    nicht    selber    davon 
zeugte,    so   müste    aus    den  abweichenden  Citaten   von  Roquefort,  Eay- 
nouard,  Le  Roux  de  Lincy  zur  Genüge  erhellen,  dasz  eine  diplomatisch 
genaue  Texteskiitik  hier  wie  bei  so  vielen  altern  Textesabdrücken  drin- 
gend notthut.     Und  wenn,  wie  wir  lobend  anerkennen,  der  Herausgeber 
sich   der   damit    gezognen    Schranken    bei   seinen  Emendationsversuchen 
fast    immer    bewust  geblieben   ist   und   sich    mit  den  Conjecturen    meist 
auf    orthouraphischtis    oder    auf    augenscheinlich    verderbte    Stellen    be- 
schränkt hat,    so    würde    es  dem  Berichterstatter  noch  viel   weniger  an- 
stehn,    sich   auf  das  hohe  Meer  der  Oonjecturalkritik  zu  wagen,  so  ver- 
lockend auch  einzelne  Stellen  dazu   einzuladen  scheinen:    wie   denn  ein- 
zelne Verse   und  Wörter  das    ziemlich  sichere  Zeichen    einer  Verderbnis 
an  sich  tragen;  so  unter  andern  V.  500.  501.  502  (wo  vielleicht  zu  lesen 
ist:  Avoiis ,  tex  l'a  qui  n'en  a  point.     S'il  ne  s'en  Joe,  bleu  Tai  coint, 
Avers  fait   a   ce    qu'il  a  Ausinc    bien   com  h  ce    qu'il   n'a).      V.  527  f.: 
Assez   cre'ante   qui   otroie   Et  assez  escorche    qui  tient ,    wo  für  das  un- 
verständliche   cre'ante    ein    dem    escorche    paralleles  crevante    oder  gre- 
vance  (=  renverse,  aecable)  zu  erwarten  wäre.   V.  803.  V.  902  (wo  hinter 
nifes  das  Komma  zu  streichen  istj.    V.   1229.  1232  (dagegen  ist  V.  1378 
keiner  Verbesserung  bedürftig).    V.   1381  ist  vielleicht  statt  ne  zu  lesen 
mes.     V.   15Ü7    statt    auroient    —    auroie  ja,    V.   1717    statt    ennuierent 
wahrscheinlich    ennuieroit.      V.    2133?    V.  2157.    V.   2274    verlangt    der 
Reim  und  Sinn  deviner  statt  devenir.    V.  2478  ist  S'aus  verdruckt  statt 
D'aus.     V.  2556  möchte  ich  statt  se  met  par  eis  lesen  se  muert  par  eis 
('der  ist  geliefert').     Indes   bleiben,  wie  gesagt,  die  meisten  derartigen 
Vorschläge  zu  ^Verbesserungen   in  den  "Wind  gesprochen,  so  lange  nicht 
der  ganze  vorliandne  ki-itische  Apparat  ausgenützt  ist.     Gieichwol   liegt 
auch  so  ein  verhältnismäszig  reinlicher  und  lesbarer  Text  vor  uns,  der 
leicht   noch   gleichmäsziger    im   Detail    hätte  werden  können,  wenn  der 
Verfasser    nicht   mit    richtigem    Takt    namentlich    die    auf   gröszere  Ein- 
stimmigkeit  in    den   orthographischen   und   grammatischen  Formen    hin- 
zielenden Emendationen   in    die   Noten    verwiesen   hätte.     Ganz  treffend 
ist  in  dieser  Beziehung  der  von  Ede'l.  du  Meril  (Introd.  S.  223)  aufge- 
stellte Kanon:  'un  editeur  —  doit  se  contenter  de  de'gager  la  grammaire 
de  son  texte  des  fautes  qui  l'obscurcissent  et  ne  suivre  les  regles  d'au- 
cune  autre.    II  s'eft'orcera  seulenient  de  distinguer  les  erreurs  du  copiste 
des  irre'gularite's   qui   sont   du  fait  de  l'auteur,    corrigera   les    premiferes   ' 
en  les  laissant  soigneusement  h  cote  de  ses  propres  le^ons,  et  reproduira 
religieusement  les  autres'  und  S.  229:  ''introduire  de  sa  propre  autorite 
la  fixite'  de  l'e'criture,    c'est  en  re'alite  fixer   la   langue    et   commettre 
un    anachronisme    que    ne  saurait  justifier   le  mince  avantage  d'une 
r^gulaute'  imaginaire.'    —    Das    Glossaire    endlich   (S.  156  —  402)    ist 
eine  höchst  sorgsame,  gewissenhafte,  gelehrte  Studie  und  ein  sehr  werth- 
voller   Beitrag    zur  altfranzösischen    Lexikographie ,    den    ein   künftiger 
Lexikograph   nicht    ohne   Schaden    wird    übersehn    dürfen.      Hätten   Avir 
für  das  Altfranzösische   im  speciellen  bereits  mehr  als  den  Roque- 
fort und  Einzelglossare,  Monographien,  Collectaneen,  hätten  wir  irgend 
ein    kanonisches    Lexikon    für    den   Gesamtbereich    der    altfranzösischen 
Litteratnr,    .so    müste   mit   Fug  und    Recht    die   Gewissenhaftigkeit    des 
Verfassers,  die  sich  kein  Wort,  keine  Wortform  entschlüpfen  läszt  und 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  195 

nirgends  entsclieidet ,  wo  sie  der  Entscbeidung  nicht  sicher  ist,  eino 
peinlifhe  und  iiberilüssig-e  genannt  werden;  so  aber  musz  dies  Wörter- 
buch allen  Forsebern,  Litterarbistorikern  und  Etymob)gisten  als  eine 
willkommene  Fundgrube  erscheinen,  aus  der  sie  mit  vollen  Händen  und 
in  gutem  Vertrauen  schupfen  können ,  was  ihnen  des  Aufbewahrens 
werth  dünken  mag.  Einzelne  Artikel  dehnen  sich  in  dieser  Weise  zu 
grammatischen,  etymologischen  und  exegetischen  Excursen  aus,  ohne 
dasz  darum  die  Jiequemliohkeit  im  Gebrauche  des  Glossars  gemindert 
würde.  Ich  verweise  u.  a.  auf  die  Wörter  Aller  Antoine  Bien  Buretel 
(Coitous  II  14  halte  ich  für  eine  starke  Contraction  aus  covoitous) 
En  Faire  Larron  Molt  Mont  Que  Raancler  u.  a.  hin.  Schlieszlich  sei 
es,  lim  gewiegteren  Kennern  einzelne  besonders  streitige  Punkte  sofort 
zu  bezeichnen,  gestattet,  aufmerksam  zu  machen  auf  die  Formen  Traria 
V.  1002,  Contraira  V.  1985,  Marrederie  V.  1229,  Concier  V.  10-43, 
Raancler  V.  2008,  Tröffe  V.  75,  Mehaing  V.  2530,  obwol  ohne  Ein- 
sicht der  Texte  und  erhebliche  Fortschritte  der  etymologischen  For- 
schungen wenig  Aussicht  zu  Erschöpfung  der  von  Wolfart  angeregten 
Fragen  vorhanden  zu  sein  scheint. 

Magdeburg.  Dr   W,  Jensch. 


•  IX. 

Bemerkungen  über  'die  englische  Conjugation'  von  Dr  Dressel 
Wolfenbüttler  Programm  von  1860. 


Ohne  das  viele  Gute  welches  in  der  obigen  Abhandlung  enthalten 
ist   zu  verkennen,  machen  wir  folgende  Bemerkungen: 

1)  Die  Einteilung  der  Verba  in  einstämmige  und  mehrstämmige 
und  in  starke  und  schwache  ist  für  eine  Schulgrammatik,  deren  Zweck 
ist  dem  Schüler  die  Formen  der  Spraclie  möglichst  übersichtlich  und 
faszlich  zur  Anschauung  zu  bringen,  wol  unwesentlich;  für  den  ersten 
Unterricht  genügt  eine  Auswahl  der  wichtigsten  Verba ;  diese  und  die 
übrigen  müszen  gröstenteils  durch  den  Gebrauch  in  der  Leetüre  erlernt 
werden;  da  der  Schüler  die  Verba  so  einzeln  erlernen  musz,  ist  es 
für  ihn  bequemer  sie  aus  einem  alphabetischen  Verzeichnis  aufzu- 
suchen; er  bildet  sich  bei  einiger  Uebung  selber  die  Regeln  der  Ab- 
leitung. 

2)  Die  Regeln,  welche  den  einzelnen  Abschnitten  am  Schlüsse  bei- 
gefügt sind,  sind  wenig  übersichtlich  dargestellt,  und  in  einer  Form 
und  Ausdrucksweise ,  welche  selbst  dem ,  der  die  Regeln  schon  kennt, 
etwas  schwerfällig  scheinen. 

3)  Die  Bezeichnung  der  Aussprache  ist  zu  weit  arisgedehnt;  da- 
durch wird  die  Uebersicht  gestört;  wenn  ein  Schüler  weisz  dasz  bow 
wie  bau  klingt,  wird  er  auch  bowing  richtig  lesen  können;  es  wären 
also  nur  hier  und  da  einige  Bezeichnungen  der  Aussprache  anzugeben, 
andere ,  die  sich  von  selbst  verstehen ,  könnten  fehlen. 

4)  Die  Bezeichnung  der  Aussprache  durch  deutsche  Buchstaben  ist 
undeutlicli,  da  die  deutsche  Schrift  die  Aussprache  der  einzelnen  Wör- 
ter doch  nicht  genau  darstellen  kann.  Mehr  zu  empfehlen  ist  die 
Walk  ersehe  Methode.  {Eingesandt.) 


13 


196  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

X. 

Griechische  Vorschule  oder  kurzgefaszte  griechische  Grammatik  in 
übersichtlicher  Darstellung.  Für  die  untern  Gymnasialklassen 
bearbeitet  von  Dr  Jordan  Bucher.  Zwei  Teile.  I :  griech. 
Formenlehre.  II:  griech.  Syntax.  Tutllingen,  Verlag  von  Eber- 
hard Ludwig  Kling.    1861. 

Der  Herr  Verfasser  sagt  in  seinem  Vorwort,  er  sei  durch  die  be- 
kannte Thatsache,  dasz  die  Erlernung  der  griechischen  Formenlehre  den 
Schülern  viel  gröszere  Schwierigkeiten  als  die  der  lateinischen  Sprach- 
lehre verursache,  durch  zwölfjährige  eigne  Lehrerfahrung  und  durch 
das  Streben  auf  erfolgreichere  Weise  über  jene  Schwierigkeiten  weg- 
zukommen zur  Veröffentlichung  dieser  Vorschule  veranlaszt  worden. 
Hiedurch  hat  derselbe  sich  in  der  That  gegründeten  Anspruch  auf  den 
Dank  der  Lehrer  der  griechischen  Sprache  erworben ;  denn  seine  grie- 
chische Vorschule  zeichnet  sich  durch  übersichtliche,  methodisch  klar 
durchdachte  und  für  den  Schüler  sehr  faszliche  Anordnung  des  gram- 
matischen sowol  als  auch  des  syntaktischen  Stoffes  höchst  vorteilhaft 
aus  und  erleichtert  eine  gründliche  Erlernung  der  grammatischen  und 
syntaktischen  Regeln  auf  eine  so  klare  und  anschauliche  Weise,  wie 
solche  in  andern  Arbeiten  ähnlicher  Art  noch  nicht  geboten  ist.  Darum 
vermittelt  sie  auch  den  geistig  minder  begabten^Schülern  die  dauernde 
Aneignung  der  grammatischen  und  syntaktischen  Kenntnisse  auf  metho- 
disch sicherem  Wege  in  überraschender  Zeitkürze,  indem  sie  die  nötig- 
sten Regeln  der  Formen-  und  Syiitaxlehre  kurz  und  verständlich  faszt 
und  in  vortreiflichen  Tabellen  so  klar  und  übersichtlich  zusammenstellt, 
dasz  das  zusammengehörige  mit  einem  schnellen  Ueberblick  als  zu- 
sammengehörig erschaut  und  erfaszt  werden  kann.  Beide  Teile  der 
griechischen  Vorschule  sind  für  Lehrer  und  Lernende  so  angelegt,  dasz 
an  Zeit  und  Mühe  auszerordentlich  viel  gewonnen  und  überdies  ein 
rascher  Fortschritt  der  Schüler  neben  sichrer  und  fester  Gründlichkeit 
erreicht  wird. 

Von  den  genannten  Vorzügen  dieser  Arbeit  des  Herrn  Dr  Jordan 
Bucher  habe  ich  mich,  bezüglich  des  zweiten  Teiles,  durch  praktische 
Erfahrungen  in  meiner  Klasse   seit  einigen  Monaten  selber  überzeugt. 

Das  Werkchen  hat  einen  ganz  guten  Druck  auf  gutem  Papier  und 
umfaszt  in  gr.  4  -  Format  I.  Teil  44,  II.  Teil  24  Seiten ;  auch  der  Preis, 
I.  Teil  36  Kreuzer  (V3  Thlr),  II.  Teil  18  Kreuzer  (»/g  Thlr),  ist  sehr  billig. 

Dr  Hetzel. 

XI. 

Conrad,  Dr  Jul..,  Rector  cet.,  Gradns  ad  Parnassum  sive 
Thesaiirus  latinae  linguae  prosodiacus.  Editio  plane  altera, 
quam  ex  aureae  aetatis  fontibus  recenti  studio  auxil,  emendavit 
et  omni  ad  versus  pangendos  supellectili  sludiosae  iuventuti  ne- 
cessaria  accurate  instruxit.  (In  2  Lieferungen.)  1.  Lieferung. 
Leipzig  1860.  Arnold.  (S.  1—256.  Lex. -8.)  Geh.  Compl.  2  Thlr 
71/3  Sgr. 

Nachdem  erst  vor  kurzem  eine  neue  (.^e)  Auflage  des  Sintenis- 
F  r  iedemann sehen  Gradus  durch  Dr  Koch  besorgt  worden  (Leipzig 
Hahn,  1860),  über  die  Rec.  in  diesen  Jahrbüchern  1859  2.  Abth.  12.  Hft 
S.  578  ff.  gesprochen,  liegt  bereits  wieder  eine  neue  Ausgabe  des  Con- 
radschen  vor,  welche,  mit  der  ersten  vom  Jahr  1829  (Leipzig,  Lehnhold) 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  197 


■o 


verglichen,  allerdings  als  eine  wesentlich  andere  erscheint,  und  an  der 
das  lobenswertheste  die  Entfernung  vieles  unnötigen  Ballastes,  bestehend 
in  Weglassung  l);ild  ganzer  Artikel,  bald  unnötiger  oder  verkehrter  Epi- 
theta, so  wie  in  zweckmäsziger  Zusammenziehung  der  Plirases  ,  zu  sein 
scheint.  Günstig  würde  daher  das  neue  Werk  zu  beurteilen  sein,  wenn 
auszerdem  der  Herr  Verf.  das  in  andern  ähnlichen  Büchern  enthaltne 
Gute  umfassend  benutzt ,  die  sonst  auf  dem  Gebiete  der  Prosodie  ge- 
maciiten  Fortschritte  weniger  ignoriert,  aus  eigner  selbständiger  For- 
schung mehr  beigebracht,  nichts  von  dem  Herkömmlichen  ohne  Prüfung 
andern  nachgeschrieben  und  namentlich  die  Belegstellen  immer  aus  den 
besten  Auetoren  und  den  ilinen  zweifellos  angehörenden  Gedichten, 
ferner  nach  den  besten  Ausgaben,  endlich  unter  zuverlässigrer  An- 
gabe der  Gewährsmänner  ausgewählt  und  citiert  hätte.  Dasz  dies  sehr 
oft  nicht  der  Fall  gewesen  und  dasz  darum  der  neue  Gradus  einen  nur 
geringen  k  ritis  clien  W^erth  hat,  gedenkt  Rec.  leicht  darzuthun,  obwol 
er  absichtlich  dabei  nur  die  ersten  8  Seiten  des  Buchs,  diese  aber 
auch  gründlich  geprüft  hat,  was,  nebenbei  bemerkt,  ein  saueres  Stück 
Arbeit  war,  da  auch  in  diesem  (jlradus  die  Stellenangabe  nach  Buch 
und  Vers  nicht  beliebt  worden  ist. 

Unkritisch  ist  die  Beisetzung  der  bloszen  Chiffre  Ov.  oder  Verg. 
zu  Versen,  die  aus  erwiesnernias/en  nichtovidischen  oder  niclit- 
vergilischen  Gedichten  entnommen  sind,  unkritisch  auch  die  Citierung 
solcher  Verse  überhaupt,  falls  sie  sich  durch  besser  beglaubigte  ersetzen 
lieszen.  So  ist  abstineo  mit  Pseudoovid.  epist,  XVII  98  statt  mit  Ov. 
fast.  I  .354  belegt,  abstraho  ebenso  mit  epist.  XVI  154  statt  etwa  mit 
Ov.  epist.  VI  59,  Abydos  mit  epist,  XVIII  12  statt  mit  Verg.  georg. 
I  207,  acerbus  mit  epist,  XXI  46,  wofür  es  Dutzende  besserer  Belege 
gab,  Achelous  mit  epist.  Villi  139  statt  mit  Ov,  met.  VIII  548, 
Achillides  mit  epist.  VIII  3  statt  mit  Ibis  303,  Acontius  mit  epist. 
XX  239  statt  mit  Ov.  trist.  III  10,  73,  acriter  mit  epist.  XVIIII  15 
statt  einer  beliebigen  andern  Stelle,  adhaereo  mit  epist.  XII  122  statt 
etwa  mit  Ov.  met.  IUI  693;  so  ist  für  Achelois  gewählt  Pseudoverg. 
cop.  15  statt  Ov.  met.  V  552,  für  acumen  cul.  184  statt  etwa  Ov.  fast. 
Uli  163;  so  steht  der  Name  Vergils  unberechtigt  hinter  dena  Verse  für 
Acrisione,  der  aus  dem  Gedichte  ad  Messallam  (V.  33)  stammt,  so  der 
des  Ovid  fälschlich  nach  dem  Verse  für  accuso ,  der  aus  der  unechten 
20,  Heroide  (V.  71)  herrührt,  so  war  für  Actaeus  statt  Pseudoverg,  Cir. 
102  etwa  zu  eitleren  Ov,  met,  VII  681,  endlich  für  abripio  niclit  nötig 
auf  Properz  zurückzugehu,  sondern  Ov.  oder  Verg.  dafür   beizubringen. 

Wenig  kritische  Sorgfalt  verräth  es,  wenn  unter  abominor 
für  das  passivisch  gebrauchte  abominatus  auszer  Hör.  noch  Ovid  zeu- 
gen soll,  wo  vielleicht  an  Li v ins  gedacht  war:  wenn  unter  Absyrtus 
aus  Ov,  trist.  III  9,  5  citiert  ist  fuisse  locum,  wärend  dort  loco  steht: 
wenn  ferner  für  ac  angeführt  wird  aus  Ov.  trist.  IUI  3,  13  credo  quod 
es  quod  vis  ac  desine ,  wo  gerade  die  besser  beglaubigte  Lesart  ist 
quod  est  et  vis  et  desine:  wenn  weiter  unter  acclino  aus  Ov.  met,  V 
72  citiert  wird  acclinavit  ad  illum  statt  in  illum:  wenn  acclivus  durch 
Ov.  fast,  V  154  bezeugt  werden  soll,  wo  die  besseren  Handschriften 
acclivi  iugo  bieten:  wenn  für  accolo  figuriert  Catull,  38,  21,  wo  eine 
Variante  nulli  accoiuere  für  nulli  coluere  gar  nicht  existiert,  wärend 
in  einem  ganz  andern  Verse  (38,  23)  multi  accoiuere  bisher  stand, 
doch  sicher  in  multei  coluere  schon  des  beabsichtigten  Parallelismus 
halber  zu  ändern  ist:  wenn  unter  a  hinter  pastor  ab  Amphryso  steht 
Ov.  und  hinter  psittacus  ales  ab  Indis  Verg.,  wärend  jene  Worte  bei 
Verg.  (georg.  IUI  2),  diese  bei  Ovid  (amor.  II  6,  1)  sich  finden:  wenn 
abdico  belegt  ist  mit  Ov,  met.  I  617,  wo  in  guten  Texten  gelesen  wird 
addicere  amores:  wenn  unter  abominor  aus  Ov.  met.  Villi  676  citiert 


198  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

•wird  vires  natura  negat  statt  fortuna:  wenn  für  abrado  Hör.  epist. 
I  7,  50  zeugen  soll,  wo  vielmehr  ad  ras  um  quendam  sich  findet:  wenn 
unter    abstergeo   aus    Catull.    73,   18    der    Vers    steht   guttis    abster- 
sisti    oniüibus    articnlis    statt   abstersti   guttis   o.    a.:    wenn   unter 
absterreo  Hör.  serm.  II  5,  8^}  mit   non  absterrebitur  statt  numquam 
a.    angeführt   ist:   wenn   bei   accomniodus    die    Beweisstelle    (Verg.   Aen. 
XI  522)  gar  prosodisch  verdorben  wird  durch  Verwandhing  des  richtigen 
valles    in  vallis:    wenn    für  Achaicus  Verg,  Aen.  II  -1()2    gewählt  ist, 
wo  Achaia    castra    sichrer    steht:    wenn    unter    Acis    citiert  wird  (Ov. 
met.  XIII  861)    meis    complexibus   statt    amplexibus:    wenn    für   Acro- 
corinthus  aus  Stat.  Theb.  VII  i06  angeführt  wird  qua  suminas  tollit 
caput  Acrocorinthus  in  auras,  wärend  dort  steht  litora  qua  sunimas 
c.  A.   i.    a.  tollit:    wenn  unter    den    Hundenamen   (s.  v.   Actaeon)    ge- 
schrieben ist  Canace  statt  Canache,  Menaleus  statt  Älel  an eu  s,  und 
gar    das  unmetrische  Agriodos    statt   Argiodüs,    auch  dort  die  drei 
Namen  Lacon,    Aello    und  Thous   ganz    fehlen:  _wenn  unter  Actium_  die 
Worte  des  Pi'operz  (V  6,  17)  gemessen  werden  Actlä  JQleäe    statt  Actla 
iüleäe:  wenn  für  adeps  aus  Seren.  Samon.   155  (einem  Dicliter,   den  wol 
nie    eines    Gradusschreibers    Auge    erblickte!)    angeführt    ist    cygneas 
adipes  hilari  miscete  Lyaeo  statt  cycneos  a.  h.   miscetoL. :  wenn  laut 
des    Artikels    adhortor   bei    Catull.    41,    29    stehn    soll    rapidum    incitat 
animum   statt  anim  o :    wenn    endlich   für   acredula    ein    Vers    angeblich 
aus  Ovid  entnommen  figuriert,  der  —  man  staune!  —  aus  des  Albius 
Ovidius    luventinus    Elegie    de   philomela    (V.   15)    herrührt.     Auch 
wagt  Rec.  starke  Zweifel    zu    hegen  an  der  Belegstelle  für  absque,    die 
im  Lucan ,    sowie  an  der  für  Abjla,   die  im  Martial  stehen  soll!     Wo? 
wenn  man  fragen  darf. 

Wegbleiben    ohne   Schaden   konnten  Artikel    wie   Aaron,    abbas, 
Abel,  Abraham,  Absalon  usf.  mit  ihren  unklassischen  Gewiihrsmännern 
und  ihren  Quantitätsschwankungen  ,    wegfallen   auch   als   besondere  Ar- 
tikel die  Participia  abactus,  abditus ,  abiectus,  abruptus,  abstinens  usf. 
und    die    aus    solchen   gebildeten   Substantiva  wie   abditum   und   actum, 
ferner    die   Adverbia    wie   acriter:    hier    war    Zusammenziehung   behufs 
Raumersparnis  am  Platze ;  ausfallen  sollten  auch  die  beleglosen  Artikel 
abundantia  und  Acadinus  (?!);  zuviel  gesagt  ist  es,  wenn  in  abintegro 
die  3e  Silbe,  in  acredula  und  Acragas  die  ersten  als  ancipites  angegeben 
werden  und  doch  nur  Belege  für  abintegro,  Acragas  und  acredula  dabei- 
stehen (acredula  findet    sich  übrigens   in  einem  \'erse  bei  Cic.  de  divin. 
I  §  14);    zuviel   auch,  wenn  abunde  ohne  weiteres  mit  c   notiert  ist,  da 
dies  Wort  nur  ara  Versende  oder  mit  elidiertem  Vocal  oder  am  Schlusz 
der  Trimeterhälfte    sich   findet,  wonach    es  ebenso  gut   e  haben  könnte, 
wie  die   sehr  ähnlichen  necesse  und  teraere ;  zuviel  endlich,  wenn  neben 
acies  ungescheut    acici   steht,    wo    erst    zu   untersuchen  war,    ob  dieser 
Genetiv  überhaupt  bei  einem  Dichter  vorkommt,  ob  das  e  als  lang  oder 
liurz    anzusehn ,    ob   nicht   die  Klassiker  acie  vorgezogen  haben  würden 
(vgl.  die  .\ndeutungen  in  des  Rec.  ^Grundzüge  der  lateinischen  Prosodie 
und  Metrik'    §  3   Ausn.  I);    wegfallen    sollte    ferner    der    ganze    Artikel 
Acithius,    weil  dieser   sieilische  Fluszname  (aus  Sil.  XIIII  269)  zu  un- 
wichtig für  ein  Schulbuch  und   zu  unsicher   in   seiner  Form  ist,    ebenso 
der  Artikel  adliorreo ,    denn    der    Vers    aus    der    consol.    ad  Liviam  221, 
einem  M'achwerke  des  Mittelalters,  den  der  Hr  Verf.  natürlich  frischweg 
mit  der  Chiffre  Ov.   ehrt,  belegt  ebenso  gut  wie  nichts. 

Vermiszt  wird  unter  abeo  eine  Erwähnung  der  seltsamerweise 
anapästischen  Form  abiit ,  die  etwa  mit  Ov.  fast.  IUI  721  zu  be- 
legen gewesen,  und  ebenso  unter  adeo  adiTt,  wofür  Ovid  allein  fünf 
Belege  bot  (vgl.  des  Rec.  Grundzüge  §  18  Ausn.);  unter  abscondo  war 
als  Perfectum  auch  abscondidi  anzugeben  (Sil.  VIII  191),  um  so  mehr, 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  199 

da  abscondi  (bei  Seneca ,  Juvenal ,  Claiuliau)  auch  nicht  mit  bessern 
Auctoritäteu  zu  schützen  sein  wird;  unter  absolvo  ist  das  Supinum  ab- 
solntum  nicht  einmal  an<reo:eben,  geschweige  denn  belegt  (Mart.  I  82,  3), 
wiirend  doch  gerade  die  Formen  solutum  und  volutum  die  ursprüngliche 
Quantität  von  sülüo  und  vliIüo,  wie  sie  durch  evolüisse,  persölüenda 
u.  a.  m.  (aus  der  zweiten  Haltte  des  Pentameter!)  belegbar  ist, 
andeuten  konnten;  bei  academia  ist  der  besser  bezeugten  Messung  aca- 
demTa  mit  keinem  Worte  gedacht,  wozu  man  vgl.  des  Rec.  'Probeblätter 
aus  meinem  Gr.  ad  P.'.  Progr.  des  Gymnas.  zu  Zittau  1859  S.  3,  und 
dort  für  anaS qujx  nachtrage  Xanthias  b.  Athen.  VIII  336®  V.  2;  unter 
Achilles  ist  nur  der  contrahierte  Genetiv  Achilli  (mit  Verg.  Aen.  III  87} 
belegt,  wärend  vermiszt  werden  der  regelmäszige  Achillis  (Ov.  Pont.  I 
3,  74),  der  viersilbige  Achillei  (Hör.  carm.  I  15,  34),  der  Ablativ  Achilli 
(Ov.  Pont.  III  3,  4:^) ;  unter  Acmon  und  Actor  fehlen  die  Nachweise  für 
die  Quantität  des  o  in  den  casibus  obliquis,  die  etwa  mit  Acmöna  aus 
Ov.  met.  XIIII  497  und  mit  Actöris  aus  Verg.  Aen.  XII  94  zu  geben 
waren:  jedesfalls  hätte  man  aus  diesen  Stellen  mehr  gelernt  als  aus 
den  angefülirten  (V.  A.  X  128.  Villi  500),  in  denen  jene  Xameu  in  der 
Nominativform  und  am  Versende  stehen. 

Die  Orthographie  des  Hrn  \'erf.  steht  noch  auf  sehr  primitivem 
Standpunkte:    so  dürften  weder  abintegro  noch    abusque  in    e'in  Wort 
zu  schreiben   sein;    so  ist  abiicio  gründlich  falsch  statt  abicio,  wie 
dies  schon  durch  das  Vergilisehe  re"ife  und  durch  ämlcio  schlagend  sich 
belegen  läszt  (vgl.  des  Rec.  Probeblätter    s.  v.  reicio);    so    sollte   unter 
absum  nicht   abfui   und    abfore    geschrieben   sein,     sondern    afui    afore, 
unter    absumo    nicht   altmodisch  absum  si  und  absum  tum,    sondern  ab- 
sum jisi  und   absumptum;    unter  Acastus  durfte  nicht  erst  Haemonias 
aquas  citiert   und   dann  als  Epitheton  das  falsche  Aemonius  aufgezählt 
sein:  eine  Inconsequenz  die  sich  wiederholt  unter  Achilles,  der  anfangs 
als  Aemonius   heros ,    später    als    puer  H  aemonius   vorkommt;    der  be- 
kannte  tragische    Dicbter    heiszt   nicht    Accius    sondern    Attius;    das 
schon    in    lateinischen  Worten   unerträgliche   j    ist   gar    auch    in 
griechische    eingeschmugafelt ,    denn    es    steht     unter    Aclielous    eine 
Dejanira  (!)   und   unter   Actaeon    eine   Harpyja   (!);    auch  das  Ad- 
jectiv  von  Acrisione  würde  richtiger  Acrisionaeus  als  Acrisioneus  lauten, 
und  ist  dafür  Verg.  Aen.  VII  410,   wo  Acrisioneis   wahrscheinlicher  ein 
femin.  singul.  ist,  nicht  eben  glücklich  gewählt,  besser  Ov.  met.  V  239. 
Unbestreitbare  Fehler  aber  wie  die  jetzt  anzuführenden  lassen 
wahre  wissenschaftliche  Gediegenheit  in  noch    weit  höherem  Masze  ver- 
missen:   die  Insel  Abatos  wird    mit  ö  als  Anapäst  statt  mit    o  (aßazog) 
als  Tribrachys   bezeichnet;    nach    wie    vor   behauptet   das   berüchtigte  o 
anceps  in  den  ersten  Personen  der  Verba  (s.  abdico,  abdlcö,  abdö,  ab- 
duct)  usw.)  seine  Herschaft,    wärend  längst  bekannt    ist,    dasz    dies    für 
ein   o  productum  zu  halten  (vgl.  Probeblätter  unter  einem  Dutzend  Ar- 
tikel und  Grundzüge  §  11);   unter  abortivus  wird  die  Phrase   immaturo 
partu  e  nix  US    statt   editus  oder  etwas   ähnlichen  geboten;    unter  abies 
heiszt    die   Form    abietis    ein    trissyllabum,   wärend    es   ein  trisyllabum 
{TQiavk?.cißov)    ist;    unter  abundantia   kommt    ein    Adjectiv   Amalthaeus 
vor,  das  nach  'Juald'Frog  nur  Amaltheus  oder  Amalthius  lauten  kann; 
der    unter    aecipiter    erwähnte    Daedaleon    heiszt    vielmehr    Daedalion, 
auch  geschieht  seiner  nicht  bei  Verg.  Aen.  XI  721  Erwähnung,    sondern 
bei  Ov.  met.  XI  295;    ebendaselbst   unter  den  P2pithetis   steht  volucris 
statt  volucer;   Achaemenides   (unter  diesem  Wort  und  nochmals   unter 
Adamastus)    soll    im    Genetiv    is    haben    statt  ae;    ähnlich    falsch  steht 
unter    Achates:    primi   Achates    statt   achafae,    und    ferner   gar    unter 
Acragas  ein  Genetiv  Acragae   statt  Acragantis;   unter  Achelous   wird 
dessen  Tochter    zwiefach    unrichtig   Calirhoe    genannt,    die    vielmehr 


200  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Callirrhoe  {KaXXiQQdr])  oder  Calliroe  (KalXiQorj)  lieiszt;  endlich 
für  Actium,  ii  wird  Prop.  V  G,  17  citiert,  wo  das  Adjectiv  Actius,  a, 
um  vorliegt. 

Der  Preis  des  Buches  ist  ziemlich  hoch,  Druck  und  Papier 
tretflich,  Druckfehler,  teils  schon  der  In  Auflage  eigen,  teils  neu 
hinzugekommen,  sind  doch  zu  zahlreich.  Der  erstem  Art  gehören 
an:  S.  1  Col.  1  Z.  22  adductus  statt  abductus,  S.  2  Col.  1  Z.  1  ab1s 
statt  abTs ,  Z.  54  posteä  statt  posteä,  Col.  2  Z.  15  u.  17  limphis  statt 
lymphis,  S.  3  Col.  2  Z.  12  qul  statt  qui ,  S.  4  Col.  2  Z.  51  mensis  et 
Dis  statt  dis  et  rnensis ,  S.  5  Col.  2  Z.  9  dixerit,  statt  dixerit:,  S.  6 
Col.  1  Z.  20  virginea  statt  virgineo,  Col.  2  Z.  60  vltreus  statt  vitreus, 
S.  7  Col.  1  Z.  28  cumprimis  statt  cum  primis ,  Z.  30  ostendat  statt 
ostentat;  neu  sind  folgende;  S.  1  Col.  2  Z.  2_Democriti  ^statt  Demo- 
criti ,  Z.  35  speluncis  statt  speluncis,  Z.  48  Abel  statt  Abel,  S.  2 
Col.  2  Z.  31  limphis  statt  lymphis,  Z.  51  olim  statt  oHm ,  S.  3  Col.  1 
Z.  3  non  statt  uön ,  Z.  13  zu  streichen  sermonem ,  Z.  48  ponto  statt 
Ponto,  Z.  51  Ligusticum  statt  Ligusticum,  S.  5  Col.  1  Z.  10  complector 
statt  complector,  Cd.  2  Z.  41  Clarius  statt  Clanius,  Z.  66  nam  statt 
num,  S.  6  Col.  1  Z.  1  nach  Achaemenias  einzuschieben  urbes ,  Z.  12 
solidae  statt  solitae,  Z.  42  profundus  statt  profundus,  Z.  48  nldum 
statt  nldum,  S.  7  Col.  1  Z.  6  A,  11  statt  A,  12,  Col.  2  Z.  8  Ladon 
statt  Lädon,  ebd.  Dromäs  statt  Dromäs,  S.  8  Col.  1  Z.  55  zu  streichen 
addo,  Col.  2  Z.  30  ädivi  statt  ädlvi. 

Statt  alles  Schluszworts  erlaubt  sich  nun  Rec.  nur  die  Frage:  kann 
man  überhaupt  auf  nicht  mehr  als  acht  Seiten  eine  noch  gröszere  Menge 
von  Ungenauigkeiten  und  Fehlern,  kurz  Mängeln  aller  Art  füglich  er- 
warten? 

Zittau.  ^^  Richard  Habenicht. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 


Mecklenburgische  Programme   vom  Jahre  185  9. 

(Schlusz  von  S.  88-92.) 

8.    Wismar.]      Grosze    Stadtschule.      Lehrercollegium  :    Rector 
Professor  Dr  Crain,  Dr  Frege,  Dr  Haupt,  Dr  Nölting,  Dr  Wal- 
ther, Dr  Schröving,  Dr  Sonne,  Herbing,  Dr  Sievert,  Krack, 
Dr  An  ding,    Cantor  Massmann,    Schreib-  und  Rechenmeister  Wet- 
terich und  Mohr,  Eleraentarlehrer  Grobe  und  Böhmer,  Zeichenlehrer 
Ingen.  Fangheim.     4  Gymnasial-,    3  Real-,    4  Elementarklassen,    346 
Schüler,  darunter  116  Auswärtige  (I  19,   II  22,    III  35,   IV  41 ;    1   13, 
2  25,  3  29;  a  48,  b  38,  c  46 ,  d  30).     Abiturienten  11.     Der  als  Stell- 
vertreter   des    erkrankten    Dr  Walther    interimistisch    angestellte  Dr 
Rosendahl  schied  aus  dem  Lehrercollegium:  der  zeitweilig  quiescierte 
Dr   An  ding    konnte   wieder    in    seine    volle  Thätigkeit    eintreten.     Am 
28.  Mai  starb  der  von  Ostern  1809  bis  Michaelis  1843  am  Gymnasium  als 
Lehrer  fungierende  Dr  Plagemann.  —  Abhandlung  von  Dr  Theodor 
Nölting:  über  das  lateinische  Deponens  (54  S.  4).     Nach  einer  eingehen- 
den ,   übersichtlichen   und   kritischen   Analyse    der    verschiednen    bisher 
angestellten  Versuche  das  Deponens  zu  erklären  entwickelt  und  begrün- 
det   der    Herr  Verf.    auf  Grund   der   sprachvergleichenden  Forschungen 


Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.  201 

von  Pott  und  Bopp  seine  Ansicht  dahin,  dasz  in  dem  dieactiven 
Endungen  verstärkenden  r  der  passiven  oder  deponentia- 
len    Personalen  düngen    das    Reflexivpronomen    se    enthal- 
ten sei,    dasz  mithin  das  Deponens  verliiiltnismäszig  eine  jüngere 
Schöpfung  der  Sprache  und  wenigstens  ein  fertiges  Act ivu  m  voraus- 
setze.    Dasz    die   lateinische  Sprache   aher   das  Reflexivpronomen    der 
dritten  Person    auch   der   ersten    und    zweiten   hinzugefügt  erläutert  der 
Herr  Verf.   dureh  die  ganz  ähnliehe  Ausdrucksweise  der  lithauischen  und 
slavischen  Sprache  und    durch    den  Hinweis  auf  die  Neigung  der  Grie- 
chen das  plurale  Reflexivum  eavzcov  usw.  für  die  erste  und  zweite  Person 
und  seit  Xenophon  sogar  den  Siuiiular  sccvrov  für  iaavTOv  und  geccvzov 
zu  gebrauchen,  wie  denn  auch  aus  dem  Bereich  der  deutschen  Sprache 
eine  Reihe  ähnlicher  Erscheinungen  von  J.  Grimm  in  seiner  deutschen 
Grammatik  aufgeführt   sei.     'Jedesfalls',    fährt  der   Herr  Verfasser  fort, 
'wird   man   anerkennen   dasz  eben   durch   diese   logische  Ungenauigkeit 
erst  eine  in  sich  so  gleichartige  und  eigentümliche  Verbalform  entstehen 
konnte  ,    wie    sie   das  Deponens-Passivum  aufweist.     Denn  je  mehr  sich 
das    zum  Ausdruck    der    reflexiven  Beziehung  dienende   sprachliche  Ele- 
ment   verfeinerte,    desto    mehr   durfte   sich    auch   die   Bedeutung   dieser 
Form  vergeistigen,   so    dasz    manche  Verben   dieser  neuen  Gattung  nur 
durch  eine  leise  aber  immerhin  erkennbare  Schattierung   von    den  sinn- 
verwandten Activen  geschieden  sind.'     Im  weitern  Verlauf  der  Abhand- 
lung wird    sodann  die  Frage  beantwortet,  was  den  schafl'enden  Sprach- 
geist  veranlaszt    habe    diese  Form    zu  bilden  und   welche  Bedeutung  er 
mit  derselben  verbunden  habe.    Ein  wirkliches  Bedürfnis  eine  Reflexiv- 
form zu  erzeugen  habe  nur  bei  den  Transitiven  entstehen  können,  wenn 
ihre  Thätigkeit  allein  am  Subject  zum  Vorschein  kommen  sollte.     'Und 
wie   natürlich  war   es    dasz  die   sprachbildende  Kraft,    die  nie  zufrieden 
mit    dem    erworbenen   sich    fortwärend  äuszern   musz ,   nicht  nur  um  für 
den  erweiterten  Gesichtskreis  des  Volks  oder  für  seine   tiefere  und  sin- 
nigere Auffassung   den   gemäszen  Ausdruck    zu  schaft'en ,    sondern   auch 
um  seinen  Schönheitssinn  zu  befriedigen,  welcher  nach  Abwechslung  und 
Fülle    strebt ,   dasz   diese   Kraft  sich    durch    ein  so  einfaches  Mittel   ein 
neues  und  weites  Gebiet  eroberte  und  ihren  Reichtum  an  Verbalbezeich- 
nungen fast  verdoppelte.    Denn  indem  sie  jedes  Transitiv  in  ein  Reflexiv 
zu  verwandeln  im  Stande  war,  gewann  sie  zugleich  ihr  Passiv,  dessen 
Stelle  bis    dahin    die    intransitiven   Verben    mit   vertreten  hatten.'     Der 
Bildungsgang   der  Reflexivform  in  der  lateinischen  Sprache  aber  sei 
folgender  gewesen:  'Zuerst  heftete  sich  das  Pronomen  se  an  die  Transi- 
tiva  ,   welche    durch   diese  Beschränkung  der  Thätigkeit  auf  das  Subject 
zu  Intransitiven  wurden  und  so  allmählich  zu  dem  vorhandenen  Vorrath 
eine   grosze  Menge   neuer  Bezeichnungen  hinzufügten,    die  je  nach  dem 
Bedürfnis  der  Rede  eigentliche  Intransitive  bleiben  oder  als  Passive  ver- 
wandt werden  konnten.    Dann  trug  die  Sprache  diese  neue  Form,  welche 
offenbar  das  Verhältnis  des  durch    die    eigne  Thätigkeit   zugleich   in  ein 
Leiden  versetzten  Subjectes   schärfer  bezeichnete,  auf  gewisse  Intransi- 
tive über;    darauf  bildete  sie  durch  Ableitung  neue  Verba,    welche  so- 
gleich   als    eigentliche  Reflexiva  hervortraten,   ohne   einem    eigentlichen 
Transitivum    gegenüber  zu    stehn,    z.    B.    1)   vehi ,    ferri,    volvi,    fundi, 
angi;  2)  mori,  pati,  sequi,  labi,  fari,  queri;  3")  grassari,  vectari,  versari, 
spatiari ,  fluctuari,  aemulari,  pigrari,  vociferari.     Indes  damit  begnügte 
sich   die    Sprache  noch    nicht;    sie  wiederholte    bis    zu    einem  gewissen 
Masze    ihr    formales   Bildungsprincip   auf    syntaktischem   Wege ;    neben 
fundi,  ferri,  verti  traten  se  fundere,  se  ferre  ,  se  vertere,  und  je  weiter 
diese  Art  der  Verbindung  um  sich  grifl',  desto  mehr  wurde  die  Reflexiv- 
form   der  Transitiva   zum   wahren  Passiv.     Aber   auch    die  eigentlichen 
Deponentia   musten  mehr   und    mehr   durch    dies  Gegenübertreten  einer 


202  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slalist.  Notizen, 

dem  Sinne  nach  anscheinend  gleichen  Form  in  ihrem  Wesen  eine  Aen- 
deruiig  erleiden;  die  reflexive  Bedeutung  wurde  feiner,  inniger,  tiefer; 
die  Deponentialform  konnte  selbst  entschieden  transitive  Begriffe  er- 
fassen ,  sobald  sich  nur  durchtülilen  liesz  dasz  ihre  Thätigkeit  nicht 
wohl  ohne  ein  Leiden,  ohne  eine  körperliche  oder  meist  innerliche  Er- 
regung des  Subjects  ausgeübt  werden  mochte,  und  so  entstanden  solche 
Verba  wie  metior,  sortior,  mereor,  hortor,  scrutor.'  Diese  Theorie  über 
das  Deponens,  die  wir  wenigstens  ihren  Hauptzügen  nach  zu  referieren 
uns  bemühten,  wird  sodann  ausführlich  im  einzelnen  nach  den  ver- 
schiedenen Begriffskategorien  der  Bewegung  usw.  begründet.  Wir 
wünschen  der  sorgsamen  und  gediegnen,  auch  für  die  Synonymik 
nicht  unwichtigen  Abhandlung  die  verdiente  Beachtung  und  eine  weite 
Verbreitung. 

Bemerkung.  Das  Programm  des  Neubrandeuburger  Gymna- 
siums stand  uns  zu  unserem  Bedauern  nicht  zur  Disposition,  weshalb 
wir  für  diesmal  über  dasselbe  nicht  berichten  können. 

Güstrow.  Dr  Nickel. 

Ueber  die  Gymnasien  des  Herzogtums  Nassau  berichten  wir  nach 
den  Ostern  1860  erschienenen  Programmen  wie  folgt: 

1.  Hadamar.]  Das  Lehrercollegium  erfuhr  in  dem  verflossenen  Schul- 
jahre keine  weitere  Veränderung,  als  dasz  der  Elementarlehrer  Wag- 
ner in  Folge  seiner  Versetzung  nach  Hoclihelm  aus  seinem  seitherigen 
Verhältnis  als  Musiklelirer  des  Gymnasiums  ausschied.  Bestand  des 
Lehrercollegiums;  Director  Oberschuhath  Dr  Schwartz,  die  Professoren 
Lade,  Meister,  auszerordentl.  Professor  Barbieux,  die  Conrectoren 
Dr  Eickemeier,  Colombel,  Dr  Deutschmann,  die  Collaboratoren 
Dr  Krebs,  Hetzel,  Zeichenlehrer  Diefenbach,  Hülfslehrer  Elemen- 
tarlelirer  Decku.  Der  katholische  Religionsunterricht  wurde  von  dem 
Beneficiaten  S ch m e  1  z e i s,  der  evangelische  von  dem  Pfarrer  Schellen- 
berg erteilt.  Auszerdem  erteilte  der  Convictregens  Walter  lateini- 
schen und  geschichtlichen  Unterricht  vorzugsweise  in  VII,  in  welcher 
Klasse  er  auch  das  Ordinariat  verwaltete.  Schülerzahl  152  (VII  25, 
VI  16,  V  17,  IV  24,  III  22,  II  24,  I  24).  Abiturienten  13.  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus:  de  carminis  Hesiodei,  quod  Opera  et  Dies  inscri- 
bitiir,  composilione  et  interpolalionibus.  Disputatiö  prior.  Von  dem  Colla- 
borator  Hetzel  (10  S.  4).  'Tota  haec  quaestio  duabus  partibus  con- 
tinetur,  Prinuim  enim  quaerendum  est,  quibus  historiae  testimoniis  haec, 
quae  tradita  est,  carminis  forma  nitatur;  deinde,  quod  quidem  maius 
est,  indagandum,  quibus  indiciis  ex  ipso  carmine  derivatis  aut  genuinas 
aut  suppositicias  quasvis  eins  partes  esse  probari  possit.'  'Unum  et 
continuum  Hesiodi  carmen  esse  credo  versus  11  —  24.  27 — 39.  202 — 209. 
212—224.  239  —  243.  246.  247,  225  —  237  (quae  hoc  ordine  disposita 
fuisse  infra  conabor  demonstrare).  248—251.  256—264.  267—300.  302— 
310.  312.  313.  315.  316.  383.  384.  388—398.  407—432.  434—437.  448— 
454.  458—461.  463.  465—470.  473—482.  403—495.  498.  499.  564—581. 
597 — 601.  600 — 617.  Cetera  omnia  post  adiecta  mihi  videntur.'  'In 
altera  qnaestionis  parte  hoc  sequar,  ut  primum  aperiam  ,  quibus  ratio- 
nibus  adductus  illud,  quod  supra  descripsi,  unum  et  continuum  carmen 
esse  iudicaverim ,  deinde  cur  cetera  seiungenda  sint  doceam ,  postremo 
exponam ,  quid  de  singulis  interpolationibus  statuendura  quave  ratione 
haec  omnia  in  unum  corpus  cougesta  esse  existimem.'  'Omnes  locos, 
quos  interpolatos  esse  iudicem,  enumerabo,  temporum,  quibus  adiecti 
mihi  videntur,  ordine  dispositos.  Prima  igitur  aetate  Operum  carmini 
adiecta  sunt  ea,  quae  primam  eius  formam  eiusque  consilium  maxime 
respiciunt,  atque  ab  Hesiodi  sentiendi  genere  non  nimis  recedunt,  in 
quorum  numero  habeo  in  priore  carminis  parte  versus  25,  26.   210,  211. 


Berichte  über  gelelirfe  Anstalten,  Verordnungen,  slalist.  Notizen.  203 

244,245.  265,260.  320-341.  317—319.  342—377;  quibus  adli.ierebant 
versus  381,  382.  378  —  380:  in  altera  parte  vv.  38:i  — 387.  309  —  404. 
40.1,  406.  433.  438  —  447.  4ri5  —  457.  462.  464.  471,  472.  483—492, 
496,  497.  500,  501.  602  —  005.  Deiiide  praecepta  nautiea,  vv.  40—40 
et  618—630  et  663—686;  631—642  et  646-662;  6-13—645;  687—694; 
695  —  ~05.  Alteri  aetati  eos  locos  adscribo ,  qiios  tum  demnm  iii.sertos 
esse  verisiniile  est,  quum  prima  carmiuis  forma  additis  alieuis  iam 
ob.scnrata  cs.set,  quiquo  quasi  in  coiifinio  aetatis  Hesiodi  et  aetatis 
mysticae  positi  fuisse  videutur.  Sunt  ii  loci  vv.  47—105  (in  quos  post 
illatos  V.  93,  fortasse  et  99),  106,  107,  109,  110,  112—201,  108,  111; 
223,  238,.  314.  Tertia  aetate  adiecti  sunt  (fortasse  vv.  706 — 723)  724 
• — 828  ;  jiraeterea  prooeniium  (vv.  1  — 10),  duo  denique  loci,  qui,  quam- 
quam  ab  ilio ,  quod  descripsi ,  genere  alieni ,  tamen  alias  ob  causas  in 
eorum  additamentorura  numero  habendi  sunt,  quae  atticam  aetatem 
proxime  antecesserunt,  versus  dico  502 — 503,  et  quos  propter  propositi 
siuülitudinem  ad  eundem  auctorem  referendos  esse  coniicio ,  vv.  582 — 
5U5,   quibns  jiost  additus  v.  59(i.' 

2.  Weilburg.]  Der  Collaborator  Otto  wurde  an  das  Gelelirten- 
gymnasium  zu  Wiesbaden  versetzt;  die  Prorectoren  Schulz  nnd  Stoll 
sind  zu  Profe.'^soren  nnd  der  Collaborator  Wagner  zum  Conrector  be- 
fördert worden.  Anszer  den  beiden  Religionslehrern  Stadtpfarrer  Dörr 
für  die  evangelischen  Schüler  und  Pfarrer  Noll  für  die  katholischen 
Sclüiler  bilden  das  LehrercoUegium :  Director  Schm  it  t,  die  Professoren 
Krebs,  Sclienck,  Francke,  Schulz,  Stoll,  die  Conrectoren 
Becker,  Wagner,  Cullaborator  I5r  an  ds  ch  ei  d,  Hülfslehrer  Sauer, 
Zeichenlehrer  Durst,  Tanz-  nnd  Turnlehrer  Lieb  ich,  Reitlehrer  Stroh. 
Schülerzahl  113  (I  11,  II  18,  111  7,  IV  19,  V  23,  VI  20,  VII  15).  Abi- 
turienten 5.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  von 
Professor  Schulz:  über  die  Beäeiduvg  der  germanistischen  Studien  fiir  die 
Gegenwart,  insbesondere  für  das  Gymnasium  (20  S.  4). 

3.  Wiesbaden.]  a)  Gelehrtengymnasium.  Der  Candidat  der 
Philologie  Dr  Künkler,  welcher  dem  Gymnasium  zu  provisorischer 
Aushülfe  zugeteilt  worden  war,  schied  aus  dem  LehrercoUegium  aus, 
um  eine  Privat- Knabenerziehnrigsanstalt  in  Biebrich  zu  gründen;  in 
Folge  dessen  wurde  der  Collaborator  Otto  von  dem  Gymnasium  zu 
Weilburg  an  das  hiesige  versetzt  und  derselbe  später  zum  Conrector 
ernannt.  Das  LehrercoUegium  bilden;  Director  Oberschulrath  Lex,  die 
Professoren  Dr  Cuntz,  Kirschbaum,  Müller,  Dr  Lüdecking, 
Spiesz,  die  Conrectoren  Bernhardt,  Seyberth,  Bogler,  Otto, 
Collaborator  Schmi  tth  enn  er  ,  Elementarlehrer  Reichard,  Zeichen- 
uud  Turnlehrer  deLaspe'e.  Auszerdem  erteilten  die  Professoren  Eben  au 
und  Dr  Greisz,  beide  von  dem  hiesigen  Realgymnasium,  an  die  dazu 
vereinigten  Schüler  beider  Anstalten  den  Unterricht  im  Englischen,  der 
Kirchenrath  Dietz  den  evangelischen  und  der  Kaplan  Lorsbach  den 
katholischen  Religionsunterricht.  Schülerzahl  208  (1  24,  II  22,  III  22, 
IV  33,  V  49,  VI  25,  VII  33).  Abiturienten  9.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus:  die  sogenannten  imaginären  Wurzeln,  Realität  derselben,  von 
Professor  Müller  (15  S.  4).  —  b)  Realgymnasium.  Das  Lehrer- 
coUegium bildeten:  Director  Oberschulrath  Müller,  die  Professoren 
Ebenau,  Greisz,  die  Conrectoren  Dr  Casselmann,  Dr  Sandber- 
ge r,  die  Collaboratoren  Dr  M enges  (den  die  Anstalt  kurz  vor  Ablauf 
des  Schuljahrs  durch  den  Tod  verlor),  Dr  Hildenbrand.  Den  Re- 
ligionsunterricht für  die  protestantischen  Schüler  erteilte  Kirchenrath 
Dietz,  den  für  die  katholischen  Kaplan  Lorsbach.  Den  Unterricht 
in  der  französischen  Sprache  gab  in  den  beiden  obersten  Klassen  der 
Professor  am  Gymnasium  Dr  Lüdecking,  den  gesamten  lateinischen 
Unterricht  erteilte  der  Conrector  am  Gymnasium  Otto.     Schülerzahl  79 


204  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

(III  20,  II  26,  I  33).  Abiturienten  10.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus  eine  Abhandlung  vom  Director:  Beiträge  zur  Terminologie  der 
griechischen  Mathematiker  (22  S.  4).  Dr  Ostermann. 

ScHLEiz.]  Das  zur  Feier  des  Heinrichstags  erschienene  Programm 
enthält  auszer  einigen  Schulnachrichten  von  dem  Director  Göll  eine 
wissenschaftliche  Abhandlung  des  Prorectors  Hermann  Göll:  de  Ro- 
manorum aedilibus  sub  Caesaruni  imperio  commeniatio  brevis  (12  S.  4).  Von 
demselben  Verfasser  ist  im  Programm  des  Jahres  1859  eine  Abhandlung 
erschienen  unter  dem  Titel:  über  die  römische  Censur  zur  Zeit  ihres  Unter- 
ganges (13  S.  4).  Dieselbe  ist  eine  Fortsetzung  der  in  der  Zeitschrift 
für  Altertumswissenschaft  Jahrg.  XIV  Nr  64  1856  begonnenen  gröszern 
Arbeit:  über  die  Fortdauer  und  die  Amtsbefugnisse  der  republikanische?i 
Magistrate  zur  Zeit  der  römischen  Kaiser.  Als  Anfang  erschien  daselbst: 
über  die  Wahlcomitieii  der  Kaiserzeit ;  dann  folgte  im  rhein.  Museum  für 
Philologie  XIII  1  1858:  das  Volkstribunat  in  der  Kaiserzeit;  endlich  im 
Philologus  XIV  I    1859:  der  processus  consularis  der  Kaiserz. 

Fulda.  Br  Ostermann. 

GroszherzogtumBaden   1860. 


t5 


lieber  die  Lyceen  und  Gymnasien  des  Groszherzogtums  Baden 
berichten  wir  aus  den  zu  Michaelis  1860  erschienenen  Programmen 
wie  folgt: 

A.    Lyceen. 

1.  Caelsruhe.]  Dem  bisherigen  Director  der  Anstalt,  Geheimen 
Hofrath  Dr  Vierordt,  wurde  auf  wiederholtes  Ansuchen  der  Wunsch 
erfüllt,  wegen  vorgerückten  Alters  sein  Lehramt  mit  der  Direction  nie- 
derlegen zu  dürfen.  Er  hatte  an  40  Jahre  als  Lehrer  und  seit  1855 
als  Vorstand  an  der  Anstalt  gewirkt.  An  seine  Stelle  trat  Geheimer 
Hofrath  Professor  Gockel.,  Den  Lyceumslehrer  Hofmann  verlor  die 
Anstalt  durch  den  Tod.  Der  Schulamtscandidat  Ziegler  leistete  Aus- 
hülfe. Lehrerpersonal:  Geheimer  Hofrath  Professor  Gockel,  Hofrath 
Professor  Platz,  Professor  Gerstner,  Professor  Böckh,  Professor 
Zandt,  Professor  B  i  s  Singer,  Professor  Kirn  ,  Professor  Dr  Haus  er, 
Pfarrer  Frommel  (evangel.  Religionslehrer),  die  Lyceumslehrer  Eisen 
(auch  Turnlehrer),  Roth,  die  Lehramtspraktikanten  D  urb  an,  Dr  Böh- 
ringer,  Dr  Grohe,  Nicki  es  (zugleich  Turnlehrer),  die  Lyceumslehrer 
F  o  s  z  1  e  r,  Z  e  u  n  e  r,  Beck.  Candidat  Z  i  e  g  1  e  r.  Schülerzahl  des  Lyceums 
336  (VI"  14,  VI"  15,  V  17,  V^  22,  IV"  29,  IV»  51,  III  54,  II  03, 
I  71),  der  Lycealvorschule  215  (III  70,  II  03,  I  82).  Abiturienten  21. 
Mit  dem  Programm  ist  als  Beilage  verbunden  eine  Abhandlung  von  Dr 
Böhringer:  der  pldlosophische  Standpunkt  des  Sokrates.  Ein  Bruchstück 
aus  der  Geschichte  der  griechischen  Philosophie  (42  S.  8).  Der  Verfasser 
bemüht  sich  vorzugsweise  den  anthropologischen  Standpunkt  und  das 
ethische  Princip  des  Sokrates  dadurch,  dasz  er  sie  in  directen  Zusam- 
menhang mit  seiner  Idee  des  Wissens  bringt,  in  ein  helleres  Licht  zu 
setzen.  Um  eine  alles  einzelne  umfassende  Darstellung  ist  es  ihm  nicht 
zu  thun  gewesen.  Uebrigens  enthält  gegenwärtige  Beilage  nur  den 
ersten  Teil  der  Untersuchung ,  welchem  ein  zweiter  folgen  soll ,  der  be- 
stimmt ist  durch  eine  eingehende  Vergleichung  des  xenophontischen  mit 
dem  platonischen  Sokrates  im  einzelnen  das  hier  gegebene  teils  zu  er- 
gänzen ,  teils  näher  zu  begründen. 

2.  CoNSTANZ.]  Professor  Gagg  hat  die  ihm  übertragne  Lehrstelle 
mit  dem  Beginn  des  Schuljahrs  angetreten;  der  Lehramtspraktikant 
Eiselein  wurde  zum  Lehrer  mit  Staatsdieiiereigenschaft  ernannt;  dem 
Lehramtspraktikanten  Neff   wurde   gestattet   als   Volontär   einzutreten. 


Berichte  über  gelehrte  Ansfalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  205 

Bestand  des  Lehrerpersonals:  Director  Professor  Ho  ff  mann,  die  Pro- 
fessoren Gagg,  Schwab,  DrWörl,  die  Lyceumslehrer  Schaber, 
Heincmann,  Hummelsheim,  Kern,  Frühe,  Eiselein,  Schmal- 
holz (]Musik-  und  Zeichenlehrer),  die  auszerordentlichen  Lehrer  l'ro- 
fessor  Seiz  (Physik),  Pfarrer  Jeep  (evangel.  Relioionslehrer),  Neff. 
Schülerzahl  244  (VI^  33,  VI"  31,  V^  23,  V^  24,  IV  35,  IV  ^  33.  HI 
23,  II  21,  I  21).  Abiturienten  33.  Eine  wissenschaftliche  Abhandlung 
ist  dem  Jahresbericht  nicht  beigegeben. 

3.  Freiburg.]  Der  Hofrath  Weis  z  gerb  er  wurde  wegen  andauern- 
den Augenleidens  bis  zur  Wiederherstellung  seiner  Gesundheit  in  Pen- 
sionsstand  versetzt.  Die  Unterrichtsstunden  desselben  besorgte  der  von 
Heidelberg  berufene  Lehramtspraktikant  Dämmert.  Den  Lehrern 
Eble  und  Kappes  wurde  der  Charakter  als  Professor  verliehn ;  der 
Lehramtspraktikant  Mayer  wurde  zum  Lehrer  mit  Staatsdienereigen- 
schaft ernannt.  Lehrerpersonal:  Director  Geheimer  Hofrath  Dr  Nokk, 
die  Professoren  Furtwängler,  Eble,  Kappes,  die  Lyceumslehrer 
Zipp,  Ammann,  Lehmann,  Bischoff,  Hauser,  Mayer,  Lehr- 
amtspraktikant Dämmert,  Reallehrer  Keller,  die  auszerordentlichen 
Lehrer  Director  Professor  Dr  Fr  ick,  evangel.  Stadtpfarrer  Hei  hing, 
evangel.  Vicar  Walther,  Zeichenlehrer  G  es  zier.  Schülerzahl  415 
(VI^  29,  VI"  45,  V«  24,  V^  47,  IV ^  67,  IV  59,  III  60,  II  49,  I  35). 
Abiturienten  32.  Dem  Jahresbericht  folgt:  Zenodorus  Abhandlung  über 
die  isoperimetrischen  Figuren,  nach  den  Auszügen ,  ivelche  U7is  die  Alexand- 
driner  Theon  imd  Pappus  aus  derselben  überliefert  haben,  deutsch  bearbeitet 
von  Dr  Nokk  (33  S.  8). 

4.  Heidelberg.]  Dr  Süpfle,  Lehrer  des  Französischen  und  Eng- 
lischen, sah  sich  aus  Gesundheitsrücksichten  genötigt  seine  Stelle  nieder- 
zulegen. Die  von  demselben  besorgten  Unterrichtsstunden  im  Französi- 
schen wurden  dem  Lehraratspraktikanten  Dr  Karle  übertragen,  welcher 
bereits  als  Volontär  thätig  gewesen  war.  Der  Licentiat  Holtzmann 
leistete  Aushülfe  im  Religionsunterricht.  Lehrerpersonal:  zeitiger  Di- 
rector Hofrath  Professor  Hautz,  alternierender  Director  Professor  Ca- 
denbach,  die  Professoren  Behaghel,  Helferich,  Rummer,  die 
Lyceumslehrer  von  Langsdorff,  Dr  Kössing,  die  Lehramtsprakti- 
kanten Pfaff,  Löhle,  Dr  Karle,  Reallehrer  S  chottl  er,  Stadtpfarrer 
Dr  Holtzmann  (evangel.  Religionslehrer),  Waszmannsdorf  (Turnen), 
Volck  (Zeichnen),  Rist  (Gesan?'').  Schülerzahl  186  (VI«  10,  Vl>>  20, 
V^  21,  Vb  17,  IV^  16,  IVb  23,  In  33,  II  26,  I  20).  Abiturienten  12. 
Dem  Jahresbericht  folgt:  Untersuchungen  aus  dem  Gebiete  der  klassischen 
Altertumsivissenschaft  in  drei  Lieferungen.  1)  Bedeutung  von  des  Neu- 
platonikers  Origenes  Werke:  ort  [lövoq  Ttoirjrrjg  6  ßaaiXsvg.  II)  Selbst- 
tödung  durch  Trinken  von  Stierblut  im  Altertume,  namentlich  bei  den 
Griechen.  III)  Kritisch -exegetisches  Spicilegium  zu  etlichen  Stellen 
aus  Aeschylos  Sieben  vor  Theben.  Verfaszt  von  Professor  Helferich 
(38  S.  8). 

5.  Mannheim.]  Nachdem  mit  dem  Ende  des  vorigen  Schuljahrs  der 
katholische  Religionslehrer  Windsches  aus  seiner  bisherigen  Wirk- 
samkeit ausgeschieden  war ,  um  sich  zum  Eintritt  in  einen  geistlichen 
Orden  vorzubereiten,  trat  mit  dem  Anfang  des  neuen  Schuljahrs  der 
bisherige  Vicar  Nor  bei  an  seine  Stelle.  Noch  vor  Ablauf  des  ersten 
Quartals  verliesz  die  Anstalt  der  evangelische  Religionslehrer  Faiszt, 
welchem  das  Diaconat  Eberbach  und  die  damit  verbundene  Vorstands- 
und erste  Lehrstelle  an  der  höhern  Bürgerschule  daselbst  übertragen 
war.  Die  durch  dessen  Abgang  erledigten  Religionsstunden  übernahm 
der  provisorische  Garnisonsprediger  Fingado.  Die  Lehramtsprakti- 
kanten Söllner  und  Trueck  traten  als  Volontäre  ein.  Der  bisherige 
Lehramtspraktikant  Kremp  wurde  zum  Lehrer  am  Lyceum  mit  Staats- 


206  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

dienereigenschaft  ernannt.  Lehrerpersonal :  Director  Hofrath  B  e  h  a  g  h  e  I, 
Hofrath  Kilian,  die  Professoren  Dr  Fickler,  Baumann,  Waag, 
Ebner,  Schmidt,  Deimling,  die  Lyceumslehrer  Dr  Schmitt,  Kapp, 
Kremp,  Pfarrer  Nor  bei  (kathol.  Keligiuiislehrer),  Pfarrer  Fingado 
(evangel.  Keligionslehrer),  Stadtrabbiner  Präger  (Israelit.  lieligions- 
lehrer),  Reallehrer  Selz,  die  Lehramtspraktikanten  Söllner,  Trueck, 
die  Zeiclienlehrer  Haus  z er  und  Dünckel,  Gesanglehrer  Wlczek. 
Schülerzahl  2.52  (VI^  12,  VI''  14,  V«  21,  V  22,  IV^  33,  IV ^  21,  III 
51,  II  40 ,  138).  Abiturienten  17.  Dem  Jahresbericht  folgt:  Beiträge 
zur  üuszern  und  innern  Methodik  des  Unterrichts  von  O.  Deimling 
(64  S.  8).  I.  1)  lieber  die  zweckmäszigste  Art  der  Schülerlocation. 
2)  Ueber  die  Aussprache  des  Altgriechischen  in  Beziehung  auf  Acöent 
und  Quantität.  3)  Methodologische  Hausmittel  und  ein  gra;umatischer 
Pleonasmus.  II.  4)  Die  Autodidakten  oder  die  Siunesanschauung  und 
die  Gewohnheit,  ein  philosophisches  Gespräch. 

6.  Rastatt.]  Dem  Lehrer  Schlegel  wurde  der  Charakter  als 
Professor  verliehn,  der  Lehramtspraktikant  Seidner  wurde  als  Ly- 
ceumslehrer mit  Staatsdienereigenschaft  angestellt.  Eine  Veränderung 
ist  im  Lehrerpersonal  nicht  eingetreten.  Schülerzahl  146  (VI^  21, 
Vlb  11,  V«  4,  V  10,  IV^  10,  IVb  19,  III  30,  II  18,  I  23).  Abi- 
turienten 13.  Dem  Jahresbericht  ist  beigegeben:  die  Fragmente  der 
Aitia  des  Kallimachos.  Zusammengestellt  von  Professor  Dr  Rauch 
(80  S.    8). 

7.  Weetheim.]  Dem  Lehrer  Habermehl  wurde  der  Charakter 
als  Professor  verliehen.  Dem  Lehramtspraktikanten  Schiller  wurde 
gestattet  als  Volontär  Unterricht  zu  erteilen.  An  die  Stelle  des  von 
hier  abberufenen  katholischen  Reügionslehrers  Pfarrverwesers  Mayland 
trat  der  Pfarrverweser  Schleyer.  Lelirercollegium :  Hofrath  Hert- 
lein,  welchem  die  Direction  übertragen  ist,  die  Professoren  Dr  Neuber, 
Föhlisch,  Caspari,  Dr  Habermehl,  Reallehrer  Ströbe,  die  Lehr- 
amtspraktikanten Platz,  Schiller,  Pfarrer  Maurer  (evangel.  Reli- 
gionslehrer), Pfarrverwalter  Schleyer  (kathol.  Religionslehrer),  Zeichen- 
lehrer Fries,  Gesanglehrer  Feigenbutz.  Schülerzahl  163  (VI  28, 
V  17,  IV  38,  III  27,  II  25,  I  28).  Abiturienten  16.  Dem  Jahres- 
bericht folgt:  zu  Vergils  Aeneis  I  378.  Von  Professor  Föhlisch 
(25  S.    8). 

B.    Gymnasien. 

1.  Bruchsal.]  Der  Lehramtspraktikant  Brugier,  als  Volontär 
thätig,  erhielt  eine  Lehrstelle  am  Gymnasium  in  Donaueschingen.  Dem 
Gymnasiumslehrer  Rivola  wurde  der  Charakter  als  Professor  verliehen; 
der  Reallehrer  Dr  Sclilechter  wurde  mit  Staatsdienereigenschaft  an- 
gestellt, ebenso  der  Lehramtspraktikant  Dr  S  eidenadel.  Bestand  des 
Lehrerpersonals:  Director  Professor  Scherm,  Professor  Rivo  la ,  die 
Gymnasiumslehrer  He  rrmann,  Wolf,  Dr  Seidenadel,  Reallehrer  Dr 
Schlechter,  geistl.  Lehrer  Lindner,  Lehrer  Schleyer  (Gesang, 
Kalligraphie,  Geographie  und  Rechnen),  Hofdiaconus  Wo  1  fei  (evangel. 
Religionslehrer),  Bezirksrabbiner  Friedberg  (Israelit.  Religionslehrer). 
Schülerzahl  166  (V  15,  V  14,  IV«  27,  IV i'  15,  III  36,  II  27,  I  32). 
Dem  Jahresbericht  folgt:  zur  Geschichte  und  Statistik  des  groszherzoglichen 
Gijmnasiums  zu  Bruchsal.  Vom  Jahre  1S03  bis  auf  die  neuern  Zeiten.  Von 
dem  Director  (49  S.    8), 

2.  BiscHOFSuEiM  A.  T,]  Die  Lehramtspraktikanten  Büchler  und 
Kuhn  wurden  als  Lehrer  mit  Staatsdienereigenschaft  ernannt.  Lehrer- 
personal: Director  Professor  Reinhard,  die  Gymnasiiimslehrer  Bauer, 
K  u h  n,  B  ü  c  h  1  e  r,  geistl.  Lehrer  B  r  e  m  e  i  e  r,  G n  i  r  s,  Reallehrer  S  c h  ü  s  z  - 
1er,  Kaplan  Rinderle.  Schülerzahl  191  (V»  18,  V"  22,  IV»  41,  IV 
40  ,  III  33,  II  17,  I  14).     Eine  wissenschaftliche  Abhandlung  fehlt. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  207 

3.  DoNAüESCHiNGEN.j  Den  Gesanglehrer  Böhm  verlor  die  Anstalt 
durch  den  Tod.  Den  Unterricht  in  der  Mathematik  und  Naturgeschichte 
erhielt  nach  dem  Abgang  des  an  das  Lyceum  in  Constanz  versetzten 
Professor  Gagg  der  Lehramtspraktikant  S  ti  z  enb  erger.  Der  Vorstand 
und  Lehrer  an  der  höhern  Bürgerschule  in  Ettlingen  Eapp  wurde  an 
das  hiesige  Gymnasium  versetzt  und  die  dadurch  erledigte  Stelle  in 
Ettlingen  dem  Lehramtspraktikanten  Schindler  dahier  übertragen. 
Der  Lehramtspraktikant  Dr  Winnefeld  wurde  zum  Lehrer  mit  Staats- 
dienereigenschat't  ernannt.  Der  Lehramtspraktikant  Brugier,  bisher 
Volontär  am  Gymnasium  in  Bruchsal,  wurde  an  das  hiesige  Gymnasium 
gewiesen  mit  dem  Auftrage,  zugleich  den  kalligraphischen  und  den  Ge- 
sangimterricht  zu  übernehmen.  Lelirerpersonal :  Vorstand  Professor 
Duffner,  die  Gymnasiumslehrer  Kapp,  Dr  Winnefeld,  geistl.  Lehrer 
Birke  nmeier,  die  Leliramtspraktikanten  Stiz  enb  erger,  Baer,  Bru- 
gier, Hofprediger  Müller  (evansjel.  Eeligionslehrer) ,  Zeichenlehrer 
Jäckle.  Schülerzahl  82  (V  6,  V"  8,  IV«  7,  IV »>  15,  III  21,  II  J2, 
I  13).  Dem  Jahresbericht  folgt:  die  griechischen  Präpositionen,  Zweiter 
Teil.     Von  Dr  Winnefeld  (38  S.   8). 

4.  Lahr.]  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums  und  der  damit  ver- 
bundnen  hohem  Bürgerschule:  Director  Geheimer  Hofrath  Gebhard, 
Professor  Fesenbeck  h,  Professor  Joachim,  Professor  Eisenlohr, 
Stein  mann,  Hillert,  Pfarrverweser  Förderer  (kathol.  Eeligions- 
lehrer), Gesanglehrer  Hockenjos,  Zeichenlehrer  Geb ha r dt.  Scbüler- 
zahl  117  (V  15,  IV  17,  III  17,  II  26,  I  16,  Bürgerschule  3e  Kl.  5,  4e 
Kl.  21).  Da  die  Ausarbeitung  einer  wissenschaftlichen  Beigabe  durch 
unvorhergesehue  Ereignisse  unmöglich  geworden  war,  so  hat  sich  der 
Director  entschlossen,  den  von  ihm  bei  dem  feierlichen  Schluszakte  des 
verflossenen  Jahres  gehaltenen  Vortrag  über  den  Unterricht  in  der  deut- 
schen Muttersprache  an  den  ohern  Klassen  der  Gelehrten-  oder  3Iiltelschulen 
im  Druck  herauszugeben  (20  S.  8). 

5.  Offenburg. ]  Dem  geistlichen  Lehrer  Eckert  und  dem  Gyra- 
nasiumslehrer  Blatz  wurde  der  Charakter  als  Professor  verliehen.  Leh- 
rerpersonal: Director  Professor  Intlekofer,  die  Professoren  Stumpf, 
Eckert,  Blatz,  Gj-mnasiumslehrer  Rhein auer,  die  Lehramtsprakti- 
kanten Stephan,  Trunk,  Gewerbslehrer  Jüllig  (Zeichnen  und  Schön- 
schreiben), Oberlehrer  Möszner  (Gesang),  Oberlehrer  Kohl  er  (Instru- 
mentalmusik), Pfarrer  Bahr  (Reliofionslehrer),  Lehrer  Engelhardt 
(Kirchengesang).  Schülerzahl  126  (V^  7,  V  ^  18,  IV "  16,  IV "  26,  III 
31,  II  11,  I  17).  Dem  Jahresbericht  folp^t:  Bemerkungen  zur  deutschen 
Wortbildung  von  Professor  Intlekofer  (32  S.  8). 

Fulda,  Or  Ostermann. 


Person  alnotizen. 

Ernennnng^en,  I{efürderang:en,  Tersetznng^en: 

Ahlwardt,  Dr,  Privatdocent  und  Gustos  der  Universitätsbibliothek 
zu  Greifswald,  zum  ord.  Prof.  in  der  philos.  Facultät  das.  ernannt 
und  als  zweiter  Bibliothekar  an  der  LTniversitätsbibliothek  prädiciert.  — 
Aust,  SchAC.,  als  ord.  Lehrer  am  G.  zu  Krotoschin  angestellt.  — 
Berghaus,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Friedrich-Willielms-Gymnasium 
in  Köln  angestellt.  —  Bursian,  Dr  Conr. ,  ao.  Prof.  in  der  philos. 
Facultät  der  Univ.  Leipzig,  zum  Prof.  der  Archäologie  und  Director  des 
archäologischen  Museums  an  der  Univ.  Tübingen  ern.  —  Fischer, 
Willi.,  ord.  Lehrer  am  G.  zu  Kempen,  zum  Oberlehrer  befördert.  — 
Grüter,  Dr,  ord.  Lehrer  am  G.  zu  Münster,  zum  Oberlehrer  beför- 
dert. —  Hahn,  Dr,  ao.  Prof.,  zum  ord.  Professor  in  der  theologischen 


208  Personalnolizen. 

Facultät  der  Universität  Greifswald  ern.  —  Haustein,  Dr,  Privat- 
docent  an  der  Univ.  und  Oberlehrer  an  der  Gewerbeschule,  zum  Gustos 
des  kön.  Herbariums  zu  Berlin  ern.  —  Hitzig,  Dr  Ferdinand, 
Prof.  an  der  Univ.  Zürich,  zum  ord.  Professor  der  Theologie  und  Philo- 
sophie an  der  Universität  Heidelberg  ern.  —  von  Holtzendorff, 
Dr  Erz,  Privatdoc.  der  Rechte  in  Berlin,  zum  ao.  Prof.  in  der  juristi- 
schen Facultät  der  dasigen  Universität  ern.  —  Korioth,  Weltgeistl.  u. 
SchAG. ,  als  ord.  Lehrer  am  Progymnasiuüi  in  Rössel  angest.  —  Lo- 
renz, Dr  Ottokar,  Privatdocent ,  zum  ao.  Prof.  der  österreichischen 
Geschichte  an  der  Universität  in  Wien  ernannt.- —  Martiny,  SchAC, 
als  ord.  Lehrer  am  Friedrich- Wilhelms-Gymn.  zu  Berlin  angestellt.  — 
Passow,  Dr  Arth.,  ord.  Lehrer  am  Pädagogium  zum  Kloster  U.  L.  F. 
in  Magdeburg,  als  Oberlehrer  an  das  Domgymnasium  zu  Halb  er  stadt 
versetzt. —  Pauly,  Dr  Reinhold,  Prof.  in  der  staatswirthsehaftlichen 
Facultät  der  Universität  Tübingen,  zum  ord.  Prof.  der  Geschichte  an 
ders.  Univ.  ernannt.  —  Pertz,  Dr,  Assistent  an  der  königl.  Bibliothek 
zu  Berlin,  zum  Gustos  an  der  Universitätsbibliothek  zu  Greifswald 
ern.  —  Prill,  Dr  A.  F.,  SchAC.,  als  ord.  Lehrer  am  Progymnasium  in 
Rössel  angest. —  Rehdantz,  DrGarl,  Prof.  am  Domgymnasium  zu 
Halberstadt,  als  Ir  Prof.  an  das  Domgymnasium  zu  Magdeburg 
versetzt.  —  Schlottmüller,  Dr  Alfr. ,  SchAC.,  als  ord.  Lehrer  am 
Friedrich -Wilhelms -Gymnasium  in  Berlin  angest.  —  Sigwart,  Dr, 
bisheriger  Verweser  der  zweiten  Professorstelle  am  niedern  evang.  Gymn. 
zu  Blaub euren,  hat  diese  Stelle  definitiv  übertragen  erhalten.  — 
Steinhausen,  Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Coblenz 
angest.  —  Übert,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Kempen 
angest.  —  Wieder  hold,  Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu 
Insterburg  angest.  —  Wit  zel,  Otto,  Conrector  an  der  Stadtschule  zu 
Witzen  hausen,  zum  Hülfslehrer  am  Gymn.  zu  Kassel  ernannt. 

Praedicierung^en  nnd  Ehrcnerweisung^en: 

Beurlin,  Präceptor  am  Gymn.  zu  Ulm,  als  Prof.  praediciert.  — ■ 
Dr  Lorenz  Diefenbach  in  Bornheim  bei  Frankfurt  a.  M.  und  Prof. 
Dr  Gerhardt  in  Eisleben  zu  correspondierenden  Mitgliedern  der 
philol.-histor.  Kl.  der  k.  preusz.  Akademie  der  Wissenschaften  ernannt, 
—  Häuser,  Dr,  Prof.  an  der  Universität  zu  Heidelberg,  als  Hofrath 
charakterisiert.  —  Köchly,  Dr  Herm.,  Prof.  in  Zürich,  zum  corresp. 
Mitglied  der  philol.-histor.  Kl.  der  k.  pr.  Akademie  der  W.  in  Berlin 
ern.  —  Pfarrius,  Dr  Gustav,  Oberlehrer  am  Friedrich -Wilhelms- 
Gymn.  zu  Berlin,  als  Professor  praediciert.  —  Regentke,  ord.  Lehrer 
am  Gymn.  zu  Ostrowo,  als  Oberlehrer  praediciert. —  Roth,  Dr  Ru- 
dolf, Prof.  in  Tübingen,  Sauppe,  DrHerm.,  Hofrath  und  Prof.  in 
Göttingen,  und  Schaumann,  Dr,  Oberbibliothekar  in  Hannover, 
zu  correspondierenden  Mitgliedern  der  philol.-histor.  Klasse  der  königl. 
Akademie  der  W.  zu  Berlin  ern.  —  Tschack  er  t,  Oberlehrer  am 
Gymn.  zu  Ostrowo,  als  Professor  praediciert. 

Gestorben : 

In  der  Nacht  vom  25.  bis  26.  Jan.  1861  starb  in  Naumburg  a.  d.  S. 
der  em.  Conrector  des  das.  Domgymnasium  Dr  Hieronymus  Müller, 
bekannt  als  Uebersetzer  des  Aristophanes  und  Platou.  —  Am  26.  Jan.  in 
Breslau  der  kathol.  Provincial-,  Schul-  und  Regierungsrath  K.  Barthel, 
geb.  ebend.  1802.  —  Am  3.  Febr.  in  Göttingen  der  ord.  Prof.  in  der 
medicin.  Facultät  der  dasigen  Universität  Dr  A.  A.  Bert  hold,  geb. 
1803  in  Soest. 


Zweite  Abteilung: 

für  Gyinnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lelirlacher, 

mit  Aussclilusz  dei'  classisclien  Philologie, 
herausgegeben  ?on  Rudolph  Dietsch. 


6. 

Die  neusten  Enthüllungen  über  die  Landesschule  Pforte.  *) 


In  den  Berliner  Blattern  für  Schule  und  Erziehung  1861  Nr  4  bis  7 
befindet  sich  ein  ausführlicher  Artikel  betitelt 'Be  m  e  rk  ungen  über 
einige  Einrichtungen  in  der  Landesschule  Pforte'.  Die 
Redaction  jenes  Blattes  Iiat  denselben,  wie  sie  sagt,  nicht  auf  Veran- 
lassung aber  mit  Einwilligung  ihres  Verfassers  mitgeteilt,  was  für  die 
Verantwortung,  die  derselbe  zu  tragen  hat,  völlig  gleichgültig  ist. 
Dieser  Artikel  ist  die  zweite  Auflage  eines  Schriftstücks, 
das  der  Verfasser  dem  Vernehmen  nach  im  October  des  vorigen  Jahrs 
sowol  an  Se  Excellenz  den  Herrn  Minister  der  geistlichen, 
Unterrichts-  und  Jledicinalangelegenheiten  von  Beth- 
mann-H  oll  weg  als  auch  an  den  Herrn  Ob  er  pr  ä  si  de  n  t  en  der 
Provinz  Sachsen  von  Witzleben  eingesandt  hat  und  das  bereits 
vor  einiger  Zeit  eine  eingehende  officielle  Widerlegung  bei  den 
betreffenden  Behörden  gefunden  hat.  Die  zweite  Auflage  dieses 
Schriftstücks  also  ist  etwas  verändert,  indem  einige  Herzensergieszun- 
gen  und  Phantasiestücke  des  Verfassers  weggelassen  sind;  aber  ver- 
bessert ist  sie  im  wesentlichen  nicht,  das  gieng  auch  nicht  wol  an. 
Eine  wirkliche  Verbesserung  wäre,  wie  sich  weiter  unten  ergeben 
wird,  nur  so  möglich  gewesen  wie  bei  jenem  unbrauchbaren  Messer, 
das  eine  andere  Klinge  und  einen  andern  Griff  erhielt  und  auf  diese 
Weise  brauchbar  wurde.  Ich  habe  es  hier  zunächst  nur  mit  der  zwei- 
ten Auflage,  mit  dem  Artikel  der  Berliner  Blätter  zu  thun. 


*)  Erscheint  auch  die  hier  vorliegende  Abhandlung  zunächst  als  eine 
oratio  pro  domo,  so  wird  sie  doch  in  diesen  Blättern  veröffentlicht,  weil 
—  abgesehn  von  der  Pflicht,  die  einer  so  ehrwürdigen  Anstalt,  einer 
Zierde  und  Perle  der  deutschen  Gymnasien,  geschuldet  wird  — der  ge- 
gen sie  geführte  Angriff  den  bewährten  Principien  der  Gymnasialbildung 
und  Erziehung  überhaupt  gilt  und  ein  Weck-  und  Mahnruf  ist,  gegen 
das  sich  erneuernde  Andringen  der  realistischen  und  materialistischen 
Richtungen  für  den  wahren  und  echten  Humanismus  zum  Kampf  bereit 
zu  stehn.  R,  J). 

N.  Ja'.irl).  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  Abt.  ISCi.  Hft  5.  14 


210  Vorlheidigung  der  Landesschule  Pforte. 

Der  Verfasser  der  Bemerkungen  will  also  Uebelstände  in  den 
Einrichtungen  der  Landesschule  Pforte  aufdecken  vor  den  Augen  des 
Pub  I  i  cum  s,  wie  er  dies  bereits  vor  den  Behörden  versucht  hat  — 
bis  jetzt  freilich,  so  viel  uns  bekannt  geworden  ist,  ohne  Erfolg.  Die- 
sem Vorhaben  liegt  bewust  oder  unbewust  die  Vorstellung  zu  Grunde, 
dasz  entweder  den  Lehrern  der  Anstalt  gänzlich  entgangen  ist  was  er 
aus  der  Ferne  mit  scharfem  Blick  erspäht  hat,  oder  dasz  sie  jene  Schä- 
den zwar  gekannt  aber  verheimlicht  und  nicht  zu  heilen  versucht  haben. 
Es  kommt  ihm  zwar  anfangs  das  Bedenken,  dasz  er  als  Laie  kein 
durchaus  competentes,  als  Vater  eines  Zöglings  der  Anstalt, 
der  übrigens  schon  vor  der  VerölTentlichung  des  Artikels  die  Schule 
verlassen  hat,  kein  völlig  unbefangnes  Urteil  über  dieselbe  in  Anspruch 
nehmen  dürfe.  Indes  über  dieses  Bedenken  hilft  ihm  die  Erwägung  hin- 
weg, dasz  die  vis  inveteratae  consuetudinis  erfahrungsmäszig  dem 
klaren  Urteil  der  Leiter  und  Lehrer  derartiger  Anstalten  Abbruch  thut, 
wärend  dem  auszerhalb  stehenden  der  Blick  frei  bleibe. 
Im  weitern  Verlauf  seines  Schriftstücks  ist  es  ihm  denn  auch  vollstän- 
dig gelungen  jenes  Bedenken  zu  überwinden,  hingegen  ist  die  letztere 
Erwägung  so  gänzlich  in  den  Vordergrund  getreten,  dasz  er  nicht  blos 
bei  den  angeblichen  Uebelsfänden,  seinem  eigentlichen  Thema,  stehen 
bleibt,  sondern  auch  direct  und  indirect  eine  Anzahl  von  Anschul- 
digungen gegen  die  Lehrer  der  Anstalt  vorbringt,  insbesondere 
auch  solche,  die  geeignet  sind  dieselben  in  den  Augen  andrer  Schul- 
männer in  ein  scl^echtes  Licht  zu  setzen. 

Wenn  er  trotzdem  versichert  das  Interesse  der  Anstalt  völlig 
objecliv  im  Auge  zu  haben,  wenn  er  als  Zweck  seines  Artikels  an- 
gibt er  wolle  einer  guten  Sache  einen  guten  Dienst  leisten,  so  wäre 
ja  das  ein  recht  lobenswerther  Wille.  Aber  es  wird  sich  weiter  unten 
ergeben,  in  wie  weit  er  seinen  guten  Vorsätzen  getreu  bleibt.  Uebri- 
gens,  meint  er,  wolle  er  nur  anregen,  nicht  entscheiden.  Nun,  mit  dem 
Entscheiden  hat  es  gute  Wege.  Es  ist  dafür  gesorgt,  dasz  die  Bäume 
nicht  in  den  Himmel  wachsen.  Das  Anregen  aber  ist  ihm  wenigstens 
insoweit  gelungen,  als  sich  hier  jemand  findet,  der  ebenfalls  um  einer 
guten  Sache  einen  guten  Dienst  zu  leisten  sich  die  Freiheit  nehmen 
wird  seinen  Aufsatz  einer  etwas  nähern  Prüfung  zu  unlerziehn  und  für 
den  Frieden  und  die  Ehre  der  Landesschule  Pforte  in  die 
Schranken  zu  treten,  an  der  er  seit  einer  Reihe  von  Jahren  zu  wirken 
berufen  ist. 

Da  es  für  die  Beurteilung  des  Werths  eines  Schriftstücks  eine 
der  ersten  und  wichtigsten  Fragen  ist,  aus  welchen  Quellen  dasselbe 
die  Thatsachen  schöpft,  auf  die  seine  Beweisführungen  sich  stützen,  so 
erscheint  diese  Frage  auch  hier  gerechtfertigt  und  zweckmäszig. 

Die  Bemerkungen  der  Berliner  Blätter  können  bei  dem  arglosen 
Leser  leicht  die  Vorstellung  von  einer  speciellen  Bekanntschaft  des 
Verfassers  mit  den  Einrichtungen  der  Landesschule  Pforte  hervorrufen. 
Sie  haben  einen  gewissen  Schein  und  Anstrich  von  quellen- 
mäsziger  Darstellung  an  sich.    Da  sind  ja  Zahlenbelege,  da  ist 


Vertheidigung  der  Landesscluile  Pforte.  211 

bis  in  die  gröszlen  Einzellieiten  eingegangen,  bis  in  die  Berciüing  und 
Verteilung  des  Eierkuchens  bei  den  Scbülerniablzeiten,  da  ist  selbst 
das  Paradigma  eines  alldeutschen  Adjectivums  (freilich  faiscli)  abge- 
druckt. Aber  das  alles  ist  eben  nur  ein  leerer  Schein,  eitel  Flitter- 
staat und  Katzengold.  Der  Verfasser  hat  weder  durch  eigne  An- 
schauung und  Prüfung  an  Ort  und  Stelle  über  die  Unterrichts-  und 
Erziehungsweise  der  Anstalt  oder  über  die  angeblichen  Uebelstande, 
die  er  aufzudecken  vermeint,  sich  ins  klare  zu  setzen  versucht,  noch 
hat  er  aus  Schulschriften  oder  irgend  andern  authentischen  Ak- 
tenstücken wenigstens  ein  einigermaszen  haltbares  Fundament  rich- 
tiger Thatsachen  für  seine  Behauptungen  zu  gewinnen  für  der  Mühe 
werth  gehalten.  Diese  Thatsachen  hoffe  ich  im  Verlauf  dieser  Ent- 
gegnung durch  Darlegung  der  zahlreichen  Irtümer  und  Unwahrheiten, 
die  der  Berliner  Laie  sich  hat  zu  Schulden  kommen  lassen,  ins  hellste 
Licht  zu  setzen. 

Was  er  vorbringt  hat  er  nur  von  Hörensagen;  es  sind  Mit- 
teilungen oder  hingeworfne  Aeuszerungen  von  ehemaligen  Schülern 
der  Landesschule  Pforte,  insbesondere  seines  Sohnes  oder  auch  be- 
liebiger andrer  Personen,  Aeuszerungen  die  er  aufgreift,  als  anerkannte 
Thatsachen  ohne  weiteres  hinstellt  und  in  seiner  Weise  verarbeitet. 
Die  Frage,  ob  denn  solche  Aeuszerungen  und  Mitteilungen  auch  wirk- 
lich den  Werth  anerkannter  Thatsachen  haben,  liegt  seiner  historischen 
Darstellung  fern.  Er  hiilte  sich  zum  mindesten  sagen  müszen,  dasz 
Aussagen  ehemaliger  Schüler  über  die  Schule,  auf  der  sie  gebildet 
sind,  zwar  gewis  nicht  ohne  Bedeutung  für  die  Charakteristik  derselben, 
dasz  sie  aber  fast  immer  parteiisch  gefärbt  sind,  dasz  sie  entschieden 
abhängen  von  den  subjectiven  Erlebnissen  und  Stimmungen  jedes  ein- 
zelnen Schülers  wärend  seiner  Schulzeit.  Jeder  sieht  unbewust  die 
Schule,  die  ihn  gebildet,  durch  die  Brille  seiner  Jugenderinnerungen 
an.  Die  einen  bewahren  ihr  ein  dankbares  und  freundliches  Andenken, 
was  zum  Beispiel  nach  meiner  und  Andrer  Erfahrung  bei  der  überwie- 
genden Mehrzahl  der  Pförtner  Schüler  der  Fall  ist,  und  kommen  leicht 
dazu  manche  Einrichtungen  derselben  vielleicht  in  zu  rosigem  Lichte 
anzusehn.  Andre  und  insbesondere  solche,  deren  Entwicklung  auf  einer 
Anstalt  keine  gedeihliche  gewesen  ist,  schieben  aber  auch  nur  zu  be- 
reitwillig ihre  eignen  Fehler  und  Schwächen  den  Einrichtungen  der 
Schule  und  den  Lehrern  in  den  Schuh,  Und  dasz  gar  manche  Eltern 
nur  zu  leicht  geneigt  sind  hierin  ihren  Söhnen  beizustimmen ,  statt 
sich  gewissenhaft  zu  fragen,  was  sie  von  vorn  herein  in  der  häuslichen 
Erziehung  ihrer  Kinder  verfehlt  haben,  das  ist  eine  Erfahrung,  die 
wenigen  Schulmännern  erspart  bleibt. 

So  viel  ist  also  sicher,  gelegentliche  Aeuszerungen  ehemaliger 
Schüler  oder  andrer,  selbst  hochgestellter  Personen  sind  an  und  für 
sich  allein  noch  keine  authentische  Quellen,  aus  denen  man  eine  sichere 
Kenntnis  von  dem  Organismus  einer  Schule  schöpfen  kann. 

Der  Einwurf  aber,  dasz  dem  Verfasser  der  Bemerkungen,  weiland 
Vater  eines  Zöglings  der  Landesschule,  die  Mittel  und  Wege  sich  eine 

14* 


212  Vertheidigung  der  Landesschule  Pforte. 

gründliche  Kenntnis  von  den  Einrichtungen  der  Anstalt  zu  erwerben, 
vielleicht  nicht  zu  Gebote  gestanden  hätten,  kann  gar  nicht  erhoben 
Vk'erden.  Zahlreiche  Fremde  besuchen  Jahr  aus  Jahr  ein  die  Pforte. 
Jedem  Besucher  steht  es  frei  sich  durch  den  Augenschein  von  dem  täg- 
lichen Leben  und  Treiben  der  Schüler  in  allen  seinen  Akten  und  Er- 
scheinungen überall  zu  überzeugen;  jedem  dem  es  ernstlich  darum  zu 
thun  ist,  wird  die  Gelegenheit  geboten  sich  aus  Scluilschriften  und 
Aktenstücken  eine  genaue  Kenntnis  von  den  Einrichtungen  der  Schule 
zu  verschalTen.  Selbst  Ausländern  gegenüber  ist  dieses  Verfahren 
ohne  Vorbehalt  in  älterer  wie  in  neuerer  Zeit  beobachtet  worden. 

Der  Berliner  Laie  hat  also  nicht  g  e  th  an,  was  er  thun  konnte 
und  thun  muste,  um  die  Landesschule  Pforte  kennen  zu  lernen. 
Er  hat  es  vorgezogen,  was  er  von  Hörensagen  wüste,  ohne  irgend  eine 
Prüfung  der  angegebnen  Art  mit  der  schon  bezeichneten  Kennermiene 
erst  vor  die  Behörden  zu  bringen,  und  nun,  da  diese  Maszregel  bis 
jetzt  wenigstens  ohne  Erfolg  geblieben  ist,  mit  seinen  Aufdeckungen 
und  Anschuldigungen  vor  die  0  e  f  fen  t  li  ch  kei  t  zu  treten. 

Was  würde  man  wol  von  einem  Staatsanwalt  sagen,  der  eine  An- 
klage vor  einen  Gerichtshof  brächte  lediglich  auf  Grund  von  Aeuszerun- 
gen,  die  er  von  Hörensagen  hat,  ohne  durch  ein  Verhör  des  Angeklagten 
eine  Grundlage  sichrer  Thatsachcn  festzustellen?  Das  aber  konnte 
dem  Berliner  Laien  doch  nicht  entgehn,  dasz  blosze  Behauptungen  vor 
einer  Behörde  oder  vor  einem  wissenschaftlich  gebildeten  Publicum, 
wie  die  Leser  der  Berliner  Blätter  für  Schule  und  Erziehung,  eben  so 
wenig  Beweise  sind  wie  vor  einem  Gerichtshof,  dasz  auf  dem  Gebiete 
der  Pädagogik  sowol  für  Laien  als  für  Schulmänner  dieselben  Beweis- 
regeln gelten  wie  auf  jedem  andern  Gebiet. 

Ich  folge  nun  dem  Verfasser  der  Bemerkungen  Schritt  vor  Schrift 
bei  seinem  Geschäft  des  Aufdeckens  von  Uebelsländen. 

Zuerst  spricht  er  von  den  Andachts  Übungen  der  Pförtner 
Alumnen.  Er  sagt:  '^ich  halte  die  in  der  Anstalt  übliche  Weise  der 
Gottesverehrung  für  nachteilig  und  mit  dem  wesentlichen  Grund- 
satze, dasz  Gott  im  Geist  und  in  der  Wahrheit  anzubeten  sei,  für  un- 
vereinbar.' Er  erzählt  dann  den  Lesern  der  BtM-liner  Blätter,  dasz  die 
Schüler  der  Anstalt  nicht  blos  Sonntags  die  Kirche  besuchen  und  sich 
Morgens  und  Abends  zum  gemeinsamen  Gebet  vereinigen,  sondern  dasz 
auch  vor  und  nach  den  Mahlzeiten  gebetet  wird.  Darüber  gerät  er  in 
Aufregung,  wie  eine  Anzahl  von  Ausrufungen  und  rhetorischen  Fragen 
bezeugen.  Er  meint  bei  so  gehäuften  gottesdienstlichen  Uebungen 
würde  das  Beten  und  Singen  zur  leeren  Form,  was  er  durch  angeb- 
liche Aeuszerungen  eines  hochgestellten  Beamten  und  eines  jungen 
Mannes,  der  die  Landesschule  früher  besucht,  bekräftigt,  und  findet  es 
unverantwortlich,  dasz  die  Lehrer  ihre  '^Zöglinge  gewöhnen,  das 
Gebet  in  solcher  Weise  zu  entheiligen,  Gott  Jahr  ein 
Jahr  aus  täglich  zu  wiederholten  Malen  zu  belügen.'  Bei 
solchen  Beschuldigungen  kommt  es  ihm  gar  nicht  in  den  Sinn  sich  ein- 
mal die  Frage  zu  stellen,  ob  nicht  in  dem  Gemüt  der  von  ihm  citierlen 


Verlhcidiguiig  der  Landcsschule  Pforle.  213 

ehemaligen  Schülor  mögliclierweise  die  Schuld  zu  suchen  ist,  wenn 
wirklich  asi  ihnen  Gebet  und  Gottesdienst  spurlos  vorübergegangen 
sind.  31it  jener  K  r  i  tik  los  i  g  k  ei  t,  die  sich  durch  das  ganze  Schrift- 
stück hinzieht,  setzt  er  Verirrungen  und  Vergeluingen  einzelner  Schuler 
und  allgemeine  Schäden  oder  Uebelstände  in  den  Schuleinrichtungen 
als  ganz  gleichbedeutende  BegrilTe  an.  Es  kommt  ihm  gar  nicht  einmal 
das  Bedenken,  ob  nicht  die  Weise  der  Gottesverehrung  in  den  regel- 
mäszigen  Andachtsübungeu  der  Landesschule,  Andachtsübungen  die  er 
aus  eigner  Hrfahrung  und  Ansciiiiuung  gar  nicht  kennt,  in  den  Gemütern 
vieler  Schüler  auch  gutes  wirken.  Er  behauptet  mit  einer  von  keinem 
Zweifel  getrübten  Sicherheit,  die  man  sich  versucht  fühlen  könnte  mit 
einem  stärkern  Ausdruck  zu  benennen,  dasz  nicht  etwa  einzelne  unter 
den  Schülern,  sondern  dasz  "^die  Zöglinge'  der  Anstalt,  das  heiszt 
die  Gesamtheit  derselben,  täglich  zu  wiederholten  Malen  das  'Ge- 
bet entheiligen'  und  "^Gott  belügen',  und  dasz  die  Lehrer  sie 
dazu  gewöhnen.  Ich  nehme  zu  Gunsten  des  Berliner  Laien  an,  dasz  er 
sich  der  Tragweife  seiner  hier  ausgesprochnen  Beschuldigungen  nicht 
klar  geworden  ist.  Aber  man  höre  weiter.  Was  schlagt  er  nun  als 
Kadicalheilmittel  vor?  Er  sagt  'man  versammle  die  Zöglinge  nur  Mor- 
gens und  Abends  zum  Beten  des  Vaterunsers  oder  eines  andern  kerni- 
gen Gebets  und  erhebe  die  Feier  durch  einen  kurzen  Gesang.  Er  will 
also  insbesondere  alle  Tischgebete  abschaffen.  Wenn  das  ge- 
schehen ist,  so  holTt  er  dasz  die  Schüler  ihre  Gedanken  bei  den  An- 
dachtsübungen auf  Gott  richten  würden.  Dieses  einfache  Mittel  zur 
Erweckung  des  religiösen  Sinns  unter  den  Schülern  wäre  also  den 
Lehrern  bis  jetzt  ganz  entgangen?  In  der  That,  da  müste  ja  die  vis 
inveteratae  consuetudinis  ihrem  Urteil  nicht  blos  Abbruch  gethan,  son- 
dern es  auch  gänzlich  verdunkelt  haben.  Nun  man  denke  sich  einen 
Schüler,  der  bisher  den  Andachtsübungen  teilnahmlos  und  gedankenlos 
beigewohnt  hat  in  der  Art  wie  allem  Anschein  nach  der  oben  citierte 
junge  Mann,  und  frage  sich  ob  ein  solcher  durch  den  Wegfall  der 
Tischgebete  fortan  bei  den  übrigen  Gebeten  und  dem  Sonntagsgoltes- 
dienst  andächtig  gestimmt  werden  wird.  Aber  selbst  wenn  das  bei 
einem  solchen  Schiller  der  Fall  wäre  oder  sein  könnte,  so  würde  das 
auch  nicht  im  entferntesten  die  Schluszfolgerung  bedingen,  dasz  für 
die  Gesamtheit  der  Schüler  jedes  Tischgebet  abzuschaffen  sei.  Der 
Verfasser  der  Bemerkungen  schein! ,  indem  er  die  Tischgebete  zu 
den  abzuschaiTenden  üeb  eis  t  an  den  der  Landesschule  Pforte  rechnet, 
selbst  über  die  einfache  Tiiatsache  nicht  unterrichtet  zu  sein,  dasz  ja 
das  Tischgebet  eine  ganz  allgemeine  fromme  Sitte  christlicher  Erzie- 
hungsanstalten ist.  Auszerdem  empfiehlt  er  nun  aber  zur  Hebung  des 
religiösen  Sinns  den  Schülern  'wieder  und  wieder  zu  sagen,  dasz  ge- 
dankenloses Beten  sündlich  und  eine  Verspottung  Gottes 
ist'.  Hier  verwechselt  er  wieder  wesentlich  verschiedue 
Begriffe,  indem  er  eine  aus  menschlicher  Schwachheit  entstandne 
Unterlassungssünde,  den  Mangel  an  Andacht  beim  Gottesdienst,  der 
positiven  aus  Bosheit  des  Herzens  entsprungnen  Sünde,  der  Verspottung 


214  Vertheidiguiie'  der  Landesschule  Pforte 


ö""6 


Gottes,  der  Gotteslästerung  gleichsetzt.  Es  ist  wol  nicht  zu  befürchten, 
dasz  ein  Lehrer  oder  Erzieher  darauf  verfallen  wird  mit  einer  solchen 
Begriffsverwirrung  vor  seine  Schüler  zu  treten.  Aber  auch  abgesehn 
von  dieser,  welcher  Keligionslehrer  wird  glauben  die  Andacht  seiner 
Schüler  beim  Gebet  dadurch  zu  heben,  wenn  er  ihnen  fort  und  fort 
wiederholt,  dasz  gedankenloses  Beten  Sünde  sei?  Das  wiire  gerade  so 
wirksam  als  wenn  man  ,  um  der  Jugend  Liebe  zu  den  Wissenschaften 
einzuflöszen,  ihr  wieder  und  wieder  vorsprechen  wollte,  dasz  gelehrte 
Pedanterie  unnütz  sei,  oder  um  ihren  Sinn  für  die  Natur  zu  wecken, 
ihr  häufig  vorerzählte,  dasz  süszliche  Naturschwärmerei  widerwär- 
tig sei. 

Was  nun  aber  die  schwierige  Frage  anbetrüTt,  welches  Masz 
von  Andachtsübungen  für  die  Gemüter  einer  Jugend  wie  die  Pförtner 
ist  das  richtige  und  heilsame  sei,  so  bin  ich  weit  entfernt  sie  hier  lösen 
zu  wollen.    Nicht  des  Gegners  halber,  den  ich  hier  bekämpfe,  sondern 
der  Schulmänner  halber,  welche  diese  Blätter  lesen,  erlaube  ich  mir 
hier  noch   einige  kurze  Bemerkungen   über  den   Gegenstand.     Gewis 
wird  niemand  behaupten  wollen,  dasz  bei  jedem  Gottesdienst  stets  alle 
Mitglieder  einer  Gemeinde   sich  vom  Anfang  bis  zu  Endo  desselben  in 
einer  gleichmäszig  gehobnen  wirklich  andächtigen  Stimmung  befinden, 
dasz  nicht  gewöhnlich   sich   auch   solche  Gemeindemitglieder  finden, 
welche  zum  Teil  wenigstens  ohne  gespannte  Teilnahme,  ja  selbst  ge- 
dankenlos dem  Gottesdienst  beiwohnen.    Wenn  nun  dieselben  Erschei- 
nungen sich  auch   unter  der  Pförtner  Jugend  zeigen,  die  ja  wie  jede 
andre   doch   erst  zur   Gottesfurcht  und  Wissenschaft  erzogen  werden 
soll,  so  wird  das  wol  keinen  Einsichtigen  irgend  befremden,  und  eben- 
so wenig  wird  jemand  glauben,  dasz  es  erst  des  f  rei  en  B  li  ck  s  eines 
auszerhalb  der  Anstalt  stehenden  bedurft  habe,   um  den  Lehrern  über 
diese  Thatsache  die  Augen    zu  öffnen.    Dasz  dieselben  mit  der  Frage, 
wie  Gottesdienst   und  Andachtsübungen   für  die  Schüler  der  Landes- 
schule immer  fruchtbarer  zu  machen  seien  und  welches  Ivlasz  derselben 
heilsam  sei,  seit  einer  Beihe  von  Jahren  wieder  und  wieder  sich  ange- 
legentlich beschäftigt  haben,  das  läszt  sich  aus  Protokollen  und  ähn- 
lichen Aktenstücken  jedem    zur  Evidenz    nachweisen.     Diese  Ueber- 
legungen  haben  in  neuerer  Zeit  dahin  geführt,  den  Besuch  des  Nach- 
mittagsgottesdienstes dem  freien  Willen  der  Schüler  anheimzustelln. 
Dasz   aber  Leiter  und  Lehrer  der  Anstalt  sich  nur  mit  der  gröszten 
Vorsicht  dazu  entschlieszen ,  an  den  althergebrachten  mit  dem  Leben 
der  Anstalt   zum  Teil   seit  Jahrhunderten   verwachsenen  Weisen  der 
Andachtsübungen  zu  ändern,  an  jener  aus  der  Beformationszeit  stam- 
menden christlichen  Ei  n  fa  s  su  ng  des  täglichen  Lebens  der  Schü- 
ler, wie  ein  auszerhalb  der  Anstalt  stehender  Kenner  es  einmal  be- 
zeichnet hat,    der   das    vom   Verfasser   der  Bemerkungen  für  sich  in 
Anspruch  genommene  freie  Urteil  Überdieselbe  wirklich  besitzt, 
das  wird  wol  niemandem  unbegreiflich  erscheinen,  der  weisz  dasz  im 
Leben  der  Schulen  wie  der  Familien  und  der  Völker  alte  feste  Tradi- 
tionen ein  Schatz   sind,   den   man  nicht  leichtfertig  über  Bord  wirft, 


Vertheidiffiing  dor  Laudesscliulo  Pfoilc.  215 


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am  wonigsten  nur  billige   und  liolilo  Ucdcwcndiingen  eines  beliebigen 
Luien  hin. 

Noch  nnisz  ich  in  Belren"  der  Andachtsübungen  einen  Irlum  des 
Verfassers  der  Bemerkungen  hervorheben.     Er   bildet   sich   ein,   die 
Lehrer  selbst  seien  in  BelrelF  der  Ausdehnung  derselben  nicht  einver- 
standen; sonst  würden  sie  ja  bei  ihren  E.xlraneern,  das  lieiszt  Schülern 
die  bei  ihnen  in  Wohnung  und  Kost  sind,  eben  so  häufige  gottesdienst- 
liche Uebungen  anstellen  müszen,  wie  sie  im  Alumnate   üblich  sind. 
Diese  Schluszfolgerung  kann  bei  dem  Leser  die  Vorstellung  erwecken, 
als  sei  der  Scharfblick    des  Berliner  Laien  sogar   bis  in  den 
Schosz  der  Lehr  er  f  a  mi  lien,  ja  bis  in  die  Herzen  der  Lehrer 
gedrungen.     Und  doch  geht  dieselbe  von  einer  ganz  irrigen  Voraus- 
setzung aus,   die  einen  Beleg  dafür  gibt,  wie  es  mit  seiner  Kenntnis 
der  Pförtner  Zustande  steht.    Er  weisz  nicht,  dasz  die  genannten  Ex- 
Iraneer  an    den  regelmaszigen  Andachtsübungen    vollkommen   ebenso 
Teil  nehmen  wie  die  Alumnen,  mit  Ausnahme  des  gemeinsamen  Tisch- 
gebets, und  zwar  das  letztere  aus  dem  sehr  einfachen  Grunde,  weil  sie 
nicht  mit  den  Alumnen  zusammen  essen,  sondern  bei   ihren   Tutoren. 
Was  aber  in  den  Familien   derselben  Sitte  ist,   davon  öffentlich 
zu  reden  habe  ich  kein  Recht,  glaube  sogar,  dasz  ich  mir  eine  Unge- 
bürlichkeit  zu  Schulden  kommen  lassen  würde,  wenn  ich  es  thäte. 
Ich  wende  mich   nun   zweitens  zu  denjenigen  von   dem  Laien 
der   Berliner  Blätter   aufgedeckten   socialen   Uebelständen    der 
Landesschule,  die  derselbe  unter  dem  Titel  Pennalismus  zusammen- 
faszt.     Er   sagt:   dasz   der   Pennalismus    sich  in  der   Anstalt   geltend 
macht,    wird  —  erweislich  von    den  Leitern    derselben   aner- 
kannt.   Anerkannt  ist  von  denselben  n  u  r  so  viel,  dasz  die  Neigung 
zum  Pennalismus  und  die  Gefahr  desselben  in  allen  Pension aten 
vorhanden  ist,   dasz  bei  den  eigentümlichen  Einrichtungen  einer  so 
in  sich  abgeschlossnen  Anstalt  wie  die  Landesschule  Pforte  diese  Ge- 
fahr vielleicht  noch  näher  liegt  als  auf  manchen  andern  Anstalten,  wo 
das  Zusammenleben  der  Schüler  nicht  so  eng  und  dauernd  ist  und  nicht 
so  ausschlieszlich  innerhalb  des  Kreises  der  Schulinteressen   verläuft 
und  sich  gestallet.     Der  sogenannte  Pennalismus  ist  eine  Aeuszerung 
der  Selbstsucht  im  Schülerleben,  die  eine  Ueberlegenheit  irgend  welcher 
Art  wie  gröszre  Körperkraft,   vorgeschrittnere  geistige  Entwicklung, 
reifres  Alter  oder  Vorzüge  der  auszern  Stellung  zur  Bedrückung  und 
Beeinträchtigung  Schwächrer  misbraucht.  Wer  sich  klar  geworden  ist, 
wie  vielfach  auch  im  Zusammenleben  Ervvachsner  diese  Form  der  Selbst- 
sucht auftritt,  wie  oft  einzelne  ihre  höhre  Stellung,  ConneL^ionen,  Reich- 
tum  und  andre  Vorzüge  zur  Beeinträchtigung  tiefer  stehender  anwen- 
den,  der  wird  sich  wahrlich  nicht  wundern,  dasz  diese  selbstsüchtige 
Neigung  auch  unter  unerzognen  Knaben  oder  Jünglingen  immer  wieder 
sich  geltend   zu   machen   strebt.     Braucht  es  nun  wol   erst   der  Auf- 
deckungen eines  Berliner  Laien,   um  Behörden  oder  einem  lesenden 
Publicum  von  Schulmännern  die  Augen  darüber  zu  öffnen,  dasz  das 
auch  in  Pforte  vorkommt?   Die  Leiter  und  Lehrer  der  Anstalt  sind  nun 


216  Verlheidigung  der  Landesschule  Pforte. 

aber  in  der  Lage  aktenmäszig  für  jeden ,  der  nicht  blind  ist  oder  es 
sein  will,  beweisen  zu  können,  dasz  sie  jene  Neigung  zum  Pennalis- 
mus nicht  nur  mit  ununterbrochner  Aufmerksamkeit  bekämpft  haben, 
sondern  dasz  dieselbe  auch  seit  einer  Reihe  von  Jahren  entschieden 
im  Abnehmen  begriffen  ist. 

Weiter  zweifelt  der  Verfasser  der  Bemerkungen  zwar,  ob  es  über- 
haupt rathsam  sei  einem  Schüler  die  Rechte  eines  Vorgesetzten  über 
den  andern  einzuräumen:  eine  Einrichtung  die  bekanntlich  nicht  blos 
auf  Erziehungsanstalten,  sondern  auch  auf  andern  Schulen  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  besteht;  aber  er  verwirft  das  Princip  doch  nicht  ge- 
radezu und  unbedingt.  Es  ist  deshalb  auch  nicht  nötig  hier  auseinan- 
derzusetzen, wie  dasselbe  in  den  Einrichtungen  der  Landesschule  Pforte 
gestaltet  ist. 

Er  greift  aber  nun  insbesondere  das  Strafrocht  an,  das  den 
obern  Schülern  in  Pforte  den  untern  gegenüber  eingeräumt  sei.    Doch 
über  die  Grenzen  und  die  Ausübung  dieses  Strafrechls  ist  er  gänz- 
lich im  unklaren.    Erstens  irrt  er,  wenn  er  angibt,  dieses  Straf- 
recht sei  den  Obern  oder   den  Primanern   überhaupt  eingeräumt.     Es 
steht  vielmehr  nur  fünfzehn  auserlesnen  Primanern  zu,  den  sogenannten 
Inspectoren,  die  mit  der  Aufrechlhallung  der  Ordnung  in  bestimm- 
ten Grenzen  betraut  sind  und  innerhalb  derselben  die  Stellung  von  Vor- 
gesetzten zu  ihren  Stubengenossen    wie  zu   dem    ganzen  Coetus  der 
Alumnen  einnehmen.    Die  Erwägung  dasz  man  diesen  Inspectoren,  um 
eine  gesetzmäszige  Autorität  zu  wahren,  bis  zu  einem  gewissen  Grade, 
auch  gesetzliche  Mittel  zu  ihrer  Aufrechthaltnng  an  die  Hand  geben 
müsze,  weil  sie  sonst  leicht  in  Versuchung  kommen  zu  diesem  Zweck 
das  Faustrecht  zu  brauchen,  diese  Erwägung  hat  olTenbar  schon  vor 
Alters  dazu  geführt  ihnen  eine  Art  von  Strafrecht  einzuräumen.    Diese 
Strafge*walt  ist  nun  aber    auf   ganz    enge  Grenzen    kleiner  Ord- 
nungsstrafen beschränkt.     Der  Inspector  kann  dem  gegen  die  Haus- 
ordnung fehlenden   Schüler   der   untern    Klassen  höchstens    aufgeben 
zehn  Verse  zu  lernen  oder  für  einen  Tag  das  Holen  des  Trinkwassers 
für  die  Bewohner  einer  Stube  zu  übernehmen.     Weiter  geht  seine  ge- 
setzliche Befugnis  nicht.     Dabei  steht   denn   für  jeden  einzelnen  Fall 
dem  betreffenden  Untern  frei,  wenn  er   die  vom  Inspector  verhängte 
Ordnungsstrafe  nicht  für  gerechtfertigt  hält,  an  den  aufsichtführenden 
Lehrer  zu  appellieren.     Irrig  ist  es,  wenn  der  Verfasser  glaubt, 
dasz  sich  dazu  schwerlich  einer  entschlieszen  werde.    Es  ist  zur  Evi- 
denz nachweisbar,  dasz  das  vielfach  geschieht  und  dasz  die  betreffende 
Strafe  cassiert  wird,  sobald  sich  herausstellt  dasz  sie  ohne  ausreichen- 
den Grund  verhängt  ist.     Es  ist  ferner  eine  gänzliche  Entstellung 
des  Sachverhalts,  wenn  der  Berliner  Laie  es  so  darstellt,  als  wenn 
die  Ausübung   der  Strafgewalt  seilen  der  Inspectoren  so  gehandhabt 
würde,  dasz  jede  leiseste  Abweichung  von  der  Regel  und  Hausordnung, 
wie   geringe  Verspätungen,  Sprechen  zur  unrechten  Zeit,  Nichtmit- 
singen  beim  gemeinsamen  Gesang  und  ähnliches  dem  Schüler  der  un- 
tern Klasse  auch  sofort  jedesmal  eine  Strafe  von  Seiten  des  Inspectors 


Verlheidiguiig  der  Landesscliule  Pforto.  217 

zuzöge.  Wenn  nachweislich  aus  Strafbücherti  der  Beweis  geführt  wer- 
den kann,  dasz  die  Zahl  der  sämtlichen  Inspcctorenslrafen  in  einer 
Woche  sich  jetzt  diirchschnitllich  nicht  über  zehn  erhebt,  oft  diese 
Zahl  nicht  erreicht,  so  sieht  jeder  einsichtige,  was  von  jener  Ueber- 
treibung  zu  halten  ist.  Es  niüste  denn  jemand  glauben,  man  könne 
andcrthalbhundert  frische  und  lebendige  junge  Seelen  so  nach  der 
Schablone  dressieren,  dasz  sie  sich  zusammen  durchschnilllich  nicht 
mehr  als  zehn  solcher  kleinen  Unregelmäszigkeiten  und  Ueberlre- 
tungen  der  Hausordnung  wärend  einer  Woche  zu  Schulden  kommen 
lieszen. 

Irrig  ist  ferner,  wenn  der  Verfasser  der  Bemerkungen  es  als  ein 
regelmäsziges  Strafverfahren  darstellt,  dasz  Secundanern  bei  grobem 
Verstöszen  gegen  die  Gesetze  der  Anstalt  von  dem  Collegium  der  In- 
spectoren  das  Auswendiglernen  von  50  Homerversen  zudicliert  werde. 
Diesem  Mis  verslän  dnis  liegt  folgender  Sachverhalt  zu  Grunde.  Es 
ist  in  einzelnen  Fällen  ,  wo  die  Inspectoren  eine  grobe  Ungesetzlich- 
keit eines  Secundaners  wahrgenommen  hatten  und  demselben  die  förm- 
liche Anzeige  bei  einem  Lehrer  ersparen  wollten,  vorgekommen,  dasz 
sie  ihn  aufforderten  sich  einer  der  oben  erwähnten  ähnlichen  Strafe 
von  ihrer  Seite  freiwillig  zu  unterwerfen.  Die  Strafe  ist  also  in  die- 
sem Fall  als  eine  Art  Compromisz  aufzufassen,  dem  sich  der  betreffende 
nach  freier  Enlschlieszung  unterwerfen  kann  oder  nicht.  Will  er  es 
nicht,  so  wird  die  Sache  im  Wege  Rechtens  weiter  verfolgt,  das  heiszt 
vor  das  Lehrercollegium  gebracht.  Jenen  a  usz  erge  wöh  n  I  ich  en 
Compromisz  zwischen  Schülern  hat  der  Berichterstatter  der 
Berliner  Blätter  in  seiner  verworrnen  Weise  mit  einem  feststehenden 
gesetzmäszigen  Verfahren  verwechselt. 

Als  abschreckendes  Beispiel,  wie  in  Folge  jener  selbständigen 
Strafgewalt  der  Kastengeist  sich  ausgebildet  habe,  führt  er  ferner 
an,  die  Teilnahme  eines  Secundaners  an  Vergnügungen  der  Primaner 
oder  Tertianer  und  vice  versa  sei  unbedingt  ausgeschlossen.  Wer  nun 
das  liest,  meint,  er  kenne  das  aus  eigner  Anschauung,  und  doch  hat 
er  sich  blos  etwas  aufbinden  lassen.  Hätte  er  auch  nur  einen 
Blick  in  den  Schulgarten  der  Landesschule  geworfen,  wenn  derselbe 
in  Frühlings-  oder  Sommertagen  von  den  Schülern  belebt  ist,  so  hätte 
ihm  der  Augenschein  zeigen  müszen,  wie  am  Turngerät  und  bei  ge- 
meinsamen Spielen  die  Schüler  sich  ohne  Unterschied  der  Klassen 
unter  einander  mischen.  Da  der  Berliner  Laie  weiter  keinen  Beleg  für 
seinen  angeblichen  Kastengeist  vorbringt  als  jene  irrige  Behaup- 
tung, so  bin  ich  nicht  verbunden  näher  darauf  einzugehn ,  inwiefern 
eine  Sonderung  des  Verkehrs  der  Schüler  nach  den  Abstufungen  der 
geistigen  Entwicklung  und  der  körperlichen  Reife  wie  der  gemein- 
samen Interessen  und  Lebensthätigkeiten  bis  zu  einem  gewissen  Grad 
sich  notwendig  entwickeln  musz  und  für  eine  geschlossne  Erziehungs-? 
anstalt  mehr  als  eine  höchst  heilsame  Seite  hat.  Dabei  ist  auffallend, 
dasz  gerade  jener  Verfasser  diese  Abstufungen  unter  dem  abgedrosch^ 
nen  Titel  Kastengeist  unter  seine  Enthüllungen  aufnimmt,  der  in  sei- 


218  Vertheidigung  der  Landesschule  Pforte. 

nem  Artikel  ein  recht  ausgeprägtes  Bewustsein  von  dem  Unterschied 
gebildeter  Stände  und  niederer  Stände  verrät. 

Weiter  wird  nun  aufgedeckt,  wie  die  Tertianer  in  Pforte  zu 
gewissen  Dienstleistungen  verpflichtet  seien,  für  welche  in  den 
gebildeten  Ständen  die  Dienstboten  bestimmt  sind. 

Insbesondere  ist  es  die  Verpflichtung  der  Untern  für  die  Bewohner 
ihrer  Stube  das  nötige  Trinkwasser  von  der  Quelle  zu  holen,  die 
er  allenfalls  für  Kinder  der  niedern  Stände  noch  gelten  lassen  will, 
aber  für  Söhne  gebildeter  Eltern  mit  sichtlicher  Entrüstung  ver- 
urteilt. Statt  nun  hier  seinen  rhetorischen  Wendungen  zu  folgen,  will 
ich  die  Sache,  wie  sie  wirklich  ist,  kurz  darlegen.  Für  die  Bewohner 
jeder  Schülerstube  holen  in  Pforte  wie  auf  ähnlichen  Anstalten  die 
Unter-  und  Obertertianer,  die  auf  derselben  wohnen,  das  nötige  Trink- 
wasser in  Krügen  aus  einer  sehr  stark  strömenden  Quelle  unmittelbar 
am  Schulhause,  so  dasz  Weg  und  Aufenthalt  dabei  ganz  gering  sind. 
Es  sind  durchschnittlich  ein  Drittel  bis  die  Hälfte  der  Bewohner  einer 
Stube  bei  diesem  Geschäft  beteiligt  und  wechseln  nach  einem  bestimm- 
ten Turnus.  Sie  holen  also  das  Wasser  nicht  für  die  Primaner  wie 
Dienstboten  für  die  Herschaft,  sondern  sie  holen  es  auch  für  sich,  für 
ihre  Klassengenossen,  für  die  Schüler  der  nächst  höhern  Klassen.  Jeder 
der  von  dem  Wasser  trinkt,  hat  es  in  der  Regel  früher  auch  eine  Zeit 
lang  für  sich  und  andre  aus  der  Quelle  geschöpft.  Nicht  um  6  Uhr  im 
Winter,  wie  der  Verfasser  falsch  angibt,  sondern  um  7  Uhr  wird  zum 
erstenmal  Wasser  geholt,  und,  was  er  nicht  weisz  oder  wissen  will, 
sobald  einigermaszen  kältere  Witterung  eintritt,  werden  die  Schü- 
ler überhaupt  vom  Wasserholen  entbunden  und  Aufwärter  treten  für 
sie  ein. 

Einen  sittlichen  und  pädagogischen  Grund  gegen  dieses 
Wasserholen  durch  Schüler  bringt  nun  aber  der  Berliner  Laie  gar 
nicht  vor.  Denn  wenn  wirklich  ein  Kind  gebildeter  Eltern  unter  ge- 
gebnen Verhältnissen  zu  einem  gemeinsamen  guten  Zweck  eine  ehr- 
liche Arbeit  thut,  die  brave  Dienstboten  auch  verrichten,  so  folgt  ja 
daraus  noch  nicht  im  entferntesten,  dasz  das  schlecht  oder  schädlich 
sei,  dasz  das  gebildete  Kind  oder  die  gebildeten  Eltern  dadurch  herab- 
gewürdigt würden.  Arbeit  schändet  niemand,  das  alte  Sprüchwort 
gilt  auch  liier.  Noch  niemand  iiat  vvol  den  Einfall  gehabt,  dasz  es  des 
Königs  Rock  und  das  Bewustsein  des  Soldaten  herabsetze,  wenn  er  für 
sich  und  seine  Kameraden  Wasser  trägt,  Holz  spaltet,  Suppe  kocht 
oder  nach  Umständen  Stiefel  versohlt  und  Hosen  flickt.  Auch  glaube 
ich  so  viel  aus  Erfahrung  zu  wissen,  dasz  zum  Beispiel  in  zahlreichen 
echt  gebildeten  Pastorenfamilien,  Familien  aus  denen  sich  die  Landes- 
schule seit  Jahrhunderten  rekrutiert,  der  Sohn  oder  die  Tochter  vom 
Hause  sich  nicht  schämt  für  die  Familie  einen  Krug  Trinkwasser  von 
der  Quelle  zu  holen.  Auch  ist  es  doch  im  Princip  schwerlich  zu  ver- 
werfen ,  wenn  Schüler  gewöhnt  werden  für  manche  ihrer  Bedürfnisse 
selber  zu  sorgen,  nicht  erst  immer  nach  dem  Bedienten  zu  klingeln, 
den  ihnen  das  spätere  Leben  vielfach  doch  nicht  stellen  wird.    Man 


Veitheidigung  der  Landessciuile  Pforte.  219 

kann  auch  nicht  verwerflich  finden,  dasz  ein  Schüler,  der  sich  zwei 
Jahre  lang  beim  Holen  des  Trinkwassers  für  sich  und  seine  Stuben- 
genossen beteiligt  hat,  dann  von  dieser  Verpflichtung  befreit  wird. 
Die  Befürchtung  aber,  dasz  durch  das  Wasserliolen  dem  Schüler  von 
vorn  herein  der  Aufenthalt  auf  der  Anstalt  verleidet  würde,  musz  ich 
so  als  allgemeinen  Satz  ausgesprochen  auf  Grund  augenfälliger  That- 
sachen  für  durchaus  hypochondrisch  ansehn.  Freilich  gebe  ich  zu, 
dasz  ein  verwöhnter  und  verzärtelter  Knabe,  der  im  elferlichen  Hause 
gewohnt  war  den  Bedienten  in  Atliem  zu  setzen,  es  zuerst  nicht  ange- 
nehm finden  wird,  wenn  er  in  Pforte  wie  seine  Mitschüler  mit  dem 
Krug  zur  Quelle  gehn  soll.  Aber  auch  solchen  Knaben  hilft,  wenn 
sonst  nur  ein  tüchtiger  Kern  oder  gesunder  Mutterwitz  in  ihnen  ist, 
die  Elasticität  der  Jugend  sehr  bald  über  den  ersten  sentimentalen 
Schmerz  hinweg,  und  man  kann  sie  heiter  und  guter  Dinge  mit  ihres- 
gleichen sich  an  der  Quelle  tummeln  sehn. 

Wenn  der  Verfasser  der  Bemerkungen  es  bei  der  vorliegenden 
Frage  endlich  den  Lehrern  vorrückt,  dasz  sie  doch  die  Extraneer  vom 
VVasserhoIen  eximierten,  so  zeigt  das  wieder  seine  ganze  Unkennt- 
nis der  Verhältnisse.  Dasz  Schüler,  die  bei  Lehrern  wohnen,  zu  einer 
Verpflichtung  Wasser  zu  holen  nicht  herangezogen  werden  können, 
die  für  Alumnen  lediglich  aus  dem  Zusammenwohnen  einer  gröszern 
Anzahl  derselben  auf  je  einer  Stube  entspringt,  das  liegt  doch  auf 
der  Hand. 

Unter  den  Dien stleistungen  der  Tertianer  führt  der  Laie 
der  Berliner  Blätter  ferner  an,  dasz  sie  den  Primanern  beim  Ver- 
lassen des  Speisesaals  Serviette,  .Messer,  Gabel,  Brot 
usw.  auf  das  Zimmer  nachtragen  muszen.  Dagegen  ist  ein- 
fach zu  sagen  ,  dasz  fast  kein  Wort  an  diesem  Gerede  richtig 
ist.  Weder  Serviette  noch  Messer  und  Gabel  werden  nach  der  Mahl- 
zeit auf  die  Zimmer  getragen  (es  müste  denn  sein  dasz  die  Servietten 
gewechselt  werden)  ,  noch  gibt  es  eine  gesetzliche  Verpflichtung  für 
die  Untern  den  Primanern  Brot  nachzutragen,  und  das  'usw.',  das  sich 
hier  in  den  Worten  des  Verfassers  findet,  hat  wol  in  der  That  nur  den 
Sinn  'und  anderes,  was  ich  nicht  weisz'.  Ueberhaupt  aber  ist  es  un- 
richtig, dasz  die  Schüler  der  untern  Klassen  den  Primanern  persönliche 
Dienste  irgend  welcher  Art  zu^leisten  verpflichtet  seien. 

Hieran  schlieszt  sich  nun  die  Aufdeckung  der  3Iisbräuche, 
welcher  sich  die  Schüler  bei  den  Mahlzeiten  'altherkömmlich  und 
unbekämpft'  schuldig  machen  sollen.  Dasz  in  einer  Gemeinde  von 
180  Schülern  bei  den  Mahlzeiten  Ungehörigkeiten  und  Uebergriffe  der 
Obern  vorkommen  können,  nun  dazu  gehörte  wol  nicht  gerade  das 
Argusauge  eines  auszerhalb  der  Anstalt  stehenden  Kritikers  mit  freiem 
Blick,  um  das  zu  entdecken.  Wenn  er  aber  sagt,  dasz  sich  die  Schüler 
solcher  Misbräuche  'unbekämpft'  schuldig  machten,  so  werde  ich 
weiter  unten  noch  eine  Anzahl  andrer  Beispiele  beibringen,  die  zeigen, 
wie  er  mit  der  Miene  des  Biedermanns  Beschuldigungen  gegen 
die  Lehrer  der  Landesschule  vor  die  Behörden  und  vor  das  Publicum 


220  Vertheidigung  der  Landesschule  Pforte. 

bringt,  ohne  dasz  er  auch  nur  eine  Ahnungvon  einem  Beweise 
beizubringen  vermöchte.  Gegen  solche  ans  der  Luft  gegrilTne  Behaup- 
tungen ist  es  Zeitverschwendung  und  Papiervergeudung  einen  Gegen- 
beweis antreten  zu  wollen,  so  leicht  der  auch  zu  führen  wäre. 

Als  den  hauptsächlichsten  und  ganz  allgemeinen  Misbrauch  stellt 
unser  Kritiker  es  nun  hin,  die  Primaner  bevorzugten  bei  der 
Verteilung  der  Speisen  sich  in  Bezug  auf  Quantität  und  Quali- 
tät in  so  ungebürlicher  Weise,  dasz  die  Jüngern  darunter  in  einer 
nicht  zu  entschuldigenden  Weise  litten.  Dies  ist  nun  eben  so  sicher 
eine  arge  Uebertreibung,  als  es  bare,  nackte  Unwahrheit 
ist,  wenn  er  behauptet,  eine  solche  Ungebürlichkeit  würde  von  den 
Lehrern  nicht  bekämpft,  wo  sie  ihnen  entgegentritt.  Man  kann  die 
Uebertriebenheit  jener  Behauptung  aber  nicht  anders  mit  sinnenfälliger 
Sicherheit  beweisen,  als  wenn  derjenige,  der  sich  eine  Ansicht  von 
der  Sache  verschaffen  will,  sich  wiederholt  mit  in  den  Speisesaal  der 
Alumnen  begibt  und  dort  mit  eignen  Augen  sieht.  Der  Enthüller  der 
Pförtner  Uebelstände  weisz  natürlich  auch  in  dieser  Hinsicht  ni  chts 
aus  eigner  Prüfung,  sondern  spricht  nach,  was  ihm  vorge- 
sagt worden  ist.  Bei  der  in  Rede  stehenden  Sache  darf  übrigens 
nicht  übersehn  werden,  dasz  ein  neunzehnjähriger  junger  Mensch  zum 
Leben  mehr  Speise  braucht  als  ein  zwölf-  bis  dreizehnjähriger  Knabe 
und  insofern  auch  dem  Primaner  ein  etwas  gröszres  Masz  von  Speisen 
zukommt  als  dem  Untern. 

Als  Beweis  dafür,  dasz  dem  entdeckten  Misbrauch  durch  die 
Schuleinrichtungeu  förmlich  Vorschub  geschehe,  führt  der 
Entdecker  zweierlei  an.  Erstens  nemlich  werde  für  die  Primaner  der 
Eierkuchen  gröszer  und  von  beszrer  Qualität  gebacken  als  für  die 
übrigen  Schüler.  Mancher  Leser  wird  vielleicht  lächeln,  dasz  ich  mich 
auch  bis  in  die  Bereitung  des  Eierkuchens  zu  verliefen  anfange.  Aber 
das  hilft  nichts;  ich  habe  es  nun  einmal  hier  mit  einem  Gegner  zu 
thun,  auf  den  kein  Verlasz  ist,  dem  man  immer  ganz  genau  auf 
die  Finger  sehn  musz,  eben  weil  er  sich  vor  dem  Publicum  wie  ein 
Sachkenner  geberdet.  Die  Sache  verhält  sich  also  folgender- 
maszen.  Neben  der  gewöhnlichen  Art  des  Eierkuchens,  die  der  Oeko- 
nom  zu  liefern  verpflichtet  ist,  läszt  derselbe  herkömmlicherweise  aus 
gutem  Willen  noch  eine  Anzahl  Eierkuchen  von  etwas  beszrer  Qualität 
backen,  so  weit  es  die  Zeit  erlaubt.  Diese  werden  dann  so  verteilt, 
dasz  immer  an  je  drei  Tischen  alle  Schüler,  auch  die  untern,  davon 
bekommen,  an  den  andern  Tischen  nur  die  Primaner.  Dabei  ist  es 
denn  eine  ganz  allgemeine  Sitte,  dasz  die  Primaner  von  ihren  Eier- 
kuchen einen  Teil  an  Untere  spenden,  namentl.ich  die  sogenannten 
Obergesellen  an  die  Untergesellen.  Das  ist  das  wahre  an  der  obigen 
Enthüllung  und  ich  glaube  hiermit  die  Eierkuchenfrage  auf  sich  beruhn 
lassen  zu  können. 

Zweitens  entdeckt  der  Berliner  Laie,  dasz  jährlich  am  18n  October 
die  Tertianer  als  solche  vom  Genusz  des  Bratens  ausgeschlos- 
sen bleiben.    Auch  diese  Sache  ist  halb  und  verdreht  darge- 


Verlheidig^ung  der  Landesscliiilc  Pforte.  221 

stellt.  Sie  verhalt  sicli  folgciulermaszen.  Es  wird  iirspriinglicli  am 
lln,  jetzt  am  I811  October,  den  Schülern  ein  besonders  reichliches 
Mittagsmahl  gereicht,  so  dasz  dasselbe  auch  ohne  den  Braten  vollkom- 
men ztir  Sättigung  ausreicht.  Am  Schlusz  erscheint  eine  gebratne 
Gans,  <5ine  für  den  Tisch  von  zwölf  Personen,  und  zwar  eine  sach- 
sische, keine  pommersche,  was  dem  Kenner  dieGewisheit  geben  wird, 
dasz  dieselbe  nur  ein  Gericht  des  Nachtisches  sein  kann.  Das  ist  nun 
die  althergebrachte  M  a  r  ti  nsga  ns,  und  an  diese  knüpft  sich  unter 
den  Schülern  ein  Scherz.  Nemlich  nur  derjenige  Untre  erhalt  ein 
Stück  von  derselben,  der  die  Gans  in  einem  Gedicht  ansingt  oder  ein 
paar  Knittelverse  ähnlichen  Inlialts  zu  Papier  bringt.  Das  geschieht 
denn  auch  von  vielen  zur  allseitigen  Erheitrung  der  Tischgenossen, 
nnd  ich  besitze  selber  eine  kleine  Sammlung  solcher  lokaler  Volks- 
gedichte, in  denen  natürlich  die  Gänse  des  Capitols  eine  bedeutende 
Rolle  spielen.  Sollte  nun  ein  solcher  Martinsscherz,  wie  sie  ja  in 
guter  alfer  Zeit  so  üblich  waren  im  lieben  deutschen  Vaterland,  ein 
Scherz  an  den  sich  mancher  alte  Pförtner  noch  in  späten  Tagen  mit 
Vergnügen  erinnert,  wirklich  keine  Gnade  finden  vor  den  Augen  der 
höheren  pädagogischen  Kritik?  Ich  frage  jeden  Lehrer  und  Erzieher, 
der  es  gern  sieht,  wenn  seine  Jugend  fröhlich  und  guter  Dinge  ist,  ob 
er  jNeigung  hat  gegen  diesen  Scherz  mit  dem  Gesetzcodex  bewaffnet 
zu  intervenieren,  ob  er  die  arme  Martinsgans  nach  mathemalisch-ana- 
tomischen Principien  in  zwölf  Teile  zerteilen  und  jedem  ein  paar  Bissen 
zuwägen  will.  Selbst  der  Berliner  Kritiker,  der,  wie  wir  weiter  unten 
sehn  werden,  ja  auch  ein  mitfühlendes  Herz  für  die  Freuden  und  das 
Glück  der  Jugend  hat,  wird  das  wol  nicht  eigentlich  wollen.  Er  hat 
nur  wieder  nicht  gewust,  wie  die  Sache  sich  verhalte. 

Ich  komme  nun  zu  dem  dritten  Hauptübelstand,  den  der 
Verfasser  der  Bemerkungen  aufzudecken  meint,  die  Ueberbürdung 
der  Pförtner  Alumnen  mit  Unterricht  und  häuslicher 
Arbeit. 

Er  findet  diese  Ueberbürdung  erstens  darin,  dasz  die  Alumnen 
mit  Ausnahme  des  Mittwochs,  Sonnabends,  Sonntags,  des  Studientags 
in  jeder  Woche  und  der  Sommertage,  an  denen  sie  zum  Baden  geführt 
werden,  11  Stunden  täglich  mit  Unterrichtsstunden  und  Anfertigung 
häuslicher  Arbeiten  beschäftigt  seien.  Hier  ist  nun  erstens  die  Zahl 
unrichtig,  insofern  nach  Abzug  der  Zwischenpausen  an  den  be- 
treffenden Tagen  nur  9  Stunden  für  jene  Beschäftigungen  bleiben. 
Zweitens  auch  9  Stunden  Unterricht  und  Arbeit  findet  im  Winter  durch- 
schnittlich nur  an  drei,  im  Sommer  durchschnittlich  nur  an  zwei  Tagen 
der  Woche  statt,  an  der  groszen  Mehrzahl  von  Tagen  übersteigt  die 
gesamte  Unterrichts-  und  Arbeitszeit  nicht  8  Stunden.  Drittens  fallen 
in  diese  Zeit  auch  Schreibstunden,  Zeichenstunden,  Singstunden  und 
Tanzstunden.  Kein  besonnener  aber  wird  diese  Uebungen  in  den  Künsten 
auf  eine  Linie  stellen  mit  den  wissenschaftlichen  Unterrichtsstunden 
und  den  Arbeitsstunden,  für  die  eine  angespannte  Geistesanstrengung, 
eine  eigentliche  Kopfarbeit  gefordert  wird.     Wenn  zum  Beispiel  ein 


222  Vertheidigung  der  Landesschule  Pforte. 

Schüler  mehrere  Stunden  mit  solcher  Geistesarbeit  beschäftigt  gewesen 
ist  und  er  tanzt  dann  eine  Stunde,  so  ist  das  für  den  Knaben  oder  Jüng- 
ling keine  Beschwerde,  sondern  eine  Erholung  von  der  Arbeit.  Und 
ähnliches  gilt  von  den  Kunstübungeri  des  Singens  und  des  Zeichnens. 
Wie  käme  es  wol  sonst,  dasz  Tausende  von  arbeitsamen  Menschen 
gerade  in  der  Kunstübung  Erholung-  und  Erquickung  von  angestrengter 
Arbeit  finden? 

Es  ergibt  sich  also,  dasz  die  Pförtner  Alumnen  durchschnitt- 
lich nicht  mehr  Stunden  täglich  sich  mit  ihren  wissenschaftlichen 
Arbeiten  zu  beschäftigen  angehalten  sind,  als  f leiszige  S  ch  üler 
andrer  Gymnasien  auf  dieselben  zu  verwenden  pflegen.  Das  Trei- 
ben fauler  Schüler  andrer  Anstalten  wird  man  aber  nicht  als  Maszstab 
für  die  Einrichtungen  der  Landesschule  Pforte  anlegen  wollen. 

Insbesondere  tadelt  der  Berliner  Kritiker,  dasz  die  Pförtner  Schü- 
ler auch  an  Sonntagen  nicht  nur  Vormittags,  sondern  selbst  Nach- 
mittags würend  mehrerer  Stunden  bes  chä  ftigt  wären.  Gewis  ist  das 
der  Fall.  Aber  er  weis  z  nichts  davon,  dasz  die  Schüler  nicht 
genötigt  sind  diese  Stunden  auf  Schularbeiten  zu  ver- 
wenden, dasz  es  ihnen  vielmehr  ausdrücklich  gestattet  ist  in  den- 
selben Briefe  zu  schreiben,  deutsche  Unterhaltungsbücher  zu  lesen,  zu 
zeichnen  und  ähnliche  Beschäftigungen  vorzunehmen.  Welcher  ver- 
ständige Vater  würde  nicht  seinen  Sohn,  den  er  am  Sonntag  müszig 
oder  träumend  herumstehn  sieht,  dazu  anhalten  zu  einem  nützlichen 
Buch  zu  greifen,  einen  Brief  zu  schreiben  oder  irgend  eine  Kunstübung 
vorzunehmen,  ja  auch,  wenn  es  nötig  ist,  zu  studieren?  Gewis  also 
kann  es  keine  Erziehungsanstalt  verantworten,  ihre  Schüler  den  ganzen 
Sonntag  lang  mit  Ausnahme  des  Gottesdienstes  nichtsthuend  und  gaffend 
herumlungern  zu  lassen,  eingedenk  des  Spruchs,  dasz  Müsziggai^g 
aller  Laster  Anfang  ist.  Sie  hat  vielmehr  die  unabweisbare  Pflicht 
auch  Sonntags  ihre  Schüler  zu  irgend  welcher  nützlichen  Beschäf- 
tigung zu  veranlassen.  Soll  das  aber  bei  180  Schülern,  die  in  15  Stuben 
wohnen,  erreicht  werden,  so  ist  es  schlechterdings  notwendig,  dasz  zu 
gewissen  Stunden  des  Tags  sich  jeder  in  seiner  Stube  auf  seinem  Platz 
still  verhalte,  da  sonst  nur  zu  leicht  einer  den  andern  in  seiner  ruhigen 
Beschäftigung  stören  würde.  Ueberdies  erhalten  nun  aber  diese  Stun- 
den des  Sonntags  Nachmittags  vielfache  Abwechslung  durch  weitre 
Spaziergänge  unter  Führung  von  Lehrern,  durch  musikalische  Unter- 
haltungen, durch  Vorlesungen  der  Lehrer,  an  denen  entweder  alle  oder 
ein  Teil  der  Schüler  teilnehmen. 

Statt  sich  nun  über  diese  Einrichtungen,  bevor  er  mit  seinen 
Enthüllungen  vor  die  Behörden  und  vor  die  0  ef f en tlichkei  t 
trat,  aufklären  und  belehren  zu  lassen,  zieht  der  Berliner  Laie 
es  vor,  der  Anstalt  den  Vorwurf  zu  machen,  sie  lasse  den  Knaben 
undJünglingen  das  Glück  der  Jugend  und  die  Freuden 
derselben  nicht  in  demMasze  zuteil  werden,  als  es  mit 
dem  Zweck  ihrer  moralischen  und  intellectuellen  Bildung  vereinbar  sei. 
Auch  für  diesen  Vorwurf  bringt  er  nicht   den  Schatten  eines 


Vcrtlieidignng  der  Landesschule  Pforte.  223 

Beweises.  Ich  möchte  wol  wissen,  von  welcher  Lehranstalt  der 
Welt  man  das  nicht  sagen  kann,  wenn  es  blos  darauf  ankommt 
frisch  darauf  los  zu  behaupten.  Vor  den  Lesern  dieses  Blattes 
darf  ich  wol  hinweisen  auf  die  'Mehrzahl  der  ehemaligen  Pförtner 
Schüler,  welche  der  Landesschule  nach  unzweifelhaften  Anzeichen  ein 
freundliches  und  dankbares  Andenken  bewahren,  sicherlich  nicht  weil 
sie  meinen,  dasz  ihnen  das  Glück  und  die  Freude  der  Jugend  auf  der- 
selben verkümmert  worden  wäre.  Ich  darf  ferner  die  Thatsache  an- 
führen, dasz  die  Anstalt  bemüht  ist  auch  auszer  den  täglichen  Spielen 
und  Turnübungen  im  Schulgarten  durch  Vergnügungen,  wie  Schlitt- 
schuhlaufen, gemeinsame  Spaziergänge,  Turnfahrten,  Sängerfahrten, 
Schwimmfahrteii,  Feuerwerk,  Tanz  im  Freien  wie  in  geschlossenem 
Raum,  Concerten,  Theateraufführungen,  dramatischen  und  litterarischen 
Vorlesungen,  Vorstellungen  reisender  Künstler  u.  a,,  Abwechslung  und 
Annehmlichkeit  in  das  Leben  ihrer  Schüler  zu  bringen.  Ich  sage  be- 
müht ist;  denn  so  wenig  ein  Wirth  im  Stande  ist  eine  grosze  Gesell- 
schaft, die  er  eingeladen  hat,  er  mag  ihr  bieten  vvas  er  will,  wirklich 
zu  vergnügen,  wenn  sie  nicht  selbst  die  Stimmung  dazu  mitbringt  und 
das  beste  dazu  thut,  ebenso  wenig  kann  eine  Schule,  indem  sie  ihren 
Zöglingen  die  Gelegenheit  zu  jugendlichen  Vergnügungen  bietet,  er- 
reichen dasz  jeder  nun  nolens  volens  auch  wirklich  fröhlich  ist.  Indes 
ein  Blick  auf  das  frische  und  bewegte  Treiben  der  Pförtner  Jugend, 
wenn  sie  an  Sommerabenden  sich  im  Schulgarten  tummelt,  würde, 
glaube  ich,  jeden  unbefangnen  von  der  Unrichtigkeit  des  obigen  Vor- 
wurfs überzeugen.  Eine  Erfahrung  musz  ich  endlich  noch  gegen  den- 
selben geltend  machen,  dasz  nemlich  gar  nicht  selten  Kinder  aus  so- 
genannten guten  Häusern  in  groszen  Städten  gerade  dadurch  zum  Teil 
um  das  Glück  ihrer  Jugend  gebracht  werden,  dasz  man  sie  aus  eiller 
Vornehmthuerei  abschlieszt  von  dem  frischen  und  gesunden  Verkehr 
mit  Altersgenossen,  weil  deren  Eltern  vielleicht  nicht  so  hochgestellt 
sind,  dasz  man  sie  durch  den  ausschliesztichen  Umgang  mit  Erwachs- 
nen  oder  einzelnen  wol  dressierten  und  geschniegelten  Musterknaben 
frühzeitig  altklug  macht  und  ihnen  jene  unmittelbare  Empfindungs- 
frische und  Thatkraft  der  gesunden  Knabenseele  benimmt,  in  der  ge- 
rade das  höchste  Glück  und  das  edelste  Kleinod  der  Jugend  liegt. 

Der  Laie  der  Berliner  Blätter  behauptet  ferner,  die  Landesschule 
Pforte  nehme  auf  die  Gesundheit  ihrer  Zöglinge  zu  wenig 
Rücksicht,  indem  ihnen  an  den  Werktagen  in  der  Regel  nur  2  Stun- 
den zur  freien  Disposition  und  Erholung  blieben.  Auch  diese  Beschul- 
digung entbehrt  der  thatsächlichen  Grundlage.  Erstens  ist  die  Zahl 
von  2  Stunden  wie  fast  alle  Zahlenangaben,  die  sich  in 
dem  unzuverlässigen  Schriftstück  fin  den,  fa  Isch.  Auch 
an  den  wenigen  Tagen,  wo  die  Schüler  9  Stunden  mit  Unterricht  und 
Arbeit  beschäftigt  sind,  bleiben  ihnen  jedenfalls  3  Stunden  zur  freien 
Disposition  und  Erholung.  Von  diesen  können  im  Sommer  alle  drei 
zur  Bewegung  im  Freien  verwandt  werden,  im  Winter  wenigstens  2, 
wenn  man  Spazierengehn  im  offnen  Krouzgang  des  Klosters  nicht  als 


224  Vertheidigung  der  Landesschule  Pforte. 

Bewegung  im  Freien  rechnen  will.  An  der  Mehrzahl  von  Tagen  aber, 
die  schon  oben  erwähnt  sind,  ist  der  Erholung  und  Bewegung  im  Freien 
in  verschiedner  Weise  noch  mehr  Zeit  vergönnt.  Diese  Zeit  aber  zu 
Spielen,  Turnübungen  und  Spaziergängen  in  einer  anmutigen  Berg- 
gegend verwandt  ist  nach  ärztlichem  Gutachten  für  die  Erhaltung  und 
Förderung  der  leiblichen  Gesundheit  ausreichend.  Dasz  aber  im  Gan- 
zen eine  körperlich  gesunde  und  kräftige  Jugend  in  Pforte  erzogen 
wird,  dafür  bietet  die  verhältnismäszig  grosze  Zahl  derjenigen  älteren 
Schüler  einen  Beleg,  die  jährlich  von  der  Militärcommission  zu  Naum- 
burg zum  Soldatendienst  für  tauglich  befunden  werden.  So  standen 
zum  Beispiel  bei  der  Mobilmachung  des  Jahrs  1851  sechzehn  Abitu- 
rienten bereit  der  Fahne  des  Königs  zu  folgen.  Dasz  diese  Jugend 
keine  schwächliche  und  kränkliche  ist,  davon  kann  sich  jeder  über- 
zeugen, der  einmal  ihren  Turnübungen  beiwohnen  will,  die  der  Ber- 
liner Laie  natürlich  ebenso  wenig  kennt  wie  die  übrigen 
Einrichtungen  der  Landesschule. 

Die  angebliche  Ueberbürdung  der  Alumnen  mit  Arbeit  sucht  der- 
selbe nun  durch  die  fernere  Behauptung  zu  stützen,  dasz  das  Lehr- 
pensum der  Landesschule  das  gesetzmäszige  Masz  derAn- 
forderungen  der  Gymnasien  überschreite.  Dagegen  braucht 
man  nur  zu  bemerken,  dasz  ja  jährlich  der  Lehrplan  der  Schule  mit 
genauer  Angabe  der  Pensen  der  einzelnen  Klassen  der  Behörde  vorge- 
legt wird,  die  also  gewis  nicht  unterlassen  haben  würde  solche  Ueber- 
schreitungen  zu  rügen,  wenn  sie  stattgefunden  hätten,  dasz  ferner  bei 
auszerordentlichen  Revisionen  der  Anstalt  durch  Mitglieder  der  Be- 
hörden, so  viel  mir  bekannt  geworden  ist,  niemals  ein  solches  Ueber- 
masz  wahrgenommen  worden  ist.  Der  auszerhalb  der  Anstalt  stehende 
Laie  mit  dem  freien  Blick  unternimmt  es  auch  über  diesen  Uebelstand 
den  Behörden  ein  Licht  aufzustecken. 

Hierbei  behauptet  er  denn,  einzelne  Lehrer  der  Anstalt  hätten  ihm 
gesagt,  es  werde  in  Pforte  ein  gründlicheres  Wissen  verlangt 
als  auf  andern  Schulen ,  die  Lehrer  derselben  müsten  also  der  Ansicht 
sein,  dasz  die  andern  preuszischen  Gymnasien  in  der  wissen- 
schaftlichen Ausbildung  ihrer  Zöglinge  hinter  dem  erforderlichen  Masz 
von  Gründlichkeit  zurückbleiben.  Durch  diese  Redewendun- 
gen sind  nun  einzelne  oder  alle  Lehrer  der  Anstalt  in  das  nachteilige 
Licht  gestellt,  als  ob  sie  in  eitler  Selbstüberhebung  über  andere  Gym- 
nasien urteilten,  die  sie  doch  zum  Teil  gar  nicht  kennen.  Ich  habe 
Grund  zu  vermuten  ,  dasz  diese  Darstellung  und  Auffassung  von  ge- 
wissen Seiten  nicht  ohne  Bereitwilligkeit  aufgenommen  worden  ist. 
Folgendes  ist  nun  aber  der  Thalbestand  von  der  obigen  Behauptung. 
Als  der  Verfasser  der  Bemerkungen  aus  seiner  Kenntnis  einiger  Gym- 
nasien im  Gespräch  mit  einem  Lehrer  der  Landesschule  zu  erweisen 
suchte,  dasz  diese  Anstalt  höhere  Anforderungen  an  ihre  Zög- 
linge stellte  als  andere  Gymnasien,  so  ist  ihm  im  wesentlichen  erwidert 
worden,  das  sei  nicht  begründet;  der  An  seh  ein  davon  könne 
vielleicht  daher  entstanden  sein,  weil  eine  gründlichere  Kenntnis 


Verthcidigung  der  Landcsscluile  Pforte. 


225 


der  alten  Sprachen  in  Pforle  angestrebt  würde  als  auf  manchen 
Anstalten.  Es  gehört  walirlicli  kein  Scharfblick  dazu  um  einzusehn, 
das7,  das  ganz  etwas  andres  ist,  als  was  der  Verfasser  der  Bemerkungen 
vorbringt.  Was  nur  von  einigen  bestimmten  eben  in  Rede  stehen- 
den oder  von  manchen  Anstalten  gesagt  war  und  nur  so  verstanden 
werden  konnte,  generalisiert  er,  als  gelte  es  von  allen:  eine  Be- 
gri  f  fs  V  er  w  e  chs  1  ung,  wie  er  sie  sich  in  seinem  Schriftstück  mehr- 
fach zu  Schulden  kommen  läszt.  Wenn  es  nun  Thatsache  ist,  dasz 
auf  einigen  Gymnasien  die  alten  Sprachen  und  die  mit  ihnen  unmittel- 
bar zusammenhangenden  Unlerriclitsfächer  vorwiegend  gopllegt  wer- 
den, dasz  hingegen  andere  den  neuern  Sprachen  und  Naturwissen- 
schaften ein  weiteres  Feld  einräumen,  so  können  Lehrer  jener  Anstalten 
sicher  sagen  'wir  betreiben  die  alten  Sprachen  gründlicher  als  aiulero 
Schulen'  und  die  Lehrer  dieser  Svir  lehren  die  neuern  Sprachen  und 
die  Naturwissenschaften  eingehender',  ohne  dasz  diese  Aussprüche 
nur  im  entferntesten  den  Sinn  hätten,  die  gemeinten  andern 
Schulen  oder  gar  alle  andern  preuszischen  Gymnasien  blieben 
in  der  wissenschaftlichen  Ausbildung  ihrer  Zöglinge  hinter  dem  er- 
forderlichen M  a  s  z  von  Gründlichkeit  zurück. 

Mit  welcher  Leichtfertigkeit  aber  der  Berliner  Laie  unbe- 
gründete Beschuldigungen  gegen  Leiter  und  Lehrer  der  Landes- 
schule  Pforle  vor  die  Behörde  und  vor  die  OelTentlichkeit  bringt,  dafür 
führe  ich  hier  noch  folgendes  Beispiel  an.  Er  sagt  "^das  Meistern 
anderer  Gymnasien  sei  in  Pforte  in  dem  Grade  Regel, 
dasz  nur  sehr  selten  die  Novizen  (soll  heiszen  'Novitien')  in 
d  e  rsel  b  en  K  I  a  sse  Aufnahme  finden,  der  sie  auf  den  früher  von 
ihnen  besuchten  Gymnasien  angehört  hatten'.  Er  fügt  prophetisch 
hinzu  'die  Statistik  wird  das  nachweisen'.  Die  Statistik? 
Nun  wolan,  hier  ist  sie: 

Uebersicht  über  die  von  Ostern  1S56  bis  Michaelis  1860 
aufgenommenen  Schüler. 


Aufnahme- 
termiu. 


Von  auslänrlischen 
Anstalten,  v.  Eeal- 
sehulen  oder  pri- 
vatim vorbereitet 


Von  inländischen  Gymnasien 
Summa 


g-leicli  hoch 
gesetzt 


tiefer  ge- 
setzt 


O    es 
>    G 


0-S 
O    CS 

>  a 


ä 
S 


Ostern 

Mich. 

Ostern 

Mich. 

Ostern 

Mich. 

Ostern 

Mich. 

Ostern 

Mich, 


1856 
1856 
1857 
1857 
1858 
1858 
1859 
1859 
18r30 
1860 


11 

5 

13 

12 

7 

20 

13 

10 

15 

4 


9 

11 

14 

13 

7 

G 

9 

5 

5 

10 


2 
2 

1 
1 
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17 

— 

3 

27 

— 

2 

25 



2 

16 

1 

— 

28 

— 

1 

22 

— 

— 

16 

1 

— 

21 

— 

1 

16 

— 

3 

2 

3 
2 
2 
1 
1 

1 
1 
3 


110  I        89         I       11       I    210     II     2  I 

Dasz  die  hier  gegebene  Tabelle  zuverlässig  ist,  läszt  sich 
aus  den  Schulakten  nachweisen. 

N.  Jahrb.  f.  Pliil.  u.  P:iil.    II.  Aht.  1S6I.   Hft  5.  15 


14  |ttt 
leichli 


22C  Verthcidigung  der  Landesschule  Pforte. 

Also  von  den  100  seit  Ostern  1856  in  die  La  n  d  osscli  n  I  c 
von  andern  preuszischen  Gymnasien  aiifgenonimnen  Schülern 
sind  89  in  dieselbe  Klasse  gekommen,  in  der  sie  dort  saszen,  und 
wenn  man  auch  noch  den  Unterschied  zwischen  Ober-  und  Unter- 
seounda,  Ober-  und  Untertertia  berücksichtigt,  73. 

Der  Leser  hat  hier  ein  Pröbchen,  mit  welclier  naiven  Leicht- 
gläubigkeit der  auszerhalb  stehende  Gönner  der  Pforte  mit  dem 
freien  Blick,  den  er  sich  beilegt,  beliebiges  Gerede  aufgreift 
und  es  als  Thatsache  den  Behörden  und  dem  Publicum  aufzureden 
versucht,  ohne  zu  ahnen,  dasz  er  sich  hat  etwas  aufbinden  lassen, 
mit  welcher  zuversichtlichen  Dreistigkeit  er  die  Stati- 
stik herausfordert,  ohne  nur  an  die  Möglichkeit  zu  denken, 
dasz  dieselbe  den  Enthüllungen,  mit  denen  er  sich  breit  macht,  ge- 
radezu ins  Gesicht  schlagen  könnte.  Wenn  er  nun  ans  derartigem 
Stoff  Anschuldigungen-  gegen  die  Lehrer  der  Landesschule  dreht 
und  dabei  doch  versichert,  er  habe  nur  das  Interesse  der 
Schule  objectiv  im  Auge,  er  wolle  keine  Misstimmung 
erregen,  so  kann  man  diese  Behauptungen  entweder  nur  als  ora- 
torische  Redewendungen  für  die  Einleitung  seines  Werks  an- 
sehn, oder  man  musz  annehmen  dasz  die  Gemütsstimmungen, 
in  denen  er  dasselbe  schuf,  in  psychologisch  merkwürdiger  Weise 
wechselten. 

Ich  musz  nun  dem  Berliner  Laien  weiter  folgen,  obgleich  ich  es, 
offen  gestanden,  mit  Widerwillen  thue ,  durch  die  Irrgänge  seiner  An- 
deutungen über  die  einzelnen  Unterrichtsgegenstände,  die 
in  Pforte  übertrieben  oder  vernachlässigt  werden  sollen.  Der  Leser 
wolle  sich  vergegenwärtigen,  dasz  derselbe  niemals  einer  Unter- 
richtsstunde auf  der  Landesschule  beigewohnt  hat.  In- 
dessen wir  haben  schon  gesehn,  dasz  ihn  dergleichen  kleine  Bedenken 
bei  seiner  kritischen  Arbeit  nicht  stören. 

Er  beginnt  mit  dem  lateinischen  Unterricht  und  sagt,  ge- 
stützt auf  gewisse  Mitteilungen  eines  frühern  Schülers:  ^den  Schülern 
von  Untersecnnda  ist  im  laufenden  Jahr  in  der  Zeit  von  Ostern  bis  zu 
den  Hundstagsferien,  also  wärend  dreier  Monate,  das  Auswendiglernen 
von  135  lateinischen  und  94  griechischen  Versen  aufgegeben  worden. 
Demnach  werden  sie  im  Lauf  eines  Jahrs  circa  5  00  lateinische  und 
400  griechische  Verse  erlernen  müszen.'  Mit  dieser  ganzen 
Statistik  ist  es  wieder  eitel  Schein  und  Flitter.  Die  Thatsache 
verhält  sich  folgendermaszen.  Es  sind  in  dem  hier  in  Hede  stehenden 
Semester  von  den  Untersecundanern  im  ganzen  132  Ovidverse  und 
94  Homerverse  gelernt  worden,  also  im  ganzen  226  lateinische  und 
griechische  Verse.  Das  macht  also  in  runder  Summe  etwa  fünftehalb- 
hunderl  Verse  für  das  ganze  Jahr.  Das  obige  Mulliplicationsexempel 
des  Berliner  Laien  hat  also  f  ü  nf  teha  Ibh  u  n  der  t  Verse  zuviel 
herausgebracht,  gerade  die  doppelte  Anzahl,  die  wirklich  gelernt 
worden  sind.  Das  ist  ein  neuer  Beleg  dafür,  dasz  die  Zahlen,  die  er 
vorbringt,    nicht  als  Grundsäulen   seiner  Beweisführung  anzusehn 


Vertlieidigung  der  Landesscliiile  Pforte.  227 

sind,  sondern  als  blosze  m  üsz  i  g-e  Seh  nör  ke  1  an  der  Ornamentik 
seines  Werks  für  das  Auge  des  Lesers. 

Er  tadelt  ferner  die  umfassenden  P  r  i  va  t  s  tudi  en  ,  die  man 
in  Pforte  von  dem  Sciiüler  verlange.  Als  Beleg  dafür  führt  er  an,  dasz 
die  Untersecundaner  der  Anstalt  in  jedem  Semester  zehn  Bücher  Ho- 
mer und  die  v  i  e  r  C  a  t  i  1  i  n  a  r  i  s  c  h  e  n  H  e  d  e  n  privatim  zu  über- 
setzen hätten.  Aus  dem  Wort  übersetzen  musz  man  schlieszen, 
der  Verfasser  bildet  sich  ein,  dasz  so  ausführliche  schriftliche 
Ucbcrsetzungen  angefertigt  würden,  oder  er  hat  sich  hier  wieder  ein- 
mal unklar  ausgedrückt.  Angenommen  also  er  wollte  sagen  'für  sich 
lesen',  so  ist  doch  auch  nach  dieser  Auslegung  die  Behauptung  völlig 
irrig.  Weder  gibt  es  eine  Vorschrift,  dasz  in  jedem  Semester  die  vier 
Calilinarischen  Reden,  noch  dasz  in  diesen  Zeitabschnitten  je  10  ßiicher 
Homer  gelesen  werden  müsten.  Ein  Schulmann  würde  sich  auch 
wol  schwerlich  haben  einreden  lassen,  dasz  die  P  ri  va  t  s  t  u  di  en  der 
Schüler  auf  der  Landesschuie  in  eine  solche  ihrem  Sinn  und  Zweck 
völlig  widersprechende  Zwangsjacke  gesteckt  würden.  Das  aber 
bedarf  wol  vor  Sachkennern  keiner  Rechtfertigung,  wenn  ein  Lehrer 
des  Griechischen  in  Untersecunda  seine  Schüler  dazu  anregt  für  sich 
fleiszig  Odyssee  zu  lesen  und  sie  wo  möglich  ganz  durchzulesen, -oder 
wenn  der  Lehrer  des  Lateinischen  ihnen  unter  anderm  auch  die  Cati- 
linarischen  Reden  zur  Privalleclüre  empfiehlt.  Charakteristisch  ist  es, 
dasz  gerade  in  einer  Zeit,  wo  so  entschieden  die  Wiederbelebung  oder 
Förderung  von  Privatstudien  der  Schüler  auf  der  groszen  Mehrzahl  der 
Gymnasien  in  Angriff  genommen  worden  ist,  die  Landesschule  P  forte, 
wo  seit  den  ältesten  Zeiten  unausgesetzt  diese  P  ri  va  ts  t  udien  einen 
wesentlichen  Teil  des  Unterrichts  ausgemacht  haben,  wegen  dieser  vor 
den  Behörden  und  vor  dem  Publicum  von  einem  Laien  unter  Angabe 
falscher  Thatsachen  in  Anklagestand  versetzt  wird.  Auch 
hier  zeigt  sich  wieder  dasz  er  von  der  Sache,  über  die  er  andere  be- 
lehren will,  kein  Verständnis  hat,  wofür  die  Römer  ein  kräftiges,  aber 
sehr  bezeichnendes  Sprichwort  hatten. 

Er  verwirft  nun  ferner  die  Uebungen  in  der  lateinischen  Versi- 
fication.  Gründe  bringt  er  gegen  dieselben  nicht  vor;  das  ist  nun 
einmal  seine  Sache  nicht.  Er  beruft  sich  nur  auf  die  Autorität  von  C. 
G.  Zumpt.  Aber  auch  von  diesem  bringt  er  keinen  misbilligenden 
Ausspruch  gegen  jene  Uebungen  bei,  sondern  versichert  nur,  dasz  die- 
selben in  dessen  Lehrstunden  seinerzeit  nicht  angestellt  wurden.  Aber 
was  beweist  denn  (las?  Bekanntlich  hängt  es  nicht  von  dem  einzelnen 
Lehrer  ab,  ob  er  seinen  Schülern  Anleitung  zur  lateinischen  Versifica- 
tion  geben  will  oder  nicht,  sondern  von  dem  ganzen  Lehrplan  der 
Schule.  Wenn  das  also  auf  einer  Schule  nicht  Sitte  ist,  so  folgt  noch 
gar  nicht  daraus,  dasz  jeder  Lehrer  des  Lateinischen  an  derselben  jfiich 
jene  Uebungen  als  überflüssig  oder  schädlich  ansieht.  Ich  kenne  Leiter 
und  Lehrer  von  Anstalten,  die  bedauern  dasz  dieselben  an  ihren  Schu- 
len nicht  organisiert  sind.  Es  folgt  also  aus  des  Verfassers  Mitteilung 
gar  nicht,  dasz  Zumpt  ein   Gegner  derselben  gewesen  wäre.    Aber 

15* 


228  Vertheidigiing  der  Landcsschiile  Pforte. 


'o 


selbst  zugestanden,  das  wäre  der  Fall  gewesen,  so  lassen  sich  ja  genug 
Autoritäten  und  unter  ihnen  die  Trophäen  der  Fliilologie  in  alter  und 
neuer  Zeil  anführen,  welche  die  Uebungen  in  der  lateinischen  Versi- 
fication  zum  Zweck  einer  tüchtigen  und  lebendigen  Sprach-  und  Lit- 
teraturkennlnis  für  sehr  nützlich  und  wesentlich  halten.  Weslialb  ich 
entschieden  dieser  Ansicht  bin,  brauche  ich  einem  Gegner  gegenüber 
nicht  darzulegen,  der  keinen  Grund  gegen  dieselbe  hat  vor- 
bringen können. 

Weiter   legt   er  nun   seine  bessernde  Hand  an   den  deutschen 
Unterricht.     Demselben  Berichterstalter,   der  ihm  die  falschen  An- 
gaben und  verworrnen  Vorstellungen  über  den  Unterricht  in  den  alten 
Sprachen  beigebracht  hat,  verdankt  er  auch  seine  Aufklärungen  über 
den  deutschen  Unterricht.    Er  sagt:  ^die  Untersecu  n  daner  wer- 
den  in  zwei   wöchentlichen  Stunden   speciell  in  der  Ge- 
schichte der  sechs  deutschen   S  p  r  a  c  h  s  t  ä  m  m  e    und   ihrer 
allmählichen    Entwicklung    unterrichtet    und    erlernen 
die  Unterschiede   derselben  im    einzelnen.'     Jemand,  der 
von  den  sechs  deutschen  Sprachstämmen  auch  nur  eine  dunkle  Ahnung 
hatte,  konnte  sich  so  etwas  unmöglich  aufreden  lassen  oder 
einbilden.     Aber    unser   Berliner  Laie  hälfe  sich  doch  wenigstens 
von  jemand  Balhs  erholen  sollen,  was  die  Erlernung  dieser  sechs 
Spr;ichstämme  und  ihrer  Unterschiede   bis  ins  einzelne  eigentlich  auf 
sich  bat,  was  sie  selbst  dem  Facligelelirlen  für  Mühe  und  Zeit  kostet. 
Was  thut  er   statt  dessen?     Um  ein  Beispiel  zu  geben,  bis  zu 
welcher  S  p  e  c  i  a  I  i  t  ä  t  man  darin  gehe,  s  c  h  r  e  i  b  t  e  r  e  i  n  a  1 1  - 
deutsches  Paradigma  aus  einem  Heft  eines  Seh  ülers  aus 
und  läszt  das  drucken,  das  althochdeutsche  Eigenschaftswort  plinter, 
mittelhochdeutsch  blinder.     Und  das  soll  nun  einen  Beweis  dafür 
abgeben,    dasz    die  Pförtner    Unlcrsecundaner    speciell   die   Ge- 
schichte  der    sechs    deutschen   Sprach  stamme   erlernen 
m  listen.     Wit  demselben  Heclit  könnte  jemand  das  Paradigma  eines 
lateinischen  Adjectivs,  etwa  caecus,  durchdeclinieren  und  darauf 
die  Enthüllung  basieren,   dasz   der  Unterricht  im  La  t  ei  n  isch  en   in 
Pforte  alles  Masz  überschritte.     Jenes  deutsche  Paradigma  ist  also 
kein  Beweisstück  für   die  an  sich  widersinnige  Behaupding,  sondern 
ein  leeres  Schaustück,  wie  die  oben  besprochnen  falschen  Zahlen, 
dazu  bestimmt  seinem  Werk  den  Anstrich  quellenmäszigcr  Forschung 
und  gründlicher  Kenntnis  zu  verleihn,  von  der  es  himmelweit  entfernt 
ist.     Und   wenn   er  nun   noch    jenes   Paradigma   richtig   abge- 
schrieben zum  Druck  befördert  hätte  !   Aber  auch  das  ist  ihm  gänz- 
lich mislungen.     Um   andre  Irtümer  zu  übergehn,  so  decliniert  er 
z.  B.das  allhochdeutsche  Femininum  seines  Paradigma  folgendermaszen: 
*  Nom.        blind  as  statt:    Nom.  blintu 

Gen.         blintiu  „       Gen.    blinlera 

Dat.  blintera  „       Dat.     blinteru 

Acc.         blinteru  „      Acc.    blinta. 

Insirum.  blinta. 


Vcrtlicidiguiig  der  Laiidesscliulo  Fforic.        "  229 

Und  in  dieser  Gestalt  ist  also  das  Ding-  als  Beleg  von  der  Ein- 
sicht des  Verfassers  in  den  dentsclien  Unterricht  der 
Landossciiiilo  erst  der  Schiilbehörde  nnd  dann  dem  wissenschaftlich 
gebildeten  Publicinn  zur  Aiifliliirung  überreicht  worden.  Dasz  ilmi 
nur  bei  dem  Abdruck  des  Paradigma  in  den  Berliner  Blältern,  auch 
derjenige,  dor  die  Hevision  der  Druckbogen  zu  besorgen  hatte,  nicht 
den  Dienst  leisten  konnte,  doch  wenigstens  die  gröbsten  Schnitzer  aus 
demselben  herauszucorrigieren ! 


c' 


?ilit  dem  deutschen  Unterricht,  an  dem  der  Berliner  Laie  sich  in 
dieser  Weise  die  Sporen  zu  verdienen  sucht,  verhalt  es  sich  einfach 
so,  dasz  die  Untersecundaner  insoweit  in  die  mittelhochdeutsche  Gram- 
matik eingofiilirl  werden,  um  in  Obersecunda  und  Prima  das  Nibelungen- 
lied und  andre  auserlesene  Stücke  der  mittelhochdeutschen  Dichtung 
lesen  und  verstebn  zu  können.  Dabei  werden  ihnen  denn  auch  ge- 
legentlich die  sechs  deutschen  Sprachstämme  genannt. 
Auch  wird,  um  ihnen  eine  mittelhochdeutsche  Sprachform  zu  erklaren, 
gelegentlich  auf  eine  vollere  althochdeutsche  hingewiesen,  aus  der  sie 
entstanden  ist,  in  dem  Sinn  wie  etwa  ein  Lehrer  des  Griechischen,  um 
seinen  Schülern  die  abweichende  Accentuation  von  ixovöoov  zu  erklären, 
ihnen  beiläufig  sagen  würde,  dasz  diese  Form  aus  einer  altern  ^ovadcov 
contrahiert  ist.  In  diesem  Sinn  ist  das  allhochdeutsche  Eigenschafts- 
wort plinler  einmal  zur  Veranschaulichung  an  die  Wandtafel  geschrie- 
ben worden,  von  da  in  ein  Schülerheft  übergegangen,  hier  dem  Berliner 
Laien  in  die  Hände  gefallen,  der  es  nun  von  Schnitzern  entstellt  ganz 
unbefangen  als  Beleg  seiner  Einbildung,  dasz  den  Pförtner  Untersecun- 
danern  die  sechs  deutschen  Sprachstämme  gelehrt  würden,  mittelst  des 
Preszbengels  dem  Publicum  vor  die  Augen  führt.  Die  Sache  hat  ihre 
ko  m  i  s  c  h  e  S  ei  te,  aber  auch  ihre  er  n  s  te  ;  sie  zeigt  wieder  einmal 
die  Armseligkeit  des  ganzen  Schriftstücks,  mit  dem  ich  es  hier  zu 
thun  habe. 

Als  Autorität  dafür,  dasz  der  Unterricht  in  altdeutscher  Sprache 
von  den  Gymnasien  auszuschlieszen  sei,  führt  er  '^eine  Anzahl  urteils- 
fähiger' Väter  an.  Da  man  aber  nicht  im  enlferntesten  erfährt,  was 
denn  diese  Väler  eigentlich  für  Gründe  gegen  jenen  Unterricht  ange- 
ben, so  ist  auf  eine  solche  Anfiihrung  väterlicher  Autoritäten  vorläufig 
nichts  zu  geben.  Bekanntlich  ist  in  neurer  Zeit  unter  Schulmännern 
ernstlich  die  Frage  erhoben  worden,  ob  es  nicht  zur  wissenschaftliclicn 
Bildung  einer  vaterländischen  Jugend  notwendig  sei  auf  Gymnasien  so 
viel  von  altdeutscher  Sprache  zu  lehren,  dasz  dieselbe  in  den  Stand 
gesetzt  wird,  von  den  vorzüglichsten  Denkmälern  der  Dichtung  unserer 
Vorfahren  eine  lebendige  Anschauung  zu  gewinnen,  die  sie  weder  aus 
abstracter  Litleraturgeschichte  noch  durch  litterarisches  Aeslhclisieren 
jemals  erlangen  kann.  Die  Symptome  zeigen  sich  bereits,  dasz  diese 
Ansicht  in  nicht  zu  ferner  Zeit  beim  Unterricht  praktisch  zu  allgemeinrer 
Geltung  gelangen  wird. 

Von  dem  Unterricht  in  der  Geographie  sagt  der  Verfasser  der 
Bemerkungen:  Mch  zweifle  nicht,   dasz  die  Abiturienten  in  Pforte  mit 


230  Verlheidiffuti";  der  Landesschiile  Pforte. 


'Gl 


der  Geographie  des  alten  Griechenlands  vollkommen  vertraut  sind, 
glaube  aber  dasz  die  Leh  rer  es  nicht  würden  dara  uf  ankom- 
men lassen  wollen,  dasz  dasAbilurienlenexamen  plötz- 
lich ohne  vorherige  Andeutungen  auf  die  Kenntnis  von  den 
amerikanischen  Fluszgebieten  oder  asiatischen  Höhenzügen  gerichtet 
würde.'  Er  spricht  hier  blos  von  dem  was  er  ^glaubt',  von  dem 
was  die  Lehrer  in  einem  hypothetischen  Falle  Sv ollen  würden*. 
Das  ist  eigentlich  beszer,  als  wenn  er  an  andern  Stellen  die  Miene 
annimmt  als  wüste  er  etwas  zuverlässiges,  und  dann  hinterher 
glänzend  Fiasko  macht.  Man  könnte  also  jenes  Ph  an  lasies  t  ück 
als  unschuldig  bei  Seite  lassen,  wenn  er  dasselbe  nicht  durch  den 
Zusatz  würzte  "^ohne  vorherige  Andeutungen',  wodurch  er  den 
Behörden  und  dem  Publicum  gegenüber  die  Pförtner  Lehrer  in  das 
Licht  stellt,  dasz  sie  sich  dergleichen  unerlaubte  Andeutungen  von 
dem,  was  sie  im  Abiturienfenexamen  examinieren  wollen,  zu  Schul- 
den kommen  lieszen.  Woher  weisz  denn  unser  Kritiker  das  wie- 
der? Hat  er  Beweise  dafür?  Doch  was  frage  ich?  Er  ist  ja  objectiv, 
hat  einen  freien  Blick  und  will  keine  Misstimmung  erregen.  Er  liebt 
nun  einmal  die  Beweise  nicht,  wie  Falstaff,  und  wären  sie 
so  billig  wie  die  Brombeeren. 

Endlich  kommt  er  auf  das  Französische  zu  sprechen,  und  da 
tadelt  er  denn ,  dasz  der  Unterricht  im  Französischen  nach  dem  Lehr- 
plan der  Landesschule  erst  in  Secunda  anfange,  wärend  er  auf  an- 
dern Gymnasien  in  Quinta,  spätstens  Quarta  beginne.    Er  hat  hier,  wie 
das  Sprichwort  sagt,   wol  läuten  gehört,  weisz  aber  doch  wieder 
nicht  recht  wo  die  Glocken   hangen.     Der  französische  Unterricht 
wird  in  Pforte  in   fünf  abgesonderten  Klassen  erteilt.    Jeder  neu  auf- 
genommene Schüler,  der  durch  ein  besondres  Examen  eine  genügende 
Kenntnis  in  den  Anfangsgründen   des  Französischen  nachweist ,  kann 
sofort  in  die  dritte  dieser  Klassen  eintreten.     Für  die  übrigen  Schüler 
beginnt  der  Unterricht  im  Französischen,  wenn  sie  nach  Untersecunda 
versetzt  sind.     Da   sclion   vor  längerer  Zeit  auf  eine  Anfrage  an  die 
competente  Behörde  die  Antwort  erfolgte,  die  französischen  Arbeiten 
der  Pförtner  Abiturienten  ständen  im  Durchschnitt  denen  anderer  Gym- 
nasien nicht  nach,  so  ist  diese  Einrichtung  des  französischen  Unter- 
richts beibehalten   worden,  um   nicht  die  beiden  untern  Klassen  der 
Landesschule  mit  noch  mehr  Arbeiten  zu  überhäufen.     Der  Verfasser 
der  Bemerkungen   findet  nun   den   Unterricht   im  Französischen  nicht 
blos  in  Pforte,   sondern  auch   auf  andern  Gymnasien  ungenü- 
gend;  er  deckt  also   hier  einen  allgemeinen  Uebelstand  auf.    Wenn 
jemand  die  Ansiclit  hat,  dasz  eine  gründlichere,  wissenschaftlichere 
Betreibung  der  französischen  Sprache  eine  bildende  Kraft  für  den  Geist 
der  Jugend  habe,  so  stimme  ich  damit  vollkommen  überein;  ich  weisz 
nur  nicht  recht,  wo  die  Zeit  dazu  hergenommen  werden  soll.    Aber 
von  einer  solchen  Ansicht  ist  in  den  Bemerkungen  des  Berliner  Laien 
nicht  die  Spur  zu  finden.    Er  stellt  in   dieser  Hinsicht  den  Gymnasien 
als  Ziel,  das  sie  anzustreben  haben,  die  Schüler  zu  befähigen,  dasz 


Vcrllieidigung  der  Laiidesscluilo  Pforte.  231 

sie  im  Eisenba  hnwaggon,  im  Hotel,  an  der  table  d'höte 
f  ra  n  zö  si  seh  e  C  on  V  er  sa  li  0  n  m  a  c  li  en  können,  und  er  schildert 
dabei  anschaulich  die  traurige  Lage  eines  jungen  Ulannes,  der  aul  einem 
preuszischen  Gymniisium  gebildet  ist,  die  Geographie  von  Altika  weisz, 
aber  verstummt  sobald  Slie  französische  Unterhaltung  im 
Waggon  beginnt'.  In  ße?,ug  auf  solche  B  o  n  n  e  n  d  res  s  u  r  unsrer 
deutschen  Jugend  in  der  Sprache  uiisers  Erbfeinds  und  die  ganze 
Einpauker  ei  derselben  für  bestimmte  praktische  Zwecke,  die 
zuletzt  im  money  making  gipfeln,  wüste  ich  nichts  beszres  zu  thun  als 
die  treiriichen  ^Vorte  eines  bewährten  Schulmanns,  des  Director 
Axt  in  Kreuznach,  die  mir  aus  E  il  e  rs  Wandrungen  durchs  Leben 
bekannt  geworden  sind,  als  den  vollständigen  Ausdruck  meiner  Ueber- 
zeugung  hier  anzuführen.  Er  sagt:  ''das  Palladium  der  deutsciien 
Eigentümlichkeit,  Ehre  und  Selbständigkeit  beruht  wesentlich  auf  den 
deutschen  Gymnasien.  Hier  ist  es,  wo  vorzugsweise  als  in  dem  ent- 
scheidenden eindrucksfähigen  Lebensalter  das  Salz  des  Volks  bereitet 
wird.  Hier  ist  vorzugsweise  die  Geburtstätte  des  Geistes,  der  fort 
und  fort  alle  Schichten  der  Nation  bewahrend ,  läuternd  und  erhebend 
durchdrang  und  durchdringt.  Dieser  Geist  ist  kein  andrer  als  der  Geist 
der  Wahrheit,  der  uninteressierten  Wahrheit.  In  solchem 
Geiste  musz  auch  jede  andere  Schule  wirken,  in  welcher  Art  auch 
immer  sie  die  Zeit  verlangen  mag.  Wehe  unsrem  Vaterland,  wenn 
man  ihr  das  Zugeständnis  macht  Anstalten  zu  gründen,  wo  bereits  die 
harmlose  Jugend  unmittelbar  auf  Schein  und  rasche  Praxis 
dressiert,  wo  ihr  die  engherzigste,  herzloseste  Selbstsucht  ein- 
geimpft wird.  Je  mehr  solche  Dämonen  heute  herumspuken ,  um  so 
eifriger  gilt  es  zu  wachen  ,  dasz  sie  fern  gehalten  werden.' 

Ich  bin  am  Ziel,  nachdem  ich  dem  Verfasser  der  Bemerkungen 
auf  Schritt  und  Tritt  durch  Dickicht  und  Dornen  auf  seinen  haltlosen 
Entdeckungsreisen  und  Irrfahrten  gefolgt  bin. 

Er  wünscht  schlieszlich  seinen  Aufsatz  dem  Urteil  unbefangner 
und  sachkundiger  Männer  unterzubreiten.  Aus  demselben  Wunsch  ist 
diese  meine  Beleuchtung  seiner  Arbeit  hervorgegangen,  und  ich  wage 
zu  hoffen,  dasz  sachkundige  Männer  dieselbe  im  richtigen  Licht  ansehn 
werden.    In  diesem  einen  Punkt  stimmen  wir  also  überein. 

Aber  ich  kann  von  dem  Berliner  Laien  noch  nicht  lassen  ,  ohne 
schlieszlich  das  Facit  zu  ziehn  von  der  langen  Hechnung,  die  ich 
ihm  leider  habe  aufs  Kerbholz  schreiben  müszen. 

Der  Verfasser  der  Bemerkungen  also,  der  in  der  Rolle  eines 
Reformators  der  Landesschule  mit  der  Maske  der  Ken- 
nerschaft erst  vor  die  höchste  Schulbehörde,  dann  vor  das 
Publicum  der  Lehrer  und  Erzieher  getreten  ist,  kennt  den 
Gegenstand,  über  den  er  andere  belehren  will,  die  Einrichtungen 
der  Anstalt,  nicht  aus  eigner  Anschauung  und  Prüfung.  Er 
spricht  nur  nach  was  er  von  Hörensagen  hat  und  verwechselt 
durchgehends  Aussagen  seiner  Berichterstatter  und 
ThatsacUen.     Bei   dieser    naturwüchsigen   Kritiklosigkeit  ist 


232  Vertheidigiing  der  Landesschule  Pforte. 

es  erklärlich,  dasz  er  halllos  von  einem  Irlum  in  den  andern 
verfällt,  dasz  er  bare,  nackte  Unwahrheiten  sagt,  ohne  zu  ahnen, 
dasz  das  gerade  Gegenteil  ihm  auf  die  leichteste  Weise  hand- 
greiflich und  urkundlich  nachgewiesen  werden  kann,  dasz  er, 
selbst  wo  seine  Aussagen  an  Thatsachen  anknüpfen,  diese  doch  bis 
zur  Unkenntlichkeit  übertrieben  und  entstellt  zu  Papier  bringt. 
Er  nimmt  ein  freies  Urteil  für  sich  in  Anspruch.  Aber  sein 
Urteil  zeigt  sich  nur  frei  von  der  Sorge  um  die  Begründung 
seiner  Behauplungen ,  frei  von  den  sonst  geltenden  Regeln  der  Be- 
weisführung und  Schluszfolgerung. 

Er  behauptet  nur  das  objective  In  t  er  esse  der  Landesschule 
Pforte  vor  Augen  zu  haben;  aber  er  trägt  kein  Bedenken  eine  ganze 
Anzahl  von  völlig  unerwiesnen  Beschuldigungen  gegen 
Leiter  und  Lehrer  der  Anstalt  dreist  und  leichtfertig  erst 
vor  die  höchste  Schulbehörde  zu  bringen,  und  nachdem  die  Nichtigkeit 
derselben  an  dieser  Stelle  nachgewiesen  ist,  vor  dem  Publicum  aus- 
zukramen. 

Somit  steht  der  Aufsatz  des  Berliner  Laien  im  ganzen  wie  im 
einzelnen  unter  d  e  m  S  ta  n  dp  un  k  t  der  Kritik,  den  man  an 
einen  Artikel  eines  pädagogischen  Blattes  zu  legen  berechtigt  und  ver- 
pflichtet ist. 

Wenn  der  Verfasser  also  hofft,  dasz  sachkundige  und  unbefangne 
Schulmänner  sein  Stück  Arbeit  als  Grundlage  für  weitre  Entdeckungen 
auf  diesem  Felde  ansehn  werden,  so  musz  ich  diese  Hoffnung  bis  auf 
weiteres  doch  noch  für  sanguinisch  ansehn.  Hohle  Wichtig- 
m  acher  ei  hält  nun  einmal  vor  der  öffentlichen  Meinung  auf  die 
Dauer  nicht  Stand  gegen  die  Wahrheit  der  Thatsachen. 

Wer  aber  von  den  Lesern  dieses  Blattes  über  die  thatsächlich 
wirklich  bestehenden  Einrichtungen  der  Landesschule  sich 
Aufklärung  verschatfen  will,  wer  insbesondere  prüfen  will,  ob  das 
wahr  ist  was  ich  hier  über  dieselben  gesagt  habe,  der  sei  hiermit 
freundlichst  eingeladen  die  Pforte  doch  einmal  zu  besuchen.  Er  möge 
sich  versichert  halten,  dasz  alle  Mittel  und  Wege  die  Anstalt  kennen 
zu  lernen  ihm  zu  Gebote  stehn  werden,  und  einer  gastlichen  Aufnahme 
gewis  sein. 

Pforte.  '  W.  Corssen. 


Kurze  AnzoiKen  und  Misccilen.  233 


Kurze  Anzeigen  und  MisceUen. 


XII. 

Programm  des  evangelisch  -  theologischen  Seminars  zu  Schönthal 
J860.  /.  Quaestiones  et  observationes  ad  philologiam  sacram 
Novi  Testamenli  perlinentes.  Scripsit  Ephorus  Elwert  (p.  3 — 
24).  //.  Geschichtliche  Notizen  über  Kloster  und  Seminar  Schön- 
thal (p.  25 — 28).  ///.  Nachrichten  über  den  vierjährigen  Kurs 
1856—1860  (p.  29—32). 

Die  in  diesem  Programm  uns  mitg^eteilten  observationes  ad  philo- 
logiam sacram  Novi  Testament!  von  Ephorus  Elwert,  Dr  (und  früher 
Professor)  der  Theologie ,  zu  dem  Zweck  gesammelt ,  die  Grammatiken 
von  Win  er  und  AI.  Buttuiann  in  einzelnen  Punkten  zu  vervollstän- 
digen, verdienen  wegen  der  gründlichen  Gelehrsamkeit  und  Umsicht,  mit 
der  sie  jenem  Zweck  entsprechen  und  die  Erklärung  gichtiger  Stellen 
des  N.  T.  vom  sprachlich  en  Standpunkt  aus  wesentlich  fördern,  auch 
in  diesen  Blättern  eine  eingehendere  Anzeige. 

Die  zuerst  erörterte  Stelle  ist  1  Petri  1  6  und  S.  Es  handelt  sich 
hier  darum,  ob  äyaXXiäaQ-c  auf  die  Gegenwart  oder  auf  die  Zukunft  zu 
beziehn  ist.  Der  Verf.  entscheidet  sich ,  und  zwar  mit  vollem  Recht, 
für  die  letztere  Auffassung.  Er  sucht  aber  diese  Beziehung  dadurch  zu 
sichern,  dasz  er  ayalliäa^'S  als  eine  Form  des  attischen  Futurs  be- 
trachtet. Ausgehend  von  der  Bemerkung  A.  Buttmanns  (S.  45),  dasz 
ayallidoiiat ,  deu  profanen  Scribenten  fremd  ,  nur  dem  Sprachgebrauch 
der  LXX,  des  N.  T.  und  der  Kirchenschriftsteller  angehöre,  meint  der 
Verf.  p.  5:  'itaque,  ubi  neque  consuetudo  graeca  pronuntiationem  tem- 
perabat, neque  analogia  quaedam  certa  ante  oculos  obversabatur,  quid 
mirum,  si  vel  auctores  verbi  vel  qui  usum  eins  non  respuebant,  de 
vocali  producenda  aut  corripienda  parum  anxii  et  soUiciti  fuerint?  Erat 
insuper ,  quo  induci  possent ,  ut  a  norma  prosodiae  deflectereut,  simili- 
tudineiu  dieo,  quae  inter  verba  in  —  uo-i  et  in  —  or^co  intercedit.'  Ref. 
will  diese  Wögliehkeit  nicht  schlechthin  leugnen,  aber  er  hält  es  für 
einfacher,  die  Praesens  form  im  Sinn  ein  es  Fu  tu  rs  anzuerkennen. 
Man  würde  sich  ohne  Zweifel  sehr  irren,  wollte  man  die  Dreiteilung  der 
Zeit  in  Gegenwart,  Vergangenheit  und  Zukunft  als  die  ursprüngliche 
Anschauungsweise  der  Griechen  betrachten,  oder  verkennen,  dasz  das 
Präsens  nicht  nur  ursprünglich  zugleich  als  Futur  diente,  sondern  dasz 
auch  späterhin ,  dasz  namentlich  im  N.  T.  Präsensformen  in  der  Be- 
deutung des  Futurs  stehn.  Es  ist  gar  kein  Grund  vorhanden,  warum 
dies  nicht  sein  sollte.  Für  den  ursprünglichen  griechischen  Sprachge- 
brauch glaubt  Ref.  in  seinen  Untersuchungen  über  die  griechischen  Modi 
S.  36  —  38  dies  genügend  nachgewiesen,  auch  die  Belege  geliefert  zu 
haben,  dasz  noch  im  Attischen  das  Präsens  zviweilen  die  Function  des 
Futurs  mit  übernimmt.  Hinsichtlich  des  N.  T.  hat  Buttmann  S.  176 
seiner  gediegnen  ueutestamentlichen  Grammatik  den  Gebrauch  des  Prä- 
sens für  das  Futur  ausdrücklich  anerkannt  und  belegt.  Ohne  Not  aber 
beschränkt  er  denselben  auf  die  beiden  Fälle  a)  wo  der  Begriff  des 
Verbums  die  Bedeutung  des  Futurs  in  sich  schliesze,  wiehei  iQ%fo9cii 
(vnäysiv ,  7tog?vfaQ^al)  und  yi'vsa&ciL,  b)  wo  die  futurische  Bedeutung 
mit  Notwendigkeit  aus  dem  Zusammenhang  erhelle.  Vielmehr  liegt 
der  Grund  in  der  unleugbaren  Thatsache,  dasz  das  sogenannte  Präsens 
nach  seinem  Grundbegriff  die  Handlung  als  werdende  darstellt  und 
darum  ursprünglich  Gegenwart  und  Zukunft  in  sich  vereinigt.  Somit 
hat  man  nicht  nötig  Präsensformen,  auch  bei  Verbis  puris,  welche  den 


234  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Vocal   im  Futur   verlängern,   als  Formen   eines    attischen  Futurs  zu  er- 
klären. 

Eine  zweite  Beobachtung  §  II  p.  5  sq.  betrifft  das  Fehlen  des  Arti- 
kels auszer  den  in  den  Grammatiken  gewöhnlich  namhaft  gemachten 
Fällen.  Als  Hebraismus  wird  betrachtet  'quod  in  omnibus  Novi  Testa- 
ment! libris  haud  rarura  est,  nomen,  cui  genetivus  adiuuctus  sit,  uvkq&qov 
jjoni.'  Zunächst  werden  mehrere  derartige  Beispiele  beseitigt,  die  den 
'  Artikel  mit  Recht  entbehren,  sodann  aber  einige  Formeln  aufgefiilirt, 
welche  sich  aus  der  griechischen  Regel  nicht  rechtfertigen  lassen  und 
ihre  Erklärung  aus  den  LXX  und  dem  Hebräischen  verlangen.  Daran 
reiht  sich  p.  7  sq.  die  Bemerkung,  dasz  bei  Verbindung  eines  Nomens 
mit  dem  Genetiv  in  der  Regel  der  Artikel  bei  beiden  Nomina  ent- 
weder stehe  oder  fehle.  Unter  die  Fälle,  wo  der  Artikel  fehlt,  gehöre, 
wenn  ein  relativer  Satz  oder  ein  Particip  mit  Artikel  nachfolge.  Bei 
dieser  Gelegenheit  behandelt  der  Verf.  p.  9  die  schwierige  Stelle  Mc. 
VII  19.  Er  hält  yia&aQL'^ov  für  echt.  '"Quamvis  enira  —  Ka&cxQi'Scov  et 
alieno  casu  et  sine  articulo  cum  nomine  dcpeÖQwva  coniunctum  ex  usu 
Novi  Testameuti  satis  defendi  possit,  sententia  tamen  multo  concinnior 
prodire  videtur,  si  participiura  neutrum  yia&ccQi^ov  ad  rem  et  enuntia- 
tionem  universam  ita  referatur,  ut  dicat,  quid  haec  sibi  velit,  sive  quid 
efficiat.  —  scribarum  inscitia  hoc  factum  puto ,  ut  elegantiorem  illam 
verborum  structuram ,  quae  participio  neutro  efficitur ,  non  intellectam 
suo  more  audacter  corrigerent,'  Ob  die  Lesart  ncc&aQi^cov  eine  Con- 
struction  mit  dq^sSQCova  voraussetzt,  scheint  sehr  zweifelhaft.  —  Was 
Mc.  V  36  betrifft ,  so  zieht  der  Verf.  mit  Recht  TTCuQaKOvaag  vor ,  das 
Tisch endorf  aus  B  L  z/  aufgenommen  hat.  Uebrigens  hat  auch  der 
cod.  Vat.  (vgl.  Mai's  Ausg.  bei  Brockhaus)  rov  lalov^svov  und  andrer- 
seits ist  auch  wAovcaq  xbv  löyov  laXoviicVOv  nicht  zu  beanstanden  (da 
er  diese  Aeuszerung  thun  hörte).  Die  von  AI.  Butt  mann  aufgestellten 
Unterschiede  scheinen  unhaltbar. 

Hierauf  wird  p.  10  sq.  über  den  Gebrauch  des  Plurals  zur  Be- 
zeichnung einer  Gattung,  auch  wo  in  Wahrheit  nur  an  einen  einzel- 
nen gedacht  ist,  gesjjrochen  und  hiebei  auch  Act.  IX  27  TtQOg  zovg 
dnoazölovg  und  1.  Cor.  XV  29  vttsq  tcov  v£-aQ(av  erörtert.  In  der  ersten 
Stelle  wird  mit  Recht  erinnert,  dasz  Gal.  I  19  ft  fiij  nicht  eine  zu 
srsQOV  TCOV  anoGtölcov  gehörige  Ausnahme  bezeichnen  müsze  (wie 
auch  Wiesel  er  in  seinem  Commentar  zum  Galaterbrief  S.  75  ff.  gründ- 
lich bewiesen  hat).  Wenn  aber  gesagt  wird  'qui  ot  dnöaxoXoi  isto  loco 
vocantur,  non  sunt  personae  apostoloium,  sed  illa  societas ,  quae  et 
apostolos  et  eorum  sive  amicos  sive  sectatores  complectebatur :  ut  verbo 
dicam,  sunt  oT  tc^qI  zovg  ccTioatölovg  (der  Apostelkreis)',  so  musz  Ref. 
zweifeln,  ob  der  weitere  Begriff  von  d-rcÖGtoXog,  der,  wo  er  in  der  Apo- 
stelgeschichte vorkommt,  seine  besondern  Gründe  hat,  an  dieser  Stelle, 
wo  man  doch  bei  sxeqov  tcov  cinoaTolcov  nur  an  den  abgeschlossnen 
Kreis  der  zwölf  Apostel  denken  kann,  angenommen  werden  darf,  noch 
weniger  aber  möchte  der  Name  in  dem  weiten  Sinn  zu  nehmen  sein, 
den  der  Verf.  hier  ihm  beilegt.  Vielmehr  ist  eben  auch  von  diesem 
Plural  Act.  IX  27  geltend  zu  machen,  dasz  er  zu  Bezeichnung  der 
Gattung  dann  steht,  wo  man  davon  absieht,  ob  es  ein  einzelner  oder 
mehrere  sind. 

Auf  die  gründlichste  und  befriedigendste  Weise  wird  p.  IS — 16  die 
Bedeutung  des  schwierigen  vtt^q  tcov  vekqcöv  1  Cor.  XV  29  erörtert. 
Es  wird  ebensowol  die  Ansicht  abgewiesen,  die  eine  stellvertretende 
Taufe  Lebender  zu  Gunsten  der  Todten,  wie  diejenige,  die  eine  Taufe 
auf  den  Grabhügeln  der  Todten  (die  Märtyrer)  annimmt.  Hauptsächlich 
aus  dem  Zusammenhang  weist  der  Verf.  nach,  dasz  ßccmi^sa&ui,  vnsQ 
rcov  vEKQcSv  gleichbedeutend  sein  müsze  mit  ß.  vtieq  Xqiotov,  'baptizari 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellcn.  235 

propter  Christum ,  sive  eo  fine  et  coiisilio ,  iit  per  baptismum  Christo 
addictiis  quaecunqiie  suis  promisit,  tibi  propria  facias'  p.  15.  Die  Hanpt- 
tendcnz  des  Abschnitts  gehe  dahin ,  darzuthun ,  dasz  Glaube  und  Hoff- 
nung der  Cln-isten  auf  der  Auferstehung  Jesu  beruhe.  Diesem  Haupt- 
gedanken sei  untergeordnet,  was  der  Apostel  V.  21  —  28  de  modo  et 
tempore  resurrectionis  aliquando  futurae  sage.  Dann  kehre  er  zu  dem 
Hauptgedanken  zurück:  ^ut  si  vana  sit  spes  resurrectionis,  ii'ritum  esse 
moneat  vel  baptismum  vtisq  T(3v  vstiqcov  vel  quidquid  pro  causa  Cliristi 
apostolus  ipse  toleret  ac  sustineat.'  Wenn  man  nun  ß.  v.  r.  v.  de 
baptismo  vice  mortuorum  suscepto  verstehe  ,  so  fragt  der  Verf. :  'unde 
illi,  qui  pro  aliis  baptizantur,  repente  in  medium  prodeunt?  Hi  quaeso 
cur  soll  recensentur  sine  uUa  eorum  mentione,  qui  pro  se  ipsis  in 
Christum  baptizantur?  Nam  id  quidem  non  est  dubium,  planam  et 
convenient^m  fore  expositionem  ,  si  Paulus  hoc  loco  profiteatur,  sublata 
spe  resurrectionis  baptismum  Chriatiamxm  omnino  nihil  valere ,  sin  de 
singulari  quodam  baptismo  vice  mortuorum  suscej^to  verba  faciat,  huiusce 
ipsius  memorandi  quae  causa  aijostolo  fuerit,  neminem  puto  intelligere 
posse.'  Es  wird  zugegeben,  dasz  die  vorgeschlagne  Erklärung  durch 
das  Fehlen  des  Artikels  unterstützt  werden  würde,  doch  eine  Schwierig- 
keit in  dem  Artikel  nicht  gefunden.  Es  weise  derselbe  nach  seinem 
anaphorischen  Gebraucji  darauf  zurück ,  dasz  von  den  Todten  bereits 
gesprochen  sei  (p.  14 — 15).  Mit  letzterem  ist  Eef.  nicht  einverstanden, 
sondern  nimmt  an  dieser  Stelle,  wie  an  andern,  wo  bei  nachdrücklicher 
Hervorhebung  des  Bejrriffs  der  Artikel  unpassend  scheint ,  denselben  in 
dem  öinne  von  vttsq  xcov  vstiqoiv  ovtcov  oder  vti^q  z(av  roiovrcov ,  ot 
vsnQOL  sicL.  Dasz  der  Artikel  nicht  selten  diese  Wirkung  hat,  davon 
wird  man  bei  näherer  Aufmerksamkeit  auf  die  Sache  sich  überzeugen. 
—  Noch  möchte  aber  ßef.  (in  Annäherung  an  die  in  den  Studien  und 
Kritiken  18G0  Heft  1  S.  185  ff.  versuchte  Auffassung)  fragen,  ob  nicht, 
wenn  unter  zcav  ve%qcov  unstreitig  vor  allem  Christus  gemeint  ist,  doch 
auch  alle,  die  zu  ihm  gehören  —  eine  Gemeinde  von  Todten  — ,  mit 
begriffen  sein  können?  also:  die  sich  taufen  lassen  um  der  Todten  willen, 
d.  i.  um  solchen  anzugehören ,  die  doch  todt  sind  ? 

P.  16  §  IV  erwähnt  der  Verf.  den  Gebrauch  des  Präsens ,  wonach 
es  das  bezeichne:  'quod  esse  debet  vel  solet,  rectaeque  rationi  convenit.' 
Daraus  findet  die  Mo.  X  43  von  BC*DLz/  vg.  it.  dargebotene  Lesart 
eaxiv  gegen  farca  (A)  ihre  Rechtfertigung  und  Erklärung.  Auch  1  Cor. 
VIII  1  wird  aus  diesem  Gebrauch  erklärt  'quod  h.  1.  dicitur:  uos  omnes 
cognitionem  habemus,  non  de  cognitione,  quam  omnes  vere  habeant,  sed~ 
de  ea,  quam  habere  possint  vel  debeant ,  eoque  sensu  dictum  puto,  ut 
valeat:  nostrum  omnium  est,  cognitionem  habere.'  Ref.  ist  nicht  völlig 
hiemit  einverstanden.  Er  ist  überzeugt,  dasz  o'rt  itävrsg  yvcoaiv  ixo^isv 
in  dem  Sinn  von  Tidvxsis  jieV  als  Concession  zu  nehmen  ist:  was  die 
Götzenopfer  betrifft,  so  wissen  wir  (so  ist  gewis),  dasz  wir  alle  zwar  die 
Erkenntnis  haben  (nemlich  V.  4:  ort  ovdiv  siSalov  iv  zöauaj  ktX.). 
Der  von  Anfang  beabsichtigte  Adversativsatz:  aber  diese  Erkenntnis  ist 
nicht  überall  lebendig  genug,  um  das  iidcolö&vzov  als  ein  Kd\(iq)OQOV 
zu  betrachten ,  wird  erst  nach  einer  Unterbrechung  V.  7 ,  und  zwar  in 
einer  Schärfe  ausgesprochen,  die  der  Concession  direct  zu  widersprechen 
scheint.  Der  Grund  dieser  Schärfe  liegt  wol  in  der  dem  Paulus  eignen 
Lebhaftigkeit  des  Geistes,  mit  der  er  sich  in  das  unmittelbar  vorliegende 
Moment  seiner  Entwicklung  aussclilieszlich  versenkt.  Wenn  es  aber 
keinem  Zweifel  unterliegen  kann,  dasz  navtsg  {l^sv)  yvcoaiv  s^ofisv  nach 
der  L^nterbrechung  in  V.  4  mit  ol'öa^ev  oxi  ovdiv  sl'dcoXov  sv  xo'fffiro 
wieder  aufgenommen  und  fortgesetzt  wird,  so  ist  auch  klar,  dasz  die 
Erkenntnis  von  der  Nichtigkeit  der  Götzen  alle  Christen  haben 
musten  und  hatten,  dasz  aber  diese  Erkenntnis  nicht  in  allen  Beziehungen 


236  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

sich  bethätigte.  —  Weiter  wird  aus  jenem  Gebrauch  des  Präsens  p.  17 
erkliirt  1  Cor.  IX  17  f.iia&ov  s'xco  'praemio  dignus  sum ',  ferner  Mattli. 
XI  12  ^omnis  difficultas  illico  dilabetui-  —  si  terapus  praesens  ßLa^szoii 
ilio  modo  positum  sumseris,  ut  id  designet,  quod  esse  debeat,  sive  quod 
rerum  couditioui,  qualis  sit,  convenit,  ut  vertere  igitur  possis:  reguuni 
caelorum  vult  vi  expugnari'  (p,  20).  Sicher  ist  der  Sinn:  seit  dem 
Auftreten  des  Täufers  wird  das  Himmelreich  errungen ,  d.  i.  kann  es 
errungen  werden;  es  wird  durch  eifriges  Ringen  gewonnen.  Dasz  im 
N.  T.  sehr'  viele  Verba,  die  eigentlich  eine  ganz  specielle  und  stark  in 
die  Sinne  fallende  Bedeutung  haben,  in  allgemeinerem  und  abgeschwäch- 
tem Sinn  gebraucht  werden,  ist  nicht  zu  leugnen,  und  so  darf  man  sich 
au  ßia^STCci  (wird  durch  Anstrengung  errungen)  ebenso  wenig  stoszen, 
als  Luc.  XI  8,  wo  ein  ähnlicher  Gedanke  ausgeführt  ist,  an  dvai'dnav. 
—  P.  20  §  I  behandelt  den  hebraisierenden  indefiniten  Gebrauch  von 
Jtceg,  p.  21  sq.  den  Gebrauch  des  Substantivs,  wo  man  nur  das  Personal- 
pronomen erwarten  sollte,  ferner  p.  22  die  Fälle,  in  welchen  das  Personal- 
pronomen überflüssig  zu  stehn  oder  wo  es  zu  maugeln  scheint;  endlich 
die  Eigentümlichkeiten  des  N.  T.  im  Gebrauch  von  avzog  und  l'öios 
p.  23  sq. 

Maulbronn.  Bäumlein. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 


Königreich  Bayern  1860. 

Ueber  die  Studienaiistalten  des  Königreichs  Bayern  berichten  wir 
aus  den  zu  Michaelis  1860  erschienenen  Programmen  wie  folgt: 

1.  Amberg.]  Im  Lehrerpersonal  traten  folgende  Verän'lrungen  ein. 
Der  Lehramtscandidat  und  Assistent  an  der  hiesigen  Studienanstalt  Jahn 
wurde  zum  Studienlehrer  an  der  lateinischen  Schule  zu  Annweiler  er- 
nannt und  an  die  hierdurch  erledigte  Assistentenstelle  der  Lehramts- 
candidat  und  Assistent  an  der  Studienanstalt  zu  Aschaifenburg  Berg- 
mann berufen.  Ferner  wurde  die  Lehrstelle  der  lln  Gymnasialklasse 
zu  Würzburg  dem  Professor  der  In  Gymnasialklasse  daliier  Schmitt 
übertragen  und  zum  Professor  der  erledigten  In  Gymnasialklasse  dahier 
der  Studienlehrer  der  IVn  Klasse  der  lateinischen  Schule  des  Ludwigs- 
Gymnasiums  in  München  Seiz  ernannt;  ferner  der  Studienlehrer  der 
In  Klasse  der  lateinischen  Schule  dahier  Späth  zum  Studienlehrer  der 
In  Klasse  der  lateinischen  Schule  des  Ludwigs-Gymnasiums  in  München 
berufen  und  zum  Studienlehrer  der  In  Klasse  der  lateinischen  Schule 
dahier  der  Lehramtscandidat  Kastner  ernannt.  Der  Professor  der 
Mathematik  an  der  hiesigen  Studienanstalt  Ducrun  wurde  in  die  Stelle 
eines  Mathematikprofessors  an  der  Studienanstalt  zu  Neuburg  a,  D.  be- 
rufen und  in  die  hierdurch  erledigte  Stelle  der  Professor  von  Peszl 
von  der  Studienanstalt  zu  Freising  versetzt.  Der  Assistent  Bergmann 
wurde  zum  Studienlelirer  der  In  Klasse  der  latein.  Schule  in  Aschaffen- 
burg ernannt  und  die  erledigte  Assistentenstelle  dem  Lehramtscandidaten 
Priester  Liebl  übertragen.  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums:  Rector  Dr 
Engl  mann,  Lehrer  der  I\^n  Klasse  Professor  Merk  und  für  Latein 
Stndienlehrer  Grosz,  Lehrer  der  Hin  Klasse  Rector  der  Landwirth- 
fichafts-    und    Gewerbschule    Trieb,    Lehrer    der    Iln    Klasse    Priester 


Berichte  über  geleluio  AnsfaUt'ii,  Verordnungen,  sfatisl.  Notizen.  237 

Wifling  (zugleich  Religioii.slehrer),  Lehrer  der  In  Klasse  Seiz,  Icatho- 
lischer  Keligionslehrer  Seminardirector  Professor  Dr  Sehe Is,  protestan- 
tischer Kcligionslelirer  Pfarrvicar  Lotzbeck,  Lehrer  der  A[atheniatik 
Professor  von  Peszl,  Lehrer  der  neuem  Sprachen  K  e im,  Lehrer  der 
hebräischen  Sprache  Lj-cealprofessor  Dr  Loch,  Zeiclienlehrer  Schön- 
werth,  Lehrer  der  Stenograpliie  Z  itzlsperger,  Gesanglehrer  Priester 
Hell.  Lehreri)ersonal  der  lateinischen  Schule:  die  Studienlehrer  Bohrer 
(für  IV,  zugleich  Keligionslehrer),  Grosz  (für  III),  Priester  Schrembs 
(für  II),  Kastner  (für  I),  Assistent  Liebl  (Hl),  Dr  Schels  (katliol. 
Religionslehrer),  Lotzbeck  (evangel.  Keligionslehrer),  Professor  von 
Peszl  (Mathematik),  Schö  n  wer  th  (Zeichnen),  Hebensperger  (Kalli- 
graphie), Hell  (Gesang).  Schülerzahl  des  Gymnasiums  93  (IV  22,  III 
22,  II  20,  I  29),  der  lateinischen  Schule  151  (IV  29,  III  35,  II  38, 
I  49).  Dem  Jahresbericht  geht  voraus  eine  Abhandiung  des  Lyceal- 
professors  Dr  Uschold:  Einleitung  in  die  Philosophie  (40  S.   4). 

2.  Ansbach.]  Den  Studienlehrer  Krausz,  Lehrer  der  Hin  Klasse 
der  lateinischen  Schule,  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod.  Die  dadurch 
erledigte  Lehrstelle  wurde  dem  bisherigen  Lehrer  der  Hn  Klasse  Seitz 
zuteil,  an  dessen  Stelle  der  bisherige  Subrector  und  Studieulehrer  Doig- 
non  zu  Weiszenburg  ernannt  wurde.  Der  bisherige  Professor  der  katho- 
lischen Religion  Stadtpfarrer  Endres  wurde  zuui  bischöflichen  Cauoni- 
cus  in  Eichstätt  ernannt.  Den  katholischen  Keligionsuuterricht  in  den 
Gymnasialklassen  übernahm  deshalb  der  Kaplanverweser  S  äff  er  und 
später  der  neu  ernannte  katholische  Stadtpfarrer  Henning.  Lehrer- 
personal des  Gymnasiums:  Studienrector  Professor  Dr  Elsperger  (IV), 
Professor  Dr  Friederich  (Mathematik),  Assistent  von  Stromer, 
Professor  Dr  Schiller  (III),  Professor  Dr  Hoff  mann  (I),  Pfarrer  Dr 
Rabus,  Stadtpfarrer  H  enning  (Religionslehrer),  Stadtkaplan  Pf  i  st  e  r 
(Keligionslehrer),  Mösch  (Französisch),  Professor  Dr  Schreiber  (II), 
Weisz  (Kalligraphie),  Hollenbach  (Zeichnen),  Mai  er  (Gesang), 
Ulrich  (Stenographie),  die  Assistenten  Schöntag  und  Tauber;  der 
lateinischen  Schule:  Dr  Ulm  er  (IV),  Seitz  (III),  Doignon  (II), 
Bauer  (I).  Schülerzahl  des  Gymnasiums  90  (IV  23,  III  26,  II  17, 
I  24),  der  lateinischen  Schule  111  (IV  24,  III  29,  II  30,  I  28).  Dem 
Jahresbericht  ist  beigegeben :  commentatio  de  scripiionibus  scholnsdcis. 
Scr.  Dr  R.  Schreiber  (13  S.  4).  Der  Verfasser  spricht  seine  Ansicht 
in  folgenden  zwei  Sätzen  aus:  I)  'Scriptiones  pro  loco  non  plane  subla- 
tas  velim,  ne  aemulandi  Studium  cesset,  verum  sie  restrictas ,  ut  ne 
ultra  scholam  latinam  extendantur,  neve  ex  omni  genere  litterarum  in 
ea  traetandarum  proponantur,  sed  in  solis  latinis  subsistant,  neque 
saepius  quam  semel  per  singulos  menses.  2)  Reliquas  autem  scriptio- 
nes,  quae  domi  cönticiuntur ,  oranino  ab  ipso  praeceptore  eraendan,dos 
censeo,  verum  sie,  ut  exemplo  breviter  subscribantur  ab  ipsis  discipulis 
vitia  a  magistro  in  textu  correcta ,  addita  causa  et  ratione  correctionis, 
ab  illo  in  censura  publica  explicata,  citato  simul  competente  loco  gram- 
matico,  ut  et  lectas  et  intellectas  esse  correctiones  liqueat.  Nee  inutile 
est  dictare  versionem  alteram  ,  a  praeceptore  scriptam  ,  quam  meliores 
certe  discipuli  cum  sua  comijarenl,' 

3.  AscHAFFENBUEG.]  Der  bisherige  Studienlehrer  der  In  Klasse  der 
lateinischen  Schule  Straub  wurde  zum  Studienlehrer  der  Iln  Klasse 
der  lateinischen  Schule  des  Wilhelms-Gymnasiums  in  München  ernannt; 
an  seine  Stelle  trat  der  Lehramtscandidat  Bergmann,  bisher  Assistent 
in  Amberg.  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums:  Studienrector  Dr  Holz- 
ner, Professor  Hocbeder  (IV),  Professor  Dr  Seiferling  (III),  Pro- 
fessor Abel  (Hl,  Professor  Wolf  (I).  Lycealprofessor  Dr  P.  Reuter 
(Mathem-i-tik  und  Physik),  Professor  S.  Reuter  (kathol.  Religionslehrer), 
Stadtpfarrer  St  ob  aus   (evangel.  Religionslehrer),  V  er  bücken  (Fran- 


238  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

zösisch),  Lutz  (Hebräisch),  Studienlehrer  Engler t  (Stenographie), 
Kitz  (Zeichnen),  Mangold  (Gesang),  Ostermej'er  (Musik),  Probst 
(Turnen);  der  lateinischen  Schule:  Seitz  (IV),  En giert  (III),  Geb- 
hardt(II),  Bergmann  (I),  Professor  Dr  Reuter  (Mathematik),  Lutz 
(kathol.  ßeligionslehrer) ,  Stobäus  (evangel.  Religionslehrer),  Oechs- 
ner  (Kalligraphie),  Kitz  (Zeichnen),  Mangold  (Gesang),  Oster meyer 
(Musik),  Probst  (Turnen).  Schülerzahl  des  Gymnasiums  79  (IV  15, 
III  25, 'II  23,  I  16),  der  lateinischen  Schule  120  (IV  34,  III  26, 
II  28,  I  32).  Eine  wissenschaftliche  Abhandlung  ist  dem  Jahresbericht 
nicht  beigegeben. 

4.  Augsburg.]  In  dem  Lehrerpersonal  der  Studienanstalt  bei  St 
Step  hau  ist  keine  Veränderung  eingetreten.  Lehrer  des  Gymnasiums: 
Studienrector  Rauch,  Professor  Zillober  (IV),  Professor  Brunner 
(Religionslehrer),  Professor  Kramer  (II  und  Mathematik  und  Physik), 
Professor  Permanne  (Französisch),  Abt  Mertl  (III),  Assistent  Sei- 
denbusch, Professor  Rosa  (Mathematik),  Professor  Reinlein  (I); 
Lehrer  der  lateinischen  Schule:  Ziereis  (IV«),  Nagler  (IV''),  Eberle 
(III^),  Berchtold  (III''),  Kuhn  (11"),  Bunk  (11''),  Rohrmiller 
(I^),  Weber  (I''),  Professor  Rosa  (Mathematik).  Schülerzahl  des 
Gvmnasiums  141  (IV  29,  III  34,  II  34,  I  44),  der  lateinischen  Schule 
274  (IV '^  26,  IVb  27,  III"  28,  III''  24,  II "  26,  H"  30,  I"  52,  I''  61). 
Dem  Jahresbericht  folgt  eine  Abhandlung  des  Professor  Bruuner:  die 
Markgrafen  von  Eonsberg.  Ein  Beitrag  zzcr  Geschichte  des  bayerischen 
Schwabens  (46  S.  4).  —  Auch  das  Lehrerpersonal  der  Studieuanstalt  bei 
St  Anna  ist  i;nverändert  geblieben.  Lehrer  des  Gymnasiums:  Studien- 
rector Dr  Me  zger  (IV),  Professor  Dorfmüller  (III),  Professor  O  pp  en- 
rieder  (II),  Professor  Dr  Cron  (I),  Professor  Wucherer  (Mathematik), 
Professor  Schmidt  (Hebräisch),  Rons  sei  (Französisch),  Bie'chy 
(Stenographie),  Hofstätter  (Gesang),  Pola  (Zeichnen);  der  lateini- 
schen Schule:  Baur  (IV),  Greiff  (III),  Gür sching  (II),  Mezger  (I), 
Wucherer  (Mathematik),  Pola  (Zeichnen),  Hofstätter  und  Eich- 
leiter (Gesang),  Rügemer  (Kalligraphie).  Schüler  des  Gymnasiums 
44  (IV  12,  III  7,  II  11,  I  14),  der  lateinischen  Schule  88  (IV  17,  III 
28,  II  20,  I  23).  Dem  Jahresbericht  ist  beigegeben  eine  Abhandlung 
vom  Professor  Dorfmüller:  über  die  Grundidee  des  Gottes  Hermes. 
Zweite  Abteilung  (44  .S.  4).  Nachdem  der  Verfasser  in  der  ersten  Ab- 
teilung dieser  Abhandlung  die  Natur  des  Gottes  Hermes,  wie  sie  sich  in 
der  ägyptischen  Religionsanschauung  gestaltete,  dargestellt  hat,  wendet 
er"  sich  jetzt  zur  Betrachtung  des  Wesens  des  hellenischen  Hermes  und 
bezeichnet  zunächst  in  einigen  allgemeinen  Zügen  die  Bedeutung  und 
den  Standpunkt,  den  die  hellenische  Mythologie  in  der  Reihe  der  übrigen 
einnimmt,  damit  es  ersichtlich  werde,  weshalb  auch  hier  ein  solches 
Götterwesen  möglich,  ja  notwendig  sei,  in  welchem  Element  sich  Hermes 
überhaupt  hier  bewege  und  wie  sich  darnach  seine  Natur  gestalten 
müsze.  In  Hermes  stelle  sich  uns  eine  solche  Göttermacht  dar,  die 
schon  längst  vorhanden  gewesen  sei  und  eine  grosze ,  vielumfassende 
Bedeutung  gehabt  habe,  wie  wir  sie  im  ägyptischen  Göttersystem,  frei- 
lich in  ägyptische  Form  und  Gestalt  gekleidet,  kennen  lernten.  Athene 
habe  in  einer  frühem  Gestalt  und  unter  anderem  Namen  eine  das  Be- 
stehen und  die  Herschaft  des  Zeus  sehr  bedrohende  Gewalt  gehabt,  da 
habe  sie  Zeus  in  sein  Haupt  gezogen  und  sie  sei  seine  liebste  Tochter 
geworden.  Analoge  Umänderungen  seien  ebenso  mit  andern  eingetreten. 
Zeus  könne  in  seinem  Reich  ein  solches  Bewustsein,  eine  solche  Götter- 
gewalt nicht  auszerhalb  seines  Systems  stehn  lassen,  weil  sie  ihn  selbst 
bedrohe,  weil  sie  eine  Macht  auszer  ihm,  ja  über  ihm  wäre,  er  müsze 
sie  in  die  Schranken  seines  Reichs  zu  ziehn  suchen,  sie  einreih^.n  in  die 
Ordnung  seiner  Herschaft.    Derselbe  Vorgang  finde  statt  mit  dem  Wesen 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  230 

des  Hermes,  er  müszc  der  Sohn  des  Zeus   werden.     Er  werde  ein  helle- 
nisch   gestalteter,    pl.astisch    geformter,    dem  Wesen  der  andern  äuszer- 
lichen  Götter  ähnlicher  Gott.     Allein  auch   in  dieser  seiner  hellenischen 
Gestalt  leuchte   überall  sein  ursprüngliches,    umfassenderes  Wesen  aufs 
deutlichste  durch.    Seine  Universalität,  sein  Wesen  als  allgemeines  Band 
der  Einheit  aller  göttlichen  Gewalten  sei  überall  ersichtlich.     Was  er  in 
Aegypten   im    intellectuellen   Bewustsein    der   rein  geistigen  Anschauung 
dargestellt   habe ,    das    drücke    sich    auf   hellenischem    Boden    plastisch- 
mytliologisch  aus.    Dasz  Hermes  zunächst  der  Verkündiger,  Aussprecher, 
Vollstrecker    des   Willens    des    Zeus    sei ,     darin    liege    im    Grunde    nur 
äuszerlich    ausgedrückt   dasselbe ,    was    in    der   ägyptischen   Auffassung 
zuerst    innerlich    enthalten    sei.      Wie   er    in   Aegypten   die    Einheit    der 
drei  groszen  Geister   in    der    besondern    und  selbständigen  Gestalt  e'ines 
Bewustseins    concentriert  darstelle   und   das  Innere  jener  Götter  in  sich 
wieder   abspiegle  und  damit  ausspreche  und  darlege,    was  sie  seien,  — 
ebenso   spreche   Hermes   das  Wesen  des   ganzen  Zeus    aus ,   er  sei   das 
Band  zwischen  den  drei  Gestalten   des  Zeus ,   die  Vereinigung  der  obern 
und    untern  Götterregion ,    überhaupt   der    ganzen   Kette    der   göttlichen 
Wesen  von  dem  untersten  Gebiet  bis  zu  dem  obersten,   die  ja  alle  blosze 
Offenbarungen  und  Repräsentanten  des  einen  Zeus  seien,  in  dessen  Reich 
er   in   äuszerlich   plastischer  Gestalt  überall  mythologisch    handelnd  und 
thätig   eingreifend   auftrete.     Hermes   sei   im  Innern   seines   Wesens    der 
grosze    Vereiniger   aller    göttlichen    Kräfte,    Mächte  und  Regionen,    der 
grosze  Vermittler  der  ganzen  Gliederung  und  Stufenleiter   aller  Gebiete 
im  ganzen  Göttersystem.     Seine  ganze  äuszerliche  Thätigkeit,  alle  seine 
Aemter  und  Eigenschaften  seien  blos  die  Folgen  und  Abspieglungen  von 
jener  Innern  Natur  seines  Wesens  ,    welches  in  den  göttlichen  Regionen 
begründet  und  dort   eigentlich  zw  Hause  sei,     Dasz  Hermes  aber  inner- 
lich jener  grosze,  gewaltige  Gott  sei,   sehe   man    selbst  noch  an  seinen 
äuszerlichsten  Thaten,  sowie  an  allen  seinen  Eigenschaften,  Handlungen 
Tind  Functionen.     Wenn  diese   auch    zunächst  eine  untergeordnete  ,  die- 
nende Stellung  ei-nzunehmeu  schienen,  so  zeige  sich  doch  gerade  in  der 
Eigentümlichkeit  derselben,  sowie   in   seiner  ganzen  mythologischen  Ge- 
schichte ,  welch    eine   inhaltsreiche  Tiefe   im  Innern   seines  Wesens  ent- 
halten sei.     Der  Verfasser  betrachtet  darauf  die  einzelnen  Gebiete,   auf 
welchen  sich  jene  Gesamtidee  des  Hermes  im  Groszen  und  Ganzen  mani- 
festiere, ohne  jedoch  in  die  Einzelheiten  seiner  besondern  Eigenschaften 
genauer   einzugehn.     Hermes    sei   das   Band    zwischen    allen    göttlichen 
Regionen,  er  sei  der  vereinigende  Allgeist,  der  das  Untere  mit  dem  Obern 
verbinde,  und  damit  auch   der   dem  System  des  Ganzen  dienende   Gott. 
Dieses  sein  allwaltendes  Wesen  beziehe  sich   aber  ursprünglich  nur  auf 
die  göttlichen  Regionen,   auf  die  Welt  der  Götter.     Alles,  was  er  später 
in  der  Welt  der  Menschen  thue,   sei  nur    aus  dieser  seiner  Stellung  in 
der  Götterwelt  abgeleitet  und  ein  schwacher  Reflex  von  jener.     Hermes 
walte  und  lebe   in    dem  dreifachen  Gebiet    der  exoterischen  Gottheiten, 
aber  ebenso  in   der  dreifachen  Region    der   höchsten  göttlichen  Mächte, 
die  als    die  rein  geistigen  Naturen   die    äuszern  Götter  in  ihrer  ganzen 
Entfaltung  verursacht   und   hervorgebracht   hätten.      Der   Verf.    beginnt 
nun,   um  im  einzelnen   nachzuweisen  wie  Hermes  in   allen  Gebieten  der 
Götter  zu  Hause  sei,  mit  der  Darstellung  seines  Waltens  in  der  untersten 
Region,  weil  das  Obere  auf  dem  Untern  beruhe ,  welches  die  Grundlage 
sei  für  die  ganze  Macht  der  obern  Gottheiten ,   welche  gar  nicht   exi- 
stieren   würden,    wenn    nicht    jene    furchtbare,    grauenhafte   Macht   im 
untern  Reich  zur  Ruhe  gekommen  und  die  Unterlage  bildend  den  obern 
Göttern  die  Möglichkeit  gegeben  hätte,   sich  in  der  Freiheit   eines   gei- 
stigen Lebens  in  plastischer  Schönheit  zu  entfalten.     Nachdem  der  Verf. 
den  Innern  Zusammenhang  nachgewiesen  hat,  in  welchem  der  Gott  mit 


240  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen ,  slatist.  Notizen. 

den  Gebieten  der  nntern  Welt,  mit  den  Tiefen  des  Hades  und  der  Perse- 
phone,  sowie  mit  den  ans  diesen  Regionen  hervorquellenden  Kräften  des 
gesamten  Naturlebens  stehe ,  faszt  er  sein  Walten  und  Leben  in  den 
lichten  Höhen  der  in  ewigem  Jugendglanz  straleudeu  Göttergestalten 
ins  Auge ,  wo  sich  die  innere  Natur  des  Gottes  auf  allen  Stufen  seines 
Wirkens  nicht  weniger  deutlich  entfalte.  Hermes  bekunde  im  Reich 
des  Zeus  die  ursprüngliche  Allgewalt  seines  Wesens  bei  aller  Unter- 
ordnung und  Einfügung  in  die  Ordnungen  und  Schranken  des  neuen 
hellenischen  Göttersystems  doch  überall  in  seiner  ganzen  Wirksamkeit 
wie  in  allen  seinen  Handlungen ,  durch  welche  die  auszei  ordentliche 
Grösze  des  Gottes  stets  hindurchleuchte. 

5.  Bayreuth.]  Der  Kaplan  Holz  schuh  wurde  in  gleicher  Eigen- 
schaft nach  Kronach  versetzt;  an  dessen  Stelle  wurde  der  katholische 
Religionsunterricht  dem  Kaplan  Schäfer  übertragen.  Den  Zeichenlehrer 
P  flaum  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod  ;  in  dessen  Stelle  trat  vorläufig 
der  Zeichenlehrer  Thiem.  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums:  Studien- 
rector  Schulrath  Dr  Held  (IV),  Assistent  Westermann,  Professor 
Sartorius  (HI),  Professor  Lot  zb eck  (II),  Assistant  W  estermay  er, 
Professor  Li  enhardt  (I),  Professor  Hof  mann  (Mathematik  und  Physik), 
Professor  Dr  Schick  (Religionslehrer),  Puschkin  (Französisch),  die 
Studienlehrer  Gros  zma  nu  und  Fries;  der  lateinischen  Schule:  Raab 
(IV),  Groszmann  (III),  Hoffmann  (II),  Hesz  (I^j,  Fries  (I  a). 
Schüler  des  Gymnasiums  87  (IV  17,  III  27,  II  19,  I  24),  der  lateinischen 
Schule  189  (IV  33,  III  27,  II  55,  I"  36,  I«  38).  Dem  Jahresbericht 
geht  voraus:  quaestiunculae  Livianae.  Scr.  Fr.  Sartorius  (20  S.  4). 
Die  behandelten  Stellen  sind  folgende:  II  5,  8:  ante  eminente  parti- 
culam  negativam  excidisse.  X  31,  15:  negationem  ante  pigeat  deesse 
non  posse.  11.13,  9:  Livium  non  minus  quam  Dionys.  et  Plut.  signi- 
ficare  et  virgines  et  pueros  Porsenae  pro  obsidibus  esse  datos.  II  24, 
5:  praeverti  pro  praevertisse.  II  40,  8:  ego  nihil  iam  pati  nee  tibi 
turpius  nee  mihi  miserius  possura,  nee  ut  (:=  licet)  sim  cet.  IV  3,  7: 
plebeiusne.  Interpretatio :  num  perinde  valet,  si  quis  rogationem  fert, 
quam  ego,  plebeiumne  consulem  fieri  popnlus  iubeat,  ac  si  quis  dicat, 
servum  aut  libertinura  consulem  fieri?  V  1,  7:  omnis  rumor,  seu  verus 
seu  falsus  est,  cum  seditione  comparatus  vanus  dici  potest;  est  igitur 
summae  severitatis,  eos  qui  rumores  spargunt  iniquos,  eodem  loco  habere 
atque  eos,  qui  arma  capiunt  et  ad  vim  inferendam  descendunt,  id  quod 
in  seditionibus  fieri  assolet.  V  18,  2:  addendum  videtur  fuisse  tribu- 
bus  iure  vocatis,  dummodo  ne  cum  iis  quae  sequuntur  sed  commate 
post  verba  iure  vocatis  tribubus  transposito,  cum  iis  quae  ante- 
cedunt  coniungantur  nee  categorico,  ut  ita  dicam ,  sensu  sed  hypothe- 
tico  intelligantur.  V  2(3,  6:  indidem  pro  indicem.  V  2(5,  10:  verba 
cognitae  rebus  bellicis  virtutis  pro  spuriis  habenda  mihi  viden- 
tur.  Quibus  verbis  eiectis  nihil  diffieultatis  videtur  restare  ,  dummodo 
specimen  non  nominativum  se^  accusativum  esse  iudicemus.  Matura 
autem  victoria  et  specimen  virtutis  recte  a  scriptore  inter  se  opponuntur. 
Plerumque  enim,  quibus  fortuna  maturam  victoriam  dat,  iisdem  virtutis 
ostentandae  occasionem  denegat.  VI  20,  8:  in  verbo  producendi  minus 
urgendus  est  locus,  quo  illi  cives  adducuntur ,  quam  consilium,  quo  ad- 
ducti  esse  dicuntur.  Quod  si  concesseris ,  non  videbitur  offendere,  si 
ecriptor  brevitatis  causa  eadem  voce  de  absente  utitur,  idque  eo  minus, 
si  addit  norainatum,  Provocavit  igitur  ad  multos  cives  a  se  serva- 
tos ,  quorum  ceteros  in  contionem  adduxit,  unum  C.  Servilium .  quia 
aberat,  nominavit.  VI  30,  G:  fortunae  muta  in  fortuna.  VI  36,  12: 
Gronovii  lectionem,  qui  ni  expungendum  et  sortem  in  sorte  mutandum 
censuit,  probandam  esse.  VII  5,  9:  et  ante  antea  abesse  debere,  nisi 
cui  potius  videatur  post  et  vox  ceteros  excidisse.    VII  15,  4:  dextrum 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slatisf.  Notizen.  241 

cornu  liostium  dictator  qnum  turbasset  equitibus,  quidquid  copiaruin 
babebat,  ipse  in  laevum  sui  exercitus  contulit  i.  e.  transduxit,  (juippe 
quod  tiirba  hostium  in  eam  pai'tem  sese  congregante  piomi  vidisset. 
VII  39,  10:  Weissenb.  verba  obscuriora  esse  censet,  quod  Livius  nus- 
qnam  conimemoraverit  illos  milites  iniuria  affectos  esse.  At  nonne  Li- 
vius t-atis  clare  iudicavit,  quibus  iniuriis  illi  aß'ecti  sibi  visi  essent  que- 
reutes  eos  faciens  c.  38  §7:  auaequumesse  etq.  seqq.?  Verba 
iusauientem  ex  iniuria  non  sunt  otiosa.  Desperant  enim  quem- 
quam  posse  inveniri,  qui  sciens ,  quanto  periculo  sese  obiecturus  esset 
causa  exercitus  suscipienda,  eam  suscepturus  esset,  aut  cui,  si  quis 
eam  suscipere  vellet,  ea  committi  posset.  Cui  enira  recte  nisi  iisdem 
iniuriis  affecto  eanique  ob  causam  et  ipsi  insanienti  insanientis  exercitus 
causam  committi  posse  ?  XXIV  25,  2:  quid  enim  sua  sponte  fecisse 
Hieronymum,  quid  puerum  ac  vix  pubescentem  facere  potuisse  ?  XXVII 

13,  5:  verba  et  ipsius  exstirpanda  esse.  XXVII  16,  11:  ad  consti- 
tuerat    ex   iis ,    quae   sequuntur,    supplendum    esse    castra   ponere. 

XXVII  17,  11:  tarnen  pro  iam.  XXVII  47,  10:  post  processisset 
excidisse  substitit.  XXVII  50,  1:  excidisse  profectus.  XXVIII  15, 
5 :  ad  medias  acies  aliquanto  serius  pervenit  pugna.  Nam  ad  ea  quae 
Scipio  prudenter  instituerat,  ne  quod  robur  Poenorum  exercitus  erat, 
pugnam  capesseret,  antequam  cornua  hostium  devicta  esseut,  id  quoque 
accessit,  quod  forte  fortuna  elepbanti  e  cornibus  in  mediam  aciem  sese 
intulerant,  ut  eo  etiam  minus  cum  Romauis  congredi  possent.    XXVIII 

14,  10:  nihil  causae  esse,  cur  ad  coniecturas  decurratur.  XXVIII  41, 
13:  mihi  particula  copulativa  verba  victor  Hannibal  et  q.  sq.  con- 
iungi  videntur  cum  ea  sententia ,  quam  dicturus  fuerat  Fabius ,  sed  ne 
male  ominaretur,  reticuit,  hunc  in  modum:  si  P.  Licinius  fusus 
erit    et  victor  H.   ire    ad    urbem   perget.     Si  —  est   aposiopesis. 

XXVIII  43,  4:  non  dubito  ,  quin  aut  vulgata  quo  me  retinenda  aut 
Gronovii  (quo  et  me)  coniectura  amplectenda  sit.  XXVIII  44,  18:  nulla 
legendum  esse.  XXIX  18,  18:  coniunctivum  (possit)  post  indicativum 
(polest)  non  aliam  vim  habere  quam  34,  3,  7.  Sensus:  nee  potest  alius 
nee  optamus  ut  alius  possit.  XXIX  31,  5:  id  quod.  XXIX  33,  7:  quo 
pro  qua.  XXIX  35,  1:  infinitivum  perfecti  (venisse)  hoc  loco  infin. 
fut.  exacti  vice  fungi.  XXX  13,  2:  augendo  dativus  est  i.  e.  ad  au- 
gendum,  ut  augeret.  XXX  30,  10:  lectionem  fraudaverunt  non  reci- 
piendam  esse.  XXX  31,  8:  manu  consertum  non  est  supinum  sed 
participium  idemque  fere  valet  ac  si  dixisset  manu  arreptum. 

6.  Bamberg.]  Im  Lehrerpersonal  sind  folgende  Verändrungen  ein- 
getreten: der  Studienlehrer  der  IVn  Klasse  der  lateinisclien  Schule 
Schrepfer  wurde  zum  Professor  der  In  Gymnasialklasse  in  Passau 
befördert.  Die  hierdurch  erledigte  Stelle  wurde  dem  Studienlehi-er  der 
Hin  Klasse  der  lateinischen  Schule  zu  Münnerstadt  Wehner  übertragen 
und  der  Studienlehrer  der  Hin  Klasse  der  lateinischen  Schule  Spann 
in  die  neisliche  Klasse  nach  Eicbstlitt  versetzt;  dem  Studienlehrer  dei 
In  Klasse  Preu  wurde  das  Vorrücken  in  die  dadurch  erledigte  Lehr- 
stelle der  Hin  Klasse  gestattet  und  der  Assistent  an  der  Studienanstalt 
zu  Landshut  Heidegger  zum  Studienlehrer  der  In  Klasse  ernannt. 
Der  bisherige  Professor  der  IVn  Gymnasialklasse  Seitz  wurde  an  das 
Gymnasium  zu  Regensburg  versetzt  und  seine  Stelle  dem  Professor  der 
Hin  Gymnasialklasse  in  Passau  Priester  Rom  eis  übertragen.  Die  Stelle 
des  bisherigen  Assistenten  Kastner,  dem  die  Studienlehrersteile  der  In 
Klasse  der  lateinischen  Schule  in  Amberg  übertragen  wurde,  übernahm 
der  Lehramtscandidat  Klüber.  Lehrercollegium  des  Gymnasiums:  Stu- 
dienrector  Professor  Dr  Gutenäcker  (III),  Assistent  Klüber,  Pro- 
fessor Rom  eis  (IV),  Professor  Mohr  (II),  Professor  Weippert  (I), 
Professor  Rorich  (kathol.  Religionslehrer),  Professor  Höh  (Mathematik 

N.  .7alirb,  f.  Phil.  u.  Päd.   II.  Aht.    isOl.  Hft  j.  16 


242  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordiuiiigen,  stallst.  Notizen. 

und  Physik),  Stadtpfarrer  Schneider  (evangel.  Religionsl.),  Gendre 
(Französisch) ,  die  auszeroidentlichen  Fachlehrer  Lycealprofessor  Dr 
M  artinet  (Hebräisch),  St  eng  er  (Stenographie),  Dietz  (Gesang), 
Ludwig  (Musik),  Deininger  (Zeichnen),  Lieut.  Mayr  (Schwimmen), 
Bissiug  (Turnen).  Lehrercollegium  der  lateinischen  Schule:  Professor 
Dr  Höh  (Mathematik),  AVehner  (IV),  Preu  (III),  Probst  (II), 
Heidegger  (I),  Priester  Wagner  (kathol.  Eeligionslehrer),  Vicar 
Böhner  (evangel.  Religionslehrer),  Schm  elz  in  g  (Kalligraphie),  die 
auszerordentlichen  Lehrer  Ottenstein  (Israel.  Religionslehrer),  Sten- 
ger (Stenographie),  Dietz  sen.  (Gesang),  Ludwig  (Musik),  Dietz  jun. 
(Gesang),  Deininger  (Zeichnen),  Mayr  (Schwimmen),  Bissing  (Tur- 
nen). Schiller  des  Gymnasiums  97  (IV  17,  III  26,  II  24,  I  30),  der 
Lateinschule  152  (IV  34,  III  35,  II  42,  I  41).  Dem  Jahresbericht  geht 
voraus  eine  Abhandlung  des  Lycealprof.  Ho  f  f  ma  n  n:  der  Ameisensiaat, 
dessen  Bewohner  und  innere  Organisation  (30  S.  4).  Systematische  Stellung 
und  Charakteristik  der  Ameisen.  Geschichtliche  Bemerkungen.  Innerer 
und  äuszerer  Bau  des  Ameisenstaats.  Leben  und  Treiben  im  Innern 
des  Ameisenstaats.     Raubzüge  und  Kämpfe. 

7.  Dillingen.]  Im  Laufe  des  Schuljahrs  ergaben  sich  folgende 
Verändrungen  im  Lehrerpersonal:  der  bisherige  Professor  der  Religions- 
lehre Hiltensberger  wurde  In  gleicher  Eigenschaft  an  die  Studien- 
anstalt Kempten  versetzt  und  zugleich  der  Garnisonspriester  und  Studien- 
lehramtsverweser Wildegger  zu  Lindau  zum  Professor  der  Religions- 
lehre befördert;  der  Professor  der  Hin  Gymnasialklasse  Englmann 
wurde  in  dieselbe  Klasse  des  Ludwigs-Gymnasiums  in  München  versetzt 
und  an  dessen  Stelle  der  bisherige  Studienlehrer  Gübel  in  Landshut 
befördert;  der  bisherige  Studienlehrer  der  Hin  Lateinklasse  und  Verweser 
der  In  Gymnasialklasse  Günder  wurde  zum  Professor  der  In  Gymna- 
sialklasse befördert,  wodurch  der  für  diese  Stelle  bisher  ernannte  Pro- 
fessor Bauer,  welcher  dieselbe  jedoch  nie  angetreten  hatte,  sondern  in 
seiner  bisherigen  Verwendung  als  Assistent  In  der  Oberklasse  am  Wil- 
helms-Gymnasiura  in  München  belassen  worden  war,  nunmehr  aus  seiner 
Beziehung  zur  hiesigen  Anstalt  trat.  In  die  durch  diese  Beförderung 
erledigte  Stelle  der  Illn  Lateinklasse  rückte  der  Studienlehrer  der  Iln 
Lateinklasse  Miller  vor  und  in  dessen  Stelle  der  bisherige  Studien- 
lehrer der  In  Lateinklasse  Eisele  und  gleichzeitig  In  letztere  Klasse 
der  bisherige  Verweser  der  Hin  Lateinklasse  Lehramtscandidat  Huber. 
Die  Stelle  eines  Assistenten,  welche  für  die  Functionen  desselben  in  der 
Oberklasse  der  damalige  Verweser  der  In  Gymnasialklasse  Günder 
neben  der  Führung  seiner  Klasse  versehn  hatte,  wurde  dem  Lehrarats- 
candidaten  DrMarkhauser  übertragen.  Lehrer  des  Gymnasiums  nebst 
Lateinschule:  Rector  Professor  Pleitner  (IV),  Professor  Göbel  (III), 
Professor  Dausend  (II),  Professor  Günder  (I),  Professor  Pill  er 
(Mathematik  und  Physik),  Professor  Wildegger  (kathol.  Religions- 
lehrer), Lycealprofessor  Seibel  (Französisch),  die  Studienlehrer  Jnng- 
kunz  (IV),  Miller  (III),  Eisele  (II),  Huber  (I),  Pfarrvicar  Pürk- 
hauer  (evangel.  Religionslehrer),  Musiklehrer  Gebhart,  Schöner 
(Zeichnen  und  Stenographie),  Assistent  Dr  Markhaus  er.  Schüler  des 
Gymnasiums  40  (IV  10,  III  10,  II  13,  I  7),  der  Lateinschule  52  (IV  9. 
III  10,  II  17,  I  10).  Dem  Jahresbericht  folgt:  de  pfnlologia  apnd  Graecos 
commentationem  scripsit  J.  G.  Günder  (30  S.  4). 

8.  EiCHSTÄTT.]  In  dem  Personalbestand  der  Anstalt  traten  auch 
dieses  Jahr  Verändrungen  ein.  Der  Studienlehrer  der  IVn  Klasse  Priester 
Widmann  wurde  zum  Professor  der  Iln  Gymnasialklasse  In  Passau  be- 
fördert, der  Studienlehrer  der  IIIu  Lateinkiasse  Priester  B oll  rückte  in 
die  IVe  vor  und  der  Studienlehrer  der  Hin  Lateinklasse  zu  Bamberg 
Spann  wurde  in  die  Hie  daliier  versetzt.    Der  Assistent  Pia  nk  wurde 


Herichte  über  gelehrte  Ansfalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.   243 

Studienlehrer  des  untern  Cursus  der  Lateinschule  in  Kitzingen  und  seine 
Stelle  dahier  dem  Lehramtscandidaten  B  inhack  verliehn.  Lehrerperso- 
nal des  Gymnasiums:  Studienrector  Professor  Mutzl  (IV),  Professor 
Kugler  (ill),  Professor  Fischer  (II),  Professor  Dr  Zanuer,  Pro- 
fessor Eicht  er  (Mathematik  und  Physik),  die  Studienlehrer  Boll  und 
Denk;  der  Lateinschule:  die  Studienlehrer  Boll  (IV),  Spann  (III), 
Denk  (II),  Zettel  (I),  Professor  Eicht  er  (Mathematik),  Assistent 
Binhack.  Schüler  des  Gymnasiums  71  (IV  17,  III  18,  il  18,  I  18), 
der  Lateinschule  127  (IV  34,  III  35,  II  36,  I  22).  Dem  Jahresbericht 
geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Professor  Kugler:  einige  Woite  über 
das  Studium  der  Geschichte  und  Poesie  an  den  gelehrten  Schulen  (8  S.  4). 

9.  Erlangen.]  Im  Lehrerpersoual  ist  keine  Verändrung  vorgekom- 
men. Lehrer  des  Gymnasiums:  Studienrector  Hofr.  Prof.  DrDöderlein 
(IV),  Assistent  Autenrieth,  Professor  Dr  Schäfer  (III),  Professor 
Zimmermann  (II),  Professor  Dr  v.  Eücker  (I),  Professor  Dr  Eoth 
(Mathematik),  Stadtpfarrer  Schmitt  (kathol.  Eeligionslehrer),  Stadt- 
vicar  Dr  Summa  (Hebräisch),  W  et  zel  (Französisch),  Ga  reis  (Zeich- 
nen), Herzog  (Gesang);  der  lateinischen  Schule:  die  Studienlehrer  Dr 
Schmidt  (IV),  Dr  Friedlein  (III),  Lechner  (II,  zugleicli  Turn- 
lehrer),  S  Orgel  (I),  Professor  v,  Eücker  (evangel.  Eeligionslehrer), 
Schmitt  (kathol.  Keligionslehrer),  Gar  eis  (Zeichnen),  Herzog  (Ge- 
sang), Geis  zier  (Kalligraphie  und  Stenographie).  Schüler  des  Gym- 
nasiums 57  (IV  13,  III  18,  II  14,  I  12),  der  lateinischen  Schule  74 
(IV  10,  III  15,  II  19,  I  30).  Dem  Jahresbericht  geht  voraus  eine  Ab- 
handlung vom  Studienlehrer  Sörgel:  de  Tiberio  et  Gaio  Gracchis  commen- 
tutionis  particula  1  (24  S.  ^4).  "'In  tanta  sententiarum  (de  Gr.)  discre- 
pantia  operae  pretium  esse  duxi  veterum  locis ,  qui  de  Gracchis  agunt, 
diligenter  inter  se  comparatis  quid  ipsi  veteres  de  iis  iudicaverint  ex- 
ponere  et  demonstrare.' 

10.  Fkeising.]  Da  der  bisherige  Lehrer  der  Mathematik  Professor 
V.  Peszl  auf  sein  Ansuchen  an  die  Studienanstalt  Amberg  versetzt 
vrorden  war,  so  wurde  der  Assistent  an  der  Studienanstalt  Zweibrückea 
Ziegler  zum  Professor  der  Mathematik  an  der  hiesigen  Anstalt  ernannt. 
Durch  Beförderung  des  Studienlehrers  Krämer  zum  Pfarramt  kam  die 
Lelirerstelle  der  IVn  Klasse  der  Lateinschule  in  Erledigung.  In  Folge 
dessen  rückte  der  bisherige  Lehrer  der  Hin  Klasse  Priester  Wandinger 
in  die  IVe,  der  Lehrer  der  Iln  Klasse  Priester  Lacher  in  die  Ille  und 
der  Lehrer  der  In  Klasse  Miller  in  die  He  Klasse  vor;  die  Lehrerstelle 
der  In  Klasse  wurde  dem  Studienlehrer  an  der  lateinischen  Schule  zu 
Frankenthal  Niszl  verliehn.  Für  den  beim  Beginn  des  zweiten  Seme- 
sters ernstlich  erkrankten  Studienlehrer  Lacher  wurde  der  Lehramts- 
candidat  Jäckl  ein  als  Verweser  bestellt.  Lehrerpersonal:  Lyceal-  und 
Studienrector  Kloster  maier,  Professor  F  er  c  hl  (IV),  Professor  Zehnt - 
mayr  (III),  Professor  Hirn  er  (II),  Professor  Eupp  (I),  Professor 
Ziegler  (Mathematik  und  Physik),  Seise  nberger  (Eeligionslehrer), 
Miche'l  (Französisch),  die  Studienlehrer  Wandinger  (IV),  Lacher 
(III),  Miller  (II),  Niszl  (I),  Jäcklein,  Kösporer  (Musik  und  Kalli- 
graphie), Schneider  (Zeichnen),  Candidat  Wagner  (Stenographie). 
Schüler  des  Gymnasiums  79  (IV  20  ,  III  14,  II  16,  I  29),  der  Latein- 
schule 118  (IV  20,  III  25,  II  33,  I  40).  Dem  Jahresbericht  geht  voraus : 
die  Temperatur  des  Erdbodens  und  der  Erde  überhaupt  vom  Lycealprof. 
Dr  Meister  (24  S.  4). 

11.  Hof.]  Der  Lehramtscandidat  Do  11  ho pf  wurde  zum  Assistenten 
ernannt.  An  die  Stelle  des  ausgeschiednen  Zeichenlehrers  Schmidt  ist 
Maler  Könitzer  getreten.  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums:  Eector 
Professor  Dr  Gebhardt  (IV),  Professor  Gebhardt  (III),  Professor 
Macht  (II),  Professor  Dr  Bayer  (1),   Professor  Leonhardt  (Mathe- 

16* 


244  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stalist.  Notizen. 

matik  und  Physik),  Professor  Pfarrer  Groszmann  (evangel.  Religions- 
lehrer), Professor  Eichhorn  (kathol.  Keligionslehrer),  Vaillez  (Fran- 
zösisch), Dietzel  (Gesang),  Könitzer  (Zeichnen),  Assistent  Do  11 - 
hopf;  der  Lateinschule:  die  Studienlehrer  Kiedel  (IV),  ßissinger 
(III),  Dr  Kichter  (II),  Uuger  (I),  Vaillez,  Dietzel,  Könitzer, 
Schüler  des  Gymnasiums  52  (IV  9,  III  13,  II  12,  I  18),  der  Latein- 
schule 74  (IV  20,  III  22.  II  15,  I  17).  Dem  Jahresbericht  geht  voraus 
eine  Abhandlung  vom  Professor  I)r  Bayer:  Armin,  Deutschlands  Befreier. 
Erste  Abteilung  (20  S.  4).  I)  Das  deutsche  Volk.  II)  Das  Jahrhundert 
vor  Armins  Geburt.  III)  Armins  Geschlecht  und  Kindheit.  IV)  Das 
Vaterland  in  Gefahr.  V)  Armin  der  Jüngling.  VI)  Deutschlands  Er- 
hebung. 

12.  Kempten.]  Der  Keligionslehrer  Professor  Schaur  ist  zum 
Pfarramt  übergegangen;  an  seine  Stelle  trat  der  Religionslehrer  der 
Studienanstalt  zu  Dillingen,  Professor  Joh.  von  Martha  Hiltens- 
berger.  Nachdem  dem  Assistenten  Dollhopf  die  Assistentenstelle 
an  der  Stiidienanstalt  zu  Hof  übertragen  worden  war,  wurde  der  Lehr- 
amtscandidat  Bullinger  zum  Assistenten  an  hiesiger  Studienanstalt 
berufen.  Der  bisherige  Verweser  Stegmann  wurde  zum  Professor  der 
Matheuiatik  und  Physik  ernannt.  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums : 
Studienrector  Professor  Hann  wacker  (IV),  Professor  Dr  Weishaupt 
(III),  Professor  Rott  (II),  Professor  Gerheuser  (I),  Professor  von 
Martha  Hiltensberger  (Religionslehrer),  Pfarrer  Holzhäuser 
(evangel.  Religionslehrer),  Professor  St  egmann,  Assistent  Bullinger, 
Edelmann  (Zeichnen),  Mettenleiter  (Gesang);  der  Lateinschule: 
die  Studienlehrer  Körner  (IV),  Ebenböck  (III),  Müller  (II),  Pechl 
(I) ,  Hiltensberger  (Religionslehrer),  Holzhauser  und  Rutz 
(evangel.  Religionslehrer),  Gayrhos  (Kalligraphie),  Professor  Ger- 
heuser (Stenographie),  Edelmann,  Mettenleiter.  Schüler  des 
Gymnasiums  39  (IV  11,  III  9,  II  9,  I  10),  der  Lateinschule  81  (IV  15, 
III  20,  II  20,  I  26).  Dem  Jahresbericht  geht  voraus:  Jesu  leibliche 
und  geistige  Verklärung  aus  Vidci's  Christiade  nach  dem  Versmasz  des  Ur- 
texts  verdeutscht.  Mit  einer  über  dieses  biblische  Epos  tmd  die  religiöse 
Grundloge  der  Poesie  handelnden  Einleitung  von  Professor  Gerheuser 
(28  S.  4). 

Vi.  Landshijt.]  Verändrungen  im  Lehrerpersonal  ergaben  sich  im 
Laufe  des  Schuljahrs  folgende:  die  durch  Beförderung  des  Lehramts- 
candidaten  Heidegger  zum  Studienlehrer  in  Bamberg  erledigte  Stelle 
eines  Assistenten  wurde  dem  Lehramtscandidaten  von  Teng  übertragen. 
Der  Studienlehrer  Priester  Göbel  wurde  zum  Professor  der  Hin  Gym- 
nasialklasse in  Dilligen  befördert;  in  die  erledigte  Ille  Klasse  der 
Lateinschule  rückte  der  Studienlehrer  Zeisz  vor  iind  zum  Studienlehrer 
der  dadurch  erledigten  In  Klas>e  der  Lateinschule  winde  der  Lehramts- 
candidat  Höger  ernannt.  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums:  Studien- 
rector Professor  Dr  Fertig  (IV),  Professor  Schuster  (III),  Professor 
Dr  Fuchs  (II),  Professor  Broxner  (I),  Professor  Sc  buch  (Mathe- 
matik und  Physik),  Professor  Dr  Breiteneicher  (kathol.  Religions- 
lehrer), Stadtpfarrer  ?.Ielirmann  (evangel.  Religionslehrer),  Assistent 
V.  Teng;  der  Lateinschule:  die  Studienlehrer  Kohl  (IV) ,  Zeisz  (III), 
Rothhainmer  (II),  Höger  (I),  Professor  Dr  Breiteneicher  (kathol. 
Religionslehrer),  Mehr  mann  (evangel.  Religionslehrer),  Freundorfer 
(Kalligraphie).  Schüler  des  Gvmnasiiims  öfi  (IV  16,  III  14,  II  13,  I  -J^). 
der  Lateinschule  12'.)  (IV  23',  III  2.-,  11  37,  I  44).  Dem  Jahresbericht 
folgt  eine  Abhandlung  des  Studienrectors  Dr  Fertig:  Magnus  Felix 
Ennodius  und  seine  Zeit  (II.  A.  Vita  S.  Epiphanii)  (16  S.  4).  Nach  aus- 
führlicher Darstellung  des  vielfachen  Einflusses  des  Ennodius  auf  seine 
Zeit  auf  dem  Felde  der  Erziehung  und  des  Unterrichts,  nach  Schilderung 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  245 

seines  Anteils  an  den  niederu  wie  an  den  höhei-n  Schulen  und  seiner 
sich  nimmer  genügenden  Sorge  für  die  Kinder  seiner  Verwandten  und 
Freunde  und  insbesondere  der  Waisen  belinndelt  der  ^'erfasser  in  dieser 
Abteilung  die  Frage  nach  den  politisch  oder  kirchlich  bedeutf^amen 
Männern ,  nach  ihrem  Wirken  und  ihren  Bestrebungen  und  womöglich 
nach  ihren  Erlebnissen;  hier  tritt  vor  allem  Epiphanius,  der  Bischof 
von  Ticinura,  entgegen..  Da  des  Ennodius  Leben  des  groszen  Mannes 
licht  geordnet  und  in  sich  abgeschlossen  ist,  so  hielt  es  der  Verf.  nicht 
für  nötig  es  in  eigner  Arbeit  umsiuschmelzen  und  in  eine  neue  Foi-m  zu 
gieszen,  wodurch  an  geschichtlicher  Bedeutung  nichts  gewonnen  worden 
wäre,  und  gibt  es  daher  meist  in  ziemlich  treuer  Uebersetzung,  so  dasz 
nur  weitschweifiges  gekürzt  oder  gestrichen  worden  ist  (wie  gleich  die 
Vorrede). 

14.  Mettex.]  Im  Lehrerpersonal  der  Studienanstalt  imBenedictiner- 
stift  giengen  folgende  Verändrungen  vor :  statt  des  frühern  Professors 
der  In  Gymnasialklasse  Pater  Mark  milier  trat  der  Pater  Högl  ein; 
in  die  iVe  lateinische  Klasse  rückte  statt  des  vorigen  Studienlehrers 
Pater  Seidenbusch  der  Lehrer  der  Hin  Klasse  Pater  Bertold  vor; 
die  nie  Klasse  übernahm  der  Pater  Sachs.  Dem  Lehrer  der  In  latei- 
nischen Klasse  A  Pater  Deybeck,  der  zugleich  Lehrer  der  französischen 
Sprache  ist,  war  der  Pater  Trimpl  zur  Aushülfe  beigegeben;  dem  Pro- 
fessor der  Mathematik  assistierten  die  Patres  Meyer  und  Leeb.  Lehrer- 
personal  des  Gymnasiums:  Eector  Professor  Dr  P.  Freymüller  (IV), 
P.  Höfer  (III),  P.  Braun  (II),  P.  Högl  (I),  P.  Gerz  (Mathematik), 
P.  Mi ttermüller,  P.  D  eybeck;  der  lateinischen  Schule:  P.  Bertold 
(IV),  P,  Sachs  (III),  P.  Engelhart  (II),  P.  Deybeck  (I  A) ,  P. 
Lickleder  (I  B) ,  P.  Heinl  (IC),  P.  Gerz  (Mathematik).  Schüler 
des  Gymnasiums  124  (IV  29,  III  2.5,  II  35,  I  37),  der  Lateinschule  2(J0 
(IV  32,  III  46,  II  67,  I"  24,  Ib  43,  I'^  48).  Dem  Jahresbericht  folgt 
eine  Abhandlung  vom  Professor  der  Gescliichte  P.  Mitt  er  raül  1er : 
Winke  und  Erinnerungeii  zum  Slndiuin  der  Geschichte  für  Gyinnasiahchüler 
(31  S.  4).  Die  Abhandlung  liefert  die  Fortsetzung  und  den  Sclilusz 
des  vorjährigen  Programms,  welches  lediglich  als  Orientierungs  -  und 
Hülfsraittei  für  die  Schüler  augeselin  werden  will.  C)  Von  Errichtung 
eines  christlich -germanischen  Kaisertums  bis  zur  groszen  Glauboisspal- 
tung  (800— i500').  D)  Neuere  Zeit  (1500—1700).  Da  Karl  der  Grosze 
eine  der  hervorragendsten  Persönlichkeiten  und  der  Träger  der  euro- 
päischen Christenrepublik  des  Mittelalters  sei,  so  müsze  man  vor  allem 
dahin  wirken,  dasz  er  nur  so  beurteilt  werde,  wie  es  mit  der  Wahr- 
heit und  Treue  der  Geschichte  vereinbar  sei.  Mehr  als  achthundert 
Jahre  lang  sei  Karl  d.  G.  für  alle  Geschichtschreiber  das  gefeierte  Ideal 
eines  christlichen  Helden  und  Kegenten  gewesen.  Als  man  aber  in 
neuerer  Zeit  die  wesentlich  christliche  Republik,  deren  Mitbegründer 
Karl  gewesen,  zu  zerstören  und  gründlich  zu  hassen  angefangen,  habe 
man  auch  das  Werkzeug  ihrer  Schöpfung  entstellen  müszen.  Darin 
liege  der  hauptsächlichste  Grund,  aus  dem  sich  die  meisten  Verun- 
glimpfungen Karls  erklären  lieszen.  Mit  Unrecht  klage  man  ihn  an, 
dasz  er  an  seinen  Neffen  einen  Länder-  und  Thronraub  begangen  habe; 
unrichtig  sei,  dasz  nur  Rachgierde' und  Herschsucht  die  Triebfeder  des 
Feldzugs  gewesen  sei,  den  Karl  nach  Italien  gegen  Desiderius  unter 
nommen  habe;  noch  unbilliger  als  der  Vorwurf  wegen  Italien  sei  die 
Anklage,  welche  in  Betreff  der  Sachsenkriege  gegen  Karl  vorgebracht 
werde;  seltsam  seien  die  Ansichten  und  Auslassungen,  welche  man  über 
den  Akt  der  Kaiserkrönung  und  die  Kaiserwürde  lesen  und  hören  könne. 
An  ein  altrömisches  Kaisertum  habe  kein  Mensch  gedacht,  sondern  nur 
an  eine  äuszere  Erhöhung  des  Schutzamts  durch  einen  Namen,  der 
allerdings  vom   alten  Kaiserreich   hergenommen   sei.     Man  müsze  daher 


246  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  Statist.  Notizen, 

die   Anfänger   des   Geschichtsstudiums    anweisen ,   dasz    sie   von   diesem 
neuen  Kaisertum  den  Begriff  eines    geographischen  Territoriums,    eines 
bestimmten  LäiKlerbesitzes  fern  hielten.     Eine   der    gröszteu  Geschichts- 
lügen  sei   es ,    das    lOe  Jahrhundert    als    das    vorzugsweise   eiserne   und 
finstere  darzustellen    und    zu   schmähen,   da  dieses  viele  Lichtseiten  vor 
andern  voraus    habe.     Einer  der   schwierigsten    Punkte    der   mittelalter- 
lichen Geschichte  sei  der  Investiturstreit  des  lln  und  r2n  Jahrhunderts. 
Nach   göttlicher   Anoidnung    sei    alles    zeitliche    Gut,    das    Gott  geweiht 
werde,  ein  Eigentum  der  Kirche  und  es  wohne  nur  der  Kirche  und  ihren 
Hirten  das  Recht  inne,    die  kirchlichen  Aemter  als    solche  zu  besetzen, 
d.  h.  sie  geeigneten  Personen  zu  übertragen   und    die   geistliche  Gewalt 
und    den    Besitz   der   zeitlichen    Güter   auf   sie   überzuleiten.      Zum    Teil 
schon   die   karolingischen   und    besonders  die  sächsischen  Kaiser  hätten, 
um  den    weltlichen  Vasallen   ein  Gegengewicht  zu  geben,    die  Geistlich- 
keit in   den  Lehnstanfl   aufgenommen  und   mit  reichen  Begabungen  aus- 
gestattet.   So  feudalisiert  sei  die  Kirclie  schon  in  ziemliche  Abhängigkeit 
vom  Staat   gerathen  und  mit   diesem  mehr  als  gut  gewesen  verwachsen. 
Allein  je  mehr  sich  der  Begriff  der  Laieninvestitur  ausgebildet  und  ver- 
sclileclitert  habe,  desto  mehr  sei  auch  der  geistliche  Hirt  vor  dem  Feudal- 
baron  in  den  Hintergrund  getreten.    Die  Laien,  befangen  in  dem  Wahn, 
alle  Bistümer  und  Abteien    gehörten    ihnen  als  Eigentum,    um   sie   nach 
Gunst    zu  verschenken,    hätten   in   den  Investierten    nur    mehr   ihre  Ge- 
schöpfe gesehn,    daher   von    ihnen   nicht  blos ,  wie  früher,    den  Eid  der 
Treue,    sondern    einen   förmlichen    Dienst-    und   Vasalleneid    gefordert, 
vermöge  dessen  die  Geistlichen  ganz   in   die  Stellung  aller  gewöhnlichen 
Vasallen  herabgesunken   und  selbst  zum    persönlichen  Kriegsdienst   ver- 
pflichtet gewesen  seien.    Sei  nun  in  den  Augen  und  Plänen  der  investie- 
renden   Fürsten  und   sonstigen   Laien   der  Bischof,   Prälat   und  Priester 
nur  mehr  Vasall    gewesen,    so    sei  es    nicht   zn  verwundern,   wenn  bald 
auch  alle  Scheu  vor  der  Simonie,  ja  alles  Bewustsein  ihrer  Sündhaftig- 
keit verschwunden  sei.     Von  den  Kreuzzügen    hätten  die  Schüler  wahr- 
scheinlich auch  schon  manches  gelesen ,    was   einer  Berichtigung  zu  be- 
dürfen scheine.     Die  Entscheidung   der   ganzen  Frage    hange  davon  ab, 
dasz  man  sich  überzeuge,  die  Kreuzzüge  seien  nicht  nur  vernünftig  und 
christlich,    sondern    auch    gerecht    und    notwendig   gewesen.     Friedrich 
Rothbart  würde  als  einer  der  gröszten  Fürsten  in  der  Geschichte  dastehn, 
wenn    er    die  Aufgabe    eines    römischen  Kaisers    mit    derselben  Weisheit 
und  Kraft  gelöst  hätte,  wie  die  eines  deutschen  Königs;    dasz  Friedrich 
dieses    nicht    gekonnt  oder    nicht    gewollt   habe,    verdunkele    den    Glanz 
seiner  Regierung.     Es  gebe  wenige  Institute,   welche  mit  Schmähungen 
aller  Art  in  dem  Masze  und  in  der  Art  überhäuft  worden  seien,  wie  die 
sogenannte    Inquisition.     Alle   kirchlichen  Glaubensrichter   und   nament- 
lich  auch   die   sogenannten    Inquisitoren    hätten    Vorschrift smäszig 
zuerst   durch   Ermahnung    und   Belehrung    einzuwirken    suchen   müszen; 
sei    dieses    mit   Erfolg    geschehn,    so    sei    der  Schuldige    meistens   ganz 
straflos  ausgegangen ,    eine  Milde   die    sich  wol  bei   keinem    andern  Ge- 
richt   gefunden   habe.     Sei    aber  Hartnäckigkeit    zum  Vorschein  gekom- 
men,   dann   seien   allerdings    die  JV^ittel  und  Strafen    gesteigert   worden, 
aber  nie  und  nirgends    habe    eine  kirchliche  Obrigkeit  oder  ein  Inquisi- 
tionstribunal   ein  Todesurteil  gefällt,    sondern    im    äiiszersten  Fall  habe 
man  den  Verurteilten  an  das  weltliche  Gericht  ausgeliefert,  es  aber  nie- 
mals unterlassen    gegen    die  Verhängung   der  Todesstrafe   im  Geiste  der 
Kirche  und  ihrer  Milde  wenigstens  formell  sich  zu  verwahren,  wenn  man 
auch    wegen    der   Umstände    den    wirklichen    Vollzug  von    Todesurteilen 
nicht  habe  hindern  wollen.     Das,    was   sich  als  wesentlicher  und  wahr- 
scheinlicher Inhalt  des  Knrvereins  zu  Rense  herausstelle,  habe  Deutsch- 
land  weder  zur   besondern  Ehre  gereicht    noch   ganz  der  Billigkeit  ent- 


Berichte  über  gelehrte  Aiislalteii,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.   247 

eprochen.     Gleichwie   die  von  den  Fürsten  zu  Rense  beschlossne  Isolie- 
rung und  ^^er\veltl^cllung  des  römisch  deutschen  Reichs,  d.  h.   die  schon 
von  P''riedricli   I  intendierte  Rückicehr  zum  heidniscli-römisclien  Cäsaren- 
tum ,    eher  eine  Erniedrig-iing    als    eine  Erhöhung'  Deutschlands  genannt 
werden  könne,   so  sei  es  auch  nicht  billig  gewesen,   den  Pabst  so  ohne 
weiteres    aus   seiner  bisherigen  rechtlichen  Stellung  zu  verdrängen.     Es 
werde    wol   wenige   Gymnasialschüler  geben ,    die    nicht   von   den    ersten 
Studienjahren  an  gelehrt  worden  wären,  vor  der  Gräuelthat  zu  erschrecken, 
welche   zu  Constanz    an  Johann  Husz    verübt  worden    sein  solle.     Die 
Streitfrage  beziehe  sich  liauptsächlich  auf  den  Geleitsbrief  und  den  Feuer- 
tod.    PJin  gewöhnlicher  Geleitsbrief  schliesze  die  Verurteilung  durch  den 
competenten  Ricliter  und  die  Vollziehung  des  richterlichen  Spruchs  nicht 
aus  ,  und  das  für  die  Rückkehr  zugesicherte  Geleit  werde    in  der  Regel 
nur  bedingt  gegeben,  d.  h.  es  gelte  nur  für  den  Fall  der  Lossprechung. 
Nichts  sei   klarer,  als  dasz  ein  gewöhnlicher  Geleitsbrief  nur  vor  unbe- 
fugter Gewalt,    nicht    aber    vor  dem  Urteil  schütze,    welches  der  recht- 
raäszige  Obere  in  jener  Sache  fälle,  wegen  welcher  der  Angeklagte  vor- 
geladen und  mit  einem  Geleit   versehn  worden  sei,  sowie  dasz  die  Ein- 
haltung  der  Bedingungen   wesentlich    zur   (Gültigkeit    des    Geleits- 
briefs gehöre.     Wende    man  diese  Wahrheiten    auf  Husz  an,    so    könne 
weder  den  Kaiser  noch  das  Concil  der  Vorwurf  treffen,  dem  Geleitsbrief 
entgegen  gehandelt  zu  haben.     Wenn    mau   ferner   bedaure ,    dasz    Husz 
wegen  eines  religiösen   Irtums   mit   weltlicher  Strafe    belegt  worden    sei, 
so  laufe  dieses  auf  die  Frage  hinaus,  ob  es  gut  und  recht  gewesen  dasz 
die  Häresie  als  Staatsvergehn  betrachtet  worden  sei,  abgesehn  von  dem 
Umstand,  dasz  von  Hussens  Sätzen  mehrere  die  bürgerliche  Ordnung  zu 
untergraben  geeignet,  also  in  der  That  Staatsverbrechen  gewesen  seien. 
Und    wenn   man  vor   der  Härte    der    Strafe    zurückschaudre,    so    müsze 
man  eben  die  ganze  damalige  Zeit  und  das  damalige  allerseits  beobachtete 
Strafverfahren  überhaupt,  nicht  aber  die  Kirche  oder  das  Concil  ankla- 
gen, welche  um  so  weniger  ein  VoAvurf  treffen  könne,  als  die  Bischöfe 
auch  bei  der  Auslieferung  Hussens    an   die   weltliche  Gerechtigkeit   wie 
jedesmal  dringend  gebeten  hätten,  der  Verurteilte  möge  nicht  am  Leben 
gestraft  werden.     Man  werde   nicht  müde,    den  Schülern  das  15e  Jahr- 
hundert  als    das   der  Wiederherstellung  der  Wissenschaften  zu  rühmen; 
das  grenze  sehr  an  Uebertreibung.    Die  ganze  Umwälzung  des  16n  Jahr- 
hunderts   sei  weder    eine  unbedingte  Notwendigkeit  noch  eine  naturge- 
mäsze  Entwicklung  aus  der  Vergangenheit,  noch  eine  zufällige  Wirkung 
der  Ablaszpredigt  gewesen,    sondern    habe   ihren  Grund  und  ihre  Quelle 
in   einer   individuellen   Verirrung  und    Krankheit  gehabt,    welche   durch 
Vergangenheit  und  Gegenwart  gefördert  sich  unschwer  habe   ausbreiten 
können,    wärend    sie    unter    andern   Umständen    vielleicht   im    Entstehn 
unterdrückt  worden  wäre.     Zwei   traurige  Ereignisse    bedürften  als  ver- 
einzelte Thatsachen  hier  keiner  Erörterung,  wenn  nicht  der  Parteigeist 
auch  sie  für  notwendige  Entwicklungen  eines  religiösen  Princips  ausge- 
geben hätte.     Die  Bluthochzeit  in  Paris  und  die  Pulververschwörung  in 
England    sollten    aus    den   Grundsätzen    des    katholischen   Glaubens    ge- 
flossen sein.     Allerdings,    wenn  jede  Handlung,  jeder  Schritt  und   Tritt 
eines  Katholiken  in  der  That  aus  den  Principien  des  katholischen  Glau- 
bens hervorgehe.     So  gewis  aber   dieses  eine  Ungereimtheit  sei,  ebenso 
gewis  sei  jenes  eine  Unwahrheit.     Der  Vorgang  mit  Gallilei  werde  mei- 
stens dazu  misbraucht,  um  ein  schiefes  Licht  auf  die  katholische  Kirche, 
ihre  Grundsätze  und  ihr  Verfahren  zu  werfen,  indem  man  vorgebe,  sie 
hemme  die    freie   Wissenschaft    und   verdamme    die    Ergebnisse   wissen- 
schaftlicher Forschungen  als  Ketzerei.    Es  sei  daher  unerläszliche  Pflicht, 
die  Schüler  durch  Darlegung  des  wahren  Sachverhalts  vor  solchen  Vor- 
läumdungen  zu   warnen.     In  dem    gefällten  Urteilsspruch   würden  nacl» 


248  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

Ausweis  der  Processakten  hauptsächlich  zwei  Momente  hervorgehoben, 
welche  zum  Einschreiten  und  zur  Bestrafung  Gallileis  bewogen  hätten. 
Es  heisze  erstens  darin,  Gallilei  lege,  um  den  Einwürfen  seiner  Gegner 
zu  begegnen,  die  heilige  Schrift  verkehrt  und  nach  eignem  Sinn  aus, 
und  habe  Sätze  aufgestellt ,  welche  nicht  nur  der  Ehrfurcht ,  die  der 
heiligen  Schrift  gebüre,  zuwider  seien,  sondern  auch  die  Autorität  der- 
selben beeinträchtigten.  Im  Urteilsspruch  werde  zweitens  gesagt,  Gallilei 
hätte  seine  Lehre  neuerdings  vorgetragen,  obschon  mau  ihm  geboten 
die  ganze  Sache  auf  sich  beruhn  zu  lassen,  und  obschon  er  versprochen 
sich  an  dieses  Gebot  zu  halten.  Allem  Anschein  nach  habe  dieses  Gebot 
darin  seinen  Grund  gehabt,  dasz  Rom  die  neue  Theorie  nicht  zum  Gegen- 
stand einer  theologischen  Streitfrage  habe  machen  lassen  wollen.  Es 
sei  somit  klar ,  dasz  Gallilei  in  keiner  Weise  zum  Bekenntnis  einer  Un- 
wahrheit gezwungen  worden  sei  und  dasz  seine  Abschwörung  auf  keine 
einzige  der  von  ihm  entdeckten  und  beobachteten  astronomischen  That- 
sachen  oder  Erscheinungen  und  notwendigen  Schluszfolgeruugen, 
sondern  nur  auf  sein  Verhältnis  sich  bezogen  habe,  in  welches  er  sich 
durch  seine  Behauptungen  zu  andern  Wissenschaften  gesetzt  habe.  Diese 
Umschau  in  der  allgemeinen  Geschichte  schlieszt  endlich  damit,  das  We- 
sen der  Volkssouverainetät  auseinander  zu  setzen.  —  Referent  endet 
diese  etwas  ausführlich  mitgeteilte  Inhaltsangabe  jener  Abhandlung  mit 
der  Frage,  in  wie  weit  eine  derartige  Darstellung  von  Thatsachen  mit 
der  Wahrheit  und  Treue  der  Geschichte  vereinbar  sei. 

15.     München.]     a)    Ludwigs- Gymnasium.     Im    Lehrerpersonal 
sind    in  dem   verflossnen  Schuljahr    mehrfache  Verändrungen   vorgekom- 
men.    Der  Lehramtscandidat  Baader,  bisher  Assistent  an  der  Anstalt, 
wurde    seiner  Function   enthoben  und  dieselbe  dem  Lehramtscandidaten 
und  bisherigen  Assistenten  der  Studionanstalt  zu  Passau  Pusl  übertragen. 
Der  Studienlehrer   der  IVn  Klasse   der  Lateinschule  Seitz   wurde   zum 
Professor  der  In  Gymnasialklasse  zu  Amberg  ernannt,  zum  Lehrer  der 
hierdurch   erledigten  IVn    Klasse    der  bisherige    Studienlehrer    der    Hin 
Klasse  Kurz   und    zum    Lehrer   der    Hin    Klasse    der   seitherige  Lehrer 
der  In  Klasse  La  Roche   befördert,    endlich    als  Lehrer   der  In  Klasse 
der  Studienlehrer  an  der  Lateinschule  zu  Amberg  Späth  berufen.    Der 
Professor  der  Hin  Gymnasialklasse  Dr  Beck  wurde  auf  sein  Ansuchen 
in  den  Ruhestand  versetzt   und   die  hierdurch   erledigte  Stelle  dem  Pro- 
fessor   Englmann,    bisher   am    Gymnasium    zu   Dillingen,    übertragen. 
Der  seitherige  Zeichenlehrer  Dahmen  trat  auf  .seine  Bitte  in  den  Ruhe- 
stand und  die  Stelle  desselben  wurde   dem  Kunstmaler  Zimmermann 
übertragen.     Lehrerpersonal:   Rector  Professor  Höfer  (IV),    Professor 
Eilles  (Mathematik),  Professor  Englmann  (III),  Professor  Nieder- 
mayer (II),  Professor  Lipp  (I),  Professor  S  att  1er,  Professor  Preger, 
Be'dat  (Französisch),   die  Studienlehrer  Kur  z  (IV),  La  Roche  (III), 
Dr  Lang  (II),  Späth  (I),  die  .Assistenten  Eilles   und  Pusl.    Auszer- 
ordentliche  Lehrer:  Richter  (Hebräisch),  Carrara  (Italienisch),  Eve- 
rill  (Englisch),    Zimmermann  (Zeichnen),    Seubert    (Kalligraphie), 
Schönchen  (Musik),  Degele  (Gesang).     Schülerzahl  des  Gvmnasiums 
107  (IV   18,  III  2.Ö,  II  32,   I  32),    der  Lateinschule  U7  (IV  26,  HI  19, 
II   1.5,   I  37).     Dem  Jahresbericht  ist  beigegeben:  G.  J.  Caesaris  com- 
mentarii  de    hello    Gallico    mit   Anmerkungen   für   Schüler.      Einleitung    und 
lib.  1   cnp.   1  —  24.      Vom  Professor   Englmann    (24  S.    4).      Der   Ver- 
fasser hat  vor  Cäsars  Commentarien   de  hello  Gallico  mit  Anmerkungen 
für  Schüler   herauszugeben  und   teilt  daher  in  diesem  Programm  eine 
Probe  jener  Ausgrabe  mit.     Je  nach  der  günstigen  oder  ungünstigen  Auf- 
nahme derselben  wird  der  Druck   des  Buchs  erfolgen  oder  unterbleiben. 
Der    Verfasser    ist    bei    der    Bearbeitung  von   folgenden  Gesichtspunkten 
ausgegangen:  die  sprachliche  Seite  der  Interpretation  ist  als  das  wesent- 


i 


Bericilte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  249 

lichste  Moment   au   die  Spitze  zu   stellen.     Um  dem  Schiiler  ein  gründ- 
liches sprachliches  Verständnis   des  lateinischen   Texts    zu   ermöglichen, 
verweist  er  erstens  auf  seine  Schulgrammatik;   hierbei  sollen  in  jedem 
Buche  der  Commentarien  die  Kegeln  ein-  oder  zweimal  citiert  und  dann 
soll  im  Verlauf  bei  wiederkehrenden  Füllen   noch   einigemal  darauf  ver- 
wiesen werden,  so  dasz  der  Lehrer  mit  jedem  beliebigen  Buche  beginnen 
könne.    Zweitens  deutet  er  bei  schwierigeren  Satzgefügen  die  Construction 
an.     Drittens    fügt   er    den   dem  Lateinischen   entsprechenden  deutschen 
Ausdruck  bei,    wo  anzunehmen  ist,    dasz    der  Schüler   selber    ihn    nicht 
finden  würde  oder  zu  viel  Zeit  verwenden  müste,  ohne  von  seinem  langen 
Suchen  wesentlichen  Nutzen  zu  ziehn.    Viertens  gibt  er  den  Unterschied 
synonymer  Ausdrücke,  aber  nur  dann,  wenn  der  Text  selbst  dazu  auf- 
fordert oder  überhaupt  eine  schärfere  Unterscheidung  der  Begriffe  nötig 
scheint.     Durch  die  vorausgehende  Einleitung-  soll    der  Schüler   geogra- 
phisch und  historisch  orientiert  werden  und  eine  klare  Einsicht  von  dem 
Heer-  und  Kriegswesen  bekommen.     Der  Commentar  in  der  mitgeteilten 
Probe  erstreckt  sich  auf  lib.  I  cap.  1 — 24.  —  b)  Maximilians-Gym- 
nasium.    Der  Professor  der  Mathematik  Dr  Minsinger  wurde  in  den 
Ruhestand  versetzt;    zur  Aushülfe    in    der  Mathematik    bis  zur  Wieder- 
besetzung'  der  Professur   wurde  der  Lehramtscandidat  Bielmayer    be- 
rufen,   die  Lehrstelle  der  Mathematik    aber   dem   am  Wilhelms -Gymna- 
sium dahier  verwendeten  Professor  der  Mathematik  Müller  übertragen. 
Der   Lehramtscandidat  Sachs   wurde    zur  Erteilung  des  Unterrichts    in 
der   Arithmetik   für   die    Ile   Klasse     der   Lateinschule   verwendet.      Der 
bisherige   Assistent   Völcker    wurde    zum    Studienlehrer    in  Kusel    er- 
nannt und  dessen  Stelle  durch  den  Lehramtscandidaten  Kutzer  besetzt. 
Personalbestand:  Rector  Professor  Dr  Beilhack  (IV),  die  Professoren 
Stein  inger  (III),  Heumann  (III),  Linsmayer  (II),  Schobert  (I), 
Müller  (Mathematik),  Dr  F  is  c  h  er ,  Pre^ er  ,   Boisot  (Französisch), 
die  Studienlehrer  Dr  Christ  (IV),  Arnold  (III),  Britzelmayr  (II), 
Schuh  (I),  Mall,  U  hl  mann  (Kalligraphie),  Assistent  Völcker,    die 
auszerordentlichen  Lehrer  Richter  (Hebräisch),    Everill  (Englisch), 
Gar  rar  a  (Italienisch),  Kahl  (Musik),  Schönchen  (Musik),  Fächer 
(Gesang),    Weishaupt  (Zeichnen),    Gerber  (Stenographie).     Schüler 
des  Gymnasiums  95  (IV  22,  III  25,  II  19,  I  20),  der  Lateinschule  218 
(IV  38.  III  44,  II  53,  I  83).     Dem  Jahresbericht   ist    beigegeben:   ver- 
einzelle   Beiträge  zur  Kermtnis   der  mustergültigen  lateinischen  Prosa  (Fort- 
setzung).    Von   Professor  Heumann    (23  S.    4).     Ablativ   der    Art 
und    Weise.     So    ziemlich    alle    lateinischen    Grammatiken   ficäben    die 
Regel,    dasz   bei    dem  Ablativ  der  Art  und  Weise,    wenn  dieser  ein  Ad- 
jectiv  oder  Pronomen   bei   sich   habe,  die  Präposition  cum  weggelassen 
oder  auch  hinzugesetzt  werden  könne,  lehrten  aber  nicht,  welche  Stelle 
das  hinzugesetzte   cum    einzunehmen  habe,  ob   z.  B.  mit  welchem  Eifer 
durch  cum  quo  studio    oder  durch  quocum  studio    oder    durch  quo  cum 
studio   zu  übersetzen   sei.     Nun   tinde    sich  aber    in    der   musterg'ültigen 
lateinischen  Prosa  weder  cum  quo  studio  noch  quocum  studio  noch  auch 
quo  cum  studio,    folglich  sei  die  grammatische  Regel,  insoweit  sie  cum 
zu  dem  von  quo,   qua  oder  quibus   begleiteten   ablativus   modi  hinzuzu- 
fügen gestatte,  falsch.     Ebenso  fehle  cum  immer,  wenn  ein  Demonstra- 
tivpronomen   den   abl.  modi  begleite.      Zum    Beweis    werden    zahlreiche 
Stellen  aus  Cicero,   Cäsar,  Livius  u.  a.  angeführt.     Ablativ  der  Be- 
gleitung.    Dasz  dieser  Ablativ,   für  den  recht  eigentlich  die  Präposi- 
tion  cum    da  sei ,    bei  militärischen    Märschen    dieselbe    auch  entbehren 
könne,    sobald  der  Ablativ   einen  adjectivischen  Redeteil  bei  sich  habe, 
sei  eine  Lehre,  die  nur  eine  sehr  beschränkte  Anwendung  zulasse.     Aus 
den    angeführten  Stellen   mit   cum ,   im  Zusammenhalt   mit    den  von  den 
grammatischen  Lehrbüchern  erwähnten  ohne  cum,  gehe  hervor,  dasz  nur 


250  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen. 

das  von  einem  Adjectiv  begleitete  copiis  oft,  desgleichen  exercitu  einige- 
mal ohne  cum  vorkomme;  dasz  aber  selbst  diese  beiden  Ablative  cum 
nicht  entbehren  könnten,  wenn  entweder  1)  die  Präposition  sich  nicht 
an  das  Subject,  sondern  an  ein  Object  des  Satzes  anschliesze,  oder  2) 
zwar  sich  an  das  Subject  anschliesze,  dieses  aber  nicht  nach  eignem 
Willen,  sondern  auf  Befehl,  Beschlusz ,  in  Auftrag,  Sendung  u.  dgl. 
handle,  so  dasz  mittitur,  iubetur  oder  ein  ähnliches  Wort  Prädicat  im 
Satze  sei,  oder  wenn  3)  der  Ablativ  ein  demonstratives,  relatives  oder 
possessives  Pronomen  zum  Attribut  habe.  Ante  von  der  Zeit  ge- 
braucht. Diejenigen  lateinischen  Grammatiken,  welche  zu  abhinc 
(von  jetzt  an  gerechnet)  bemerkten,  dieses  Zeitverhältnis  werde  auch 
durch  ante  mit  beigesetztem  Pronomen  hie  ausgedrückt,  führten  für 
dieses  hie  alle  ein  und  dasselbe  Beispiel  aus  Phaedr.  I  1,  10  an:  ante 
hos  sex  menses  maledixisti  mihi.  Sie  führten  aber  deshalb  kein  anderes 
Beispiel  an,  weil  es  in  der  mustergültigen  lateinischen  Prosa  kein  Bei- 
spiel für  diesen  Gebrauch  von  hie  gebe.  Aber  auch  ante  ohne  hie  sei 
in  diesem  Sinn  nicht  häufig  mit  einem  Zahlwort,  eher  noch  mit  einem 
zählenden  Adjectiv.  Da  jedoch  hie  mit  ^em  Ablativ  häutig  in  ähnlichem 
Sinn  von  der  Zeit  gebraucht  werde,  so  werde  auch  ante  mit  hie  nicht 
geradezu  verwerflich  sein,  verdiene  aber  nicht  gelehrt  zu  werden.  Appo- 
sition. Die  grammatische  Regel,  dasz  die  (deutsche)  Apposition,  auf 
welche  sich  ein  Relativ  bezieht,  im  Lateinischen  fast  immer  in  den  Re- 
lativsatz aufgenommen  und  in  den  Casus  des  Relativs  gesetzt  werde, 
behaupte  etwas  zu  viel  gegenüber  einer  Menge  von  Stellen  bei  den 
Klassikern.  Audire  mit  Particip  oder  Infinitiv?  Dasz  die 
Verba,  welche  bedeuten  hören  und  sehen,  von  unmittelbarer  Wahr- 
nehmung gebraucht,  im  Lateinischen  statt  des  Infinitivs  das  Particip 
des  Präsens  zu  sich  nehmen ,  gelte  allgemein  als  Regel.  Allein  von 
Zeugenaussagen  scheine  dicere  audio,  nicht  dicentem,  gesagt  worden 
zu  sein.  Coeptus  sum.  Die  grammatische  Bemerkung,  mit  fieri  werde 
gewöhnlich  coepi,  nicht  coeptus  sum  verbunden,  sei  durch  den  Gebrauch 
des  Livius  nicht  gerechtfertigt.  —  Fragesätze.  Fragen  des  Unwillens 
und  Staunens,  die  im  Acc.  mit  Inf.  und  die  im  Conjunctiv  mit  ut  stehn, 
würden  in  jeder  Grammatik  besprochen  mit  dem  Beisatz  ,  dasz  sie  das 
Fragewort  ne  annehmen  oder  auch  weglassen.  Dagegen  solche  Fragen 
im  Indicativ  würden  nicht  immer  besprochen ,  und  gerade  über  sie  wäre 
darauf  aufmerksam  zu  machen ,  dasz  sie  nie  das  Fragewort  ne  anneh- 
men, wenn  das  betonte  Wort  der  Frage,  meistens  das  Subject,  im 
Gegensatz  zu  einem  Wort  des  vorhergehenden  Satzes  stehe,  auch  darauf 
aufmerksam  zu  machen,  dasz  statt  des  Indicativs  dieser  Fragen  nicht 
der  Acc.  mit  dem  Inf.  anwendbar  sei. —  Genetivus  partitivus.  Wo 
in  den  lateinischen  Grammatiken  vom  partitiven  Genetiv  die  Rede  sei, 
sei  gewöhnlich  in  einer  upscheinbaren  Anmerkung  beigefügt,  es  sei  statt 
desselben  auch  die  Präposition  ex  (de)  zulässig.  Nun  sei  aber  die  Prä- 
position mindestens  ebenso  gebräuchlich,  ja  sie  sei  nahezu  in  jedem 
Falle  zulässig,  der  Genetiv  aber  nicht  in  jedem  Falle.  Denn  der  Genetiv 
sei  1)  fast  unerhört,  wenn  das  Ganze  ein  von  einem  Zahlwort  be- 
gleitetes Substantiv  oder  blos  ein  Zahlwort  sei,  und  2)  sehr  selten, 
wenn  der  Teil  ein  nomen  proprium  sei.  Sei  der  Teil  ein  nom.  subst. 
appellat.  oder  ein  dessen  Stelle  vertretendes  Pronomen,  dann  trete  3)  zu 
pars,  numerus  und  genus ,  ferner  zu  nemo  und  miliarer  Genetiv,  zu 
andern  Substantiven  die  Präposition.  Die  Präposition,  nicht  der  parti- 
tive  Genetiv,  sei  4)  gewöhnlich,  wenn  das  Ganze  im  Singular  stehe. 
5)  Die  Präposition  finde  sich  angewendet,  wenn  das  Ganze  und  der  Teil 
ungleichartig  seien,  was  meist  schon  an  dem  verschiedenen  Geschlecht 
beider  zu  erkennen  sei.  6)  Die  Präposition  in,  auch  inter  (seltener  ex 
und   cum)    sei   Sprachgebrauch ,    nicht   der   gen.   partit. ,   in  verkürzten 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slafist.  Notizen.   251 

Sätzen ,    in  welclien   das  Ganze  durch  ein  Relativ  -    oder  Demonstrativ- 
pronomen, der  Teil  durch  eine  Apposition  ausgedrücltt  sei.  —  Gerun- 
dium.   Die  grammatische  Bemerkung',  statt  des  Dativs  des  Gerundiums 
oder  Gerundivs   sei   ad  mit  dem  Accusativ    häutiger,    passe  nur  für  das 
Gerundiv;   denn  der  Dativ   des  Gerundiums    sei  vor  Plinius  und  Quinti- 
lian  gar  nicht  im  Gebrauch  gewesen;  er  lasse  sich  aiich  nicht  durch  ein 
Beispiel  aus  der  klassischen  Zeit  erweisen.     Der  Dativ  des  Gerundiums 
sei    ersetzt   worden    durch  den  Genetiv,    auszerdem   durch    ad   mit   dem 
Accusativ.  —   Noch.     Vrenn   gelehrt  werde,   das  deutsche  noch  beim 
Comparativ  heisze  etiam  ,   oft   werde   es    gar  nicht    ausgedrückt,   so  sei 
das  nicht  unrichtig;    aber    notwendig   sei  der  Zusatz,    dasz    etiam    fast 
nie   neben  dem  Comparativ  erscheine,    wenn   dieser   mit  seinem   eignen 
Positiv  oder  auch  Superlativ  verglichen  werde.  —    Qu  um   in  Tempo- 
ralsätzen.    Das    temporale   quum    werde,   je    nach    der  erforderlichen 
Zeit,    mit   dem  Indicativ  des  Imperfects  oder  des  Plusquamperfects  ,    so 
gut  wie  des  Perfects ,   verbunden,    wenn  der  Temijoralsatz   hervorge- 
hoben  sei.    —    ßes  gestae.     Zu   res    gestae  treten    die  Attribute  der 
Grösze,    nebst   memorabilis,    den    beiden    mit    prae    zusammengesetzten 
Superlativen   praeclarissimus    und  praestantissimus    und    den    adjectivi- 
schen   Pronomen,    als   Adjective,    alle    übrigen    als   Adverbia.    —    Wie 
weit    entfernt.     Der   Lehre,    dasz    auf    die  Frage    wie  weit    entfernt, 
d.   h.    in    welcher  Entfernung  von   ....   etwas    geschehe,   in   der   Regel 
der  Ablativ,    nur  ausnahmsweise  der  Accusativ  stehe,   sei  die  Mehrzahl 
der  klassischen  Stellen,  bei  Livius  jedesfalls ,  entgegen;  blos  spatio  und 
intervallo    ständen   bekanntlich    immer    im   Ablativ.    —    c)   Wilhelms- 
Gymnasium.     Im  Lehrerpersonal   ist    im    verflossnen    Schuljahr   keine 
Veränderung  eingetreten.      Lehrer    des    Gymnasiums:    Rector    Professor 
Hut t er   und  Professor  Bauer  für  IV,   Professor   Stanko  (III),   Pro- 
fessor Eisenmann   (II),    Professor   Lauth  (I),    Professor   Dr   Li  er- 
be im  er,  Professor  Preger,  Professor  Dr  Mayer,  Professor  Müller, 
Professor  Häring;    der   Lateinschule:    die   Studienlehrer   Fesenmair 
(IV),  Heisz  (III),  Straub  (II),  Strobl  (I),  Offenbach,  Professor 
Preger,     Assistent    Bielmayr,     Lehramtscandidat    Dembschick, 
Pernat    (Kalligraphie);     den    auszerordentlichen    Unterricht    erteilten 
Richter    (Hebräisch),     Carrara    (Italienisch),     Everill    (Englisch), 
Kleiber  (Zeichnen),  Gerber  (Stenographie),  Lenz  (Gesang),  Schön- 
chen und  Wilkas  zewsky  (Musik),  Schei  b  m  aier  (Turnen).    Schüler 
des   Gymnasiums  97  (IV  25,  III  15,  II  32,  I  25),  der  Lateinschule  217 
(IV  47,  III  41,  n  56,  I  73).     Dem  Jahresbericht  ist  als  Festschrift  zur 
300jährigen  Stiftungsfeier  dieser  Anstalt  beigegeben  eine  Abhandlung  von 
dem  Rector  Professor  Hutter:  die  Haiiptmomenie  der  Schulgeschichle  des 
alten  Gymnasiums  zu  München  (38  S.  4). 

16.  MÜNNERSTADT.]  Veränderungen  im  Lehrerpersonal  brachte  das 
abgelaufene  Jahr  weniger  als  das  vorhergehende.  Nur  der  Religions- 
lehrer der  lateinischen  Schule  P.  Hepp  wurde  seinem  Wunsche  gemäsz 
seiner  Function  enthoben  und  dieselbe  dem  P.  Böhm  übertragen.  Lehrer 
des  Gymnasiums:  Rector  Professor  Lei t schuh  (IV),  die  Professoren 
Braun  (III),  Keller  (II),  Merkle  (I),  Keller,  Wester,  Seeber, 
die  Studienlehrer  Schneeberger  und  Ullrich,  die  Lehrer  der  Musik 
Gerhard,  Schmitt  und  Ungemach,  Zeichnen- und  Turnlehrer  Bai  s. 
Lehrer  der  lateinischen  Schule:  die  Studienlehrer  Wester  (IV),  Beck 
(III),  Schneeberger  (II),  Ullrich  (I),  Böhm,  Gerhard  (Kalli- 
graphie). Schüler  des  Gymnasiums  79  (IV  23,  III  21,  II  15,  I  20),  der 
lateinischen  Schule  08  (IV  20,  III  25,  II  25,  I  28).  Am  8.  August  fand 
die  zweite  Säcularfeier  des  Gymnasiums  statt.  Dem  Jahresbericht  sind 
zwei  Festprogramme  beigegeben ,  von  denen  das  erste  eine  Abhandlung 
des  Professor  Keller  enthält  unter  dem  Titel:  monumentum  pietatis,  quo 


252  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen. 

Scripte  solemnia  saeciilaria  altera  gymnasii  Munnerstadiani  VI.  a.  id. 
Aug.  rite  celebranda  indicit  P.  Keller  (23  S.  4).  '  Quum  gyinnasii 
Munnerstadiani  solemnia  saeeularia  altera  agaraus,  viros  Augustinianos, 
qui  praesertim  saeculo  praeterito  optime  de  eo  tractantes  litteras  et 
tradentes  sunt  meriti ,  ex  annalibus  afferre  mihi  proposui.  Sed  ante- 
quam  rem  aggrediar,  non  alieniim  videtur  esse,  de  gymnasii  nostri  prin- 
cipiis  et  incrementis  pauea  praemonere.'  Das  andere  Program  enthält 
eine  Abhandlung  des  Studienlebrers  Schneeberger:  guaestiones  dune 
(12  S.  4).  Quaestio  I.  Quatenus  materia  I  epistolae  libri  II  Horatii 
referenda  sit  ad  mores  ingeniumque  principis  Augusti.  ^His  ex  testi- 
moniis  apparet,  diversissiraum  fuisse  principis  Augusti  et  Horatii  iudi- 
cium  de  litteris  veraeque  artis  natura.  Quum  autera  verum  sit  illud: 
regis  ad  exemplum  totus  compouitur  orbis ,  poeta,  qua  erat  integritate 
iudicii  dicendique  libertate,  hanc  potissimum  scribendi  materiam  videtur 
sumsisse ,  neque  quibus  in  rebus  suum  iudicium  a  principe  discrepat 
dubitat  ita  dicere ,  ut  videatur  ille  quidem  populi  perversos  mores  iudi- 
ciumque  corruptum  perstringere ,  revera  invebatur  in  eiim,  ad  quem  est 
epistola.  Adulatorii  dedecoris  opprobrium ,  quod  velut  maculam  Horatii 
moribus  adhaerere  fuere  qui  putarent,  iam  nullum  esse  liquet.'  Quae- 
stio II.  Cic.  pro  Sext.  Ko&c.  Am.  5,  11:  divinitus  (pro  dimissius) 
sperant. 

17.  Neubukg  a./D,]  Im  Lehrerpersoual  fanden  folgende  Verände- 
rungen statt.  Der  bisherige  Professor  der  Mathematik  Scheidler 
wurde  vorläufig  auf  die  Dauer  eines  Jahrs  in  den  Ruhestand  versetzt 
und  an  dessen  Stelle  der  Professor  der  Mathematik  an  der  Studienan- 
stalt zu  Amberg  Ducrun  berufen.  Lehrer  des  Gymnasiums:  Rector 
Thum,  die  Professoren  Kemmer  (IV),  Niki  (III),  Mayring  (II), 
Ratzinger  (I),  Ducrun,  Waldvogel  (kathol.  Religionslehrer), 
Stadtpfarrer  Walt  er  (evangel.  Relisiou^elirer),  Studienlehrer  Daisen- 
b  erger  (Stenographie).  Lehrer  der  Lateinschule:  die  Studienlehrer  Dr 
Gerlinger  (IV),  L  eicker  t  (III),  D  aisenberger  (II),  M  ehltret  te  r 
(I),  Professor  Ducrun,  Kauszler  und  Haas  (kathol.  Religionslehrer), 
Walter  (evangel.  Religionslehrer).  Schüler  des  Gymnasiums  59  (IV 
11,  III  13,  ir20,  I  15),  der  Lateinschule  98  (IV  17,  III  2ß,  II  32, 
I  23).  Dem  Jahresbericht  folgt  eine  Abhandlung  von  Professor  Niki: 
kurze  Darstelhmg  der  Fehler  und  Gebrechen^  durch  welche  Athen  seine  Un- 
abhängigkeit verlor  (18  S.  4).  Nachdem  der  Verf.  kurz  auseinander- 
gesetzt hat,  wo  der  Grund  gelegt  worden  sei,  auf  welchem  sich  Athen 
in  unglaublich  kurzer  Zeit  zu  hoher  politischer  Bedeutung  erhoben  habe, 
bezeichnet  er  als  Hauptquelle  der  zahlreichen  Gebrechen ,  welche  seit 
dem  Ende  der  Perserkriege  im  atheniensischen  Staat  bemerkbar  werden, 
ein  durch  dexa  Reichtum  und  Luxus  hervorgerufnes,  nach  und  nach  alle 
Schichten  der  Bevölkerung  ansteckendes  Sittenverderbnis  und  als  Folge 
hiervon  die  Ausartung  der  Demokratie.  Hieraus  seien  die  Fehler  her- 
vorgegangen, welche  Athen  anfangs  im  peloponnesischen  Kriege  an  den 
Rand  des  Verderbens  und  später  unter  die  Botmäszigkeit  Philipps  von 
Macedonien  brachten.  Von  der  Ausartung  der  Demokratie  wird  dann 
ausführlicher  gehandelt,  nachdem  zuvor  eine  Folge  derselben  besprochen 
ist,  welche  zuerst  Unheil  brachte:  die  Erniedrigung  der  Bundes- 
genossen zu  Unterthanen  der  Athener.  Nachdem  dann  der 
Verf.  die  Ausartung  der  Demokratie  von  ihrem  Entstehn  bis  zu  ihrer 
Vollendung  mit  Berücksichtigung  der  Hauptmomente  verfolgt  hat,  be- 
spricht er  noch  in  Kürze  einige  damit  zusammenhangende  Uebel ,  die 
am  nachteiligsten  wirkten  und  von  Isokrates  und  Demosthenes  am  mei- 
sten beklaert  werden,  nemlich  Ungerechtigkeit  und  Willkür,  Habsucht, 
Bestechlichkeit,  Trägheit  im  Waffendienst,  fortwärende  unberufene  Ein- 
mischung in  fremde  Angelegenheiten. 


Bericlito  über  gelelirle  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  253 

18.  Nürnberg.]  Der  Professor  Dr  Kecknagel,  welcher  bisher  den 
französischen  Unterricht  au  der  Oberklasse  erteilt  hatte,  wurde  auf  sein 
Ansuchen  dieser  Function  enthoben  und  dieselbe  dem  Professor  Her  cid 
übertragen.  Der  Pfarrer  Steger,  welcher  den  Keligionsunterricht  an 
der  lateinischen  Schule  erteilt  hatte,  sah  sich  durch  die  Erweiterung 
seiner  Amtsgeschäfte  veranlaszt,  um  Entbindung  von  diesem  Lehramt 
nachzusuchen.  In  Folge  dessen  wurde  der  Religionsunterricht  den  Pro- 
fessoren Dr  Endler  und  Dr  Wulf  fei,  sowie  dem  Candidaten  der  Theo- 
logie Alb  recht  übertragen.  Auch  im  katholischen  Religionsunterricht 
trat  ein  Lehrerwechsel  ein,  indem  Stadtkaplan  Haas  zum  Pfarramt 
ernannt  und  dessen  Lehrstunden  dem  Stadtkaplan  Keck  übertragen 
wurden.  Lelu'er  des  Gymnasiums:  Rector  Professor  Dr  Heer  wagen 
(IV),  die  Professoren  Dr  Recknagel  (III),  Herold  (II),  Dr  Eud- 
1er  (I)^  der  lateinischen  Schule:  Professor  Dr  Wolfiel  (IV),  Meyer 
(III) ,  Hoffmann  (II),  Assistent  Ehemann,  Wild  (I"),  Hart- 
wig (I  *>),  Krafft  (1"=).  Fachlehrer  der  Studienanstalt:  Lehrer  der 
evangel.  Religion  für  die  Gymnasialklassen  DrWölffel,  Dr  Endler, 
für  die  lateinische  Schule:  dieselben  und  Candidat  Albrecht,  der 
kathol.  Religion  Kaplau  Keck,  der  Mathematik  Professor  Fischer, 
der  französischen  Sprache  Professor  Herold,  der  hebräischen  Sprache 
Hoffmann,  des  Gesangs  Emmerling,  des  Schönschreibens  Häuz- 
1er,  des  Zeichnens  Schreiber,  der  Stenographie  Krafft.  Schüler 
des  Gymnasiums  103  (IV  29,  III  23,  II  21,  I  30),  der  lateinischen  Schule 
2;)3  (iv  33,  III  33,  II  51,  I«  57,  I"  52,  I  <=  67).  Dem  Jahresbericht 
geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Rector  Dr  Heer  wagen:  zur  Ge- 
schichte der  Nürnberger  Gelehrtenschulen  in  dem  Zeitraum  von  1485  bis  1526 
(37  S.  4). 

10.  Passaü.]  In  die  durch  Ernennung  des  Professor  Romeis  zum 
Professor  der  IVn  Gymnasialklasse  in  Bamberg  erledigte  Lehrerstelle 
der  Hin  Gymnasialklasse  dahier  rückte  Professor  Widmann  vor  und 
zum  Professor  der  Iln  Gymnasialklasse  wurde  der  seitherige  Studien- 
lehrer der  IVn  Klasse  der  Lateinschule  des  Wilhelms- Gymnasiums  in 
München  Liepert  befördert.  Lebrerpersonal  des  Gymnasiums:  Rector 
Dr  Hoffmann,  die  Professoren  Beutlhauser  (IV),  Widmann  (III), 
Liepert  (II),  Schre'pfer  (I),  Dr  Nirschl  (kathol.  Religionslehrer), 
Pfarrer  Bauer  (evangel.  Religionslehrer),  Professor  Hollweck  (Mathe- 
matik), Professor  Ammon  (Physik),  Professor  Dr  Anzenberger 
(Hebräisch),  Vorhölzer  (Französisch),  Studienlehrer  Wild  (Steno- 
graphie), AVagner  (Zeichnen),  Geyer  (Gesang),  Lehramtscandidat 
Scharrer  (Assistent);  der  Lateinschule:  die  Studienlehrer  Leitl  (IV), 
Fisch  (III),  Wild  (II),  Vältl  (I),  Miloche  (Gesang),  Cortolezis 
(Schreiben).  Schülerzahl  des  Gymnasiums  124  (IV  32,  III  34,  II  27,  I  31), 
der  Lateinschule  206  (IV  44,  III  50,  II  63,  I  49).  Dem  Jahresbericht 
geht  voraus:  einige  Worte  über  Stenographie.  Geschichte,  Wesen,  Ver- 
breitung und  Nutzen  derselben,    von    dem  Studienlehrer  Wild  (27  S.   4). 

20.  Regensbdrg.]  Der  Studieulehrer  der  IVn  Klasse  Mehl  er  schied 
aus,  nachdem  er  zum  Canonicus  an  dem  Collegiatstift  zu  St  Johann 
dahier  ernannt  war.  Die  hierdurch  erledigte  Lehrerstelle  wurde  durch 
Ascension  besetzt  und  zum  Studienlehrer  der  In  Klasse  der  As'-i.stent 
am  Gymnasium  Adam  ernannt;  die  erledigte  Stelle  eines  Assistenten 
erhielt  der  Lehramtscandidat  Söldner.  Aus  dem  Lehrerpersonal  des 
Gymnasiums  schied  der  Professor  Weyh,  dem  seiner  Bitte  entsprechend 
wegen  nachgewiesener  körperlicher  Gebrechen  in  den  temporären  Ruhe- 
stand auf  ein  Jahr  zu  treten  bewilligt  worden  war.  In  Folge  dessen 
wurde  der  Professor  Seitz  von  Bamberg  an  das  hiesige  Gymnasium 
versetzt.  Lehrerpersonal  des  Gymnasiums:  Rector  Professor  Hin ter- 
huber   (III),     die    Professoren    Klein  stäub  er   (IV),    Reger    (II), 


254  Personalnotizen. 

Seitz  (I^),  Langoth  (I '>) ,  Steinb  erger  (Mathematik  und  Physik), 
Meilinger  (kathol.  Religionslehrer),  Albrecht  (Französisch),  Pro- 
fessor Dr  Reischl  (Hebräisch),  Schnitzlein  (Englisch),  Stuclienlehrer 
Adam  (Stenograi3hie) ,  Otto  (Zeichnen),  Bühling  (Gesang),  Zell  er 
(Turnen);  der  Lateinschule:  die  Studienlehrer  Oberndorfer  (IV ^), 
Harrer  (IVb),  Tafr  athsh  o  f  er  (III  ^),  Dr  Spandau  (III  b),  Weisz- 
gärber  (II),  Adam  (I),  kathol.  Religionslehrer :  Professor  Meilinger, 
Oberndorfer,  Harrer  und  Tafr  athsh  o  f  er  ,  Professor  Langoth 
(evangel.  Religionslehrer),  Professor  Klei ns tauber  (Geschichte  für 
die  Protestanten),  Huther  (Mathematik),  Lecker  (Kalligraphie). 
Schüler  des  Gymnasiums  154  (IV  31  ,  III  28,  II  43,  I^  24,  I»»  28),  der 
Lateinschule  230  (IV ^  29,  IV  24,  III ^  34,  Uli'  38,  II  48,  1  57). 
Dem  Jahresbericht  geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Studienlehrer  Dr 
Spandau:  zur  Kritik  und  Interpretation  des  Shakespear eschen  Othello 
(13  S.   4). 

(Fortsetzung  im  nächsten  Heft.) 
Fulda.  Dr  Ostermann. 


Personal  notizen. 

Ernennung:en,  Befürderung^eo  ,  Tersetznng^en : 

Adler,  Dir.  des  Gymn.  in  Köslin,  in  gl.  Eigensch.  an  das  Fried- 
richscoUeg.  zu  Königsberg  in  Pr.  versetzt.  —  Balcaczyk,  Jos., 
Pfarrcooperator  in  C^swi^cim,  zum  Religionslehrer  am  4kl.  Untergymn. 
in  Krakau  ernannt,  —  Becker,  Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn. 
zu  Saar  brück  angest.  —  Becker,  Dr  Gust.,  Adjunct  an  der  Landes- 
schule Pforte,  als  ord.  Lehrer  am  neu  errichteten  Gymn.  zu  Memel 
bestätigt.  —  Beisert,  Dr,  Oberl.,  zum  Director  des  Gymn.  zuBunz- 
lau  berufen. —  Berger,  Dr  W.,  Lehramtspraktikant  in  Karlsruhe, 
zum  Bibliothekar  an  der  Universität  zu  Freiburg  ern.  —  Bertram, 
Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Pädagogium  U.  L.  Fr.  zu  Magdeburg 
angest.  —  Bonaldi,  Pet.,  Suppl.  am  Gymn.  zu  Vicenza,  zvim  wirkl. 
Gymnasiallehrer  ebendas.  befördert.  —  Conrlid,  Dr  Joh.  Bapt., 
SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zuCoblenz  angest.  —  Erhardt, 
Prof.  am  untern  Gymn.  in  Ehingen,  erhielt  die  erledigte  Stelle  eines 
Hauptlehrers  am  obern  Gymn.  zu  Ellwangen.  — Fuk,  Frz,  Lehrer 
am  Franz- Josephs -Untergymn.  zu  Lemberg,  in  gl.  Eigensch.  an  das 
Gymn.  zu  St  Anna  in  Krakau  vers.  —  Gädke,  Realschuldirector  in 
Memel,  zum  Director  des  neu  errichteten  Gymn.  daselbst  berufen.  — 
Haacke,  Dr,  Oberlehrer  am  Gymn.  zu  Nord  haus  en,  in  gl.  Eigensch., 
aber  mit  dem  Prädicat  Professor,  an  das  Pädagog.  U.  L.  Fr.  zu  Magde- 
burg versetzt.  —  Hacker,  Dr,  Adjunct  an  der  Ritterakademie  zu 
Brandenburg,  als  ord.  Lehrer  am  Cölnischen  Realgymn.  in  Berlin 
angestellt.  —  Hanslik,  DrEd.,  Ministerialconcipist  in  W.ien,  unter 
Belassnng  in  seiner  amtlichen  Stellung  zum  ao.  Prof.  der  Geschichte  und 
Aesthetik  der  Tonkunst  an  der  Wiener  Universität  ernannt.  —  Har- 
nischmacher,  früher  Rector  in  Linnich,  zum  ord.  Religionslehrer 
am  Gymn.  zu  Münstereifel  ern.  —  Hilgers,  Dr,  SchAC,  als  ord. 
Lehrer  am  Gymn.  zu  Trier  angest.  —  Holzinger,  Prof.  in  Aarau, 
zum  Rector  der  Kantonsschule  und  des  Gymn.  daselbst  ern.  —  Jacobs, 
Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Cottbus  angest.  —  Kef er- 
st ein,  Dr,  Privatdocent  in  Göttingen,  zum  ao.  Prof.  in  der  philos. 
Facultät  der  dasigen  Universität  ern.  —  Kopp,  Dr,  bisher  am  Gymn. 
zu  Stargard,  als  ord.  Lehrer  an  das  Gymn.  zu  Greiffenberg  vers. 
—  Krehl,    Dr    L. ,   Secretär    an    der    königl.  Bibliothek  zu  Dresden, 


Personalnolizon.  255 

zum  Bibliothekar  an  der  Universitätsbibliothek  zu  Leipzig  und  zum 
ao.  Prof.  in  der  philos.  Facultiit  der  das.  Universität  ern.  —  Kreuzer, 
Karl,  2r  Ciistos  an  der  Wiener  Universitätsbibliothek,  zum  Universi- 
tätsbibliotliekar  in  Gratz  ern.  —  Lehmann,  Dr,  ord.  Lehrer  am 
Gymn.  in  Greifswald,  zum  Director  am  Gymn.  zu  Neustettin  ern. 

—  Liep,  Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  in  Creuznach  an- 
gestellt. —  Marbach,  Prorector  an  der  Realschule  z.  heil.  Geist  in 
Breslau,  zum  ao.  Prof.  in  der  philos.  Facultät  der  dasigen  Universität 
ern.  —  Mihelic,  Dr  Karl  Leop.,  Universitätsbibliotliekar  zu  Gratz, 
wurde  aus  Dienstrücksichten  zum  2n  Gustos  an  der  Universitätsbiblio- 
thek in  Wien  ernannt,  ilim  aber  gestattet  den  Titel  eines  Uuiversitäts- 
bibliothekars  fortzuführen.  —  Müller,  Dr  Paul,  als  Collaborator  am 
Domgymn.  zu  Merseburg  angest.  —  Nieländer,  Dr,  als  ord.  Lehrer 
am  Gymn.  zu  Landsberg  an  der  W.  angest.  —  Nowakowski, 
Ed.,    zum  2n  Scriptor  an   der  Universitätsbibliothek  in  Lemberg  ern. 

—  Paulsen,  Dr,  als  Oberlehrer  am  neu  organisierten  Gymn.  zu  Memel 
angest.  —  Peters,  Dr  Karl,  Universitätsprof.  der  Mineralogie  zuPesth, 
zur  Verwendung  der  Hochschule  in  Wien  zugewiesen.  —  Kangen,  Dr, 
SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Düren  angest.  —  Köder,  Dr, 
Director  am  Gymn.  zu  Neuste ttin,  in  gleielier  Eigensch.  an  das  Gymn. 
zu  Köslin  versetzt.  —  Sack,  Dr,  Oberconsistorialrath  in  Berlin,  zum 
ord.  Honorarprofessor  in  der  theol.  Fac.  der  das.  Universität  ern.  — 
Sauio,  Ober!,  in  Memel,  zum  Oberl.  an  dem  neu  err.  Gymn.  eben- 
da.selbst  ern.  —  Schibier,  Professor  in  Aarau,  zum  Conrector  an 
der  Kantonsschule  und  Rector  der  Gewerbschule  daselbst  ernannt.  — 
Schmidt,  Gust.,  als  Oberlehrer  am  neuen  Gymn.  zu  Memel  angest, 

—  Schmidt,  Alb.,  Lehrer,  als  ord.  Lehrer  am  Friedrich- Wilhelms- 
Gymn.  zu  Posen  angest.  —  Schnelle,  Dr  Karl,  ord.  Lehrer  am 
Gymn.  zu  Hamm,  zum  Oberlehrer  daselbst  befördert.  —  Schwarz- 
lose, Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Inst  er  bürg  angest. 

—  Schwarzmann,  Präceptor  in  Ellwangen,  zum  Prof.  am  untern 
Gvmn.  in  Ehingen  ernannt.  —  Seh  wer  dt,  Dr,  Gymnasiallehrer  in 
C  ob  lenz,  zum  ao.  Prof.  in  der  philos.  Fac.  der  Akademie  in  Münster 
ern.  —  Siebert,  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Thorn,  in  gl.  Eigensch. 
an  das  Gymn.  zu  Hohen  st  ein  versetzt,  —  Stibohar,  Alex.,  Priester 
der  Erzdiöcese  Agram,  zum  Religionslehrer  am  kön.  Gymn.  zu  Agram 
ern.  ■ —  Stier,  SchAC,  als  Collaborator  am  Gymn.  zu  Greif fenberg 
angest.  —  Storch,  als  Oberl.  am  neu  errichteten  Gymn.  zu  Memel 
angest.  —  Tillmanns,  Dr ,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu 
Cleve  angest. —  Usener,  Dr  Herrn.,  Adjunct  am  Joachimsthalschen 
Gymn.  zu  Berlin,  zum  Professor  an  der  Universität  und  an  der  Kan- 
tonsschule in  Bern  ern.  —  Vorreiter,  Dr,  SchAC,  zum  ord.  Lehrer 
am  Gymn.  zu  Gütersloh  ern.  —  Wagemann,  Dr  theol,,  Archidiaconus 
in  Göppingen,  zum  ord.  Prof.  in  der  theolog.  Universität  in  Göt- 
tingen ernannt.  —  vorm  Walde,  Dr  Frz,  SchAC,  als  ord.  Lehrer 
am  Gymn.  zu  Coblenz  angest.  —  Waldhauer,  Lehrer,  als  ord.  Lehrer 
am  neuen  Gymn.  zu  Memel  äugest. —  AV  eis  zack  er,  Hofkaplan  und 
Oberconsistorialrath  in  Stuttgart,  erhielt  die  erledigte  Lehrstelle  für 
Kirchen-  und  Dogmengeschichte  in  der  evang. -theol.  Fac.  der  Univ. 
Tübingen  übertragen. 

Praedicierung;en  and  Ehrenerweisung:en; 

Erler,  Dr,  Ob  er  I.^  am  Pädagogium  in  Züllichau,  als  Professor 
praediciert,  —  Ett ensperger,  Praeceptor  am  Gymn,  in  Ellwange«, 
als  Professor  praediciert.  —  Dr  Foss,  Oberl.  am  Friedrich- Wilhelms- 
Gymn.  zu  Berlin,  desgl.  —  Gerhard,  Dr  Ed.,  Director  der  Skulp- 
turen-Galerie der  Museen  und  ord.  Prof.  in  Berlin,  als  Geheimer  Re- 


256  Personalnolizen. 

gfieningsrath  charakterisiert.  —  Graut  off,  Dr,  ovd.  Lehrer  am  evang:el. 
Gymn.  zu  G  r  os  z -Gl  ogau,  als  Obeilehrer  praediciert.  —  Haupt,  ])r 
Mor.,  I  rof,  in  Berlin,  von  der  phil.-histor.  Klasse  der  königrl.  Akade- 
mie der  W.  zu  ihrem  Secretär  gewählt  und  als  solcher  bestätigt.  — 
Krasper,  Oberlehrer  am  Domgymn.  zu  Magdeburg,  als  Prof.  prae- 
diciert.  —  Liebig,  Dr,  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Görlitz,  als  Ober- 
lehrer praediciert.  —  Märcker,  Dr  F.  A.,  Privatdocent  an  der  philos. 
Fac.  der  Uni\r;  in  Berlin,  erhielt  das  Prädicat  Professor  verliehn.  — 
Munk,  Dr  Ed.,  Oberlehrer  am  evang.  Gymn.  zu  Gr osz-Glogau,  als 
Professor  i^raediciert.  —  Schult !ien,  Collaborator  in  Nienburg,  als 
Oberlehrer  praediciert. 

Pensioniert: 

Der  Rector  der  Kantousschule  und  des  Gymn.  in  Aar  au  Prof.  Dr 
Rud.  Rauchenstein  und  der  Conrector  der  Kantonsschule  und  Rector 
der  Gewerbschule  ebendas.  Prof.  Rytz  wurden  auf  ihr  Nachsuchen 
von  ihren  Rectoratsfunctionen  entbunden. 

Oestoi-ben : 

Am  6.  Febr.  zu  Plauen  der  emer.  Prorector  des  dasigen  Gymna- 
siums Got  tfried  Pfretzschn  er.  —  Am  9.  Febr.  zu  Rom  Vinceuzo 
Castellini,  Prof.  der  arab.  Litteratur  und  Scrittore  des  Syrischen  und 
Arabisclien  an  der  Vaticana,  45  J.  alt.  —  Am  10.  Febr.  zu  Brunn  der 
ständische  Archivar  Dr  J.  Chytil,  als  Forscher  in  der  Geschichte  Mäh- 
rens bekannt.  —  Im  Febr.  zu  Cambridge  Dr  Jp  h  n  Wi  llia  m  Donald- 
8on,  Vorsteher  der  kön.  Edwardsschule  zu  Bury  St  Edmonds,  Philolog 
und  Orientalist,  noch  nicht  50  J.  alt.  —  Am  5.  März  zu  Bonn  Dr  Chr. 
Heinr.  Ernst  Bischoff,  Geh.  Hofrath  und  Prof.  med.  —  An  dems. 
zu  Gera  der  Prof.  der  Mathem.  u.  Physik  am  Gymn.  Rutheneum  Carl 
Friedr.  Eysel  im  71n  Lebensj.  —  Am  12.  März  zu  Wien  Herrn. 
Da  üb  er,  Assistent  am  k.  k.  Hof-Mineralienkabinet,  bekannt  durch  seine 
Forschungen  über  Krystallographie,  geb.  zu  Gandersheim  am  23.  August 
1823.  —  Am  30.  März  in  Bonn  der  ord.  Prof.  jur.  Dr  Pet.  Frz  Dei- 
ters, im  58n  Lebensj.  —  Am  5.  April  in  Breslau  der  ord.  Prof.  der 
Mathem.  an  der  das.  Univers.  Dr  Ferd.  Joachimsthal,  geb.  1818 
in  Goldberg.  —  Am  8.  April  in  Jena  der  ord.  Prof.  jui-.  an  der  Univ. 
Geh.  Justizrath  Dr  Guy  et,  geb.  1802  in  Homburg.  —  Am  26.  April  in 
München  der  ord.  Prof.  der  Gesch.  an  der  Univ.  Dr  Phil.  Jac.  Fall- 
merayer,  geb.  1791  in  Tyrol.  —  Am  27.  April  in  Weimar  der  Prof. 
am  das.  Gymn.  Dr  G.  E.  F.  Lieberkühn.  —  Am  28.  April  in  Mar- 
burg der  ord.  Prof.  der  Philos.  und  Pädagog.  Dr  Christi.  Heinr. 
Koch,  geb.  1781.  —  Am  9.  Mai  in  München  der  Prof.  Dr  Ernst  von 
Lasaulx,  geb.  1805  in  Coblenz,  seit  1844  in  München.  —  In  der  Nacht 
vom  9—10.  Mai  in  Bonn  der  k.  russ.  Staatsrath  Prof.  Dr  Friedr. 
Loren tz,  seit  mehrern  Jahren  Docent  der  Geschichte  an  der  dortigen 
Universität. 


Zweite  Abteilung: 

für  Gymnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Ausschlusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  von  Rudolph  Dietsch. 


1. 

Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft.  Her- 
ausgegeben von  Dr  M.  Lazarus  und  Dr  IL  Steinthal. 
Berlin,  Dümnilers  Verlagsbuchhandlung.  Erster  Jahrgang. 
1859—60. 

Eine  ^Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft' 
scheint  nur  dem  zweiten  Teil  ihres  Titels  nach  in  diesen  Jahrbüchern 
besprochen  werden  zu  können;  wenn  aber  der  zweite  mit  dem  ersten 
unauflöslich  zusammenhängt,  so  wird  auch  dieser  und  somit  das  ganze 
Unternehmen  Rücksicht  verlangen.  Das  erste  Auftreten  der  neuen  Zeit- 
schrift hat  wol  in  weiteren  Kreisen  nicht  blos  Aufsehen  sondern  sogar 
einiges  Befremden  und  Bedenken  erregt.  Nicht  blos  war  das  Wort 
'Völkerpsychologie'  in  der  wissenschaftlichen  Welt  fast  unerhört  (zu- 
erst und  wol  einzig  gebraucht  von  Dr  Lazarus  1851  in  einer  Abhand- 
lung im  deutschen  Museum  *  über  Begriff  und  Möglichkeit  der  Völker- 
psychologie als  Wissenschaft',  vgl.  desselben  'Leben  der  Seele',  Berlin 
1857,  zweiter  Band  S.  251;  dann  von  Dr  Steinlhal  in  seinem  Buche 
'Grammatik,,  Logik  und  Psychologie'  und  zuletzt,  schon  mit  Ankündi- 
gung der  Zeitschrift,  am  Schlusz  der  zweite»  Auflage  seines  'Ursprungs 
der  Sprache')  —  es  konnte  auch  die  Frage  auftauchen:  wie  kommt  die 
Sprachwissenschaft  zu  dieser  Verbindung  mit  der  noch  unbekannten 
Grösze?  welcher  Teil  oder  welche  Behandlungsweise  der  Sprachwis- 
senschaft verschafft  ihr  die  Ehre,  der  Völkerpsychologie  die  Schleppe 
zu  tragen?  Empirische  Sprachwissenschaft  kann  nicht  gemeint  sein, 
für  diese  existieren  bereits  hinlänglich  viele  und  namhafte  Organe; 
philosophische  Sprachwissenschaft  aber  ist  selbst,  wenn  nicht  von 
zweideutigem  Rufe,  doch  noch  etwas  so  unbestimmtes,  dasz  sie  zur 
Aufhellung  und  Empfehlung  der  Völkerpsychologie  wenig  beitragen  zu 
können  scheint.  Man  wurde  fast  auf  die  Annahme  gedrängt,  es  müsze 
hier  einmal  eine  unbekannte  oder  unzuverlässige  Grösze  die  andere 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  Abt.  1861.  Hft  6.  17 


258     Zeitschrift  für  Völkerpsycliologie  und  Sprachwissenschaft. 

erklären  und  stützen,  eine  Annahme  die  vielleicht  das  Ziel  nicht  so 
weit  verfehlte  und  auch  an  sich  selbst  nicht  so  verkehrt  ist  wie  sie 
scheinen  mag-.  Wollte  man  etwa  noch  wissen,  ob  in  dieser  Verbin- 
dung der  zwei  Wissenscliaften  die  eine  der  andern  untergeordnet  oder 
ob  beide  zu  vollständiger  Wechseldurchdringung  coordiniert  seien,  so 
enthielt  die  Voranstellung  der  'Völkerpsychologie'  (und  zwar  in  et- 
was feilerer  Schrift)  auch  darüber  wenigstens  eine  Andeutung;  das 
Wörtchen  'und'  bleibt  freilich,  wie  bekannt,  eines  der  vieldeutigsten 
und  liesz  auch  im  vorliegenden  Falle  noch  mehrere  Auslegungen  zu. 
Ref.  gesteht,  dasz  er  selbst  beim  ersten  Hören  von  der  neuen  Zeit- 
schrift Gedanken  von  der  angegebenen  Art  hin  und  her  wälzte,  aber 
einerseils  steigerle  dies  nur  seine  Neugierde,  anderseits  bürgte  ihm 
der  wissenschaftliche  Ruf  der  Herrn  Herausgeber  dafür,  dasz  nichts 
ganz  verfehltes  herauskommen  konnte;  das  näher  interessierte  Publi- 
cum war  auch  durch  die  schon  oben  genannten  Schriften,  wozu  noch 
das  von  Dr  Steinthal  herausgegebene  'System  der  Sprachwissenschaft' 
von  lleyse  zu  zählen  ist,  einigermaszen  vorbereitet.  Es  blieb  also 
vernünftiger  Weise  nichts  übrig,  als  durch  vorurteilslose  Einsicht  in 
das  erste  Heft  zu  erfahren,  was  die  Herausgeber  selbst  zu  geben  be- 
absichtigen und  versprechen.  Der  nächste  Maszstab  der  Beurteilung 
ist  doch  immer  des  Autors  eigener  Wille  und  sein  Zeugnis  davon  ;  in 
zweiter  Linie  musz  dann  freilich  auch  die  Berechtigung  dieses  Willens 
selbst  untersucht  werden.  Es  schlieszt  sich  daran,  wenn  die  vorige 
Frage  nicht  durchaus  verneinende  Antwort  fand,  die  weitere  nach  der 
Leistungsfähigkeit,  so  weit  sie  prognostiziert  werden  kann;  ihre 
völlige  Erledigung  findet  sie  aber  am  sichersten  bei  der  letzten,  der 
Hauptfrage  nach  dem  Werlh  der  vorliegenden  Leistungen,  nur 
dasz  ein  Endurteil  in  dieser  Richtung  nach  einem  Jahr  noch  nicht  ge- 
fällt werden  kann. 

Die  'Ankündigung'  welche  dem  ersten  Hefl  der  neuen  Zeitschrift 
vorgeheftet  war,  begann:  'die  Völkerpsychologie  ist  als  eine  beson- 
dere Wissensciiaft  bis  auf  den  heuligen  Tag  noch  nicht  voriianden;  der 
Boden  für  dieselbe  aber  ist  gewonnen,  der  Grund  auf  dem  sie  erbaut 

werden  soll,  ist  bereitet die  Aufgabe  dieser  Wissenschaft  ist 

im  allgemeinen  diese:  eine  Erkenntnis  des  Volksgeistes  zu  bereiten, 
wie  die  bisherige  Psychologie  eine  des  individuellen  Geistes  erstrebte; 
oder:  diejenigen  Gesetze  des  menschlichen  Geistes  zu  entdecken,  wel- 
che zur  Anwendung  kommen,  wo  immer  Viele  als  eine  Einheil  zusam- 
men leben  und  wirken.  Alles  was  im  Verlauf  der  Geschichte  als  Saat 
oder  Frucht  .  .  .  des»  öffentlichen  Geisteslebens  sich  darstellt,  hat  als 
Quelle  oder  llülfsquelle  in  den  Forschungskreis  dieser  Wissenschaft 
einzutreten:  von  der  Bodenbeschaffenheit  des  Wohnsitzes,  von  der 
physiologischen  Bestimmtheit  des  Leibes  eines  Volkes  durch  alle  Art 
Strebungen  und  Leistungen  des  Cullurlebens  bis  hinauf  zu  den  Ideen, 
welche  den  Genius  einer  Nation  erfüllen  und  bewegen.' — 'Die  Sprach- 
wissenschaft,—  und  auch  als  deren  Organ  betrachten  wir  unsere 
Zeitschrift,  —  hat  die  Erkenntnis   der   Idee   der  Sprache   und  deren 


Zeitschrift  für  Völkerpsycliologie  und  Sprachwissenschaft.     259 

\\  irkung  und  Ausbreitung  in  siiniliichon  Sprachen  der  Menschheit  zur 
Aufgabe.  Verschieden  von  Philologie  und  rein  empirischer  I.inguislik 
hat  sie  auf  dem  Wege  der  exaclen  Forschung  ....  vornehmlich  die 
psychologischen  Gesetze  zu  erforschen,  .  .  .  nach  weichen  die  Idee 
der  Sprache  sich  im  Menschen  verwirklicht.  Die  Sprache  aber  ist 
jedesmal  Eigentum  einer  Gesamtheit  ....'.  Nach  beiden  Seilen,  der 
iinmiltelbar  und  der  sprachlich  psychologischen,  wurde  die  zu  liefernde 
Arbeit  als  eine  dreifache  bezeichnet:  l)  Aufstellung  volks-  und 
sprachpsychologischer  Gesetze  aus  Thatsachen  beider  Gebiete;  2) 
Darstellung  von  Thatsachen,  welche  durch  ihre  Eigentümlich- 
keit die  Erforschung  jener  Gesetze  befördern  oder  veranlassen.  3) 
Berichte  und  Urteile  über  Schriften,  welche  uniniltelbar  oder 
mittelbar  in  das  Gebiet  der  Zeitschrift  und  ihrer  Hiilfsvvissenscliaften 
einschlagen.  Ausdrücklich  wurde  'jede  Arbeit  auf  dem  Gebiete  der 
Sprachwissenschaft  zugleich  als  eine  Mitarbeit  auf  dem  Gebiete  der 
Völkerpsychologie  begrüszt'.  Die  Bescheidenheit,  womit  wiederholt 
wird  ^es  gelte  mit  der  Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  diese  Wissen- 
schaft selber  erst  zu  begründen',  sticht  etwas  ab  gegen  das  gleich 
darauf  hervorgehobene  Selbstbewustsein  der  neuen  Wissenschaft  von 
ihrer  ^theoretischen  Würde',  welche  uns  in  allzuhohe  \\  orte  gefaszt 
scheint.  Wenn  es  nemlich  dort  heiszt,  'wie  viel  höher  eine  Nation 
stehe  als  der  Einzelne,  und  wie  viel  höher  die  gesamte  Menschheit  als 
die  einzelne  Nation,  um  so  viel  stehe  die  Völkerpsychologie,  welche 
zugleich  die  Psychologie  der  Menschheit  sei,  höher  als  die  bisherige 
Psychologie  des  Individuums',  so  mag  der  Vordersatz  dieses  Schlusses 
zwar  nach  der  gewöhnlichen  Vorstellung  und  für  eine  Steigerung  der- 
selben zu  rhetorischen  Zwecken  einen  gewissen,  jedenfalls  leicht  niis- 
verständlichen ,  Sinti  haben,  streng  wissenschaftlich  ist  er  schwerlich 
festzuhalten.  [Uis  sind  die  von  der  Hegelschen  Philosophie  (der  doch 
die  Herausgeber  nicht  angehören)  beliebten  Kangordnungen  im  Reich 
des  Daseins,  auch  des  geistigen,  so  zuwider,  dasz  wir  zu  jener  mit 
Hecht  berüchliglen  'Aufhebung'  niederer  Sphären  in  den  höh«rn  zu- 
rückzukehren nicht  einmal  scheinen  möchten.  Wir  stellen  jeuer 
einseitig  linearen  Anschauung  entgegen  die  mindestens  ebenso  berech- 
tigte, von  Steinthal  selbst  anderswo  verfochtene  Fiächenanschauung, 
d.  h.  die  absolut  wechselseilige  Bedingtheit  zwischen  niedern  und 
höhern  Begriffen,  woraus  auch  für  die  Wissenschaft  folgt  eine  voll- 
ständige Gleichstellung  aller  Disciplinen  samt  ihren  Gegenständen, 
nach  ihrer  'Würde',  denn  von  blosz  logischer  Ordnung  ist  ja  nicht 
die  Rede.  So  lange  Volksseelen  und  eine  Menschheitsseele  nicht  bes- 
ser nachweisbar  sind  als  einst  die  Weltseele  oder  nicht  ebenso  unab- 
weisbar anzunehmen  wie  die  Seele  des  Individuums,  während  auf  der 
andern  Seite  die  relative  Bedingtheit  des  letztern  durch  die  Gesamtheit 
ebenso  wenig  jemand  leugnen  wird,  hätte  diese  Relativität  zur  Fest- 
stellung der  ^  Würde'  einer  eben  erst  auskriechenden  Wissenschaft  wol 
bessere  Dienste  geleistet  als  deren  Erhebung  über  die  länger  bewährte 
mütterliche  Psychologie  schlechthin.    Wir  bestreiten  auch  die  prak- 

17* 


260     Zeilsclirifl  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft. 

tische  Bevorzugung  der  Gesamtheiten  vor  dem  Einzelnen  nach  jenem 
hlosz  quantitativen  Maszstabe;  wenigstens  darf  das  Individuum  nie 
blos  als  Mittel  geschätzt  weiden.  Von  der  'praktischen  Bedeutung, 
welche  die  Völkerpsychologie  einst  erlangen  könne',  jetzt  schon  zu 
reden  fände  die  "^Ankündigung'  selbst  'mislich';  sie  kann  aber  der 
lockenden  Aussicht  doch  nicht  ganz  entsagen.  Die  Geschichte  kann 
die  'Lehrerin  der  Nationen'  nur  sein,  wenn  sie  'neben  den  Thalsaclien 
auch  die  Ursachen,  in  den  Erscheinungen  auch  die  Gesetze  des  gesam- 
ten geistigen  Lebens  erkennt.'  Dies  wird  nochmals  als  die  'Aufgabe 
der  Völkerpsychologie'  bezeichnet,  welche  'vorzubereiten  und  auszu- 
bauen das  Ziel  dieser  Zeitschrift'  sei. 

Es  wäre  unbillig,  die  Tendenz  der  Zeitschrift  blosz  nach  einer 
'Ankündigung'  beurteilen  zu  wollen,  worin  sie  natürlich  nur  in  ge- 
drängter und  doch  auch  wieder  einigermaszen  rhetorischer  Form  ent- 
halten sein  konnte.  Die  Herausgeber  haben  es  denn  auch  an  weiterer 
Aufklärung,  in  ausführlicherer  und  strengerer  Form  nicht  fehlen  lassen. 
Die  Zeilschrift  selbst  wird  S.  1 — 73  eröffnet  durch  'einleitende  Gedan- 
ken über  Völkerpsychologie',  über  Gegenstand  und  Methode  derselben 
im  allgemeinen,  worüber  zu  reflectieren  auch  der  erste  Teil  unserer 
Arbeit  ist.  Auch  diese  'einleitenden  Gedanken'  sollen  blos  zur  'vor- 
läufigen Verständigung'  dienen,  'den  allgemeinen  Zweck'  des  zu  er- 
richtenden Gebäudes  und,  ungefähr  'wenigstens,  den  Plan  desselben  — 
natürlich  durchaus  unmaszgeblich  —  darzulegen  suchen.'  'Scharf  und 
fest  hat  eben  erst  die  (fertige)  Wissenschaft  selbst  ihr  Wesen  nach 
Form  und  Inhalt  zu  bestimmen;  denn  es  gehört  zur  Natur  alles  mensch- 
lichen Wissens,  dasz  man  erst  im  rüstigen  Fortschritt  die  Wege  des- 
selben, an  erreichten  Zielen  neue  Bahnen  und  nach  gefundenen  Lösun- 
gen neue  Probleme  deutlicli  erkennt.'  (S.  2.)  Wenn  die  Herausgeber 
in  dieser  vorsichtigen  Haltung  hätten  bleiben  können,  so  wären  wir 
des  grösten  Teils  unserer  Einwendungen  überhoben  gewesen.  Wir 
gestehen  aber,  dasz  es  sehr  schwierig  ist,  bei  Gründung  einer  ^^'is- 
senschaft  durch  eine  Zeitschrift  den  rechten  Ton  anzuschlagen  und  ein- 
zuhalten und  wollen  uns  durch  keine  Vorurteile  abschrecken  lassen 
das  weitere  zu  sehen. 

'Wir  gelangen  zu  einem  Einblick  in  unsere  Wissenschaft  von 
drei  verschiedenen  Standpunkten  aus :  von  einem  psychologischen, 
einem  anlhropologischen  und  einem  geschichtlichen.  Von  allen  drei 
Standpunkten  aus  hat  sich  im  Grunde  schon  längst  das  Bedürfnis  einer 
solchen  Wissenschaft  kund  gegeben  und  an  vortrefflichen  Vorarbeiten 
fiir  sie  fehlt  es  gar  nicht;  nur  ist  man  sich  bisher  weder  jenes  Bedürf- 
nisses noch  dieses  Zweckes  der  Vorarbeiten  recht  bewust  geworden.' 
Die  psychologische  Einleitung  geht  aus  von  dem  vielgebräuchlichen 
Worte  'Volksgeisl',  das  doch,  um  wissenschaftlichen  Werth  zu  erlsin- 
gen,  eine  genauere  BegriffsbestiminiHig  verlange.  'Die  Psychologie 
lehrt,  dasz  der  Mensch  durchaus  und  seinem  Vi'csen  nach  gesellschaft- 
lich ist.'  'Der  Geist  ist  das  gomeinsrhafiliche  Erzeugnis  der  mensch- 
lijchen  Gesellschaft.'    (S.  3.)  Die  gesellschaftliche  Natur  des  Menschen 


I 


Zeitschrift  für  Völkcrpsycliologie  und  Sprachwisseiiscliaff.     201 

wird  niemand  bestreiten,    dasz   aber  der   Geist  von  der  Gesellschaft 
'erzeiiift'  werde  sclieiiit   uns  eine  allzu  nieciianisclio  Ausdrucksweise, 
jedenfalls  einseitige  Hervorhebung  des  einen  von  zwei    absolut  sich 
bedingenden  Polen;   nach   der  sonstigen  philosophischen  Anschauung 
ist  der  Geist,   der  individuelle  sowol  als   der  nationale,  wenn  nicht 
geradezu  unerzeugt,  doch  ebenso  sehr  selbst  schon  ursprünglich  er- 
zeugend.   Doch  das  kann  sich  im  Verlauf  ausgleichen.    Die  durch  die 
Rücksicht  auf  die  örtlich  zeitlichen  und  nationalen  Bedingungen   der 
Persönlichkeit  geforderte   Ergänzung  der  Psychologie  kann  nicht  hin- 
terher zugesetzt   werden,   sondern  es   niusz   '^  der  Mensch  als  gesell- 
schaftliches Wesen,  d.  h.  die  menschliche  Gesellschaft,  also  ein  ganz 
anderer  Gegenstand  als  der  einzelne  Mensch',  schon  vorher  M)esonders 
untersucht'  worden  sein.    'Es  handelt  sich  um  den  Geist  einer  Gesamt- 
heit, der  noch  verschieden  ist  von  allen  zu  derselben  gehörenden  ein 
zeinen  Geistern  und  der  sie  alle  beherscht.'    (S.  5.)  Auch  hier  nuiszen 
wir  gegen  die  unmittelbare  Gleiclisctzung  von  "^Mensch  als  geselliges 
Wesen' mit  ^uenschlicher  Gesellschaft'  als  einem  ganz  anderen  "^Gegen- 
stand', und  gegen   die  schlechlhiiiige  'ßeherschung'  der  Einzelgoister 
durch  den  Gesamtgeist  vorläulig  noch   protestieren,  teils  im  Interesse 
der  gewöhnlichen  Logik,  teils  in  dem  der  vorigen  Bestimmungen  selbst, 
mit  denen  die  jetzigen  oirenbar  nicht  recht  harmonieren.  'Es  verbleibe 
also  der  Mensch  als  seelisches  Individuum  Gegenstand  der  individuel- 
len Psychologie  .  .  .;  es  stelle  sich  aber  als  Fortsetzung  neben  sie  die 
Psychologie  des   gesellschaftlichen  Menschen  oder  der  menschlichen 
Gesellschaft.'    Der  Ausdruck  'Völkerpsychologie'  für  die  letztere  \\ird 
dadurch  motiviert,  dasz   für  den  Einzelnen  die  Volksgemeinschaft  die 
nächste,  absolut  notwendige    und    wesentlichste  Vermittlung  mit  der 
Gattung  bilde,  welche   ihrerseits   an  die  Verschiedenheit  der  Völker 
gebunden  sei.    Wenn  im  Lauf  der  Geschichte  geistige  Gemeinschaften 
entstehen,   welche  die  Schranken  der  Volkseinheit  durchbrechen,  'so 
wird  die  Völkerpsychologie  solche  Erscheinungen  nicht  minder  zum 
Gegenstand  ihrer  Belrachfnng  zu  maciien  haben',  um  so  mehr  als  doch 
auch  hier  ein  vorhersehender  Volksgeist  zu  Grunde  liegen  kann,  wofür 
beispielsweise  der  wesentlich  germanische  Charakter  der  mittelalter- 
lichen Culturgemeinschaft  angeführt  wird  (S.  6),  wobei  jedoch  'Volk' 
nicht  in  dem  strengen  Sinne  genommen  ist,  den   wir  ihm  unten  zuge- 
schrieben linden  werden.    Die  Völkerpsychologie  hat  sich  also  zu  be- 
gründen 'als  Wissenschaft  vom  V'^olksgeiste,  d.  h.  als  Lehre  von  den 
Elementen  und  Gesetzen  des  geistigen  Völkerlebens.'  (S.  7.)  Beiläufig 
wird,  mit  Hücksicht  auf  Herbarfs  Annäherung  an  die  Idee  einer  solchen 
Wissenschaft,  das  Verhältnis  derselben  zur  Politik  dem  der  Pädagogik 
zur  individuellen  Psychologie  gleichgesetzt.     Politik   und   Pädagogik 
sind  praktische  Wissenschaften,  Kunstlehren;    die   Psychologie,  auch 
des  Volkes,  bleibt   eine  rein  theoretische  Wisseiiscliaft,   synthetische 
Grundlage  jener  Anwendungen.  (S.  H-9.)  Sofern  aber  der  Staat  nicht 
blosz  'eine  Wirkungsform  geistiger  Kräfte'  ist,  sondern  als  'Complex 
äuszerer  Verhältnisse,  Thätigkcitcn  und  Mittel  eine  reale,  vom  Volks- 


262     Zeilschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaff. 

geist  verschiedene  Maclif  bildet',  gleichsam  den  M.eib',   in  dem  der 
Volksgeist  wie  eine  Seele  wohnt,  'verhält  sich  die  Völkerpsychologie 
zur  Politik  wie  die  individuelle  Psychologie  zur  Physiologie',  nur  dasz 
'der  Volksgeist  auf  die  Form  des  gesellschaftlichen  Lebens  (den  Staat) 
noch  ungleich  gröszern  Einflusz   übt  als   die   Seele    auf   ihren   Leib'. 
(S.  10.)  Hier  beginnen  die  trotz  leilweiser  Verdeutlichung  des  schwie- 
rigen Gegenstandes  anderweitige  Verwirrung  mit  sich  führenden  Ana- 
logien  vom  Verhältnis  zwischen   Seele  und  Leib,   welches    selbst  so 
höchst  unklar  und  streitig  ist,    daher  verbunden  mit    dem  nicht  viel 
festeren  zwischen  Seele  und  Geist  und  dem  ebenfalls  flüssigen  Gegen- 
satze von  Individuum  und  Gesamtheit,  bald  auch  noch  mit  dem  von 
Natur  und  Geist,  ein  wahres  Chaos  von  Begriffen  hervorbringen  musz. 
'Da  der  Volksgeist  doch  nur  in  den  Einzelnen  lebt  und  kein  vom  Ein- 
zelgeist abgesondertes  Dasein   hat,  so  kommen  in  ihm   natürlich  nur 
dieselben   Grundprozesse  vor  wie   in    diesem  .  .  .,  nur   complicierter 
oder  ausgedehnter.'    'Ein  Volk  hat  in   seiner  Dichtung   seine  Einbil- 
dungskraft, zeigt  seinen  Verstand  im  praktischen  Lehen,  sein  Gefühl 
in  der  Ueligion.'    'Die  Verhältnisse,  welche  die  Völkerpsychologie  be- 
trachtet, liegen  teils  zwischen  den  Elementen  des  als  Einheit  gedach- 
ten Volksgeistes,  z.  B.  zwischen  Religion  und  Kunst,  teils  zwischen 
den  Einzelgeistern  die  das  Volk  bilden.'  (S.  10 — II.)   Vom  Volksgeiste 
laufen  offenbar  in  der  ganzen  bisherigen  Erörterung  zwei  Auffassungs- 
weisen neben  einander.    Er  wird  als  ein  von  den  Einzelnen  verschie- 
denes Wesen  dargestellt,  soll  aber  sein  Dasein   nur  an   oder  in   den 
Einzelnen  haben,  die  ihn  'erzeugen',  aber  auch  wieder  von  ihm  'be- 
herscht'  werden.     Wir  wollen  nicht  die  Unvereinbarkeit  beider  be- 
haupten, sind  aber  sehr  gespannt,  ihre  Vereinigung  bald  irgendwie 
erklärt  zu  linden.    Vom  Volke  selbst  kann,  dasz   es  in   den  einzelnen 
Culturelementen    die    einzelnen   Seelenkräfle    'zeige'    oder    vollends 
'habe',  nur  uneigentlich  gesagt  sein,  was  dann,  der  Einheit  der  Hede- 
weise wegen,  ausdrücklich  bemerkt  werden  sollte.    Ueberhaupt  könn- 
ten aber  mit  demselben  Recht  wie  Volk  und  Volksgeist  auch  jene  ein- 
zelnen, aber  allen  Einzelnen  gemeinsamen  Culturelemenle  und  Geistes- 
Ihäligkeiten  mythologisch-allegorisch  personificiert  werden,  was  frei- 
lich mehr  einer  künstlerischen  als  einer  wissenschaftiiciien  Darstellung 
von  Völkerpsychologie  ähnlich  sähe.     Hier   nuiszen  wir  nur  noch  fra- 
gen, ob,  angenommen  dasz  der  Volksgeist  nur  in  den  Einzelnen  lebe 
ohne  eine  eigene  Substanz  zu   sein,  in  ihm  'natürlich'  nur  dieselben 
Prozesse  vorkommen   wie    im   Einzelgeist.     Diese   Folgerung  scheint 
uns  keineswegs  so  selbstverständlich;  es  fragt  sich,  ob  bei  der  grösz- 
ern '  Complication  und  Ausdehnung'  der  in  ihm  sich  wiederholenden 
Prozesse  des  Einzelgeistes  nicht  einige  derselben  eben  durch  die  quan- 
titative Zunahme  des  Ganzen  auch  qualitativ  wesentlich  verändert  oder 
fast  ganz  verdunkelt  und  unterdrückt,  dagegen  andere  dem  Einzelgeist 
fremde  hervorgerufen  werden.    Was  wir  hier  gegen  die  Herausgeber 
bemerken,  müszen  wir  auch  gegen  die  ähnlichen  Behauptungen   fest- 
halten, die  S.  388—391  von  anderer  Seite  vorgebracht  werden,  übri- 


Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft.     263 


gens  dort  verbundon  mit  einer  entschiedner  nominalisllschen  Ansicht 
von  VolUägoist  ('real  sind  einzig  und  allein  die  Individuen'),  ein  Be- 
weis (iasz  man  von  Völkerpsychologie  reden  kann  ohne  über  specula- 
tive  ürundlagon  derselben  einig  zu  sein.  Nur  niil  jenem  Vorbehalt  also 
können  wir  dem  SchUiszsatz  der  Auseinandersetzung  S.  ll'dasz  die 
individuelle  Psychologie  zugleich  die  Grundlage  der  Völkerpsycholo- 
gie enthalte',  beistimmen. 

Von  Seite  der  Anthropologie  ölTnel  sich  der  Eingang  in  die  'Völ- 
kerpsychologie', sofern  jene  auch  von  der  DilTerenz  der  Volkscharak- 
tere und  den  Gründen  derselben  handelt,  nur  freilich  in  ungenügender 
Weise,  weil  die  physiologischen  und  klimatischen  Verhältnisse,  von 
denen  sie  ausgeht,  zur  Erklärung  der  psychischen  Thatsachen  des 
Volksgeisles  nicht  ausreichen.  (S.  12.  Man  vergleiche  dazu  die  Be- 
sprechung von  'Waitz,  Anthropologie  der  Naturvölker'  S.  394  —  412 
d.  Z.)  An  die  Anthropologie  schlieszt  sich  die  Ethnologie,  welche 
nur  zu  ihrem  zoologischen  Gebiet  einen  psychologischen  Teil  hinzu- 
zufügen hätte,  worin  die  spezifischen  Lebensweisen  und  Thätigkeits- 
formen,  die  geistige  Natur  der  verschiedenen  Völker  zu  ergründen 
wäre,  angeknüpft  an  die  Geographie  in  der  Weise  von  Ritter  und  vie- 
len Neuern  (vgl.  die  Anzeige  von  'Andree,  geograph,  Wanderungen' 
S.  212  —  20,  und  von  'ßogumil  Goltz,  der  Mensch  und  die  Leute', 
S.  244 — 53  d.  Z.)  und  an  die  Geschichte,  in  Analogie  mit  den  zoolo- 
gischen Schichten  der  Erdrinde,  wie  in  den  Abhandlungen  des  Baron 
von  Eckstein  (von  denen  auch  die  Zeitschrift  S.  266 — 294  eine  Probe 
enthält),  S.  13—15. 

Bei  dem  dadurch    herbeigeführten   dritten  Standpunkt,  dem    ge- 
schichtlichen, entsteht  die  Frage,  ob   die  Psychologie  überhaupt  den 
Natur-  oder  den  Geschichtswissenschaften  beizuzählen  sei.    Sofern  sie 
eine   gleichbleibende   Geselzmäszigkeit    gewisser    Prozesse    darstellt, 
scheint  sie  zu   den  Naturwissenschaften   zu  gehören;  da  sie  aber  zu 
ihrem  Gegenstande   den   Geist  hat,  dessen  Wesen  auch   Freiheil   und 
Fortschritt  enthält,  so  wird  ihre  Stellung  eine  mittlere  sein,  entspre- 
chend der  Doppelseitigkeit  des  Geistes  selbst.    Die  Aufgabe  der  Psy- 
chologie ist  aber  eben  nicht  blosz,  das  Nebeneinander  dieser  zwei  Sei- 
ten im  Geiste,  sondern  ihre  'Vermittlung  und  Durchdringung'  nachzu- 
weisen, welche  als  die  spezifische  Gesetzmäszigkeit  des  Geistes  über 
den  ewigen  Kreislauf  der  Natur  hinausgeht,    (S.  15 — 17.)    Worin  die- 
ser Fortschritt  bestehe  wird  S.  18  sehr  treffend  gezeigt,  in  einer  die 
Schleiermachersche  Theorie  von  ethischen  'Organen'  und  'Symbolen' 
vertiefenden  ^^'eise.     Wenn  nun   die  Naturwissenschaften  in  Naturge- 
schichte und   Naturlehre   zerfallen,  jene  das  gewordene  wirkliche  Da- 
sein beschreibend,  diese  sein  Werden  aus  den  wirkenden  Elementar- 
kraften  erklärend,  wenn  also,  wie  schon  der  Name  zeigt,  die  srlslecht- 
hin  sogenannte  'Geschichte'  auf  Seite  des  Geistes  der  'Naturgeschichte' 
entspricht,  so  musz  der  'Naturlehre'  die  Völkerpsychologie  als  'Phy- 
siologie des  geschichtlichen  Lebens  der  Menschheil'  gegenübertreten. 
'Wie  die  Biographie  der  einzelnen  Persönlichkeit  auf  den  Gesetzen  der 


264      Zeilschrift  für  Völkeriisychologie  und  Sprachwissenschaft. 

individuellen  Psychologie  beruht,  so  hat  die  Geschichte,  d.  h.  die  Bio- 
graphie der  Menschheit,  in  der  Völkerpsychologie   ihre   rationale  Be- 
gründung zu  erhalten.     Die  Psychologie  in  ihren  beiden  Zweigen  hat 
also  für  Biographie  und  Geschichte  zu  leisten  was  die  Physiologie  für 
die  Zoologie'.  (S.  19.)  Auch  diese  Analogien  haben  wie  die  obige  von 
Seele  und  Leib  entnommene,  wovon  sie   nur  eine  Fortsetzung  sind, 
etwas  einleuchtendes,  bestechendes,  gewis  auch  etwas  fruchtbar  an- 
regendes, aber  sie  verletzen  das  nüchtern  wissenschaftliche  Gewissen. 
Nachdem  gerade  vorher  das  Hinausschreiten  des  Geistes  über  die  Na- 
tur so  schön  gezeigt  worden,  fallen  wir  mit  dem  Schlusz  von  ihr  auf 
ihn  in  die  blosze  Parallele  zurück.    Es  werden  die  Fugen  des  wissen- 
schaftlichen Gebäudes  verrückt,   wenn  hier  die  (Völker-)Psychologie 
als  Physiologie  (der  Geschichte)  erscheint,  wärend  S.  216 — 17  beide 
Wissenschaften  sorgfällig  unterschieden  und  die  Physiologie  vom  un- 
mittelbaren Bereich  der  Zeilschrift  ausgeschlossen  wird,  um  nicht  durch 
'voreilige   und  zu  weit  übergreifende  Verbindung  von  Disciplinen  fal- 
sche ßegrilTe'  zu  veranlassen.    Gerade  der  Zusatz  (Physiologie)  Mer 
Geschichte',  welcher  das  schroffe  einer  förmlichen  Gleichsetziing  mil- 
dern soll,  bricht  auch  einer  bloszen  Vergleichung  die  Spitze  ab,  indem 
er  den  ganzen  Standpunkt  verschiebt.    Es  stört  uns  auch  die  damit  zu- 
sammenhangende Incongruenz  des   Begriffes  ^Völker'  (-psychologie) 
mit  dem  Begriff  (Lebensgeschichle  der)  ^Menschheit'.    Bedenken  gegen 
den  Namen  '  Völker-psychologie'  in  dieser  Hinsicht  werden  auch  von 
dem  schon  oft  citierten  Mitarbeiter  S.  390 — 92  erhoben,  und   durch 
die  Gegenbemerkung  der  Redaction  S.  391  Note,   dasz  der  Name  'so 
zu  sagen  a  poliori  gewählt'  sei,  nicht  beseitigt;  aber,  zugegeben  dasz 
'Völkerpsychologie'  nach  der  einen  Seite  gleich  gelte  mit  'Volkspsy- 
chologie', wie  dann  besser  gesagt  würde,  nach  der  andern  mit  'psy- 
chologischer Anthropologie'  als  Psychologie  der  Menschheit  nacii  S.  391, 
zugegeben    ferner   dasz    die  Menschheit  nur  in   den  Völkern  bestehe 
und  lebe,  so  musz  sie  doch  daneben  noch  etwas  für  sich  sein,  so  gut 
wie  das  Volk   noch   etwas  neben  und  über  den  Individuen  war,  wenn 
wenigstens  mit  einigem    Sinn    von   einer  Lebensgeschichte   desselben 
analog  der  des  Individuums  soll  gesprochen  werden  können.    Jeden- 
falls kann  hier,  wie  schon  oben  beim  Volk  im  Verhältnis  zum  Indivi- 
duum, gefragt  werden,  ob  sich  nicht  im  Zusammenwirken  der  Völker 
Erscheinungen  und  Gesetze  ergeben,   die  beim  einzelnen  Volk  nicht 
vorkommen  und  auch  für  die  Gattung  als  relativ  selbständige  Einheit 
eine  eigene  physiologische  und  psychologische  Grundlage   ihrer  Ge- 
schichte verlangen.    Wird  ihr  nur  die  des  nächst  untern  Gliedes  zuge- 
schoben,  so  entgeht  sie  diesem,  die  Verschiebung  pflanzt  sich  vor- 
und  rückwärts  fort  und  endigt  mit  Unterkühlung  des  ganzen  Baus,  der 
unvermeidlichen  Folge  des  'vorläufigen'  Construierens  unfertiger  Be- 
griffe.    Dieses    bei   jedem    Schritt    wiederkehrende    Bedenken    wiegt 
schwerer  als  die  andern,  mit  deren  Beseitigung  die  Herausgeber  S.  21 
— 22  leichtes  Spiel  haben,  dasz  nemlich  eine  psychologisch  begriffene 
Geschichte  ihre  Würde  und  Erhabenheit  verliere  und  dasz  die  Causa- 


Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft.      265 

lität  die  Freiheit  vernichte,  was  schon  dnrcli  die  frühere  Feslstellnng' 
des  geistigen  VN'esens  gegenüber  der  Natur  erledigt  ist.     Der  bisheri- 
gen '^  Philosopliie  der  Geschichte'  wird  mit  Ixecht  vorgeworfen,  dasz 
sie  'statt  Gesetze  der  Völkerentwicklung  zu  entdecken,  meist  nur 
eine  übersichtliche  und  räsonnierende  Darstellung  des  geistigen  Inhalts', 
der  Errungenschaft  gewisser   Perioden  gegeben  habe,   was   von  der 
Hegeischen  noch  in  besonderem  Sinne  gilt.    (S.  20.)    Solcher  Armut 
gegenüber  werden  die'Ciilturhisloriker,  Philologen  und  Sprachforscher' 
empfohlen,  deren  ^Verke  als  Maierialiensnmmlungen   von  Thatsachen 
'sich  zur  Völkerpsychologie  verhalten  wie  Biographien   und  Novellen 
zur  Psychologie',  d.  h.  einer  nutzbaren  Bearbeitung  fiihig  aber   auch 
bedürftig  sind.    (S.  23.)   Es  wird  betont,  Masz  die  Völkerpsychologie 
nur  von   den  Thalsachen   des  Völkerleliens   ausgehen    kann',  sich 
von  constructivem  Verfahren  und  metaphysischen  Streitfragen  fern  hal- 
ten solle.   Die  Quelle  der  Thalsachen  ströme  reichlich  genug;  auch  für 
die  Kindheit  des  31enschengeschlechts  gewähre   die  zunehmende  Be- 
kanntschaft mit  den  wilden  Völkern,  die  Erkenntnis  der  Urzusländo 
aus   der  etymologisch  erhellten  Ursprache  der  Culturvölker   und  die 
Anschauung  relativ  wilder  naturwüchsiger  Zustände  des  jungem  Ame- 
rika Belehrung  genug.    (S.  24.)    Wir  stimmen  in  diesen  Appell  an  die 
'Thatsachen'  freudig  ein;  wenn  aber  S.  252  über  die  Darstellungsweise 
von  B.  Gollz  richtig  bemerkt  wird,  'es  fehle  ihr  meist  an  jenen  exacten 
Mittelbegriffen,   durch   welche  aus   der   ganzen   Breite  der   einzelnen 
Thatsachen   allmählich  zu  den  höchsten  Ideen  aufgestiegen   wird',  er 
trachte  im  Gegensatz  zu  aller  'Betrachtung   der  Dinge   mit   fertigen 
scheniatischen  nnd  scholastischen  Begriffen'   nach  einer  'mystischen' 
unmittelbaren  Verbindung  des  Individuellsten  mit  dem  Allgemeinsten, 
wovon  auch  die  Speculalion  zuweilen  angeflogen  werde,  die  wahre 
Erkenntnis  aber  sich  enthalten  müsze,  so  möchten  wir  erinnern,  dasz 
eine  gesunde  'Mystik'  geschichtlich  die  Vorläuferin  groszer  geistiger 
Reformen  zu  sein  scheint,  dasz  auch  die  kleinere  Reform,   deren  Trä- 
gerin die  'Zeitschrift  für  Völkerpsychologie'  werden  soll,  noch  ziem- 
lich tief  in  jener  'Mystik'  steckt  und  dasz  wir  alle,  Redactoren  und 
Mitarbeiter,  uns  gleichmäszig  bestreben    müszen,  den  S.  253   aufge- 
stellten Canon  nie  aus  den  Augen  zu  verlieren. 

'Das  ganze  Gebiet  völkerpsychologischer  Thatsachen  zerlegt  sich 
in  zwei  Teile,  Es  soll  gehandelt  werden  vom  Volksgeisle  und  von 
den  Volksgeistern,  und  zwar  beides  zugleich  mit  Bezug  auf  Geschichte 
...  Es  verhalten  sich  beide  Teile  der  Völkerpsychologie  zur  Geschichte 
als  synthetische  Grundlage  derselben;  davon  abgesehen  aber  steht  der 
erste  Teil  zum  zweiten  selbst  wieder  in  gleichem  Verhältnisse.' (S.  25.) 
Oder  noch  vollständiger:  die  Psychologie  steht  zur  Biographie  und 
Geschichte  in  dem  Gegensatz  der  erklärenden  Naturwissenschaft  zur 
beschreibenden,  der  Wissenschaft  von  den  abstracten  Elementen  zu 
der  von  den  concreten  Producten  (s.  oben);  relativ  genommen  steht 
aber  die  individuelle  Psychologie  zur  Völkerpsychologie  und  deren 
erster  Teil  zum  zweiten  in  demselben  Gegensatze.    (S.  26.)    Dasz  die 


266     Zeilschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft. 

individuelle  Psychologie  abstracter  sei  als  die  Völkerpsychologie  ist 
jedenfalls  nur  sehr  ^relativ'  richtig,  sofern  nemlich  das  Individuum 
allerdings  nur  im  Schosze  eines  Volksganzen  vorkommt;  im  übrigen 
verhält  es  sich  nach  gewöhnlicher  Ansicht,  ja  auch  nach  der  von  den 
Herausgebern  sonst  so  stark  hervorgehobenen  Priorität  eben  dieses 
Volksganzen,  eher  umgekehrt  und  die  Völkerpsychologie  erscheint 
besonders  für  den  Anfang  'abstract'  genug!  'Demnach  können  wir  den 
ersten  Teil  völkergeschichtliche  Psychologie  nennen,  den 
zweiten  psychische  Ethnologie,  wärend  für  das  Ganze  der  Name 
Völkerpsychologie  gelten  mag.'  S.  27. 

Erst  nach  diesem  Ueberblick  bringen  nun  die  'einleitenden  Ge- 
danken' selbst  den  uns  schon  längst  in  drohender  Gestalt  aufgestiege- 
nen 'Zweifel  an  der  Anwendung  des  Begriffs  der  Psychologie  auf  das 
Völkerleben',  dasz  nemlich  'weil  eine  Psyche  des  Volkes  im  eigent- 
lichen Sinn  undenkbar,  die  Substanz,  welche  als  Träger  der  Thätigkeit 
gedacht  werden  musz ,  zu  fehlen  scheint.'    Gegen   dieses  Hauptbeden- 
ken werden   wir  zunächst  damit  getröstet,  dasz   'die  Erkenntnis  der 
Substanz  und  Qualität  der  Seele  keineswegs   das  Ziel  oder  auch  nur 
das  Wesentliche  der  Aufgabe  sei,   welche  die  Psychologie  zu   lösen 
habe.'     'Vielmehr   besteht   diese   wesentlich   in  der   Darstellung   des 
psychischen  Prozesses,  also  in  der  Entdeckung  der  Gesetze,  nach  de- 
nen jede  innere  Thätigkeit  des  Menschen  vor  sich  geht,  und  in  der 
Auffindung    der    Ursachen   und    Bedingungen   jedes    Forlschrittes   und 
jeder  Erhebung  in  dieser  Thätigkeit.    Wir  könnten  deshalb,  da  man... 
den  unterschied  zwischen   Seele  und  Geist  darin   begreift,  dasz  jene 
eine  Substanz,  ein  reales  Etwas,  dieser  aber  mehr  die  blosze  Thätig- 
keit bedeutet,  die  Psychologie  in  Seelenlehre  und  Geisteslebre  unter- 
scheiden, so  dasz  jene  .  .  .  eigentlich  einen  Teil  der  Mela|)hysik  oder 
Naturphilosophie,    diese  .  .  .  die  eigentliche    Psychologie    ausmacht.' 
'Von  einer  Völkerpsychologie'  kann  dann  also   nur  die  Kede  sein  'als 
Volks gei  st  e  sichre  in  dem  engern  Sinne,  wie  man  auch  von  der  mo- 
ralischen Persönlichkeit  eines  Siaales,  einer  Gesellschaft  redet.' 
S.  28.    Aber  was  soll  solches  in   der   wissenschaftlichen  Psychologie 
am  wenigsten  gangbare  und  schon  S.  7  in  starken  Ausdrücken  als  un- 
genügend erklärte  'Gerede'?  Und  'wenn  auch  eine  subslanzielle  Seele 
des  Volksgeistes  nicht  erfordert  wird  ...  so  müszen  wir  doch  jeden- 
falls  und  nur  um  so  mehr   den  Begriff  des  Subjects  feststellen  um 
von  ihm   etwas  (die  geistige  Thätigkeit  mit  ihren  Gesetzen)  prädizie- 
ren  zu  können.'    Wir  haben  also  mit  jener  Teilung  der  Psychologie 
nicht  viel  gewonnen;  im  Hintergrund  der  Geisteslebre  lauert  die  still- 
schweigend immer  vorausgesetzte  Seele,  um  in  irgend  einer  Gestalt, 
sei  es  auch  nur  als  'Subject'  hervorbrechend  ihr  zurückgedrängtes 
Recht  geltend  zu  machen.    Wir  sehen  uns  neuerdings  in  metaphysische 
Speculationen   gestürzt  und  können   von   einem  'Subject  ohne  Seele' 
nichts  erwarten  als   die  Hegeische  Auflösung  aller  Substanz  in  der  ab- 
soluten Tbiiligkcit  mit  allen  Widersprüchen  der  causa  sui.    Doch  sehen 
wir   zu  was  herauskommt.    '  Die  blosze   S  u  m  m  e   aller   individuellen 


Zeilschrift  fiir  Völkcrpsycliologie  und  Sprachwissenschaft.      267 

Geisler   in   einem  Volke    kann    nicht   den  BegrilF   ihrer    Einheit   aus- 
machen',  nur  Mas   subsfanziello  Wesen   des  Volksgeistes',    der   die 
Vielheit  erst   zu   einem  Volke  macht;    er  selbst  ist  also   ^  das  allen 
Einzelnen  Gemeinsame  der  innern  Thätigkeit.'    (S.  29.)    Nun   kehren 
die   unvermeidlichen   Schwierigkeiten    wieder.     S.  30  heiszt  es :  ^Kast 
alle  Momente  des  geistigen  I.ehens  .  .  .  bilden  trotz  ihrer  Differenz  und 
Zersplitterung  in  den  Individuen,   durch  ihren   innern  Zusammenhang 
eine  wahrhafte  Monas  im  Volksgeiste,   sind   der  geforderten  Einheit 
des  Subjects  darin  völlig  angemessen  und  dadurch  geeignet  als  Priidi- 
cate  desselben  bezeichnet  zu  wcKJen.    Andrerseits  ist  aber  doch  der 
Volksgeist  nicht  eine  solche  Monas,  dasz  der  Einzelne  sich  gänzlich 
in  ihr  verlöre;  es  ist  vielmehr  auch  dies  wesentlich  fiir  den  Volksgeist, 
von  den  Einzelnen  fortwiirend  getragen   und  geschalFen  zu  werden'. 
Die  Wechselwirkung,  die  wir  oben  für  dies  Veriiällnis  verlangteu,  wird 
S.  31  förmlich  zugegeben,  aber  sie  läszt  wahrlich  den  BegrilF  ^Monas' 
weder  als  identisch  mit  'Volksgeist'  noch  'im  Volksgeisl'  zu,  vollends 
keine   Monas,    die  das  Priidicat  'Subject'  zu  tragen  im  Stande  wäre. 
Anschaulich,  und   dabei  eben  so  scharf  als   tiefsinnig,  erscheint 
uns  die  folgende  Entwicklung  des  Begriffes  'Volk'  S.  32 — 38.    Hier 
mag  die  Annihme  eines  wahren  Subject-Objectes  .^  eines  nur  in  ewiger 
Selbsterzeugung  existierenden  BegrilFes   eine  Stelle  haben;   aber   ein 
solches  nationales  'Ich'  verlangt  wie  das  individuelle  ein  substanziel- 
les  Substrat  der  absoluten  Thätigkeit  die  es  selber  ist.     Als  solches 
erscheinen  in  der  Darstellung  nur  die  Einzelnen,  in  deren  jedem  sich 
das  Bewusfsein  der  Volkseinheit  vollziehen   musz,   um  dem  Begriffe 
*Volk'   selbst  Wahrheit  zu  geben.     Die  Herausgeber  erkennen  selbst 
gar  wol  den  Zirkel,  in  dem  sie  sich  mit  der  Definition  S.  35  bewegen: 
'ein  Volk  ist  eine  Menge  von  Menschen  ,  welche  sich  für  ein  Volk  an- 
sehen', sie   finden  ihn  aber  im  Wesen   der   Sache  selbst  liegend   und 
lehnen  die  Verantwortung  dafür  mit  dem  Satze  ab,  dasz  die  bestimm- 
tere Definition  eben  nur  jedes  betreffende  Volk  selbst  zu  geben,  die 
Wissenschaft  die  verschiedenen  nur  zu   erläutern  habe;   aber  wie  sie 
trotzdem  in  den  Widersprüchen  des  BegrilFes  fortfahrend  den  Satz  S.  36 
aufstellen  mögen:  'genauer  ausgedrückt  ist  Volk  das  erste  Erzeugnis 
des  Volksgeistes;    denn  nicht  die  Einzelnen  als    solche   schafFen  das 
Volk,  sondern  insofern   sie    ihre  Vereinzelung   aufheben',   begreifen 
wir  in   der  That  nicht  mehr.    Das  'Volk'  soll  ein    'geistiges'  (man 
möchte  fast  eher  sagen  'geisterhaftes')  Wesen  sein,  'ohne  etwas  was 
man  anders  als  nach  bloszer  Analogie  ganz  eigentlich  seinen  Leib  nen- 
nen könnte';  und  doch  soll  es  erst  noch  einen  Volks  gei  st  geben  und 
das  'Volk'  selbst  'dessen  erstes  Erzeugnis'  sein,  also  das  Compositum 
vor  dem  Simplex!    Wir  anerkennen,  dasz  der  BegrilF 'Volk'  objecfiv 
mit  Widersprüchen  behaftet  ist  (wie  die  einzelnen  wirklichen  Volks- 
charaktere nach  S.  220  und  wie  ähnliche  scheinbare  SubstanzbegrilFe 
nach  S.  505  ff.),  aber  nach  unserer  Ansicht  sollte  man  bei  der  Lösung 
stehen  bleiben,  dasz  die  Einzelnen  das  Volk  nie  sind,  sondern  es  nur 
unaufhörlich  in  ihrem  Bewustsein  schaffen.    Ein  BegrilF  von  so  luftig 


208     Zeilscluift  £ür  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft, 


subjectivem  Wesen  eignet  sich  höchstens  zum  heuristischen  Erkennl- 
nisprincip  einer  Wissenschaft  (dann  hätte  er  aber  offen  vorangestellt 
werden    und   die  folgenden  mühseligen  Deductionen  unterbleiben  sol- 
len), nimmermehr  zu  ihrem  Realgrund  und  Namen.    Das  populäre  Den- 
ken fühlt  sich  zwar  immerfort  gedrängt,  dem  Volk  Leib,    Seele   und 
Geist  in  der  Weise  wie  dem  Individuum  unterzuschieben,  aber  das 
wissenschaftliche   widerstrebt  der  Versuchung,   jenen   Act   förmlich, 
mit  Anspruch  auf  strenge  Geltung  und   weitere  Anwendung,  zu  voll- 
ziehen;  es  leidet  lieber  einen   Widerspruch   zwischen    sich   und   der 
Wirklichkeit  als  in  seinem  Innern   allein  und  gelröstet  sich  einer  all- 
mählichen Aufhebung  des  erstem,  indem  entweder  weitere  Untersuchun- 
gen  uns  berechtigen  werden,  jene  Hypostasen  im  Gebiet  des  Volks- 
lebens wirklich  anzunehmen  oder  durch  anderweitige  Ergebnisse  jener 
Drang  von  uns   weichen  wird.     Versuchsweise,  von  subjectiv  ästheti- 
schem Standpunkt  aus  und,  was  nicht  unwesentlich  ist,  im  Rückblick 
auf  eine  entsprechende  Leistung,  übrigens  sehr  anziehend  und  lehr- 
reich bei  aller  Kürze,  hat  neulich  G.  Freitag,  am  Schlusz  des  zweiten 
Bandes   seiner  'Bilder  aus  der  deutschen  Vergangenheit'  S.  401 — 406, 
von  'Seele'  und  'Persönlichkeit'  des  Volkes,  vom  Verhältnis  des  Ein- 
zelnen zur   Gesamtheit,   von   der  Verschiedenheit  der  Leben^gesetze 
beider,  zuletzt  auch  von  Völkerseelen ,  als  den  höchsten  geistigen  Ge- 
bilden die  unserer  Erkenntnis  zugänglich  seien,  gesprochen.    In  dieser 
freieren  Weise  davon  zu  reden  mag  jedem  erlaubt  und  sogar  persön- 
liches Bedürfnis  sein,  wird  aber   auch   noch   fiir  längere  Zeit  die  ein- 
zige Weise  bleiben,  in  der  von  jenen  Mysterien  geredet  werden  kann; 
eine  Wissenschaft  'Völkerpsychologie'  hat  Freitag  wol weislich  nicht 
genannt.     Gerne  möchten  wir  aus  der  groszen  Liberalität,  womit  die 
Heransgeber  am  Schlüsse  der  Einleitung  S.  69 — 73  nochmals  über  die 
Unabhängigkeit   der  Völkerpsychologie   von    metaphysischen   Voraus- 
setzungen,  sogar    von    bestimmten    psychologischen    Principien, 
über  die  breite  Grundlage,  auf  der  ans  dem  Besondern  das  Allgemeine 
sich  gleichsam  von  selbst  eiliebesi  soll,  über  das  freie  Zusammenwirken 
aller  Mitarbeiter  reden,  den  Schlusz  ziehen,  sie  seien  im  Grunde  mit 
unsern  Restrictionen  vollkommen  einverstanden  und  legen  auf  die  Ge- 
staltung ihrer  Ideen  als  besondere  Wissenschaft  selbst  kein  groszes 
Gewicht;  aber  dann  hätten  sie  auch  dem  Versuch  derselben  nicht  so 
viel  Raum  und  Schein  gönnen  und  sich  wenigstens  auf  dem  Titel  der 
Zeitschrift  des  fatalen  Wortes  'Völkerpsychologie'  enthalten  müszen, 
womit  sie  wahrscheinlich  dem  ganzen  Unternehmen  mehr  Feinde  als 
Freunde  zugezogen  haben.    Wir  meinen  mit  Dr  Gerland  S.  387:   'Die 
Wissenschaft  der  Völkerpsychologie  kann  nur  insofern  als  eine  wirk- 
lich neue  auftreten  als  sie  das  was  bisher  zerstreut  auf  dem  Gebiet 
der  Naturwissenschaften  .  .  .  der  Sprachforschung,  der  Geschichte  und 
namentlich  dem  der  Psychologie  geleistet  wurde,  einheitlich  zusammen- 
faszt.  Das  Auftreten  einer  solchen  Disciplin  ist  mit  der  gröszien  Freude 
zu  begrüszen,  denn  es  beweist  wie  endlich  die  einzelnen  Zweige  der 
Wissenschaft  in  sich  fest  genug  begründet  sind  um  über  ihre  Grenzen 


Zeilsclirift  für  Völkerpsycliologie  und  Sprachwissenschaft.     2(>9 

zu  blicken  inid  sich  ^egensftifig'  zu  ergänzen.'  Wir  hegen  die  Ueber- 
zengiing,  dasz  alles  >>'esenHiche  und  Dauerhafte,  was  in  dem  Unter- 
nehmen der  Zeitschrift  liegt,  sich  auch  in  weniger  aulTallender  Form 
vielleicht  noch  vorteilhafter  ankündigen  und  an  die  vorhandenen  Vor- 
arbeiten anknüpfen  liesz,  aber  ebenso  bestimmt  sprechen  wir  die  An- 
sicht aus,  dasz  der  mit  dem  andern  Verfahren  begangene  Fehler  kei- 
neswegs entscheidend  für  das  Unternohmen  im  ganzen  sein  kann,  mit 
dem  jeder  aufmerksame  und  für  die  Sache  selbst  offene  Leser  sich  im 
übrigen  leicht  befreunden  wird.  Nachdem  wir  also  den  einzigen  Tadel, 
zu  dem  wir  uns  im  Interesse  der  Wahrheit  veranlaszt  fanden,  ohne 
hückhalt,  vielleicht  nur  zu  ausführlich,  geiiuszert  haben,  können  wir 
um  so  freier  und  freudiger  unsere  lebhafte  Zustimmung  zu  allem  fol- 
genden, von  dem  bisherigen  ziemlich  unabhängigen,  bezeugen,  und 
wenn  wir  den  Rest  des  Programms,  der  concreter  von  den  einzelnen 
Gegenständen  und  den  Beiträgen  der  verschiedenen  Wissenschaften 
zum  gemeinsamen  Zwecke  handelt,  dargelegt,  sodann  die  besondere 
Stellung  der  Sprachwissenschaft  im  ganzen  Plane  werden  geprüft  ha- 
ben, bleibt  uns  nichts  übrig  als  die  bedeulendern  der  bisher  erschie- 
nenen Arbeiten,  die  nicht  schon  gelegentlich  erwähnt  wurden,  kurz  zu 
charakterisieren.  Anzeige  von^  'Anzeigen',  so  weit  sie  nicht  allgemei- 
nere bereits  ausgehobene  Gedanken  enthalten,  wird  niemand  erwarten; 
aber  auch  zu  ausführlicher  Recension  der  eigentlichen  Abhandlungen 
würde  uns  der  Raum  und  Sachkenntnis  in  den  verschiedenen  Zweigen 
gebrechen.  Es  kann  auch  nicht  darauf  ankommen,  einzelnen  etwaigen 
Fehlern  nachzuspüren,  wenn  nur  der  Beweis  geleistet  ist,  dasz  das 
neue  Gebiet  des  Anbaus  fähig  und  werth  ist  und  denselben  zu  finden 
begonnen  hat,  natürlich  nur  auf  einzelnen  Punkten;  denn  niemand  wird 
verlangen,  dasz  der  erste  Jahrgang  auch  nur  Anfänge  in  allen  Zweigen 
aufweise;  er  kann  in  dieser  Beziehung  für  die  Zukunft  der  Zeitschrift 
so  wenig  maszgebend  sein  als  die  systematischen  Partien  der  Einleitung. 
'Es  sind  zunächst  in  einem  besondern  Capitel  die  Einflüsse  der 
Natur,  des  Bodens,  Klimas,  der  Nahrung  usw.  zu  erwägen.  Dieses 
Capitel  musz  besonders  dem  Naturforscher  empfohlen  werden'.  S.  38. 
'Wichtiger  noch  als  die  Natur  sind  die  Schicksale  der  Völker,  und 
besonders  von  constitutiver  Wichtigkeit  für  den  Volksgeist  nach  seinem 
innern  Wesen  sind  die  vorgeschichtlichen  Schicksale.  Es  gehört  jedes 
Volk  erstlich  einem  Völkerstamme,  einer  Rape  an'.  S.  39.  'Unter  den 
Elementen  des  Volksgeistes  selbst  ,  .  .  steht  obenan  die  Sprache.' 
Sie  ist  das  erste  Erzeugnis,  der  vollkommenste  Ausdruck  des  Volks- 
goisies,  und  von  mächtiger  Rückwirkung  auf  ihn.  S.  39.  'Alle  Ele- 
mente die  das Volksbewustsein  ausmachen,  Religion,  Sitte,  Verfassung 
usw.  sind  ein  Gedanken  inha  1 1;  die  Sprache  allein  stellt  neben  dem 
Vorstellungsinhalt  in  den  Wörtern  auch  die  Gedanken  form  dar,  die 
Gedanken  b  e  weg ung  in  der  Wortbeugung  und  den  Satzbildungsmit- 
teln. Die  Sprache  enthält  nicht  blos  die  \A'eUanschauung  des  Volkes, 
sondern  ist  auch  das  Abbild  der  anschauenden  Thätigkeit  selbst.' 
'Die  nächste  Aufgabe  wäre  die  Betrachtung  des  Wortschatzes  als  des 


270     Zeilschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft. 


Umfangs  des  Begriffskreises  eines  Volkes.  Charakteristisch  ist  schon 
die  Weite  des  ümfangs,  ob  eine  Sprache  überhaupt  wortreich  ist; 
wichtiger  aber  noch  ist  der  lieichltim  oder  die  Armut  innerhalb  der 
besondern  Gebiete  .  .  .  Aber  nicht  sowol  auf  die  Manigfalligkeit  der 
Vorstellungen  kommt  es  an  als  auf  die  Tiefe  und  Schärfe,  Avomit  Völ- 
ker das  Wesen  der  Dinge  und  Begriffe  erfassen,  auf  die  Wesentlich- 
keit mehr  als  auf  die  Feinheit  der  Unterschiede  welche  sie  hervorhe- 
ben.' Sodann  wären  'die  Gesetze  der  Entwicklung  der  mehrern  Be- 
deutungen eines  Wortes  aus  der  etymologischen,  und  somit  auch  des 
Wortschatzes  aus  der  verhäitnismäszig  geringen  Anzahl  von  Urwur- 
zeln,  sowol  im  allgemeinen  als  auch  mit  Bezug  auf  das  Charakteristi- 
sche der  einzelnen  Völker  darzulegen.  Dasselbe  ist  zu  thun  für  die 
Wortbildungs-  und  Flexionsmitlel  .  .  .  Endlich  sind  Gesetze  aufzustel- 
len für  die  Entwicklung  und  Geschichte  der  Sprachen  überhaupt.' 
S.  42 — 43.  Eine  weitere  Ausfuhrung  und  Ergänzung  dieses  Planes 
enthält  der  '  Entwurf  eines  Systems  der  Etymologie,  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  Völkerpsychologie',  S.'-SiO — 87  d.  Z. 

Mit  der  Sprache  eng  verknüpft  ist  Mythologie.  '3Iythologie 
ist  eine  Apperceptionsform  der  Natur  und  des  Menschen,  eine  Anschau- 
ungsweise auf  einer  gewissen  Stufe  der  Entwicklung  des  Volksgeistes; 
sie  schlieszt  keinen  Inhalt  aus,  welcher  Gegenstand  des  Volksbewusl- 
seins  werden  kann',  und  so  wird  S.  85  ff.  gezeigt,  wie  sie  auch  in 
der  innern  Sprachform  selbst  ihr  Wesen  treibt.  'Nicht  aus  Beligiosiläl 
sehen  die  ältesten  Zeiten  alles  mythologisch  an,  als  waren  sie  religiö- 
ser gewesen  als  spätere  Zeiten,  sondern  weil  der  Volksgeist  zuerst 
nur  mythologisch  appercipiert,  bildete  er  in  der  Urzeit  auch  seine 
Religion  mythologisch;  und  so  waren  alle  seine  Erkenntnisse,  weil 
sie  mythologisch  waren,  zugleich  auch  religiös.  .  .  Alle  Mythologie 
gilt  als  religiös,  eben  weil  sie  grosze,  allgemeine  Apperceptio- 
nen  enthält,  die  Religion  aber  die  Sehnsucht  und  teilweise  Erfüllung 
der  Apperception  von  Natur  und  Welt  durch  einen  höchsten  Begriff 
ist  .  .  .  Man  kann  heute  noch  beobachten  wie  das  Volk  Mythen  dichtet 
nnd  jedes  Kind  hat  seine  kleine  Mythologie  .  . .  Die  Mythologie,  über- 
haupt die  Sage,  ist  darum  so  wichtig  für  die  Völkerpsycjjologie,  weil 
sich  hier,  \^ie  nirgends  sonst,  die  Prozesse  der  Apperception  und 
Verschmelzung  in  den  groszartigsten  Zügen  studieren  lassen.  Die  Um- 
geslallungen,  welche  die  Sage  im  Lauf  der  Jahrhunderte  und  Jahrtau- 
sende erfährt,  bieten  die  anziehendste  Erscheinung  der  Geschichte 
des  Volksgeistes  dar.'  S.  44 — 45.  In  dieser  Hinsicht  wird  daher  be- 
sonders die  vergleichende  Mythologie  empfohlen.  S.  46.  Weitere 
Bemerkungen  über  Mythologie  finden  sich  in  der  Besprechung  von 
'Humboldts  Briefen  an  Welcher'  S.  233 — 44  d.  Z. 

Von  der  Religion,  welche  also  von  Mythologie  zu  unterschei- 
den ist,  weil  sie  den  ganzen  Menschen,  auch  'seine  praktische  und 
gemütliche  Seite  zeigt',  wird  S.  47  —  49  gehandelt.  Hervorgehoben 
wird  S.  48,  wovon  S.  504 — 510  bei  einem  besondern  Anlasz  weiter  die 
Rede  ist,  dasz  auch  innerhalb  einer  gemeinsamen  Religion  wie  das 


Zeifschrifl  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwiss(Misc!iaff,     271 

Cliristonfiim  jedos  Volk  die  seinige,  sein  Christentum  habe.  Ueber 
die  Herausbildung  des  Monotlieisnuis  aus  dem  Polytheismus  handelt 
Steinllial  S,  328  —  345  *zur  Charakteristik  der  semitischen  Völker.' 

In  Sage  und  Cultus  liegen  die  ersten  Elemente  der  Dichtung' 
und  der  übrigen  Künste  .  .  .  Wie  Sprache,  Mythus  und  Heligfion 
Schöpfungen  des  Volksgeistes  sind,  so  sind  auch  die  Anfänge  der  Poesie 
Volksdichtung,  die  sich  am  wunderbarsten  im  Epos  offenbart.  Die 
homerische  Frage  kann  nur  durch  vergleichende  Erforschung  aller 
Volksliltoraluren  mit  Hinsicht  auf  das  Verhältnis  des  einzelnen  Dichters 
zum  Volksgeist  überhaupt  gelöst  werden.  S.  50.  Sprichwort  und  Fa- 
bel, beide  auf  volkstümlich  epischer  Grundlage,  verdienen  noch  be- 
sondere Beachtung.  S.  51.  Der  Aufsatz  von  P.  Heyse  'über  italiani- 
sche  Volkspoesie'  S.  181 — 212  d.  Z.  ist  besonders  für  die  gegenwärtige 
Zeitfrage  höchst  interessant. 

Die  Verbreitung  der  Schrift  macht  in  der  Entwicklung  des 
Vülksbewustseins  den  nichtigsten  Abschnitt.  Mit  ihr  beginnt  das  wirk- 
liche Selbstbewustsein  des  Volkes  und  die  Civilisalion ,  aber  auch  die 
Zeit,  wo  sich  der  Einzelne  dem  Volke  gegenüberstellt,  sich  aus  der 
(jesamlheit  mit  individueller  Eigentümlichkeit  heraushebt  .  .  Das  Ver- 
hältnis des  Einzelnen  zum  Volksgeiste  vor  und  nach  dem  Entstehen  der 
individualisierenden  Cultur  bildet  den  Kernpunkt  mancher  völkerpsy- 
chologischen Frage.  Es  unterscheiden  sich  hier  nicht  nur  die  einzel- 
nen Völker  je  nach  der  Macht  mit  welcher  das  Allgemeine  den  Einzel- 
nen beherscht  oder  nach  der  Freiheit  mit  der  sich  letzterer  eigentüm- 
lich bewegt  und  auf  das  Allgemeine  selbständig  wirkt,  sondern  auch 
die  besondern  Thätigkeitsweisen  des  Volksgeistes  gestatten  hier  dem 
Einzelnen  mehr  oder  weniger  freien  Spielraum  .  .  .  Die  Sprache  dürfte 
auch  für  diese  Frage  die  lehrreichsten  Aufschlüsse  gewähren,  gerade 
weil  in  ihr  die  Macht  des  Volksgeistes  am  entschiedensten,  die  des 
Einzelgeistes  am  unwirksamsten  ist.  Und  dennoch,  was  hat  Luther  für 
die  deutsche  Sprache  geleistet!  wie  viel  Lessing,  Göthe,  Vosz !  .  . 
Nicht  nur  durch  die  Sprache,  selbst  durch  die  Kunslform  ist  der 
Schriftsteller  an  den  Volksgeist  gebunden  .  .  .  Die  dramatische  Form 
vorzüglich  ist  bei  jedem  Volk  anders  entwickelt  ...  Es  war  nicht 
etwa  blos  ein  Misverständnis  des  Aristoteles,  was  dem  französisclien 
Drama  seine  Beschränktheit  gab,  sondern  diese  lag  im  Schönheitssinne 
des  französischen  Volksgeistes.  Die  ins  Corsett  gesteckte  Tragödie 
war  schon  vorausbestimmt  durch  den  in  der  Mitte  geschnürten  Alexan- 
driner, dessen  sie  sich  bediente,  dieser  aber  durch  die  Vorliebe  des 
französischen  Volkes  für  Sinnsprüche,  Antithesen,  Schlagphrasen, 
wofür  sich  jener  Vers  besonders  eignet'.  S.  52—54.  Man  nehme  hiezu 
die  Abhandlung  'über  das  Theatralische  in  Art  und  Kunst  der  Franzo- 
sen' S.  478 — 501  d.  Z.,  besonders  für  die  Unterscheidung  des  neufran- 
zösischen Geschmacks  vom  mittelalterlichen. 

Im  praktischen  Leben  des  Volksgeistes  handelt  es  sich  zuerst 
um  den  'Ursprung  der  Sitten',  worüber  Dr  Lazarus  S.  437 — 77  aus- 
führlicher seine  Gedanken  dargelegt  hat.    'Die  Sitte  entsteht  unbewust 


272     Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft. 

und  iinbeabsiclitigt'  aus  dem  Schosze  des  Volksgeistes,  wird  eben 
darum  eine  Macht  über  den  Einzelnen  und  ist  ursprünglich  selbst  Sitt- 
lichkeit und  Religion.  Die  Anwendung  der  Schrift  findet  zuerst  statt 
für  Aufzeichnung  von  Gesetzen  und  macht  dadurch  auch  im  prakti- 
schen Leben  Epoche.  Die  durch  das  geschriebene  Gesetz  veräuszer- 
lichte  Sittlichkeit  musz  den  Einzelnen  jetzt  vermittelt  werden,  was 
aber  nach  den  verschiedenen  Volksschichten  in  verschiedenen  Graden 
geschieht,  selbst  einen  besondern  Stand  für  dieses  Geschäft  hervor- 
ruft und  auch  zur  Unterscheidung  göttlichen  und  menschlichen  Rechtes 
führt,  später  zum  Versuch,  die  alten  fremd  gewordenen  Vorstellungen 
für  die  Vernunft  neu  zu  begründen,  zum  Gegensatz  des  Esoterischen 
und  Exoterischen  und  bis  zur  sophistischen  Läugnung  aller  objectiven 
Wahrheit.  S.  55 — 58. 

Endlich  wirkt  die  Beschäftigung  des  Menschen  auf  seinen 
Charakter  zurück,  in  verschiedener  Weise  bei  Jäger-  und  Hirtenvöl- 
kern, bei  Ackerbauern,  Handwerkern,  Handel-  und  Schifffahrt  treibenden. 
Von  der  Beschäftigung  und  dem  öffentlichen  Leben  wird  bestimmt  das 
Haus-  und  Familienleben,  die  Stellung  der  Frauen,  und  alle  diese 
Elemente  zusammen  reflectieren  sich  im  Gemülsleben  des  Volkes. 
S.  59.  Höhere  und  niedere  Thäligkeiten  des  Geistes  üben  auch  im 
Volke  gegenseitigen  Einflusz  aufeinander,  S.  60,  und  was  Herbart  im 
Individuum  'die  Enge  des  menschlichen  Geistes'  genannt  hat,  findet 
sich  auch  im  Volksgeiste,  indem  zu  verschiedenen  Zeiten  meist  nur 
je  eine  der  verschiedenen  Thätigkeitsrichtungen  zum  Bewustsein  des 
Volkes  kommt  und  sein  ganzes  Interesse  in  Anspruch  nimmt,  unter 
dieser  herschenden  Richtung  des  'Zeitgeistes'  die  andern  in  ihrer  Pro- 
ductionskraft  gehemmt  liegen.  Was  aber  beim  Individuum  Augenblicke, 
sind  beim  Volke  Jahre  und  Jahrzehende.  Das  Masz  dieser  Enge  ist 
bei  verschiedenen  Menschen  und  Völkern  verschieden;  es  hängt  aber 
von  ihm  das  ganze  geistige  Vermögen  und  Thun  ab.  Das  bedeutendste 
Gegengewicht  liegt  in  der  Beweglichkeit  des  Geistes,  wobei  der 
Mangel  des  Neb  en  einander  durch  ein  rascheres  Na  ch einander  aus- 
geglichen wird,  in  einer  S.  103  u.  111  Anm.  noch  näher  angedeuteten 
Weise.  S.  61 — 62.  Diese  letztere  Parallele  scheint  uns  unhaltbar,  wie 
jede  vom  Individuum  auf  das  Volk  direct  gezogene.  Momentanes  Vor- 
hersehen einer  Vorstellung  mit  Niederhaltung  der  andern  ist  vom  her- 
schenden Zeitgeist  nicht  blos  quantitativ,  sondern  in  Folge  davon  eben 
auch  spezifisch  verschieden;  was  dem  letztern  auf  Seite  des  Indi- 
viduums viel  eher  entspricht  ist  die  auch  im  Einzelleben  periodisch 
erscheinende  Hinwendung  zu  vorzugsweisen  Beschäftigungen  mit  ver- 
schiedenen Hauptgegensländen,  deren  Reihenfolge  bei  glücklichen  und 
bedeutenden  Persönlichkeifen  oft  auf  einen  höchsten  Zweck  oder  Beruf 
hinausläuft,  im  Grunde  übrigens  bei  jeder  geordneten  Lebensführung 
wenigstens  dahin  zielen  sollte. 

Die  Volksgeister  sind  auch,  wie  aus  dem  eben  gesagten  hervor- 
geht, nicJits  starres,  ewig  sich  gleichbleibendes;  sie  verändern  sich  in 
der  Gescliiclite  ...  In  dieser  Veränderung  derselben  ist  ein  Fortschritt 


1 


Zeitschrift  für  Völkerpsycliologie  und  Sprachwissenschaft.     273 

und  ein  Verfall,  aber  niemals  eigentlich  ein  Rückschritt  erkennbar. 
Denn  beim  Verfall  eines  Volksgeistes  im  allgemeinen  sind  Fortschritte 
in  einzelnen  Richtungen  sehr  wol  möglich,  und  dem  liefern  ßlicke 
olTenbart  sich  im  Verfall  die  Vorbereitung  zu  einer  neuen  Erhebung  ... 
Der  Fortschritt  in  der  Weltgeschichte  im  ganzen  erstreckt  sich  auch 
auf  die  Weise  und  Macht  des  Gefühls  wie  auf  den  eigentlichen  Denk- 
prozess  selbst.  S.  63.  Den  Unterschied  im  Denken  zeigt  uns  die  Spra- 
che, und  nur  sie,  durch  den  verschiedenen  Styl  der  Litteraturen.  Der 
Styl  ist  nicht  nur  eine  eigentümliche,  dem  Denken  aber  gleichgültige 
Anwendung  der  Sprachform,  sondern  er  beruht  wesentlich  auf  der 
Gedankenbewegung  selbst  .  .  .  Der  Unterschied  zwischen  der  antiken 
und  modernen  Prosa  beruht  darauf,  dasz  wir  schneller  denken,  vie- 
les verschweigen,  was  wir  darum  doch  nicht  ungedacht  lassen,  nnd 
dies  wird  dadurch  möglich  dasz  die  Vorstellungen,  wie  sie  uns  unsere 
Sprache  in  Wörtern  und  Formen  bietet,  dichter  sind,  d.  h.  dasz 
mehr  Inhalt  in  ihnen  zusammengewickelt  liegt.  So  bewegen  wir  lange 
Reihen  in  zusammengepresztem  Znstande  durch  ein  Wort  oder  eine 
Construction  im  Nu,  welche  die  Alten,  um  sie  klar  zu  denken,  aus- 
einander wickelten,  was  wir  nicht  brauchen  und,  wenn  es  noch  heute 
geschähe,  langweilig  finden  würden.  Dieser  Fortschritt  im  Denken 
selbst  ist  ähnlich  dem  .  .  zwischen  dem  geübten  Mathematiker  und  dem 
Anfänger.  Was  sich  dieser  mühselig  auseinander  legen  musz,  faszt 
jener  massenhaft  verdichtet  zusammen  und  denkt  es  doch  sicherer, 
schärfer,  bestimmter.  Dies  erinnert  überhaupt  an  die  wachsende  Lern- 
fähigkeit und  zunehmende  Schnelligkeit  des  Lernens  heutzutage  gegen 
früher  .  .  Die  geistige  Kraft  selbst  zwar  wächst  nicht,  aber  der  Geist 
schafft  sich  unaufhörlich  neue  Organe  und  mittelst  ihrer  wirkt  er 
immer  schneller  und  immer  mehr.  S.  64 — 65.  'Als  Beispiel  unserer 
verdichteten  Vorstellungen  im  Vergleich  zum  Denken  der  Alten'  wird 
S.  153  in  anderem  Zusammenhang  angeführt  das  Ciceronische:  quibus 
besliis  erat  is  cibus  ut  alius  generis  bestiis  vescerentur  —  'was  nicht 
mehr  sage  als  unsere  Zusammensetzung:  den  Raubthieren',  Der  Grieche 
wäre  um  ein  ebenso  kurzes  Compositum  vielleicht  weniger  verlegen, 
auch  kommt  es  uns  beim  Uebersetzen  oft  umgekehrt  schwer  an,  antike 
Kürze  des  Ausdrucks  nachzuahmen.  Indes  kann  obige  Erörterung 
schon  darum  nicht  ganz  aus  dem  Leeren  gegriffen  sein,  weil  es  uns 
ohne  verkürzte  Arbeitsmethoden  schlechterdings  unmöglich  werden 
müste,  die  wachsende  Wucht  der  Vergangenheit  zu  bewältigen  und 
weiter  zu  überliefern,  man  müste  denn  eine  mit  dem  Fortschritt  fort- 
schreitende Verflachung  aller  Kenntnisse  behaupten. 

In  Bezug  auf  die  Geschichte  eines  Volkes  wird  S.  65 — 66  eine 
allmähliche  Charakterbildung  wie  beim  Individuum  behauptet  und  die 
Gesetze  derselben  zu  entdecken  aufgegeben,  in  der  That  keine  ein- 
fache Arbeit!  Betreffend  den  Untergang  eines  Volkes  wird  S.  67  be- 
hauptet: ein  Volk  stirbt  nur  von  innen  heraus.  'Die  Römer  haben  kein 
einziges  lebendiges  Volk  vernichtet;  sie  haben  nur  die  Todten  begra- 
ben.'   Als  Grund  der  innem  Auflösung  wird  angeführt:   eine  zu  kräf- 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  H.  Abt.  ISCI.  Hft  6.  18 


274     Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft. 

üge  Entwicklung  der  Eigentümlichkeiten  der  Einzelgeister  musz  dem 
Gesamtgeist  schaden.  Das  Volk  wird  sich  in  Parteien  spalten  und  da- 
durch erschöpfen.  Schwingen  sich  einzelne  Geister  zu  besonderer 
Höhe  und  steigern  in  sich  den  Inhalt  des  Volksgeistes,  so  bleiben  sie 
einsam  und  das  Volk  sinkt  vielmehr  zurück.  So  entschwinden  dem 
Volksgeiste  seine  alten  Ideale,  indem  Einzelne  sie  am  glänzendsten 
enthalten. — •  Wenn  so  die  höchsten  Blüten  des  Volksgeistes  das  Signal 
seines  Verfalls  sind  und  sein  Gedeihen  an  eine  gewisse  massenhafte 
Miltelmäszigkeil  gebunden  scheint,  so  können  wir  von  ihm  überhaupt 
keine  allzuholie  Idee  fassen.  Er  scheint  ein  noch  endlicheres  Wesen 
als  das  Individuum  und  das  heutige  Geschrei  nach  Nationalitäten  ist 
vielleicht  nur  das  Zeichen,  dasz  sie  überhaupt  im  Absterben  begrilfen 
sind,  wie  wir  jetzt  die  Volkssagen  und  -brauche  für  die  Bibliotheken 
sammeln,  weil  sie  lebendig  nicht  mehr  haften  wollen.  Doch  die  Völ- 
kerpsychologie soll  ja  keine  Politik  treiben,  dagegen  mit  der  Sprach- 
wisse nschaft  sich  besonders  innig  verbinden. 

Wir  geben  die  besondere  Wichtigkeit  der  Sprache  für  den  Volks- 
geist (s.  oben)  vollkommen  zu  und  freuen  uns,  dasz  die  Sprachwissen- 
schaft nach  dieser  Richtung  in  Dienst  gerufen  wird;  aber  dasz  sie  vor- 
zugsweise Bezeichnung  sogar  im  Namen  der  neuen  Zeitschrift  ver- 
langte, vermögen  wir  nicht  einzusehen  und  halten  wir  für  die  mögliche 
Quelle  neuer  Misverständnisse.  Die  neutrale  Stellung  der  Sprache,  die 
ihr  eine  Auszeichnung  vor  allen  andern  Elementen  des  Volksgeistes 
zu  verdienen  scheint,  beruht  darauf  dasz  sie  von  allen  Offenbarungen 
desselben  die  älteste  und  die  alle  andern  bedingende  ist;  denn  was 
wären  Religion,  Kunst,  Gesetzgebung  oder  wie  wären  sie  überhaupt 
nur  möglich,  wenn  nicht,  abgesehen  von  der  Sprache  als  unmiltelbar- 
stem  Medium  aller  geselligen  Mitteilung,  durch  die  Schöpfung  der 
Sprache  als  allgemeinen  Apperceptionsmittels  der  Geist  zu  jenen  wei- 
tern Sch()pfungen  erst  gereift  und  vorbereitet  wäre?  Aber  die  Sprache 
hat  doch  auch  ihre  Schranke.  Aeslhetische,  ethische,  religiöse  Ge- 
fühle finden  in  ihr  keinen  genügenden  unmittelbaren  Ausdruck  und  ge- 
ben ihr  selbst  ebenso  manigfache  Anregung  als  sie  von  ihr  empfangen. 
Religion,  Lebensweise  der  Völker  auf  den  untern  Stufen,  ja  selbst  auf 
der  Mdassischen',  werden  durch  Darstellung  von  Cultusgegenständen 
und  -handlungen,  von  Scenen  des  häuslichen  und  ölTentlichen  Lebens 
in  tönender  und  bildender  Kunst  gewis  viel  erschöpfender  dargestellt 
als  durch  sprachliciie  Beschreibung,  und  vom  Sprachbau  allein  läszt 
sich  auf  den  ganzen  geistigen  Inhalt  des  Volkes  nicht  mit  Sicherheit 
schlieszen.  Insofern  also  ist  die  Sprache  selbst  mehrfach  bedingt  und 
steht  in  gleicher  peripherischer  Linie  mit  den  andern  Elementen  um 
den  Mittelpunkt  des  Volksgeisles  herum.  Ferner  soll  ja  nicht  die 
Sprachwissenschaft  überhaupt,  sondern  nur  soweit  sie  Ausbeute  für 
die  Völkerpsychologie  liefert,  oder  durauf  hin  dasz  sie  solche  liefere, 
in  die  Zeilschrift  aufgenommen  werden;  das  ist  aber  durch  das  blosze 
*  und  Sprachwissenschaft'  nicht  bezeichnet;  dieses  'und'  deutet  am 
wenigsten  Unterordnung  eines  Gegenstandes  unter  eine  höhere  Rück- 


Zeitschrift  für  VöIUerpsycliologie  und  Spracliwissenscliaft.     275 

sieht,  sondern  Coordinicriing  oder  blosze  NebeneinandersloIIiing'  von 
(lisparatem  an.  Unserer  Meinung  nach  verdient  und  verlang:l  die 
'Sprachwissenschaft'  eine  eigene  Zeitschrift  so  gut  wie  die  andern 
llülfswissenschaflen  der  Völkerpsychologie  solche  besitzen;  ist  es  zur 
Slunde  nicht  möglich  ihr  das  zu  gewähren  und  kann  aus  andern  Gnin- 
dt-n  die  Keilschrift  für  Völkerpsychologie  ihr  diesen  Dienst  el)enfalls 
nicht  leisten,  so  sollten  die  Herausgeber  der  letztem  entweder  mit 
jenem  Worte  sich  begnügen  oder  neben  der  Sprachwissenschaft  auch 
die  andern  Hülfswissenschaften  nennen,  aber  nicht  bei  der  Halbheit 
stehen  bleiben,  das  Gan^e  und  einen  seiner  Teile  hinzusetzen.  Für 
ein  so  lockeres  Gewebe  wie  die  Völkerpsychologie  vorläufig  ist, 
passte  wol  am  besten  ein  ebenfalls  lockerer,  weifsinniger  und  doch 
auch  nicht  ganz  neuer  Name,  etwa  '^Zeitschrift  für  Philosophie  der 
Geschichte',  in  welchem  Vorschlag  wir  abermals  mit  dem  Mitarbeiter 
S.  390  zusammentrefTen.  Wir  wüsten  nichts  von  dem  oben  durchgan- 
genen  Stoff,  was  sich  nicht  ebenso  gut  oder  besser  unter  jenen  Tifel 
unterbringen  liesze  als  unter  den  jetzt  gewählten.  Sollte  sich  im  Ver- 
lauf der  Jalirgänge  innerhalb  jenes  Allgemeinen  eine  besondere  Rich- 
tung durch  Fruchtbarkeit  hervorthun  und  auf  einen  engern  Kreis  fest- 
setzen, so  wäre  es  immer  noch  unbenommen,  demgemäsz  den  Namen 
des  Organs  zu  modifizieren.  Es  ist  auch  dies  ein  blosz  formeller  Punkt, 
aber  ein  litterariscbes  Unternehmen,  das  auf  einen  so  weiten  Kreis  be- 
rechnet ist,  hat  solche  Rücksichten  der  Klugheit  nicht  ganz  zu  ver- 
gessen. Ref.  persönlich  kann  sich  mit  der  Zeitschrift  in  jeder  Ge- 
stalt befreunden  und  fühlt  sich  durch  den  Zusatz  'Sprachwissenschaft' 
ganz  besonders  angesprochen;  auch  musz  er  versichern  dasz  die  in 
diesem  Zweig  bisher  erschienenen  Arbeiten,  so  weit  ein  Urteil  darü- 
ber ihm  zusteht,  dem  Namen  alle  Ehre  machen  und  von  der  Wahl  des- 
selben in  anderer  Hinsicht  unabhängig  sind.  Einige  Bemerkungen  über 
dieselben  mögen  uns  dem  Schlnsz  dieser  Anzeige  zuführen. 

In  einer  an  des  altern  Psychologen  Moritz  Gedanken  'iiber  die 
unpersönlichen  Zeitwörter'  angeknüpften  Befrachtung  S.  73 — 89  han- 
delt Steinihal  über  das  Verhältnis  von  Psychologie  und  Grammatik 
überhaupt.  Er  zeigt  S.  76,  dasz  Moritz  bei  seinem  Versuche  nicht 
recht  gewust  zu  haben  scheine,  'üb  er  psychologische  Untersuchungen 
durch  Anlehnung  an  sprachliche  Thalsacben  fördern  oder  ob  er  gram- 
matische Probleme  nach  psychologischen  Grundsätzen  auflösen  wollte. 
.  ,  .  Im  erstem  Falle  liegt  der  Irlum  nahe  die  Psychologie  auf  Gram- 
matik gründen  zu  wollen,  wie  andere  Logik  auf  sie  gegründet  haben, 
oder  aus  der  Grammatik  ein  System  der  Psychologie  zu  ziehen,  ^^ie 
andere  dieselbe  zu  einem  System  der  Logik  machen  wollten.'  Es  er- 
gibt sich  S.  82  'dasz  wir  denselben  Gedankeninhalt,  d.  h.  h  er  densel- 
ben innem  Vorgang,  der  doch  nur  einer  psychologischen  Analyse  un- 
terliegen kann  .  .  .,  in  zwei  von  einander  verschiedenen  sprachlichen 
Formen  ausdrücken  können.  In  jeder  dieser  beiden  Formen  liegt  eine 
besondere  sprachliche  Analyse  desselben  psychischen  Prozesses,  den 
sie  beide  darstellen  .  .  .  Die  grammatische  Analyse  ist  also  der  psy- 

18* 


276     Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Spracliwissenschaft. 

chologisclien  nicht  congruent;  sie  laufen  höchstens  parallel  und  man 
kann  nicht  glauben,  mit  der  psychologischen  Analyse  zugleich  die 
grammatische  zu  haben.'  (S.  83).  Wir  finden  hier  den  Ausdruck  nicht 
ganz  klar;  die  Meinung  kann  nur  sein:  auf  dem  Standpunkt  des  heu- 
tigen mechanischen  Sprachgebrauchs  ist  es  für  den  prakti- 
schen Sinn  einerlei,  ob  ich  sage:  'es  freut  mich  dasz  — '  oder  Mch 
freue  iiiich  dasz — ',  aber  wenn  die  grammatische  Form  nicht  die- 
selbe ist ,  so  kann  nach  dem  ursprünglichen  dynamischen  Ver- 
hältnis beider  Elemente  auch  die  psychologische  Analyse  nicht  die- 
selbe sein.  In  der  gleich  nachher  zu  besprechenden  gröszeren  Ab- 
handlung beweist  Sleintlial,  dasz  jeder  besondern  grammatischen  Er- 
scheinung ein  besonderer  psychologischer  Vorgang  zu  Grunde  liege, 
und  insofern  kann  nie  gesagt  werden,  es  sei  in  verschiedenen  sprach- 
lichen Formen  *  derselbe  Inhalt';  es  kann  der  Mnhalt'  dem  'Innern 
Vorgang'  nicht  gleichgesetzt  werden.  Wir  können  sagen:  von  den 
mehrern  sprachlichen  Analysen  entspricht  keine  der  psychologischen, 
oder  alle  gleich  gut,  je  nachdem  wir  bei  'psychologisch'  an  das 
Theoretische  oder  das  Praktische,  das  Objective  oder  das  Subjective 
denken.  Und  wenn  es  weiter  S.  83  heiszt:  'darum  geht  jeder  irre, 
der  in  der  Sprache  Wahrheit  sucht  oder  in  sie  hinein  trägt,  sei  es 
metaphysische  oder  logische  oder  auch  psychologische',  S.  84:  'die 
Sprache  lehrt  so  wenig  Psychologie  wie  Physik;  wer  sie  erforscht 
sieht  nur  wie  sie  das  natürliche  und  seelische  Lehen  auffaszt',  so 
scheint  uns  doch,  nur  diesmal  durch  übertriebene  Schärfe  des  Aus- 
drucks, auch  hier  Wahres  mit  Falschem  gemischt.  Freilich 'übertragen 
sich  die  Formen  der  psychologischen  Prozesse  nicht  unmittelbar  in 
den  Laut';  freilich  ist  die  Sprache  'nicht  reines  Werden  im  Geiste 
sondern  die  erste  That  des  Geistes,  und  darum  ist  ihr  alles  Aeuszere 
und  Innere  .  .  bloszer  Stoff,  an  dem  sie  ihre  formende  Kraft  versucht;' 
aber  'wie  viel  Schein,  so  viel  Hindeutung  auf  das  Sein'  heiszl  es  auch 
hier.  Die  Sprache  ist  gewis  niclit  '  die '  Wahrheit ,  weder  die  ganze 
noch  die  unmittelbare,  aber  'Wahrheit'  überhaupt,  in  irgend  welcher 
Gestalt,  eulhält  sie  gewis,  nemlicli  eben  psychologische,  und  diese  ist 
ein  Abglanz  der  metaphysischen.  Die  Sprache  'lehrt'  allerdings  nicht 
selbst,  es  nuisz  ihr  die  entbindende  Wissenschaft  zu  Hülfe  kommen, 
aber  jede  wahre  Wissenschaft 'lernt'  doch  das  Beste,  was  sie  nachher 
'lehrt',  von  ilirem  Gegenstund  selbst,  zunächst  also  Stoffliches,  nicht 
die  Methode,  und  wenn  nicht  sfolTliche  Bereicherung  der  Psychologie 
aus  der  Sprachwissenschaft  zu  gewinnen  wäre,  so  würde  die  letztere 
überhaupt  nicht  als  Hülfswissenschaft  von  der  erstem  in  Anspruch  ge- 
nommen. Oder  ist  etwa  die  Psychologie  ihrerseits  fertig  und  sucht 
nur  formelle  Anwendung,  ohne  von  der  Sprache  seiher  noch  lernen 
zu  können,  weil  es  S.  84  heiszt:  'die  Gründe,  warum  sie  (die  Sprache) 
dies  (das  subjective  Auffassen  der  Welt)  so  oder  anders  thut,  lassen 
sich  nur  durch  die  Psychologie  begreifen.' 

In  dem  Gespräch  'über  den  Idealismus  in  der  Sprachwissenschaft' 
S.  294 — 328  wird  die  richtige  Methode  für  Betrachtung  grammatischer 


Zeilsclirift  für  Vülkerp»ycIioIogie  und  Sprachwissenschaft.     277 

Erscheinungen  gegen  Endo,  nach  mancherlei  Irrwegen,  dahin  zusam- 
mengefaszt  ^  dasz  der  Sprachforscher  auf  alles  was  objectiv  genannt 
werden  kann  und  was  (nach  der  gewöhnlichen  Ansicht)  allen  Sprachen 
als  zu  bezeichnendes  zu  Grunde  liegen  soll  (wie  Casus  und  Präpositio- 
nen) verzichten  nuisz,  dasz  er  die  Sprachen  als  rein  subjective  Ge- 
bilde anzusehen  hat'  S.  326.  .Tede  Sprache  ist  eine  eigene  VVellan- 
schauung  und  Wellschöpfung,  d.  h.  sie  schafft  sich  in  der  besondern 
Anschaung  dieses  Volkes  selbst  erst  die  Objecto  and  Verhältnisse,  die 
sie  bezeichnen  soll,  und  die  eigenliimliche  Weise  dieser  Bezeichnung. 
(S.  314 — 15.)  '^Hat  also  eine  Sprache  z.  B.  blosz  Casus  und  keine  Prä- 
positionen oder  umgekehrt,  so  scheint  sie  diese  nur  zu  haben,  hat 
aber  (da  jene  beiden  zusammengehören  als  allgemeine  und  besondere 
Raumbezeichnung)  keins  von  beiden,  sondern  etwas  drittes  ganz 
anderer  Art,  welches  nur  eine  gewisse  Analogie  mit  jenen  beiden 
hat.'  (S.  323.)  Es  kann  also  kein  Maszstab  von  einer  Sprache  oder 
Sprachfamilie  an  die  übrigen  angelegt  werden  als  der  einer  blosz  re- 
lativen Vergleichung;  'jede  Sprache  ist  eine  Nationalmetaphysik 
und  -logik'.  (S.  305.)  Sollen  diese  Composita  nicht  als  leeres  Wort- 
spiel eine  conlradiclio  in  adjecto  enthalten,  so  liegt  darin  entweder 
die  Aufhebung  des  Begriffs  einer  allgemein  gültigen  Metaphysik  und 
Logik  überhaupt,  oder  wenigstens  der  Gedanke,  dasz  wissenschaft- 
liche Metaphysik  und  Logik  ganz  ohne  nationale  Beimischung  unmög- 
lich seien,  dasz  sie  sich  jederzeit  nur  aus  der  rudimentären  Gestalt, 
worin  sie  in  der  Sprache  liegen,  hervorbilden  und  höchstens  in  der 
Zusammensetzung  ihrer  farbigen  Slralen  das  reine  Licht  darstellen; 
auch  so  würde  der  Sprache  ein  Beitrag  zur  Erkenntnis  der  ohjectiven 
Wahrheit  zuerkamit  bleiben.  —  Was  das  Aeuszere  dieser  Arbeit  be- 
trifft, so  könnte  gefragt  werden,  ob  die  zwar  mit  Freiheit  und  Ge- 
schick angewandte,  aber  immerhin  etwas  weitschweifige  Dialogenform 
zur  Gewinnung  der  Resultate  wesentlich  war  und  in  Beziehung  auf  das 
Volumen  zu  ihnen  im  Verhältnis  stehe,  oder  ob  nicht  der  ebenfalls 
dialektisch  lebendige  aber  nicht  förmlich  dialogische  Styl,  worin 
Steinlhal  in  andern  Arbeiten  Lessing  sich  zum  Vorbild  zu  nehmen 
scheint,  passender  wäre.  Er  hat  sich  aber  auch  als  Meister  des  streng 
abhandelnden  Styls  bewährt,  ohne  bei  aller  Gründlichkeit  und  Aus- 
führlichkeit trocken  zu  werden,  in  dem  Aufsalz  über  'Assimilation 
nnd  Atlraction'  (S.  93 — 179),  der  als  Muster  für  psychologische  Be- 
handlung sprachlicher  Gegenstände  gellen  musz.  Wenn  im  vorigen 
der  nicht  speciell  philosophisch  gebildete  Leser  bei  Gelegenheit  des 
sprachlichen  Gegenstandes  zugleich  unmerklich  mit  der  Quintessenz 
aller  Philosophie  und  insbesondere  mit  der  Herbariischen  '  Methode 
der  Beziehungen'  und  '  zufälligen  Ansichten '  bekannt  gemacht  wird, 
bekommt  er  hier,  mit  wollhuenden  Unterbrechungen,  einen  ganzen 
Curs  Herbartischer  Psychologie  zu  hören.  Aber  nicht  wegen  dieser 
Zugaben  blosz  empfehlen  wir  diese  Abhandlung  einem  weitern  Lesei- 
kreis,  sondern  weil  darin  der  Beweis  geleistet  ist,  dasz  die  psycho- 
logische Sprachwissenschaft  die  Berührung  mit  concreten  Fragen  nicht 


278     Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft. 

scheut    und    nicht    zu    scheuen    braucht  und  dasz  die   ^Philologie  im 
engern  Sinne'  die  ihr  dargebotene  Freundeshand  anzunehmen  im  In- 
teresse ihrer  eigenen  Ergänzung  vvol  tliut.    Einen   vollständigen  Aus- 
zug dieser  Arbeit  zu  geben  erlaubt  ihr  Umfang  und  ihre  strenge  Con- 
tinuität  nicht;    nur  einzelne  Partien    derselben   können  ihrem  Haupt- 
inhalte nach  hier  angeführt  werden.    Zuerst  werden  an  Beispielen  un- 
terschieden, zur  vorläufigen  Orientierung,  die  Fälle   '^  rückN\  irkender 
und  vorgreifender  Attraction'  S.  95.      Dann    wird   am  Beispiele   Her- 
manns gezeigt,  wie  wenig  die  ältere  Grammatik  mit  ihrem  Dualismus 
zwischen  ratio   und   usus  solche  Erscheinungen   zu   würdigen    wüste. 
'Statt  den  Mangel  an  BegrilT  auf  Seite  des  Forschers  einzugestehen 
behauptete  man,   im  Gegenstande  selbst  läge  die  Unvernunft.'    S    97. 
Gegenüber  dieser    und   der  ebenso  unzureichenden  Ansicht,   wonach 
alles  aus  einem  'organischen  Streben'  der   Sprache   erklärt   werden 
sollte  (vgl.  noch  S.  169  f.  Anm.),  wird  nach  Grimms  Vorgang  die  At- 
traction mit  der  Assimilation  in  Parallele  gesetzt.    S.  98.    Der  eigent- 
liche, unabsichtlich  schöpferische  Künstler  ist  auch  bei  der  Attraction 
das  Volk,    nicht   einzelne  mit   Absicht  jener   sonst   schon    geläufigen 
Redewendungen  sich  bedienende  Schriftsteller,  und   es  wird  gezeigt, 
dasz  auch   Grammatiker   wie  Kühner   in    einzelnen  Aeuszerungen  auf 
jene  Ansicht  hindrängen.     S.  99.    Die  Attraction  kann  nicht  von  dem 
Boden  der  übrigen  Sprachformen  abgelöst,  nicht  als  Widerspruch  ge- 
gen die  Sprachgesetze  erklärt  werden.    Es  ist  zu  untersuchen:  welche 
Prozesse  sind  es,   die  beim  Sprechen  jene  Erscheinungen  hervorbrin- 
gen, welches  sind  die  Bedingungen,  der  Verlauf  derselben?  S.  100. 
Erst  nachdem   die  Ursachen  ihres  unbewusten  Vorkommens  erforscht 
sind,   kann    nach   dem  Zwecke   bei   bewuster  Anwendung    (unbewust 
spielt  er  auch  in  der  Reihe  der  Ursachen  mit)  gefragt  werden    S.  101. 
Das  Wort  ist  eine  Reihe  von  Lauten  wie  der  Satz  eine  Reihe  von  Wör- 
tern; beiderlei  Reihen  gehorchen  denselben  psychologischen  Gesetzen. 
(Ein  merkwürdiges  Beispiel  davon  S.  225  —  26  Anm.)     Abgewiesen 
wird  aucli  noch  die  Vorstellung,  dasz  die  Wörter  selbst  gewisse  Kräfte 
und  Thätigkeiten  haben,  als  Rections-,  Attractronskraft  u.dgl.    'Solche 
mythische    Kräfte    überall   aufzulösen    ist    Saclie    der   Wissenschaft.' 
S.  102.    Es  wird  nun  eine  allgemeine  psychologisciie  Grundlage  über 
das  Verhältnis  von  Zweck  und  Mittel  in  der  Spraciie ,  resp.  über  die 
relative  Unabhängigkeit  des  sprachlichen  Mechanismus  vom  gedanken- 
haften Zweck,  und  über  den  Ablauf  von  Vorstellungsreihen  vorgetra- 
gen.   S.  102 — 112.    Nur  eine  Hauptstelle  von  allgemeinerer  Bedeutung 
heben  wir  hier  aus.    'Es  sind  viele  Thatsachen,  besonders  das  Wesen 
der  Sprache,   welche  uns  nötigen   auszer   dem  Bewiistsein  ein  unbe- 
wustes   Reich   seelischen   Lebens  anzuerkennen,   wo    nicht   nur    aller 
Reichtum  der  Seele  ruht,  sondern  auch   die  bedeutungsvollsten  schö- 
pferischen Prozesse  vollzogen  werden  .  .  .  .Teno  Tiefe  der  Seele  steht 
aber  mit  dem  Bewustsein  in  ununterbrochenem  Verkehr  und  die  Be- 
deutung der  Sprache  liegt  gerade   darin,   die   Vermittlung  zwischen 
den   beiden  Seelenreichen  zu   bilden,  die  lebendigen  Adern,   welche 


Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft.     279 

forlwärend  das  geistige   Blut  in   das   Bewuslsein  führen   wie  in   eine 
Lunge,  um  es  hier  zu  erfrischen,  und  dann  Mieder  in  den  geistigen 
Organismus  zunicUlreiben ,   um  ihm  Wachstum  zu  geben  .  .  .  Das  Be- 
wuslsein ist  der  Mund  der  Seele;  sie  hat  auch  einen  Magen  und  Lymph- 
gefäsze,  wo  sie  verdaut  und  den  nährenden  SlofT  in  succum  et  sangni- 
nem  überführt.'    S.  109 — 10.     Es  folgt  dann,  von  S.  112  an,  die  An- 
wendung dieses  Allgemeinen  zunächst  auf  die  Erscheinungen  der  Assi- 
milation ,   wovon  S.  129 — 132   ein   Beispiel  mit    aller  Ausführlichkeit 
behandelt  wird,   S.  134  ein  gelegentliches  Beispiel  eines  Schlusses  von 
einem  sprachlichen  auf  ein  cullurliistorisches  Factum.    S.  139  beginnt 
die  Behandlung  der  Attraction,  deren  Begriff  jedoch  erweitert  wird  auf 
mancherlei  Abweichungen  von  der  Congruenz  (vielleicht  wirklich  im 
einzelnen  zu  weit;  der  scheinbare  Infinitiv  der  deutschen  Verba  ano- 
niala  slatt  des  Partie.  Prät.  neben  einem  davon  abhängigen  amiern  In- 
finitiv ist  zunächst   zu   erklären    aus    dem    formellen   Zusammenfallen 
ihrer  altern  starken  Participien  ohne  'ge' —  mit  dem  Infinitiv;  dagegen 
gehört  hieh.er  noch  der  Fall;  ölßic,  ymvqs,  yivoio  S.  172 — 73),  beson- 
ders aber  auf  die  Verschränkung  von  Haupt-  und  IN'ebensatz.    S.  141. 
Beispiele  S.  147 — 56.    Daran  schlieszt  sich  die  eigentlich  sogenannte 
Attraction  des  Relalivs,  progressiv  und  regressiv,  besonders  im  Grie- 
cliischen  S.  156  —  7l.    Indem  übrigens  alle  Atlraction  entsteht  aus  dem 
Kanipfe  einer  an  sich  untergeordneten,  aber  vorauseilenden  Vorstellung 
gegen  die  Construction  des  Ganzen,  kommt  sie  nahe  genug  dem,  was 
man  sonst  als  ^Anakoluth'  ihr  gegenüberstellt.    Wenn  jene  auf  ^unpas- 
sender V^erknüpfung',  dieses  auf  ^verkehrter  Trennung'  beruhen  soll 
(vgl.  S.  97),  so  zeigt  die  Verschränkung  ein  mittleres,  Hervorhebung 
eines  Hauptbegriffs,  durch  relative  Trennung  der  Sätze,  die  ihn  gemein 
haben,  und  so  läszt  sich  die  Attraction,  da  sie  selber  nur  eine  ver- 
stärkte Art  von  Verschränkung  ist,  leicht  auf  ^Trennung'  zurückführen, 
ein  Beweis  wie  weit  man  mit  solchen  Allgemeinheiten  kommt.    Bemer- 
kenswerlh  ist  noch  die  Schluszbetrachtung  über  die  blosz  nationale  und 
relative  Geltung  dieser  Construclionen ,    S.  173  (den   Unterschied  der 
deutschen  Attraction  von  der  griechischen,  174 — 75),  die  ästhetische 
Berechtigung  derselben,  auch  der  Assimilation  mit  Beziehung  aufWol- 
laut  und  Gleichgewicht  zwischen  Kraft  und  Weichheit,  wiederum  mit 
nationalen  Unlerschieden  S.  176 — 77.     Das  Sciiluszurteil   über  die  Af- 
tractionen  ist,  dasz  sie  nicht  Zerstörungen  sind,  sondern  nur  Störun- 
gen, heilsame,  belebende,  der  sonstigen  Einförmigkeit,  welche  aber  in 
späteren  Zeitcu  das  herschende  wird.    S.  178^—79. 

Mcht  minder  gelungen  ist  die  Abhandlung  der  etymologischen 
Hauptfrage  ^über  den  V^'andei  der  Laute  und  des  Begriffs'  S.  416 — 32. 
Mag  auch  das  Resultat  S.428  von  der  gewöhnlichen  Annahme,  dasz  ein 
Wort  mehrere  Bedeutungen  habe,  praktisch  nicht  stark  abweichen, 
es  musz  doch  als  eine  bedeutende  theoretische  Aufklärung  jedem  er- 
wünscht sein,  dessen  Denkbedürfnis  und  vermögen  über  das  Alltäg- 
liche hinausreicht.  Auch  über  Assimilation  und  Atlraction  erfahren 
wir  rein  sprachlich  nichts  Neues;  mancher  hat   vielleicht  solche  psy- 


2S0     Zeilschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprachwissenschaft. 

chologische  Umschreibungen  bei   sich   selbst  schon  versucht  und  not- 
dürftig zu  Stande  gebracht.    Aber  den  grossem  Zusammenhang,  der 
hinter  diesen  Einzelfällen  liegt,  hat  er  wol  kaum  geahnt,  noch  weni- 
ger dasz  man  Spracherscheinungen  auf  diesem  Wege  nicht  blosz  er- 
klären, sondern  auch  wieder  zur  Erklärung  anderer  geistiger  Erschei- 
nungen verwerthen  kann.  —  Nahe  verwandt  mit  der  scheinbaren  Viel- 
bedeutigkeit  der  Wörter  ist  die  ^Manigfaltigkeit  des  sprachlichen  Aus- 
drucks nach  Laut  und  Begriff^  welche  Pott  S.  254 — 60.  346—48.  511 
— 18  nach  einigen  einleitenden  Bemerkungen  an  einer  Reihe  von  Bei- 
spielen,  die  seiner  breiten  Gelehrsamkeit  zu  Gebote  stehen,  zu  be- 
leuchten angefangen   hat.    Wenn  er  S.  255  sagt,   dasz   die  ursprüng- 
liche Incongruenz  zwischen  reinem  Gedanken  und  Sprachform  sich  in 
groszer  Verschiedenheit  der  Vorstellungsweisen  desselben  Dings  bei 
verschiedenen  Völkern,  sogar  bei   Individuen  desselben  Volkes  zeige, 
so  dasz  vom  Hörer,  meist  ihm  selber  unbewust,  unendlich  mehr  hin- 
zugedacht werde  als  der  Sprecher  im  Wort  ihm  darbringe  so  musz 
hinzugefügt  werden,  dasz  umgekehrt  der  Hörer,  eben  weil  er  so  viel 
vom  Seinigen  hinzudenkt,  vielleicht  eben  so   viel   von   dem  was  der 
Sprecher  denkt,   nicht  auffaszt,  so  dasz  das  reine  Verständnis 
sowol  durch  jene  Ergänzung  als  durch  diesen  3Iangel  Abbruch  leidet. 
Es  ist  ist  das  alte  Problem  von  der  Unübersetzbarkeit  der  Sprachen  in 
einander,  von  der  Unzulänglichkeit  alles  streng  geschichtlichen  Wissens, 
von  der  Aullösung  der  Wissenschaft  und  Geschichte  überhaupt  in  lau- 
ter relative  Staudpunkte.     Der  Standpunkt  solcher  Betrachtung  selbst 
aber  ist  keineswegs  eine   trostlos  unfruchtbare  Skepsis;  er  hält  zwar 
das  Selbstbewustsein  von  der  Relativität  alles  Wissens  nicht  für 
den  Inhalt  des  absoluteu  Wissens  selbst,  aber  in  jener  Relativität 
sieht  er  den  Anhalt  alles  wi  rkli  chen  Wissens.    Diese  der  Gegenwart 
immer  mehr  aufgehende  Einsicht  hat  auch  die  'Zeitschrift  für  Völker- 
psychologie und  Sprachwissenschaft'   ins   Leben  gerufen;    sie  macht 
sich  zum  Organ  der  Verbindung  auf  jener  breitesten  und  darum  allein 
festen  Basis   und  will   dadurch  eine  Verjüngung  aller  Geisteswissen- 
schaften,  vorzüglich  also  auch  der   Philosophie  selbst  herbeiführen. 
In  diesem  Sinne  empfehlen  wir  sie  nochmals,  als  zeitgemäsz  und 
darum  wesenhaft,  der  warmen   Teilnahme    von  Lesern  und  Mit- 
arbeitern.     Sie   ist  ganz    wesentlich   wie   ihr   Hauptgegenstand,    die 
Sprache,  und  mehr  als  irgend  ein  anderes  Organ,  auf  allseitige  leben- 
dige Gemeinschaft  und  Mitteilung  gegründet. 

Zürich.  Dr  L.  Tobler. 


Kurze  Anzeigen  und  iMiscellen.  281 

Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 


XIII. 

Zur  richtigen  Würdigung  des  antiken  Heidentums  im  Gymnasial- 

unterriciit. 


Der  Gymnasialpädagogik  liegt  keine  Frage  näher,  als  die,  in  welches 
Verhältnis  die  Studien  des  klassischen  Altertums  zum  Christentum  zu 
stellen  sind.  Dem  Lehrer  der  alten  Sprachen  darf  es  bei  der  Leetüre  nicht 
gleichgültig  sein,  dasz  der  Unterschied,  welcher  zwischen  dem  Heiden- 
tum und  seiner  menschlichen  Weisheit  und  der  ewigen  Wahrheit  besteht, 
dem  Schüler  zum"  Bewustsein  komme;  dem  Lehrer  der  Religion,  wenn 
er  die  L^eberzeugung  vollständig  teilt ,  dasz  die  antiken  klassischen 
Schriftsteller  das  beste  Bildungsmittel  für  die  Zwecke,  welche  das  Gym- 
nasium zu  verfolgen  hat,  bilden,  musz  eben  so  sehr  daran  liegen  seiner- 
seits dem  Altertum  gerecht  zu  werden,  wie  die  Anknüpfungspunkte,  die 
es  bietet ,  für  seinen  Unterricht  zu  nützen.  L^nd  sollen  wir  noch  von 
dem  Lehrer  der  Gescliiclite  und  von  denen  reden,  weiche  die  Aufgabe 
haben,  die  Anschauungen  und  Gedanken  in  schriftlichen  Aufsätzen  sam- 
meln, ordnen,  darstellen  zu  lassen?  Die  Gymnasialpädagogik  stellt  den 
Grundsatz  fest ,  dasz  das  Herausstellen  der  vollen  Wahrheit  wie  auf 
jedem  so  auch  auf  diesem  Gebiete  der  einzige  richtige  Weg  sei,  aber 
zu  seiner  richtigen  praktischen  Durchfüiirung  ist  eben  erforderlich,  dasz 
man  wisse ,  was  die  volle  Wahrheit  sei ,  was  im  Unterricht  als  solche 
hingestellt  werden  könne,  was  nicht.  Wenn  demnach  auch  die  zweite 
Abteilung  dieser  Jahrbücher  das  Gebiet  der  klassischen  Philologie  und 
Altertumswissenschaft  vollständig  der  ersten  überläszt,  so  kann  sich  die- 
selbe doch  nicht  den  Erscheinungen  auf  demselben  verschlieszen,  welche 
überwiegend  ein  pädagogisches  Interesse  haben.  Man  hat  mit  Recht  für 
die  Wahl  der  platonischen  Dialoge  zur  Leetüre  den  Grundsatz  geltend 
gemacht,  dasz  diejenigen  sich  am  meisten  dazu  eignen,  in  welchen  das 
Lebensbild  des  Sokrates  am  anschaulichsten  vor  die  Seele  des  Schülers 
tritt.  Es  gilt  nun  aber  auch  zu  zeigen ,  was  an  Sokrates  als  das  Er- 
habene erscheint,  worin  er  aber  dennoch  von  dem,  was  das  Christentum 
gibt,  verschieden  bleibt.  LTnter  diesem  Gesichtspunkte,  als  eine  Hin- 
weisung zur  praktischen  Lösung  einer  Frage,  welche  der  Lehrer  für  den 
Unterricht  sich  stellen  musz,  bitte  ich  die  folgende  Anzeige  zu  betrach- 
ten und  zu  würdigen.  R.  D. 

Des  Sokrates  Leben ^  Lehre  vnd  Tod  nach  den  Zewjm'ssen  der  Allen 
dargestellt  von  Ernst  von  Lasaulx.  München  1858,  litlera- 
risch-arlislische  Anstalt  der  J.  G.  Cotta'sclien  Buchhandlung, 
122  S.   gr.  8. 

Es  liegt  nahe ,  eine  Betrachtung  des  Sokrates  nach  seinem  Leben 
und  seiner  Lehre  nicht  für  sich  und  losgerissen  von  dem  Zusammen- 
hange ,  in  welchem  er  mit  der  ganzen  Thätigkeit  des  denkenden  Geistes 
bei  den  Hellenen  steht,  sondern  gerade  in  der  Weise  anzustellen,  dasz 
daraus  seine  Stellung  zu  Vorgängern  wie  Nachfolgern  mit  deutlicher 
Bestimmtheit  erkannt  werden  kann.  Denn  nicht  nur  die  Beziehung  ist 
lehrreich,  in  welche  ein  Philosoph  zu  den  frühern  Systemen  seiner  Wis- 
senschaft tritt,  sondern  auch  der  ganze  Zusammeidiang,  in  welchem  er 
mit  der  voraufgegangnen ,  in  der  Litteratur  vorzugsweise  sich  kund- 
gebenden geistigen  Entwicklung  seines  Volks  steht.  .Man  verfolge  nur 
den  Weg  hinunter  vom  Aescbylos  bis  zum  Euripides  "der  vom  Herodot 


282  Kurze  Aiizeiffen  und  Miscellen 


D' 


bis  zum  Xenophon,  so  wird  raau  in  der  gtuizen  religiös -sittlichen  Auf- 
fassongsweise  ein  allmähliches  Heranreifen  dessen  linden ,  was  in  dem 
Öokrates  einen  besondern  Ausdruck  und  eine  umfassende  Geltung  ge- 
wonnen hat.  Wir  wundern  uns,  und  gewis  mit  Recht,  dasz  Hr  v.  L. 
diesen  ihm  doch  augenscheinlich  so  nahe  liegenden  Weg  in  seiner  an- 
ziehenden Darstellung  nicht  eingeschlagen  und  verfolgt  hat;  ohne  Frage 
hätte  er  auf  demselben  wichtige  Ergebnisse  gewonnen  und  sich  vor  der 
Gefahr  einer  Einseitigkeit  bewahrt,  die  mit  dem  Mangel  einer  strengen 
geschichtlichen  Continuität  mehr  oder  weniger  immer  verbunden  ist. 

Derselbe  Gang,  den  die  geistige  Volksentwicklung  bei  den  Helleneu 
genommen  hatte,  zeigte  sich  auch  in  der  ßildungsgeschichte  des  Sokrates. 
Von  dem  theoretischen  Festhalten  der  mit  den  Naturkräften  mehr  oder 
weniger  verbundnen  Götterwelt  gieng  er  zu  einer  mehr  praktischen  Er- 
fassung der  sittlichen  Aufgaben  und  Principien  über.  Sokrates  war  als 
Jüngling  wunderbar  ergriffen  von  der  Weisheit,  die  man  Naturwissen- 
schaft nennt ,  und  trachtete  begierig  nach  ihr.  Aber  er  verzweifelte 
daran  sie  zu  erkennen  und  hielt  seine  Natur  für  die  Erforschung  dieser 
Gegenstände  nicht  für  ausreichend.  Und  als  er  einst  vom  Anaxago- 
ras  hörte,  dasz  der  weltbildende  Verstand  der  Urheber  aller  Dingo  sei, 
freute  er  sich  ungemein ,  einen  Lehrer  nach  seinem  Sinn  gefunden  zu 
haben.  Als  er  aber  sah,  dasz  Auaxagoras  von  jenem  Weltverstande  sehr 
wenig  Gebrauch  mache  und  beim  Erklären  der  Natui'er.scheinungen  die 
Luft  und  den  Aether  und  das  Wasser  und  alles  andere  als  Ursachen 
eher  annahm  denn  jenen,  fühlte  er  sich  bitter  enttäuscht.  So  kam  er 
denn  zu  der  Ueberzeugung,  der  Mensch  sei  nicht  dazu  berufen,  die  Ge- 
heimnisse der  Gottheit  und  die  Gesetze  der  Natur  und  des  Weltalls  zu 
erforschen,  sondern  vor  allen  Dingen  für  seine  Seele  zu  sorgen.  Nie 
werde  es  etwas  schätzenswertheres  geben  als  wahre  Seelenbilduug;  durch 
die  Forschungen  der  Natur]ihilosophen  werde  das  ganze  Leben  in  An- 
spruch genommen  und  der  Hauptzweck  desselben ,  sittlich  besser  zu 
werden,  leicht  verfehlt.  So  wandte  er  sich  denn  nach  den  allbekannten 
Aussprüchen  des  Altertums  mit  völliger  Aufgebung  der  Naturphilosophie 
den  praktischen  Zweigen  der  Ethik  und  i'olitik  zu. 

Die  erste  und  giöszte  Aufmerksamkeit  wandte  Sokrates  auf  sich 
selbst  und  suchte  seine  Fehler  kennen  zu  lernen  und  zu  verbessern; 
was  er  als  Norm  für  andere  geltend  machte,  das  Uebermasz  zu  meiden 
(ro  ^rjdsv  äyav) ,  das  übte  er  zuerst  an  sich  selbst.  Nach  dieser  Seite 
hin  erscheint  er  als  ein  Vorläufer  derjenigen  Richtung,  die  sich  nach- 
mals in  einer  der  sokrati^cllen  Schulen  am  schärfsten  ausspricht:  der 
höchste  Grad  der  Bedürfnislosigkeit  mache  der  Gottheit  am  ähnlichsten; 
daher  blieb  er  auch  sein  ganzes  Leben  hindurch  in  freiwilliger  Armut. 
—  Ferner  hebt  der  Vf.  als  einen  eigentümlichen  Charakterzug  bei  ihm 
die  Gewohnheit  hervor,  plötzlich  in  Nachdenken  versunken  stehn  zu 
bleiben,  bis  ihm  klar  geworden,  was  er  gesucht  hatte.  Die  von  Hrn 
V.  L.  herangezogne  Vergleichung  mit  einem  morgenländischen  Heiligen 
liegt  nahe,  musz  aber  mit  Vorsicht  gebraucht  werden.  Eine  ähnliche 
Bewandnis  hat  es  mit  seinem  Sca(.i6viov,  der  unter  den  verschiedensten 
Bezeichnungen  bei  ihm  vorkommenden  innern  Stimme,  die  ihn  wol 
abhielt  von  dem,  was  er  zu  thun  im  Begrifif  war,  aber  niemals  zu  etwas 
angetrieben  hat,  Sie  war  also  blos  negativer  Natur,  nur  dasz  sie  in 
allen  Fällen,  wo  sie  nicht  abhielt,  als  zulassend  betrachtet  werden  kann, 
wie  sie  denn  auch  nach  Xenoph.  mem.  IV  8,  1  bisweilen  ihm  Vorzeichen 
gab  von  dem,  was  er  thun  und  nicht  thun  sollte.  Die  Wirkung  derselben 
erstreckte  sich  aber  sogar  ül^er  seine  Person  hinaus :  auch  für  seine 
Freunde  machte  er  Gebrauch  von  dieser  abrathenden  Stimme  (Xenoph. 
moni.  11,4.  Flut,  mor.  p.  581  '*''),  und  Sokrates  selbst  glaubte  dabei 
an  wirkliche   göttliche   Eingebungen.     Hr  v.  L.  glaubt,  die  Philosophie 


Kurze  Änzeij-en  und  Miscelleii.  283 


'o 


müsze  sich    eutschlieszeii   auch   diese  Oft'enbarung  Gottes  ,    die  sie  nicht 
verstehe,   dennoch  als  Thatsaclie  gelten  zu  lassen.     'In  der  That',  sagt 
er,  Mer  g-öttliche  Genius  begleitet  uns  überall  hin   und   spricht  stets  zu 
uns  als  M.vstag-og  des  Lebens'  (dieser  Ausdruck  mit  Bezug  auf  eine  Stelle 
des  Menaiuler);    ''wir  aber  hören  und   beachten    seine  Stimme    nur  dann, 
wenn  die  Leidenschaft  in  uns  scliweigt  und  unsere  Seele  still  ist  in  sich 
selbst.'    Ja  er  glaubt  bemerkt  zu  haben,  dasz  alle  ursprünglichen  Men- 
schen ein  solches  öaifiöi'tov  in  sieh  haben  und  dasz  kein  groszer  Mann 
je  ohne  seinen  Dämon  gewesen   ist,  den  Gott  lenkt  (Pind.  pyth.  5,   122). 
Es  werden  mit  uns  manche  Leser  dieser  Auffassung  des  Verf.  nicht 
folgen    können.     Es    scheint   hier  ein  qualitativer  Unterschied  der  Men- 
schen  in  geistiger  Beziehung  vorausgesetzt  zu  sein,    der  wol    im  allge- 
meinen dem  Standpunkt  des  Altertums  entspricht  und  daher  dem  Sokra- 
tes    zu    seiner    eigentümlichen   Anschauung    eine    relative    Berechtigung 
gewährt,    aber    mit   dem  Wesen  des  Christentums   unvereinbar    ist   und 
deshalb    auf    eine    höhere    und    allgemeinere    Geltung    keinen    Anspruch 
machen  kann.     Insbesondere  dürfte  die  Annahme,  dasz  ein  Mensch   zur 
vollen  Harmonie   seiner  Kräfte   gelangt,    dann  andere   bis    dahin  unbe- 
kannte Kräfte    zu    entwickeln  beginne ,    so  dasz  er  vermöge  der  wieder 
erlangten   Ursprünglichkeit   seines    Wesens    mit    allem    Besseren  in    der 
Welt,  aucli  mit  dem  Zukünftigen,  in  substantieller  Verbindung  stehe,  mit 
dem  Wesen  der  Sünde  nach  der  Lehre  der  Schrift  nicht  zu  vereinigen  sein. 
Mit  dem  Daimonioa  setzt  Hr  v.  L.  eine  dritte  Eigentümlichkeit  des 
Sokrates,  die  Ironie,   in  eine  enge  Verbindung.     Er  leitet  sie  aus  jener 
Innern  Dnplicität  seines  Bewustseins  ab,  die  ihn  in  sich  neben  der  eig- 
nen eine  zweite  Stimme  vernehmen  liesz,    der  er  als  der  höheren  unbe- 
dingt gehorchte  und  wogegen  alles  Menschliche  gering  erschien.     Es  ist 
also    'der    ungeschminkte    Abdruck   seiner    wunderbar   gemischten  Natur 
gewesen,    der  UMtürliehe  Ausdruck  des  neuen  göttlichen  Geistes,  der  in 
ihm  zum  Druchbruch  gekomnien  war',   also  nicht  ein  Product  der  Re- 
flexion, wie  Aristoteles   (Eth.  Nicom.  4,   13)  es  darstellt. —  Wir  würden 
vielmehr    geneigt   sein,    die   Ironie    einerseits   mit    der  Eigentümlichkeit 
seiner   Lehrmethode,    anderseits    mit   jenem   nicht  hinreichend  erklärten 
Begriffe  der  oocpi'a  in  Zusammenhang  zu  bringen,  den  ihm  auf  die  Frage 
seines  Schülers  Chairephon  der  delphische  Gott  in  dr-r  beachtenswerthen 
Verbindung   mit  Sophokles    und  Euripides   beilegte.     Es   musz    hier    die 
Lehre  in  ihrer  unmittelbaren  Beziehung  zum  Leben,  jener  dem  helleni- 
schen Geiste   so  wunderbar   eingeprägte  Sinn  zu  einer  scharfen  Auffas- 
sung und  prägnanten  Bezeichnung  allgemeiner,  für  das  Leben  beziehungs- 
reicher Wahrheiten,  wie  sie  den  Inhalt  der  kurzen  Gnome  und  des  sinn- 
vollen Apophthegrna  bilden,  gemeint  sein:  sonst  würde  nicht  gerade  eine 
solche  Zusammenstellung    haben   gewählt   werden    können.     Mit   diesem 
Sinn  verband  sich   naturgemäsz    auch  jede  Abwehr  vermeintlichen  Wis- 
sens und  eingebildeter  Einsicht  bei  sich  selbst  und  andern,  und  gerade 
diese  fand  in  der  Ironie  ihren  angemessnen  Ausdruck. 

Sol  rates  verkannte  aber  den  notwendigen  Zusammenhang  des  Sitt- 
lichen mit  dem  Religiösen  nicht  und  der  Verf.  hat  diese  Seite  seiner 
Schilderung  lebendig  und  treffend  hervorgehoben.  Die  Frömmigkeit  war 
ihm  die  einzig  richtige  Vorbedingung  alles  Wissens  und  Handelns,  und 
er  verlangte  daher  von  einem  jeden,  dasz  hiermit  der  Anfang  gemacht 
werde.  Sokrates  bedient  sich  zum  öftern  des  kosmotheologischen 
Beweises ,  der  von  der  Zweckmäszig;keit  der  Welteinrichtung  auf  die 
Vernünftigkeit  ihres  Urhebers  schlieszt.  Darum  sollen  wir,  ihre  Werke 
anschauend,  sie  anbeten  und  verehren;  denn  so  wie  die  andern  Götter, 
wenn  sie  uns  gutes  schenken,  dabei  nicht  in  die  Sichtbarkeit  treten,  so 
wird  auch  der  das  ganze  Weltall  ordnende  und  zusammenhaltende  Gott, 
der  alles  Gute  und  Schöne  in  sich  faszt,  nur  in  der  Grö^ze  seiner  Werke 


284  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

geschaut,  nicht  in  seiner  Innern  Weltokonomie  {tccds  dt  ol'^ovoficov  döga- 
TO?  Tjiitv  ECZLV ,  Xen.  mem,  IV  3,  13).  Darum  müszen  wir  von  dem 
gewordnen  zurückschlieszen  auf  den  Urheber  desselben  und  die  in  dem- 
selben wirkende  unsichtbare  Macht  verehren.  Sokrates  war  von  einem 
objectiven  Weltverstande  fest  überzeugt;  so  gut  wie  in  den  einzelnen 
Menschen  müsze  auch  in  der  Welt  und  Weltordnung  Verstand  sein.  Auch 
in  Bezug  auf  die  Gegenwart,  Weisheit  und  Gerechtigkeit  der  Götter  legte 
er  ihnen  höhere  Eigenschaften  bei,  als  das  volkstümliche  Bewustsein  in 
sich  trug;  dennoch  aber  ist  sein  Ausdruck  über  die  Götter  im  Groszen 
und  Ganzen,  namentlich  in  Bezug  auf  das  Verhältnis  derselben  zu  der 
postulierten  Einheit  der  göttlichen  Macht,  schwankend.  Er  zieht  darum, 
halb  instinctiv  halb  absichtlich,  die  neutrale  Bezeichnung  (to  &8iov)  vor, 
schreibt  diesem  aber  Kräfte  und  Eigenschaften  zu,  die  nur  einem  per- 
sönlichen Wesen  zukommen  können.  Wenn  er  aber  für  dasselbe  auch 
den  Ausdruck  ro  Saiaöviov  gebraucht,  so  ist  es  klar,  dasz  er  die  im 
Innern  des  Menschen  und  die  in  den  Offenbarungen  der  Mantik  sich 
kundgebende  Stimme  für  eines  Wesens  und  Ursprungs  ansieht.  Zu  einer 
ganz  festen  Klarheit  mi;sz  er  nicht  gelangt  sein  oder  diese  Frage  als 
eine  mehr  theoretische  und  daher  für  das  sittlicbe  Handeln  weniger  ein- 
srreifende  bei  Seite  gelassen  haben.  So  kommen  denn  persönliche  ße- 
Zeichnungen  wie  o  oTEog,  o  aoq)og  orj^iovQyog ,  o  fg  o^QXVS  ^olwv  av- 
d'QcÖTCOvg  neben  pantheistisch  aussehenden  Formeln  wie  rj  iv  xa  ticcvtI 
cpQÖvrjOLg,  [■navrj  aficc  ndvzcov  STtLfisXfi'aQ'ca  und  neben  der  volkstüm- 
lichen Bezeichnung  Ol  d'soi!  vor.  Von  einer  offenkundigen  Oppo  sition 
gegen  den  nationalen  Polytheismus,  wie  die  altern  ionischen,  dorischen 
und  eleatischen  Philosophen  sie  übten,  ist  allerdings  ebenso  wenig  hier 
eine  Spur  als  von  der  wissenschaftliehen  Begründung  eines  Monotheis- 
mus, nach  welchem  der  griechische  Geist  mit  seinem  innersten  Verlangen 
gestrebt  hat,  ohne  mit  der  Kraft  des  Erkennens  ihn  erreichen  zu  können. 
Wenigstens  haben  wir  kein  einziges  Zeugnis  der  hauptsächlichsten  von 
ihm  handelnden  Quellen  dafür,  und  was  von  seinem  Schüler  Antisthenes 
berichtet  wird  (vgl.  Cic.  n.  d.  I  13  ,  32),  darf  nicht  ohne  weiteres  auf 
ihn  übertragen  werden.  Auf  diesem  Gebiet  liegt  die  Ursache  der  gegen 
ihn  gerichteten  Verfolgung  ebensowenig  als  in  seiner  praktischen  Gottes- 
verehrung, die  sich  vollkommen  und  willig  dem  Herkömmlichen  (vöfico 
nöXscog  oder  ytarcc  rä  TtccVQia)  anschlosz.  Man  darf  in  dieser  Beziehung, 
wenn  der  Ausdruck  von  Lasaulxs:  sein  ganzes  Leben  sei  ein  fort- 
gesetztes Gebet  gewesen,  auch  zu  viel  sagen  und  über  den  Standpunkt 
des  Altertums  überhaupt  hinausgelni  möchte,  doch  jedenfalls  das  Wort 
des  Maximus  Tyrius  (11,  8):  fjv  6  ßi'og  ZcoKQärsi  (leatog  Evxrjg,  auf  ihn 
anwenden. 

Von  gröszerer  Bedeutung  noch  als  seine  Ansicht  vom  Wesen  der 
Götter  könnte  sein  Glaube  an  die  Unsterblichkeit  der  Seele  sein, 
wenn  nicht  von  derselben  der  Begriff  der  Ewigkeit  und  der  persönlichen 
Fortdauer  noch  bestimmt  geschieden  werden  müste.  Sokrates  behauptet 
aufs  entschiedenste:  wenn  irgend  etwas  Menschliches,  so  nehme  die 
Seele  an  dem  Göttlichen  Teil  (rov  Q'^iov  (ihzix^i,  Xen.  mem.  IV  3,  14); 
sie  lasse  sich  überhaupt  nicht  begreifen  ohne  die  göttliche  Weltseelo 
(Plat.  Phaedr,  p.  88,  2  ff.).  Mit  dem  Begriff  der  Göttlichkeit  ist  aber 
für  den  antiken  Standpunkt  noch  nicht  ojine  weiteres  der  der  ewigen 
Lebensdauer  gegeben,  wenn  auch  Cicero  (Lael.  4,  13)  in  Bezug  auf  ihn 
gleich  auch  dieses  hinzufügt:  animos  hominum  esse  divinos  iisque  quum 
e  corpore  excessissent  reditum  in  caelum  patere  optimoque  et  iustissimo 
cuique  expeditissimum.  Andere  Stellen  beweisen  wenigstens  nicht  un- 
mittelbar jenen  Satz;  nur  bezeichnet  er  es  wiederholt  beim  Platon  als 
eine  alte  Lehre  der  Priester  und  aller  echten  Dichter ,  dasz  die  Seele 
des  Menschen  unsterblich  sei,  und  in  seiner  gerichtlichen  Vertheidigung 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  285 

-will  er  nur  dartlnui ,  (Ihsz  ilcr  Tod,  wie  in;ui  ihn  auch  betrachte,  in 
keinem  Fall  ein  Uebel  sei.  Auch  das  sagt  er  sehr  schön,  dasz  nicht 
der  Tod,  sondern  die  Sünde  für  den  Verständigen  zu  fürchten  sei  (Plat. 
Gorg.  p.  163,  S:  kvto  ^8v  yccg  x6  äno&vrja'KSiv  ovdng  cpoßfirai.,  uaiig 
jujj  navTccnaeiv  ulöyiOTÖg  rf  kkI  avccvSQog  sgtlv,  x6  dt  ääiyisii'  (poßei- 
T«i).  Hr  V.  L.  führt  aber  auch  Stellen  aus  den  am  entschiedensten  un- 
echten Dialogen  wie  dem  Axi  chos  (an  einer  andern  Stelle,  S.  50,  spricht 
er  freilich  von  dem  'Verf.  des  Axiochos')  an,  die  jedenfalls  nicht  in 
gleichem  Masze  beweisende  Kraft  haben  können,  zumal  wenn  sie  neues 
hinzufügen.  Und  wenn  er  an  die  Aehnlichkeit  des  dort  für  (pQOV(}iov 
gebrauchten  Ausdrucks  C'K'iivog,  Zelt,  der  auch  bei  Pythagoreern  und 
])emokrit  vorkommt,  mit  neutestamentlichen  Stellen  (2  Kor.  5,  1.  2  Petri 
1,  13)  erinnert,  so  ist  dabei  doch  nicht  zu  vergessen,  dasz  derselbe  bei 
sehr  verschiednen  Grundvorstellungen  statthaft  ist  und  dasz  hier  nach 
dem  wesentlichen  Unterschied  zwischen  der  antiken  und  der  Schrift- 
vorstellung vielmehr  zu  unterscheiden  statt  zu  vergleichen  war. 

Dieser  Lehre  des  Sokrates  von  Gott  und  der  mensclilichen  Seele 
entsprach  seine  Ethik  oder  sie  war  ihm  die  eigentliche  Hauptsache; 
Philosophieren  war  ihm  nichts  anderes  als  Tugend  ausüben.  Darum 
wollte  er  auch  die  Menschen  antreiben  zur  Erkenntnis  und  zur  Aus- 
übung der  Tugend.  Wer  in  Wahrheit  nichts  lieber  sein  wolle  als 
tugendhaft,  für  den  sei  jede  andere  Wissenschaft  leicht.  Der  ganze 
innere  Mensch  solle  e'iner,  e'in  Ganzes  sein;  denken  und  wollen,  ken- 
nen und  können  dürfe  nicht  zwie-pältig  in  ihm  sein;  da  aber  das  Wissen 
das  specifisch  höhere  und  göttliche  sei,  so  müsze  sich  diesem  das  Wollen 
unterordnen,  so  dasz  es  nur  ein  Gut,  die  rechte  Erkenntnis,  und  nur 
e'in  Uebel,  die  Unwissenheit,  gebe;  darum  sei  es  auch  eins  der  gröszten 
Güter  für  den  Menschen,  sich  täglich  über  die  Tugend  zu  unterreden; 
der  schönste  Ruhm  sei,  in  dem  tüchtig  zu  sein,  worin  man  es  schei- 
nen wolle. 

Die  wichtigsten  Lehrsätze  des  Sokrates  auf  diesem  praktischen 
.Gebiet  des  Sittlichen  hat  der  Verf.  hervorgehoben,  aber  die  einzelnen 
Belege  dafür  vielleicht  nicht  immer  ganz  recht  gedeutet,  wie  die  aus 
dem  platonischen  Theätet:  t]  ipi'X'^  avrrj  y.u&'  ccvrrjV  nQayfiatsvf tat 
ttiq}.  rcc  ovrcc,  noch  auch  genügend  nach  ihrer  Bedeutung  und  Beweis- 
kraft gesondert.  Unverkennbar  bezeichnet  Sokrates  als  das  Heiligste 
unter  allem  einen  guten  Menschen  {ttÜvtcov  iSQcötaTOv) ,  und  zugleich 
ist  ihm  das  sittlich  Gute  und  Böse  nichts  leibliches,  sondern  vielmehr 
etwas  in  der  Seele  des  Menschen  liegendes,  diese  aber,  der  AVeltseele 
analog ,  hat  ihr  Leben  in  dem  Erkennen ,  die  Tugend  ist  daher  eine 
Wissenschaft,  aber  eine  und  dieselbe  bei  allen,  nur  nach  den  Gegen- 
ständen, auf  die  sie  gerichtet  ist,  eine  verschiedene  Gestalt  annehmend. 
Andere  Belege,  wie  die  aus  Alcib.  1  und  Max.  Tyr.  26,  7  entnommenen, 
wornach,  wenn  der  Seele  das  Erkennen  genommen  und  das  Können  ge- 
geben, der  Sünde  freier  Lauf  gelassen  wird,  scheinen  in  diese  Ge- 
dankenreihe nicht  notwendig  hinein  zu  gehören,  vielleicht  sogar  über 
den  Bereich  derselben  ganz  hinaus  zu  liegen.  Mit  dem  Hauptsatz  aber 
hängt  die  bekannte  Lehrbarkeit  der  Tugend  zusammen,  die  ja  nicht 
blosz  dann  folgerichtig  ist,  wenn  die  Tugend  Erkenntnis  ist,  sondern 
auch  dadurch  sich  bestätigt,  dasz  sie  thatsächlich  durch  Unterricht  und 
Uebung  ausgebildet  und  vermehrt  werden  kann.  Hier  möchte  freilich 
Sokrates  selbst  in  den  strengen  Consequenzen  seiner  Principien  zuletzt 
gegen  seine  eigne  Ueberzeugung  und  gegen  die  altertümliche  Anschauung 
überhaupt  anstoszen.  Wenn  er  demgemäsz  alles  schlechte  Handeln  aus 
dem  Mangel  an  richtiger  Einsicht  herleitet ,  weil  keiner  freiwillig  und 
gegen  sein  besseres  Wissen  sclilecht  und  böse  sei ,  sondern  nur  unfrei- 
willig  böse   handle:   so   ist   damit   die  Natur  der  Sünde   und   das  feind- 


286  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

selige  Verhältnis  der  von  der  Leidenschaft  bewegten  Begierde  und  Willens- 
macht, selbst  auf  dem  Standpunkt  schon,  den  das  Altertum  erreichte, 
verkannt  oder  wenigstens  gering  geachtet.  Die  Alten  wüsten  recht  gut, 
welchen  Reiz  das  Verbotne  habe ,  und  wenn  sie  auch  nicht  sagen  konn- 
ten, wie  der  Apostel  Paulus  (Köm.  1,  19):  das  Gute,  das  ich  will,  thue 
ich  nicht,  sondern  das  Böse,  das  ich  nicht  will,  thue  ich,  so  kannten 
sie  doch  nur  zu  wol  die  Macht  der  Begierde,  die  oft  der  schärfsten  und 
richtigsten  Erkenntnis  widerspreche.  Weil  aber  die  Erkenntnis  der 
Sünde,  wie  sie  aus  der  Offenbarung  stammt,  allerdings  eine  ganz  andere 
ist,  so  hätte  die  sokratische  Auffassung  auch  nicht  mit  dem  eben  ge- 
nannten Paulinischen  Spruch  verglichen,  sondern  ihm  scharf  gegenüber- 
gestellt werden  sollen.  Aristoteles  (eth.  Nicom.  7,  3  vgl.  6,  13)  scheint 
in  dieser  Beziehung  schon  das  richtige  angedeutet  zu  haben,  dasz  die 
Tugend  von  der  Erkenntnis  zwar  unzertrennlich,  aber  doch  keineswegs 
mit  ihr  identisch  sei.  Sokrates  durfte  das  wol  mit  einander  eng  ver- 
binden, aber  er  hätte  es  nicht  verschmelzen,  sondern  genau  unterschei- 
den sollen.  Wir  haben  uns  hier,  sowol  in  der  historischen  Angabe  der 
überlieferten  Gedanken  und  Lehrsätze  als  auch  in  der  freien  Beurteilung 
derselber),  vor  einer  modern-heidnischen  Auffassung  sorgsamst  zu  hüten, 
die,  je  ähnlicher  oder  verwandter  sie  der  antiken  ist,  desto  leichter  das 
zu  liefernde  reine  Bild  des  Altertums  trüben  kann.  Eine  solche  Besorg- 
nis liegt  nahe,  wenn  es  z.  B.  S.  47  heiszt:  'er  (Sokrates)  wollte  — 
durch  Einigung  des  vernünftigen  Denkens  und  des  sittlichen  Wollens 
die  ursprüngliche  Harmonie  i'nrer  Seelenkräfte  den  Menschen  wiederge- 
winnen helfen.'  Dieser  Satz  möchte  für  den  antiken  Standpunkt  zu 
hoch,  für  den  christlichen  semipelagianisch  erscheinen. 

Wenn  aber  auch  Sokrates  alle  Tugend  in  die  Erkenntnis  setzte,  lag 
doch  jeder  unlautere  Wissensdünkel  keinem  ferner  als  ihm;  weise  zu 
heiszen  komme  nur  Gott  zu.  Hiermit  steht  auch  der  bekannte,  ihm  ge- 
wöhnlich ohne  Bedenken  zugeschriebne  Spruch  in  engster  Verbindung: 
er  wirise  nur  das  eine,  dasz  er  nichts  wisse  (Diog.  Laert.  2,  32.  Cic. 
acad.  I  4,  IG).  .Aber  gerade  an  dieser  Stelle  scheint  der  Mangel  einer 
genauen  kritischen  Sichtung  bei  Hru  v.  L.  mit  am  stärksten  hervorzu- 
treten. Zwischen  allem  dem ,  was  hier  so  ohne  Unterscheidung  zusam- 
mengestellt worden  ist ,  musz  sorgfältig  und  genau  geschieden  werden. 
Denn  eine  Aeuszerung,  wie  sie  aus  Theodoret.  de  Graec.  äff.  1 ,  85 
angeführt  wird:  ÜQxr]  äga  yvcaosojg  r/ys  dyvoi'ag  t]  yvcooig,  sagt  doch 
keineswegs  ganz  dasselbe,  was  die  eben  angeführte,  und  wiederum  das 
Epikurische :  initium  est  salutis  notitia  peccati  (Sen.  ep.  28 ,  9) ,  ist 
wesentlich  davon  verschieden.  Vollends  aber  ist  das  Wissen  und  Er- 
kennen, welches  um  seines  sittlichen  Werthes  willen  Sokrates  zur  Haupt- 
sache eriiob,  von  dem  Weise  sein,  das  der  Apostel  Paulus  (1  Kor.  3,  18) 
meint,  nicht  graduell,  sondern  fundamental  zu  unterscheiden. 

Wenn  der  Verf.  weiter  daneben  drei  Güter  nennt,  die  in  echt  helle- 
nischem Sinne  von  Sokrates  als  die  höchsten  gepriesen  würden,  nemlieh 
Seelenreichtum,  Musze  die  Schwester  der  Freihet,  und  Freundschaft, 
so  mangelt  für  die  anziehende  Trias  nur  die  scharfe  Begründung;  we- 
nigstens enthalten  die  angeführten  Stellen,  wie  die  aus  der  Anthologia 
Pal.,  wenn  sie  überhaupt  dafür  gelten  kann,  nicht  genug,  und  andere 
sind  als  schöne  Aeuszerungen  des  Aristoteles,  Cicero  u.  a.  von  den  ein- 
fachen Lehren  des  Sokrates  geradezu  zu  trennen. 

Wenn  endlich  Hr  v.  L.  das  Urteil,  welches  Sokrates  in  Bezug  auf 
Geschlechts-  und  Unzuchtsünden  fällt,  wesentlich  vom  Standpunkte  der 
Klugheit  und  des  praktisch  Empfehlungswerthen  angesehn  wissen  möchte, 
so  kann  dieser  Maszstab  doch  oflFenbar  selbst  für  den  hellenischen  Ge- 
sichtskreis kaum  zugelassen  werden.  Mag  auch  immerhin  gern  einge- 
standen werden  können,  dasz  die  Regeln  des  Sokrates  praktisch  unfehlbar 


Kurze  An/.ciffcn  und  Miscellcii.  28" 


■ö 


vichtijjor  frngrlffen  sind  als  ein  theoretischer  Rigorismus,  der  in  That 
und  >\'iihrlicit  nicht  beobachtet  wird:  mag  der  Verf.  auch  ..mit  Recht 
fragen  dürfen,  ob,  so  gewis  aucii  die  christliche  Ethik  diese  Sache  tiefer 
aufgefaszt  habe,  auch  das  Leben  der  christlichen  Völker  besser  sei:  es 
musz  mindestens  deutlich  gemacht  werden  ,  wie  ein  Grieche  zu  solcher, 
die  Reinheit  und  Idealität  des  Sinns  so  wesentlich  und  gewaltig  beein- 
trächtigenden Vorstellungsweise  kommen  kann ,  wenn  ihm  nicht  das 
wahre  Verhältnis  zwischen  dem  Leibe  und  der  Seele  gänzlich  verschoben 
worden  und  jede  Ahnung ,  dasz  unser  Leib  ein  Tempel  des  heiligen 
Geistes  ist,  nicht  einmal  in  weiter  Ferne  vernehmbar  ist.  Ohne  solche 
Einschränkung  ist  eine  Billigung  des  antiken  Standpunkts  nach  unseieui 
Dafürhalten  wenig  statthaft. 

Wir  kommen  auf  einen  andern  Punkt,  die  Anklage  und  Verfolgung 
des  Sokrates.  H.  v.  L.  findet  die  Ursache  derselben  in  der  Polemik  des 
Sokrates  gegen  die  athenische  Staatsverfassung  und  in  seiner  ganzen 
Stellung  ihr  gegenüber.  Die  Demokratie,  welche  unmittelbar  nach  den 
Perserkriegen  mit  IJeseitigung  aller  aristokratischen  Bestandteile  einge- 
führt und  bis  in  die  letzten  Consequenzen  hinein  ausgebildet  worden 
war,  erschien  ihm  als  eine  monarchische  Willkürherschaft,  und  er  er- 
laubte sich  über  sie  und  die  Männer,  welche  sie  repräsentierten,  eine 
sciionunpslose  Kritik.  Perikles  habe  durch  seine  Aeckerverlosungen, 
Schauspielgelder  und  richterliche  Diäten,  die  er  eingeführt,  die  Athener 
zu  Söldlingen  erniedrigt  und  aus  einem  arbeitsamen  Volke  zu  faulen, 
feigen,  geschwätzigen,  geldgierigen  und  genuEzsüchtig-en  Menschen  ge- 
macht. Er  bekennt  offen  von  sich  die  Ueberzeugung,  dasz  er  und  einige 
wenige  Athener  sich  der  wahren  Staatskunst  befleiszigten,  dasz  aber 
sein  Daimonion  ihm  ausdrücklich  verbiete,  mit  dem  athenischen  Staats- 
wesen sich  zu  befassen  (fto/  svavxiovxoi  xa  Ttolixiv.cc  tiqÜxxsiv  Apol.) ; 
nur  sein  Leib  wohne  im  Staate ,  seine  Seele  anderswo .  die  Menschen 
und  die  Natur  und  das  AVelfall  erforschend  (Theaetet.).  Dabei  aber 
verkennt  er  die  guten  P^igenschaften  an  seinen  Mitbürgern  nicht,  die 
Redefreiheit,  die  bei  ihnen  hersche,  ihre  Ehrliebe  und  ihr  Wolwollen 
{cpiloxi^öxaxOL  y£  ■/.ai  cpiXoqjQOviazaxoi  Ttavxav);  axich  erfüllte  er  seine 
Bürgerpflichten  gewissenhaft,  machte  drei  Feldziige  mit,  in  denen  er  sich 
unerschrocken  und  tapfer  und  als  Retter  seiner  Freunde  zeigte,  und  war 
noch  in  seinem  67n  Lebensjahr  Mitglied  des  Raths  der  Fünfhundert, 
widersetzte  sich  aber  jedem  ungerechten  und  gesetzwidrigen  Ansinnen; 
denn  zu  einer  wider  göttliches  und  menschliches  Recht  verstoszendeu 
Handlung  liesz  er  sich  nie  bewegen  {ovSlv  aceßeg  oväh  avoaiov  ovxs 
TTQaxTovxog  ovxs  l^yovxos,  Xen.  mem.  I  1,  11).  Das  alles  gab  ihm  eine 
geistige  Ueberlegenheit,  die  entweder  Liebe  oder  Hasz  gegen  ihn  wecken 
muste.  So  zog  er  denn  die  edlere  Jugend  an  sich,  wärend  ihn  die 
Komiker  verspotteten  und  die  unwissende  Menge  ihn  unter  die  Sophisten 
zählte,  die  er  selbst  so  eifrig  bekämpfte.  Die  wiederholten  Anträge 
fürstlicher  Gönner,  wie  des  makedonischen  Königs  Archelaos,  der  thes- 
salischen  Herscher  Skopas  zu  Krannon  und  Eurylochos  zu  Larissa,  lehnte 
er  ab  und  blieb  gern  in  seiner  frei  gewählten  Ai-mut,  auf  seinem  Antlitz 
die  immer  gleiche  Heiterkeit  und  den  tiefen  Frieden  und  Gleichmut  sei- 
ner Seele  offenbarend. 

Nachdem  Hr  v.  L.  die  bekannten  Klagepunkte  näher  erörtert  und 
beleuchtet  hat,  fällt  er  über  die  vielbesprochne  Berechtigung  zur  An- 
klage des  Sokrates  das  L^rteil ,  dasz  man  in  der  That,  wäre  das  dama- 
lige Athen  noch  das  alte  gewesen  in  Glauben  und  Sitten  und  gäbe  es 
keinen  höheren  Standpunkt  der  Beurteilung  als  den  des  jeweiligen 
Staatsrechts,  zugestehn  müste,  Sokrates  habe  als  athenischer  Bürger 
in  seiner  Beurteilung  der  athenischen  Demokratie,  wenigstens  in  der 
Form    seines   Tadels   Unrecht  gehabt:    ''ganz    so    wie    die    christlichen 


28S  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Märtyrer ,  wenn  man  sie  nach  dem  römischen  Staatsrecht  beurteilen 
wollte.'  Der  Verl",  kommt  also  nicht  ganz  zu  dem  extremen  Urteile 
F  orch  ham  mers,  dasz  niemals  von  einem  gesetzlicheren  Gerieht  ein 
gesetzlicheres  Urteil  gesprochen  worden  sei  als  dasjenige,  wodurch  So- 
krates  zuerst  des  Verbrechens  des  Unglaubens  an  die  Staatsgötter  und 
der  Verderbung  der  Jugend  schuldig  erkannt  und  darauf  zum  Tode  ver- 
urteilt wurde;  aber  er  hat  auch  die  mancherlei  dagegen  vorgebrachten, 
nicht  unerheblichen  Gründe  (z.  B.  von  Bendixen)  nicht  genügend  berück- 
sichtigt, zum  Teil  nicht  einmal  erwähnt.  Je  wichtiger  dieser  ganze 
Punkt  für  die  Beurteilung  des  Sokrates  und  seiner  Zeit,  ja  teilweise  des 
ganzen  hellenischen  Altertums  ist,  um  so  sorgfältiger  war  er  zu  behan- 
deln und  um  so  weniger  befriedigt  die  Arbeit  des  Verfassers  in  diesem 
Teil.  Zwischen  dem  Sokrates,  dessen  freie  Wahl  und  eigne  Bestimmung 
ohne  einen  andern  Beruf,  als  wozu  ihn  das  allgemeine  staatsbürgerliche 
Princip  berechtigte ,  ihn  zum  Lehrer  der  Jugend  gemacht  hatte ,  und 
einem  heutigen  im  Dienste  des  Staats  stehenden  Lehrer  ist  ein  bedeuten- 
der Unterschied,  den  der  Verf.  (Anm.  246)  nicht  hätte  übersehn  sollen. 
Dieser  würde  den  Staat  selbst  und  unmittelbar  angreifen,  in  dessen  Auf- 
trag er  lehrt;  Sokrates  handelte  nach  der  beinahe  atom.istischen  Freiheit, 
welche  die  demokratische  Verfassung  Athens  gestattete,  und  wenn  sie 
ihm  dieselbe  Machtvollkommenlieit  in  Urteil  und  Rede  nicht  zugestehn 
wollte,  bewies  sie  dadurch,  dasz  sie  selbst  auf  einem  unterhöhlten  Böden 
stehe  und  dasz  sie  ein  Princip  aitfgestellt  habe,  welches  am  letzten  Ende 
sich  selbst  zerstören  müsze.  Das  war  die  viel  strengere  Rechenschaft, 
von  der  er  seinen  Richtern  sagte,  dasz  ein  anderer  kommen  werde  sie 
von  ihnen  zu  fordern.  Darum  beseelte  ihn  ein  edler  und  gerechter  Stolz, 
der  ihn  einer  Menge  gegenüber,  deren  innere  Haltlosigkeit  er  nur  zu 
wol  erkannte,  jede  tiefere  Vertheidigung  und  jedes  gerechte  Mittel  der 
Befreiung  verschmähen  liesz.  Das  mochte  ihm  auch  wol  die  innere 
Stimme  sagen,  wenn  sie  ihm  warnend  entgegentrat  (vvavricöQ'ri  ro  Sat- 
^övtov,  Xen.  mem.  IV  8  ,  5) ,  aber  darum  sind  wir  noch  nicht  berech- 
tigt, ^eine  von  der  Gottheit  verlaugte  Huldigung  ihrer  Befehle'  darin 
zu  finden. 

So  gieng  Sokrates  denn,  'wie  ein  leichter  Fuszgänger',  sagt  der 
Verf.,  'heiter  aus  der  Welt  und  arm  wie  er  gekommen  war,  399  Jahre 
vor  der  Geburt  Jesu  Christi,  dessen  wahrhaftiger  echter  Vorläufer  unter 
den  Hellenen  er  gewesen  ist.  Und  es  wird  einstimmig  ?inerkannt,  sagen 
Xenophon,  Piaton  und  Aristoteles,  dasz  Sokrates  durchaus  keinem 
Menschen  ähnlich  sei,  weder  unter  den  alten  noch  unter  den  jetzigen, 
und  dasz  nie  seit  Menschengedenken  einer  mit  schönerem  Gleichmut  der 
Seele  den  Tod  ertragen  habe  als  Sokrates.  Ich  finde  dies  alles  so  inner- 
lich grosz  und  doch  so  echt  menschlich,  dasz  ich  glaube,  es  wird  kei- 
nen wolgearteten  Menschen  geben,  der  auch  heute,  nach  mehr  als  zwei 
.Jahrtausenden,  den  Platonischen  Phädon  lesen  kann,  ohne  sich  im  Inner- 
sten ergriffen,  erschüttert,  gereinigt,  erhoben  und  gestärkt  zu  fühlen. 
Wahrhaftig,  er  starb  wie  ein  heiliger  Mensch:  als  er  fast  schon  den 
Todesbecher  in  der  Hand  hielt,  sprach  er  noch  so,  dasz  er  nicht  zum 
Tode,  sondern  empor  in  den  Himmel  geführt  zu  werden  schien'  (a.  Cic. 
Tusc.  I  29,  71). 

Indem  wir  diese  letzten  Aeuszerungen  des  Verfassers  mitteilen,  ohne 
dasz  wir  nötig  haben  vor  den  Lesern  dasjenige  zu  sondern,  was  davon 
unbedingt  unterschrieben  itnd  was  dagegen  nicht  angenommen  werden 
kann,  wenden  wir  uns  zu  dem  letzten,  dem  Verf.  vielleicht  am  meisten 
am  Herzen  liegenden  Abschnitt,  worin  er  den  'Heros',  den  er  geschildert, 
'mit  dem  höchsten  aller  Heroen,  mit  Jesus  Christus,  zu  vergleichen' 
unternimmt,  wobei  er  sich  wol  bewust  ist,  manchen  seiner  Zeitgenossen 
vielleicht   ein  Aergernis  zu  geben ,   wofür   er   sich  aber  auf  den  Vorgang 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  289 

der  Väter  der  Kirche  und  einiger  unter  den  Neuern  (Justinus  Martyr, 
Augustinus,  Marsilius  Ficinus ;  Hainaun,  Delbrück,  Baui)  beruft.  Auch 
Referent  gehört  zu  denen,  die  eine  solche  Zusammenstellung  eben  so 
statthaft  als  lehrreich  linden:  nur  musz  recht  angelegentlich  es  darauf 
abgeschn  sein,  in  allen  einzelnen  Stücken  weit  mehr  zu  unterscheiden 
als  ähnlich  zu  finden.  Nur  dann  sind  wir  vor  der  groszen  Gefahr 
bewahrt,  die  sich  hier  für  die  wissenschaftliche  Erkenntnis  wie  für  den 
christlichen  Glauben  in  gleichem  Älasze  ergibt. 

Wenn  das  System  der  typischen  Theologie,  d.  h.  die  Lehre  dasz 
es  vorbildliche  I'ersönlichkeiten  zu  der  höchsten  des  Menschensohnes 
gebe,  überhaupt  zulässig  sei:  dann,  meint  der  Verf.,  sei  hier  wenn 
irgendwo  ein  echtes  Vorbild  Christi  klar  erkennbar.  Nach  dem  noch 
weiter  hinzugefügten  scheint  uns  der  Begriff  des  Typischen  weder  klar 
noch  scharf  genug  gefaszt  zu  sein;  denn  wenn  auch  das  Hellenische  von 
dem  Alttestamentlichen  wesentlich  (und  anders  als  es  die  letzten  Worte 
des  Buchs:  dasz  'unzweifelhaft  das  beste  der  christlichen  Lebenslehre 
dem  Hellenismus  ungleich  näher  stehe  als  dem  Judaismus ',  vermuten 
lassen)  verschieden  ist,  so  ist  doch  auch  hier  der  Begriff  des  Tj'pischen 
von  dem  Propädeutischen  und  Prophylaktischen  ,  wenn  auch  eher  von 
dem  eigentlich  Prophetischen,  zu  trennen.  Mögen  noch  so  viele  Winke, 
Andeutungen,  Aehnlichkeiten  oder  Entstellungen  geoffenbarter  Wahrheit 
auf  diesem  Gebiet  sich  finden:  sie  können  immer  nur  vereinzelt  erschei- 
nen, niemals  in  dem  vollen  Zusammenhange  e'iner  menschlichen  Persön- 
lichkeit vereinigt  sein ,  wenn  man  nicht  die  gottmenschliche  Natur  des 
Heilands  zerteilen  und  eine  Eeihe  von  Aeuszerlichkeiten  sammeln  will, 
in  welcher  gar  nichts  Wesentliches  und  Bedeutungsvolles  verborgen  liegt. 
Solcher  Art  aber  ist  es,  wenn  der  Sohn  des  Bildhauers  mit  dem  Zimmer- 
mannssohn, der  Name  27a>xpar?ys  von  amriJQ  mit  dem  Namen  'Irjaovg 
von  taaig,  die  Anbetung  der  Magier  an  der  Krippe  des  Heilands  mit 
jenem  syrischen  Magier,  der  nach  Athen  gekommen  und  dem  Sokrates 
seinen  gewaltsamen  Tod  vorausgesagt  haben  soll ,  die  Berufung  der 
Jünger  des  Herrn  mit  der  Begegnung  des  Xenophon  in  der  engen  Gasse 
und  der  Aufforderung  titov  tol'vvv  zal  /.iciv&avs  verglichen  oder  die 
Aehnlichkeit  zwischen  dem  Nikodemus  und  dem  Eukleides ,  der  Nachts 
mit  Lebensgefahr  von  Megara  nach  Athen  kam  um  den  Sokrates  zu 
hören,  oder  zwischen  den  Lehrplätzen  beider  gefunden  wird.  Geht  man 
aber  von  diesen  Aeuszerlichkeiten  weiter  hinweg,  dann  stellt  sich  sofort 
auch  in  weitem  Masze  der  Abstand  zwischen  beiden  heraus.  Wenn 
Aristides  mit  dem  geliebten  Lehrer  in  e'inem  Hause  und  womöglich 
e'inem  Zimmer  zusammen  zu  sein,  am  liebsten  neben  ihm  zu  sitzen  und 
ihn  zu  berühren  wünscht,  so  ist  dieses  paränetische  Verhältnis  einer 
anregenden  und  imponierenden  menschlichen  Persönlichkeit  doch  himmel- 
weit verschieden  von  der  wunderkräftigen  Ausströmung  höheren  Lebens 
aus  dem  Leibe  des  sündlosen  Heilands  auch  unter  blosz  äuszerlicher 
Berührung.  Und  wenn  in  der  Lehre  beider  auch  einzelne  merkwürdig 
ähnliche  Aussprüche  sich  finden  sollten,  so  verschwinden  diese  doch  bei 
näherer  Erwägung;  denn  das  ist  ja  gerade  der  wesentlichste  und  ent- 
scheidendste Punkt,  dasz,  wenn  auch  bei  Sokrates  mehr  auf  das  Leben 
und  Handeln  als  auf  die  Lehre  ankommt,  doch  eben  bei  Christo  das 
volle  Leben  und  die  tiefe  Lehre  ganz  und  gar  eins  sind.  Und  doch  ist 
auch  zwischen  dem  Grundsatz  des  Sokrates:  sich  die  Feinde  zu  Freun- 
den zu  machen,  und  der  Feindesliebe  Christi  ein  wesentlicher  Unter- 
schied; das  Zeugnis  über  die  Bosheit  der  Welt  ist  noch  ganz  etwas 
anderes  als  der  Vorwurf  gegen  die  Thorheit  des  athenischen  Staats- 
wesens, und  wenn  CLristus  nicht  seine,  sondern  Gottes  Ehre  sucht,  der 
ihn  gesandt  hat,  so  sucht  er  damit  ganz  etwas  anderes  als  Sokrates, 
wenn  er  die  Ehre  Apollons  sucht,    dessen  Wort  er  wahr  machen  müsze, 

N.  Jahrb.  f,  Phil.  ii.  Päd.    II.  Abt.   18G1.   Hft  6.  19 


290  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

denn  dieses  Wort  war  ja  doch  nnr  bfstimint ,  ihm  Ruhm  vor  den  Men- 
schen zu  verschaft'en.  Wol  mag  dem  Alkibiades  bei  den  Reden  des 
Sokrates  das  Herz  gepocht  haben  und  das  Auge  übergegangen  sein, 
aber  daraus,  dasz  auch  den  Jüngern  auf  dem  Wege  nach  Emmaus  das 
Herz  brannte,  darf  man  nicht  sofort  den  Schlusz  ziehn,  dasz  Lukas  und 
Johannes  den  Piaton  gelesen  haben  müszen.  Bei  der  Ironie  des  Sokra- 
tes findet  der  Verf.  selbst  mehr  Gegensatz  als  Parallele;  da  müszen 
denn,  um  eine  Aehnlichkeit  zu  entdecken,  die  Apokryphen  herhalten, 
die  manchen  'vollkommen  echt'  ersclieineuden  Zug  bewahren.  Noch 
weniger  gern  vermögen  wir  der  Vergleichung  der  letzten  Lebeusschick- 
sale  zu  folgen.  Gerade  in  dem  Tode  des  Herrn  tritt  seine  Liebe  und 
seine  Hoheit  im  reichsten  Masze  uns  entgegen;  es  wird  ein  Opfer  für 
die  ganze  Welt  gebracht,  wärend  der  Tod  des  Sokrates  nur  zu  ihm, 
den  Seinigen  und  seinen  Jüngern  in  Beziehung  stehn  konnte.  Darum 
passt  auch  der  Vergleich  zwischen  dem  Symposion  mit  seinem  helle- 
nischen Glanz,  wo  der  sinnlich  schöne  und  liederliche  Alkilnades  au  der 
Seite  des  Sokrates  sitzt,  und  dem  einfachen  Liebesmahl  Christi  nicht, 
wo  der  keusche  und  reine  Lieblingsjünger  an  seiner  Brust  ruht.  Bei 
dem  Verkaufe  des  Heilands  um  dreiszig  Silberlinge  lag  doch  die  Ana- 
logie des  alttestamentlichen  Josephs  weit  näher  als  die  Absicht  der  treuen 
Schüler  des  Sokrates,  ihn  für  dreiszig  Minen  loszukaufen;  die  Aehn- 
lichkeit aber  zwischen  dem  letzten  Schicksal  jenes  Verrätliers  und  die- 
ser falschen  Ankläger  wird  von  dem  Verf.  selbst  wieder  durch  die  Be- 
merkung aufgehoben,  dasz  überhaupt  grosze  Missethäter  oft  zuletzt  einen 
Hasz  gegen  das  eigne  Leben  bekommen.  Eine  Parallele  zwischen  der 
feinen  Verspottung  der  Komiker  und  der  rohen  Mishandlung  der  Kriegs- 
kneclite  wird  mau  kaum  im  Ernst  benutzen  wollen.  Aber  die  Tliränen 
Christi  über  Jerusalem  und  die  Hinweisung  des  Sokrates  auf  den  Schaden, 
den  sich  die  Athener  selbst  zufügen,  sind  schon  darum  wesentlich  von 
einander  verschieden,  weil  die  Perspective  nicht  zu  verkennen  ist,  durch 
welche  in  dem  Falle  Jerusalems  das  Weltgericht  sich  spiegelt;  nicht 
minder  das  Gefühl  der  Verwaisung  bei  den  Schülern  des  Sokrates  und 
die  Verheiszung  des  Herrn,  sie  nicht  Waisen  zu  lassen,  oder  das  Zeugnis 
des  römischen  Hauptmanns  hier  ('Gottes  Sohn')  i^nd  des  Gefängnis- 
wärters dort  ('der  edelste,  sanfteste  und  beste  derer,  die  noch  jemals 
hierher  gekommen  sind').  Eher  können  wir  die  Aelinlichkeit  beider, 
dasz  sie  selbst  nichts  schriftliches  hinterlassen  haben,  sowie  dasz  die 
Verschiedenheit  der  realistischen  Auffassung  Xenophons  und  der  ideali- 
stischen Piatons  dem  Unterschied  der  somatischen  Evangelien  von  dem 
pneumatischen  Evangelium  in  gewisser  Weise  entspreche,  gelten  lassen; 
wenn  aber  auch  die  geistige  Auferstehung  des  Sokrates  in  seinen  Schü- 
lern und  die  angebliche  Erscheinung  des  schon  gestorbenen  vor  dem 
Chier  ICyrsas  sogar  nocli  parallelisiert  werden  soll,  —  vermögen  wir  in 
der  That  nicht  weiter  zu  folgen.  Zum  Schlusz  hebt  der  Vf.  denn  doch 
selbst  noch  wieder  hervor,  dasz  Sokrates  sich  bemüht  habe,  immer  bes- 
ser zu  werden  und  seine  Freunde  besser  zu  machen,  Christus  aber  sagen 
konnte:  wer  unter  euch  kann  mich  einer  Sünde  zeihn?  dasz  Sokrates 
von  dem  delphischen  <3rakel  für  den  weisesten  erklärt  worden  ist,  in 
Christo  aber  alle  Schätze  der  Weisheit  und  der  Erkenntnis  verborgen 
liegen,  weil  in  ihm  die  ganze  Fülle  der  Gottheit  leibhaftig  wohnt. 
Darnach  wird  sich  denn  auch  der  Unterschied  zwischen  dem  Logos  des 
Sokrates  und   dem   Ijogns  dos  Johannes  wol  bemessen  lassen. 

Die  Altertumswissenschaft  hat  eine  grosze,  würdige,  unveräuszer- 
liche  Aufgabe:  sie  soll  den  schönsten  und  besten  Schatz,  den  in  Wort 
und  That,  Werk  und  Gesinnung  das  Altertum  in  sich  verborgen  hat, 
zu  Tage  fördern  und  im  rechten  Licht  allen  vergegenwärtigen;  damit 
sie  das   aber  in  lauterster  AA'eise  voUziehn  könne  und  sich  eben  so  sehr 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  291 

vor  der  Verkpiinnng  wie  vor  der  TJeberschätznn»  der  Licht-  nnd  Schatten- 
seiten bewahre,  musz  sie  vor  allen  Diiij^en  mit  jener  Mäszif^ung  und  Be- 
sonnenheit gerüstet  sein,  die  uns  so  hell  iu  der  griechischen  GacpQoavvrj 
entgegentritt,  Friedr.  Uibher. 

XIV. 

Zur  albanesischen  Sprachfrage. 

Unterzeichneter  teilte  vor  einiger  Zeit  in  diesen  Jahrbüchern  (Bd 
LXXXII  Heft  6  S.  203  f.)  einiges  zur  albanesischen  Sprachfrage  mit. 
Ein  Aufsatz  in  der  in  Athen  erscheinenden  politisch -wissenschaftlichen 
Zeitschrift  H'ElTtiq  vom  15.  November  18G0,  von  dem  Griechen  Evangel. 
Zappas,  wahrscheinlich  dem  nemlichen,  der  zur  Einführung  der  'OkvybTiLd 
im  Königreich  Griechenland  Anlasz  gegeben  und  die  nötigen  Geldmittel 
dafür  bestimmt  hat  (s.  Jahrbücher  1859  Bd  LXXIX  Heft  1  S.  41),  ver- 
anlaszt  mich,  weiter  auf  diesen  Gegenstand  zurückzukommen,  da  jener 
Aiifsatz  zu  obigem  Zweck  manches  interessante  enthält.  Bereits  seit 
längerer  Zeit  lernen  die  Albanesen  auch  die  altgriechische  Sprache,  und 
sie  haben  dazu  an  den  Schulen  eigne,  in  Griechenland  selbst  gebildete 
griechische  Lehrer.  Ihre  eigne  Sprache  ist  nocli  zur  Zeit  keine  ge- 
schriebne;  auch  ist  unter  ihnen  selbst  die  Meinung  aufgetaucht,  dasz 
die  Albanesen,  wenngleich  ihre  Gesamtzahl  vielleicht  anderthalb  Millio- 
nen ausmacht,  einer  geschriebnen  Sprache  gar  nicht  bedürfen,  weil 
'die  Sprache  ihrer  Vorfahren,  der  alten  Hellenen,  noch  vorhanden  sei', 
auch  auszerdem  die  albanesische  Sprache  es  niemals  zu  einer  wissen- 
schaftlichen Geltung  bringen  werde.  Gleichvvol  hat  man  für  die  Alba- 
nesen die  Notwendigkeit  eingesehn,  ein  bestimmtes  System  aufzustellen, 
um  ihnen  die  Erlernung  der  griechischen  Sprache  zu  erleichtern  und  zu- 
gleich die  albanesische  Sprache  zur  Herausgabe  der  nötigen  Bücher 
und  zum  Gebrauch  für  gewisse  besondere  und  alltägliche  Bedürfnisse 
geschickt  zu  machen.  Unter  anderem  ist  zu  diesem  Zweck  vorgeschla- 
gen worden,  die  vierundzwanzig  Buchstaben  des  griechischen  Alphabets 
beizubehalten  und  zugleich  aus  ihnen  einige  andere  zusammengesetzte 
Schriftzeichen  zu  bilden ,  deren  sie  zur  notwendigen  Bezeichnung  und 
zum  Ausdruck  für  gewisse  der  griechischen  Sprache  fehlende  Laute  der 
albanesischen  bedürfen.  Der  genannte  Zappas  hat,  wie  er  bemerkt, 
dies  System  in  einer  von  ihm  errichteten  Schule  in  der  Walachei  beim 
Unterricht  albanesischer  Kinder  eingeführt,  und  er  ist  der  Meinung. 
dasz  dadurch  diese  letztern  für  den  Unterricht  selbst  wenigstens  an  Zeit 
viel  ersparen  müszen,  auch  wenn  sie  sonst  keinen  Vorteil  davon  haben 
sollten.  Er  spricht  sich  a.  a.  O.  im  einzelnen  weiter  über  dies  albane- 
sische Alphabet  aus,  namentlich  auch  über  die  aus  griechischen  Buch- 
staben zusammengesetzten,  dem  Griechischen  selbst  fremden  acht  Zei- 
chen der  albanesischen  Sprache  und  deren  Aussprache.  Für  diese  der 
albanesischen  Sprache  eigentümlichen  acht  Laute  werden  dort  die  grie- 
chischen Schriftzeichen:  aa,  vt ,  ttJ,  vt'C,  _§,  »,  v  und  ^  vorgeschla- 
gen, und  zu  deren  Erklärung  wird  bemerkt,  dasz 

60  wie  das  französische  ch  in  chanter, 

rr     „        ,,  „  d  in  dieu, 

TT^    ,,       ,,  ,,  tch   in  Tchanderli ,  Städtchen   in  Kleinasien, 

vz^    ,,       „  ,,  gh  in  gheda,  gherai,  Name  eines  Chan's  in  der 

Krim , 

£_      ,,       ,,  ,,  eu  in  bonheur,  henreux , 

ö       ,,        ,,  ,,  u   in  public, 

V       „       ,,  „  gn  in  gagner, 

5        ,,        ,,  ,,  j   in  Jalousie, 

19* 


292  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

ausgesprochen  wird.  Das,  was  in  dieser  Beziehung  dort  weiter  im  ein- 
zelnen mitgeteilt  wird,  lasse  ich  jedoch  hier  gänzlich  unberücksichtigt, 
da  es  weniger  hierher  gehört.  Dagegen  sind  dem  Aufsatz  des  genann- 
ten Zappa'! ,  wie  es  scheint ,  von  der  Eedaction  der  ^Elniq  selbst  einige 
linguistische  Bemerkungen  beigefügt  worden,  die  ein  allgemeineres  In- 
teresse haben  und  woraus  ich  das  nachfolgende  entlehne.  Zuvörderst 
wird  bemerkt,  dasz  das  Albanesische  weder  mit  den  romanischen  Spra- 
chen noch  mit  den  slavischen  verwandt  sei,  vielmehr  sei  es  eben  so  ein 
Dialekt  der  hellenischen  Sprache,  wie  das  Tzakonisclie  (Lakonische), 
das  in  der  Provinz  Kynuria  im  Peloponnes  (die  vor  dem  Freiheitskriege 
den  Namen  Tzakonien  führte)  noch  gegenwärtig  geredet  wird,  und  jeder, 
der  sich  die  Mühe  nehme,  einzelne  tzakonisclie  oder  albanesische  Worte 
näher  zu  betrachten  und  etymologisch  zu  prüfen,  werde  finden,  dasz  sie 
mehr  oder  weniger  als  hellenische  gelten  müszen.  Zur  Bestätigung  dieser 
Behauptung  werden  versch'edene  Beispiele  aus  dem  Albanesischen  bei- 
gebracht; aber  nicht  alle,  die  dort  angeführt  werden,  können  nach  dem, 
was  dabei  aus  der  Beziehung  auf  das  Altgriechische  sich  ergibt ,  dafür 
gelten.  Anders  ist  es  in  dieser  Hinsicht  mit  den  folgenden  freilich  nicht 
zahlreichen  Worten,  welche  ich  daher  hier  unter  der  Voraussetzung 
entlehne ,  dasz  der  Verfasser  des  Aufsatzes  in  Ansehung  der  Bedeutung 
der  albanesischen  Worte  recht  hat.  Jedenfalls  legen  auch  diese  wenigen 
Beispiele  wiederholt  für  die  auch  von  andern  behauptete  Verwandtschaft 
des  Albanesischen  mit  dem  Altgriechischen  Zeugnis  ab. 
BGGts  bedeutet  im  Albanesischen:  ist;  altgriechisch  aavi, 
ovX  —  —  —  der  Stern ,  hängt  mit  dem  altgriechischen  ov}-og,  ovXiog 
(stark,  kräftig,  heftig)  zusammen,  und  bei  Homer  findet  sich  ov- 
Xtog  aarrJQ , 

tT^ovaz£  — ihr  habt  gelernt,  das  altgriechische  sipiao[icci, 

SvrsQÖßs —  —  —  verändern,  ändern,  aus  dem  altgriechischen  ste^oo», 
(iiQi-,    (iiQS   —  —   —  schön,    das  altgriechische   i'fiSQog  ([^istQa ,  sich 

sehnen,  lieben), 
ßEvm  —  —  —  gehn ,  altgriechisch  ßccivco. 
Auch  hier  wird  übrigens  die  Meinung  ausgesprochen,  dasz  das  Studium 
der  albanesischen  Sprache  im  allgemeinen  in  gleicher  Weise,  wie  das 
des  tzakonischen  Dialekts,  der  Sprachforschung  Nutzen  gewähren  könne, 
und  dasz  es  daher  namentlich  im  Interesse  der  altgriechischen  Sprach- 
wissenschaft und  der  vergleichenden  Sprachkunde  liege,  das  Aussterben 
des  einen  oder  andern  dieser  Dialekte  zu  verhüten  und  zu  verhindern, 
und  vielmehr  auf  jede  Weise  dafür  zu  sorgen,  dasz  beide  von  der  be- 
treffenden Jugend  gehörig  erlernt  und  getrieben  werden,  mündlich  und 
schriftlich.  Der  tzakonische  Dialekt  bedarf  keiner  andern  Schriftzeichen 
als  der  griechischen;  dagegen  ist  für  den  albanesischen  und  für  die  ihm 
eigentümlichen  rauhen  Buchstaben  ein  anderweiter  Ersatz  nötig,  der 
sich  indes  nicht  blos  auf  albanesische  Worte  und  im  allgemeinen  auf 
die  albanesische  Sprache ,  sondern  namentlich  für  fremde  Eigennamen 
und  für  technische  Ausdrücke  auch  auf  die  griechischen  Buchstaben 
würde  erstrecken  müszen.  Wir  können,  wird  dort  gelegentlich  bemerkt, 
manche  solcher  Eigennamen  mit  griechischen  Buchstaben  nicht  wieder- 
gaben, wir  müszen  vielmehr  diese  Eigennamen  auf  unsere  Weise  schreiben 
und  umgestalten  oder  verstümmeln.  Der  Verfasser  stellt  die  der  grie- 
chischen Sprache  fehlenden  Laute  anderer  moderner  Sprachen  zusam- 
men und  macht  zugleich  Vorschläge,  wie  sie  im  Griechischen  ersetzt 
weiden  könnten.  Indes  kommt  auch  dies  hier  nicht  weiter  in  Betracht, 
da  es  nur  für  die  Griechen  selbst  von  besonderem  Interesse  sein  kann. 
Auszerdem  erwähne  ich  noch ,  dasz  in  dem  angezogenen  Aufsatz 
des  Evangel.  Zappas  der  Name:  Albanien  von  dem  keltischen:  Alb 
oder  Alp.  d.  i.   Berg,  abgeleitet  wird;  dagegen  nennen  sie  den  Felsen: 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  293 

skimpi  (ffxt'fi^ri)  und  die  auf  Felsen  sich  aiifliHlteudeu  Adler  und  undereii 
Vögel  GKtfinöi'ia  und  Gv.ltis  ,  wonnch  dann  ein  Bewohner  der  Felsen  und 
]'>ergc  den  Namen  2,'-/.i7Terä()  (l)ekainitlicli  der  ei<;ne  Name  der  Albanesen) 
fiilire.  Es  ist  dies  eine  andere  Erklilrmig  des  Namens  Skipetar  als  die, 
welche  ich  selbst  am  Schlüsse  des  obgedachten  Aufsatzes  in  deu  Jahr- 
büchern versucht  hatte. 


An  der  bereits  oben  angeführten  Stelle  dieser  Zeitschrift  stellte 
ich  aus  der  oftgenannten  griechischen  Zeitschrift  Nea  UavöcoQcc  eine 
Anzahl  albanesischer  Worte  zusammen,  die  durch  ihre  Verwandtschaft 
mit  altgriechischen  Worten  über  den  Zusammenhang  zwischen  diesen 
beiden  Sprachen  weitere  Aufschlüsse  zu  geben  geeignet  sind  und  welche 
im  einzelnen  die  Ansicht  bestätigen,  die  A.  Schleicher  in  seinen 
'linguistischen  Untersuchungen'  (II  S.  13'.))  ausspricht,  dasz  'nicht  nur 
die  albanesische  Sprache  als  indogermanisch  zu  betrachten,  sondern 
dasz  es  auch  mehr  als  wahrscheinlich  sei,  dasz  sie  im  pelasgischen 
Familienpaar  wurzle,  und  zwar  dem  Griechischen  näher  stehe  als  dem 
Lateinischen'.  Da  in  der  gedachten  griechischen  Zeitschrift  (Nr  262  vom 
Jahr  1861)  der  Verfasser  der  früher  zusammengestellten  -<ff^iy9a'q9(« 'El- 
}.r]voalßa7'nirj  weitere  diesfallsige  Mitteilungen  macht,  so  benutze  ich 
sie,  unter  ausdrücklicher  Bezugnahme  auf  das  im  allgemeinen  früher 
von  mir  Erklärte,  für  die  nachstellende  Zusammenstellung,  so  weit  die- 
selben auch  wirklich  dem  angegebnen  Zweck  entsprechen,  was  allerdings 
keineswegs  von  allen  von  dem  griechischen  Gelehrten  dort  zusammen- 
gestellten Worten  gelten  dürfte.  Uebrigens  bemerkt  letzterer,  dasz  er 
den  eigentümlichen  Laut  der  albanesischen  Sprache  zwischen  den  Vo- 
calen  s  und  o  zum  Unterschied  durch  deu  Doppellaut  so  (in  albanesischen 
Worten)  bezeichnet  habe. 

^äXog,  blanker,  metallener  Vorsprung  an  der  Vorderseite  des  Helms, 
vom  Helmbusch  bis    vorn   nach   der  Stirn  gehend,  —    alb,  finälof, 
die  Stirn ,  der  Vorsprung. 
"Oaas  (Dat.   oaaoig),  die  Augen,  —  alb.  gl. 
'SlXävrj ,  der  Ellnbogen,  der  Arm,  —  alb.  XotQOS ,  die  Hand. 
rövv  (to:  yovvara),  das  Knie,  —  alb.  yiovvLOEX. 
KtJq,  das  Herz,  —  alb.  y>t«'9,  der  Busen  (im  bildlichen  Sinne). 
Usdilov ,  nädiXa,  Sohle,  Fuszbedecknng,  —    alb.  noxila,  Fuszsohle. 
Ilovg  {noöög),    der  Fusz,  —  alb.  finäQ- ,    d.  i.    die  Sohlen  unter  den 

Fusz  binden ,  so  wie  ^TtdO" ,   sie  abbinden. 
$wg  (qpoi^),  der  Mann,  tapfrer  Bursch,  —  alb.  (iTtovQOS, 
Tezza,  freundliche  oder  ehrende  Anrede  Jüngerer  an  Aeltere,  Väterchen, 
—  alb.  xdztcc,  Anrede  des  Vaters  oder  Aelterer  (im  Neugriechischen 
ist  razäg  der  Vater  —  Papa,  wie  die  Kinder  sagen). 
MaQntco,   fassen,   ergreifen,    halten  {fiägr],    die  Hand),  —   alb.  (iccq, 

n'=:hmen. 
Tlviiutog,  der  hinterste,  der  letzte,  —  alb.  nctfihcc,   später. 
Zico,  sieden,  kochen,  wärmen,  —  alb.  ^sXi  ""Ux,  wärmen.     Das  Feuer 
nennen  die  Albanesen  i.iciQ  und  angebrannte  Kohlen  tiqovox  (von  nig). 
Sskag,  das  Licht,  der  Schimmer,  —   alb.  glXu,   Flamme. 
^Xo^  (qsAoyo's) ,  die  Flamme,  —  alb.  qp.Ua'jios, 

'ixävco,  i'xoj ,   kommen,  gehn,  — «Ib.   i'nosyv ,  gehn,    fortgehn,  fliehn. 
/Ifjti|iiof,  das  Gekochte,  TtETtro).  kochen,  reifen  (von  der  Sonne,  die  das 

Obst  kocht  und  zur  Reife  bringt),  —  alb.  nsii^ia,   Obst. 
TlfTrXog.   das  Gewand,  die  Hülle,  —  alb.  nXiä(p. 
Tloggco  ,  irögaco ,  weiter,  fort,  —  alb.  tgtiÖq  ,  entfernen,  wegschicken, 

^nagäg ,  gehn,  spazierengehn. 
ÄQrjvfj,  yigovvrj,   die  Quelle,  —  alb,  KQOva, 


294  Kurie  An /.eigen  iiiiii  Miscellen. 

^iy/og,  Glanz,  Licht,  —    alb.  cp&yyil ,  KoLle. 

Jaivvucii  {äctivvvro) ,  schmauszen,  —  alb.  wirrfu. 

rarög  (von  yaco ,  yt'yroucci) ,  —  alb.  yart',  fertig:,  bereit. 

dov.oi'^ca ,  scheinen,  den  Anschein  haben.  —  alb.  vxovy.v.sii  (dnchem). 

Ävco  {lvG(o),  lösen,  befreien,  —  alb.  XiCioi. 

Fvco  (von  yivcüay.co,  erkennen),  —  alb.  y^öx,  gnoh. 

rioicö  {~ocö) ,  machen,  thun ,  —  alb.  ni'i ,  UTTOsyv. 

UiuTilcö,    7zi'a7r'.T]ut ,  füllen,  vollmachen,  —  alb.   tmXtö'i. 

Tlsvco  {^Ttsvouai'),  arbeiten,  —  alb.  ■rtoi'voi, 

hiBQÖsig,  reizend,  anmntig,  —  alb.  usi'qos,  (.lh'qo^,  schon,  liebenswürdifi, 
Ilai'co,  schlagen,  —  alb.  anü, 
'Eu8v  (i^ov),  —  alb.   uoVfjS  (muve). 

Titag  (TiTCiv),  der  Kächer,  —  die  Albanesen  sagen  zu  unartigen  Kin- 
dern, um  sie  zu  schrecken  und  einzuschüchtern  rixal  riral 
Ilovg   (noQf(o,   nögog),   —    die    Albanesen    brauchen    das   "Wort    njQ, 

wenn  sie  den  Kimleru  das  Aufrechtstehn  lehren  wollen. 
Niözov,  vcözci  ^aläoarjg   (bei  Homer),  —   alb.  vor,   das  Schwimmen, 

rorä^,   der  Schwimmer. 
näotMcu,  erwerben,  haben,  —  alb.  xau,  haben,  davon  :r«r«.  ich  hatte. 
Zrj^co ,   sieben,  —  alb.  air ,  das  Mehl  durchsieben. 
&ovQ6(a  (-ö-or^jo,;) ,  anstürmen,  —  alb.   tovqsu. 

OQffög,  OQcpuvög,  verwaist,  —  alb.  ovoQrpoBQ  und  ovciQCfOSQ. 

OQQOg,  Molken,  —  alb.  x^9°^' 
'Piy^co,  schaudern,  —  alb,  y/.Qi'yv,  frieren. 
TQi'aiva,   der  Dreizack,  —   alb.  rgieXs ,  der  Eohrer. 
Aoxog,  der  Hinterhalt,  Versteck,  —  alb.  Xf xi ,  .\ngst ,  Versteck. 
MrjarcoQ,  der  Kather,  verständiger  Mensch,  —  alb.  iilsctsq,  einsichts- 
voll, klug. 

P?]'(Tffu) .  Qrf/vviii,  zerreiszen,  —  alb.  ygtg. 
Aotyig,  Verderben,  Unheil,  —  alb.  P.q-,  Unglück. 

KoQvg  (Gen.  -nÖQvd-og),  der  Helm  (Teil  der  Bewaffnung),  —  alb.  KÖgSa^ 
das  Schwert. 

Zni'^a,    auL^t] ,   jeder   kleine  piepende    oder    pfeifende  Vogel,   —   alb. 
OTZiCx ,  die  Vögel. 

S:ToS6g.  heisze  Asche,  unter  der  noch  Glut  vorhanden  ist.  —   alb.  a^ov. 

ZniXäg,  Felsen,  Klippen,    besonders    die  vom  Meere  ausgehöhlt  sind, 
—  alb.  OTtiXa. 

'ATQS'necog ,  wahr,  wirklich,  —  alb.  VTQfv.i. 

'Oatiov,  ooTUQtov,    Knochen,  Knöchelchen,  —    alb.   e'oTQa,  Knochen. 

©STig,  in  der  altgriechischen  Mythologie  eine  der  vorzüglichsten  Nerei- 
den, — -  alb.  VTfz,  das  Meer. 

Kegtoucö,  verhöhnen,  schmähen,  —  alb.  y.^oröyv ,  schelten,  tadeln. 

Jlht]  ,'Urtei\,  Entscheidung.  —  alb.  yv.iV.//. 

KovXsög,  Scheide,  —  alb.  KOvXizos,  Beutel,  Sack. 

Ji'nXa^,  Doppelmantel,  —  alb.  vzmXoivia ,  Aermel. 

Nsueaig,  Unwille,  Tadel,  —  alb.   vo^uoi^i. 

Ovy. ,  nicht.  —  alb.  vov-a. 

'Eyyvg,  f'yyvd'^v ,  nahe,  in  der  Nähe,  —  alb.  yyiäzoB. 

"Acp&ovov,  genug,  —  alb.  aq^r. 

"Eros,  das  Jahr,  —  alb.  ovtz ,   ovCiz  (vjet). 

Jr]&ä,  lange,  lange  Zeit,  —  alb.  vziaci ,  viel. 

Tlf^O'cö,  verwüsten ,  —  alb.  TtQiCx. 

Nvvi,  jetzt,  —  die  Albanesen  in  Griechenland  sagen  dafür  J'uvi. 

Mfiav,  [.iiy.QOZSQog ,  kleiner,  —   alb.  ,uiyxo,  sehr  klein. 

AloXä ,  bewegen,  —   alb.  Xiög,  Xiöz. 
Pccc,   die  Tochter  des  Urauos  und  der  Gaia,  —  alb.  yf,    die  Wolke. 

"Epf^og,  Dunkel,  Finsternis,  —  alb.  fQOiz. 


K(irze  Alizeigen  und  iMisceilen.  295 


*o 


BaLVCo,  gehen,  —    all),  ovcc.',    ovccirs.     O'daovs ,    wir  sind  gegangen, 

ovävof ,  sie  sind  gegangen. 
IJcölog,  Tt(o).üoiov .  Füllen,  —  all).  aXiinvXiov. 

Mo%}.6g ,  Kiegel,  Haiken  znni  \"erselilieszeii  der  Thür,  —   alb.  X6g. 
KctTbX(o ,  ver.stehn  ,   begreil'en,  —  alb.   -/.uzi^, 
<pQ>'t,,  Schauer,  Furcht,  —  alb.  cpQLV.oc  (neugr.  qc^ix/j). 
TJh'v&os ,  Ziegel,  —  alb.  n?Jg ,  irdenes  Getasz. 

■^^t']'^?  1  «C'^to? ,  kräftig,  jung,  —  alb.   ovixt^oF  (nur  von  Mädchen). 
Till,  regnen  (davon  vScoq) ,  —  alb.  ovyios ,  das  Wasser. 
Tv,  dor.  für  av ,  —  alb.  ti. 
HSi,  nach  vorausgehendem  i^uiv  oder  t6,  als  auch,  —  alb.  ids. 

Zum  Schlusz  stehe  noch  die  Bemerkung,  dasz  auch  in  dem  Glossa- 
rium, welches  G.  Stier  in  Wittenberg  in  seiner  zur  vierhiindertjährigen 
Feier  der  Universität  Greifswald  im  Namen  des  Wittenberger  Gymna- 
siums verfaszten  Gratulationsschrift*")  und  zu  den  darin  mitgeteilten 
albanesischen  Dichtungen  des  Hieronymus  de  Kada  gegeben  hat,  manche 
Belege  für  die  Verwandtschaft  der  altgriechiscben  und  albanesischen 
Sprache  sieh  finden,  worauf  ich  diejenigen  verweise,  die  sich  für  den 
Gegenstand  selbst  interessieren.  Dr  Theod.  Kind. 


*)  Der  Titel  derselben  ist:  amplissimo  in  academia  Gryphisvaldensi 
jthilosophorum  ordini  saecuhim  quartiim  cum  universa  academia  dieXVII. 
Octobris  MDCCCLVI.  prospere  gloriose  fructuose  peractum  cet.  con- 
gratulatur  gymuasium  Vitebergense.  Braunschweig ,  Schwetschke  und 
Sohn.    1850. 


Berichte  über  gelehrte  AnstaUen,  Verordnungeu,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 


Königreicli  Bayern   1860. 

(Fortsetzung  von  S.  236—254.) 

21.  Schweinfurt.]  In  dem  Lehrerpersonal  hat  sich  im  verflossuen 
Schuljahr  nichts  geändert.  Studienrector  Professor  Dr  Oelschläger 
(IV),  die  Professoren  Dr  von  Jan  (III),  Dr  Wittmann  (II),  Dr  En- 
derlein (I),  Hartmann  (Mathematik  und  Physik),  die  Studienlehrer 
Pfirsch  (IV),  Zink  (III),  Dr  Pfaff  (II),  Schmidt  (I),  Stadtpfarrer 
Büttner  (Geschichte),  Stadtkaplan  Dr  Stein  (kathol.  Religionslehrer), 
Hof  mann  (Zeichnen),  Seh  neider  (Gesang).  Schüler  des  Gymnasiums 
54  (IV  16.  III  14,  II  6,  I  18),  der  lateinischen  Schule  62  (IV  14,  III 
14,  II  20,  I  14).  Dem  Jahresbericht  folgt  eine  Abhandlung  des  Studien- 
rectors  Professor  Dr  Oelschläger:  Beiträge  zur  Erklärung  der  Sa- 
uren des  Horaz  (20  S.  4).  Die  behandelten  Stelleu  sind  folgende: 
I  1,  2:^.  69.  84.  88.  2 ,  74.  3,  1.  25.  69.  4,  19.  69.  5,  15.  36.  6,  34. 
7,  2.  10.  8,1.  9,  19.  10,  16.  50.  53.  II  1  ,  6.  2,  1  ff.  3,  60.  202. 
274.  5,  59.  95.  6,  61.  8,  65.  Durch  diese  vortretflichen  Beiträge  zur 
Erklärung  der  Satiren  des  Horaz  wird  das  Verständnis  des  Dichters 
wesentlich  gefördert;  Referent  macht  daher  alle  Freunde  horazischer 
Dichtung  auf  dieselben  aufmerksam. 


296  Berichte  über  gelehrte  Aiistallen,  Verordnungen,  statist.  Notizen. 

22.  Speiek.]    Der  Studieiilehrer  an  der  lateinischen  Schule  zu  Neu- 
.  Stadt  a./H.  Eiumert    erhielt   die    durch    das  Aasscheiden    des    Studieu- 

lehrers  Sand  erledigte  Lehrstelle  für  die  unterste  Klasse  der  Latein- 
schule. Lehrer  des  Gymnasiums:  Kector  Dr  v.  Jäger,  Conrector  Fi- 
scher, die  Professoren  Schvverd  (Mathematik  und  Physik),  Osthelder 
(IV),  Langer  (III),  Borscht  (II),  Dr  Fischer  (I),  Schedler 
(kathol.  Religiouslehrer),  Sturtz  (evangel.  Religionslehrerj,  Schaller 
(Französisch),  Keppel  (Assistent),  Schelle  (Assistent),  Zäch  (Zeich- 
nen), Wisz  (Musik),  Mühe  (Stenographie);  der  Lateinschule:  Professor 
Fahr  (IV),  die  Studienlehrer  Krieger  (III),  Lehmann  (II),  Em- 
mert  (I),  Schedler  (kathol.  Religionslehrer),  Sturtz  (evangel.  Reli- 
gionslehrer), Lehmann  (Kalligraphie).  Schüler  des  Gymnasiums  111 
(IV  20,  III  29,  II  36,  I  2G),  der  Lateinschule  143  (IV  36,  III  42,  II 
26 ,  I  39).  Eine  wissenschaftliche  Abhandlung  ist  dem  Jahresbericht 
nicht  beigegeben. 

23.  Straubing.]  Der  temporär  quiescierte  Studienlehrer  der  IVn 
Klasse  der  Lateinschule  Dr  Burg  er  trat  für  immer  in  den  erbetnen 
Ruhestand.  Der  bisherige  Assistent  Höger  wurde  zum  Studienlehrer 
der  In  Klasse  an  der  Studienanstalt  zu  Landshut  ernannt;  an  dessen 
Stelle  trat  der  Lehramtscandidat  Höfer.  Lehrer  des  Gymnasiums: 
Studienrector  Professor  Tausch  eck  (III),  die  Professoren  Andelts- 
h  aus  er  (IV),  Enzensperger  (II),  Erk  (I),  Schmidt  (Mathematik 
und  Physik),  Pielmair  (kathol.  ReÜgionslehrer) ,  Stark  (evangel. 
Religionslehrer),  Port  (Französisch),  Assistent  Höfer,  die  auszer- 
ordentlichen  Fachlehrer  Erk  (Hebräisch),  Lämmermeyr  (Zeichnen), 
Sp  anfehlner  (Turnen),  Aign er  (Musik),  Weingart  (Stenographie); 
der  lateinischen  Schule:  die  Studienlehrer  Krieger  (IV),  Schedlbauer 
(III),  Spanfehlner  (II),  Mutzl  (I),  Professor  S  chmidt  (Mathematik), 
Pielmair  (kathol,  Religionslehrer),  Stark  (evangel.  Religionslehrer), 
Bergmann  (Kalligraphie).  Schüler  des  Gymnasiums  54  (IV  16,  III  12, 
II  10,  I  16),  der  Lateinschule  97  (IV  25,  III  18,  II  17,  I  37).  Dem 
Jahresbericht  folgt  eine  Abhandlung  von  Professor  Enzensperger: 
üöer  alle  und  neue  Idylle  (14  S.  4).  Die  Untersuchung  ist  nicht  zu  Ende 
geführt;  die  Fortsetzung  soll  später  folgen. 

24.  WÜRZBUEG.]  In  dem  Lehrerpersonal  trat  in  dem  verflossnen 
Studienjahr  folgende  Aenderung  ein.  Dem  seitherigen  Professor  der 
Religionslehre  und  Geschichte  Streit  wurde  eine  katholische  Pfarrei 
verliehn.  Die  Verwesung  der  erledigten  Lehrstelle  wurde  dem  Dom- 
capitular  Dr  Himmelstein  übertragen,  bis  der  zum  Professor  der 
Reiigionslehre  und  Geschichte  ernannte  Priester  Steige rwald  den 
Unterricht  übernahm.  Dem  Professor  der  Hin  Gymnasialklasse  Dr 
Karl  wurde  der  erbetne  Ruhestand  bewilligt.  In  die  erledigte  Lehr- 
stelle rückte  der  seitherige  Professor  der  Iln  Gymnasialklasse  Weig and 
vor  und  die  hierdurch  sich  erledigende  Lehrstelle  der  Iln  Klasse  wurde 
dem  Professor  der  In  Klasse  in  Amberg  Schmitt  übertragen.  Dem 
temporär  quiescierten  Professor  der  IVn  Lateinklasse  "W  icke nmay  er 
wurde  wegen  nachgewiesner  Dienstunfähigkeit  der  erbetne  Ruhestand 
für  immer  bewilligt.  Dem  bisherigen  evangelischen  Religions-  und  Ge- 
schichtslehrer an  der  Lateinschule  Stadtvicar  Fickenscher  wurde  das 
Stadtvicariat  Kissingen  übertragen  und  der  zum  Stadtvicar  dahier  er- 
nannte Predigtamtscandidat  Baum  mit  der  Erteilung  dieses  Unterrichts 
beauftragt.  Bis  zur  Ankunft  des  letztern  besorgte  diesen  Unterricht  der 
Stadtvicar  Engelhardt.  Dem  Lehrer  der  Religion  und  Geschichte  an 
der  Lateinschule  Adel  mann  wurde  eine  katholische  Pfarrei  übertragen. 
Lelirerpersonal  des  Gymnasiums:  Studienrector  Professor  Dr  AVeid- 
mann(IV),  Professor  Vierheilig  (Mathematik  und  Physik),  Professor 
Steigerwald    (kathol.   Religions-    und    Geschichtslehrer),    Stadtvicar 


ßerichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stalist,  Notizen.  297 


B 


anm  (evanp^el.  Reli{}:ions-  und  Gesehichtslelirer),  Dr  Hostotnbe 
^Französisch),  Assistenten:  die  Studienlelirer  Behringer  und  Dr  Gras- 
berger;  Professor  Weigand  (III),  Professor  Schmitt  (II),  Professor 
Hannwacker;  Lehrer  der  Lateinschule:  Professor  Dr  Keller  (IV), 
Assis\..it  K  n  i  erer,  Studienlehrer  Alzheimer  (III),  Professor  Dr  Ger- 
hard (II),  Dr  Grasberger  (I*"),  Behringer  (I'').  Schiiierzalil  des 
Gymnasiums  105  (IV  19,  III  2() ,  II  24,  1  '66),  der  Lateinschule  238 
(IV  48,  III  58,  II  62,  I"  34,  I''  36).  Dem  Jahresbericht  folgt  eine 
Abhandlung  von  dem  Studienlehrer  Alzheimer:  die  ThicliKtahenschvifl; 
Entstehung  und  FerhreUniu]  derselben  bei  den  ältesten  CAÜturvölkern  (43  S.  4). 
25.  ZwEiBKÜCKEN.]  Der  Assistent  der  Mathematik  Ziegler  wurde 
als  Professor  der  Mathematik  au  das  (Jymnasium  zu  Freising  berufen, 
zu  seinem  Nachfolger  der  Lehramtscandidat  Heel  ernannt.  Der  Pro- 
fessor Finger  (evangelischer  Religionslehrer)  folgte  dem  Ruf  an  eine 
öffentliche  Bildungsanstalt  seiner  Vaterstadt  Frankfurt  a./M. ;  an  seine 
Stelle  trat  der  bisherige  Pfarrvicar  Krieger  als  Professor.  Der  bis- 
herige Assistent  Weisz  wurde  zum  Studienlelirer  in  Bergzabern  be- 
fördert. Die  dadurch  erledigte  Assistentenstelle  wurde  dem  Lehramts- 
candidaten  Her  ding  übertragen.  Lehrerpersonal  der  Studienanstalt: 
Rector  Professor  Dr  Dittmar  (IV),  die  Professoren  Fischer  (III), 
Butters  (II),  Müller  (I),  Dursy  (Mathematik  und  Physik)    Krieger 


Perzl  (Zeichnen).  Schülerzahl  des  Gymnasiums  111  (IV  26,  III  22, 
II  30,  I  33),  der  Lateinschule  86  (IV  27,  III  21,  II  15,  I  23).  —  Am 
n.  August  V.  J.  fand  die  300jährige  Jubelfeier  des  Gymnasiums  statt.  — 
Dem  Jahresbericht  folgt  als  Programm  der  Jubelfeier  eine  Abhandlung 
von  Professor  Müller:  commentationis ,  qua  de  Phüostrati  in  coniponenda 
memoria  ApoUonii  Tyanensis  flde  quaeritur.  Part.  III  28.  Die  Unter- 
suchung ist  noch  nicht  zu  Ende  geführt. 

Fulda.  Dr  Ostermann. 

Königreich  Württemberg  1860. 

Ueber  die  Gymnasien  des  Königreichs  Württemberg  berichten 
wir  aus  den  zu  Michaelis  1860  erschienenen  Programmen  wie  folgt: 

1.  Ehingen.]  Den  Professor  Böser  verlor  die  Anstalt  durch  den 
Tod.  Die  erledigte  unterste  Lehrstelle  wurde  dem  Präceptor  B  a  u  r 
übertragen.  Für  die  erledigte  Lehrstelle  am  obern  Gymnasium  wurde 
Professorats- Verweser  Dr  Wahl  definitiv  ernannt.  Der  Bestand  des 
Lehrerpersonals  pflegt  in  den  württembergischen  Programmen  nicht  auf- 
geführt zu  werden,  was  sonst  überall  geschieht.  Schülerzahl  182,  und 
zwar  oberes  Gymnasium  88  (I  14,  II  25,  III  23,  IV  26),  unteres  Gym- 
nasium 94  (I  24,  II  14,  III  25,  IV  11,  V  10,  VI  10).  Dem  Jahresbericht 
des  Rector  Bomback  ist  vorausgeschickt:  Ciceros  Rede  pro  Alilone  ins 
Griechische  übersetzt  von  Professor  B  irkler  (28  S.  4). 

2.  Ellwangen.]  Gym  nasiu  m  und  Realschule.  Den  Präceptor 
Feyl  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod.  Die  erledigte  2e  Hauptlehrer- 
stelle am  obern  Gymnasium  wurde  dem  Professor  Leonhard,  die  3e 
dem  Professor  Zorer,  die  4e  dem  Dr  Schnitzer  übertragen;  die  5e 
versah  aushülfsweise  Dr  Bischof.  Der  Lehramtscandidat  Sommer 
wurde  in  die  neugeschaffne  Stelle  eines  Gymnasiums- Vicars  eingesetzt. 
Die  durch  den  Tod  des  Präceptors  Feyl  erledigte  Stelle  wurde  dem 
Lehramtscandidaten  Schwarzmann  übertragen.  Schülerzahl:  a)  Gym- 
nasium 101  (untere  Abteilung  70,  obere  31),  b)  Realschule  22.  Dem 
von   Rector   Scheiffele   mitgeteilten  Jahresbericht   geht   voraus:    das 


298  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

Griechinche  auf  dem  Gymna/tiwn  vom  Professor  Dr  Schnitzer  (21  S.  4). 
Der  Verfasser  will  1)  dasz  in  dem  obern  Gymnasium  dem  Griechi- 
schen die  gleiche  Stundenzahl  wie  dem  Latein  gewidmet  werde 
und  dasz  in  beiden  Lehrfächern  die  möglichst  gleiche  Behandlung 
des  Gegenstandes  eintrete;  2)  dasz  jeder  Schüler  des  obern  Gymna- 
siums zur  Teilnahme  am  griechischen  U  u  t e  r  r  i  c h  t  v  e r  f)  f  1  i c h - 
tet  werde. 

3.  Heilbkonn.]  Von  den  beiden  neu  errichteten  Lehrstellen  an 
der  untern  Realschule  wurde  die  erste  dem  Reallehramts- Candidaten 
Benignus,  die  zweite  dem  Reallehramts-Candidateu  Rös  z  le  übertragen. 
Der  Professor  am  obern  Gymnasium  und  Ephorus  des  Pensionats  Adam 
wurde  seinem  Ansuchen  gemäsz  auf  die  erledigte  Stelle  eines  Professors 
am  Seminar  in  Urach  versetzt.  Der  bisherige  4e  Professor  am  obern 
Gymnasium  Dr  Rieckher  rückte  in  die  erledigte  Stelle  eines  3n  Pro- 
fessors vor  und  die  erledigte  Stelle  eines  4n  Professors  sowie  die  eines 
Vorstands  des  Pensionats  wurde  dem  Rector  der  Latein-  und  Realschule 
in  Cannstatt  Kraut  übertragen.  Dem  Zeichenlehrer  Läpple  wurde 
der  Titel  eines  Professors  verliehn,  denselben  verlor  jedoch  bald  darauf 
die  Anstalt  durch  den  Tod;  in  die  Functionen  dann  trat  der  Zeichen- 
lehrer Deschner.  Candidat  Fink  leistete  Aushülfe.  Der  Rector 
Mönnich  wurde  wegen  anhaltend  leidender  Gesundheit  in  den  Ruhe- 
stand versetzt.  Schülerzahl  480,  und  zwar  a)  Gymnasium  277,  Ober- 
gymnasium 52,  Untergymnasium  175  (I  15,  II  37,  III  13,  IV  31,  V  2f>, 
VI  26,  VII  35,  VIII  41),  bj  Realanstalt  181  (I  18,  II  47,  III  37,  IV  36, 
V  43),  Elementarschüler  72.  Abiturienten  4.  Pensionat  52.  Dem  von 
dem  Rectoratsverweser  Professor  Dr  Finckh  verfaszten  Jahresbericht 
ist  vorausgeschickt  eine  Abhandlung  des  Professor  Dr  Hermann:  zier 
Geschichte  und  Ki'itik  des  Diogenes  von  Sinope  (37  S.  4). 

4.  RoTiWEiL.]  In  dem  Lehrerpersonal  hat  keine  weitere  Verände- 
rung stattgefunden,  als  dasz  dem  Professoratsverweser  Ott  die  sechste 
Lehrstelle  am  obern  (irvmnasium  übertragen  wurde.  Schülerzahl  107, 
und  zwar  am  obern  Gymnasium  60,  am  untern  47.  Dem  Jahresbericht 
vom  Rector  Laudiert  geht  voraus:  Charaklerisdk  des  Bischofs  und 
Chronisten  Otlo  vo7i  Fieisingen  vom  Professor  Gaiszer  (32  S.  4).  Der 
Verfasser,  welcher  einen  in  neuerer  Zeit  wiederholt  behandelten  Gegen- 
stand einer  neuen  Reliandlung  unterzogen  hat,  war  hierbei  hauptsäch- 
lich von  dem  Bestreben  geleitet,  eine  eingänglichere  Charakteristik  der 
Schriften  Ottos  zu  geben,  den  Plan  und  Gang  seines  gröszern  Werks, 
der  Chronik,  sowie  dessen  eigentümliche  Weltanschauung  im  Zusammen- 
hajig  darzustellen.  Otto  sei  unter  den  deutschen  Geschichtschreibern 
der  erste  gewesen,  welcher  die  Universalgeschichte  von  hohem,  philo- 
sophischen Principien  aus  behandelt  und  dadurch  die  Tiefe  des  deutsehen 
Geistes,  der  ja  im  Mittelalter  seine  schönsten  Blüten  getrieben,  auch 
auf  diesem  Gebiet  rühmlichst  bewälirt  habe.  Der  Verfasser  wünscht 
daher,  dasz  er  recht  bald  als  einer  der  Heroen  der  deutschen  Geschicht- 
schreibung durch  kundige  Hand  in  die  Ehrenhallen  der  'Monumenta 
Germaniae'  eingeführt  werde.  I)  Ottos  Leben  und  Wirken.  II)  Otto 
als  (Teschichtschreiber.  Stand  der  damaligen  Historiographie.  —  Otto.? 
Befähigung  zum  Geschichtschreiber.  Seine  Chronik ;  Plan  und  Gang 
derselben.     Weltanschauung.     Sprache  und  Darstellungsgabe  Ottos. 

5.  Stuttgart.]  Der  Gesangunterricht  am  Mittel-  und  Obergymna- 
sium wurde  dem  pensionierten  Hofsänger  Kunz  und  dem  Professor 
Gantter  übertragen.  Der  Lehramtscandidat  Sauer  leistete  Aushülfe; 
dem  Lehramtscandidaten  Seh  neider  wurden  die  Functionen  eines  Hiilfs- 
lelirers  für  den  mathematischen  Unterricht  am  Obergymnasium  über- 
tragen. Der  Institutsvorsteher  König  von  Ludwigsburg  wurde  zum 
Schreiblehrer   am   Gymnasium    ernannt.      Die  Stelle    eines    Hülfslehrers 


Berichte  über  gelehrte  Anstultcn,  Verurdimngen,  Statist.  Notizen.   290 

wurde  von  dem  Lehriimtscandidaten  Dorn  und  nach  dessen  Ernennung 
zum  Priiceptor  in  Cannstatt  von  dem  Lehramtscandidaten  Klaiber  ver- 
sehn.  Der  Lehramtscandidat  Kauffmann  leistete  Ansliülfe  für  den  zu 
einer  wissenschaftlichen  Reise  beurlaubten  Gj'mnasiallehrer  Märklin; 
der  Lehramtscandidat  Lauser  wurde  zum  Amtsverweser  für  den  er- 
krankten Professor  Holz  er  ernannt;  der  Vicar  am  Obergymnasium 
Professt)r  Haakh  erhielt  auf  ein  Jahr  Urlaub;  zu  seinem  Stellvertreter 
wurde  Dr  Herzog-  ernannt.  Schülerzahl  525,  und  zwar  Oberjrymna- 
sium  104,  Miftelgymnasium  194,  Unterg-ymnasium  227.  Dem  Jahres- 
bericht vom  Kector  Scinnid  geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Professor 
DrKöstlin:  über  die  UuverüinlerlichkeU  der  organischen  Species  (37  S.  4). 

Ueber  Ulm  vgl.  Heft  1   S.  45—48. 

Fulda.  Dr  Ostermann. 

PreuszenlSöO. 

Aus  den  Programmen  des  Königreichs  Preuszen,  welche  zu  Ostern 
und  Michaelis  18D0  erschienen  sind,  teilen  wir  folgendes   mit: 

I.  R  h  e  i  n  p  r  o  v  i  n  z  1860. 
L  Aachen.]  In  dem  Lehrercollegium  haben  im  verflossnen  Schul- 
jahr folgende  Veränderungen  stattgefunden:  nach  dem  Abgang  des  ersten 
Oberlehrers  Dr  Menge  rückten  die  nachfolgenden  Oberlehrer  auf  und 
der  bisherige  fünfte  ordentliche  Lehrer  Dr  Renvers  wurde  zur  vierten 
Oberlehrerstelle  befördert;  der  bisherige  commissarische  Lehrer  Dr  Mi  1  z 
ist  als  sechster  ordentlicher  Lehrer  angestellt  worden.  Lehrerpersonal: 
Director  Dr  Schön,  die  Oberlehrer  Dr  Klapper,  Professor  Dr  Oe- 
beke,  Dr  Savelsberg,  Dr  Renvers,  Religionslehrer  Spielmans, 
die  ordentlichen  Lehrer  Oberlehrer  Dr  J.  Müller,  Chr.  Müller, 
Bonn,  Körfer,  Syre'e,  Dr  Milz,  Pfarrer  Nänny  (Hülfslehrer  für 
evangel.  Religion),  Stiftsvicar  Fuchs  (Hülfslehrer  für  kathol.  Religion), 
Schreiblehrer  Schmitz,  Gesanglehrer  Baur,  Zeichenlehrer  Neid  inger, 
Turnlehrer  Rensing.  Schülerzahl  391  (I  73,  II  9ü ,  III  54,  IV  57, 
V  55,  VI  56).  Abiturienten  35.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
Bemerkungen  über  mathematischen  Unterricht  an  Gymnasien.  Ueber  Bildung 
von  Zahlengröszen.     Vom  Oberlehrer  Dr  Renvers  (8  S.  4). 

2.  Bedburg.]  An  die  Stelle  des  mit  dem  Schlusz  des  vorigen  Schul- 
jahrs ausgeschiednen  Inspectors  Hinzen  trat  der  bisherige  Kaplan 
Fuszbahn;  der  bisherige  wissenschaftliche  Hülfslehrer  Dr  Wiel  wurde 
zum  ordentlichen  Lehrer  befördert.  Lehrerpersonal:  Director  Roeren, 
Religionslehrer  Brück  mann,  die  ordentlichen  Lehrer  Oberl.  Becker, 
Oberlehrer  Blase,  Noel,  Heicks,  Dr  Caspar,  Dr  Wiel,  wissen- 
schaftlicher Hülfslehrer  Hü  hier.  Oberlehrer  Blase  leitete  auch  den 
Turnunterricht.  Schülerzahl  43  (I  6,  II  15,  III  8,  IV  8,  Vorbereitungs- 
klasse 6).  Abiturienten  2.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  1)  über- 
die  vorchristlichen  Opfer.  Erste  Abteilung.  Von  dem  Religionslehrer  Brück- 
mann  (26  S.  4).  I)  Wesen  und  Ursprung  des  Opfers.  II)  Die  Opfer 
der  patriarchalischen  Zeit.  2)  Nekrolog  des  frühern  Ober-  und  Studien- 
directors  der  rheinischen  Ritter- Akademie  P.  J.  Seul  (8  S.  4). 

3.  Bonn.]  Einen  schmerzlichen  Verlust  erlitt  die  Anstalt  durch  den 
Tod  des  Gymnasiallehrers  G.  Dronke.  Der  Lehramtscandidat  Dr 
Lexis  hielt  sein  Probejahr  ab;  als  zu  Ostern  die  Schulamtscandidaten 
Dr  Wiel  iind  Leber  eine  commissarische  Beschäftigung,  der  erste  am 
Gymnasium  zu  Trier,  der  andere  in  Aachen  erhielten,  traten  Dr  Konen 
und  Dr  Dronke  ein,  ura  das  vorschriftsmäszige  Probejahr  abzuhalten. 
Lehrerpersonal:  Director  Professor  Dr  Schopen,  die  Oberlehrer  Re- 
macly,  Freudenberg,  Zirkel,  Dr  Klein,  Religionslehrer  Dr  Dü- 
bel mann,     die    ordentlichen   Lehrer   Oberlehrer  Werner,    Kneisel, 


300  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slatist.  Notizen. 

Oberlehrer  Dr  Humpert,  Sonnenburg,  Dr  Binsfeld,  Pfarrer  Wol- 
ters und  Professor  Di  este  1  (evangel.  Religionslehrer),  Kaplan  Sassel 
(kathol.  Religionslehrer),  die  commissarischen  Lehrer  Bruders,  Dr 
Strerath,  Grevelding,  Dr  Küppers,  Dr  Deiters,  Gesanglehrer 
Lützeler,  Zeichenlehrer  Philippart.  Schülerzahl  357  (1*18,  Ib  35, 
II''  29,  IIb  33^  ina  27,  III "^  30,  IV  ^  28,  IV  ^  28,  V  ü5,  VI  64).  Abi- 
turienten 18.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  observationes  Ovidianue 
criticae.     Von  Dr  Binsfeld  (13  S.  4). 

4.  Cleve.]  Im  verflossnen  Schuljahr  haben  drei  Lehrer  gleich- 
zeitig die  Anstalt  verlassen:  Oberlehrer  Dr  Schwalb  übernahm  die 
Leitung  eines  Töchterinstituts  und  einer  damit  verbundnen  Schule  in 
Neuwied;  Oberlehrer  Dr  Wulfert  folgte  dem  Ruf  als  Director  an  das 
Gymnasium  in  Herford;  Hülfslehrer  Dr  Lüdke  gieng  als  ordentlicher 
Lehrer  an  die  Realschule  nach  Stralsund.  In  das  Lehrercollegium  traten 
ein:  Oberlelirer  Dr  Seh  mied  er,  bisher  am  Joachimsthalschen  Gym- 
nasium in  Berlin,  als  Hülfslehrer:  Dr  Tillmanns  und  Bernhardi, 
bisher  an  der  Realschule  in  Lippstadt.  Am  Ende  des  Schuljahrs  schied 
aus  seiner  Stellung  der  Director  Dr  Herbst,  um  einem  Ruf  als  Director 
an  das  Friedrich- VVilhelms-Gyranasiura  in  Köln  zu  folgen.  Dem  Gym- 
nasiallehrer Dr  Hundert  wurde  der  Oberlehrertitel  verliehn.  Das  Leh- 
rercollegium bildeten:  Director  Professor  Dr  Herbst,  Oberlehrer  Dr 
Feiten,  Oberlehrer  Dr  Schmieder,  Oberlehrer  Dr  Hundert,  Gym- 
nasiallehrer Jacob,  die  Hülfslehrer  Bernhardi  und  Dr  Tillmanns, 
Kaplan  Dr  Driessen,  die  Elementarlehrer  Tüllmann  und  Oxe';  Zei- 
chenunterricht erteilte  Kreisbaumeister  Giersberg,  Gesangunterricht 
Musikdirector  Fiedler.  Schülerzahl  100  (I  9,  II  14,  111  19,  IV  18, 
V  20,  VI  20).  Abiturienten  5.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
specimen  emendatioyium  conscripsit  H.  Jacob  (25  S.  4).  I)  Emendationes 
Lycurgiae.     II)  Emendationes  Ampelianae. 

5.  CoBLENz.]  Die  Veränderungen  im  Lehrercollegium  waren  folgende : 
Vicar  Neis  trat  aus  seiner  Stellung  als  Hülfslehrer  für  den  katholischen 
Religionsunterricht  und  gieng  als  Pastor  nach  Lauscheid;  Dr  Hilgers 
wurde  nach  Köln  versetzt;  Dillenburg  erhielt  eine  commissarische 
Beschäftigung  am  Gymnasium  zu  Emmerich;  Candidat  Kühl  nahm  eine 
Lehrerstelle  an  der  hohem  Stadtschule  zu  Gladbach  an;  der  Geistliche 
Dr  Steinhausen  wurde  aus  Emmerich  wieder  an  das  hiesige  Gymna 
sium  berufen;  dem  Dr  Seh  wer  dt,  der  bisher  am  Gymnasium  zu  Köln 
commissarisch  beschäftigt  war,  wurde  die  sechste  Lehrerstelle  verliehn; 
der  Hülfslehrer  für  den  evangelischen  Religionsunterricht  Rimbach 
erhielt  die  Stelle  eines  Inspectors  der  Erziehungs-  und  Besserungsan- 
stalt zu  Boppard ,  die  Functionen  desselben  übernahm  der  Lehrer  an 
der  höhern  Stadtschule  Freudenborg;  der  Oberlehrer  Professor  Bigge 
folgte  einem  Rufe  als  Director  des  neu  gegründeten  katholischen  Gym- 
nasiums an  der  Apostelliirche  zu  Köln;  Dr  Lauffs  übernahm  eine  Leh- 
rerstelle bei  der  höhern  Realschule  zu  Köln,  Lehrerpersonal:  Director 
Dominicas,  Religionslehrer  Schubach,  Oberlehrer  Floeck,  Ober- 
lehrer Dr  Boymann,  Oberlehrer  Happe,  die  ordentlichen  Lehrer 
Klostermann,  Dr  Montigny,  Dr  Baumgarten,  Stumpf,  Dr 
Maur,  Dr  Schwerdt,  Hülfslehrer  Stolz,  Rector  Troost  (evangel. 
Eeligionslehrer),  die  commissarischen  Lehrer  Dr  Ste  inhausen  (kathol. 
Religionslehrer),  Dr  Conrad,  Meurer,  Freudenberg,  Zeichenlehrer 
Gotthard,  Gesanglehrer  Mand.  Schülerzahl  420  (I  ^  19,  I  ^  19,  II' 
33,  II  b  34,  III  79,  IV  90,  V  76,  VI  70).  Abiturienten  18.  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus:  de  nova  Aescliyli  Agamemnonis  recensione  spe- 
cimen.    Scripsit  Fr.   Ign.  Schwerdt  (24  S.  4). 

0.    Duisburg.]    Den  Oberlehrer  Fulda  verlor  die  Anstalt  durch  den 
Tod.      Candidat  Natorp   trat    zur  Vertretung    des    Professors  Hüls- 


Berichte  über  g^elehrfe  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.  301 

mann,  zugleich  aber  zum  Ersatz  des  in  der  Realschule  fehlenden  Leh- 
rers ein.  Der  Lehrer  der  Mathematik  erhielt  den  Titel  als  Professor. 
An  die  Stelle  des  Candidaten  Keuchen,  welcher  ausgeschieden  war 
um  eine  Lehrerstelle  an  der  hohem  Bürgerschule  in  Rheydt  zu  über- 
nehmen, ti-at  Candidat  Dickh  aus.  Lehrerpersonal:  Director  Dr  Eich- 
hoff, Professor  Köhnen,  Professor  und  Keligionslehrcr  Hülsmann, 
Oberlehrer  Dr  Liesegang,  Oberlehrer  Dr  Lange,  die  Gymnasiallehrer 
DrWilms,  DrFoltz,  Schmidt,  die  Reallehrer  Klan ke,  Polscher, 
Werth  (auch  ordentlicher  Lehrer  des  Gymnasiums),  die  Candidaten 
Keuchen,  Natorp,  Dickhaus,  Zeichenlehrer  Knoff,  Kaplan  Gail- 
lard  (kathol.  Religionslehrer),  Werth  Lehrer  der  Vorschule.  In  die 
Stelle  des  Candidaten  Natorp  ist  nun  Dr  Fischer,  dermalen  Lehrer 
an  der  Realschule  in  Erfurt,  ernannt  worden  und  wird  mit  dem  neuen 
Schuljahr  eintreten ;  desgleichen  ist  für  die  vierte  Lehrerstelle  an  der 
Realschule  Dr  M eigen,  bisher  Lehrer  an  der  Realschule  zu  Marien- 
burg, ernannt  worden.  Schülerzahl  des  Gymnasiums  168  (I  24,  II  27, 
III  30,  IV  31,  V  20,  VI  36),  der  Realschule  53  (I  12,  II  26,  III  15), 
der  Vorschule  33.  Abiturienten  10.  Dem  Jahresbericht  ist  beigegeben: 
de  consecrationis  dedicationisque  apud  Romanos  generibus  variis.  Pari.  1. 
Memoriae  solemnium  saecularium  III  gymnasii  Duisburgensis  a.  d.  XV. 
Kai.  Nov.  a.  MDCCCLIX  celebratorum  consecravit  Dr  C.  Eichhoff, 
gymnasii  director  (23  S.  4). 

7.  Düren.]  Die  durch  die  Trennung  der  Secunda  nötig  gewordene 
Vermehrung  der  Lehrkräfte  wurde  dadurch  beschafft,  dasz  der  Geistliche 
Schulamtscandidat  Con  rads,  nachdem  er  sein  Probejahr  zur  Hälfte  am 
Gymnasium  zu  Bonn  abgehalten  hatte,  zur  Vollendung  desselben  und 
zugleich  zur  vollständigen  Wirksamkeit  eines  Lehrers  dem  Gymnasium 
überwiesen  wurde.  Der  Zeichenlehfer  Nagel  folgte  einem  Ruf  an  die 
Realschule  zu  Köln;  die  erledigte  Stelle  wurde  dem  Maler  Sommer 
übertragen.  Lehrercollegium:  Director  Dr  Meiring,  Oberlehrer  und 
Religionslehrer  Elvenich  I,  Oberlehrer  Ritzefeld,  Oberlehrer  Dr 
Spengler,  die  ordentlichen  Lehrer  Esser,  Ciaessen,  Hagen,  Dr 
Schmitz,  Dr  Se'ne'chaute,  Candidat  Conrads,  evangel.  Pfarrer 
Reinhardt,  Zeichenlehrer  S  o  mm  er,  Gesanglehrer  J  onen.  Schüler- 
zahl 180  (I  25,  IIa  28,  IIb  34^  m  20,  IV  35,  V  21,  VI  17).  Abi- 
turienten 10.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  studia  orthoepica  et 
orlliograpMca  Latina.     Scr.  Dr  Schmitz  (16  S.  4). 

8.  Düsseldorf.]  Mit  dem  Beginn  des  Schuljahrs  wurde  der  Gym- 
nasiallehrer Dr  Frieten,  bisher  an  dem  Gymnasium  zu  Münstereifel, 
in  sein  Amt  eingeführt;  zugleich  trat  Dr  Uppenkamp  in  die  vierte 
Oberlehrerstelle  ein  und  übernahm  Candidat  Ho  üben  commissarisch 
eine  Lehrerstelle.  An  die  Stelle  des  evangelischen  Religionslehrers 
D roste,  der  zu  einem  Pfarramt  in  Berlin  erwählt  worden  war,  trat 
Dr  Herbst.  Die  von  dem  Inspector  der  Akademie  AVintergerst , 
der  seine  Versetzung  in  den  Ruhestand  nachgesucht  hatte ,  erteilten 
Zeichenstunden  wurden  von  dem  Maler  Holthausen  übernommen.  Der 
Schulamtscandidat  Menge  hielt  sein  Probejahr  ab.  An  dem  Schlusz 
des  Schuljahrs  wurde  Dr  Krausz  an  das  katholische  Gymnasium  an 
der  Apostelkirche  in  Köln  versetzt  und  Dr  Kühl,  bisher  an  dem  altern 
katholischen  Gymnasium  in  Köln  beschäftigt,  zum  vierten  ordentlichen 
Lehrer  ernannt.  In  die  Stellen  eines  dritten  und  eines  fünften  ordent- 
lichen Lehrers  traten  Kaiser  und  Houben  ein.  Lehrerpersonal: 
Director  Dr  Kiesel,  Oberlehrer  Grashof,  Religionslehrer  Kr  ahn, 
Oberlehrer  Mar  CO  witz  ,  Oberlehrer  Dr  Schneider,  Oberlehrer  Dr 
TTppenkamp,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  F  rieten,  Kirsch,  Kaiser. 
Kühl.  Houhen,  Dr  Herbst,  Hülfslehrer  Stein,  Schulamtscandidat 
Houben,   Maler  H  olthausen.     Schülerzahl  290  (I  29,  II «  16,  IIi'28, 


302  Berichte  über  gelehrte  Ansfallen,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

III  46,  IV  52,  V  52,  VI  67).  Abiturienten  6.  Den  Schnlnachrichten 
geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Oberlelirers  Dr  Schneider:  über  die 
bei  gegenseitige?-  Beriihrung  vo7i  Körpern  verschiedner  Temperatur  entstehen- 
den Klangfiguren  (15  S.  4). 

9.  Elbeefeld.]  Der  erste  Gymnasiallehrer  Dr  Baumeister  folgte 
einem  Ruf  an  das  Gymnasium  zu  Lübeck;  in  Folge  dessen  rückten  die 
vier  folgenden  Lehrer  Dr  Petri,  Dr  Petry,  Dr  Crecelius  und  Dr 
Vogt  in  die  nächst  höhere  Stelle  auf;  die  Versehung  der  fünften  Lehrer- 
stelle wurde  dem  Caudidaten  der  Theologie  Gros  eh  provisorisch  über- 
tragen; auszerdem  leistete  der  Candidat  der  Philologie  Drinhaus  einige 
Zeit  Aushülfe.  Lehrercollegium:  Director  Dr  Boutervvek,  die  Ober- 
lehrer Professor  Dr  Clausen,  Professor  Dr  Fischer,  Dr  Völker, 
die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Petri,  Dr  Petry,  Dr  Crecelius,  Dr 
Vogt,  Candidat  Grosch,  Candidat  Drinhaus,  Gesang-  und  Schreib- 
lehrer Kegel,  Kaplan  Rum  pen  (kathol.  Religionslehrer),  wissenschaft- 
licher Hülfslelirer  Dr  Wiecke,  Zeichenlehrer  Bramesfeld.  Schüler- 
zahl 24Ö  (I  20,  II  38,  III«  41,  III  b  25,  IV  27,  V  28,  VI  41,  Vorschule 
25).  Abiturienten  13.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  die  Abhand- 
lung des  Gymnasiallehrers  Dr  Crecelius:  über  die  Wurzeln  MA  und 
MAN.  Der  Verfasser  erkennt  hierin  zwei  anfangs  getrennte  Wurzeln, 
von  denen  die  eine  sich  aus  ma  zu  man  erweitert,  wärend  die  andere 
von  Anfang  an  man  gelautet  habe.  Die  verschiednen  secundären  Be- 
deutungen der  Wurzel  werden  in  bestimmte  Gruppen  verteilt  und  aus 
der  vorausgesetzten  Grundbedeutung  entwickelt. 

10.  Emmerich.]  Der  Schulamtscandidat  Dr  Steinhausen,  der 
interimistisch  den  Religionsunterricht  erteilt  hatte,  wurde  nach  Cobleuz 
zurückberufen,  und  der  Schulamtscandidat  Thürlings,  welcher  auch 
nach  seinem  Probejahr  als  Hülfslehrer  thätig  gewesen  war,  nach 
Münstereifel  versetzt.  Der  bisherige  Kaplan  Dr  Richters  wurde  als 
Religionslehrer  definitiv  angestellt,  der  Schulamtscandidat  Dillenburg 
commissarisch  beschäftigt.  Lehrerpersonal :  Director  Nattmann, 
die  Oberlehrer  Dederich,  Hotten rott,  Knitterscheid,  Religions- 
lehrer Dr  Richters,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Havestadt,  Dr 
Gramer,  Dr  Ehlinger,  Candidat  Dillenburg,  evangel.  Pfarrer 
Uhlenbruck,  Zeichenlehrer  Sweekhorst.  Schülerzahl  126  (I  18, 
II  16,  III  21,  IV  20,  V  19,  VI  32).  Abiturienten  8.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Oberlehrers  Dederich:  Bei- 
träge zur  ältesten  Geschichte  des  clevischen  Landes  zur  Zeit  der  Römer- 
herschaft und  der  Normannen  fahrten  (22  S.  4). 

11.  P]ssEN.]  An  die  Stelle  des  als  Oberlehrer  nach  Wesel  berufnen 
Dr  Frick  wurde  Dr  Anton,  zuletzt  an  dem  Gymnasium  zu  Stendal 
beschäftigt,  an  die  Stelle  des  als  Oberlehrer  nach  Kempen  berufnen  Dr 
Gansz  der  bisherige  wissenschaftliche  Hülfslehrer  au  dem  Gyinnasium 
zu  Münster  tenDyck  berufen.  Lehrerpersonal:  Director  Dr  T  op  hoff, 
die  Oberlehrer  Buddeberg  (zugleich  Religionslehrer),  Litzin ger, 
Mühlhöfer,  Seemann,  die  Gymnasiallehrer  A  chternb  o  seh,  Seck, 
Dr  Anton,  ten  Dyck,  kathol.  Religionslehrer  Kratz,  Zeichen-  und 
Schreiblehrer  Steiner,  Gesanglehrer  Helfer,  Schülerzahl  243  (I  41, 
11'^  13,  IIb  25,  III  42,  IV  44,  V  39,  VI  39).  Abiturienten  24.  Den 
Schulnachrichten  geht  voraus :  de  C.  lulii  Caesaris  com?nentarioru7n  fide. 
Scr.  Ferd.  Seck.     Part.  I  (11   S.  4). 

12.  Köln.]  a)  Katholisches  Gymnasium.  Dr  Schwerdt 
wurde  zu  einer  ordentlichen  Lehrerstelle  an  dem  Gymnasium  zu  Coblenz 
befördert;  an  seine  Stelle  trat  der  Schulamtscandidat  Dr  Hilgers, 
welcher  zuletzt  au  dem  Gymnasium  zu  Coblenz  commissarisch  beschäf- 
tigt gewesen  war.  An  die  Stelle  des  ausgeschiednen  Caudidaten  Enders 
trat  der  Candidat  Straubinger.     Die  Caudidaten  Dr  Hünnekes  und 


Berichte  über  gelelirli- Anstallen,  Verordnungen,  stalisl,  Notizen.  303 

Dr  Röckerath  hogannen  ihr  Probejahr.  Der  ordentliche  Lehrer  Nie- 
g'eniann  wurde  zum  dritten  Oberlehrer  an  dem  neuen  kathol.  Gymna- 
sium an  der  Apostelkirche  befördert.  Das  älteste  Mitglied  des  Lehrer- 
collegiunis ,  welches  bereits  im  Jahr  1814  hier  in  seiner  Vaterstadt  in 
das  höliere  Lehramt  eingetreten  war,  ist  mit  dem  l.  October  auf  sein 
Ansuchen  in  den  Ruhestand  getreten.  Das  Gymnasium  ,  welches  in  den 
letzten  Jahren  zu  einem  vollständigen  Doppel- Gymnasium  mit  16  ge- 
trennten Klassen  herangewachsen  war,  wird  mit  dem  Beginn  des  neuen 
Schuljahrs  auf  ein  einfaches  Gymnasium  mit  8  Klassen  zurückgeführt 
werden.  In  Folge  dessen  werden  fast  sämtliche  commissarisch  beschäf- 
tigte Lehrer  mit  dem  I'^nde  des  Schuljahrs  ausscheiden.  Lehrerpersonal: 
Director  Ditges,  die  Oberlehrer  Professor  Dr  Ley,  Dr  Pütz,  Reli- 
gionslehrer DrVosen,  DrSaal,  Kratz,  Dr  Stau  der,  die  ordent- 
lichen Lehrer  Professor  Kreuser,  Rheinstädter,  Oberlehrer  Vack, 
N  lege  mann,  Oberlehrer  S  c  hafteubrand,  Dr  Charge',  die  wissen- 
schaftlichen Hülfslehrer  Gor  ins,  Dr  Rangen,  Dr  Hilgers,  Ho  11  er, 
Grundhewer,  Dr  Walde,  Dr  Busch,  DrKuhl,  Zons,  Dr  Langen, 
Stranbinger,  die  Probecandidaten  DrHünnekes,  Dr  Röckerath, 
Schreiblehrer  Baum,  Zeichenlehrer  Dreesen,  Divisionsprediger  Hun- 
ger (evaugel.  Religiouslehrer).  Schülerzahl  021  (I*  48,  I**  51,  11"  74, 
IIb  69^  ni  8(3,  IV  88,  V  97,  VI  108).  Abiturienten  43,  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Oberlehrers  Dr  Saal: 
de  demorwn  Alticae  per  tribus  flistrihntione.  Part.  1:  demos  tribiis  Erech- 
iheidis  tenens  (39  S.  4).  —  b)  Frie  d  ri  ch -Wilhelms -Gymnasium. 
Mit  der  interimistisclien  Verwaltung  der  Directorstelle  wurde  der  Pro- 
fessor Hos  z  auch  für  das  neue  Schuljahr  beauftragt.  Der  Probecan- 
didat  Dr  Behr  ns  erteilte  Aushülfe,  und  zwar  zunächst  zur  Erleichterung 
der  drei  Lehrer,  welche  die  Lectionen  des  verstorbenen  Directors  Knebel 
übernommen  hatten.  Der  katholische  Religionslehrer  Dr  Schlünkes 
folgte  einem  Ruf  als  Regieruugs  -  und  Schulrath  bei  der  Regierung  zu 
Düsseldorf  und  der  Oberlehrer  Dr, Probst  einem  Ruf  als  Director  des 
Gymnasiums  zu  Cleve.  Lehrercollegium  :  die  Oberlehrer  Professor  Hosz, 
Dr  Pfarrius,  Regierungsrath  Gr  asho  f  (evangel.  Religionslehrer),  Dr 
Schlünkes  (kathol.  Religionslehrer),  Oet tinger,  Haentjes,  Dr 
Probst,  Dr  Eckertz,  Feld,  die  Gymnasiallehrer  Dr  Weinkauff, 
Dr  Kocks,  die  Hülfslehrer  Berghaus,  Serf,  Candidat  Dr  Behrns, 
Gesanglehrer  Musikdirector  Weber,  Zeichenlehrer  Nagel.  Schülerzahl 
344  (I"  25,  Ib  35,  II«  24,  II''  2(3,  III  57,  IV  67,  V  54,  VI  56).  Abi- 
turienten 27.  Den  Schulnacbrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  vom 
Hülfslehrer  Serf:  über  die  Bewegung  eines  tnateriellen  Punktes  auf  der 
Oberfläche  eines  homogenen  Rotations-  Edipsoids  in  Folge  der  von  der  Masse 
des  letztern  nach  dem  Nemtonschen  Gesetz  auf  Um  ausgeübten  Anziehung 
(21  S.  4). 

13.  Kreuznach.]  Der  katholische  Religionslehrer  Kaplan  Weisz- 
brodt  wurde  zur  Pfarrei  in  Tholei  befördert;  an  seine  Stelle  trat 
Kaplan  Bourgeois.  Dem  Gymnasiallehrer  Dr  Liep  in  Anklam  wu'de 
die  am  Gymnasium  erledigte  Ijchrerstelle  übertragen.  Lehrerpersonal: 
Direeior  Professor  Dr  Axt,  die  Oberlehrer  Professor  Grabow,  Pro- 
fessor Steiner,  Waszmuth,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Dell  mann, 
Oberlehrer  Mö  bring,  Oxe',  Dr  Liep,  Kaplan  Bourgeois,  wissen- 
schaftlicher Hülfslehrer  Weinmaun.  Zeichenlehrer  Cauer.  Schüler - 
zahl  174.  Abiturienten  5.  Den  Schnlnachrichten  geht  voraus  eine  Ab- 
handlung vom  Director  Dr  Axt:  Coniectan^a  ffomerica  (43  S.  4).  Die 
behandelten  Stellen  sind  folgende:  Iliad.  I  133 — 34:  öqjQCC  =  dum,  el&ccQ 
statt  kvtÜq.  II  2.'^9:  ag  yag  firj  naiSEg.  II  703:  noViov  öe  rov  (oder 
ntv)  «pj'O''.  II  791:  ^i'aciTO  Sf  ^uocprjv.  II  813 — 814;  rrjv  jjtoi  qc^  Q-foI 
äv&QcjTTOi  Sf  r?  arjfiK,     III  180:  daiqQ  avr'  i^ög  ton  Hwämdog, 


304  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

rj  not'  sjjv  yg  i.  e.  vel  fuit  saltem.  IV  17:  ft  Srj  ircog  vel  st  S''  ovv 
Tiag.  IV  487:  [iij  neos,  cog  itavdyQoio  Ilvov  dipcat-v  dXövreg.  V  516: 
(iSTÜlXriaav  ds  fitv  ovxi.  V  554:  oico  rajäs.  VI  124:  ov  ai  ys  yaQ 
not'  oder  ov  (lev  (}iriv)  yccQ  os  y  onancCy  oder  ^ccxijo'  svi.  VI  447: 
SV  S'  uq'  iym.  VI  492— 493  nach  figP.rjCfi  ein  Komma.  VII  113—114: 
Tovxca  -HS  —  Qiyria'.  VII  128  wird  nach  oi'-Kco  das  Komma  getilgt  und 
gelesen:  'Agysicov  aicov.  VII  443 — 464  verdächtig.  VIII  108:  ovg  x6x 
an  .  VIII  166:  osys  dai^ovi  dcöaco.  IX  452:  l'v'  ix'^V  Q^'-i^'-  Y^- 
Qovxi  oder  tx^r]Qixi(i'  s  ySQOvxi,  oder  TtQOiMiyrjv' ,  l'v'  dnex&rjQai^i  ys- 
Qovxi.  X  345:  avxoi.  X  499:  ßvv  8 r]  eIqsv  lauGt  oder  avv  ds  Sri 
fIqfv.  XI  636 — 637:  imitatione  sunt  e^cta  ad  huiusmodi  locos:  II. 
XVI^140— 144.  XI  650:  aysg.  XI  696— 697 :  st'Afi:',  dsigag  fii^Xa  XQf^- 
Mo'fft'.  XI  762:  cog  si'^i'  i]  nox'  bov  ys  fiEir'  dvögäaiv.  XII  23:  v.ovCrj 
nut  dgrjL&öav.  XIII  287:  ovSs  xig  —  xsöv  v,e.  XIII  315  —  316: 
jitf-V  statt  ju-tv.  XIV  102:  drjlrjasxciL  Aorist.  XV  18:  oxs  x'  vipöc' 
dvsKQS aa.  XV  302:  Tsi^yigog  MrjQiövrjg  xs  Mf'yjjg  t'  dxdlavxog  "Aqjji. 
XV  680:  avvavsiQSxcii.  XVI  58:  xrjv  fi'  dip  oder  «,'  sksxo.  XVI  99: 
vd)  <J'  SKÖvrjiisv  olsdQOV.  XVI  650 — 651:  drjäacci  und  sIolxg,  ocpsi- 
Isisv.  XVII  16:  zur  Vermeidung  des  Hiatus  tm  I'/x'  sa  oder  fi?j  s^'  sa. 
XVIII  100:  liiELO  81  8srjasv  oder  i^ov  8}  Ssrjosv.  XIX  43:  oT  ys  —  ^sv 
fvov.  XIX  93:  TTilvaxaL,  dXld  ydo  ri  ys.  XIX  302:  ndxooyilov  Ttgö- 
cpaaiv,  Kat,  o  avxcov  oder  ngocpaaiv  y  ,  aiia  o  avxcov  %?jof  SKaöxrj. 
XX  14:  >t«t  avxog  oder  ^sx^  dXlovg.  XX  121 — 122:  fif'ya  KQUxog,  sv  8s 
TL  —  ysvta&co.  XX  215:  ovv  statt  av.  XX  316 — 317:  Ttdca  &SQr]xat 
i.  e.  incensa  exuretur.  XX  362:  Kar«  oxix^g.  XX  493 — 494:  v.xsivaiv 
rovg  scpsncDV.  XXI  190:  [itv  t=  atqui ,  xcSv  statt  xcß.  XXI  249 — 250: 
[isv  statt  (ilv.  XXI  534:  STtst  y'  sg  xsix^g  dvaTtvsvaovxai  oder  dva- 
Ttvsvaovci.  XXII  84  :  olIsvs  8s  8i]tov  dv8Qcc  xsi'xsog  svxog  Icov.  XXII 
157:  TtagdSgci^'  6  jisv,  XXII  202:  ttms  8s  vvv.  XXII  349:  si'  fiOL  8s- 
nd^ig  xs  Kai  si-noadyiig  {SsKaKtg  xal  isfucoaKig)  kX-vx'  änoiva,  XXII 
492:  air^tct  oder  dg'  siai.  XXIII  74:  dXdXrj^i'  d^icp' .  XXIII  200— 213 
sollen  einer  spätem  Zeit  angehören.  XXIII  296 — 297:  8cögov ,  l'v'  o[ 
firj  snoL^'.  XXIII  597  —  598:  nsgi  axdxvsg  oder  Ttsg  dßxdxvsg  avv 
sigGTß  i.  e.  uti  circnm  sive  penitus  spicae  recreantur ,  simula^  rore  per- 
fuuduntur.  XXIV  56:  yisvov  snog.  XXIV  68:  i^^idgxavov  igcov.  XXIV 
721  —  722:  axovosaaav  doiSrjg  oi'firjv  8rj  oder  fisv  &griVSOv  oder  ol^iov 
äg'  s&grjvsov.  Odyss.  I  443  soll  nach  Ttavvvxiog  und  dcöxco  das  Komma 
wegfallen.  IV  353:  oV  8'  dsl  ßovXovxa i  scov  fi.  s(p.  IV  546:  rj  ydg 
s'xi  ^coov  oder  fisv  —  t]  fiLV  'Ogsoxrjg.  646  soll  der  Genetiv  von  ßirj 
abhängen.  IV  692:  sx&tJQSis.  V  206:  ksv  st8sir]g.  VII  69:  xfti(ir]xaL 
y'  svi  daxsL.  IX  63:  (ptXovg  8  oXsa.  IX  470:  Ttdvx'  sv  vrjL,  XII 
305:  yXacpvgfiv  svsgysa  vrja.  XII  389 — 390  werden  für  eingeschoben 
erklärt.  XIII  189 — 191:  nsgl  8'  äg  &s6g,  ocpga  (donec)  y.sv.  XV 
268:   rj  noxs  y'  -^v.^    XV  317:   ciaa'    sQ-sXoisv.     XVI  2^1  •.Jm^vaovxsg. 

XVI  437:  ov8'  soaöiisvög  ys  ysvrjxai.     XVII  344:  y,gsag,  '6ac'  oi  ;^frpfg. 

XVII  485:  Kai  8s  oder  Kai  ydg  dsot.  XVII  586:  og  xig  dv  sf-q.  XVII 
593:  |w«  q)vXdliov.  XVIII  223:  näg  ovk,  si  xi  ^stvog.  XVIII  246: 
sl  ndvxsg  as  l'8oi.v  dv'  'Idciov  oder  nag  xig  as  i8oi  —  'Jx<^'ög.  XVIII 
278:  sndyovai.  XVIII  289:  og  xig  oder  xoi  dgsaxög.  XVIII  383:  ov- 
vskÜ  nsg.  XIX  312:  vno  &viji6g  oisxai.  XIX  315:  sGxi  —  ri  nox'. 
XX  242:  avxdg  snsi  ccpiv.  XX  383:  o  ksv  ys  xoi  d^iov  aXcpoi.  XXI 
260:  Kai  tv  k'  sicö^sv.  XXII  290:  tot'.  XXIII  16:  sigovaa.  XXIII 
52:  acpco'C  y'  snißrjxov.  XXIV  72:  csv  statt  xoi.  XXIV  263:  ^(osiv  = 
spirare,  scvai  :=r  superesse.     XXIV  289:  ^'  ttot'. 

(Fortsetzung  folgt.) 
Fulda.  Dr  Ostermann. 


Zweite  Abteilung: 

für  Gymnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Ausschlusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  vou  Rudolph  U  i  e  t  s  c  h. 


8. 

Die  deutsche  Sprache.     Von  August  Schleicher.    Stuttgart, 
J.  G.  Cotta's  Verlag.    1860. 

Dasz  dieses  Werk  kein  gevvölinliches  sei,  und  dasz  wissenscliafl- 
liclie  Erg'ebnisse  hier  mit  einer  seltenen  Klarheit  und  in  lebendioer 
Form  dargestellt  werden  ,  darauf  läszt  uns  der  Name  des  Verfassers 
von  vorn  herein  sclilieszen;  denn  Schleicher  beherscht  ein  sehr  be- 
deutendes Material  und  versteht  es,  v»'ie  wenige,  die  Resultate  seiner 
Forschung-  und  der  Forschungen  seiner  Fachgenossen  in  durchsichtige 
Bilder  zu  fassen.  Das  ist  ihm  nun  in  dem  vorliegenden  ßuche  im 
vollsten  Masze,  und  wol  in  einem  vollem  als  in  irgend  einem  frühern 
gelungen;  darum  dürfen  wir  auch  erwarten,  dasz  damit  der  Zweck 
erreicht  werde,  den  der  Verf.  im  Auge  hat,  dasz  viele,  viele  gebil- 
dete Männer  aller  deutschen  Gaue  sich  daraus  Kunde  ihrer  Mutter- 
sprache schöpfen  und  ihrem  Sinn  für  das  Vaterland  eine  neue  Unter- 
lage gewinnen.  Wir  hegen  noch  eine  weitere  Hoffnung,  wir  meinen, 
es  könne  nicht  anders  sein  als  dasz  ein  solch  reiches  und  klares  Buch 
auch  manchen  Lehrer  des  Deutschen  erwecken  und  nicht  minder  dazu 
beilragen  müsze,  dasz  die  Vertreter  der  classischen  Philologie  allge- 
meiner Notiz  nehmen  von  dem,  was  die  historische  Sprachforschung 
überhaupt  und  für  unser  selbst  jetzt  noch  herliches  Deutsch  insbesondere 
geleistet;  dieses  Werk  Schleichers  ist  eines  der  Werke,  welche  die 
Klage,  als  könnte  man  doch  nur  mit  unsäglicher  Mühe  in  jenes  Heilig- 
tum eindringen,  immer  ungerechter  erscheinen  lassen.  Unter  den  all- 
gemeinen Punkten  sind  wir  nur  in  einem  mit  Schi,  nicht  ganz  einver- 
standen, in  seiner  Auffassung  von  der  Aufgabe  der  Sprachphilosophie 
und  von  dem  ursprünglichen  Wesen  der  Sprache  überhaupt.  Das  ist 
aber  ein  Punkt,  der  einen  sehr  winzigen  Teil  des  Buches  ausmacht 
und  die  Behandlung  des  Einzelnen  nicht  inficiert.  Sucht  der  Leser 
Belehrung  und  Erhebung  auf  diesem  Gebiete,  so  werden  ihm  die  in 
dem  neuesten  Werke  Steinthals,  des  Schülers  und  Kritikers  von 
Humboldt,  und  von  Heyse  und  Lazarus  reichlich  geboten.    Wir  sind 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  Abt.  ISUl.  Hft  7.  20 


306  Schleiclier:  die  denlsclie  Sprache. 

überzeugt,  dasz  Schi,  selbst  sich  mehr  und  mehr,  wo  er  Fragen  der 
Art,  die  einmal  nicht  seine  eigenste  Sache  sind,  berührt,  sich  an  jene 
begabten  und  begeisterten  Männer  anlehnen  wird,  welche  umgekehrt 
wieder  von  ihm  lernen  könnten.  Doch  wenden  wir  uns  dem  Einzel- 
nen zu. 

S.  3 — 117  handelt  unter  dem  allgemeinen  Titel  'Einleitendes'. 
I)  Von  der  Sprache  im  allgemeinen,  von  ihren  verschiedenen  Formen 
und  Sippen.  II)  Vom  Leben  der  Sprache.  III)  Vom  indogermanischen 
Sprachstamme.  IV)  Von  der  deutschen  Sprache.  V)  Von  der  hoch- 
deutschen Sprache.  VI)  Von  der  Sprachwissenschaft.  Das  Wesen  des 
Wortes  und  somit  der  gesamten  Sprache  wird  durch  drei  Moment« 
bestimmt,  durch  Laut,  Form  und  Function.  Eine  vierte  Betrach- 
tungsweise ist  die  syntaktische.  Die  Lehre  vom  Laute  ist  die 
Lautlehre,  die  von  der  Form  (in  welcher  Weise  ein  Ausdruck  der 
Bedeutung  statllindet)  die  Morphologie,  die  wissenschaftliche  Dar- 
stellung der  Function  (der  Entwickelung  der  BedeuUingen  in  der  Be- 
deutungs-  und  Beziehungswurzel  und  im  ganzen  Worte,  also  was 
Haase  nur  in  weniger  tiefem  und  umfassendem  Sinne  einst  Bedeutungs- 
lehre genannt)  —  bisher  auch  noch  nicht  einmal  versucht  —  ist  die 
Fu  ncti  on  sl  ehr  e  und  die  Lehre  vom  Satze  die  Syntax.  Schi, 
versucht  nacl»  diesem  eine  morphologische  Einteilung  der  Spra- 
chen, die  recht  nützlich  sein  kann,  wenn  man  bei  dem  Aeuszerlichen 
nicht  stehen  bleibt,  und  des  Verf.  Formeln  bieten  uns  ein  nicht  unge- 
fälliges Bild.  Isolierende  Sprachen  heiszen  ihm  diejenigen,  welche 
ihre  Elemente  nicht  verschmelzen,  sondern  Wurzel  (?)  neben  Wurzel 
stellen.  Eine  zweite  Klasse  bilden  die  zusammenfügenden  Spra- 
chen mit  der  Abart  der  com  bi  ni  er  en  d  en.  Die  wichtigste  und  dem 
eigentlichen  Wesen  der  Sprache  am  meisten  entsprechende  Klasse  bil- 
den die  Flexionssprachen,  in  denen  sich  Ausdruck  der  Bedeutung 
nnd  Beziehung  innig  durchdringt.  Dieser  Klasse  gehören  nur  zwei 
Sprachstämme  an,  der  semitische  und  der  indogermanische, 
also  die  Sprachen  der  Culturlräger  in  der  bisherigen  Geschichte  der 
Menschheit.  Die  dann  folgende  Schilderung  und  Scheidung  dieser 
beiden  Sprachstämme  hebt  das  Charakteristische  derselben  in  scharfen 
Zügen  hervor,  und  da  stellt  sich  die  klare  plastische  Einheit  und  Ein- 
fachheit des  Indogermanischen  mächtig  heraus.  Sind  die  semitischen 
und  indogermanischen  Sprachen  je  eines  gewesen,  so  fällt  das  jeden- 
falls nicht  in  die  Zeit  einer  einigermaszen  abgeschlossenen  Entwickelung 
beider.  Vielleicht  nimmt  der  Leser,  nachdem  er  sich  hier  zurecht  ge- 
funden, noch  Steinlhals  Sprachtypen  zur  Hand  und  dringt  dann  noch 
tiefer  in  den  Charakter  der  beiden  gewaltigen  Sprachstämme  ein. 

Sprach  Sippen  oder  Sprach  stamme  werden  erkennbar  und 
durchsichtig  durch  das  Verhältnis,  in  welchem  die  Laute  ihrer  einzelnen 
Glieder  zu  einander  stehen,  wobei  man  natürlich  deren  eigentümliche 
Lautgesetze  erkannt  haben  musz.  Diese  Lautgesetze  gefunden  und  fest 
begründet  zu  haben  ist  also  ein  wesentliches  Verdienst  der  historischen 
Sprachforschung.    Ob  es  nun  aber  denkbar  wäre,  dasz  morphologisch 


Schleicher:  die  deutsche  Sprache.  307 

verschieden  gebaute  oder  auf  verschiedenen  Stufen  stehende  Sprachen 
verwandt  seien,  darauf  lassen  wir  uns  aus  gutem  Grunde  nicht  ein; 
sicher  wäre  dann  die  Verwandtschaft  zu  erkennen  viel  schwieriger,  da 
gerade  die  Beziehung  ausdrückenden  Elemente  uns  auch  einen  reichen 
und  sichern  Stoff  zur  Vergleichung  der  Laute  bieten.  Doch  unter- 
scheiden sich  nun  die  Sprachfamilien  und  die  einxelnen  Sprachen  nicht 
nur  nach  den  Lauten,  selir  oft  sind  auch  in  den  einen  noch  Wurzeln 
lebendig,  die  in  andern  nicht  mehr  treiben,  und  dasselbe  Verhältnis 
zeigt  sich  im  Ausdrucke  der  Beziehung.  Beimischung  von  Fremdwör- 
tern kann  natürlich  die  Sprache  nicht  bis  ins  Innere  allerieren.  Da 
sprachliche  Sippen  stets  aber  im  Laufe  der  Zeit  erst  entstandene 
sind,  so  kommt  Schleicher  mit  darauf,  zuerst  nun  vom  Leben  der 
Sprache  zu  reden.  Das  zunehmende  materielle  Leben  fällt  in  eine 
vorgeschichtliche,  das  abnehmende  und  sich  zersplitternde  in  die 
geschichtliche  Zeit.  Sprachbildung  und  Geschichte  sind  sich  ablösende 
Thätigkeiten  des  Menschen,  zwei  OlTenbarungsweisen  seines  Wesens, 
die  nie  zugleich  stattfinden,  sondern  von  denen  stets  die  erstere  der 
zweiten  vorausgeht.  Sprache  und  Geschichte  bilden  der  Völker  Na- 
tionalität. Wie  die  Sprache  entstanden,  darauf  meint  Schi.,  müste  die 
Sprachwissenschaft  eigentlich  nicht  antworten.  Wir  sind  der  Ansicht, 
dasz  die  Sprachwissenschaft,  mag  man  auch  ihren  Begriff  weiter  oder 
enger,  höher  oder  tiefer  fassen,  jedenfalls  an  diesen  Fragen  das  höch- 
ste Interesse  haben  müsze,  weil  das  Wesen  des  Keimes  eine  grosze 
Bedeutung  für  dessen  Entwickelung  haben  wird.  Die  Sprachen,  da 
können  auch  wir  einstimmen,  stammen  nicht  von  einer  einzigen  Ur- 
sprache; Menn  aber  verschiedene  Laute  und  verschiedene  Entwicke- 
lungsfähigkeit  von  Anfang  an  dagewesen,  dann  wird  auch  kaum  die 
Form  aller  Sprachen  durchaus  identisch  gewesen  sein,  obgleich  wir 
sie  noch  nicht  geschieden  zu  denken  vermögen.  Wie  lange  nun  die 
Entwickelung  der  Sprache  gedauert,  wer  wollte  das  bestimmen?  Durch 
Probabilitätsrechnung  kommt  der  Verf.  auf  mindestens  20000  Jahre. 
Sobald  die  Sprache  auf  ihrem  Höhepunkte  angelangt,  fieng  ihr  Verfall 
an  Diesen  Verfall  kann  man  natürlich  am  leichtesten  da  verfolgen, 
wo  die  Entwickelung  am  reichsten  war,  d.  h.  im  Indogermanischen. 
Man  sucht  sich  die  Laute  bequemer  zu  machen,  das  ist  eine  physio- 
logische Operation  und  ist  also  physiologisch  zu  erklären.  Der  Aus- 
druck wird  manigfach  verwittert  und  eigentümlich  bestimmt.  Das 
Streben  nach  Gleichartigkeit  schränkt  den  üppigen  Reichtum  ein,  As- 
similation und  Analogie  erklären  uns  vieles.  Es  zeigt  sich  ein  Ringen 
nach  Vereinfachung  der  sprachlichen  Form:  denke  man  hier  nur  an  die 
Declination,  an  ihre  Verluste  in  Bezeichnung  des  Numerus  und  der 
Casus,  an  die  Magerkeit  der  lateinischen  und  germanischen  Gonjuga- 
tion.  Was  die  Sprachen  in  früheren  Zeiten  hält,  ist  das  Gefühl  für 
die  Function  der  einzelnen  Elemente  des  Wortes.  Sprachgefühl  und 
Integrität  der  lautlichen  Form  stehen  in  geradem,  Sprachgefühl  und 
Lautgesetze,  Analogie,  Vereinfachung  der  sprachlichen  Form  in  umge- 
kehrtem Verhältnisse  zu  einander.    Sehr  früh  suchen  die  Sprachen  den 

20* 


o08  Schleicher:  die  deutsche  Sprache. 

ihnen  gewordenen  Verlust  zu  ersetzen  durch  Zusammensetzung- 
und  Umschreibung;  erstere  ist  verschieden,  indem  entweder — ■nnd 
das  geschieht  schon  in  verhältnismässig  sehr  alter  Zeit  —  Verbalfor- 
men unmittelbar,  wie  im  Lateinischen,  an  einen  andern  Verbal  stamm 
antreten  oder  zwei  volle  Verbalfurmen  an  einander  anschieszen,  wie 
in  den  romanischen  Sprachen.  Dasz  diese  Auflösung  der  alten  Formen, 
dieser  Uebergang  von  Synihesis  in  Analysis  auch  seinen  Einflnsz  auf 
den  Salzbau  äuszern  musz,  ist  einleuchtend.  Aber  auch  die  am  meisten 
heruntergekommenen  Flexionssprachen  sind  dennoch  von  den  isolie- 
renden grundverschieden,  nicht  nur  weil  gerade  die  Wurzelverände- 
rung auch  bei  der  stärksten  Abschleifung  der  Endungen  haftet  und 
diese  <loch  nirgend  völlig  scliwinden,  sondern  auch  weil  der  Sinn, 
der  ursprünglich  in  den  ßeziehungsausdrücken  lag,  immer  noch  im 
Hintergrunde  wirksam  ist. 

Unter  den  Sprachsippen  ist  für  die  Erkenntnis  des  Deut- 
schen die  indogermanische  die  wichtigste,  weil  jenes  ein  Glied 
dieser  ist.  Nicht  nur  wird  nun  erst  durch  die  umfassendere  Umschau 
der  Charakter  der  gesamten  deutschen  Wurzel-  und  Formenbildung 
klar,  sondern  eben  durch  diese  Klarheit  stellt  sich  jetzt  auch  das  Ei- 
gentümliche des  Deutschen  im  rechten  Lichte  dar,  seine  äuszere  An- 
mut, sein  innerer  Reichtum.  Das  indogermanische  umfaszt  acht  Haupt- 
familien: die  indische,  deren  G  r  un  d  s  pra  che  im  Ve  da  zu  suchen, 
aus  welcher  sich  das  Sanskrit,  die  grammatisch  geregelte  Schrift- 
sprache und  die  volksmäszigen  Präer  i  tsprachen  entfalteten ;  2)  die 
eranische,  deren  Grundsprache  nicht  erhalten  ist,  welcher  dann 
das  A  l  tper  s  is  che  und  A  l  Iba  kt  r  i  s  ch  e  am  nächsten  stehen.  Das 
Armenische  bildet  eine  eigentümliche  Nebenart  des  Eranischen.  Die 
dritte  Familie  ist  die  griechische,  von  der  vielleicht  eine  Abzwei- 
gung im  A  1  b  a  nesis  che  n  liegt.  Auch  hier  ist  uns  die  Grundsprache 
nicht  erhalten,  am  Ireuesten  sind  ihr  der  dorische  und  äolische  Dia- 
lekt geblieben.  Ebenso  wenig  können  wir  von  der  vierten  itali- 
schen Familie,  zu  welcher  auszer  dem  Lateinischen  das  Umbrische 
und  Oskische  zählen,  die  Grundsprache  in  der  Litteratur  noch  nach- 
weisen. In  der  keltischen  Familie  fehlt  nicht  nur  diese,  sondern 
es  gehen  überhaupt  Denkmale  böhern  Allers  ab.  Der  sl  a  vis  c  h  e  n 
Grundsprache  steht  am  nächsten  das  Altbulgarische.  Vom  Li- 
tauischen, dem  das  nun  ausgestorbene  Altpreuszische  innig 
verwandt  ist,  ist  die  altertümlichste  Gestalt  das  Hoch  li  t  a  uisc  h  e 
im  südlichsten  Teile  des  preuszischen  litauischen  Sprachgebietes.  Die 
deutsche  Familie  besitzt  keine  Grundsprache  mehr,  aber  das  Goti- 
sche weicht  nicht  weit  ab.  Wir  entdecken  aber  auch  nähere  Familien- 
verwandtschaflen ,  wie  diejenige  zwischen  den  beiden  asiatischen 
oder  arischen  Familien,  in  Europa  diejenige  zwischen  der  gr  i  ecli  i- 
sch  en  (a  1  ba  n  esische  n),  italischen  und  keltischen.  Die  al- 
tertümlichste asiatische  und  die  ihr  am  nächsten  kommende  südeuropai- 
sche  Grundsprache  sind  Töchter  einer  asialisch-südeuropäischen  Grund- 
sprache gewesen.   Italisch  und  Kellisch  blieben  aber,  wie  die  neuesten 


Schlciclicr:  die  deulsclie  Sprache.  309 

Forscliungeii  sehr  waiirscheinlich  machen,  nach  der  Lostreniiung'  des 
Griechischen  noch  länffcre  Zeit  als  ein  Gan/.es  heisammen.  Die  nördliche 
europüisciie  Ableilmig  oder  die  slav.-litanisch-denlsclie  ist  weniger  al- 
terliinilicli,  nnd  wir  diirfen  annehmen,  dasz  die  Griipiie  zuerst  aus  den 
indogermanisclien  Spraclien  sich  ausgeschieden  habe.  Den  ursprüng- 
lichen Wülinsitz  der  Träger  dieser  indogermanischen  Grundsprache 
verlegt  auch  Schleicher,  wie  alle  neuesten  Forscher,  nach  Cenlralhoch- 
asieti,  westlich  vom  Belurtag  und  Mustag.  Was  der  Verfasser  über 
indogermanische  Mythologie  hinzufügt,  wird  er  gegenüber  Kuhns 
Schriften  kaum  beweisen  wollen. 

IV.  Von  der  deutschen  Sprache.  Diese  fällt  in  einer  ersten 
Periode  mit  der  indogermanischen  Ursprache  zusammen,  in  einer 
zweiten  bildet  sie  eine  Einheit  mit  dem  Slavischen.  Da  sind  die  alten 
Aspiraten  aufgegeben,  ebenso  der  alte  Conjunclivus,  der,  wie  im 
l.ateinischen,  vom  Optalivus  mit  vertreten  wird,  und  das  Augment, 
ein  vorgesetzter  Instrumentalis  (ursprünglich  d  'mit  dem  damals'); 
manche  Wurzeln  und  Worte  sind  eigentümlich.  Die  deutsche 
Grundsprache  zeichnet  sich  aus  durch  die  Lautverschiebung,  durch 
eigentümliche  Sonderung  der  bestimmten  und  unbestimmten  Adjecliva, 
durch  Festhalten  am  allen  Vokalsysteme  und  Weiterentwickelung  des- 
selben in  höchst  regelfester  Weise,  durch  Beibehaltung  des  alten  Per- 
fectums  und  neue  Bildung  eines  solchen,  durch  eigentümliche  Wurzeln 
und  Wörter.  Als  Beispiel  wählt  der  Verf.  die  Lautverschiebung.  Nur 
in  den  Mediae  für  die  alten  Aspiralae  stimmen  die  slavisch  -  kellische 
und  die  deutsche  Grundsprache  zusammen.  In  diese  Periode  der  einen 
deutschen  Grundsprache  versetzt  Schi,  die  Entstehung  (?)  der  deut- 
schen Mythen  und  die  Ausbildung  der  altern  epischen  Dichtung.  Die 
vierte  und  letzte  Periode  ist  historiscii.  Sie  beginnt  mit  der  Schei- 
dung der  einen  deutschen  Grundsprache  in  mehrere  Mundarten,  die 
sich  zu  selbständigen  Sprachen  entwickeln.  So  zerfiel  die  alte  deut- 
sche Grundsprache  durch  innern  Prozess  allmählich  ins  Gotische,  ins 
Deutsche  im  engern  Sinne,  und  ins  Nordische.  Das  Gotische 
ist  lautlich  ausgezeichnet,  es  besitzt  allein  noch  das  Mediopassivum, 
das  auch  Kelten  und  Slaven  nicht  mehr  haben;  unter  den  deutschen 
Dialekten  hat  nur  das  Gotische  noch  Perfectreduplication.  Doch  hat 
es  schon  gelitten:  ein  strenges,  von  Westplial  entdecktes  Auslauts- 
gesetz tilgte  manche  ursprünglich  auslautende  Consonanten,  und  kürzte 
und  verllüchtigte  auslautende  Vokale  und  Vokale  der  auslautenden 
Silben.  Das  Gotische  verlor  Formen,  welche  das  Deutsche  im  engern 
Sinn  und  das  Nordische  noch  besitzen.  So  ist  in  einzelnen  alid,  Ver- 
balendungen noch  älteres  da,  und  es  hat  den  Instrumentalis  erhalten; 
über  das  Perfect  mit  s  im  Ahd.  und  Nord,  werden  wir  unten  sprechen. 
Das  Deutsche  im  etigern  Sinn  teilt  sich  schon  friih  in  Niederdeutsch, 
Sächsisch,  Altsächsisch  und  Angelsächsisch,  neben  weichen 
das  Friesische  als  besondere  Abzweigung  steht.  Unterschiede  des 
Deutschen  vom  Gotischen  und  Nordischen  liefen  nicht  nur  im  Wort- 
vorrathe,  sondern  auch  in   der  Grammatik,  wie  z.   B.  die  deutschen 


310  Schleicher:  die  deulsche  Sprache. 

Sprachen  die  zweite  Person  Singiilaris  Perfecli  nicht  durch  /,  sondern 
durch  i  mit  dem  Ablaute  des  Plur.  bilden,  eine  Bildung-  die  erst  das 
Neuhochdeutsche  wieder  verläszt,  indem  es  diese  Form  mit  der  zwei- 
ten Person  Präs.  Sing,  gleich  machen  will.  Wie  sich  das  Sächsische 
ins  Plattdeutsche  und  Niederländische  verzweigt,  das  An- 
gelsächsische ins  Englische  übergeht,  so  das  Nordische  ins 
Isländische  und  das  neunordische  Schwedische  und  Dänische. 
V.  Von  der  hochdeutschen  Sprache.  Die  althochdeutsciie 
Sprache  (vom  7n  —  lln  Jh.,  wo  die  Vokale  der  auf  die  Stammsilbe 
der  Worte  folgenden  Silben  nicht  mehr  nur  vereinzelt  in  ein  ununter- 
schiedenes  e  übergehen)  kennen  wir  nicht  in  einheitlicher  Form,  son- 
dern nur  aus  den  Denkmalen  der  nicht  mehr  völlig  gleichsprachigen 
oberdeutschen  Stämme  der  Franken,  Alamannen  und  Schwaben  und 
der  Baiern;  aber  eine  Scheidung  der  fränkischen,  alamannisch- 
schwäbischen,  bairisch- österreichischen  Dialekte  ist  aus  mehreren 
Gründen  schwer  durchführbar.  Auszerdem  bietet  uns  das  Althochd. 
verschiedene  Altersstufen.  Eigentümlich  dem  Abd.  ist  nun  die  zweite 
Lautverschiebung,  die  sich  jedoch  nur  allmählich  entwickelt  und  an  sich 
und  wegen  der  Verschiedenheit  ihres  Maszes  in  verschiedenen  ober- 
deutschen Gegenden  noch  viel  anomaler  ist  als  die  urdeulsche;  das 
verfolgen  wir  hier  nicht  im  Einzelnen.  Dieser  Auseinandersetzung 
folgen  sehr  hübsche  Winke  über  den  Charakter  der  althochd.  Litlera- 
tur  und  ihren  wesentlichen  Unterschied  von  der  mittelhochdeutschen. 
In  der  mittelhochdeutschen  Sprache  bleiben  die  Vokale  der  Stamm- 
silben im  Ganzen  dieselben,  wie  im  Abd.  und  ebenso  die  Consonanten 
dieselben,  wie  im  mildern  Abd.  Gerade  der  Verlust  der  vollen  Vokale 
der  Endsilben  macht  das  Mhd.  erst  recht  geeignet  die  höchste  Feinheit 
und  Regelmäszigkeit  des  Versbaues  zu  erreichen.  Verschiedene  Mund- 
arten lassen  sich  auch  im  Mhd.  noch  spüren,  doch  eine  Mundart,  Mhd. 
im  engern  Sinn,  gelangt  zur  allgemeinen  Geltung  als  Sprache  derLitlera- 
tur  und  des  höhern  Umganges,  nemlich  die  schwäbische.  Die  Blasse 
der  fremden  Wörter  entstellt  die  Sprache  nicht,  es  herscht  darin  ein 
feines  Ebenmasz  der  Enlwickelung.  Der  Ton  macht  die  Silbe  noch 
nicht  lang,  wie  im  Nhd.,  welches  dadurch,  dasz  der  Ton  die  Quantität 
bestimmt,  ei  n  tön  ig  wird.  Das  Neuhochdeutsche  ist  keine  Mundart: 
es  ist  sprachlich  unnatürlich,  aber  eben  deswegen  ist  es  geeignet  zum 
gemeinschaftlichen  Bande.  Nach  dem  entwickelt  der  Verf.  in 
scharfen  Zügen  die  nun  wol  allgemein  angenommene  Ansicht  über  die 
Entstehung  und  Entwickelung  der'neuhd,  Schriftsprache  und  der  neu- 
hochd.  Mundarten,  welche  letztern  trotz  dem  Mangel  an  Sprachgefühl 
manches  Werthvolle  bewahrt  haben  und  zwar  nicht  überschätzt,  aber 
noch  minder  verachtet  werden  dürfen.  Gelegentlich  gibt  Schleicher 
interessante  und  die  Nichlfachmänner  gewis  sehr  überraschende  Auf- 
schlüsse über  Wörter  und  Eigennamen,  die  in  aller  Munde  sind;  falsch 
ist  aber  Albert  aus  al-berht  statt  aus  adal-berht  'für  oder  im  Ge- 
schlechte leuchtend'  erklärt.  Im  sechsten  Abschnille  der  Einleitung 
gibt  der  Verf.  seine  Ansicht  von  der  Sprachwissenschaft,  was  niemand 


Scilleicher:  die  deutsche  Sprache.  311 

ungereimt  linden  kann.  Er  trennt  hier  die  Sprachwissenschaft  oder 
(jlottik  von  der  S  p  ra  cli  ph  i  I  os  op  h  i  e,  welche  die  Lehre  von  der 
Idee  der  Spraclie  umfasse  und  deren  (ji;hiet  ein  abstraktes,  ideelles 
sei,  (ind  von  der  Philologie.  Die  Glottik  habe  zum  Ohject  einen 
Naturorganismns.  Gewis  herscht  ein  wesentlicher  Unterschied  zwi- 
schen Sprachwissenschaft  und  Philologie,  nur  wird  keine  der  beiden 
die  andere  ungestraft  übersehen  dürfen.  \\'ir  können  uns  wenigstens 
nicht  denken,  wie  der  Sprachforscher,  sobald  er  sich  einer  Sprache 
specieil  zuwendet,  den  in  andern  Lebensgebieten  sich  kund  gebenden 
Nationalgeist  unbeachtet  lassen  möchte,  und  wie  der  Philologe  ver- 
stände, was  die  ihn  beschäftigende  Nation  in  einem  Hauptzvveige,  in 
der  Sprache,  geschalfen  habe,  ohne  beim  Sprachforscher  in  die  Schule 
zu  gehen.  Was  nun  aber  das  Verhältnis  der  sog.  Glottik  zur  Sprach- 
philosophie betrifft,  so  haben  wir  oben  schon  uns  dahin  ausgesprochen, 
(lasz  Schleicher  hier  die  Kluft  zu  weit  annimmt.  Wer  die  neuern  Ar- 
beiten auf  dem  Felde  der  letztern  kennt,  weisz,  dasz  es  sich  dort  um 
sehr  Concretes  handelt,  dasz  die  heulige  Sprachphilosophie  ohne  die 
historische  Sprachforschung  überhaupt  nicht  da  wäre,  diese  aber  von 
jener  gehoben  und  innerlich  bereichert  wird. 

Es  folgt  nun  als  zweite  Abteilung  die  mittelhochdeutsche 
und  neuhochdeutsche  Grammatik. 

Der  Verf.  will  in  wissenschaftlicher  Ordnung  nur  die  Elemente 
mitteilen,  nur  eine  Anregung  zur  Würdigung  und  zum  grammalischen 
Verständnisse  des  Mittelhochdeutschen  und  Neuhochdeutschen  geben. 
Aber  das  sind  Elemente  ganz  anderer  Art,  als  was  man  sonst  so  nennt: 
auf  den  wichtigsten  Punkten  heben  sie  das  Wesentliche  in  der  schön- 
sten Entwickelung  hervor  und  vereinfachen  durch  die  wissenschaftliche 
Leuchte  das  Verschlungene  und  Verworrene.  Zuerst  kommen  die  Vo- 
kale zur  Behandlung.  Um  die  Veränderlichkeit  der  deutschen  Vokale 
zu  begreifen,  musz  man  in  die  fernste  Zeit  des  indogermanischen 
Stammes  sich  zurück  versetzen.  Das  älteste  indogermanische  Laut- 
syslem  trennte  drei  Grundvokale  a,  i,  u.  Zum  Zwecke  des  Beziehungs- 
ausdruckes sind  diese  einer  bestimmten,  allen  dreien  gleichartigen 
Steigerung  unterworfen,  d.  h.  a  wurde  vorgeschoben,  und  mit  dieser 
Steigerung  mag  sich  die  Ursprache  begnügt  haben.  Von  der  Trennung 
aber  in  die  einzelnen  Sprachen  entwickelte  sich  eine  zweite  Steige- 
rung durch  Vorsetzen  eines  n  -{-  a  -—  ä.  So  entstanden  äa ,  äi,  an. 
Grundform,  erste  und  zweite  Steigerung  bilden  zusammen  eine  Vokal- 
reihe, deren  demnach  drei  sind.  Aa  und  äa  flössen  bald  in  a  zusam- 
men, aber  zwischen  ä  aus  aa  und  ä  aus  äa  musz  einst  ein  Unterschied 
bestanden  haben.  In  der  deutschen  Grundsprache  schwächte  sich  a  oft 
in  u  u.  i,  und  wir  bekommen  da  die  Reihe  i  u  r/  ä  (für  aa)  ä  (f.  äa).  Das 
Deutsche  sucht  die  erste  und  zweite  Steigerung  des  a  aus  einander  zu 
halten,  es  bietet  für  die  zweite  e.  Nur  das  Gotische  färbt  das  ä  der 
ersten  Steigerung  nach  i  hin  zu  e.  Wir  finden  aber  a  auch  oft  an  der 
Stelle  eines  ä  für  aa  der  Ursprache.  Vor  zwei  Schluszconsonanten 
findet  sich  im  Deutschen  kein  echtes  u  oder  i,  nur  u  und  i  als  Schwä- 


312  Schleicher;  die  deufsche  Sprache. 

chung  von  a:  binde,  vulfs,  für  ursprüngliches  varkas.  Die  I-  und  U- 
Reihe  sind  ilirer  ursprünglichen  Dreigliederigkeit  treu  geblieben.  Die 
I  Reihe  lautet  im  Grunddeutschen  und  Gotischen:  I,  ei,  ai,  später  i,  i, 
ei  (e) ;  die  Ü-Keihe:  u,  in,  au,  später  u,  iu  (io,  ie),  ü,  oii  (o).  Schon 
früh  schmelzen  vereinzelt  iu  zn  u  zusammen,  das  got.  o  geht  meistens, 
wo  es  in  lebendigem  Zusammenhange  steht,  in  ahd.  uo  über.  Selbst 
das  31hd.  steht  also  in  seinem  Vokalismus  noch  auf  bezüglich  ursprüng- 
licher Stufe.  Nach  Darlegung  des  deutsciien  Vokalsystems  —  denn  das 
ist  es  im  schönsten  Masze  —  zählt  der  Verf.  vorläufig  die  mittelhoch- 
deutschen Consonanten  auf,  was  hier  besonders  darum  geschehen  musz, 
weil  vokalische  Veränderungen,  die  nun  zur  Sprache  kommen,  teik 
weise  durch  umgebende  Consonanten  bedingt  sind.  Nur  die  höchsten 
Steigerungen  der  beiden  Parallelreihen,  der  i-  und  u-Reihe,  sind  im 
Deutschen  von  folgenden  Consonanten  abhängig.  Folgt  auf  grund- 
deutsches ai  ein  r,  h,  w,  so  tritt  im  Hochdeutschen  e  dafür  ein,  wie  iu 
lerau  u.  s.  f. ;  folgt  auf  grunddeutsches  au  (ou)  ein  h,  r,  I,  n,  d,  t,  z,  s, 
so  tritt  dafür  ö  ein,  eine  Erscheinung  die  teilweise  auch  im  Lateini- 
schen wiederkehrt.  Zuweilen  wirkt  ein  vorausgehendes  w  ein,  wie  in 
wohha,  woche  für  weche.  Sehr  wichtig  sind  für  das  Deutsche  der  erst 
allmählich  sich  entwickelnde  Umlaut  durch  folgendes  i  der  nicht  stamm- 
haften Teile  des  Wortes  und  die  ältere  von  Grimm  sogenannte  Brechung 
eines  u  und  i  der  Wurzel  durch  folgendes  a,  beides  besondere  Arten 
der  Assimilation,  die  im  Ahd.  auch  noch  in  anderer  Weise  stattfindet. 
Ob  diese  Assimilation  nur  Bequemlichkeit  der  Aussprache  sei,  ob  nicht 
auch  der  Sinn  für  Worteinheit  mitwirke?  In  der  Regel,  aber  nicht 
immer, —  und  diese  Ausnahmsfälle  sind  sehr  interessant — ,  bleibt  die 
Wirkung  verlorner  und  veränderter  Laute.  Diese  bleibende  Wirkung 
ist  grammatisch  auszerordentlich  bedeutsam,  indem  sie  uns  auf  den 
alten  Bau  der  Worte  leitet.  Sie  hat  namentlich  mit  darauf  geführt 
die  a-,  i-  und  u-Declination  gehörig  zu  scheiden.  Aber  noch  auf  andere 
Art  entwickeln  sich  im  Deutschen  vokalische  Laute,  so  namentlich 
durch  Spaltung  von  w  nach  Vokalen  in  uw  und  durch  Ausstoszung  von 
Consonanten  zwischen  Vokalen,  lieber  letztere  Erscheinung  besitzen 
wir  eine  besondere  Abhandlung  von  ,1.  Grimm.  Sehr  alt  ist  im  Deut- 
schen der  Perfecldiphthong,  —  im  Mhd.  meist  ie  — ,  indem  der  alle 
Reduplicationsvokal  mit  dem  Wurzelvokal  zusammenrinnt.  Wir  lassen 
uns  hier  auf  die  Frage  nach  dem  ursprünglichen  Vorgange  nicht  ein, 
möchten  aber  doch  auf  die  diesfälligen  Untersuchungen  Jacobi^s  hin- 
weisen. Eine  alte,  auch  im  Oskischen  vorkommende  Ausstoszung  des 
Consonanten  findet  sich  in  mere,  mcr,  eine  Masse  von  jungem  im  Mhd. 
Zuletzt  erfolgt  noch,  nur  nicht  unumschränkt,  die  Verflachung  der 
nicht  betonten  Vokale  in  ein  unscheinbares  e,  welches  je  nach  seiner 
Stellung  ein  tonloses  oder  stummes  ist,  so  dasz  wir  (nehmen  wir  noch 
das  in  Stammsilben  vereinzelt  statt  a  stehende  e  hinzu),  im  Mhd,  nicht 
minder  als  fünf  Formen  dieses  Lautes  erhallen.  Ueber  anderes,  das  hier 
noch  verfolgt  wird,  besonders  über  den  nenhd.  VoUalismus  treten  wir 
nicht  weiter  ein.    Was  für  jeden  Abschnill  unseres  Buches  gilt,  dasz 


Schleicher:  die  deutsche  Sprache.  313 

die  Thatsachen  in  ihrer  Eiitvvickelung  mit  bewiindernswerlher  Klarheit 
dargestellt  werden,  wollen  wir  für  diesen  reichen  Abschnitt  ausdrück- 
lich anführen.  Nachdem  Schi,  im  zweiten  Abschnitte  die  Consonanten 
in  ihrem  Systeme  und  in  ihrer  Veränderung  behandelt,  geht  er  mit 
dem  dritlen  zur  Besprechung  der  Wurzeln  und  Vokalstämme  über. 
Erst  der  historischen  Sprachforschung  verdanken  wir  eine  strenge 
Auseinanderhaltung  von  primären  und  secundären  Wurzeln,  Stamm 
und  Wort.  Hauptsächlich  der  verschiedenen  Functionen  wegen  darf 
man  nicht  nur,  sondern  soll  man  Pronominalwurzeln  und  Verbalwur- 
zeln auseinanderhalten.  Steinthal  in  seinem  treiflichen  Buche  über  die 
Sprachtypeu  zeigte  die  Richtigkeit  dieser  Scheidung  in  ihrer  ganzen 
Grösze.  Ueberall  gibt  nun  der  Verf.  sicher  leitende  Winke  über  die 
Formation,  also  die  Gestaltung  der  Wurzeln,  der  Stämme  und  die  Zu- 
sammensetzung, die  Bildung  der  Zahlwörter  u.  s.  f.  Ob  nicht  die  Ge- 
mination des  n  in  den  Casus  des  deutschen  Infinitivus  ihren  grammati- 
schen Grund  habe?  darauf  scheint  das  Altsächsische  sicher  hinzuwei- 
sen, üer  vierte  Absclinitt  umfaszt  die  Flexion,  Declination  und  Con- 
jugalion.  Ein  prächtiges  Stück  Arbeit,  in  welchem  wol  nicht  nur 
rücksichtlich  der  Methode,  sondern  auch  riicksichtlich  des  StolTes  am 
meisten  dem  Verf.  Eigentümliches  sich  findet.  Nomen  und  Verbum 
sind  dem  Verf.  gleich  ursprünglich:  zuerst  behandelt  er  die  Decli- 
nation, die  in  Nominaldeclination,  in  pronominale  und  in  die  des 
ungeschlechtigen  persönlichen  Pronomens  zerfallt.  Das  Pluralzeichen 
ist  ursprüngl.  sa  (in  erweiterter  Form  sam  'mit'),  das  meist  (warum 
nicht  immer?)  nach  dem  Casuszeichen  steht.  Der  Dualis  (übrigens 
im  Deutschen  verkommen)  ist  aus  dem  Pluralis  entstanden.  In  den 
Casussuffixen  kann  Verschiedenheit  stattfinden.  Das  Deutsche  kennt 
in  seiner  ältesten  uns  vorliegenden  Sprachform  im  Singularis  fünf, 
im  Pluralis  vier  Casus,  da  hier  der  Instrumentalis  abgeht.  Im  Dativ, 
Singularis  der  u-  und  i-Declination  sieht  Schi,  alte  Locative  mit  vor- 
ausgehender Steigerung  des  Themenvokales,  so  dasz  anstai  (got.)  für 
anstaji  und  sunau  (got.)  für  sunavi  stände.  Der  Instrumentalis  auf  u 
wird  nach  bestimmten  Analogien  aus  -ami,  -am  erklärt,  das  dann  selbst 
für -abhi  steht.  Die  Declination  des  Subst.  ist  natürlich  nur  eine,  die 
je  nach  den  Stammauslauten  in  Arien  zerfällt,  zunächst  in  die  vo- 
ka  lisch  e  (und  diese  wieder  in  die  a-,  u-  und  i-Declination)  und  con- 
sonantische  (die  der  sehr  häufigen  n-Stämme,  welche  man  schief 
schwache  Declination  nennt,  und  die  der  r-Stamme  in  Verwandt- 
schaffswörtern; wir  finden  übrigens  auch  sonst  noch  Reste  der  Conso- 
nanten-Declination  oder  Uebergänge  in  dieselbe).  TrelTlich  wird  dann 
das  Allgemeine  im  Einzelnen  ausgeführt  und  selbst  der  Anfänger,  der 
der  Leitung  aufmerksam  folgt,  musz  da  eine  klare  Einsicht  in  die 
historische  Entwickeluiiff  gewinnen.  Auch  das  ahd.  gewöhnlich  nur 
im  Plural  von  Neutren  sich  zeigende  ir,  mhd.  und  nhd.  er,  findet  hier 
die  richtige  Erklärung,  welche  Bopp  freilich  längst  angebahnt  hat. 
Wir  wollen  nur  zweierlei  hinzufügen:  der  Uebertritt  von  ahd.  -a.s- 
Stämmen  (aus  denen  die  auf  ir  hervorgegangen  sind)  in  a-Stamme  iin^ 


314  Schleicher:  die  deutsche  Sprache. 

det  sich  schon  in  der  Vedasprache,  und  das  ir  kommt  nicht  blosz  im 
Sächsischen,  auch  im  Ahd.  wiewol  nur  sehr  vereinzelt,  auch  im  Sin- 
giilaris  vor.  Die  Pronominaldeclination  hat  manches  Eigentümliche, 
besonders  spielt  da  der  zwischen  den  ersten  Stamm  und  die  Endung 
eingefügte  Stamm  sma  eine  bedeutende  Rolle.  Nicht  richtig  erscheint 
uns  Schi.  AulTassung  der  Declinalion  von  der,  diu,  daz  und  von  diser. 
Bopp  hat  diese  in  seiner  vergleichenden  Grammatik  so  trefflich  erör- 
tert, dasz  wir  seiner  Auseinandersetzung  nichts  hinzufügen  dürfen. 
Ebenso  stimmen  wir  ßopp  in  der  Annahme  durchaus  bei,  dasz  in  den 
Endungen  des  von  Grimm  stark,  von  Schi,  besser  unbestimmt 
genannten  Adjectivums  der  Pronominalstamm  ji  —  ja  stecke.  Was  das 
Verhältnis  der  Possessivpronomina  zum  Genetivus  des  persönlichen 
Pron.  betrifft,  so  möchte  sich  für  manche  indogermanische  Sprache, 
und  auch  für  die  deutsche,  eher  umgekehrt,  als  es  Schleicher  thut,  be- 
weisen lassen,  dasz  der  Genetivus  des  Pron.  pers.  aus  dem  possessi- 
ven genommen  sei.  Im  übrigen  geht  Schi,  auf  eine  Erklärung  der 
Pron.  pers.  nicht  näher  ein.  In  Kürze,  aber  mit  groszer  Anschaulich- 
keit ist  dann  noch  der  Gebrauch  der  Casus  als  Adverbien  behandelt. 
Die  Adverbien,  die  ahd.  auf  o,  mhd.  auf  e  enden,  sind  vielleicht  ur- 
sprüngliche Instrumentale. 

Für  die  Conjugalion  geht  der  Verf.  von  dem  verhällnismäszig 
Allgemeinsten,  den  Personalendungen,  aus.  Nur  in  der  deutschen 
Grundsprache  erscheint  auch  ein  3Iediopassivum,  dessen  Endungen 
den  sanskritischen  und  griechischen  entsprechen,  aber  schon  im  Goti- 
schen teils  in  Verwirrung  gerathen,  teils  sehr  verstümmelt  sind.  Die 
Endungen  weisen  vollere  und  stumpfere  Formen  auf,  im  Deutschen  die 
letztern  im  Optativus  (Conjunctivus).  Das  Perfeclum  halte  ursprüng- 
lich die  vollen  Endungen,  welche  sich  aber  durch  Einflusz  der  Itedu- 
plication  kürzten.  Leicht  erklären  sich  die  Formen  des  Singularis, 
über  die  des  Pluralis  herscht  unter  den  wisserisehafilichen  Sprachfor- 
schern eine  doppelte  Ansicht,  indem  die  einen  in  ihnen  eine  Zusam- 
mensetzung zweier  Pronomina  sehen  (so  auch  unser  Verf.),  die  andern 
Pluralbildungen  des  einen  Pronomens ,  wobei  dann  freilich  die  dritte 
Person  Schwierigkeiten  machen  musz.  In  dieser  dritten  Person  sieht 
der  Vf.  eine  Composition  der  Stämme  na  u.  ta.  Auffallend  ist  im  Ahd. 
die  erste  Pers.  Pluralis  mes ,  wo  das  Gotische  nur  m  statt  ma ,  mas 
bietet,  und  ihre  Erklärung  aus  dem  urindogermanischen  masi,  welche 
Graff,  Bopp,  Benfey  wahrscheinlich  linden,  ist  denn  doch  nicht  gerade 
leicht  und  einleuchtend.  Das  modale  i  oder  ya  setzt  Schi,  identisch 
mit  dem  Pronominalstamme  ya ,  der  im  Sanskrit  das  P»elativum  bildet 
und  im  Griechischen  als  og  auftritt.  Mit  dieser  Meinung,  die  er  schon 
längst  geäuszert,  steht  wol  der  Verf.  ganz  allein:  alle  andern  Forscher 
finden  darin  die  Wurzel  i  (ire)  oder  yä 'gehen',  auch  'wünschen'.  Der 
Tempora  gibt  es  im  Deutschen  nur  zwei:  Präsens  und  Perfectum;  das 
einst  zweifelsohne  vorhandene  Futurum  ist  verloren.  Das  Perfectum 
ist  auf  zwei  Weisen  gebildet,  und  da  sind  die  Ausdrücke  stark  und 
schwach  am  Platze.    Denn  die  letztere  Bildung,  die  zunächst  in  ab- 


Schleicher:  die  deiilsche  Sprache.  315 

geleiteten  Verben  auftritt,  miis/;  das  Verbuin  tuon  zu  Hilfe  neiimen, 
während  die  erstere  ursprünglich  in  der  Reduplicalion  und  in  einer 
bestimmten  Gestaltung  der  Wurzelvokale  besteht.  Schi,  hat  sich  wol 
flisscndich  entlialten  die  verschiedenen  Laute  im  Pluralis  Perf.  zu  erklä- 
ren. Verschieden  aber  bei  verscliiedenen  Stammverben  wird  schon  in 
der  indogermanischen  Ursprache  gebildet  der  Präsensstamm,  und 
da  ist  die  Zerlegung  der  Stammverba  in  Klassen  zu  suchen,  wie  das 
schon  die  altindischen  Grammatiker  einsahen.  Die  deutschen  Stamm- 
verba sind  meist  im  Präsens  ohne  äuszern  Zusatz  auszer  a,  der  Wur- 
zelvokal wird  dabei  entweder  gestärkt  (gesteigert)  oder  geschwächt, 
oder  er  bleibt  unverändert.  Die  wenigen  Fälle,  in  denen  das  Präsens 
einen  Zusatz  am  Ende  der  Wurzel  zeigt,  bilden  eine  Klasse  für  ^ich, 
ebenso  die  bindevokallosen  Präsensstämme  und  endlich  diejenigen, 
deren  Perfecte  als  Präsentia  verwendet  werden,  wie  mag  u.  s.  f.  Die- 
sen sechs  Klassen  treten  die  abgeleiteten  Verba  gegenüber.  Wir  ge- 
hen nicht  auf  die  Einzelheiten  ein,  so  lockend  es  ist,  und  erlauben 
uns  nur  eine  Einwendung,  welche  übrigens  die  treffliche  Anordnung, 
durch  welche  eine  schöne  Klarheit  über  das  ganze  Gewebe  ausgegos- 
cen  wird,  nicht  stört.  Was  die  Formen,  wie  scrirumes  usw.  betritTt, 
die  Schi.  S.  286  als  Reste  einer  Perfectbildung  mit  der  W.  as  (vgl. 
scripsi)  aulTassen  will,  so  haben  wir  darüber  unsere  abweichende 
Meinung  schon  in  der  Z.  f.  vgl.  Sprachf.  geäuszert,  viel  einläszlicher 
spricht  aber  dagegen  Jlüllenhoff  im  neuesten  Hefte  von  Haupts  Zeit- 
schrift. Nach  dem  Charakter  dieses  Buches  hätte  man  erwarten  sollen, 
dasz  die  ursprüngliche  Bedeutung  der  Präteritopräsentia  mit  einem 
Worte  berührt  würde.  Bei  einigen,  wie  bei  sollen  und  dürfen,  ist 
dieselbe  allerdings  noch  zweifelhaft,  bei  den  meisten  aber  sehr  leicht 
nachzuweisen. 

Der  Anhang  enthält  Einiges  aus  der  mittelhochdeutschen  Syntax; 
über  die  mittelhochdeutsche  Verskunst;  Wörterverzeichnisse  zur  Lehre 
von  der  richtigen  Schreibung  des  Neuhochdeutschen;  Nachträge; 
Register. 

Trelfend  sind  in  der  Syntax  einige  charakteristische  Eigentüm- 
lichkeiten unserer  altern  Sprache  herausgehoben.  In  der  mittelhochd. 
Verskunst  liegt  die  Geschichte  der  ganzen  altdeutschen  Verskunsf,  die 
eines  gründlichen  Studiums  im  höchsten  Grade  würdig  ist.  Lachmann 
hat  das  Verdienst  das  Wesen  derselben  aufgedeckt  zu  haben,  hat  es 
aber  Andern  überlassen  seine  reichen  Beobachtungen  zu  einem  Ganzen 
zusammenzufügen. 

Wir  scheiden  von  diesem  Werke  mit  hoher  Achtung  und  wünschen 
ihm  die  ^^'irksamkeit  die  es  verdient. 

Zürich  im  März  1861.  H.  Schweizer-S klier. 


316  Schulfragen. 

9. 

Schulfragen. 

(Fortsetzung  von  S,  1 — 12.) 


Concentration  und  Decentration  des  Unterrichts. 


13. 

Es  gibt  in  der  Schule  nicht  minder  als  in  Slaat  und  Kirche  ge- 
wisse Zeitfragen,  welche  durch  alle  Biälter  gehen,  die  Herzen 
alier  Schulmänner  bewegen  und  eine  solche  Bedeutung  erhalten  dasz 
sie  als  eigentliche  Lebensfragen  für  die  Schulen  gellen  könnten. 
Ob  sie  es  wirklich  sind?  ob  sie  bis  in  das  innerste  Mark  unserer 
Schulen  hinabreichen?  ob  sie  eine  umbildende,  neugestaltende  Kraft 
besitzen?  Wer  mag  so  leichthin  darüber  aburteilen?  Mögen  diese 
Ideen  ihre  Kraft  durch  die  Wirkung  beweisen  welche  sie  ausüben. 
Bis  dahin  kann  es  für  sie  und  ihre  Vertreter  nur  erwünscht  und  för- 
derlich sein,  wenn  sich  von  hier  und  von  dort  Zweifel  und  selbst 
Widerspruch  gegen  sie  erhebt.  Dieser  Widerspruch  wird  sie  reizen 
ihre  Kräfte  zu  spannen,  um  sich  durch  die  That  als  lebendige,  wir- 
kende Ideen  zu  erweisen. 

So  hat  in  unseren  Tagen  das  Wort  von  der  Concentration 
des  Unterrichts  einen  guten  Klang.  Wie  verderblich  ist  die  Zerstreu- 
ung der  Seele,  die  Zersplitterung  der  Kräfte?  wie  viel  mehr  ist  sie 
es  in  einer  Zeit  wie  die  unsere,  die  so  sehr  in  das  Aeuszere,  Materielle, 
Viele  hinaussirebt  und  hinaustreibt?  Wie  würden  sich  unsere  Leistun- 
gen heben,  wenn  es  uns  gelingen  wollte  die  geistigen  Kräfte,  das 
lebendige  Interesse  der  Jugend  mehr  zu  sammeln,  es  auf  einen  oder 
wenige  Punkte  zu  concentrieren?  Diese  Vorstellungen  erscheinen  so 
einfach  wahr,  so  unwiderleglich,  dasz  es,  sollte  man  glauben,  nur 
darauf  ankäme  dies  Princip  einnial  recht  fest  zu  fassen,  recht  coiise- 
quent  durchzufuhren,  um  des  gün.sligslen  Erfolges  sicher  zu  sein. 

Möchte  man,  sagen  auch  wir,  doch  nur  einmal  diese  Concentra- 
tion so  consequent  verfolgen,  die  Consequenzen  dieses  Princips  wür- 
den sicher  nicht  auf  sich  warten  lassen.  Nicht  dasz  unsere  Schulen 
sich  von  einer  Zahl  von  7Ä)ii,\\ugvn  leeren  würden:  dieser  Schaden 
könnte  als  ein  vorübergehender  erscheinen:  sondern  diejenigen  an 
denen  diese  Probe  gemacht  werden  sollte  würden  selbst  Gefahr  laufen 
geistig  zu  verkümmern  und  Kräfte  zu  verlieren  deren  Einbusze 
schmerzlichst  empfunden  werden  würde.  In  der  That,  wir  haben 
fceine  Ursache  ängstlich  zu  sein.  (Jott  sorgt  schon  dasz  die  Bäume 
■nicht  in  den  Himmel  wachsen,  dasz  es  in  der  Sphäre  des  Unterrichts 
•und  der  Erziehung  nicht  auf  die  Dauer  zur  einseitigen  Verfolgung 
irgend  eines  derartigen  Princips  kommen  kann;  indes  entbindet 
uns  dieser  Umstand  nicht  von  der  Pflicht  jenes  Princip  näher  zu  prüfen 
und  uns,  wo  möglich,  von  der  Unwahrheil  und  Widernatürlichkeit 
desselben  zu  überzeugen.    Wir  werden  dem  Ansinnen  der  Concen- 


Schul  fragen.  317 


'e 


{ratioii  dann  um  so  leichter,  nni  so  froher,  um  so  enlschiedner  ent- 
gegentreten können.  Vielleicht  auch  dasz  unsere  Erörterung'  nicht 
blosz  in  der  Sphäre  des  Negativen  stehen  hleibt,  sondern  weiter 
geht  positive  Kesullate  zu  erstreben  und  zu  erreichen. 

Zwar  es  liegt,  wie  es  uns  scheint,  schon  im  Begriff  der  Con- 
centration  dasz  sie  nicht  zu  denken  sei  ohne  eine  ihr  entsprechende 
Decentration  und  diese  geradezu  voraussetze,  dasz,  wie  die 
Cenlripetalkraft  oiine  eine  sie  bindende  Centrifngalkraft  das  ^^'ellaII, 
so  sie  die  Bildung  der  Seele,  die  sittliche  Erziehung  der  Jugend  zer- 
stören würde.  Denn  alles  Leben,  leibliches  wie  geistiges,  ist  und 
vollzieht  sich  nur  in  dieser  Beziehung  zweier  einander  entgegenge- 
setzter Hichtungen  aufeinander.  Man  sollte  also  billig  überhaupt  nicht 
von  der  einen  dieser  Hichtungen  ohne  die  andere  sprechen,  sondern 
nur  von  dem  Verhältnis  welches  zwischen  ihnen  festzustellen,  von 
der  Beschränkung  in  welche  sie,  die  eine  durch  die  andere,  zu  setzen 
wären.  Es  könnte  sehr  wol  wieder  ein  Tag  kommen  wo  man,  wenn 
die  concentrierende  Bichtung  das  Masz  überschritte,  von  der  Not- 
wendigkeit einer  Decentration  sprechen  nuisfe.  Es  könnte  jedoch 
auch  dann  nur  von  einer  relativen  Decentration  die  Bede  sein,  welche 
bis  zur  Wiederherstellung  des  Gleichgewichts,  aber  auch  nur  so  weit, 
zu  verfolgen  wäre.  Wir  haben  es,  mit  andern  Worten,  weder  mit 
Concentralion  noch  mit  Decentration,  sondern  mit  dem  Verhältnis 
beider  zueinander  zu  thun. 

Es  ist  daher  nicht  zu  verwundern  dasz  unsere  Vorfahren  zu  ge- 
wissen Zeiten  geradezu  nach  einer  Decentration  im  Unterricht  ge- 
strebt haben,  auch  nicht  dasz  hierbei,  wie  es  bei  jeder  derartigen 
geistigen  Bewegung  natürlich  und  notwendig  ist,  wol  das  rechte  Masz 
überschritten  ist.  Wenn  sich  zu  gewissen  Zeiten  der  Unterricht  auf 
gewisse  Gegenstände  beschränkte,  welche  nicht  mehr  in  dem  richtigen 
Verhältnis  zu  der  auszerhalb  der  Schulen  geltenden  Bildung  standen, 
und  auch  diese  Gegenstände  in  einer  gefährlichen  Einseitigkeit  betrieb, 
so  war  es  natürlich  dasz  die  entgegengesetzte  Richtung,  und  auch  diese 
wieder  bis  zu  einem  Extreme,  verfolgt  wurde.  Diese  undulierende 
Bewegung  ist  im  Geistiger»  überall  wahrzunehmen  und  die  wahrhaft 
fruchtbringende:  sie  musz  es  auch  in  der  Erziehung  sein.  Welche  Re- 
sultate verdanken  wir  ihr!  Wie  dankbar  sollten  wir  jeder  Bewegung 
mit  unsern  Blicken  folgen  welche  auf  dem  Gebiete  des  Unterrichts,  der 
Erziehung  hier  einer  Concentration,  dort  einer  Decentration  zustrebt! 
Alle  Blüten  des  pädagogischen  Lebens  sind  dort  zu  suchen!  Wir  hät- 
ten ohne  sie  keinen  Arnos  Comenius,  keinen  A  ngust  H  er  ma  n  n 
Francke,  keinen  Friedrich  August  Wolf. 

Ich  habe  mit  groszem  Interesse  diese  Bewegung  herüber  und 
hinüber  beobachtet,  selbst  in  der  Geschichte  einzelner  Schulen,  die  ja 
doch  die  Richtungen  der  Zeit  abspiegeln.  Vielleicht  dasz  ich  einmal 
die  Zeit  gewinne  die  Ergebnisse  dieser  Studien  mitzuteilen.  Es  liegt 
uns,  in  den  Programmen  zumal ,  ein  reiches  und  immer  noch  wachsen- 
des Material  vor.    Indes  weisz  ja  jeder  Schulmann,  wie  man  auf  dem 


318  Schulfragen. 

hallischen  Pädagogium  nach  dem  Vielen  gestrebt  hat.  Friedrich  August 
Wolfs  höchste,  edelste,  reinste  Wirksamkeit  ist  durch  den  Gegensatz 
hierzu  hervorgerufen:  und  doch  ist  auch  bei  ihm  noch  der  decentrie- 
rende  Sinn  und  Geist  überwiegend.  So  hat  er  in  seinen  Vorlesungen 
gewirkt,  so  die  Altertumswissenschaft  gestaltet;  so  haben  auch  seine 
Schüler  kein  Bedenken  gelragen  mit  ihren  Primanern  drei  lateinische 
und  eben  so  viele  griechische  Autoren  gleichzeitig  neben  einander  zu 
lesen.  Hiermit  nicht  zufrieden  forderte  er  dasz  den  klassischen  Lectio- 
nen  gewisse  Disciplinen  beigefügt  würden,  die  leider  aus  unsern  Schu- 
len wieder  verschwunden  sind.  Auszer  der  Litterarge  schichte 
waren  für  griechische  und  römische  Antiquitäten,  für  My- 
thologie, für  Rhetorik  und  Poetik,  für  Prosodie  und  Metrik 
besondere  Lectionen  angesetzt.  Manche  treffliche  Bücher,  wie  das 
gröszere  von  Schaff,  das  kleinere  von  Haacke,  sind  hierdurch 
veranlaszt  worden,  jetzt  vergessen,  wenn  nicht  etwa  noch  Director 
Poppo  in  Frankfurt  an  dem  ihm  bewährten  Gebrauche  festhält.  Wolf 
hat  das  Viele  nicht  gefürchtet,  weil  er  sich  und  seine  Schüler  im 
Besitz  des  Einen  wusle  in  welchem  diese  Vielen  gebunden  und  ver- 
bunden waren:  in  der  Liebe  zu  den  Alten  und  in  dem  Glauben 
an  dieselben. 

14. 

Der  Unterricht  und  die  Erziehung  der  Jugend  können,  dies  wird 
man  uns  zugestehn  müszen,  nicht  auf  diese  oder  jene  aprioristische 
Sätze  gebaut  werden:  sie  sind  durch  die  Kreise  des  Lebens  und  der 
Thätigkeit  für  welche,  durch  die  Wissenschaften  und  Künste  durch 
welche  sie  gebildet  wird,  wie  durch  die  Natur  der  zu  bildenden  Le- 
bensaller mit  Notwendigkeit  bestimmt.  Wir  geben  dem  zarteren  Kinde 
nicht  die  derbere  Kost  deren  das  spätere  Lebensalter  bedarf;  wir 
versagen  dem  Knaben  den  Genusz  die  Nerven  reizender  Gelränke: 
sollen  wir  der  Seele,  dem  Geiste  des  Knaben  und  Junglings  nicht 
wenigstens  eine  gleiche  Berücksichtigung  seiner  Natur  gewähren? 
Mich  dünkt,  wir  thun  dies  in  der  Schule  nicht,  wenigstens  lange  nicht 
genug.  Wir  handeln  vielmehr  bei  der  Wahl  unserer  Lehrgegenstände, 
bei  der  Methode  unsers  Unterrichtes  vielfach  so  als  ob  eine  innere 
Uebereinstimmung  zwischen  dieser  und  der  Natur  unserer  Zöglinge 
eine  sehr  unwesenlliche  Sache  wäre. 

Wenn  wir  im  Lateinischen  die  dichterische  Leetüre  in  den  beiden 
untersten  Klassen  ganz  und  gar  vernachlässigen  und  sie  dann  von 
Quarta  bis  Secunda  so  stiefmütterlich  abfinden ,  wie  fast  überall  ge- 
schieht; wenn  wir  uns  einbilden  dasz  ein  Tertianer  an  den  Feldzügen 
des  Cäsar  oder  den  Reden  Ciceros  ein  wirkliches  tieferes  Interesse 
haben  könnte;  wenn  wir  einen  Tertianer  mit  den  brandenburgischen 
Markgrafen  und  Kurfürsten  zu  Tode  martern  und  ihm  die  Heroen  der 
Weltgeschichte  unbekannt  bleiben  lassen  welche  jeden  eines  sittlichen 
und  patriotischen  Gefühles  empfänglichen  Knaben  und  Jüngling  ent- 
zücken müssen;  wenn  wir  trotz  Diesterwegs  trefflicher  und  einsichti- 


Sciliilfragen.  319 

ger  Malimmg  einem  Oii'^rfancr  und  Tertianer  mit  Sätzen,  die  allenfalls 
einen  Primaner  ansprechen  und  die  man  daher  billig  bis  Prima  auf- 
sparen sollte,  die  Mathematik  verleiden,  so  läszt  man  sich,  dünkt 
mich,  mehr  von  dem  objecliven  und  absoluten  Werthe  eines  Autors, 
von  gewissen  patriotischen  Tendenzen  oder  von  den  Gesetzen  einer 
Wissenschaft,  nicht  aber  von  den  Hiicksichlen  leiten  welche  für  die 
Anordnung  des  Unterrichts  den  Kanon  hergeben  miiszen,  von  der  Be- 
achtung der  Natur  des  zu  bildenden  Lehensalters  selber.  Und  dies  ist 
ein  Ilauptvorwurf  der  uns  Lehrer  trifft,  uns  alle,  ich  bin  weit  entfernt 
mich  davon  ausnehmen  zu  wollen.  Wir  würden  vielfach  anders  urlei- 
len und  handeln,  wenn  wir  mehr  die  Jugend  studierten;  wir  würden 
sie,  auch  in  ihren  fehlerhaften  Neigungen,  ja  bei  ihren  Vergehungen 
und  Sünden  anders  und  humaner  behandeln. 

Und  welches  ist  denn  nun,  in  der  Hinsicht  die  uns  hier  zunächst 
beschäftigt,  die  Natur  des  Knabenalters?  wie  verändert  sie  sich  in 
ihrem  leisen  und  stillen  Uebergange  in  das  des  Jünglings?  Wir  sind 
weit  entfernt  von  dem  Gedanken  hier  eine  psychologische  Analyse 
derselben  geben  zu  wollen;  es  ist  uns  genug  an  der  Ueberzeugung 
dasz  der  Knabe  vielmehr  eine  Empfänglichkeit  für  das  Viele,  ein  In- 
teresse an  dem  Neuen,  eine  Regsamkeit  und  Beweglichkeit  der  Seele 
besitzt  welche  ihn  einerseits  hindert  über  ein  bestimmtes  Masz  hinaus 
bei  einem  Gegenstande  zu  verweilen  und  es  ihm  andrerseits  leicht  und 
ungefährlich  macht  von  einem  Gegenstande  zum  andern  überzugehen. 
Die  Folge  hiervon  ist  dasz  seine  Gedanken  mehr  auf  der  Obertläche 
der  Dinge  herumspielen,  dasz  seine  Neigungen  und  Abneigungen  von 
einem  Gegenstande  zu  dem  andern  überspringen,  dasz  eine  tiefere 
Liebe  und  eine  Begeisterung  bei  ihm  noch  nicht  Wurzel  schlagen  kann, 
dasz  er  daher  auch,  wenn  man  erst  seinen  Eigensinn  und  Trotz  ge- 
brochen hat,  willenlos  der  Leitung  und  dem  Einllusz  des  Lehrers  sich 
hingibt.  Es  bedarf  keiner  Andeutung,  wie  die  Natur  des  Jünglings 
in  allen  diesen  Beziehungen  sich  auf  die  entgegengesetzte  Weise 
gestaltet. 

Alle  Erziehung  ist,  wie  mich  dünkt,  ihrem  innersten  Wesen  nach 
darauf  hingewiesen  sich  in  einem  stetigen  eben  so  sonderbaren  wie 
interessanten  Widerspruch  zu  bewegen.  Freilich  es  ist  derselbe  Wi- 
derspruch in  welchem  sich  all  und  jedes  Leben  befindet.  Die  Erzie- 
hung hat  den  zu  erziehenden  Knaben  zugleich  ins  Au^e  zu  fassen  als 
den  der  er  ist  und  als  den  der  er  werden  soll.  Sie  hat  also  zugleich 
seinen  gegenwärtigen  Zustand  anzuerkennen  und  zu  negieren,  sich  an 
das  gegebene  anzuschlieszen  und  dies  zu  bekämpfen;  fügen  wir  aber 
auch  hinzu,  indem  sie  das  geistige  und  sittliche  Leben  zu  neuen  und 
wieder  neuen  Entwickelungen  führt,  die  früheren  Formen  zu  erschaf- 
fen und  zu  bewahren,  nur  dasz  diese  nicht  mehr  als  die  letzten  und 
für  sich  geltenden,  sondern  als  Glieder  in  einer  groszen  Kette,  als 
Momente  in  dem  reichen  Ganzen  eines  vollen  Menschenlebens  erschei- 
nen. Es  ist  der  Begriff  des  Aufgehobenseins,  in  welchem  sich  die  He- 
gelsche  Philosophie  einst  so  gern  ergieng.     Wer  uns  also  sagt  dasz 


320  Schulfragen. 

der  Knabe  aufhören  solle  Knabe  zu  sein,  dem  erwidern  wir;  gewis 
das  soll  er,  insofern  er  nichts  weiter  ist  als  ein  Knabe;  er  soll  aber 
in  der  Aufeinanderfolge  seiner  Lebensgestaltungen  Kind,  Knabe,  Jüng- 
ling, Mann  bleiben  bis  an  die  Schwelle  des  Grabes.  Und  das  ist  sicher 
dasz  wer  einen  Knaben  bilden  und  erziehen  will  seine  Natur  kennen 
und  anerkennen,  d.  b.  liebend  auf  sie  eingehn  und  an  sie  sich  an- 
schlieszen  musz. 

Und  beobachten  wir  nun  dies  Lebensaller  genauer,  so  ist  es  nicht 
möglich  über  seine  wesentlichen  Züge  zweifelhaft  zu  sein.  Man  ver- 
suche es  zwei  Stunden  hinter  einander  dieselbe  Lection  zu  nehmen, 
wie  wenig  wird,  selbst  bis  in  die  obersten  Klassen  hinein,  die  zweite 
der  ersten  an  Frische,  Teilnahme  und  Erfolg  entsprechen?  Selbst  ein 
Homer  und  Sophokles  lassen  sich  nicht  so  lesen.  Man  treibe  in  einer 
Klasse  eine  und  dieselbe  grammatische  Regel  ohne  Abwechselung,  wie 
wird  man  die  Aufmerksamkeit  am  Ende  auch  nur  einer  Stunde  nach- 
lassen sehn!  Eben  so  wichtig  ist  es  nicht  einen  Lehrer  überwiegend 
in  einer  Klasse  zu  beschäftigen.  Ich  habe  z.  B.  meist  gröszere  Heg- 
samkeit  und  bessere  Resultate  gesehen,  wenn  das  Griechische  und  das 
Lateinische  an  zwei  Lehrer,  beide  natürlich  von  gleicher  Tüchtigkeit 
vorausgesetzt,  als  wenn  sie  an  einen  Lehrer  gegeben  waren.  Der 
Wechsel  der  Lehrer  wirkt,  innerhalb  gewisser  Grenzen,  eben  so  be- 
lebend und  erfrischend,  wie  der  Wechsel  der  Plätze  in  den  verschie- 
denen Lehrstunden  in  unteren  und  mittleren  Klassen  wirkt.  Die  über- 
grosze  Zartheit  fürchtet  die  Anreizung  zum  Ehrgeiz  von  diesem  Wech- 
sel, eine  Gefahr  die  wahrhaftig  mehr  ein  Phantom  in  der  Seele  der 
Lehrer  und,  wenn  sie  wirklich  da  sein  sollte,  mit  leichtester  Mühe 
zu  umgehn  ist,  bei  weitem  mehr  als  sie  die  belebende  Kraft  einer 
wechselnden  Nachbarschaft  zu  schätzen  weisz,  die  doch  so  schwer  zu 
ersetzen  ist.  So  lange  noch  das  Knabenalter  fortdauernd  ist  und  dio 
Knabennatur  wirkt,  reizt  das  Certieren;  es  kommen  dann  von  selber 
die  .lahre  in  denen  die  Jugend,  zartfühlender  als  ihre  Lehrer,  gegen 
dies  Certieren,  ja  selbst  gegen  eine  Translocation  am  Schlüsse  eines 
gröszern  Abschnittes  Abneigung  empfindet,  und  derjenige  dem  ein 
höherer  Platz  zuerteilt  wird  sich  einer  solchen  Auszeichnung  eben  so 
sehr  schämt,  wie  der  zurückgesetzte  darüber  entrüstet  und  erbittert 
ist.  Die  Natur  ist  in  dem  einen  wie  in  dem  andern  Falle  zu  achten. 
Wir  können  sie  natürlich  unterdrücken  und  zerstören,  wie  man  einem 
Menschen  eine  Hand  abhauen  kann,  aber  wir  können  sie  nicht  durch 
eine  andere  bessere  Natur  ersetzen.  Welche  Frucht  diese  Misachtung 
hat  ist  sehr  leicht  zu  sehen.  Es  ist  mir  oft  gelungen  in  eine  stagnie- 
rende oder  blasierte  Klasse  einfach  dadurch  dasz  ich  in  ihr  certieren 
liesz  wieder  Fleisz  und  kindlichen  Sinn  zurückzuführen. 

Bei  dieser  Natur  des  Knabenalters  wird  man  daher  mehr  auf  eine 
angemessene  Manigfaltigkeit  in  den  Lehrgegenständen  Bedacht  nehmen 
müszen :  bei  der  Mischung  von  Concentration  und  Decentralion ,  wie 
wir  dieselbe  oben  gefaszt  haben,  wird  hier  die  Decentralion  noch  das 
prävalierende  Element  bilden  müszen. 


Schulfragen.  321 

Ich  will  nicht  dagegen  polemisieren  dasz  man  den  lateinischen 
Unterricht  in  Sexta  und  Quinta  mit  zehn  Stunden  bedacht  hat;  aber 
ich  sehe  doch,  wenn  ich  in  meine  Jugend  zurückkehre,  dasz  man  es 
in  diesen  zehn  Stunden  nicht  weiter  bringt  als  ehedem  in  sechs,  viel- 
leicht nicht  einmal  so  weit.  Für  das  zarte  Knabenalter  ist  diese  mas- 
senhafte Stundenzahl  viel  zu  grosz  und  schwer,  viel  zu  ermüdend  und 
abspannend.  Verteile  man  die  zwölf  Stunden  wärend  der  Woche  die 
jetzt  auf  das  Lateinische  und  Deutsche  fallen  in  anderer  Weise,  mei- 
nethalben zu  gleichen  Teilen,  man  wird  sicher  erfreulichere  Resultate, 
bessere  Leistungen  im  Lateinischen  und  einen  höheren  Grad  von  allge- 
meiner geistiger  Bildung  sehen.  Es  läge,  sollte  man  meinen,  sehr 
nahe  die  kalligraphischen  Stunden  für  das  Deutsche  oder  Lateinische 
tributär  zu  machen,  die  Zeichenstunde  mit  der  geometrischen  Formen- 
lehre in  Verbindung  zu  setzen,  den  Gesang  mit  der  Deciamation  usw. 
Beobachtet  man  aber  den  natürlichen  Zug  im  Knaben,  so  wird  man 
finden  dasz  es  ihm  nicht  einfällt  ein  Gedicht  zum  Declamieren  zu  wäh- 
len welches  er  bereits  gesungen  hat  oder  von  andern  hat  singen  hören, 
dasz  er  die  kalligraphischen  Vorschriften  meidet  bei  denen  er  wieder 
auf  dieselben  Materialien  stözt  denen  er  bereits  in  anderen  Lehrstun- 
den begegnet  ist,  dasz  er  immer  und  immer  wieder  in  jeder  Lection 
besondere  Stoffe  zu  erhalten  wünscht,  dasz  er  also  in  eben  demselben 
Masze  vor  der  Concentration  des  Unterrichts  zurückscheut  in  welchem 
wir  darin  einen  ganz  besondern  Segen  für  die  Schulen  zu  erblicken 
meinen.  Fast  möchte  man  sagen,  der  Knabe  ahne  dabei  eine  Absicht 
und  werde  dadurch  verstimmt.  Oder  richtiger,  die  Seele  des  Knaben 
ist  noch  nicht  dazu  angelhan  zu  ahnen  dasz  es  möglich  sei  zugleich 
zwei  Zwecke  zu  erstreben:  sie  ergreift  daher  den  einen  Gegenstand 
der  ihr  gerade  vorliegt  mit  allem  Feuer  und  aller  Energie,  hat  aber, 
wärend  sie  dies  thut,  keinen  Sinn  für  andere.  Der  Augenblick  und 
das  Gegenwärtige  sind  ihre  Sphäre.  Seit  man  meint,  es  sei  möglich 
mit  und  an  dem  Lateinischen  zugleich  auch  das  Deutsche  zu  erlernen, 
ist  es  mit  dem  Deutschen  immer  schlechter  und  schlechter  geworden, 
und  mit  dem  Lateinischen  nicht  besser.  Es  ist  auch  im  Lernen  mit  dem 
Knaben  einmal  nicht  anders  als  sonst  im  Leben  bestellt:  er  geht  lieber 
einen  und  denselben  Weg  zweimal  als  dasz  er  zwei  Aufträge  auf 
einem  Wege  ausrichtet. 

Ist  dem  nun  so,  so  ist  die  Besorgnis  vor  dem  vielen  in  einer 
Sexta  und  Quinta  durchaus  nicht  so  begründet,  wie  es  beim  ersten 
Blick  scheinen  möchte.  Es  sind  viele  kleine  Quellen  welche  ihre  Was- 
ser der  Seele  des  Knaben  zuführen  müszen,  die  für  einen  groszen  und 
vollen  Strom  noch  zu  schwach  ist.  Wenn  also  nicht  andere  Gründe 
es  verbieten,  so  mag  man  immerhin  neben  der  Geographie  Geschichte, 
neben  dem  Rechnen  die  geometrische  Formenlehre,  neben  dem  Latei- 
nischen das  Französische  treiben  lassen.  Ja  ich  habe  es  selbst  erfah- 
ren wie  auf  eine  ziemlich  eingeschlafene  Klasse  eine  neue  Disciplin 
die  man  in  dieselbe  hineinwirft  belebend  wirken  kann,  so  belebend 
dasz   auch   andern   Disciplinen    von  diesem  Leben   ein  Teil  zu   Gute 

N.  Jahrb.  f.  Phil.   u.  PU.   II.   Aht,    ISOl.  Hft  7.  21 


322  Schiilfragen. 

kommt.  Es  ist  nicht  zu  bezweifeln  dasz  meine  Leser,  wonn  sie,  nnd 
daran  zweifele  ich  nicht,  über  die  Prämissen  mit  mir  einverstanden 
sind,  diesen  Faden  noch  forfspinnen  nnd  noch  weitere  Consequenzeii 
ziehen  werden,  namentlich  für  das  Innere  der  einzelnen  Lecfionen. 
Ich  für  meine  Person  hatte  nicht  diese  oder  jene  Aendernng  bei  den 
bestehenden  Lehrplanen  im  Aug^e,  sondern  wünschte  nur  einem  ver- 
kehrten Principe  entgegenzutreten,  einem  Principe  das  in  neuerer  Zeit 
so  bedeutende  Vertreter  gefunden  hat  und  daher  um  so  gröszere  Be- 
achtung, um  so  nachdrücklicheren  Widerspruch  verdient. 

15. 

Was  die  mittleren  Klassen  der  Gymnasien  betrifft,  so  ist  in  den- 
selben eine  hinreichende  Fülle  von  Disciplinen  in  Bewegung  gesetzt, 
nm  den  Bedürfnissen  des  Knabenalters  Genüge  zu  leisten.  Nur  in 
Quarta  würde,  wenn  man  nicht  die  Vermehrung  der  Stundenzahl  fürch- 
tet, ein  letzter  Unterricht  in  der  Botanik  und  Zoologie  mehr  an  seiner 
Stelle  sein  als  in  Tertia,  wärend  für  diese  eine  möglichst  populär  ge- 
haltene experimentale  Physik  sich  eignen  möchte. 

Es  ist  vielleicht  schon  von  Andern  der  Wunsch  ausgesprochen 
worden  dasz  das  Gymnasium  schon  in  anderen  Klassen  als  in  der 
Prima  mit  gewissen  Disciplinen  ahschlieszen  möchte.  Mit  der  Natur- 
beschreibung würde  dies  demnach  in  Quarta  geschehen.  Nach  unserer 
Meinung  sollte  dies  auch  in  andern  Disciplinen  der  Fall  sein.  Wir 
rechnen  dahin  das  Französische.  Die  Lilteratur  dieser  Sprache  ist 
nicht  von  einer  solchen  inneren  Bedeutung  dasz  man  um  ihrer  willen 
diese  Sprache  bis  nach  Prima  hinein  verfolgen  sollte.  Die  Fähigkeit 
aber  französische  Prosa  zn  lesen  könnte  sehr  wol  in  Secunda  erreicht 
sein.  Was  der  Schüler  in  Prima  zu  dieser  Fähigkeit  hinzu?ewinnt  ist 
nicht  so  bedeutend  dasz  es  sich  der  Mühe  verlohnte  diese  Lection  bis 
zum  Abilurienlenexamen  fortzuführen.  Wir  müszen  uns  damit  zufrie- 
den geben  mühsam  zusammenzuhalten  was  in  früheren  Klassen  erwor- 
ben ist,  oft  allerdings  auch,  noch  viel  mühsamer  ein  kümmerliches 
Wissen  zusammenzustöppeln  oder  eine  sehr  äuszerliche  Boutine  zu 
schaffen,  damit  wir  bei  dem  Abiturientenexamen  nicht  gar  zu  kümmer- 
lich bestehen.  Wenn  man  mit  dieser  Sprache  in  Secunda  abschlösse, 
nnd  zwar  mit  einem  ernsliich  gemeinten  Examen  abschlösse,  und  eine 
offenkundige  Trägheit  und  Geringachtung  gegen  diese  Sprache  mit 
NichtVersetzung  strafte,  so  würde  man  sowol  im  Interesse  der  Con- 
centration  als  in  dem  des  Schülers  selber  zu  Werke  gehen.  Natürlich 
müste  man  die  Zahl  der  Lehrslunden  von  zwei  auf  drei  oder  vier  er- 
höhen, M'ofür  sich  die  erforderliche  Zeit  auf  andere  Weise  würde  ge- 
winnen lassen. 

Wenn  nun  so  in  diesen  Klassen  weder  für  gröszere  Concentration 
noch  für  eine  gröszere  Decentration  viel  Baum  bleibt,  so  fragt  sich 
doch  ob  nicht  im  Innern  der  einzelnen  Lectionen  sowol  nach  der 
einen  wie  nach  der  andern  Seite  manches  zu  thun  möglich  sein  sollte: 
vielleicht  zu  gleicher  Zeit  nach  beiden  Seiten,  da  möglichen  Falls  in 


Sclmlfragen.  32.' 


'> 


'o 


dieser  oder  jener  Disciplin  ein  cliaoJisclier  Zustand  slatlfinden  könnte 
welcher  sowol  Sclieidung-  als  Verbindung,  sowol  Vervielfachung-  als 
Vereinfachung  erforderte.  Wir  nehmen  nicht  einen  derartigen  Zustand 
als  factisch  vorhanden  an,  sondern  wollen  nur  auf  die  Möglichkeit  und 
auf  die  Gefahren  eines  solchen  aufmerksam  machen.  Unsere  Betrach- 
tung ist,  wir  wiederholen  es,  überhaupt  nicht  auf  vorhandene  Zustände, 
sondern  mehr  auf  das  BegrilTliche  gerichtet. 

Sehen  wir  z.  B.  die  alten  Sprachen  an,  wie  sehr  ermöglichen  sie 
eine  Vereinfachung,  wie  sehr  lassen  sie  diese  wünschen!  Des  gram- 
matischen iMaferials  ist  im  Lateinischen  wie  im  Griechischen  eine  un- 
endliche Masse  angesammelt.  Es  hat  niemand  eine  Ahnung  hiervon, 
auszer  wer  selbst  das  Glück  gehabt  hat  von  dieser  Last  unbeschwert 
seinen  Weg  durch  die  Schule  zu  gehen.  Mit  welcher  Sublililät  wird 
die  griechische  Formenlehre  nach  Krüger  gelernt,  damit  der  Schüler, 
ja  keine  unattische  Form  in  sein  Gedächtnis  aufnehme!  Wie  wird  ihm 
selbst  die  normale,  analoge  Formation  z.  B.  bei  den  Verben  auf  {ic 
gerügt,  wenn  die  Attiker  dabei  ihre  Absonderlichkeiten  haben.  Statt 
das  Attische  in  die  Anmerkung  zu  verweisen,  wenn  es  überhaupt  in 
die  Grammatik  gehört,  und  das  Regelmäszige  lernen  zu  lassen,  was 
hernach  in  der  allgemeinen  Graecität  wieder  zu  seiner  verdienten  Gel- 
tung gekommen  ist,  wird  jetzt  der  attische  Provincialismus  als  das 
Normale  hingestellt,  und  hierdurch  dem  Schüler  die  einfache  und 
klare  Grundanscliauung  verdunkelt  und  zerstört.  Wie  wird  man  einst 
noch  zu  Werke  gehen,  wenn  die  Grundsätze  und  der  Higorismus  des 
holländischen  Atficisten  auch  bei  uns  allgemeine  Anerkennung  Finden 
sollten!  So  ist  es  in  der  Syntax,  so  in  der  Etymologie,  so  im  Latei- 
nischen, so  im  Griechischen:  von  einer  Unterscheidung  zwischen 
LernstofT  und  grammatischem  Wissen  wie  es  dem  Gelehrten  gebührt, 
wie  es  in  den  Commentaren  zu  den  Autoren  am  Platze  ist,  kaum  eine 
dämmernde  Ahnung.  Warum  haben  unsere  Vorfahren  im  Schreiben 
wie  in  der  Interpretation  so  viel  mehr  geleistet?  Weil  ihre  Seele  von 
diesen  Minutien,  die  sicher  eine  Zierde  des  Gelehrten,  aber  keine  Aus- 
zeichnung für  den  Schüler  sind,  frei  war  und  so  ihre  Schwingen  zu 
eigner  Thäligkeit  und  zu  freiem  Schaffen  leichter  und  froher  regen 
konnte.  Hier  thut  uns  Vereinfachung  dringend  Not.  Und  was  hier 
von  der  Grammatik  gesagt  ist,  gilt  eben  so  in  den  obern  Klassen  für 
den  deleclus  verhoi-um ,  für  die  Kunst  der  Composition.  Es  gibt 
Schulen  in  denen  die  Lehrer  auch  in  dieser  Hinsicht  von  dem  Wissen 
ausgehen  und  ihre  Schüler  daher  mit  einer  unerhörten  Last  des  Wis- 
sens überbürden.  Wir  kennen  keinen  verkehrleren  Weg  als  den  die 
Kunst  des  Lateinschreibens  auf  das  Studium  von  Büchern,  wie  die  Sti- 
listiken von  Heinichen  oder  Berger,  oder  die  Uebungsbücher  von 
Seyffert  oder  Nägelsbach  es  sind,  zu  gründen,  oder  ihnen  syno- 
nymische Handbücher  in  die  Hände  zu  geben,  statt  dasz  man  einfach 
an  die  Leetüre  sich  anschlicszen,  an  der  Leetüre  dem  Schüler  ein  Ge- 
fühl für  den  lateinischen  oder  griechischen  Sprachgebrauch  und  weiter 
für  die  Kunst  der  Darstellung  und  eine  Freude  daran  erwecken,   dort 

21  * 


324  Schulfragen. 

den  Schüler  zu  sorgfälliger  Beobachtung  reizen,  zum  Sammeln  sprach- 
licher Schätze  zwingen,  beim  Schreiben  auf  die  treue  Benutzung  des 
dort  selbslerworbenen  lialten,  diese  anerkennen  und  auszeichnen,  die 
Eitelkeit  welche  sich  mit  fremden  Federn  schmückt  strafen  und  vor 
allem  nach  dem  Einfachen  streben  sollte.  Dies  ist  der  Weg  den  ich 
stets  verfolgt  habe  und  auf  dem  ich  bis  jetzt  immer  noch  mit  Ehren 
bestanden  habe.  Jetzt  wissen  unsere  gelehrten  jungen  Herren  tausend 
Dinge  die  wir  nicht  gekannt  haben  und  sind  im  Stande  bei  einem 
Ruhnken  und  Hermann  Nachlässigkeiten  zu  rügen;  aber  die  Kunst  des 
Laleinschreibens  kommt  uns  darüber  abhanden  oder  ist  es  vielmehr 
schon.  Man  lese  doch  die  Programme:  wie  viele  sind  noch  unter  den 
Lehrern  da  die  in  einerseits  zuchtvoller,  andrerseits  leichter,  klarer 
und  gefälliger  Sprache  Latein  zu  schreiben  verstünden?  Hier  ist  uner- 
meszlich  viel  für  Concentration  und  Vereinfachung  des  Unterrichts  zu 
thun,  und  wir  wollen  es  unsrerseits  nicht  an  ernsten,  eindringlichen 
Worten  fehlen  lassen  pro  virili  parte  dem  Unwesen,  welches  hier  ein- 
gerissen ist  und  welches  der  sichere  Blick  Wicses  gleichfalls  er- 
kannt hat,  entgegenzutreten.  Damit  ist  aber  auch  der  Weg  zur  De- 
centration  gebahnt  und  Kraft  dafür  gewonnen. 

Die  Art  der  Concentration  welche  wir  so  eben  mehr  angedeutet 
als  ausgeführt  haben  schlieszt  eigenllicli  schon  die  Möglichkeit  einer 
gröszeren  Vielseitigkeit  oder,  worauf  es  endlich  hinausläuft,  Frei- 
heit des  geistigen  Lebens  in  sich.  Es  ist  die  Hand  dazu  geboten,  ja 
die  Notwendigkeit  uns  auferlegt,  die  Leetüre  mit  einer  gröszeren  Ma- 
nigfaltigkeit,  in  einem  weiteren  Umfange  zu  betreiben,  andere  Ge- 
sichtspunkte als  die  grammatischen  dabei  ins  Auge  zu  fassen,  die  Ue- 
bungen  im  Schreiben,  welche  jetzt  mehr  und  mehr  in  das  todt  Mecha- 
nische herabgesunken  sind  und  der  geistigen  Bildung  mehr  entgegen- 
wirken als  förderlich  sind,  freier,  allgemeiner,  geistig  erweckend  und 
belebend  zu  machen.  Die  Leetüre  tritt  wieder  in  die  Stelle  welche  sie 
ursprünglich  eingenommen  hat,  welche  ihr  von  den  gröszten  Pädago- 
gen jederzeit  zugestanden  worden  ist,  und  auch  bei  ihr  ist  es  nicht 
mehr  das  Grammatische  oder  die  Form  allein  was  bei  derselben  den 
Schülern  zum  Bewustsein  gebracht  werden  soll,  sondern  daneben  der 
Inhalt,  das  Reale,  worauf  alle  deutschen  Schulmänner,  von  Melanchlhon 
bis  Wolf,  das  Hauptgewicht  gelegt  haben.  Auch  wir  meinen  dasz  es 
die  Rücksicht  auf  den  Inhalt  sei  welche  bei  der  V^'ahl  der  Leetüre 
die  Direction  zu  führen  habe.  Es  ist  viel  weniger  von  Bedeutung  für 
die  Jugend  dasz  die  Sprache  die  volle  Klassicität  habe,  als  dasz  durch 
die  Lectüro  dem  Schüler  ein  für  ihn  bedeutender  Inhalf  zugeführt 
werde.  Was  man  auch  sagen  möge,  für  die  klassische  Form  hat  der 
Knabe  der  mittleren  Klassen  noch  kein  Auge  und  noch  kein  Interesse, 
wärend  ihn  ein  groszer  und  interessanter  Inhalt  bereits  zu  bewegen  im 
Stande  ist.  Aus  diesem  Grunde  vertheidige  ich  den  so  viel  und  mit  so 
guten  Gründen  angegriffenen  und  doch  für  uns  um  seines  sachlichen 
Inhalts  ganz  unersetzlichen  Nepos.  Aus  diesen  Gründen  würde  ich, 
wenn  ich  Macht  hätte  es  auszuführen,  den  Cäsar,  der  für  die  Tertia 


Scliulfragen.  325 


'o 


ganz  ungeeignet  ist,  daraus  verweisen  und  den  Curtiiis  oder  Livius 
an  dessen  Stelle  setzen.  Aus  diesen  Griindeti  wiinsclile  icli  vor  allen 
Dingen  die  poelisclie  Lecliiro  wieder  in  alten  Ehren  zu  sehen,  sie  die 
dem  Knabenaller  so  entsprechend  ist  und  die  ihr  gewidmete  Mühe  so 
reich  lohnt.  Wenn  dann  die  Composition,  von  dem  Bann  des  Gramma- 
tischen erlöst,  sich  wieder  in  gröszerer  Freiheit  bewegen  kann,  auch 
die  poetische  wieder  in  die  Schulen  zurückkehrt,  wenn  je  nach  der 
Alterstufe  auch  die  Zunge  des  Knaben  zu  lösen  der  Versuch  gemacht 
und  ihm  der  Mut  eingedöszt  wird  was  er  eingesammelt  und  sich  zu 
eigen  gemacht  hat  auch  seines  Ortes  wieder  zu  üben  und  zu  verwer- 
then,  wenn,  woran  es  ganz  und  gar  fehlt,  die  eigene  freie  Thäligkeit 
der  Jugend  in  privater  Leetüre  belebt  wird,  so  ist,  denke  ich,  hinrei- 
chender Raum  dargeboten  um  nach  allen  Seiten  hin  die  Seele  zu  freier 
Beschäftigung  zu  entlassen.  Unsere  Schüler  gehen  im  Mecha  nis  ch  e  n 
unter,  nicht  unter  der  Last  der  vielen  zu  lernenden  Dinge.  Der  Keim 
des  Todes  sitzt  an  einer  ganz  andern  Stelle  als  wo  ihn  viele  suchen. 
Nur  wenige  hielten  sich  über  den  Wassern,  landen  aber  geistig  er- 
schöpft, abgelebt,  blasiert  an  dem  jenseitigen  Ufer.  Es  ist  eine  Le- 
bensfrage, mehr  als  es  die  um  Concentration  ist,  wie  wir  es  anfangen 
sollen  diesem  Geist  des  Mechanischen  zu  begegnen. 

Was  wir  von  den  alten  Sprachen  gesagt  haben  gilt  ohne  Zweifel 
auch  von  anderen  Gegenständen  des  Unterrichts.  Fast  überall  ist  hier 
Vereinfachung,  dort  gröszerer  Reichtum  zu  wünschen:  hier  ein  gerin- 
geres 3Iasz  des  Wissens,  dort  eine  gröszere  Fülle  des  Könnens:  hier 
eine  Befreiung  von  den  Fesseln  des  Systems,  dort  ein  Blick  in  das 
Weite  und  Freie.  Ueber  die  Mathematik  haben  wir  schon  oben  gespro- 
chen. Wer  da  sieht  wie  sie  getrieben  wird,  hört  auf  sich  zu  wundern 
dasz  so  wenige  Lust  und  Freude  an  ihr  behalten:  er  wundert  sich 
vielmehr  dasz  auch  nur  noch  so  wenige  da  sind  welche  ihr  treu  blei- 
ben. Ich  tadele  nicht  die  Lehrer,  sondern  die  Methode,  die  wesentlich 
darin  besteht  dasz  sie  keine  Methode  ist,  dasz  sie  System  und  Methode 
für  identisch  hält,  dasz  sie  gerade  eben  so  zu  Werke  geht  wie  wenn 
wir  Philologen  die  Grammatik  in  Sexta  mit  einer  Lautlehre  auf  Grund- 
lage der  comparaliven  Grammatik  beginnen  wollten.  Es  ist,  wir  sagen 
es  gerade  heraus,  auszer  Diesterweg  kein  einziger  Mathematiker  der 
für  die  Methodik  dieser  Disciplin  wirklich  etwas  gelhan  hätte. 

Es  ist  eben  so  in  der  Geschichte.  Auf  den  preuszischen  Gymna- 
sien isc  Vorschrift  dasz  in  der  Tertia  die  brandenburgisch-preuszische 
Geschichte  gelehrt  werde.  Diese  Bestimmung,  so  gut  gemeint  wie  sie 
ist,  hat  doch  dazu  beigetragen  die  richtige  Verteilung  des  geschicht- 
lichen Stoffes  zu  erschweren  und  zu  verhindern:  sie  hat  aus  dem  was 
in  einem  gröszeren  Ganzen,  in  der  deutschen  Geschichte,  einen  ange- 
messenen Platz  einnehmen  würde  eine  für  sich  ein  Ganzes  bildende 
Disciplin  gemacht,  welche  den  Schüler  einer  Tertia  nicht  ansprechen 
kann.  Die  ältere  Geschichte  der  Mark,  die  übrigens  für  einen  Pom- 
mer  oder  Schlesier  gerade  eben  so  viel  Werth  hat  wie  die  pommersche 
und  schlesische  Geschichte  für  einen  Märker,  müste  in  wenigen  Stun- 


326  Schulfra^ren. 

den  durchflogen  werden.  Jetzt  wird  sie  gründliclist  nionatelaiig  breit 
getreten.  Die  spätere  Geschichte  von  dem  grossen  Kurfürsten  an  ist 
wesentlich  deutsche  Geschichte  und  von  dem  Sttindpunkle  dieser,  oder 
vielmehr  sie  ist  eine  europäische  und  von  dem  Standpunkte  einer  Ge- 
schichte des  europäischen  Staatensystems  zu  behandeln.  Wer  die  Ho- 
henzollern  dieser  Zeiten  nicht  als  europäische  Fürsten  faszt,  bringt 
ihre  Grösze  und  Bedeutung  nicht  zur  Geltung,  entläszt  die  Knaben 
welche  keinen  weiteren  Unterricht  erhalten  mit  Vorstellungen  welche 
des  preuszischen  Namens  —  ich  spreche  von  dem  geschichtlichen  — 
unwürdig  sind.  So  sind  wir  in  der  Notwendigkeit  auf  der  einen  Seile 
Beschränkung  auf  das  allernotwendigste,  auf  der  andern  die  Ausbrei- 
tung des  Blickes  über  die  Grenzen  Preuszens  und  Deutschlands  hinaus 
fordern  zu  müszen. 

Man  wird  es  mir  erlassen  in  gleicher  Weise  über  den  Religions- 
unterricht, in  welchem  mehr  als  in  jedem  andern  gefehlt  und  blindlings 
umhergetappt  wird,  über  das  Französische  usw.  zu  sprechen.  Ueber- 
all  liegen  chaotische  Massen  vor  uns,  welche  dem  Unterricht  hemmend 
entgegentreten.  Ueberall  sieht  sich  der  denkende  Lehrer  darauf  hin- 
gewiesen nach  der  einen  Seite  hin  zu  vereinfachen,  nach  der  andern 
den  Umfang  des  Gesichtskreises  zu  erweitern.  Gelingt  es  ihm  diese 
entgegengesetzten  Richtungen  in  eine  einheitliche  Beziehung  auf  ein- 
ander zu  bringen,  so  kommt  —  expertus  dico  —  sofort  Licht,  Klar- 
heit, Interesse  und  Erfolg  in  seine  Thätigkeit  und  in  seine  Schüler. 
(Fortsetzung  im  nächsten  Heft.) 

Greiffenberg.  Dr  Campe. 


Kurze  Anzeigen   und    Miscellen. 


XV. 

Zur  Geschichte  der  Pädagogik. 


Joh.  Heinrich  Voss  ist  als  Schulmann  weniger  bekannt,  denn 
als  Gelehrter  und  Dichter.  Man  hat  vvol  stets  eine  Vorstellung  davon, 
wie  anregend  sein  Unterricht  gewesen  sein  müsze,  aber  von  seinen 
praktischen  Grundsätzen  und  Ansichten  weisz  man  nur  wenig.  Um  so 
mehr  werden  die  Leser  dieser  Zeitschrift  mit  uns  Herrn  Rector  Dr 
Vollbrecht  in  Otterndorf  dankbar  sein,  dasz  er  uns  ein  Aktenstück 
mitgeteilt  hat,  welches  eben  so  in  die  Pädagogik  seines  berühmten  Vor- 
gängers ,  wie  in  die  Leistungen  der  Zeit  auf  dem  Gebiet  des  Gelehrten- 
schuhvesens  klaren  Einblick  gewährt.  ^.  D, 

Vorschläge  zur  Einrichtung  der  Lehrsiunden  für  die  erste  Klasse. 

Aus  dem  Aufsatze  des  würdigen  Hm  R.  Riilikopf  sehe  ich,  dasz 
er  den  Ehlerschen  Voi'schlag,  die  hebräische  Sprache  von  den  öffent- 
lichen Stunden  auszuschlieszen,  in  Ausübung  gebracht  hat.  Freilich  ist 
der  Zweck    einer   lateinischen  Schule  Ausbildung   des   Geistes   und    des 


Kurze  Anzeiijcn  und  Miscellen.  327 


'o 


Herzens  imd  Vorberüitiuig  zu  akademisclien  Wisseiiscliat'ten,  und  mau 
sieht  Iveinen  Grnnd,  warum  der  künftige  Thcolog  sich  von  dem  g-emeiii- 
schaftiichen  Unterriclit  mehr  zueignen  soll,  als  der  Jurist  oder  Mediciner, 
noch  warum,  wenn  jener  2  Stunden  Hebräisch  verlangt,  nicht  diese  eben- 
sogut 2  Stunden  über  die  Pandekten  oder  über  den  Hippokrates  ver- 
langen könnten.  Aber  da  gleichwol  der  junge  Theolog  die  ersten  Kennt- 
nisse der  hebräischen  Sprache  von  der  Schule  mitbringen  musz  ,  so  ist 
die  natürliche  Folge  jener  Verbesserung,  dasz  man  dem  Rector  2  hebräi- 
sche Privatstunden  zur  Pflicht  macht  und  also  seine  gesetzmäszigen  2rt 
Stunden,  wofür  er  besoldet  wird,  zu  28  Stunden  erhöht.  Das  ist  gut 
genug.  Aber,  fragt  der  Billigdeukende,  ist  die  vorgeschriebene  Anzahl 
von  Stunden  denn  so  gering  oder  der  Lohn  für  die  Arbeit  so  reichlich, 
dasz  man  dem  Rector  noch  mehr  aufbürden  darf?  Was  Hr  Ruhkopf 
aus  Gutmütigkeit  freiwillig  übernimmt,  darf  kein  Gesetz  werden.  Also 
der  Lohn  musz  mit  steigen.  Der  Rector  musz,  auch  im  Verhältnis  der 
inäszigen  Besoldung  für  2Ö  Stunden,  wenn  ich  sie  mit  stehendem  Gelialt, 
Accidentien,  freier  Wohnung,  öffentlichem  Schulgeld  usw.  zu  1000  Mark 
rechnen  darf,  für  2  Stunden  mehr  noch  75  Mark  haben.  Wer  sichert 
ihm  die,  wenn  nur  wenige  oder,  wie  leicht  geschehen  kann,  nur  ein 
einziger  unter  den  Schülern  ist,  der  Tlieologie  studieren  will?  Ich 
denke  also,  da  immer  eine  Unbequemlichkeit  bleibt,  man  läszt  es  beim 
Alten,  bis  eine  wesentlichere  V^erbesserung  des  Ganzen  möglich  wird, 
und  sucht  die  Nicht -Theologen  wärend  des  Hebräischen,  so  gut  man 
kann,  durch  Vergleichung  lateinischer,  französischer  oder  englisclier 
Uebersetzungen  (ich  wählte  die  LXX)  zu  beschäftigen.  Oder  wenn  dieses 
ZTi  mutlos  scheint,  so  nehme  einer  von  den  beiden  ersten  Lehrern  die 
Schüler  beider  Klassen  in  den  geographischen  Lehrstunden  zusammen, 
und  der  andere  wende  die  2  ersparten  Stunden  zum  Unterricht  im  Hebräi- 
schen an.  Dieser  Rath  könnte  noch  auszerdem  Anlasz  geben ,  durch 
gegenseitige  Dienstleistungen  die  collegialische  Verbindung  zu  einer  ge- 
fälligen und  heitern  Freundschaft  zu  erhöhn. 

Der  Grund,  warum  man  das  Hebräische  aus  dem  genieinscliaftlichen 
Unterricht  wegwünscht ,  gilt  noch  mehr  von  der  Erklärung  des  Neuen 
Testaments;  denn  hier  entschuldigt  nicht  einmal  die  Not.  Ist  der  Zweck 
die  griechische  Sprache  zu  lernen,  so  kann  man  kein  Buch  wählen,  wo- 
bei sich  leichter  eine  täuschende  Einbildung  von  erworbenen  Sprach- 
kenntnissen einfindet,  als  das  Neue  Testament,  dessen  Schreibart,  der 
Absicht  der  heiligen  Männer  gemäsz,  so  unperiodisch  und  unrein  ist. 
Wir  leben,  Gott  Lob,  in  Zeiten,  da  man  schon  ehrlich  bekennen  darf, 
dasz  uns  das  Neue  Testament  so  wenig  zum  Behuf  der  griechischen 
Sprachkenntnis  als  das  Alte  zur  Entscheidung  astronomischer  Aufgaben 
verliehn  worden.  Man  will  also  blos  den  jungen  Theologen  vorläufig 
mit  der  jüdisch -griechischen  Sprache  des  h.  Buchs  bekannt  machen? 
Dabei  wird,  wenn  es  Nutzen  haben  soll,  schon  ziendiche  Kenntnis  der 
echt  griechischen  Sprache  sowol  als  der  hebräischen,  vielleicht  auch 
syrischen  und  vorzüglich  der  70  Dolmetscher  vorausgesetzt,  und  auch 
dann  gehört  diese  Vorübung  für  Privatstunden.  Für  den  gemeinschaft- 
lichen Unterricht  ist  es  hinlänglich  das  Neue  Testament  zum  Nachschla- 
gen der  Beweisstellen  beim  Religionsunterricht  zu  gebrauchen  oder  höch- 
stens e'ine  Stunde  zur  kursorischen  Lesung  der  Evangelisten  anzuwenden, 
damit  die  andere  für  den  griechischen  Prosaiker  oder  Dichter,  den  man 
eben  liest,  erübrigt  werde.  Beiläufig  merke  ich  an,  dasz  ich  Homers 
Odyssee  unterhaltender  als  seine  Ilias,  und  Lucians  auserlesene  Ge- 
spräche und  den  ApoUodor  unterhaltender  als  Xenophons  philosophische 
Schriften,  die  Cyropädie  nicht  ausgenommen,  beim  Unterricht  gefunden 
habe,  und  dasz  ich's  für  nützlich  halte  auch  mit  Tlieokrits  und  Moschus 
und  Bions  Idyllen,  den  vorzüglichsten  wenigstens,  abzuwechseln,  damit 


328  Kurze  Anzei^eti  und  Miscellen. 

die  jungen  Leute  auch  die  kleine  Nebenkenntnis  des  dorischen  Dialekts 
aus  der  Schule  mitbringen,  deren  Mangel  so  viele  von  dem  Genusz  jener 
anmutigen  Meisterwerke  zurückhält. 

Für  die  lateinische  Sprache  scheint  mir  auf  der  einen  Seite  zu  viel, 
auf  der  andern  zu  wenig  zu  geschelin.  Man  macht  zu  viel  Exercitia 
und  liest  zu  wenig  musterhafte  Prosaiker.  Die  vier  Nachmittagsstunden, 
die  m-in  Dichtern  widmet,  führen  zu  andern  Zwecken,  als  einen  guten 
lateinischen  Stil  zu  bilden.  Auszerdem  finde  ich  nur  eine  Stunde,  worin 
Cäsar  kursorisch,  und  noch  eine,  worin  Livius,  vermutlich  auch  kurso- 
risch (denn  sonst  sehe  ich  gar  nicht,  was  man  mit  einer  Stunde  anfangen 
kann),  gelesen  wird.  Von  Cicero,  den  man,  um  gut  lateinisch  schreiben 
zu  lernen,  zuerst  und  zuletzt  lesen  sollte,  werden  nur  die  Briefe,  wobei 
man  so  häufig  durch  die  verwickelten  Umstände  der  Geschichte  und 
durch  die  jungen  Leuten  nicht  leicht  begreifliche  Politik  aufgehalten 
wird ,  und  auch  diese  nur ,  wenn  die  Exercitia  noch  etwas  Zeit  übrig 
lassen,  also  flüchtig  getrieben.  Und  Terenz,  der  gleichfalls  nur  im 
Vorbeigehn  erscheint,  lehrt  uns  freilich  eine  schöne,  aber  für  den  heu- 
tigen Gebrauch  veraltete  Sprache.  Wie  ist  es  möglich,  dasz  junge  Leute 
sich  dabei  eine  Geschicklichkeit  erwerben,  die  eine  sehr  vertraute  Be- 
kanntschaft mit  dem  Genius  der  ciceronischen  Sprache  erfordert:  die 
Geschicklichkeit ,  ihre  ßegrifl'e  nach  römischer  Weise  zu  umfassen  und 
zu  ordnen,  sie  so  rein  und  scharf  auszudrücken,  dasz  weder  etwas  an 
ihrer  Bestimmtheit  fehlt,  noch  ein  überflüssiger  Nebenbegrifl"  das  Gemälde 
verwirrt,  immer  Worte  von  gleichem  Gehalt  und  Adel,  weder  zu  poe- 
tische noch  zu  gemeine,  zu  wählen,  wozu  selbst  in  unserer  Muttersprache 
eine  sehr  sorgfältige  Uebung  gehört,  und  endlich  die  ganzen  Perioden 
nach  den  vielfachen  Erfordernissen  des  Nachdrucks  und  der  Leidenschaft 
und  nach  dem  Wohlklang  des  oratorischen  Numerus ,  der  für  jede  Gat- 
tung des  Stils,   für  jeden  Inhalt  andere  Wendungen  verlangt,  zu  gründen? 

Eigentlich  lernen  wir  die  lateinische  Sprache,  nicht  um  das  Ver- 
gnügen zu  haben,  was  wir  deutsch  gedacht,  auch  mit  lateinischen  Re- 
densarten bezeichnen  zu  können,  sondern  um  die  vortrefflichen  Schrift- 
steller, die  ihre  sehr  bildsame  Sprache  nach  dem  Muster  der  griechischen, 
der  schönsten  die  jemals  geblüht  hat,  zum  feinsten  Ausdruck  edler  und 
reizender  Gedanken  ausgebildet  haben,  zu  studieren,  und  durch  Entwick- 
lung der  verborgensten  Tugenden  ihrer  Kunst,  die  ein  leichter  Schleier 
von  Nachlässigkeit  verhüllt,  unser  eignes  Gefühl  für  das  Wahre  und 
Schöne  zu  schärfen.  W^enn  das  nicht  wäre,  so  hätten  die  neuern  Er- 
zieher, wie  sie  sich  nennen,  vollkommen  Recht,  welche,  selbst  in  der 
alten  Litteratur  verwahrlost,  gleich  dem  schwanzlosen  Fuchs  in  der 
Fabel,  den  patriotischen  Rath  erteilen,  dasz  man,  um  Zeit  zu  ersparen, 
das  wenige  Brauchbare  der  Alten  aus  Uebersetzungen  erlerne  und  sich 
hauptsächlich  zu  nützlichen,  d.  i.  zu  erwerbenden  Mitgliedern  des  Staats, 
denn  von  Veredlung  der  Menschheit  ist  nicht  die  Rede,  und,  was  sonder- 
bar dagegen  absticht,  zu  Jesuitenlatein  plappernden  Papageyen  vorbereite. 
Nach  ihrer  Voraussetzung  lernt  man  also  aus  Homer  einige  Fabeln,  aus 
Livius  und  Tacitus  eine  Folge  von  Historien  und  aus  Cicero  einige  ver- 
worrene Begriffe  der  Philosophie  und  Rhetorik,  die  man  aus  neuern  Ueber- 
setzungen und  Compendien,  aus  Damms  Götterlehre  und  der  Acerra 
philologica  weit  ordentlicher ,    gründlicher  und  schneller    erlernen    kann. 

Des  angeführten  Zwecks  wegen,  nemlich  um  die  lateinischen  Schrif- 
ten zu  verstehn,  wäre  es  wol  nicht  nötig  uns  mit  lateinischen  Exercitien 
zu  plagen ,  oder  es  müste  eben  so  nötig  sein  auch  die  von  Ernesti  und 
jedem  denkenden  Schullehrer  verlachten  griechischen  und  hebräischen 
Exercitia  wieder  einzuführen.  Aber  die  lateinische  Sprache  ist  seit  der 
Wiederherstellung  der  AVissenschaften  die  gemeinschaftliche  Sprache  der 
Gelehrten  in  Europa  geworden;    viele    Bücher    schreibt    man    am    besten 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  829 

lateinisch,  und  bei  vielen  Gelegenheiten,  besonders  bei  Prüfungen,  wer- 
den lateinische  Unterredungen  und  Abhandlungen  gefordert.  Ohne  mich 
hier  auf  die  Frage  einzulassen,  ob  eine  solche  Einrichtung,  die  durch 
einen  ungefähren  Zusammenflusz  von  Umständen  aufgekommen  ist,  so 
gar  heilsam  sei,  dasz  ihre  allmähliche  Verjährung  uns  mit  einer  neuen 
Barbarei  bedrohe:  darf  ich  nur  sagen,  das  Bedürfnis  ist  noch  da;  wer 
auf  den  Namen  eines  Gelehrten  Anspruch  macht ,  musz  es  sich  gefallen 
lassen  manchmal  lateinisch  zu  reden  und  zu  schreiben,  und  um  dieses 
zu  können ,  musz  er  lateinische  Exercitia  machen. 

Die  Exercitia  sind  von  zweierlei  Art:  entweder  den  Anfänger  in 
den  Kegeln  der  Grammatik  zu  üben ,  oder  den  Geübteren  die  Fertigkeit 
eines  reinen  und  zierlichen  Ausdrucks  zu  verschaffen.  Die  grammati- 
schen Uebungen,  wobei  man  dem  Lehrlinge  die  Redensarten  vorsclireibt, 
erfordern  keine  sonderliche  Vorkenntnis  ,  auch  schadet  es  nicht,  wenn 
der  Inhalt  ein  wenig  altfränkiscli  ist,  wie  z,  B.  die  Lichtischen  For- 
meln. Aber  bei  den  Uebungen  des  8tils  musz  man  vorsichtiger  sein. 
Denn  ein  Schüler,  der  schon  mit  eignen  Kräften  den  schicklichsten  Aus- 
druck, die  stärkste  Wortstellung,  die  lebhafteste  und  gefälligste  Wen- 
dung des  Rhythmus  zu  suchen  wagt,  hat  gewis  auch  schon  Selbstgefühl 
genug,  manches  von  dem  Gefundenen  seines  Beifalls  nicht  unwürdig  zu 
schätzen  und  mit  unruhiger  Erwartung  des  Kathederlöbchens  in  seiner 
Seele  zu  bewegen.  Ich  rede  hier  vun  der  edelsten  Gattung  der  Schüler, 
an  den  schläfrigen  ist  vollends  die  Mühe  verloren.  Wenn  nun  aber  der 
ungeübte  Jüngling  fast  immer  einen  verkehrten  Ausdruck,  eine  deutsch- 
lateinische oder  falsch  gezierte,  d.  i.  nach  den  gröbsten  Bemerkungen 
der  gewöhnlichen  syntaxis  ornata  erkünstelte  Ordnung  oder  Unordnung 
der  Worte  und  einen  holpricliten  numerus  wählt  und  dieses  zusammen 
seinem  Gedächtnisse  einprägt?  Und  wie  kann  er,  der  alles  deutsch  zu 
denken  und  von  Wort  zu  Wort  ins  Lateinische  zu  übersetzen  gewohnt 
ist,  wie  kann  er,  wenn  ihn  nicht  der  Genius  der  römischen  Sprache 
unmittelbar  begeistert,  ohne  lange  und  vertrauliche  Bekanntschaft  mit 
den  besten  Prosaikern  des  ciceronischen  Zeitalters  so  schreiben,  dasz 
Cicero  es  wenigstens  verstehn  würde?  Wie  kann  er  besser  schreiben, 
als  manche  unsrer  neumodischen  Lehrer  sogar  in  gedruckten  Blättern: 
wo  die  buntscheckigste  Mischung  von  komischeu  und  ernsthaften  und 
feierlichen  Redensarten ,  wo  die  Sprache  des  alten  Plautus  mit  der 
Sprache  des  Tacitus  und  Vergils  und  der  neuern  obscurorum  virorum, 
die  das  jüngste  Modegeschwätz  unserer  Schönschreiber  nach  dem  Vo- 
kabelbuch verdolmetschen,  gleichsam  im  hölzernen  Marionettentanz 
dahergaukelt  und  mit  possierlichen  Stellungen  und  Sprüngen  die  Ge- 
danken des  Schriftstellers  ausdrückt? 

Nach  meiner  Einsicht  musz  also  der  Schüler,  statt  durch  früh- 
zeitige und  überhäufte  Stilübungen  sein  Gedächtnis  mit  barbarischem 
Latein  zu  beflecken,  vor  allen  Dingen  lateinisch  zu  denken  gewöhnt 
werden.  Und  dies  kann  nicht  besser  geschehn,  als  durch  fleiszige  und 
sorgfältige  Erklärung  des  Cicero.  So  sehr  ich  auch  sonst  die  Abwechs- 
lung in  der  Wahl  der  Autoren  liebe,  so  habe  ich  mir  doch  niemals  er- 
laubt, den  Schriften  dieses  bewunderungswürdigen  Römers  weniger  als 
4  Stunden  wöchentlich  zu  widmen.  Oft  werden  es  sogar  6,  und  auch 
dann  bleibe  ich  der  Regel:  non  multa,  sed  multum!  eingedenk.  Ich 
entwickle  jede  Schönheit  des  Gedankens  und  des  Vortrags,  verändere 
die  Worte  und  die  Stellung  derselben  und  zeige  an,  warum  jedes  andere 
schlechter  ist;  ich  versuche,  nachdem  ich  wörtlich  habe  übersetzen  las- 
sen ,  die  Kraft  und  Schönheit  der  lateinischen  Wendung  durch  ähnliche 
deutsche  zu  erreichen,  und  mache  auf  die  verschiedneu  Vorteile  und 
Mängel  beider  Sprachen  aufmerksam,  und  wenn  alles  klar  ist,  so  rufe 
ich  jemand   auf,    die   erklärte   Stelle   lateinisch    herzusagen.      Ich  habe 


330  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

gefunden,  dasz  diese  Uebung  für  Lehrer  und  Schüler  gleich  angenehm 
und  von  ungleich  gröszerein  Nutzen  ist,  als  das  ewige  Exercitien- 
schreiben.  Oft  werden  auch  lange  Stellen  aus  Ciceros  Keden  auswendig 
gelernt  und  vom  Katheder  gehalten.  Die  Reden  werden  ununterbrochen 
wöchentlich  2  Stunden  sorgfältig  erklärt  und  ins  Deutsche  übersetzt;  in 
den  übrigen  Stunden  pflege  ich  mit  dem  Buche  de  officiis  usw.,  mit  der 
Strothischen  Sammlung  der  Briefe,  welche  die  Geschichte  der  sinkenden 
Republik  enthalten,  und  mit  der  vortrefflichen  Schrift  de  oratore  abzu- 
wechseln. Ueberhaupt  gebe  ich  nie  unter  10  — 11  lateinische  Stunden 
die  Woche,  wovon  in  4  zwei  Dichter  (Iloratius,  Vergilius,  Plautus, 
Ovidius  oder  Terentius)  und  in  6 — 7  auszer  Cicero  abwechselnd  Livius, 
Tacitus,  Plinius,  Pomp.  Mola  mit  d'Anvilleschen  Charten,  Sallust  usw. 
erklärt  werden.  Zu  schriftlichen  Stilübungen,  deren  ich  bei  andern 
eben  so  notwendigen  Arbeiten  nicht  mehr  als  höchstens  eine  rathsam 
finde,  dictiere  ich  eine  deutsche  Uebersetzung  von  Quintilians  anwend- 
barsten Vorschriften  oder  aus  einem  der  neueren  Lateiner ,  die  sich 
nach  Cicero  gebildet  haben,  Manutius,  Muretus  usw.,  weil  ich  mir 
selbst  nicht  zutraue,  so  musterhaftes  Latein  zu  schreiben  und  ich  doch 
meinen  Schülern  vollkommene  Muster  zur  Nacheiferung  glaube  vorlegen 
zu  müszen.  Schwerere  Germanismen  (ich  verstehe  darunter  sowol  Wör- 
ter als  Redensarten)  lasse  ich  )iiünd!ich  auf  verschiedene  Weise  über- 
setzen ,  damit  der  Schüler  beim  Niederschreiben  sich  nur  mit  der  Wahl 
des  Besseren  beschäftige,  ohne  in  Gefalir  zu  sein,  sich  durch  verkehrte 
Anweisung  des  Wörteil)uchs  eine  barbarische  Redensart  ins  Gedächtnis 
zu  sclireiben.  Auch  auf  die  Anwendung  seltner  Au.-drücke  und  auser- 
lesener Wortstellungen,  wodurch  die  lateinisclie  Si)raehe  von  der  unsri- 
gen  abweicht,  mache  ich  beim  Dictieren  aufmerksam.  Und  wenn  ich 
die  zu  Hause  oder  in  der  Schule  corrigierten  Bücher  zurückgegeben 
habe  ,  so  lasse  ich  das  Original  meiner  Uebersetzung  unter  das  Exerci- 
tium  schreiben,  damit  der  Schüler  sowol  durch  die  Freude  des  Getrof- 
fenen als  durch  den  Verdrusz  des  Verfehlten  zur  lebhafteren  Anstren- 
gung seiner  Kräfte  ermuntert  werde.  Ich  will  nicht  sagen ,  dasz  diese 
Art  von  Stilübungen  die  einzige  gute  sei,  aber  eine  der  besten  ist 
sie  gewis. 

In  der  rhetorischen  Stunde  werden  vermutlich  auch  gute  deutsche 
Schriftsteller  erklärt,  sonst  wäre  derselbe  Fall,  den  ich  eben  bei  der 
Behandlung  der  lateinischen  Sprachübnngen  bemerkt  habe ,  auch  bei 
den  deutschen  zu  bemerken:  dasz  man  die  Jugend  ohne  Muster  der 
Nachahmung  blos  durch  trockene  Regeln  zur  richtigen  und  schönen 
Schreibart  anführen  zu  können  glaubt.  Aber  wenn  auch  meine  Ver- 
mutung richtig  ist ,  so  scheint  mir  doch  e'ine  Stunde  zu  wenig  zu  sein. 
Mit  der  Erklärung  deutscher  Autoren  kann  die  Aufmerksamkeit  auf 
richtige  Aussprache  und  Tonhaltung,  auf  die  Regeln  der  Grammatik 
und,  wenn  es  Dichter  sind,  der  Prosodie  und  Verskunst  verbunden  wer- 
den. Denn  es  ist  unrühmlich  für  jeden  wolerzognen  Deutschen,  zumal 
wenn  er  ein  Gelehrter  sein  will,  seine  Muttersprache  nicht  zu  kennen, 
und  ihr  jede  Abweichung  von  der  Sitte  der  beiden  alten  oder  eigentlich 
der  lateinischen  Sprache,  da  sie  auf  manche  Eigenheit  stolz  sein  darf, 
als  Untugend  anzurechnen. 

Ich  fasse  das  wenige,  was  ich  noch  zu  sagen  habe,  am  besten  zu- 
sammen, wenn  ich  das  jetzige  Lectionsverzeichnis  des  Hm  R.  Ruhkopf 
kurz  wiederhole  und  darauf  ein  anderes  nach  meiner  Vorstellung  da- 
äruntersetze : 


Kurze  Arizeiffcii  und  lliscellen. 


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332  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Auweisung  zu  den  römischen  und  griechischen  Altertümern 
braucht,  wie  zur  Mythologie  usw.,  nicht  in  besondern  Stunden  gegeben 
zu  werden,  sondern  man  handelt  gelegentlich  dies  und  jenes  Kapitel 
ab  und  legt  dann  etwa  den  Nieupoort,  Potter,  Natalis  Comes  usw.  vor. 
Die  Wahl  der  lateinischen  und  griechischen  Dicher  und  Prosaiker  bleibt, 
wie  die  Wahl  der  deutschen  Lesebücher,  dem  Lehrer  frei;  blos  Cicero 
ist  bestimmt.  Wäre  es  der  Gesundheit  nicht  gemäszer,  erst  mit  2  Uhr 
anzufangen?  Voss. 


XVL 

Pädagogische  Aphorismen,  angeknüpft  an  Döderleins  öffentliche 

Reden  Hin  Tl. 


Der  hochverehrte,  weil  um  Wissenschaft,  um  Schule  und  Leben 
hochverdiente  Herr  Studienrector  Professor  Dr  Döderlein,  hat  uns 
mit  dem  dritten  Bande  seiner  öffentlichen  Reden  abermal  ein  rei- 
ches gar  köstliches  Geschenk  gemacht,  an  welchem  wir  von  neuem  die 
Feinheit,  Klarheit,  Tiefe,  Kraft,  Frische,  Fülle  und  Ausgiebigkeit  seines 
Geistes,  seinen  eindringenden  Spür-  und  Scharfsinn,  seine  gediegene,  auf- 
fassende, lebendige  Gelehrsamkeit,  umsichtige  Beobachtungsgabe,  ein 
hoch  und  warm  für  alles  Wahre,  Gute,  Schöne,  für  edle  Menschlichkeit 
schlagendes  Herz  und  das  virtuose  Rede-  und  Darstellungsgeschick  be- 
wundern müszen ,  welches  den  Ernst  und  Scherz,  die  Ironie  und  Satire, 
den  Witz  und  Humor  zu  mischen  und  mit  Salz,  mit  dem  feinsten  von 
allem,  dem  Attischen,  zu  würzen  versteht.  Groszer,  inniger  Dank  dem 
würdigen,  geist-  und  gemütvollen  ,  wirklich  gesinnungstüchtigen  Manne, 
dem  Fleisch  und  Blut  gewordenen  Chorführer  der  Humanität  vom  rein- 
sten nicht  etwa  Wasser,  sondern  vollwichtigsten  Gehalt,  der,  mit  seinen 
eignen  Worten  zu  reden,  die  über  40  Jahr  von  ihm  bekleidete  yrftj/«- 
GiccQx^^  füi"  seinen  Hauptlebensberuf  hielt ,  ohne  darüber  die  ihm  zuge- 
wiesene akademische  Tliätigkeit  zu  vernachlässigen  oder  für  die  Förde- 
rung der  ihm  zugänglichen  Zweige  des  Altertumsstudiums  ganz  unthätig 
zu  bleiben,  "Ovulo  xov  y^waiov  ;ua'pii'!  rufe  ich  dem  ausgezeichneten 
Weisheitslehrer  aus  frohbewegtem  Herzen  zu.  Wahrlich!  sie  sind  sel- 
ten, sehr  selten  die  akademischen  Lehrer,  welche,  wie  unser  Döderlein, 
mit  Fug  und  Grund  in  ihrem  Handsiegel  einen  gekrönten  Doppeladler 
führen  könnten,  deren  einer  den  ruhmreichen  Universitätsprofessor,  der 
andere  den  Studienrector  vom  besten  Schrot  und  Korn  bedeutete,  und 
soll's  der  Vogel  der  Minerva  sein,  gut,  so  creiere  ich  frischweg,  auf  meine 
eigne  Schöpferhand  hin  ,  eine  neue  Sjüelart  von  Eule ,  die  voll  berühri- 
gen, glücklichen  Eifers  am  hellen,  lichten  Tage  fliegt  und,  gleich  ihrer 
bekannten  Collegin ,  dem  Nachtvogel ,  Feuer  und  Licht  geisterleuchtend 
aus  feurigen,  blitzmächtigen  Augen  sprüht;  möge  denn  die  viva  vox 
egregie  ducentis  noch  recht  lange  und  oft  in  der  groszen  Bildungsfrage 
der  Jugend  ein  licht-  und  entscheiduugsvolles  Wort  abgeben! 

In  dem  Anhange  unter  Nr  III  von  S.  297 — 305  bietet  der  wahrhaft 
hoch  würdige  Mann  uns  'pädagogische  und  didaktische  Apho- 
rismen' dar,  von  denen  ich  den  gröszern  Teil  hier  mitteilen  und  zu- 
gleich mit  meinen  Bemerkungen  begleiten  will.  Bei  dem  einen  und 
andern  werde  ich  mit  Worten  des  Horaz  (Epod.  IV  2)  sagen: 

'tecum   mihi  discordia  est', 
jedoch  im  Geiste  der  dyci&rj  fQig  (Hesiod.  fpya;24)  ohne  Hader,  Zank, 
Streit,  Krieg  und   Feindschaft,  friedsam  und  human,  in  Gemäszheit  und 
zu  Ehren  des  Namens,    den   wir  führen,    und    hält  Döderlein  es    mit 
dem  Redner  Coelius ,   von  dem  Seneca    (de   ira  3,  H)  vermeldet:   <^non 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  333 

tnlit  Coelins  adsentientem  et  exclaraavit:  'die  aliqnid  contra,  nt  diio 
simus !  '  nun  dann  stünden  wir  beide,  wenn  schon  niclit  Miseliöfe,  doch 
nicht  haderhaftig  (1  Timoth.  3,  2  —  3)  in  der  concordia  discors  ohne 
Stachel,  Gift  und  Galle. 

1. 

'Die  taktische  Kunst  der  Pädagogik  stellt  die  Liebe  ins  Vorder- 
treft'en  und  macht  die  Strenge  zur  Reserve ;  aber  wenn  der  Feind  im 
Vorteil  und  im  Siegen  ist,  musz  die  Strenge  ins  Vordertreffen  vorrücken, 
dagegen  die  Liebe  die  Reserve  bilden,  jedoch  in  möglichster  Nähe  ihre 
Aufstellung  nehmen.' 

Treffend  die  vom  Kriegswesen  entlehnte  Bildlichkeit,  in  welcher 
dieser  pädagogische  cccpoQia}i6g  auftritt !  Zu  dem  fragenden  Ausruf 
Hiobs  (VII  I)  'musz  nicht  der  Mensch  immer  in  Streit  sein  auf  Erden?' 
hat  in  Wahrheit  kein  Menschenkind  mehr  Grund  und  Ursache  als  eben 
der  Schulmann.  Die  Lehrer  und  Erzieher  der  Jugend  können  vorzugs- 
weise das  Wort  Senecas  (epist.  U)  auf  sich  anwenden:  'nobis  quo- 
que  militandum  est,  et  quidein  genere  militiae,  quo  numquam  quies, 
numquam  otium  datur.'  Wie  die  ecclesia  nach  der  Anschauung  der 
alten  Dogmatiker  militans  ist,  so  auch  erfahrungsgemäsz  und  von  Amts- 
wegen die  schola.  Ein  zum  Streit  und  Aufruhr  gerüstetes  Heer  von 
Unarten,  Ungezogenheiten  und  Fehlern  legt  und  sperrt  sich  wider  den 
Lehrer  und  verwandelt  seine  Arbeit  in  einen  Kai'npf,  der  eine  grosze 
Entscheidung  hat,  in  ein  Ringen  und  Fecliten,  einen  W'iderstand  bis 
aufs  Blut.  'Jugend  hat  nicht  Tugend ',  soll  jedoch  für  sie  gewonnen, 
zu  ihr  gezogen  werden;  sie,  die  lose,  über  Rand  und  Band  hinaus- 
schweifende  Jugend  ,  soll  ihr  Herz  zur  Zucht  geben  und  ihre  Ohren  zu 
vernünftiger  Rede  (Spr.  Salom.  23,  12;,  sie  aber  weigert  sich  ihrer, 
läszt  Rath  und  Lehre  fahren ,  lockt  wider  den  Stachel ,  folgt  ihrem  Mut- 
willen, ihren  Anschlägen,  Einfällen  und  Gelüsten  in  Thorheit  und  Un- 
verstand, sie,  die  Weisheit  und  Verstand  annehmen  (Spr.  Salom.  4,  5) 
und  unter  das  Gesetz  des  Gehorsams  gebeugt  werden  soll,  für  dessen 
pädagogische  Bedeutung  der  Ausspruch  Plutarchs  zeugt:  '^  ncitösLcc 
iari  ^slsrr]  svTcsiQstag.''  Was  uns  gewiegte  Kenner  der  menschlichen 
Natur  lehren:  'nullum  animal  morosius  est,  nullum  maiore  arte  tractan- 
dum ,  quam  homo.'  —  (Seneca  de  dem.  I  17)  'natura  contumax  est 
humanus  animus  et  in  contrarium  atque  arduum  nitens,  sequiturque 
facilius ,  quam  ducitur.' 

'Nitimur  in  vetitum  semper  cupimusque  negata'  (Ovid.  Am.  III 
4  ,  17) ,  dazu  liefert  uns  vorzugsweise  das  Dichten  und  Trachten  der 
Jugend,  in  welcher  die  Lebensgeister  glühen  und  sprühen,  das  Kraftge- 
fühl und  der  Freiheitstrieb  hoch  aufwallen,  ja  nicht  selten  übersprudeln, 
die  schlagendsten  Beweise.  Opposition,  Rebellion,  Krieg,  Krieg  und 
nochmals  Krieg,  das  ist  ihre  Losung!  streitlustig  und  kampfbereit  läszt 
sie  sich  in  voller  Rüstung  auf  der  Schulbank  nieder,  attakiert  und  pro- 
vociert  ihre  Lehrer  and  Leiter,  ficht  mit  ihnen  und  zwingt  sie  die 
W^affen  zu  ergreifen.  Sind  diese  nun  klug  und  weise,  wie  sie  sollen, 
dann  greifen  sie  zu  der  bei  weitem  besten,  stärksten  und  wirksamsten 
aller  Waffen,  auf  welcher  der  Trost  der  Zuversicht  eingegraben  steht: 
SV  tovTM  viKTJceisl  uud  dicsc  ist  nicht  Spiesz,  nicht  Schwert,  nicht 
Stock  und  Stange,  Ruthe  oder  Knute,  es  ist  —  die  Liebe.  'Omnia 
vincit  Amor'  (Verg.  Eclog.  X  69).  'Amor  magister  est  optimus  '  (Plin. 
ep.  IV  19,  4).  Das  Wort  des  Apostels  Paulus  (1  Cor.  XVI  14)  'alle 
eure  Dinge  lasset  in  der  Liebe  geschehen'  und  den  Rath  des  Heca- 
ton  bei  Seneca  (ep.  IX  0)  'si  vis  amari,  ama!'  wozu  die  Aufforderung 
Martials  (VI  11,  10)  trefflich  stimmt  'ut  ameris,  ama!'  halte  der  Leh- 
rer immerdar  in  seinem  Gedächtnis ,  darin  ist  der  Segen  seiner  Arbeit, 
seiner  Mühen  beschlossen.     Er   sei   naiSe^aatT^g   im    edelsten,   reinsten 


334  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Sinne  des  Worts,  beharrlich  und  g-rosz  in  der  Pelikanstugend  hingeben- 
der, durch  nichts  zu  erschütternder  Opferfreudigkeit ,  und  erkläre  g'ele- 
gentlich  den  Umstand,  warum  amo  'ich  liebe'  die  erste  und  doceo  'ich 
lehre'  die  zweite  Conjugation  sei,  wie  jener  primus  rector  Portae,  von 
dem  unser  Döderlein  in  der  zweiten  Sammlung  seiner  Eeden  und 
Aufsätze  S.  41  also  erzählt:  'ein  ehrwürdiger  Mann,  der  vor  300  Jah- 
ren die  berühmte  Schulpforte  als  ihr  erster  Rector  einrichtete  und 
leitete,  stellte  die  Frage  auf,  warum  amo  ich  liebe  die  erste  und  doceo 
ich  lehre  die  zweite  Conjugation  sei,  und  beantwortete  sie  selbst  mit 
einem  sinnigen  Humor:  weil  der  Lehrer  seine  Schüler  zuerst  lieben  und 
dann  erst  lehren  solle.' 

So  wirft  nun  die  taktische  und  strategische  Kunst  der  Pädagogik 
das  alte  Tyrannenwort:  'oderint,  dum  metuant'  weit  hinter  sich  und 
postiert  die  Liebe,  die  langmütige,  freundliche,  sich  nimmer  erbittern 
lassende,  nicht  nach  Schaden  trachtende,  alles  hoffende,  rettende  Liebe, 
sie  die  nimmer  aufhört,  ins  Vorder-  wie  ins  Hintertreffen,  ins  Centrum 
wie  auf  den  rechten  und  den  linken  Flügel,  läszt  sie  den  Anfang,  dio 
Mitte  und  das  Ende  aller  ihrer  Operationen  sein ,  macht  sie  zu  ihrem 
Feldgeschrei,  die  auch  ihr  Sieges-,  ihr  Triumphlied  sein  wird;  demnach 
darf  dieselbe  nie  und  ninmier  zur  Reserve  geschrieben  werden,  musz 
das  punctum  saliens  auch  in  der  Strenge  bleiben,  die  nur  ein  modus 
amandi  ist ;  aucli  darf  der  Feind  nie  im  Vorteil  und  im  Siegen  sein,  das 
wäre  schon  mehr  als  eine  halbe  Niederlage,  ein  Ohnmachtszeugnis  für 
den  Pädagogen;  also  Strenge  aus  Liebe,  in  Liebe,  mit  Liebe,  oder 
nach  Luther:  'der  Apfel  bei  der  Ruthen!'  Liebe  aber  wie  Strenge 
müszeu  selbstverständlich  immer  unter  Leitung  der  den  Menschen  erst 
wahrhaft  zum  Menschen  machenden,  sein  Thun  und  Lassen  bestimir.en- 
den  Vernunft  stehn,  welche  verhütet  dasz  die  Liebe  in  schlaffe,  schwäch- 
liehe Nachsicht,  ultraliberale  Schonung,  sentimentale  Weichlichkeit  und 
jene  Affenliebe  umschlage,  die  den  Gegenstand  ihrer  Zärtlichkeit  erdrückt 
oder  einen  Taugenichts  grosz  zieht,  und  dasz  die  Strenge  in  Härte  und 
unmenschliche  Grausamkeit  ausarte,  die  Wut  schnaubt,  mit  Scorpionen 
züchtigt  und  sich  in  einen  leibhaften  Büttel,  Häscher,  Schergen,  Frohn- 
vogt,  Zuchtknecht  und  jähzornigen  Schlaghart  umsetzt,  der  das  alte 
Wort:  'ö  ju-jj  dagsig  äv&ooynog  ov  TraLSfVfzat'  durch  Beulen  und  Blut- 
striemen ,  durch  Verrenken  und  Verkrüppeln  der  jugendlichen  Glieder 
erläutert  und  praktisch  commentiert.  S  e  n  e  c  a  s  Worte  (Epist.  XXXVIl  4) : 
'si  vis  omnia  tibi  subicere ,  te  subice  rationi.  multos  reges,  si  ratio  te 
rexerit.  ab  illa  disces,  quid  et  quemadmodum  adgredi  debeas '  gelten 
auch  der  strategischen  Pädagogik.  'Wo  man  nicht  mit  Vernunft  han- 
delt', heiszt's  in  Salomos  Sprüchen  (19,  2),  'da  geht's  nicht  wol  zu', 
da  verkümmert  und  verkommt  die  Frucht  des  Geistes,  Liebe,  Geduld, 
Freundlichkeit,  Sanftmut  und  allerlei  Gütigkeit  (Gal.  V  22.  Ephes.  V  9), 
jener  amabilis  chorus  virtutum  leniorum,  die  den  Kern  und  die  Krone 
edler  Menschlichkeit  bilden. 

2. 

'Mancher  Lehrer  lobt  seine  Schüler  nie  und  erwartet,  dasz  die  Ne- 
gation des  Tadels  schon  als  Belobung  und  Belohnung  von  ihnen  aufge- 
nommen werde.  Vortrefflich,  wenn  der  Lehrer  selbst  in  den  Augen 
seiner  Schüler  ein  Heros  und  ein  fast  übermenschliches  Wesen  ist;  denn 
dann  kann  niemand  von  ihm  etwas  höheres  als  ein  Zeichen  der  Zufrie- 
denheit erwarten,  so  wenig  als  von  Gott.  Allein  das  sind  seltene  Wun- 
dermänner. Ist  die  Enthaltung  vom  Lob  ein  Grundsatz  des  Lehrers, 
etwa  um  seine  Schüler  vor  Eitelkeit  und  Hochmut  zu  bewahren ,  so 
wirkt  sie  nicht  günstig;  sie  macht  den  Eindruck  der  malignitas,  einer 
kargenden  Misgunst.  Er  gebe  so  oft  er  kann  seine  Zufriedenheit 
laut,  aber  mit  ruhigem  Ernst  zu  erkennen,  und  wenn  er  gar  lohen 


Kurze  Arizoioren  und  Miscellen.  335 


'o 


kann,  la«se  or  die  Scliiilor  dio  lebhafte  Freude,  die  es  ihm  mache, 
flUilen  und  mitemiifinden.  Wenn  der  Schüler  nach  dem  Lob  seiner  Lehrer 
iunerhalb  der  Öchulwände  eiiVig  trachtet,  so  ist  das  etwas  ganz  anderes, 
als  wenn  er  nach  einer  oÜ'entlichen  Auszeichnung,  etwa  diinh  ein  l'reis- 
buch,  geizt.  Jenes  ist  so  naiiirlicli,  wie  dies  uunatüilich  ist.  Nur  die 
gemeine  Natur  zeigt  sich  gegen  das  Lob  aus  dem  Munde  des  Lehrer."? 
gleichgültig.  Dagegen  habe  ich  oft  erlebt,  dasz  edlere  Naturen  einen 
öffentlichen  Schalpreis  mit  einer  gewissen  Schani  in  Empfang  nahmen. 
Mutet  mau  dem  Schüler  zu,  mit  seinem  guleii  Bewustsein  und  der  stil- 
len Zufriedenheit  seines  Lehrers  sich  zu  begnügen,  so  ist  das  ein  mora- 
jischer  Rigorismus.' 

Dasz  mancher  Lehrer  seine  Scliüler  nie  lobt  und  erwartet,  die  Ne- 
gation des  Tadels  von  ihm  schon  als  Belobung  und  Belohnung  aufge- 
uomuien  zu  seiin,  darf  selbst  unter  der  hier  angegebenen  Voraussetzung 
nicht  für  vortrefflich  gelten;  einmal  ist  diese  Schüleransicht  irrig, 
dann  auch  die  daran  geknüpfte  Behauptung,  dasz  in  Folge  der  bezeich- 
neten Maxime  des  Lehrers  niemand  von  demselben  etwas  höheres,  als 
ein  Zeichen  der  Zufriedenheit  erwarten  könne;  ein  solches  wäre 
ja  mehr,  als  eine  Negation  des  Tadels,  und  laszt  sich  füglich  als  Be- 
lobung oder  Belohnung  betrachten. 

Der  Leiirer,  der  seine  Schüler  nie  lobt  nnd  von  ihnen  erwartet, 
dasz  sie  die  Negation  des  Tadels  sclion  als  Belobung  und  Belohnung 
ansehii  sollen,  ist,  glimpflieh  gesagt,  ein  unpädagogischer  Kauz,  der 
sich  nicht  auf  die  menschliche  Natur,  namentlich  nicht  auf  das  Wesen 
und  die  Art  der  Jugend  versteht  und  einen  Antrieb  und  Stachel  zum 
Rechten  und  Gehörigen  auszer  Acht  läszt,  der  in  der  Hand  der  acoLpfjo- 
avvrj  zu  groszeu  und  schönen  Erfolgen  führt.  Der  Misbraucli  hebt  den 
Gebrauch  nicht  auf,  und  wenn  ich  schon  die  vielfach  auf  Schulen  so 
beliebte  und  florierende  Prämienwirtschaft  herzlich  verabscheue,  welche 
mit  Ordensbändern,  Ehrenkreuzen,  Medaillen,  goldnen  und  silbernen 
Pinnen,  VVolverhaltungspfennigen,  Wettpreisen,  Honigkuchen  und  Zucker- 
brezelu  um  sich  wirft,  die  Kränze  der  Auszeichnung  und  Ehre  sehr  niedrig 
aufhängt  und  schon  für  eine  dürftige,  halbe  Anstrengung  eine  volle  und 
ganze  Belohnung  in  Bereit<;chaft  hält,  ja  das  Schein  verdienst,  die  er- 
schlichene und  erborgte  Würdigkeit,  oft  unter  Paukenschall  und  Trom- 
petengeschmetter, zur  Bestätigung  des  Sprichworts:  ^beaucoup  de  bruit, 
peu  de  fruit',  decoriert,  so  musz  ich  doch,  im  wolverstandnen  Interesse 
der  Pädagogik,  die  laute  Anerkennung  und  Belobung  des  Schülers,  der 
tapfer  strebend  das  rechte  getroffen  und  wacker  ausgeführt,  fordern,  ja 
sie  als  Pflicht  und  Schuldigkeit  des  Lehrers  bezeichnen;  ein  'pulchre, 
bene,  recte',  zu  rechter  Zeit  und  an  rechter  Stelle  über  das  Thun  und 
Treiben  des  nach  Erkenntnis  und  Wahrheit,  nach  Wissenschaft  und 
Weisheit  trachtenden  Schülers  ausgesprochen ,  leistet  deu  Bildungs- 
zvvecken  kräftigen  Vorschub,  gibt  dem  jugendlichen  Geiste  Freudigkeit, 
Flügel  und  Schwungkraft  auf  der  Bahn  des  Gesetzes  und  Fleiszes,  der 
Zucht,  Ordnung  und  Sitte,  und  stärkt  in  ihm  den  Ent>'chlasz,  noch  eif- 
riger dem  nachzudenken,  was  lieblicTi  und  was  wol  lautet,  was  etwa 
eine  Tugend  und  etwa  ein  Lob  ist  (Phil.  IV  8).  Suillius  und  Cossutia- 
nus  sprechen  bei  Tacitus  (Ann.  XI  7)  ein  wahres,  auch  von  dem  Leh- 
rer der  .Tugend  wol  zu  beherzigendes  Wort  aus:  ''sublatis  studiorum 
pretiis  etiam  studia  peritura,  ut  minus  decora.'  So  gebe  denn  der 
Lehrer,  dem  weisen  Rathe  unseres  Dö  der  lein  gemäsz ,  so  oft  er  kann 
seine  Zufriedenheit  laut,  mit  ruhigem  Ernste  zu  erkennen,  und 
wenn  er  loben,  d.  h.  vorzügliches  in  Führung  und  Leistungen  aner- 
kennen kann,  lasse  er  die  Schüler  die  lebhafte  Freude,  die  es  ihm  mache, 
fühlen  und  mitempfinden,  gewöhne  sie  aber  im  Schweisze  des  Angesichts 
freudig  und  unverdrossen  das  Gute  um  des  Guten  willen  zu  thun,  ohne 


336  Kurze  Anzeigen  nnd  Miscellen. 

Aussicht  auf  Anerkennung,  Lohn,  Preis,  Ehre  und  Dank  von  Menschen 
her,  drücke  ihnen  mit  aller  Kraft  der  Rede  zur  Beherzigung  tief  in 
die  Seele  das  Wort  des  Herrn:  'wenn  ihr  alles  gethan  habt,  was  euch 
befohlen  ist,  so  sprecht:  wir  sind  unnütze  Knechte,  wir  haben  gethan, 
was  wir  zu  thun  schuldig  waren'  (Luc.  17,  10),  wecke  und  unterhalte 
in  ihnen,  mit  Hinweisung  auf  den  Rath  des  Persius  (IV  52): 

'tecum  habita;  noris,  quam  sit  tibi  curta  supellex', 
neben  der  Bescheidenheit,  jene  heilsame  Unzufriedenheit  mit  sich  selber, 
die  vor  Dünkel,  Ansprüchen,  Anmaszung,  vor  Ueberschätzung,  Eitel- 
keit, Selbstgefälligkeit,  Stolz  und  Hoffahrt  bewahrt,  heisze  sie  allezeit 
eiuhergehn  in  Demut  der  Engel,  an  welchen  Gott  auch  noch  Tadel  findet, 
und  bringe  sie  dahin,  dasz  sie  aus  Herzensgrund  freudig  den  Aussprü- 
chen alter  und  bewährter  Weisheit  zustimmen:  'recte  factorura  verus 
fructus  est  fecisse,  nee  ullum  virtutum  pretium  dignum  illis  extra  ipsas 
est'  (Senec.  de  dem.  I  1)  und  '^nuUum  theatrura  virtuti  conscientia 
malus  est'  (Tusc.  II  26). 

Entweder  ich  irre  mich  stränich  oder  es  ist  jetzt  hohe,  ja  höchste 
Zeit,  unsere  Jugend  für  ihren  Wandel  und  Weg  durch's  Leben  mit  dem 
Urteil  des  alten  Cato  innig  zu  befreunden,  der  erklärte,  er  wolle  lieber 
dasz  man  frage,  warum  ihm  keine  Ehrensäule,  als  warum  sie  ihm  er- 
richtet worden ;  wie  stellt  sich  denn  die  Welt  zu  der  Aufforderung 
Sirachs  (VII  22) :  •■  einen  treuen  Knecht  und  fleiszigen  Arbeiter  halte 
nicht  übel'?  Sind  die  bekreuzten  und  besternten  Groszwürdenträger, 
die  Männer  von  groszem  Einflusz  und  Einkommen  allezeit  und  durch- 
weg auch  die  der  Würdigkeit,  der  Ehre,  des  Verdienstes?  wäre  es  un- 
gereimt, was  folgende  Reime  besagen? 

^Faulenze  und  schreie 

Und  du  bekömmst  für  Zweie, 

Arbeite  und  schweige 

Und  du  erhältst  die  Neige.' 

Es  ist  und  bleibt  in  Wahrheit  ein  hochherliches  Ding  um  den 
'virtutis  verae  custos  rigidusque  satelles' 
(Hör.  ep.  I  1,   17),  um  einen  Mann,  der  nicht  Menschen,    sondern  Gott 
zum  Dienste  das  thut,  was  er  nun  einmal  nicht  lassen  darf,  ohne  seinen 
Werth  zu  verlieren  und  ihm,  der  ein  rechter  Richter  ist,  zu  misfallen. 
Hie  Rhodus,  hie  salta! 

3. 

fleh  habe  wo!  schon  manchmal  einem  jungen  Lehrer  vor  seinem 
ersten  Gang  ins  Lehrzimmer  folgende  Anweisung  gegeben:  Sie  werden 
mit  der  Unart  des  Plauderns  zu  kämpfen  haben.  Wenn  Sie  das  erste- 
mal einen  Plauderer  bemerken,  so  dürfen  Sie  nichts  thun  als  innehal- 
ten und  so  lange  schweigen,  bis  der  Plauderer  schweigt.  Dann  fahren 
Sie  fort,  ohne  ihn  auch  nur  durch  einen  Blick  zu  strafen.  Den  zweiten 
Plauderer  dürfen  Sie  schon  scharf  ins  Auge  fassen,  bis  er  Ihrem  Auge 
begegnet  und  schweigt.  Auch  der  dritte  Plauderer  will  immer  noch  nicht 
härter  angelassen  sein,  als  mit  der  verwunderten  Frage:  'ist  denn  das 
üblich  an  hiesiger  Schule,  dasz,  wärend  der  Lehrer  spricht,  die  Schüler 
ungefragt  selbst  auch  sprechen?  Ich  glaube  das  nicht  und  will  das  nicht; 
es  stört.'  Auf  diese  Weise  hat  selbst  ein  achtjähriger  Schüler  den  ent- 
schiedenen Willen  und  die  ruhige  Energie  des  Lehrers  erkannt,  wärend 
sie  doch  alle  Pfeile  des  Verweises  und  der  Strafe  noch  ungebraucht  im 
Köcher  behält.  Am  stärksten  ist,  wer  mit  dem  geringsten  Kraftaufwand 
sein  Ziel  erreicht;  die  Stufenleiter  ist  die  Faust,  das  Wort,  der  Blick, 
der  Gedanke  —  und  wer  mit  dem  bloszen  Gedanken  regieren  könnte, 
wäre  ein  gottähnlicher  Regent.  Ein  anderer  Lehrer  zerschlägt  gleich 
in  der  ersten  Stunde  das  Lineal  an  dem  unbotmäszigen ,  um  sich  in 
Respekt  zu  setzen.' 


Kurze  Anzeigen  nnd  Miscellen.  337 

Ein  Jugendlelirer ,  zumal  ein  angehender,  der  sich  von  einem  so 
geistvollen,  einsichtig^en,  erfahnuiK'sreiclien ,  in  Dingten  der  Pädagogik 
und  Didaktik  stimmberechtigten  Gelehrten,  wie  D  öder  lein  ist,  be- 
rathen  lassen  kann ,  hat  in  Wahrheit  allen  Grund  ,  solch  einen  Vorteil 
hoch  anzuschlagen,  und  musz  si(  h  bemühen  diese  Gelegenheit  und  Gunst 
gewissenhaft  aiiszubeuten ,  zugleich  aber  auch  sich  mit  allem  Fleisz 
hüten,  die  gegebene  Anweisung  für  einen  unverbrüchlichen  Kanon,  für 
eine  Schablone  zu  halten  ,  nach  welcher  er  caeca  fide  auf's  Gerathewol 
darauf  los  arbeitet.  Mit  derartigen  Instructionen  und  immerhin  wolge- 
meinten  Fingerzeigen  ist's  eine  eigne,  misliche  Sache.  Duo  cum  faciunt 
idem  ,  non  est  idem.  'Eins  schickt  sich  nicht  für  alle';  'nisi  per  te 
sapias,  frustra  sapientem  audias'  lehrt  Publius  Syrus,  für  frustra 
könnte  es  zu  Zeiten  füglich  auch  heiszen:  cum  tuo  et  alterius  incom- 
modo.  'Sehe  jeder,  wie  er's  treibe',  hat  vor  allem  seine  Geltung  bei 
dem  Lehrer  und  Erzieher  der  Jugend,  der  sich  aus  selbsteigner,  leben- 
diger Praxis  herausgestalten  und  zu  dem  klug  und  bedächtig  um  sich 
schauenden  Meister  durch-  und  emporarbeiten  musz ,  der  in  Berücksich- 
tigung der  Individualität  und  geistigen  Schattierung  seiner  Jünger  leh- 
rend und  leitend  nicht  ausschlieszlich  ein  Verfahren  ,  e'ine  Methode  für 
alle  einschlägt  und  festhält,  um  jeden,  auf  seine  Bedürfnisse,  sein  Ge- 
artetsein eingehend,  wahrhaft  zu  fördern  und  dahin  zu  bringen,  wohin 
er  ihn  von  Berufswegen  bringen  soll  und  musz.  '  Est  rerum  omniura 
usus,  hominum  adhibita  sollertia',  sagt  Caesar  (de  bell.  civ.  II  8),  das 
möge  sich  der  Lehrer  zur  Lehre  auf  die  Tafeln  seines  Herzens  schreiben. 

In  dem  schwei'sten,  mühseligsten,  ein  ganz  ungewöhnliches  Masz 
von  Klugheit,  Einsicht,  Takt  und  Geschick  heischenden  Geschäft,  dem 
der  Jugendbildung,  kann  und  wird  selbstverständlich  der  Irtum ,  der 
Fehl-  und  MisgrifF  nicht  ausbleiben.  Quintilian  jagt  dem  Lehrer  mit 
der  ersten  Hälfte  der  an  ihn  gestellten  Forderung:  'ipse  nee  habeat 
vitia  nee  ferat'  einen  heiligen,  durch  Mark  und  Bein  zuckenden  Schreck 
ein,  doch  'es  irrt  der  Mensch,  so  lange  er  strebt',  kein  Meister  fällt 
vom  Himmel,  docendo  disciraus,  das  Lehrgeld  für  den  Lehrer  musz  oft 
der  Schüler  zahlen,  ihm  die  Sporen  verdienen  helfen.  So  ist's  nun 
einmal ,  so  wird  es  bleiben  in  dieser  Welt  der  Mängel  und  Unvollkom- 
menheit. 

Das  erste,  was  die  Schule  von  ihrem  Zögling  verlangt  und  ver- 
langen musz,  ist  ein  ges  et  z  mäsziges  Verh  al  ten;  aus  den  Gesetzen, 
die  ihn  bei  seinem  Eintritt  in  dieselbe  empfangen,  soll  er  seine  Freiheit 
schöpfen,  die  nie  zur  Ungebundenheit  werden  darf,  in  Gehorsam  und 
durch  Gehorsam  gegen  dieselben  sich  das  erwerben,  was  einzig  nur  zu 
seinem  Frieden  dient,  sein  Heil  wie  seinen  Euhm  ausmacht.  Diese 
Gesetze  ,  zu  deren  gewissenhaftester  Beobachtung  er  sich  durch  Hand- 
schlag verpflichtet,  sollen  und  müszen  bei  ihm  einen  Leib,  Fleisch  und 
Blut,  Kern  und  Kraft  gewinnen,  ein  Leben  zu  führen  im  Geist  und  in 
der  Wahrheit;  'hänge  sie',  sagt  Salomo  (Spr.  3,  3 — 4),  'an  deinen 
Hals  und  schreibe  sie  in  die  Tafeln  deines  Herzens,  so  wirst  du  Gunst 
und  Klugheit  finden,  die  Gott  und  Menschen  gefällt.'  Der  zum  Hüter 
und  Wächter  derselben  bestellte  Lehrer  darf  nicht  schlafen  noch  schlum- 
mern, musz  allen  Unsitten,  jeder  Ungebür  sofort  kräftig  und  nach- 
drucksvoll entgegentreten.  Ordnung  regiert  die  Welt,  regiert  die  Schule! 
In  der  Sammlung  des  auf  das  Wort  der  Lehre  stetig  merkenden  Geistes, 
in  völliger,  ungestörter,  ausdauernder  Hingabe  an  das  zur  Bearbeitung, 
Verarbeitung  und  Aneignung  vorgelegte,  in  der  Ruhe,  dieser  bekannten 
ersten  Bürgerpflicht,  sah  denn  auch  mein  würdiger  Freund,  der  selige 
Oberschulrath  Zehlicke  in  Parchim ,  Cardinaltugenden  des  Schülers, 
die  er  ihnen  zur  andern  Natur  zu  machen  bestrebt  war  und  noch,  nach- 
dem  er   längst   erreicht   hatte,   worauf  er   mit   allem  Eifer  hingehalten, 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.    U.  Abt.  1861.   Hft  7.  22 


338  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

pflegte  der  liebenswürdige  Mann,  im  alten  Ordnungs-  und  Zuchtgelei^e 
sich  treulich  fortbewegend,  wärend  des  Unterrichts  einmal  über  dns 
andere  ein  gedehnte.s,  scharf  prononciertes  'ruhig!'  in  den  Schülercötus, 
der  sich  mäuschenstill  verhielt ,  hinein  zu  knarren  und  zu  schnarren. 
Lächerlich  das,  in  seinem  Grunde  jedoch  achtbar  und  lobwürdig.  Der 
junge  Lehrer,  der  sein  Debüt  vor  Schülern  macht,  musz ,  wenn  er  das 
erstemal  einen  Plauderer  bemerkt,  etwas  anderes  thun  als  innehalten, 
und  so  lange  schweigen,  bis  der  Plauderer  schweigt,  ohne  ihn  auch  nur 
durch  einen  Blick  zu  strafen.  Er  musz  das  Gesetz  der  Schule  aufrecht 
und  im  unverletzten  Ansehn  halten,  den  plaudernden  sofort  zur  Ordnung 
rufen,  ihn  rügen  mit  sanftem  Geist,  in  liebevoller,  das  treue  Herz  auf 
der  Zunge  tragender  Zuspräche.  Bei  der  von  unserem  Döderlein  in 
Vorschlag  gebrachten  Procedur  wird,  nach  meinem  Dafürhalten,  des 
Glimpfes,  der  Nachsicht  und  Duldung  viel  zu  viel  geübt.  Welch  unge- 
bürliche,  die  lernlustigen  und  lerneifrigen  Schüler  beeinträchtigende,  den 
Lehrgang  unterbrechende  Concession  an  den  ersten  und  zweiten  Plau- 
derer! Der  wagt's  nicht  uns  zu  unterbrechen,  denken  nun  vielleiclit 
beide ,  unterläszt  aus  Feigheit  den  Ordnungsruf;  kann  es  befremden, 
wenn  sie  sich  noch  mehr  herausnehmen?  Die  Frage  der  Verwunderung, 
mit  welcher  der  dritte  Plauderer  angelassen  werden  soll,  kann  leicht 
den  Lehrer,  der  sie  aufwirft,  compromittieren,  sofern  das  ironisch- 
Skommatische  desselben  einen  vorlauten  Naseweis  und  Gelbschnabel,  ein 
vorwitziges  Keckhähnchen  von  Schüler  zu  der  Antwort  treiben  könnte: 
'was  Sie,  Herr  Doctor,  dem  A.  und  B.  ohne  Verweis  haben  hingehn 
lassen,  ist  mit  nichten  usus  der  Schule,  und  was  Sie  nicht  glauben, 
das  sollten  Sie  dann  auch  nicht  für  möglich  halten.'  Und  nun  gienge 
das  Hin-  und  Herreden  vom  Stapel,  fielen  auf  beiden  Seiten  Aeuszerun- 
gen  ärgerlicher  Art,  eins  gäbe  das  andere ,  es  käme  schlieszlich  zu  einem 
d^mele'  furieux  zu  groszem  Nachteil  für  Lehrer  und  Schüler. 

Was  der  Lehrer  an  Ordnungs-  und  Gesetzwidrigkeiten  bemerkt 
—  leider  entzieht  sich  vieles  auch  seiner  wachsamsten  Aufmerksamkeit, 
z.  B.  die  Zettelwanderung  unter  den  Tischen  — ,  dem  darf  er  nicht 
ruhig  und  still  zusehn ;  es  kann  lange  dauern ,  bis  der  erste  Plauderer 
in  der  Lebendigkeit  seines  Wesens,  im  Feuer  seiner  Mitteilsamkeit  sich 
ausplaudert  und  der  zweite  dem  Auge  des  Lehrers  begegnet,  und 
kommt's  endlicli  dazu,  dann  ist's  noch  fraglich,  ob  er  in  Folge  dieser 
Augenbegegnung  sich  zu  dem  erwarteten  Schweigen  bequemt.  Die  Ju- 
gend ist  besonders  aufgelegt,  Excesse  zu  verüben;  wo  sie  es  mit  einem 
jungen,  neuen  Lehrer  zu  thun  hat,  da  versucht  sie  es  wieder  und  wie- 
der, ob  sie  denselben  nach  ihrem  Sinn  modeln  und  sich  zurichten,  was 
und  wieviel  sie  ihm  bieten,  wie  weit  sie  es  in  der  Zuchtlosigkeit  treiben, 
was  sie  von  ihm  und  dem  Schulgesetz  abdingen,  whs  sich  herausnehmen 
könne;  in  ihrem  Uebermut  geht  sie  darauf  aus,  dem  Lehrer  Verlegen- 
heiten zu  bereiten,  ihm  Widerpart  zu  halten,  ein  Bein  zu  stellen,  seine 
Auctorität  zu  Falle  zu  bringen  und  den  unter  ihre  Botmäszigkeit  ge- 
brachten in  den  Sack  zu  stecken;  da  gilt's  denn,  den  Schulmeister 
herauszukehren  und  gehörig  ins  Licht  zusetzen,  das  O  vidisc  he  (rem. 
am.  480): 

'est  aliquid  valida  sceptra  teuere  manu' 
in  der  vollen  Glorie  seiner  Kraft  und  Herlichkeit  strahlen  zu  lassen, 
das  'principiis  obsta ! '  energisch  zu  bethätigen ,  seinem  Amte  und  An- 
sehn nicht  das  geringste  zu  vergeben  und  den  Schülern  durch  die  Art, 
sich  ihnen  gegenüber  zu  nehmen  den  Beweis  in  die  Hand  zu  liefern,  dasz 
er  nicht  der  Mann  sei,  der  in  schwächlicher  Nachsicht  mit  sich  han- 
deln, mit  sich  spaszen  und  spielen  lasse,  dasz  er  Subordination  quand 
meme  verlange  und  grosze  Stücke  von  dem  kategorischen  Imperativ 
halte.  —  Du  weiszt  was  du  sollst  und  wozu  du  hier  bist,  weg  also  mit 


Kurze  Anzeigen  und  MisceUen.  339 

dem  Plaudern!  hier  habe  ich  zu  reden,  du  hast's  nur  dann,  wenn  du 
von  mir  gefragt  wirst !  So  etwa  laute  der  Ordnungsruf  an  den  Plau- 
dernden, die  Keprimande. 

Der  junge  Lehrer,  der  sich  anschickt  seinen  ersten  Gang  mit  den 
Schülern  zu  machen,  sage  es  sich  vorher  zweimal  und  dreimal,  dasz 
die  Art,  wie  er  ihn  macht,  auf  lange  hin,  wenn  nicht  gar  für  immer, 
über  das  wichtigste,  was  ihm  nicht  fehlen  darf,  entscheidet,  über  sein 
Ansehn,  seine  Auctorität.  In  dem  hellen,  vollen  Bewustsein,  dasz  er  das 
Zeug  habe,  der  Forderung  des  Dichters: 

^wer  lehren  will,  der  gebe  was' 
nicht  ohne  Segen  zu  entsprechen,  trete  er  furchtlos  und  ruhig,  besonnen 
und  kräftig,  fest  und  freudig  auf,  ein  Fackelträger  der  Humanität,  die 
aus  ihm  selbst  gewinnend  hervorleuchtet.  Er  weisz  dasz  er  sich  nicht 
ein  kümmerliches ,  lückenhaftes  Wissen  für  das  Bedürfnis  e'iner  Lehr- 
stunde mühsam  zusammengelesen,  dasz  er  sattel-  und  bügelfest  in  seinem 
Fache  ist,  er  hat  ein  Herz  für  die  Jugend  und  den  kraftfreiidigon  Wil- 
len, es  ihr  in  dem  Reichtum  seiner  Treue  und  Gütigkeit  zu  erschüpszen; 
ausgestattet  mit  dem  Talente  der  Geduld ,  steht  er  in  der  tröstlichea 
Zuversicht,  dasz  das  Gute,  welches  nach  Können  und  Vermögen  er  un- 
ablässig zu  fördern  wie  berufen  so  bereit  ist,  eine  göttliche  Gewalt 
habe,  die  den  Widerstand  der  Unvernunft  früher  oder  später  brechen 
und  siegend  Segen  um  Segen  ins  Leben  ergieszen  werde,  und  hat  den 
durch  keine  Kränkung,  keine  Verlästerung  zu  erschütternden,  aushar- 
renden Mut  in  der  Seele,  auch  für  den  Undank,  die  Verkennung  zu 
arbeiten.  Angesichts  der  Misvergnügten ,  seiner  Zucht  und  Führung 
W^iderstrebenden  zeigt  er  sich  mit  dem  Cousul  Quinctius  (Liv.  3 ,  08) 
auf  e'inen  Ton  gestimmt,  welcher  ausruft:  ^vellem  equidem  vobis  pla- 
cere,  Quirites,  sed  multo  malo  vos  salvos  esse,  qualicumque  erga  me 
animo  futuri  estis  ! ' 

'Heitern  Sinn  und  reine  Zwecke; 
Nun!  man  kommt  schon  eine  Strecke!' 
Dieses  Wort  Goethes    wird    sich    auch    an    ihm,    dem  unverdrossenen, 
mutig  und  edel  strebenden,  zu  seinem  und  seiner  Schüler  Frieden  erfüllen. 

Anlangend  die  Schluszbemerkung:  'am  stärksten  ist,  wer  mit  dem 
geringsten  Kraftaufwand  sein  Ziel  erreicht;  die  Stufenleiter  ist  die  Faust, 
das  Wort,  der  Blick,  der  Gedanke',  so  trage  ich  noch  den  Wink  ein 
und  bezeichne  das  Regiment  mit  dem  bloszen  Gedanken  als  ein  über 
gottähnliches  Regententum  und  alles  menschliche  Vermögen  hinaus- 
liegendes, für  Menschen  offenbart  sich  der  Gedanke  in  Werk  und 
Wink ,  in  Blick  und  Wort. 

4. 

'Es  würde  ein  Riesenschritt  in  unserer  National-  und  besonders 
Jugendbildung  sein,  wenn  wir  alle  und  nicht  am  wenigsten  die  Erzieher 
uns  gewöhnten,  Schläge,  die  ein  Mensch  als  Züchtigung  bekömmt,  von 
ihrer  rein  tragischen  Seite  zu  betrachten.  Wir  Deutschen  stehn  hierin 
in  der  Mitte  zwischen  den  Slaven  und  Romanen.  Für  den  Russen  ist 
ein  geprügelter  Mensch  etwas  natürliches,  alltägliches ;  für  den  Deutschen 
ist  er  etwas  ungewöhnliches,  welches  bald  Bedauern  erregt,  weil  er  dessen 
Schmerzen  mitfühlt,  bald  auch  zum  Lachen  reizt,  weil  er  ihn  mit  einer 
fühllosen  und  ehrlosen  Sache  verwechselt  sieht;  für  den  Franzosen  ist 
es  eine  durchaus  ernsthafte  Sache,  gleich  als  wenn  die  Schläge  den  Men- 
schen nicht  nur  für  den  Augenblick  zur  Sache  machen,  sondern  ihn  für 
immer  entmenschen  und  entehren.  Auch  der  ungebildete  Franzose,  der 
vor  einer  blutigen  Hinrichtung  nichts  weniger  als  zurückbebt,  wird  nicht 
ohne  Innern  Abscheu  und  Grauen  einer  Prügelexecution  zusehn ;  ein 
Deutscher  auf  der  gleichen  Bildungsstufe  trägt  kein  Bedenken  ihr  nach- 

22* 


340  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

zulaufen.  Ein  deutscher  Lehrer  kann  nicht  leicht  verberibus  mnlcare 
mit  durchprügeln  übersetzen  lassen,  ohne  dasz  die  Schulknaben  wie 
über  einen  Spasz  lachen. 

Das  absolute  Verbot  körperlicher  Züchtigung  in  den  Schulen  ist 
bedenklich,  so  lange  der  Knabe  zu  Hause  an  Ohrfeigen,  Stock  und 
Peitsche  gewöhnt  ist,  und  sich  nur  in  der  Schule  davor  sicher  fühlt, 
weil  sein  Lehrer  ohnmächtiger  ist  als  sein  Vater.' 

Falls  die  Prügelstrafe  überhaupt  noch  eine  Stelle  im  Strafcodex 
einnehmen  soll,  gewöhne  man  sich  sie  als  eine  Degradation  unter  die 
animalia  bruta  und  im  Vergleich  zum  Ritterschlag  mit  dem  Schwerte, 
gleichsam  als  einen  Rindviehschlag  mit  dem  Ochsenziemer,  als  eine  mit 
Centnerwucht  auf  die  ganze  Lebenszeit  des  durchgeprügelten  geworfene 
Schmach,  als  eine  Art  von  Hinrichtung  zu  betrachten,  bei  welcher  dem 
Deliquenten  zwar  nicht  der  Kopf,  wol  aber  die  Ehre  abgeschnitten  wird. 
—  Der  Schluszgedanke  regt  die  Frage  an:  darf  die  Zuchtprocedur,  die 
Roheit  und  Brutalität  des  Hauses,  auf  den  Wahn  des  Knaben  hin,  den 
vernünftigen  Erziehungsgang  der  Humanität  anstrebenden  Schule  discre- 
ditieren  und  ist  in  Wahrheit  und  Wirklichkeit  der  Stock-  und  Knuten- 
meister von  einem  Vater  mächtiger,  als  der  humane,  geistestüchtige 
Zuchtniei.3ter  der  Schule? 

5. 

'Mancher  Lehrer  gefällt  sich  darin,  seinen  Schülern  begreiflich  zu 
machen,  dasz  er  nur  ihr  älterer  Freund  sei  und  mit  ihnen  fortzulernen 
habe.  Bei  wenigen  mag  dies  aus  der  unlauteren  Quelle  einer  captatio 
benevolentiae  hervorgehn,  bei  vielen  ist  es  der  Ausdruck  einer  wah- 
ren Demut  oder  einer  aufrichtig  gemeinten  Liberalität.  Aber  ein  kluges 
Wort  ist  es  in  keinem  Fall,  am  wenigsten  wenn  der  Lehrer  noch  jun;- 
genug  ist,  um  wirklich  ein  Freund  seines  Schülers  sein  zu  können. 
Aber  sein  Amt  macht  ihn  eben  zu  etwas  anderem,  zu  einem  Herrn  und 
Meister,  der  allerdings  so  freundlich  sein  darf  als  er  will,  ohne  da- 
durch das  zu  werden,  was  die  Jugend  einen  Freund  nennt.  In  verbis 
ne  simus  faciles!  Der  Lehrer  hebt  dadurch  den  specifischen  Unter- 
schied, der  zwischen  ihm  und  dem  Lehrling  naturgemäsz  besteht,  selbst 
auf  und  substituiert  einen  graduellen.  Die  Ehrfurcht  zurückzudrängen, 
damit  die  Liebe  desto  mehr  Platz  gewinne,  ist  ein  bedenkliches  Ver- 
fahren, mit  dem  man  sich  nicht  einmal  Dank  verdient;  denn  das  Gefühl 
der  Ehrfurcht  steht  an  wolthuender  Kraft  auf  der  gleichen  Stufe  mit 
dem  der  Liebe,  und  je  kräftiger  der  Knabe  und  Jüngling  —  wenn  er 
nicht  wirklich  gemeiner  Natur  ist  — ,  desto  unentbehrlicher  erscheint 
ihm  jenes  Gefühl.' 

Auch  der  junge  Lehrer  kann  wirklich  ein  Freund  seines  Schülers 
sein,  und  ist  er's  nicht,  dann  soll  er  es  werden,  nicht  jedoch  im  Sinne 
des  lustigen  Bruders  und  Kumpans,  einer  durch  wechselseitiges  du  etwa 
gar  bei  vollem  Glase  besiegelten  Kameradschaft-  welche  aus  gemein- 
schaftlichem Beutel  wirtschaftet,  sondern  der  Treue,  der  liebenden, 
opferfreudigen  Hingebung  des  kundigeren,  umsichtigeren  Geisteshelfers 
>ind  Berathers  bei  schwerem  Werk.  Anstatt  'wenn  der  Lehrer  noch 
jung  genug  ist,  um  wirklich  ein  Freund  seines  Schülers  sein  zu 
können',  wollte  Döderlein  wahrscheinlich  schreiben:  wenn  der 
Lehrer  noch  zu  jung  ist,  um  usf.,  obschon  auch  bei  dieser  Fas- 
sung Döderleins  Behauptung  sich  nicht  halten  läszt;  kann  doch  der 
Lehrer  selbst  jünger  als  sein  Schüler  und  gleichwol  Freund  desselben 
sein,  wozu  die  Erfahrung  Thatbeweise  liefert.  Mit  dem  Herrn  und 
Meister  von  Amtswegen  kann  der  Freund  sehr  gut  Hand  in  Hand 
gehn,  und  freundlich  sein  flieszt,  nach  meiner  Ansieht  der  Sache, 
mit  Freund  sein  in  eins.     Ich  habe  Schüler  gehabt,  die  um  vier  Jahre 


Kurze  Anzeigen  und  Miscelien.  34t 

älter  wareu  als  ich  selber,  uuil  sie  wiederholt  aufgefordert,  mich  in  ihien 
Angelegenheiten,  ihrem  Wissensstreben  als  iliren  Freund  betrachten  zu 
wollen ,  der  mit  ihnen  fortzulernen  habe,  —  sie  erlebten  auch  jeweilig, 
dasz  ich  nicht  in  allem  und  jedem  ,  was  zu  wissen  gut  und  löblich  ist. 
fix  und  fertig  war,  hier  irrte,  dort  mit  einem  unumwundenen  'nescio!' 
hervoi'gehn  rauste  — ,  und  wüste  nicht,  dasz  ich  mit  dergleichen  Aeusze- 
rungen  ,  die  aus  reiner  Quelle  flössen,  einen  dummen  Streich  gemacht 
hätte,  und  ist  es  auch  nicht  gerade  die  Ehrfurcht,  in  und  mit  welcher 
sich  der  Schüler  seinem  ihm  an  Jahren  nahestehenden,  vielleicht  glei- 
chen, ja  mitunter  Jüngern  Lehrer  zuneigt,  so  kann  es  doch  die  von 
Anhänglichkeit,  Pietät,  Dank,  Liebe  und  herzlich-treuer  Verehrung  ge- 
tragene Scheu  sein,  einer  solch  redlichen,  lautern,  mit  Selbstverläugnung 
auf  sein  Wohl  eingehenden,  teilnahmvollen  Seele,  die  den  Vorgesetz- 
ten in  das  Gewand  edelster  Humanität,  gewinnender  Güte  kleidet,  wehe 
zu  thun ,  sie  zu  beleidigen  und  zu  kränken.  Vortrefflich  das,  was  in 
diesem  Betracht  Seneca  (de  benef.  VI  I(i)  beibringt:  ^quid  ergo? 
qua  re  et  medico  et  praeceptori  plus  quiddam  debeo  nee  adversus  illos 
mercede  defungur?  Quia  ex  medico  ac  praeceptore  in  araicum  trans- 
eunt  et  nos  non  arte,  quam  vendunt ,  obligant,  sed  benigna  et  familiari 
voluntate.'  Etwas  ganz  anderes  ist's,  wenn  sich  der  Lehrer  hinter  den 
Namen  Freund  versteckt  und  das  Fortlernen  mit  seinem  Schüler  mit 
auffälliger,  captivierender  Beflissenheit  betont,  um  seine  Schächerschaft 
im  Wissen  und  Können  zu  verbergen,  und  nichts  so  gut  und  sicher  weisz, 
als  dasz  für  diesmal  der  Jünger  über  dem  Meister  ist.  Fortzulernen 
hat  auch  der  unterrichtetste  Lehrer,  warum  also  im  Stückwerk  mensch- 
lichen Wissens  dies  dem  Schüler  verschweigen  ?  Ein  Tag  lehrt  den  an- 
deren, kein  Mensch  lernt  je  aus,  dazu  der  Irtum,  der  ihn  nie  verläszt. 
'Nemo  mortalium  omnibus  horis  sapit'  (Plln.  N.  H.  VII  40).  'Homines 
dum  docent,  discunl'  (Senec.  ep.  VII  8).  Das  kann  der  tüchtige,  mit 
seinem  Beruf  es  treu  und  ehrlich  meinende  Lehrer,  unbeschadet  seines 
Ansehens ,  dem  Schüler  offen  und  rückhaltlos  sagen. 

6. 

'Oft  kommt  ein  Lehrer  in  Versuchung  ein  Unrecht  zu  begehn,  wenn 
er  einen  Schüler  zur  Unzeit  lachen  oder  lächeln  sieht.  Wie  schon 
Montaigne  bemerkt,  äuozern  sich  die  entgegengesetzten  Gemütsbe- 
wegungen auf  einerlei  Weise.  Der  tapfere  Herzog  von  Thüringen  zitterte 
wie  Espenlaub,  wenn  die  Schlacht  beginnen  sollte.  In  der  Todesangst 
stellt  sich  häufig  der  Lachkrampf  ein.  Eine  Frau  erzählte  tiefgebeugt, 
wie  sie  innerhalb  vierzehn  Tagen  ihre  fünf  Kinder  verloren  habe,  bis  sie 
vor  Lachen  nicht  weiter  sprechen  konnte.  Wenn  ein  Schüler  in  dem 
Augenblick  ,  wo  er  von  seinem  Lehrer  gescholten  wird ,  lächelt,  so  ist 
das  häufiger  ein  Ausdruck  der  Verlegenheit  als  des  Spottes.  Er  bemüht 
sich  nur  nicht  trotzig  zu  erscheinen  und  erscheint  so  allzu  freund- 
lich, oder  er  hat  Mitleid  mit  sich  selbst,  d.  h.  mit  seiner  Schuld,  wärend 
für  den  Lehrer  die  Misdeutuug  nahe  liegt,  dasz  er  heimlich  verlacht 
werde.  Und  wenn  andererseits  ein  anderer  Schüler  von  cholerischer 
Natur  beim  Tadel  die  Stirn  runzelt,  so  ist  dies  häufiger  Zorn  gegen  sich 
selbst,  als  Trotz  gegen  den  Tadler.  Oder  wie  soll  sich  der  Schüler 
beim  Tadel  benehmen  ?  soll  er  absolut  eine  traurige  melancholische  Miene 
zeigen,  als  ob  es  nur  e'in  Temperament  gäbe?  oder  soll  er  keine  Miene 
verziehn,  wie  ein  stoischer  Philosoph  und  wie  ein  russischer  Grenadier 
unter  dem  Korporalstock? ' 

Zur  Vervollständigung  des  ersten  Satzes  trage  ich  nach:  wenn  er 
ihn  darauf  hin  ohne  weiteres  hart  anliesze.  Die  Sache  selbst  ist  aller 
Beachtung  werth.  In  meiner  Schulpraxis  erlebte  ich  folgenden  Fall : 
Als  ich  einst  den  Aufsatz  eines  durch  Fleisz,  Strebelust  und  gute  Führung 


342  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

mir  sehr  lieb  und  werth  gewordenen  Primaners,  nach  meiner  Gewolin- 
heit  vor  ihm  stehend,  durchnahm  und  an  iler  Arbeit  nach  Anlage  und 
Ausführung,  Inhalt  und  Darstellung  viel  zu  tadeln  hatte,  steckte  der 
junge  Mann  ein  ganz  eigentümliches  Lächeln  auf  und  begleitete  meine 
Ausstellungen  mit  einem  Verdrusz  und  Misstimmung  verrathenden  nön- 
Tivaiia  und  Kopfschütteln.  Als  ich  ihm  bemerklich  machte,  dasz  es  hier 
nichts  zu  lachen,  wol  aber  viel  ernsthaft  und  ernstlich  zu  beherzigen 
gebe,  erwiderte  der  getadelte:  'er  wisse  und  begreife  nicht,  wo  ihm  bei 
Ausarbeitung  des  in  Rede  stehenden  Elaborats  der  Kopf  gestanden  ,  ein 
Kobold  müsze  dabei  die  Hand  im  Spiel  gehabt  haben;  sein  Lachen 
rühre  aus  purem  Aerger  über  sich  selbst  her;  gerade  von  diesem  Aufsatz 
Labe  er,  in  Betracht  der  darauf  verwendeten  Zeit,  Mühe  und  Sorgfalt, 
mit  einiger  Zuversicht  gehofft,  er  solle  ihm  meine  Zufriedenheit  eintra- 
gen, und  nun,  wunderlich  genug,  Fehler  über  Fehler,  Misgriff  auf  Mis- 
griff,  eine  schwächliche  Leistung  vom  Anfang  bis  zum  Ende.'  Da  hiesz 
es  denn  auch:  'in  Vitium  ducit  culpae  fuga'  (Hör.  ep.  ad  Pis.  31). 
Also  Vorsicht  und  Bedachtsamkeit !  Die  Miene ,  das  Gebahren  des  an- 
dern haben  mitunter  ganz  andere  Quellen  und  Motive,  als  wir  mutmaszen 
oder  gar  argwöhnen. 

'Quid  quod  non  crirainationibus  tantum',  sagt  Seneca  (de  ira  II 
22),  'sed  suspicionibus  inpellimur  et  ex  voltu  risuque  peiora  interpretati 
innocentibus  irascimur?' 

Wie  sich  der  Schüler  beim  Tadel  benehmen  solle?  ßund  heraus- 
gesagt: 'natürlich  und  anständig'. 

7. 

'Das  beste  ist,  wenn  der  Schüler  seinen  Lehrer  liebt  und  sich  vor 
ihm  schämt;  das  zweitbeste,  wenn  er  ihn  fürchtet;  schlimm,  wenn  er 
ihn  haszt;  das    schlimmste,  wenn  er  ihn  verachtet.' 

Wie  gefällt  unserem  Groszmeister  vom  (pädagogischen  Lehr-)  Stuhl 
Döderlein  der  folgende  Stufengang  vom  besten  zum  schlechtesten, 
den  ich  latine,  unter  Rücksichtnahme  auf  die  feinen  Begriffsbestim- 
mungen in  dessen  vortrefflichem  Werk:  'lateinische  Synonyme  und  Ety- 
mologieen',  also  geordnet  habe:  revereri  ac  suspicere,  colere,  observare 
in  parentis  loco ,  diligere,  amare,  contemnere  ac  despicere ,  odisse? 

8. 
'Ich  pflege  meinen  erwachsenen  Schülern  die  Führung  eines  regel- 
mäszigen  Tagebuchs  dringend  anzurathen,  um  des  augenblicklichen 
Vorteils  wie  des  künftigen  Vergnügens  willen,  ungerechnet  die  stete 
Uebung  im  Concipieren.  Ein  solches  Tagebuch  läszt  sich  nach  dreierlei 
Grundsätzen  führen : 

1)  über  das  ganz  äuszerliche  Leben,  die  eingehaltene  Tages- 
ordnung, Erlebnisse,  Bekanntschaften,  Tagesereignisse; 

2)  über  die  geistigen  Errungenschaften,  Lesefrüchte,  Excerpte 
aus  Büchern,  Erinnerung  an  lehrreiche  Gespräche,  Formulierung  eigner 
Gedanken  und  Einfälle,  Fragen  die  weiteres  Nachdenken  in  Anspruch 
nehmen.  Wer  aus  einem  Tage  gar  keinen  geistigen  Gewinn  dieser 
Art  zu  verzeichnen  hat,  den  straft  später  der  Anblick  dieses  Leerlaufs 
oder   'Fehlberichts'  leicht  mit  dem  Vorwurf:    hunc  diem  perdideram; 

3)  über  die  sittliche  Vervollkommnung,  wie  Lavater  jede  Be- 
gehungs-  und  Unterlassungssünde  sich  zu  seiner  Bestrafung  vorerzählte 
und  sogar  illustrierte. 

Bei  der  ersten  Art,  die  ich  als  minimum  empfehle,  herscht  die 
iucunditas  vor,  bei  der  zweiten,  die  ich  fast  zur  Pflicht  mache,  die 
utilitas.     Die  dritte  Art  ist  nicht  für  jedermann. 

Sehr  empfehlenswerth.  Zu  3:  Die  Seele  soll  sich  täglich  verhören 
und  zur  Rechenschaft  ziehn.     Wie  rührend  schön  und  zur  Nachahmung 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  343 

reisend  ist  das,  was  Seueca  (de  ira  3,  30)  von  dem  edleu  Römer 
iSextius  erzählt:  'faciebat  hoc  Sextius ,  ut  consummato  die,  cum  so  ad 
nocturnam  quietem  recepisset ,  interrogaret  animuin  suum :  quod  hodie 
nialiim  tunm  sanasti?  cui  vitio  obstitisti?  qua  parte  melior  es?  Desinet 
ira  et  moderatior  erit,  quae  seiet  sibi  cotidie  ad  iudicem  esse  venien- 
dum.  quicquam  ergo  pulchrius  hac  consuetudine  excutiendi  totum  diem  ? 
Qualis  ille  somiius  post  reeognitionein  sui  sequitur?  quam  tranquillus, 
quam  altus  ac  über,  cum  aut  laudatus  est  aniraus  aut  admonitus  et 
speculator  sui  censorque  secretus  cognoscit  de  moribus  suis  ?  Utor  hac 
potestate  et  cotidie  apud  me  causam  dico.  .  .  .  nihil  mihi  ipse  abscondo, 
nihil  transeo.  qua  re  cnim  quicquam  ex  erroribus  meis  timeam ,  cum 
possim  dicere:  vide  ne  istud  amplius  facias:  nunc  tibi  iguosco.' 

Warum  D  öder  lein  zu  Nr  3  nicht  mehr  beibringt,  als  das  von  ihm 
eiuigermaszen  bespöttelte  Verfahren  Lavaters  und  die  kurze  Erklärung, 
die  dritte  Art  sei  nicht  für  jedermann,  vermag  ich  mir  nicht  zu  deuten. 
Wenn  nach  J.  Classens  Mitteilung  in  dessen  ausgezeichneter  Recen- 
sion  der  öffentlichen  Reden  Döderleins  (s.  erste  Abteilung  dieser 
Jahrbücher  für  Philologie  und  Pädagogik  Band  LXXXl  Heft  10  S.  657) 
der  unvergeszliche  Friedrich  Jacob,  weiland  Director  des  Gym- 
nasiums zu  Lübeck ,  einen  wahren  Widerwillen  gegen  das  Halten  von 
Tagebüchern  bei  jungen  Leuten  geäuszert,  weil  er  davon  teils  ver- 
frühte Reflexion ,  teils  unvermerkte  Gewöhnung  an  Unwahrheiten  be- 
fürclitete ,  so  hat  sich  dieser  Meisterpädagog  von  einer  etwas  gräm- 
lichen, schier  spitzfindigen  Besorgnis  eines  etwaigen  Misbrauchs  einer 
au  sich  nichts  weniger  als  verwerflichen  Sache  gegen  dieselbe  einnehmen 
lassen.  Wann  sollen  denn,  wenn  ich  fragen  darf,  die  erwachsenen  Schüler 
anfangen,  Reflexionen  anzustellen?  Selbsttäuschungen  ist  auch  der  Wahr- 
heit liebende  und  eifrig  suchende  Jüngling  ausgesetzt,  ohne  deshalb  den 
Zug  zur  Unwahrheit  zu  nehmen. 

9.  (Död.  13). 

'Hamann  lobt  seinem  Bruder  in  einem  Brief  vom  30.  October  1759 
Wagners  mir  unbekannte  griechische  Grammatik  von  ein  paar  Bogen : 
"■sie  hat  alle  die  Vollkommenheiten,  die  ich  einem  Schulbuch  wünschte, 
kurz,  rund  und  trocken.  Es  gehört  aber  beinahe  eben  so  viel  Mühe 
dazu,  dergleichen  Bogen  zu  lesen,  als  sie  zu  schreiben.'  Sehr  wahr! 
Und  wem  wird  das  Glück  beschieden  sein,  eine  lateinische  Elementar- 
grammatik in  diesem  Geist  zu  schreiben? 

Ein  Lehrbuch  kann  nicht  trocken  und  kurz  genug  sein.  Es  musz 
das  Bedürfnis  in  dem  Schüler  rege  machen,  seinen  Inhalt  durch  die 
viva  vox  des  Lehrers  erschlossen  und  erläutert  zu  sehn.  Enthält  es 
Begriffsbestimmungen,  so  müszen  diese  mit  solcher  logischer  Schärfe 
abgefaszt  sein,  dasz  eben  diese  Schärfe  sie  der  Erläuterung  fähig  macht. 
Im  entgegengesetzten  Fall,  wenn  das  Lehrbuch  an  sich  schon  verständ- 
lich ist  und  nicht  bei  Andeutungen  und  Rätseln  stehn  bleibt ,  spielt  der 
Lehrer  eine  traurige  Rolle.  Er  musz  dann  blos  abfragen,  wiederholen, 
umschreiben,  und  ist  der  Diener  seines  Lehrbuchs  statt  sein  Hypophet 
und  Dolmetscher  zu  sein.' 

In  den  Worten:  'ein  Lehrbuch  kann  nicht  trocken  und  kurz  genug 
sein*  liegt  eine  Uebertreibung.  Wozu  doch  grösztmöglichste  Trockenheit 
anstreben,  durch  welche  dasselbe  zu  einem  klapperdürren  Skelett  hinab 
sänke?  Hinsichtlich  der  grösztniöglichsteu  Kürze  erinnere  ich  an  das 
Horazische  'brevis  esse  laboro,  Obscurus  fio',  wozu  dasselbe  geflissent- 
lich zu  einem  verschlossenen  Buche  machen?  und  wenn  es  auch 
vorzugsweise  nur  andeuten,  Winke  geben  soll,  wozu  in  Rätseln  reden, 
die  einen  UTroqprJrjjs  verlangen?  Es  kann,  ja  es  soll  an  sich  verständ- 
lich sein,  ohne  darum  eingehende  Erläuterungen,  Entwicklungen,  Excursa 


344  Berichte  über  gelehrte  AnstaUeii,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

und  Zusätze  des  Lehrers  überÜüssig  zu  machen.  Es  empfehle  sich  das- 
selbe durch  die  Tugenden  der  Präcision,  Gedrängtheit,  der  Schärfe  in 
den  Begriffsbestimmungen,  durch  einen  gewissen  Lakonismus,  welcher 
der  Behaltbarbeit  förderlich  und  zugleich  ein  wirksames  Bildungsmittel 
des  Geistes  ist.  Gewinnt  dasselbe  in  dem  Lehrer,  der  sich  seiner  beim 
Unterricht  bedient ,  einen  geschickten ,  kenntnisreichen ,  in  Sokratischer 
Mäeutik  wolgeiibten  Diener,  dann  kommt  es  in  gute,  in  die  rechten 
Hände;  das  alvizTsa&ocL  ist  nicht  die  Aufgabe  eines  Lehrbuchs  oder 
Leitfadens, 

10.  (Död.  14). 

'Ein  Fuhrwerk  hat  neben  den  Rädern  auch  einen  Hemmschuh;  bei 
der  Erklärung  eines  Schriftstellers  sollen  die  Schüler  den  Rädern  glei- 
chen, welche  möglichst  schnell  vorwärts  eilen ,  der  Lehrer  aber  das  Ge- 
schäft des  Hemmschuhs  übernehmen,  so  oft  es  nötig  ist.' 

Das  möglichst  schnelle  Vorwärtseilen  der  Schüler  bei  Lesung  eines 
Schriftstellers  läuft  gegen  das  anavds  ßgadeag  an,  und  soll  der  Lehrer 
dabei  das  Geschäft  des  Hemmschuhs  übernehmen,  dann  wollen  wir  ihm 
zugleich  auch  noch  das  des  Schmierens  zuteilen,  was  dem  movere  et 
promovere  trefflich  zu  Statten  kommen  wird,  fährt  jedoch  der  Schüler 
strebsam  und  treufleiszig  auf  dem  nxrjvov  kqucc  tcöv  Movaccwv ,  dann 
natürlich  bekommt  er  oder  vielmehr  sein  Fuhrwerk  keine  Schmiere. 

Neustrelitz.  Efjgert. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 

Preuszen  1860. 

(Fortsetzung  von  S.  299—304.) 

L     Rheinprovinz  1860. 

14.  MÜNSTEKEiFEL.]  Der  Gymnasiallehrer  Dr  Frieten  wurde  au  das 
Gymnasium  zu  Düsseldorf  berufen;  zur  provisorischen  Stellvertretung 
trat  Thürlings  ein,  welcher  bisher  am  Gymnasium  zu  Emmericli 
thätig  gewesen  war.  Lehrerpersonal:  Director  Katzfey,  Dr  Hage- 
lüken,DrHoch,  DrMohr,  DrvanEndert  (Religionslehrer),  Dr 
Thisquen,  Gramer,  Thürlings,  Dr  Stahl.  Schülerzahl  158 
(I  36,  II«  24,  IIb  27,  III  25,  IV  21 ,  V  14,  VI  11).  Abiturienten  18. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus  ein  anonymes  historisches  Gedicht : 
les  empereurs  Romains  depuis  Jules  Cesar  jusqu'  au  Grand  Constantin ,  her- 
ausgegeben ,  mit  Notizen  über  dessen  Ursprung  und  mit  Anmerkungen 
begleitet  durch  den  Oberlehrer  Dr  Mohr  (13  S.  4V 

15.  Neusz]  Der  Religionslehrer  E  seh  w  eiler  schied  aus  dem 
LehrercoUegium  aus,  um  die  ihm  übertragene  Stelle  als  Oberpfarrer  in 
Schieiden  zu  übernehmen;  in  seine  Stelle  trat  Dr  theol.  Kleinheidt. 
LehrercoUegium:  Director  Dr  Menn,  die  Oberlehrer  Dr  Bogen,  Hem- 
merling,  Dr  Roudolf,  Religionslehrer  Dr  Kleinheidt,  Dr  Ahn, 
Quosseck,  die  Gymnasiallehrer  Waldeyer,  Köhler,  die  com  missa- 
rischen Lehrer  Sommer,  Windheuser,  Musikdirector  Hartmann 
(Gesanglehrer),  Maler  Küpers,  Pfarrer  Leendertz  (evangel.  Rel). 
Schülerzahl  275  (I^  12,  I  ^  23,  11^  33,  11"  40,  III  35,  IV  35,  V  52,  VI  34 
obere  Realklasse  5,  untere  6).  Abiturienten  II.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus  ein  Bericht  über  die  Schillerfeier  des  Gymnasiums  zu  Neu.sz. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.  345 

16.  Saarbrücken.]  Nach  Schlusz  des  Wintersemesters  folgte  Dr 
Hacker  einen  Ruf  als  dritter  Adjunct  an  der  Kitterakademie  zu  Bran- 
denburg; in  seine  Stelle  trat  provisorisch  der  Schulamtscandidat  Dr 
Becker  ein.  Lehrerpersonal:  Director  Peter,  die  Oberlehrer  Prof. 
Dr  Schröter,  Schmitz;  Goldenberg,  Dr  Ley,  Dr  von  Velsen, 
Küpper,  Dr  Becker,  Oberpfarrer  Ilse  (ev,  Rel.),  Kaplan  Wawer 
(kath.  Rel.),  Simon,  Schnabel  (Zeichnen),  Hollweg  (Lehrer  der 
Vorbereitungsklasse).  Schülerzalil  185  (1«  8,  117,  IIP  26,  IIP  5,  IV« 
14,  IV»  10,  V  31,  VI  4:},  Vorbereitungski.  41).  Abiturienten  2.  Den 
Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Dr  von  Velsen: 
observaliüiies  criticae  in  Aristophanein  (15  8.  4).  Die  behandelten  Stellen 
sind  folgende:  Thesmoph,  vs.  431  (ed.  Th.  Bergk ,  Lips.  1852);  536  sqq. 
Ecclesiaz.  vs.  48.  282.  4S8.  574.  900—911.  998.  1105  sqq.  Vesp.  vs.  71. 
303.  906.  935. 

17.  Trier.]  Im  Lehrercollegium  haben  im  Laufe  des  Schuljahrs 
folgende  Veränderungen  stattgefunden:  im  Herbst  schieden  von  der 
Anstalt  die  beiden  Schulamtscaudidaten  Rosen berg  und  Reinckens. 
Dagegen  trat  beim  Beginn  des  neuen  Schuljahrs  der  Schulamtscandidat 
Dr  Huyn  nach  seiner  Entlassung  vom  Heeresdienst  wieder  in  seine 
frühere  commissarische  Wirksamkeit  ein.  Nach  dem  Ausscheiden  des 
ältesten  ordentlichen  Lehrers  Simon,  dem  auf  sein  Ansuchen  die  Pen- 
sionierung bewilligt  war,  wurde  der  Schulamtscandidat  Kruse  aus 
Heiligenstadt  berufen.  Die  Erledigung  der  ersten  ordentlichen  Lehrer- 
stelle durch  den  Rücktritt  des  Gymnasiallehrers  Simon  hatte  die  As- 
cension  der  übrigen  ordentlichen  Lehrer  und  die  definitive  Anstellung 
des  bisherigen  wissenschaftlichen  Hülfslehrers  Piro  zur  Folge.  Dem 
ordentlichen  Lehrer  Schmidt  wurde  das  Prädikat  eines  Oberlehrers 
beigelegt.  Der  ordentliche  Lehrer  Giesen  wurde  zu  der  vierten  Ober- 
lehrerstelle an  dem  Gymnasium  zu  Bonn  befördert.  Den  beiden  Candi- 
daten  Dr  Verbeek  und  Fisch  wurde  die  Ableistung  des  vorschrifts- 
mäszigen  Probejahrs  gestattet.  Lehrerpersonal:  Dir.  Dr  Reisacker, 
die  Oberlehrer  Prof.  Dr  Hamacher,  Dr  Könighoff,  Korzilius 
(kath.  Religionslehrer),  Houben,  Flesch,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr 
Hilgers,  Oberl.  Schmidt,  Fisch  (kathol.  Religionslehrer),  Blum, 
Giesen,  Dr  Conrads,  Dr  F ritsch,  Piro,  Pfarrer  Blech  (evang. 
Religionslehrer),  die  commissarischen  Lehrer  Scherfgen,  Dr  Wolff, 
Dr  Huyn,  DrWiel,  Kruse,  die  Probecandidaten  Dr  Verbeek, 
Fisch,  Schreiblehrer  Paltzer,  Zeichenlehrer  Kraus,  Gesanglehrer 
Hamm.  Schülerzahl  521  (I^  28,  I "  44,  11^  54,  II "  72,  III  70,  IV  96, 
V  79,  VI  78).  Abiturienten  28.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine 
Abhandlung  vom  Oberlehrer  Houben:  qnalem  Homerus  in  Odyssea  fin~ 
xerit  Ulixem.  Part.  II  (13  S.  4).  Der  erste  Teil  enthielt  corporis  Uli- 
xis  imaginem,  in  dem  zweiten  wird  auseinandergesetzt,  quales  eins  mo- 
res sint  et  Ingenium,  quibus  animi  virtutibus  poeta  eum  ornaverit. 

18.  Wesel.]  Das  Lehrercollegium  ist  unverändert  geblieben;  das- 
selbe bilden:  Director  Domh.  Dr  Blume,  die  Oberlehrer  Professor  Dr 
Fiedler,  Dr  Heidemann,  Dr  Müller,  Dr  Frick,  die  Gymnasiall. 
Dr  Ehrlich,  Tetsch,  Dr  Richter,  Meyer,  Dr  Lipke,  Pfarrer 
Sardemann  (evang.  Rel.),  Kaplan  Holt  (kath.  Rel  ),  Gesanslehrer 
Lange,  Zeichenlehrer  Düms.  Schülerzahl  201  (I  11,  II  29,  III  40, 
IV  43,  V  .S4,  VI  44).  Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  geht  vor- 
aus :  Dionym  Byzanlii  Anaplum  Bospori  ex  Gillio  excerptiim  edidit  et  ilhi- 
stravit  Dr  O.  Frick.     Accedit  tabula  geographica  (38  S.  4). 

19  Wetzlar.]  An  die  Stelle  des  Directors  Dr  Zinzow,  welcher 
dem  Rufe  zur  Gründung  und  Leitung  eines  städtischen  Gymnasiums  in 
Pyritz  gefolgt  war,  trat  der  bisherige  zweite  Oberlehrer  am  Gymna- 
sium   zu    Soest  Lorenz.     Der  Candidat  Eben  leistete  Aushülfe.     Den 


346  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen. 

Oberlehrer  Dr  Fritsch  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod.  Lehrerper- 
sonal: Director  Lorenz,  die  Oberlehrer  Professor  Dr  Kleine,  Elser- 
mann;  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Kir  ebner,  Dr  Jäger,  Dr  Hoche, 
Rüttger,  Candidat  Eben,  Caplan  Querbach,  Gesangl.  Strunk. 
Schülerzahl  119  (I  11,  II  17,  III  21,  IV  28,  V  16,  VI  26).  Abiturien- 
ten 7.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  die  bei  Einführung  des  Dire- 
ctor s  und  des  ersten  ordentlichen  Lehrers  Dr  Kirchner  gehaltenen  Reden 
(15  S.  4). 

II.    Westphalen. 

1.  Ahnsberg.]  Den  Oberlehrer  und  katholischen  Religionslehrer 
Severin  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod;  Candidat  Contzen, 
welcher  zur  Abhaltung  seines  Probejahrs  in  das  Lehrercollegium  einge- 
treten war,  leistete  Aushülfe.  Der  Schulamtscandidat  H  eis  sing  hielt 
sein  Probejahr  als  Mathematiker  ab.  Lehrercollegium:  Director  Dr 
Ho  egg,  die  Oberlehrer  Fiele  r,  Kautz,  Laymann;  die  Gymnasial- 
lehrer Nöggerath,  Dr  Schürmann,  Dr  Temme,  techn.  Lehrer 
Härtung,  provis.  Hülfslehrer  Dr  Brieden,  Pfarrer  Bertelsmann 
(evang.  Rel.) ;  die  Candidaten  Contzen  und  Heissing.  Schülerzahl 
236  (I  47,  11  27,  III  52,  IV  37,  V  33,  VI  40).  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Dr  Temme:  der  mathematische  Unter- 
richt in  seiner  Beziehung  zur  philosophischen  Propädeutik  (21  S.  4). 

2.  Bielefeld.]  An  Dr  Hage  mann  s  Stelle  trat  Dr  Lüttgert, 
der  zuletzt  eine  ordentliche  Lelirerstelle  am  Gymnasium  zu  Sorau  be- 
kleidet hatte.  Der  Schulamtscandidat  Gausz,  der  sein  Probejahr  ab- 
gehalten und  später  eine  Lehrerstelle  commissarisch  verwaltet  hatte, 
übernahm  ebenfalls  commissarisch  eine  Stelle  am  (iymnasiura  in  Köln. 
Die  neu  creierte  Lehrerstelle  erhielt  Dr  Rosendahl,  der  zuletzt  an 
der  Stadtschule  in  Delitzsch  beschäftigt  gewesen  war.  Der  Schulamts- 
candidat Reibstein  trat  sein  Probejahr  an  und  wurde  commissarisch 
verwendet.  Mit  Beginn  des  neuen  Schuljahrs  soll  eine  Real -Prima  er- 
richtet werden.  Lehrercollegium:  Director  Dr  Schmidt,  die  Oberleh- 
rer Prof.  Hinzpeter,  Bertelsmann,  Jüngst,  die  ordentl.  Lehrer 
Oberl.  Dr  Schütz,  Oberl.  Collmann,  Wortmann,  Dr  Lüttgert, 
Kottenkamp,  Dr  Rosendahl,  Cantor  Schröter,  katliol.  Pfarrer 
Plantholt,  Cand.  Reib  stein,  Schülerzahl  296  (I  10,  II  18,  III  26, 
IV  44,  V  47,  VI  45,  Ilr.  13,  III r.  21,  Vorschule  72).  Abiturienten  9. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Dr  Rosen- 
dahl: Consonanz  und  Tonleiter^  vom  mathematisch-physikalischen  Stand- 
punkte betrachtet  (15  S.  4). 

3.  BiuLON.]  Wärend  des  Schuljahrs  sind  zwei  Mitglieder  des  Leh- 
rercollegiums  ausgeschieden,  die  Gymnasiallehrer  Hasse  und  Kaiser, 
der  erstere  um  eine  Kaplanei  in  Soest ,  der  zweite  um  die  Pfarrstelle 
zu  Rhode  zu  übernehmen.  An  die  Stelle  derselben  wurden  berufen  Dr 
Kemper,  der  an  dem  Progymnasium  zu  Rheine  gewirkt  hatte,  und  Dr 
Kirchhoff,  zuletzt  am  Gymnasium  zu  Paderborn,  als  Oberlehrer.  Der 
Schulamtscandidat  Franke  trat  sein  Probejahr  an.  Lehrerpersonal: 
Director  Dr  Schmidt,  die  Oberlehrer  Dr  Rudolphi,  Dr  Kirchhoff, 
die  Gymnasiallehrer  Becker,  Peitz,  Dr  Kemper,  Leinemann, 
Weber,  Harnis  ch  m  a  eher ,  Candidat  Fr  a  u  ke.  Schülerzahl  251. 
Abiturienten  14.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung 
des  Oberlehrers  Dr  Kirchhoff:  Thucydides  Graecorum  ingeniosus  rerum 
geslarum  scriptor  atque  inter  o?nnes ,  qui  similes  exstilerunt ,  atitiquilalis  hi- 
storicos  princeps  (22  S.  4). 

4.  BuRGSTEiNFUET.]  Der  erste  Gymnasiallehrer  Dr  Wilms  folgte 
einem  Ruf  an  das  Gymnasium  zu  Duisburg,  der  Pastor  Schimmel  gab 
seine  Stelle  als  Religionslehrer  auf.  Nachdem  der  Oberlehrer  Rohde- 
■vvald   zum   Director   ernannt   war,   wurde   der   bisherige  2e   Oberlehrer 


Berichte  über  geleluie  Anstalten,  Verordntingen,  stallst.  Notizen.  347 

Heuermann  zum  Prorector  und  In  Oberlehrer,  clor  bisherige  3e  Ober- 
lehrer Kysüus  zum  2n  Oberlehrer  befördert  und  der  Oberl.  Schütz, 
bisher  am  Gymnasium  zu  Minden ,  in  die  'Se  Oberlehrerstelle  berufen. 
Durch  das  Eintreten  der  Schulamtscandidaten  DrBanning,  Viefhaus 
und  Dr  Eschmann  erhielt  das  Lehrercollegium  bis  zum  Sclilusz  des 
Soinmersemesters  einen  bedeutenden  Zuwachs.  Die  Gymnasiallehrer 
Kloster  mann,  Orth  und  Dr  Kleine  rückten  nach  dem  Abgang  des 
Dr  M'^ilms  in  die  le,  2e  und  3e  Gymnasiallehrerstelle  auf.  Lehrerper- 
sonal: Director  Kohdewald,  die  Oberlehrer  Prorector  Heuermann, 
Kysäus  und  Schütz,  die  Gymnasiallehrer  Klostermann,  Orth, 
Dr  Kleine,  Gymnasialelementarlehrer  Lefholz,  Pastor  Grevel,  die 
Candidaten  Dr  Banning,  Viefhaus,  Dr  P^schmann.  Scliülerzahl 
8(5  (V'g.  9,  Ii'r.  4,  Hg.  14,  Hr.  5,  HIg.  12,  Illr.  5,  IV  14,  V  14,  VI  9). 
Mit  dem  neuen  Schuljahr  wird  durch  die  Errichtung  der  Ober-Prima 
des  Gymnasiums  und  der  Realschule  der  vor  7  Jahren  mit  der  VI.  und 
V.  begonnene  und  seitdem  durch  successive  Vermehrung  der  Klassen  und 
Lehrer  fortgesetzte  Ausbau  des  Gymnasiums  vollendet.  Eine  wissen- 
Bchaftliclie  Abhandlung  ist  nicht  geliefert. 

5.  Coesfeld.]  Die  seit  einiger  Zeit  erledigte  Stelle  eines  wissen- 
schaftlichen Hiiifslehrers  wurde  dem  Schulamtscandidaten  DrDycklioff 
übertragen.  Der  ordentliche  Lehrer  Dr  Tücking  wurde  zur  Ueber- 
nahme  einer  ordentlichen  Lehrerstelle  am  Gymnasium  zu  Münster  abbe- 
rufen. In  Folge  dessen  rückte  Dr  Huperz  in  die  vierte  Lehrerstelle 
auf,  die  fünfte  erhielt  der  Schulamtscandidat  Dr  Sc  her  er.  Der  Schul- 
aintscandidat  Faber  wurde  commissarisch  beschäftigt.  Lehrerpersonal: 
Director  Prof.  Dr  Schlüter,  die  Oberlehrer  Prof.  Rump,  Hüppe, 
Dr  Teipel,  die  ordentlichen  Lehrer  Oberl.  Buerbaum,  Bachoven 
von  Echt,  Esch,  Dr  Huperz,  Dr  Seh  er  er,  wiss.  Hülfslehrer  Dr 
Dyckhoff,  Hofprediger  Doepping  (evang.  Rel.),  Gesangl.  Fölmer, 
Zeichenl.  Marschall,  Cand.  Faber.  Schülerzahl  146  (I  ^  15,  I^  29, 
II  26,  III  29,  IV  19,  V  17,  VI  11).  Abiturienten  18.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus  die  Abhandlung  des  Prof.  Rump:  geometrische  und 
trigonometrische  Auflösungen  einiger  Dreiecks-  und  Vierecksaufgaben  (18  S.  4). 

6.  Dortmund.]  An  die  Stelle  des  Hiiifslehrers  Dr  Schmitz,  wel- 
cher einem  Ruf  als  ordentlicher  Lehrer  an  die  höhere  Bürgerschule  zu 
Wehlau  gefolgt  war,  ist  der  Schulamtspraktikant  Bode,  bisher  an  dem 
kurhessischen  Gymnasium  zu  Marburg,  berufen.  Lehrercollegium:  Dir. 
Prof.  Dr  Hildebrand,  die  Oberlehrer  Prorector  Dr  Böhme,  Voigt, 
Dr  Gröning,  Dr  Junghans,  Varnhagen,  Schramm,  die  ordent- 
lichen Lehrer  Dr  Natorp,  Wex,  Jenner,  Rokohl,  Mosebach; 
wiss.  Hülfslehrer  Bode,  Pfairer  Prüm  er  (ev.  Rel.),  Pfarrer  Kerlen 
(ev.  Rel.),  Probst  Wie  mann  (kath.  Rel.),  Kaplan  von  Schiigen 
(kath.  Rel.\  Kaplan  Manegold  (kath.  Rel.).  Schülerzahl  231  (IgTlS, 
Hg.  22,  HIg.  22,  IV  g.  17,  V42,  VI  52,  Ir.  3,  Hr.  11,  IIIr.20,  IVr.  26). 
Abiturienten  9.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung 
vom  Oberlehrer  Voigt:  über  die  Brechung  des  Lichtes  in  sphärischen 
Linsen  (16  S.  4). 

7.  Gütersloh.]  Am  Ende  des  Sommersemesters  schied  aus  dem 
Lehrercollegium  der  theologische  Hülfslehrer  Kannegieszer,  um 
einem  Ruf  als  Inspector-Adjunctus  am  Dora-Candidatenstift  in  Berlin  zu 
folgen,  in  seine  Stelle  trat  Pastor  Braun  aus  Bielefeld  ein.  Nach  Be- 
endigung seines  Probejahrs  wurde  der  Schulamtscandidat  Greve  zum 
wissenschaftlichen  Hülfslelirer  ernannt.  Am  Ende  des  Wintersemesters 
schied  der  Oberlehrer  Bach  mann,  um  einem  Ruf  als  Rector  des  Ly- 
ceums  in  Wernigerode  zu  folgen.  Lehrerpersonal:  Director  Dr  Rum- 
pel,  die  Oberlehrer  Schöttler,  Scholz  I,  Dietlein,  die  Gymnasiall. 
Dr  Peter  mann,  Scholz  II,  Muncke,   Goecker,   Pastor  Braun, 


348  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

Hülfslehrer  Greve.  Schülerzahl  176  (I  32,  II«  29,  II i»  23 ,  III  37,  IV 
25,  V  13,  VI  17).  Abiturienten  10.  Den  Öchulnachrichten  geht  voraus: 
historische  Betrachtung  über  Gulaler  3,  28  vum  Director  Dr  Kumpel 
(22  S.  4). 

8.  Hamm.]  In  dem  Lebrercollegium  hat  im  verflosznen  Schuljahr 
keine  Veränderung  stattgefunden.  Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Wen d  t, 
die  Oberlehrer  Prof.  Eempel,  Prof.  Dr  Stern,  Dr  Haedenkamp, 
die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Schnelle,  Oberl.  Hopf,  Dr  Heraus,  Dr 
Leideuroth,  Gymnasial  -  Elementarlehrer  Brenken,  Pfarrer  Platz - 
hoff  (evang.  Rel.),  Kaplan  Trippe  (kath.  Rel.).     Scliülerzahl  102  (I  10, 

II  20,  III  29,  IV  34,  V  31,  VI  28).  Abiturienten  7.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus:  das  Lehen  des  Bischofs  Meinwerk  bis  zum  liöinerzug 
Heinrichs  II.     Von  Dr  Leidenroth  (24  S.  4). 

9.  Herford.]  Eine  Veränderung  hat  das  Lebrercollegium  wärend 
des  Schuljahrs  nicht  erfahren,  wol  aber  steht  eine  solche  mit  dem 
Schlusz  desselben  in  Aussicht,  indem  der  Director  Dr  Schmidt  aus 
seiner  Stellung  austritt,  um  das  Directorat  des  groszherzogl.  Mecklen- 
burg. Gymnasiums  zu  Neustrelitz  zu  übernehmen.  An  seine  Stelle  wird 
der  bisherige  Oberlehrer  am  Gymnasium  zu  Cleve  Dr  Wulfert  treten. 
Lehrerpersonal:  Director  Dr  Schmidt,  die  Oberlehrer  Dr  H  Öls  eher, 
Dr  Knoche,  Dr  Mark  er,  die  ordentlichen  Lehrer  Petri,  Dr  Faber, 
Nieländer,  Gymnasial -Elementarlehrer  Haase,  Pastor  Kleine  (ev. 
Eel.),    Dechant"^Heysing    (kath.  Rel.).     Schülerzahl   128   (I   12,  II    15, 

III  22,  IV  29,  V  26,  VI  24),  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  com- 
vientniionis  de  Aeschyli  Supplicum  stasimo  prima  particula  I,  scr.  H.  Petri 
(8  S.  4). 

10.  Kempen.]  Mit  dem  Schlusz  des  vorigen  Schuljahrs  verliesz  die 
Anstalt  der  Director  Dr  Höting,  um  einem  Ruf  als  Director  des  ka- 
tholischen Gymnasiums  zu  O.snabrück  zu  folgen.  In  seine  Stelle  wurde 
Dr  Schür  mann,  bisher  ordentlicher  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Münster, 
berufen.  Am  Ende  des  vorigen  Schuljahrs  traten  ferner  aus  ihrer  Lehr- 
thätigkeit  am  hiesigen  Gymnasium  die  Schulamtscandidaten  Ho  üben 
und  Stroux,  jener  um  zum  Gymnasium  zu  Düsseldorf,  dieser  um  zur 
höhern  Stadtschule  zu  Eupen  als  Lehrer  überzugehn.  Als  Oberlehrer 
wurde  an  das  Gymnasium  berufen  Dr  Gansz,  bisher  ordentlicher  Leh- 
rer am  Gymnasium  zu  Essen,  als  ordentlicher  Lehrer  Fischer,  bisher 
wissenschaftlicher  Hülfslehrer  am  Gymnasium  zu  Münster.  Zu  Ostern 
endlich  verliesz  die  Anstalt  der  commissarische  Lehrer  Dr  Paessens, 
um  als  Lehrer  an  die  Realschule  zu  Ruhrort  überzugehn;  in  seine  Stelle 
trat  der  Schulamtscandidat  Uebert,  bisher  am  Gymnasium  zu  Reck- 
linghausen. Lebrercollegium:  Director  Dr  Schür  mann,  die  Oberlehrer 
Dr  Bohle,  Dr  Gansz,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Stolle,  Gramer, 
Fischer,  wissenschaftlicher  Hülfslehrer  Hecker,  Schulamtscandidat 
Uebert,  Zeichenlehrer  F  er  l  ings,  Gesanglehrer  Grobben.  Schüler- 
zahl 125  (I  22,  II  32,  III  10,  IV  19,  V  23,  VI  19).  Abiturienten  12. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Oberlehrers  Dr 
Gansz:  quaestiones  Euhemereae  (27  S.  4).  I.  De  Euhemeri  patria  et 
aetate.  II.  De  Euhemeri  scriptis.  III.  De  Euhemero  philosopho.  IV. 
De  Euhemero  historico.     V.  De  Euhemerismo. 

11.  Minden,]  Das  Lebrercollegium  verlor  den  ersten  Gymnasial- 
lehrer Schütz,  welcher  als  Oberlehrer  nach  Burgsteinfurt  berufen  war, 
den  Oberl.  Pfautsch,  welcher  als  Oberlehrer  nach  Landsberg  a.  d.  W. 
gieng,  und  den  wissenschaftlichen  Hülfslehrer  Sardemann,  welcher  in 
Hagen  eine  Beschäftigung  gefund.Mi  hatte.  Die  hierdurch  im  Lehrer- 
collegium  entstandenen  Lücken  wurden  dadurch  beseitigt,  dasz  der 
Oberlehrer  Schütz  in  die  4e,  der  Gymnasiallehrer  Haupt  in  die  .5e 
Oberlehrerstelle ,    der   Gymnasiallehrer  Quapp  in  die  le,  der  provisori- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnunrren,  Statist.  Notizen.  349 

(»che  Gymnasiallehrer  Freyta^  in  die  '2e  Gymiiasiallelirerstelle  aufrück- 
ten, der  Candidat  Dr  Grosser  in  die  )^e  GymnasialJelirerstelle  berufen 
wurde  und  die  Candidaten  Radebold  und  KliJne  als  Piobanden  ein- 
traten. Ijehrercollegium:  Diiector  Wilms,  die  Oberlehrer  Zillmer, 
Dr  Dornheim,  Dr  Güthling,  Schütz,  Haupt,  die  ordentlichen 
Lehrer  Quapp,  Freytag-,  Dr  Grosser,  Meier  heim,  Elementar- 
lehrer Kniebe,  Elementarhülfslehrer  Johans  mann,  die  Oandidaten 
Kadebold,  Klöne,  Pastor  Dieckmann  (kath.  Relig.).  Schülerzalil 
318  (lg  17,  II g  17,  III g  46,  IVg  29,  Ir  4,  II  r  24,  III r8ü,  IVr2S,  V  54. 
VI  43,  VII  20).  Abiturienten  des  Gymnasiums  5,  der  Realschule  2. 
Den  Schulnachrichten  ist  beigegeben :  zur  Gesclnclite  des  Gymnasiums  zu 
Minden.  Vom  Director  Wilms.  Erstes  Heft:  die  Reformation  in  Minden 
(71  S.  8). 

12.  Münster.]  Mit  dem  Anfang  des  Scliuljahrs  verlieszen  die  An- 
stalt Dr  Kölscher  und  Dr  Schürmann,  der  erste  als  Director  an 
das  Gymnasium  zu  Recklinghausen,  der  andere  als  Director  an  das  Gym- 
nasium zu  Kempen  berufen;  ferner  die  bisherigen  wissenschaftl.  Hülfs- 
lehrer  Fischer,  ten  Dyck  und  Dr  Richter,  von  denen  der  erste 
als  Gymnasiallehrer  nach  Kempen,  der  zweite  nach  Essen,  der  dritte 
nach  Recklinghausen  gieng.  Die  Candidaten  Pfeiffer  und  Dr  Peters 
verlieszen  nach  vollendetem  Probejahr  die  Anstalt,  der  erste  um  am 
Progymnasium  zu  Dorsten ,  der  andere  um  zu  Vreden  eine  Lehrstelle 
zu  übernehmen.  Der  Candidat  Dr  Seh  er  er  wurde  als  aushelfender 
Lehrer  nach  Coesfeld,  der  Candidat  Plagge  an  das  Progymnasium  zu 
Dorsten  berufen.  Ihr  Probejahr  vollendeten  um  Ostern  die  Candidaten 
Dr  Schnorbusch  und  Dr  Lenfers,  blieben  aber  beide  als  aushel- 
fende Lehrer  am  Gymnasium  beschäftigt.  Zur  Abhaltung  des  Probe- 
jahrs traten  beim  Gymnasium  ein  die  Candidaten  Halbeisen,  Dr 
Schlüter,  Dr  St  räter,  Horstmann  und  Berthold.  In  die  durch 
Ausscheiden  des  Dr  Kölscher  erledigte  achte  Oberlehrerstelle  wurde 
Dr  Schipper  befördert;  die  nächsten  ordentlichen  Lehrerstellen  wurden 
durch  Ascension  wieder  besetzt,  als  achter  ordentlicher  Lehrer  ist  Dr 
Tücking  vom  Gymnasium  zu  Coesfeld  berufen.  Im  Anfang  des  Schul- 
jahrs trat  Dr  Focke  als  Hülfslehrer  beim  hiesigen  Gymnasium  wieder 
ein,  nachdem  er  ein  Jahr  lang  eine  Lehrstelle  am  Progymnasium  zu 
Dorsten  verwaltet  hatte.  liehrercollegium :  Director  Dr  Schultz,  Prof. 
Welter,  Prof.  Dr  Bon  er,  die  Oberlehrer  Dr  Koene,  Dr  Füisting, 
Lauff,  Dr  Middendorf,  Kölscher,  Dr  Schipper,  Hesker,  Dr 
Grüter,  Dr  Offenberg,  die  Gymnasiallehrer  Dr  Salzmann,  Löb- 
ker,  Dr  Kosius,  Dr  Grosfeld,  Dr  Tücking,  Bisping,  Auling, 
Pfarrer  Lüttke,  Wormstall,  Dr  Kemper,  Dr  Focke,  Dr  Schnor- 
busch, Dr  Lenfers,  die  Candidaten  Halbeisen,  Dr  Sträter, 
Horstmann.  Berthold.  Schülerzahl  651  (1^45,  !•»  60,  11»  74,  II^ 
87,  III»  81,  III  b  81,  IV  03,  V  57.  VI  73).  Abiturienten  44.  Den 
Schulnachrichten  geht  voraus:  I.  Philoctetaearum  emendationum  decas. 
II.  De  fragmento  antiqui  codicis  Ovidiani.  Vom  Director  Dr  F.  Schultz 
(10  S.  4).  Die  behandelten  Stellen  sind  folgende:  Sophocl,  Philoct. 
V.  175.  190.   228.  425.  647—648.  684.  691.  716.  779.  800. 

13.  Paderborn.]  Der  Gymnasiallehrer  Kirchhoff  folgte  einem 
Ruf  zur  Uebernahme  der  zweiten  Oberlehrerstelle  an  dem  Gymnasium 
zu  Brilon.  Die  Candidaten  Löns  vmd  Dr  Grautegain  hielten  ihr 
Probejahr  ab.  Lehrercollegium:  Director  Prof.  Dr  Ahlemeyer,  die 
Oberlehrer  Prof.  DrLeszmann,  Prof.  Dr  Gundolf,  Schwubbe, 
Dr  Feaux,  Bäumker,  die  ordentlichen  Lehrer  Oberl.  Dieckhoff, 
Schüth,  Dr  Otto,  Dr  Giefers.  Grimme,  DrVolpert,  Hörling, 
Hülsenbeck,  die  Hülfslehrer  Hövelmann,  Dr  Tenckhoff,  die 
Schulamtscandidaten  Dr  Lücken,    Dr  Hester,  Löns,    Schreiblehrer 


350  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen. 

Kurze,  Gesanglebrer  S  panke  ,  Zeichenlehrer  La  ud  age.  Schülerzahl 
462  (la  45,  Ii'48,  II "»  34,  II "2  34,  II''  43,  III ^<  33,  111^2  33,  III b'  29, 
III  b  2  28,  IV  52,  V45,  VI  38).  Abiturienten  40.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Prof.  Dr  Gundolf:  über  die  Lehre 
vom  Lichte  (22  S.  4). 

14.  Recklinghauskn.]  Mit  dem  Beginn  de^  neuen  Schuljahrs  traten 
in  dem  Lehrercollegium  mehrfache  Veränderungen  ein.  Der  bisherige 
Director  der  Anstalt  Professor  Bone  folgte  einem  Ruf  als  Director  an 
das  Gymnasium  zu  Mainz;  in  dessen  Stelle  trat  Dr  Hölscher,  bisher 
Oberlehrer  am  Gymnasium  zu  Münster.  Die  wärend  des  vorigen  Schul- 
jabrs  vacante  Lehrstelle  wurde  durch  Berufung  des  Dr  Richter,  der 
bisher  an  dem  Gymnasium  zu  Münster  beschäftigt  war ,  ausgefüllt,  so 
dasz  nunmehr  Uedinck  die  erste,  Dr  Stelkens  die  zweite,  Baeck 
die  dritte,  Dr  Richter  die  vierte  ordentliclie  Lehrstelle  bekleiden. 
Cand.  Uebert  begann  sein  Probejahr,  verliesz  aber  schon  um  Ostern 
wieder  die  Anstalt,  indem  er  einem  Ruf  an  das  Gymnasium  zu  Kempen 
folgte.  Anfangs  Mai  trat  Cand.  Schräder  sein  Probejahr  an.  Lehrer- 
collegium: Director  Dr  Hölscher,  die  Oberlehrer  Professor  Caspers, 
Hohoff,  Püning,  die  ordentlichen  Lehrer  Uedinck,  Dr  Stelkens, 
Baeck,  Dr  Richter,  Candid.  Schräder,  Gesanglehrer  Feldmann, 
Zeichenlehrer  Busch.  Scbülerzahl  140  (I  42,  II  30,  III  25,  IV  13,  V 
14,  IV  Iß).  Abiturienten  14.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine 
Abhandlung  vom  Dr  Stelkens:  über  den  Brief  an  Diognet  (22  S.  4). 
Die  Absicht  des  Verfassers  ist  zunächst,  die  Schüler  der  obern  Klassen 
des  Gymnasiums  mit  diesem  höchst  wichtiaen  Briefe  bekannt  zu  machen, 
und  er  hat  deshalb  nach  einer  kurzen  Zusammenstellung  dessen ,  was 
über  den  "\^erfasser  vorgebracht  worden  ist.  und  der  Resultate,  die  über 
die  Zeit  der  Abfassung  und  den  Empfänger  des  Briefs  erzielt  sind,  sich 
vorzugsweise  mit  dem  Inhalt  desselben  beschäftigt. 

(Fortsetzung  folgt.) 
Fulda.  Dr  Ostermann. 


Personalnotizen, 


Ernennung:en,  Befürdernngen,  Tersetzangen; 

Angel i,  Jos.,  Weltpriester,  Suppl.  am  kk.  Gymn.  zu  Triest,  zum 
wirkl.  Religionslehrer  an  ders.  Anstalt  ernannt.  — Becker,  Lehrer  aui 
Gymn.  zu  Brilon,  zum  Oberlehrer  das.  befördert.  —  Behrns,  SchAC, 
als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Hamm  angestellt.  —  Bernhardt,  E., 
Conrector  am  Gelehrtengymn.  in  Wiesbaden,  zum  Professor  an  ders. 
Lehranstalt  ernannt.  —  Bruns,  Dr  Karl  Georg,  ord.  Professor  in 
Tübingen,  zum  ord.  Prof.  in  der  Jurist.  Facultät  der  Universität  Berlin 
ernannt.  —  Büdinger,  Dr  Max,  in  Wien,  zum  ord.  Prof.  für  allge- 
meine Geschichte  an  der  Hochschule  in  Zürich  ernannt.  — Dihle,  ord. 
Lehrer  am  Gymn.  zu  Nordhausen,  zum  Oberlehrer  befördert.  —  Duden, 
Dr,  als  Oberlehrer  am  Gymn.  zu  Soest  angestellt. — ■  Funck,  Oberlehrer 
am  Gymn.  zu  Aurich  ,  zum  Conrector  an  derselben  Schule  ernannt.  — 
Gatscher,  P.  Albert,  Stiftspriester  und  Prof.  am  kk.  Gymn.  zu  den 
Schotten  in  Wien,  zum  Director  derselben  Anstalt  ernannt  (s.  Helfer- 
storfer).  —  Gerkrath,  Dr,  Privatdocent  in  Bonn,  zum  ao.  Professor 
in  der  philos.  Facultät  des  Lyceum  Hosianum  in  Braunsberg  ern.  — 
Gleditsch,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Friedrich-Wilhelms-Gymnasium 
in  Berlin  angest.  —  Grosch,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  in 
J^lberfeld   angest.   —   Hahn,  von,    Dr  jur.,    Hofrath    und    ao.  Prof.  in 


Personalnotizen.  351 

Jena,  zum  ortlentl.  Honorarprofessor  ernannt.  —  Halbeisen,  Ferd., 
Geistlicher,  zum  ord.  Lehrer  am  Gymn.  in  Münster  ern.  —  Heinze, 
The  od.,  SchAC,  als  Collaborator  am  Gymnasium  in  Stettin  angest.  — 
Helferst orfer,  Othmar,  Hofprediger,  Subprior  des  Scliottenstiltes 
zu  Wien ,  legte  nach  seiner  Erwählung  zum  Abte  die  Direction  des  mit 
dem  gen.  Stift  verbundnen  kk.  Obergymnusiums  nieder  (s.  Gatscher).  — 
Holtzmann,  H.,  Lic.  und  Privatdocent  der  Theologie  zu  Heidelberg, 
zum  ao.  Prof.  befördert.  —  Hundt,  Dr,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  iu 
Miihlhausen  angest.  —  Ilgen,  Conreetor  an  der  höhern  Bürgerschule 
in  Wiesbaden,  in  gl.  Eigenschaft  an  das  Gj'mnasium  zu  Weilburg  ver- 
setzt. —  Klostermann,  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Burgsteinfurt,  zum 
Oberlehrer  an  ders.  Anstalt  befördert.  —  Kretschmer,  Dr,  SchAC, 
als  Adjanct  an  der  Landesschule  Pforte  angest.  —  Laas,  Dr,  SchAC, 
als  ord.  Lehrer  am  Friedrichsgymnasium  in  Berlin  angest,  —  Laves, 
SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  in  Lyck  angest. —  Leyendecker, 
SchAC,  als  Collaborator  am  Gymn.  in  Hadamar  angest.  —  Lierse- 
mann,  Dr,  als  ord.  Lehrer  am  Magdalenen-Gymnasium  zu  Breslau  an- 
gestellt. —  Lünemann,  Dr  G.,  ao.  Prof.,  als  ord.  Prof.  der  protestan- 
tischen Theologie  an  die  protestantische  Facultät  zu  Wien  berufen.  — 
Marquardsen,  Dr  A.,  ao.  Prof.  in  Heidelberg,  zum  ord.  Professor 
des  deutschen  Staatsrechts  an  der  L^niv.  Erlangen  ernannt.  —  Müller, 
Ado.,  SchAC,  als  Adjunct  am  Gymn.  in  Wittenberg  angest.  —  Nöl- 
dechen,  Dr,  Predigt-  und  Sehulamtscand.,  als  ord.  Lehrer  am  Stifts- 
gymn.  zu  Zeitz  angest.  —  Palm,  Präceptur  in  Schorndorf,  zum  Prof. 
am  evangelischen  Seminar  in  Maulbronn  ernannt. —  Pongracic,  Frz, 
Suppl.  am  königl.  Gymnasium  in  Essegg,  zum  Lehrer  am  Gymn.  zu 
Warasdin  ern.  —  Eeidt,  Dr,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymnasium 
zu  Hamm  angest.  —  Riehm,  Lic.  Ed.,  Privatdocent  der  Theologie  zu 
Heidelberg,  zum  ao.  Professor  das.  ernannt.  —  Riehm,  Präceptorats- 
verweser  am  untern  Gymn.  in  Tübingen ,  zum  Präceptor  in  Wildberg 
ernannt.  —  Roseck,  Dr,  als  ord.  Lehrer  am  Magdalenen-Gymnasium 
zai  Breslau  angestellt.  —  Schell,  Dr,  Prof,  zu  Marburg,  als  Prof.  der 
Mathematik  an  die  polytechnische  Schule  in  Karlsruhe  berufen.  — 
Schillbach,  Dr,  als  ord.  Lehrer  am  Elisabethgymn.  zu  Breslau  ange- 
stellt. —  Schindler,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Tilsit 
angest.  —  Schmidt,  Dr  Mor.,  ao.  Prof.  der  Philos.  an  der  Univer- 
sität Jena,  hat  einen  Ruf  nach  Dorpat  erhalten  und  angenommen.  — 
Sehnorbusch,  Dr  Ant.,  wissensch.  Hülfslehrer,  zum  ord.  Lehrer  am 
Gymn.  in  Münster  ernannt.  —  Störmer,  Collab.,  zum  ord.  Lehrer  am 
Magdalenen-Gymn.  in  Breslau  befördert.  —  Temme,  Dr,  Gymnasial- 
lehrer in  Arnsberg ,  wurde  als  erster  Oberlehrer  an  das  Progymnasium 
in  Rheine  berufen  und  bestätigt.  —  Tüll  mann,  Dr  SchAC.,  als  ord. 
Lehrer  am  Friedrichs-Gymnasium  in  Berlin  angest.  —  Volckmar,  Dr, 
Subconrector  am  Gymn.  zu  Aurich ,  zum  Conreetor  an  ders.  Schule  be- 
fördert. —  Weber,  Dr  Hugo,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Mühl- 
hausen angest.  —  Wehren pfennig,  Dr,  Gymnasiallehrer  in  Berlin, 
zum  Director  des  litterarischen  Bureau  im  k.  preuszischen  Staatsmini- 
sterium ernannt.  —  Weinhold,  DrKarl,  Prof.  an  der  Univ.  Gratz, 
als  ord.  Prof.  der  deutschen  Sprache  und  Litteratur  an  die  Univ.  Kiel 
berufen.  —  Weldert,  Karl,  SchAC,  als  Collab.  am  Gelehrtengymna- 
sium in  Wiesbaden  angest.  —  Witt,  DrKarl,  SchAC,  als  ord.  Lehrer 
am  Gymn.  in  Gumbinnen  angest.  —  Wuttke,  Dr,  ao.  Prof.  in  Berlin, 
zum  ord.  Prof.  in  der  theolog.  Facultät  der  Univ.  in  Halle  ernannt. 

Praediciert; 

Die  Oberlehrer  Flöck  am  Gymnasium  in  Coblenz,  Dr  Kämpf  am 
Gymn.  zu  Neu-Ruppin,   Prorector  Dr  Pitann   am    Gymn.   zu  Greiffen- 


352  Personalnolizen. 

herg,  erhielten  das  Prädicat  als  Professoren,  der  Gymnasiallehrer  Dr 
Resier  in  Oppeln  als  Oberlehrer.  —  Der  ord.  Prof.  an  der  Universität 
in  Göttingen,  Dr  Herrn.  .Sauppe  wurde  als  kön.  hannoverscher  Hof- 
rath  charakterisiert.  —  Der  Oberlehrer  Dr  Schütz  am  Gymn.  zu  Pots- 
dam erhielt  das  Prädicat  Professor. 

Gestorben : 

Am  12.  März  zu  Marburg  in  Kurhessen  der  Prof.  der  Mathematik 
au  der  dasigen  Universität  Dr  Müller.  —  Am  lö.  März  in  Bonn  der 
Sanitätsrath,  Kreisphysikus  und  Docent  Dr  Böcker.  —  Am  28.  März 
in  Innsbruck  der  kk.  Universitätsprofessor  Dr  Ign.  Pfaundler.  —  Im 
März  zu  Athen  Obermedicinalrath  und  Prof.  an  der  Otto-Universität  Dr 
Kostis,  im  45.  Lebensj.  —  Am  10.  April  in  Brunn  nach  kurzem  Auf- 
enthalt daselbst  Dr  Heinr.  Aug.  Stähl  in,  Consistorialrath  und  Prof. 
an  der  kk.  evangel. -theolog.  Facultät  zu  Wien,  im  49.  Lebensj.  —  Am 
14.  Mai  in  Potsdam  der  emeritierte  Conrector  Prof.  Schmidt.  —  Am 
29.  Mai  in  Paris  der  durch  seiue  politische  Laufbahn  bekannte  Ge- 
schichtsforscher Joachim  Lelewel,  geb.  am  20.  März  1786.  —  Am 
5.  Juni  in  Marburg  der  Prof.  botan.  Geh.  Mediciualrath  Dr  Wande- 
roth,  88  J.  alt.  —  Am  21.  Juni  in  Weimar  der  ausgezeichnete  For- 
scher auf  dem  Gebiete  der  Mythologie  und  Altertumswissenschaft,  Hof- 
rath  Dr  Ludwig  Preller,  geb.  1809  zu  Hamburg,  früher  als  Prof. 
der  klass.  Philologie  an  den  Universitäten  zu  Kiel ,  Dorpat  und  Jena 
thätig,  seit  1847  groszherzoglicher  Oberbibliothekar  in  Weimar.  —  Am 
22.  Juni  in  Wien  der  kk.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchivar  Joh.  Paul 
Kaltenbäck,  als  Forscher  auf  dem  Gebiet  der  österreichischen  Ge- 
schichte bekannt,  geb.  am  11.  Januar  1803.  —  Am  3.  Juli  zu  Leipzig 
der  erst  seit  dem  20.  April  dieses  Jahres  das  Kectorat  am  Gymnasium 
zu  St.  Thomä  bekleidende  Dr  C.  H.  A.  Lipsius,  geb.  1805  zu  Grosz- 
hennersdorf  in  der  sächsischen  Lausitz.  [Dem  trefflichen  Manne  ist  ein 
Ehrengedächtnis  gesetzt  worden  in  der  ausgezeichneten  Rede,  welche 
vom  Colleg.  III  der  Thomasschule,  Dr  A.  C.  A.  Z  est  er  mann  in  der 
Thomasschule  gehalten  und  auf  Verlangen  (Leipzig,  Brockhaus  1861. 
31  S.  8)  in  Druck  gegeben  wurde]. 


Zweite  Abteilung: 

für  Gymnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Ausschlusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  ?ou  Rudolph  Dietsch. 


Schulfragen. 

i Fortsetzung  von  S.  316—326.) 


16. 

Alle  Uebergänge  im  Leben  vollziehen  sich  allmählich;  ehe  wir 
uns  dessen  versehen,  ist  der  Knabe  zum  Jüngling  geworden,  wie  das 
Mädchen  zur  Jungfrau  ;  wir  finden  einen  andern  uns  gegenüber,  schwei- 
gend, ernst,  das  Auge  nach  innen  gerichtet,  mit  tiefster  Seele  sich  hin- 
gebend und  vertiefend,  dem  Wechsel  feind ,  dem  Einflusz  von  auszen 
sich  entziehend  und  eigne  Wege  suchend.  Es  ist  klar  dasz,  wie  es 
auch  von  weisen  Behörden  geschehn  ist,  dieser  Eigentümlichkeit  des 
jugendlichen  Alters  Rechnung  zu  tragen,  dasz  dasselbe  nicht  wider 
seinen  Willen  auf  Wege  zu  drängen  ist  auf  denen  es  sich  selbst  zer- 
stören könnte.  Das  preuszische  Reglement  für  die  Prüfung  der  Abi- 
turienten hat  in  dieser  Beziehung  einen  Weg  innegehalten,  auf  welchem 
es  ebensowol  die  Achtung  vor  den  Wissenschaften  auf  denen  die  Schul- 
bildung beruht  zu  wahren,  wie  der  Natur  der  Jugend  die  notwendige 
Berücksichtigung  zu  gewähren  sucht.  Es  erkennt  z.  B.  die  hohe  Be- 
deutung einer  tüchtigen  mathematischen  Bildung  an,  will  aber  von  sei- 
ner strengen  Forderung  absehn,  wenn  jemand  den  Mangel  in  jener 
durch  überwiegende  Leistungen  auf  andern  Gebieten  ausgleicht  und 
dadurch  den  Beweis  liefert,  dasz  es  die  Begeisterung  für  eine  Disciplin 
gewesen  sei,  was  ihn  verhindert  habe  nach  einer  mehr  allgemeinen 
Bildung  zu  streben. 

Haben  wir  nun  bei  den  untern  und  mittlem  Klassen  naturgemäsz 
darnach  gestrebt,  der  Vielheit  und  dem  weitern  Umfang  des  Wissens 
Raum  zu  gewinnen,  so  fordert  uns  hier  die  Natur  des  jugendlichen 
Alters  ebenso  auf  ihr  zu  einer  immer  concentrierteren  Thätigkeit  be- 
hülflich  zu  sein,  ihrer  Richtung  auf  Concentration  wenigstens  nicht 
entgegenzuwirken,  nicht  mehr  entgegenzuwirken  als  die  Rücksicht  auf 
die  Forderungen  des  Lebens  und  der  allgemeinen  Bildung  es  unabweis- 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  AM.  tSGl.  Hft  8.  23 


354  Schulfragen. 

lieh  gebietet.  Sehr  erfahrene  Pädagogen  haben  in  dieser  Beziehung  es 
bereits  wiederholt  ausgesprochen,  dasz  das  habitare  in  uno,  ver- 
sa r  i  in  m  u  1 1  i  s  das  Princip  sein  miisze,  welches  uns  hierbei  zu  leiten 
habe,  und  dasz  es,  wenn  man  dies  Princip  festhalte,  möglich  sei  eine 
eben  so  solide  wie  vielseitige  Bildung  zu  gewinnen.  Wir  wüsten  kein 
besseres  Princip  an  dessen  Stelle  zu  setzen,  es  handelt  sich  nur  darum 
dasz  es  richtig  angewandt  werde. 

Wenn  wir  die  alten  Schulmänner  von  ihrer  Schulzeit  erzählen 
hören,  so  ist  es  erstaunlich  wie  einfach  ihre  häusliche  Thätigkeit 
bei  aller  Vielheit  ihrer  Lectionen  gewesen  ist.  Es  kam  dies  daher 
weil  die  alten  Pädagogen  zwar  die  geistige  Beschäftigung  für  viele 
Gegenstände  erforderten,  die  eigentliche  Arbeit  aber  auf  wenige,  ja 
man  kann  sagen  auf  das  Studium  der  Klassiker  beschränkten.  Wir 
unsererseits  wissen  diesen  Unterschied  nicht  zu  machen,  sondern  neh- 
men für  jede  Disciplin  ohne  Unterschied  einen  verhältnismäszig  glei- 
chen Anteil  an  der  Arbeit  in  Anspruch.  Dies  ist  der  Misgriff,  den  wir 
begehn,  und  an  diesem  Misgriff  sind  zum  gröszten  Teil  die  Anordnungen 
wegen  der  Abiturientenprüfungen  schuld,  welche  uns  wider  unsern 
Willen  auf  diese  Abwege  treiben.  Es  wird,  da  aus  dieser  Quelle  so 
unsäglich  viel  Unheil  flieszt,  nötig  sein  bei  diesem  Punkte  noch  einige 
Augenblicke  zu  verweilen. 

Es  ist  eine  sehr  weit  verbreitete  und  sehr  tief  gewurzelte  Mei- 
nung in  der  Schulwelt,  dasz  es  nötig  sei  mit  einer  Lection,  welche 
bei  den  Schülern  in  Achtung  stehn  solle,  ein  möglichst  groszes  Quan- 
tum von  Arbeit  zu  verbinden.  Jüngere  Lehrer  namentlich  verzweifeln 
daran,  in  einer  Lection  bedeutendes  zu  leisten  mit  der  sich  eine  solche 
Arbeit  nicht  leicht  verbinde.  Wir  wollen  auch  nicht  in  Abrede  stellen, 
dasz  es  sich  namentlich  in  den  unteren  Klassen  wirklich  so  verhalte. 
Der  Knabe  hat  für  eine  Wissenschaft  noch  keinen  andern  Maszstab  der 
Schätzung.  In  oberen  Klassen  ist  dies  durchaus  nicht  der  Fall.  Der 
Lehrer,  welcher  seine  Schüler  geistig  anzuregen  und  in  Spannung  zu 
erhalten  vermag,  bedarf  dieses  Mittels  nicht,  ja  würde  es  für  gewisse 
Lectionen  ablehnen  müszen,  um  diese  nicht  wesentlich  zu  alteriereu 
und  ihrer  wirkenden  Kraft  zu  berauben.  Für  diese  Lectionen,  fordern 
wir,  musz  die  Arbeit  entweder  ganz  beseitigt  oder  auf  ein  Minimum 
beschränkt  werden,  und  zwar  eben  so  sehr  im  Interesse  der  Jugend 
wie  in  dem  des  Gegenstandes  selber. 

Ich  nehme  die  Religion  als  Beispiel.  Es  ist  mir  nicht  bekannt, 
wie  man  auf  andern  Gymnasien  dabei  zu  Werke  geht:  was  ich  selber 
davon  gesehn  habe  ist  so  angethan,  dasz  ich  bei  jedem  Examen,  dem 
ich  beiwohne,  Gott  inbrünstig  danke,  dasz  ich  nicht  unter  den  ge- 
prüften zu  sitzen  und  eine  solche  Prüfung  zu  bestehn  brauche.  Ich 
spreche  nicht  vom  Katechismus,  von  Gesangbuchsliedern,  von  Psalmen 
und  messianischen  Stellen,  von  Stellen  des  Römer-  und  Galaterbriefs, 
von  dem  Zusammenhang  des  Alten  und  Neuen  Testaments,  den  sie  in 
ihrem  Gedächtnis  haben  sollen:  nicht  von  dem  wesentlichen  Inhalt  der 
Glaubenslehre  ihrer  Kirche,  von  dem  sie  Rechenschaft  zu  geben  haben, 


Schulfrag-en.  355 


'e 


wenn  alle  diese  Dinge  nur  etwas  mehr  als  todter  Gedächtniskram  wären, 
nur  etwas  von  wirklicher  Ueberzeiigung:  und  lebcndig-em  Glauben  darin 
wäre,  wenn  sie  nur  einigermaszen  mit  der  übrigen  allgemeinen  geisti- 
gen und  sittlichen  Bildung  der  jungen  Leute  in  Einklang  ständen,  wenn 
man  nur  schwache  Hoffnung  hegen  dürfte,  dasz  diese  Dinge  ihnen  nicht 
ein  äuszerliches  Gut  bleiben,  sondern  zu  einem  Anker  in  der  Not,  zu 
einer  Stütze  in  Stunden  der  Versuchung,  zu  einer  Quelle  reiner  Sitt- 
lichkeit werden  würden.  Wenn  nun  das  letztere  nicht  der  Fall  ist 
und  doch  mit  s  o  v  i  e  1  e  r  M  ü  h  e  so  viele  Schätze  eines  todten  Wissens 
aufgehäuft  werden,  sollten  wir  da  nicht  wünschen  dasz  die  ganze  Thä- 
tigkeit,  welche  man  von  dem  Schüler  für  diese  Disoiplin  zu  fordern 
habe,  auf  ein  warmes  Interesse  und  eine  gespannte  Aufmerksamkeit, 
auf  eine  Teilnahme  nicht  blos  im  Hören,  sondern  im  Mildenken  be- 
schränkt werde?  Wir  würden  allerdings  keine  Examina  haben  in 
denen  eine  Unmasse  theologischen  Wissens  zu  Tage  gefördert  wird, 
wol  aber  Examina  in  denen  der  religiöse  Sinn  des  Jünglings,  die 
Klarheit  und  Schärfe  seiner  allgemeinen  Vorstellungen  über  die  Re- 
ligion, über  das  Sittliche,  über  Tugend,  Pflicht  usw.  ermittelt  werden 
könnte,  wenn  nicht  überhaupt  ein  Examen  über  diese  Dinge  als  unge- 
eignet erscheinen  sollte.  Dies  ist  die  Weise  in  welcher  zu  unserer 
Zeit  der  Religionsunterricht  erteilt  wurde  und  durch  welche  uns  diese 
Leclionen  in  der  Hand  edler  rationalistisch  gebildeter  Lehrer  zu  den 
für  Geist  und  Gemüt  erquicklichsten  Stunden  wurden.  Zu  dieser  Weise 
werden  auch  wir  zurückkehren  müszen,  wenn  wir  unsere  Gewissen 
nicht  mit  dem  Vorwurf  belasten  wollen  das  religiöse  Leben  in  der 
Jugend  zu  ertüdten,  und  in  denen  welche  wir  zu  gläubigen  Christen 
erziehen  wollen  Gleichgültigkeit  gegen  die  Religion  überhaupt  hervor- 
zurufen. Das  heiszt:  die  Thätigkeit  des  Schülers  ist  für  die  Lehr- 
stunde in  Anspruch  zu  nehmen  und  auf  diese  zu  beschränken,  mit 
häuslicher  Arbeit  ist  der  Schüler  für  diese  Lection  nicht  zu  belasten. 

Es  gibt  der  Disciplinen  noch  mehr  auf  welche  dieser  Grundsalz 
seine  Anwendung  findet:  es  gibt  auch  Autoren  welche  in  dieser  Weise 
mit  den  Schülern  gelesen  werden  können,  ohne  dasz  die  Lection  da- 
durch an  Frucht  für  sie  verliert,  ja  ich  wage  es  zu  sagen,  wodurch 
sie  entschieden  gewinnt.  Natürlich  wird  von  dem  einzelnen  vieles 
wieder  verloren  gehn :  aber  die  allgemeine  Wirkung  wird  eine  um  so 
bedeutendere  werden.  Von  dem  Geist  des  Autors,  von  seinem  sitt- 
lichen und  politischen  Charakter,  von  der  Grösze  des  Gegenstandes 
wird  mehr  in  der  Seele  haften  bleiben,  als  bei  einer  statarisch-strengen 
Leetüre.  So  sollte  man  sich  bei  Homer,  bei  Livius,  bei  Herodot  nicht 
mit  Wiederholungen  aufhalten  :  diese  Autoren  wiederholen  sich  bei 
fortschreitender  Leetüre  von  selber:  ja  ich  bin  bei  ihnen  so  weit  ge- 
gangen, dasz  ich  gar  keine  Präparation  gefordert,  sondern  mich  mit 
einer  zweiten  häuslichen  Leetüre  des  gelesenen  begnügt  habe.  Zu  der 
letzteren  aber  kann  man  die  Schüler  leicht  veranlassen,  wenn  man  sie 
reizt  aus  dem  gelesenen  sich  für  ihren  eignen  Gebrauch  das  darin  ent- 
haltene sprachliche  Material  zu  sammeln.    Hierbei  ist  vorauszusetzen, 

23* 


356 


Schulfragen. 


dasz  der  revidierende  Director  oder  Scliulrath  keine  Paradeleistunffeii 
zu  sehen  verlangt,  sondern  divinitrend  zu  erkennen  sucht ,  was  die 
Scliüler  bei  dieser  immerhin  mit  Mängeln  behafteten  Beschäftigung 
doch  an  geistiger  Kraft,  an  raschem  Ueberblick,  an  Sinn  und  Liebe  für 
den  Autor  gewonnen  haben.  Dagegen  wird  es  immer  Autoren  geben, 
bei  denen  jedes  Wort,  ja  jede  Silbe  ernstlich  erwogen,  die  sicherste 
Einsicht  gefordert,  jeder  Schritt  nicht  einmal,  sondern  zehnmal  getlian 
werden  musz,  Autoren  wie  Sophokles,  Demosthenes,  Plato,  Thuky- 
dides,  Cicero,  Sallust,  Quinctilian,  Tacilns,  Horaz  und  Vergil,  welche 
der  etwa  besorgten  Leichlfertigkeit  der  Leetüre  das  Gegengewicht 
halten  x^erden.  Denn  hier  gilt  die  Losung  Miihe  und  Arbeit,  und  eben 
um  für  diese  Mühe  und  Arbeil  Zeit  und  Kraft  zu  gewinnen,  wollen 
■wir,  dasz  dort  die  Arbeit  der  Schüler  vermindert  und  die  Wirkung 
der  Lehrstunde  erhöht  werde.  Sollte  jemand  hierzu  bedenklich  den 
Kopf  scliütleln,  so  kann  ich  versichern,  dasz  ich  mit  mehreren  Collegen 
diesen  Weg  versucht  und  dasz  wir  ihn  gangbar  gefunden  iiaben:  dasz 
die  Autoren,  welche  ich  so  mit  ihnen  gelesen  habe  —  Terenz,  Livius, 
die  Briefe  Ciceros  —  ihnen  besonders  lieb  geworden  sind:  vor  allem 
dasz  sie,  seitdem  sie  sich  zu  dieser  Thätigkeit  gewöhnt  haben,  auch 
bei  der  Maturitätsprüfung  sich  als  umsichtiger  und  gewandter  erwie- 
sen haben. 

Die  Leser  werden  diesen  Gedanken,  der,  ich  hin  dessen  gewis, 
im  höchsten  Grade  fruchtbar  werden  kann,  weiter  verfolgen  müszen  ; 
wir  selbst  wenden  uns  zu  den  Arbeiten  oder  der  Arbeit  der  Schüler, 
um  zu  sehen  was  aucii  in  dieser  Beziehung  für  die  Concentration  ihrer 
Thätigkeit  gethan  werden  könnte.  Die  Arbeit  der  Schüler  ist  im  all- 
gemeinen von  doppelter  Art;  erstens  eine  freie,  von  der  Schule  und 
den  Anregungen  der  Schule  unabhängige,  wie  Leetüre  deutscher  Klas- 
siker, Leetüre  von  Geschichlswerken  usw.  Zu  dieser  fühlen  sich  die 
besten  Jünglinge  gerade  am  meisten  hingezogen,  zumal  wenn  das  In- 
teresse an  einem  Autor  (Shakespeare)  auch  zugleich  das  geistige  Band 
zwischen  einem  engeren  Freundeskreise  befestigt  und  erhält.  Hierauf 
hat  die  Schule,  unseres  Bedünkeiis,  sich  jeder  positiven  Einwirkung 
zu  enthalten,  so  sehr  sie  auch  dieselbe  wünschen  und  sich  ihrer  freuen 
sollte.  Sie  tliiit  genug,  wenn  sie  aus  der  Ferne  beobachtet,  Uehernui.-x 
verhütet,  dem  Streben  nach  Genusz,  welches  sich  auch  hiermit  verbiü 
den  kann,  entgegenwirkt;  würde  sie  viel  weiter  gehen,  so  würde  sie 
störend  und  zerstörend  eingreifen.  Es  sind  ja  die  ersten  Versuche  des 
Jünglings  auf  eignen  Füszen  zu  stehn  und  eigne  >A'ege  einzuschlagen. 
Diese  Versuche  sind  ein  noli  me  tangere;  sie  können  nicht  zart  und 
leise  genug  behandelt  werden.  Es  ist  die  decentrierende  Richtung 
welclie  sich  hierin  ihrer  entäuszert.  —  Was  die  anderen  Arbeilen  an- 
betrilft  welche  die  Schule  selber  ihren  Zöglingen  zumutet,  so  stehn 
sie  alle  in  einer  unmittelbaren  Beziehung  zum  Unterricht,  indem  sie 
auf  diesen  vorbereifen  oder  ihn  fortsetzen  oder  dem  darin  mitgeteilten 
Material  durch  eigne  Verarbeitung  eine  andere  Form  geben  oder  For- 
men nachbilden   welche  ihnen  der  Unterricht  vor  Augen  gestellt  hat, 


Schulfrtigcn. 


357 


oder  enfflieszondes  foslliallen,  zerstreutes  sammeln,  bodeiitendes' und 
werlhvolles  ausscheiden  —  wer  kann  die  verscliiednen  Arten  dieser 
Arbeiten  anfzaiiien?  Genng  dasz  nie  in  Vergessenheit  gerallie,  d;iSÄ 
zwischen  der  Tiiafigkeit  in  der  Sclinle  und  dem  häuslichen  Fleisze  ein« 
lebendige  tiefe  Rinheit  stattfinde,  dasz  sowol  der  Unterriciit  auf  eine 
sich  daran  sclilieszende  Arbeit  Bezug  nehme  als  die  Arl)eit  in  einer 
Continuilät  mit  dem  Unterricht  stehe.  Dies  gibt,  mit  Umsicht  ausge- 
führt, eine  Sammlung  und  Festigkeit  des  geistigen  Lebens  der  Jugend, 
welche  nur  segensreich  wirken  kann.  So  einfach  diese  Wahrheit  er- 
scheint,  so  vielfach  sie  auch  bereits  ausgesprochen  ist,  wird  es  doch 
nicht  nutzlos  sein  ,  noch  einige  Angenblicke  bei  ihr  zu  verweilen. 

Wenn  jene  Einheit  nicht  eine  schöne  Redensart  sein  soll,  so  musz 
die  Composilion  sich  der  Lectiire  anpassen,  und  zwar  demjenigen  Teilo 
der  Lectiire,  welcher  nach  Form  oder  Inhalt  oder  nach  beiden  zugleich 
zu  der  Composition  in  der  nächsten  Beziehung  steht.  Es  gibt,  dünkt 
mich,  kaum  etwas  verkehrteres  als,  wenn  der  Livius  die  Hauptlecliiro 
bildet,  die  Scripta  ans  iMiiret  oder  linlinken  anfertigen  zu  lassen,  oder 
wenn  der  Plalo  gelesen  wird,  den  StolT  zu  den  Exercitien  aus  PIntarch 
zn  holen.  Wenn  der  Lehrer  diesen  Uebelsland  beseitigen  will,  so  wird 
ihm  kaum  etwas  anderes  übrig  bleiben  als  die  Aufgaben  für  die  Com- 
posilion sell)st  auszuarbeiten,  was  daher  auch  bereits  von  mehr  als  einer 
Seite  her  geratben  ist.  Der  Zeitverlust ,  welchen  das  Diclieren  aller- 
dings mit  sich  führt,  steht  in  keinem  Verhältnis  zu  dem  Vorteil,  welcher 
dadurch  gewonnen  wird.  Wir  haben  nicht  nötig  zu  erinnern,  dasz  bei 
fortschreitender  Entwicklung  die  Imitation  entbehrlicher  wird,  bis  end- 
lich die  Zeit  kommt  wo  die  Imitation  ganz  aufhört  und  die  lateinische 
Sprache  wie  die  Muttersprache  zu  freiem  Gebrauch  sich  darbietet.  Wir 
möchten  zugleich  erinnern,  dasz  auf  den  Schulen  zwar  der  Stil  der 
Rede  und  der  der  wissenschaftlichen  Disceplalion  genügend  geübt  zu 
werden  pflegt,  dagegen  der  geschichllicbe  Stil  vernachlässigt  und,  wo 
dies  nicht  geschieht,  eher  Curtius  als  Cäsar  oder  Livius  dabei  als  Vor- 
bild betrachtet  wird.  Dies  ist  nach  unserem  Dafürhalten  eine  Verkehrt- 
keit. Das  Ideal  lateinischer  Historie  ist  Livius  und  diejenigen  welche 
unter  den  Neueren  in  lateinischer  Sprache  haben  Geschichte  schreiben 
wollen,  wie  Bembo,  haben  sich  allein  an  Livius  gehallen,  natiiriich 
als  geistvolle  und  gebildete  Männer,  indem  sie  nicht  blos  in  seinen 
Formen  ,  sondern  vielmehr  in  seinem  Geiste  arbeiteten. 

Des  gleichen  Anschlusses  sind  auch  die  freien  lateinischen  Arbei- 
ten bedürftig.  Die  Leetüre  bietet  des  besten  StofTes  hierzu  eine  so 
unendliche  Fülle,  dasz  es  schwer  zu  begreifen  ist  wie  Schüler  oder 
Lehrer  nach  Aufgabensammlungen ,  wie  es  auch  die  von  Sanppe  ist, 
greifen  sollten,  il.  h.  nach  Sammlungen,  welche  dem  Schüler  ein  Quan- 
tum rohen  Materials  von  auszen  her  zuführen  und  ihm  zumuten  hieraus 
ein  eignes  Ganzes  zu  bilden.  Ich  suche  meinesteils  Aufgaben,  für 
welche  den  Schülern  der  Stoff  und  die  Gedanken  aus  dem  vollen  In- 
nern zuströmen,  so  dasz  sie  selbst  einen  Drang  in  sich  empfinden  dem 
was  sie  lief  bewegt  einen  Ausdruck  zu  geben.    Denn  allerdings  vvün- 


358  Schulfragen. 

sehe  ich  dasz  sie  mit  bewegter  Seele,  mit  einem  Pathos  schreiben.  Wo 
dies  ist,  wächst  ihnen,  mit  Goethe  zu  sprechen,  über  Nacht  auch  die 
angemessene  und  gebildete  Form  zu.  Denn  wie  wir  bereits  oben  ge- 
sehn haben,  so  ist  auch  hier  das  reale  Element  das  präponderierende. 
Meine  besten  Arbeiten  erhalte  ich,  wenn  ich  nach  der  realen  Seite  hin 
das  Rechte  getroffen  habe.  —  Wenn  aber  so  die  Production  sich  der 
Leetüre  anschlieszen  soll,  soll  nicht  auch  die  Leetüre  auf  jene  erstere 
Rücksicht  nehmen?  soll  sie  nicht,  zumal  da  so  reiche  Auswahl  für 
eine  Prima  vorliegt,  darnach  streben,  der  Seele  der  Jugend  einen  sie 
ansprechenden  und  ergreifenden  StolF  zu  bieten?  Ich  habe  alle  Ach- 
tung vor  Halms  Urteil  und  Takt;  aber  was  Reden  M'ie  die  pro  Sestio, 
pro  Sulla  für  Schulen  sollen,  bin  ich  auszer  Stande  zu  begreifen;  auch 
die  Verrinen  ermüden  den  Sciiüler,  daher  Zumpt  sie  für  die  Universität 
bestimmte;  von  den  Calilinarischen  würde  die  erste  völlig  ausreichen; 
dagegen  sind  die  pro  Flacco,  welche  eine  von  Wolfs  Lieblingsreden 
war,  und  die  pro  Murena  des  besten  Stoffes  voll.  Ebensowenig  kann 
der  ßrulus  als  Ganzes  den  Schüler  fesseln;  viel  eher,  wenn  er  nicht 
zu  schwer  wäre,  könnte  dies  der  Orator.  Auch  die  Bücher  de  oraloro 
ragen  über  die  Schule  hinaus.  Dagegen  sind  für  den  Schüler,  der  den 
Aristoteles  selber  noch  nicht  lesen  kann,  die  philosophischen  Schriften 
Ciceros  eine  unschätzbare  Leetüre,  doppelt  jetzt ,  wo  sie  es  sind  aus 
denen  der  Schüler  die  allgemeinen  religiösen  und  sittlichen  Ideen  ge- 
winnen musz.  Denn  ist  die  Jugend  selbst  die  Lebenszeit,  welche  für 
das  Ethische  und  das  Historische,  nicht  für  das  Juristische  oder  Poli- 
tische eine  vorzügliche  Empfänglichkeit  besitzt,  nun  wol !  was  zögern 
wir  ihr  die  geistige  Nahrung  darzubieten  nach  welcher  sie  verlangt? 
sie  in  Ideenkreise  hineinzuführen  aus  denen  ihr  auch  eine  reiche  Fülle 
von  Stoff  für  die  eigne  Production  zuflieszen  wird?  Ich  wundere  mich 
nicht,  wenn  meine  Schüler  für  Plato  schwärmen  und  für  Cicero  kalt 
bleiben,  ich  wundere  mich  aber  auch  ebensowenig,  wenn  sie  die  Offi- 
cien  und  die  Briefe  Ciceros  mit  Interesse  lesen,  und  dagegen  nicht  be- 
greifen wie  man  die  Miloniana  oder  die  zweite  philippische  so  über 
alle  Maszen  hat  bewundern  können.  Die  hohe  rednerische  Kunst  er- 
kennen wenige  von  ihnen;  für  das  Eibische  haben  sie  alle  ein  tiefes 
Gefühl  und  ein  sich  annäherndes  Verständnis.  Die  Beziehung  zwischen 
Leetüre  und  Production  ist  also,  ich  wiederhole  es,  eine  gegenseitige, 
und  beide  werden  wollhun  in  dem  Ethischen  und  Historischen  ihren 
Vereinigungspunkt  zu  suchen. 

Und  nun  nooh  eins  von  vielem  ,  was  mir  auf  der  Seele  liegt.  Als 
Wolf  für  griechische  und  römische  Altertümer  und  Litteraturgeschichte 
usw.  besondere  Leclionen  wünschte,  war  es,  wenn  auch  darin  ein  Zu- 
wachs zu  dem  Vielen  zu  liegen  schien,  doch  vielmehr  eine  Richtung 
auf  Concentration  welche  ihn  leitete.  Der  Schüler  hat  im  Laufe  der 
Jahre  eine  Masse  einzelner  Kenntnisse  gesammelt;  aber  er  weisz  nicht 
was  er  damit  machen,  er  hat  keinen  Ort  wo  er  sie  hinthun  soll.  Die 
Folge  davon  ist  dasz  sie  ihm  wieder  verloren  gehn.  Gewisse  Dinge 
lernen  sich  nur,  wenn  sie  zu  einem  Ganzen  gesammelt  werden;  sie 


Scluilfraffen.  359 


't3 


verkommen,  wenn  man  sie  in  ihrer  Vereinzelung  läszl.  Die  Erfahrung 
wird  jedem  Leiirer  sagen,  ob  Wolf,  wenn  ihn  dieser  Grund  bestimmte, 
im  Irlum  war.  Ich  wenigstens  habe  auf  diesem  Gebiete,  auch  bei  den 
besten  Schülern,  mit  der  horribcisten  Unwissenheit  zu  kämpfen,  einer 
Unwissenheit  unter  der  natiirlicii  auch  die  Production  schwer  zu  leiden 
hat.  Um  diesem  trosllosen  Zustande  ein  Ende  zu  machen,  musz  man 
zuerst  sich  überzeugen,  dasz  alles  beiläufig  gelernte  auch  eben  nur 
beiläufiges  ist  und  bleibt  und  nie  zu  einem  wirklichen  Besitz  wird, 
zweitens  dasz  eine  private  Lectiire  zu  eignem  Studium  den  Schülern 
gar  nicht  zugemutet  werden  kann,  drittens  dasz  es  an  sich  vernünftig 
ist  das  viele  einzelne,  das  einem  vor  Augen  gekommen  ist,  vor  dem 
Wiederverlorengehn  zu  schützen.  Hierzu  müszen  sich  in  Prima 
wöchentlich  zwei  Stunden  finden  ,  ohne  dasz  man  nötig  hat  die  Zahl 
der  Lehrstunden  zu  vermehren.  Wir  zeigen  das  Bedürfnis  an,  mögen 
andere  die  Mittel  bedenken  diesem  Bedürfnis  zu  begegnen. 

17. 

In  dem  preuszischen  Reglement  über  die  Prüfung  der  Abiturienten 
ist  eine  Bestimmung  gegeben  nach  welcher  über  die  Leistungen  der- 
selben in  jeder  einzelnen  Disciplin  in  der  Weise  ein  bestimmtes 
Urteil  abgegeben  werden  soll,  dasz  diese  entweder  für  vorzüglich 
oder  für  gut  oder  für  befriedigend  oder  für  nicht  befrie- 
digend erklärt  werden.  Ein  in  gleicher  Weise  gefasztes  Gesamt- 
urteil wird  bis  jetzt  über  die  zur  Universität  abgehenden  Zöglinge 
der  Gymnasien  noch  nicht  gefällt.  Da  aber  bei  den  realen  Bildungs- 
anstalten die  von  ihnen  entlassenen  Schüler  für  vorzüglich,  für  gut 
oder  für  genügend  bestanden  erklärt  werden  und  kein  Grund  abzu- 
sehn  ist,  warum  in  dieser  Beziehung  zwischen  den  verschiedenen 
Schulen  ein  Unterschied  gemacht  werden  sollte,  so  habe  ich  es  für 
angemessen  gehalten,  die  Frage  nach  der  Zweckmäszigkeit  oder  Un- 
zweckmäszigkeit  jener  Prädicate  anzuregen.  Es  liegt  mir  vor  allem 
daran,  die  Erfahrungen  kennen  zu  lernen  welche  man  in  dieser  Hin- 
sicht an  Kealschulen  gemacht  hat,  und  zu  Mitteilungen  über  dieselben 
anzuregen.  Mögen  sie  nicht  ausbleiben,  mögen  sie  auch  nicht  lange 
auf  sich  warten  lassen! 

Ich  für  meine  Person  bin,  bis  jetzt  wenigstens,  ein  entschiedener 
Gegner  von  dem  jetzigen  Verfahren:  ich  bin  der  Ueberzeugung  dasz 
dasselbe  die  Unbefangenheit  und  Lauterkeit  des  Urteils  gefährde 
welches  die  Lehrer  über  ihre  Schüler  auszusprechen  haben,  und  der 
Milde  und  Humanität  widerstreite  welche  den  Lehrern  ihren  Pfleg- 
lingen gegenüber  so  vvol  ansteht  und  so  natürlich  ist.  Ich  bleibe  zu- 
nächst bei  der  Anwendbarkeit  dieses  Verfahrens  in  der  Maturitäts- 
prüfung stehn. 

Das  Eigentümliche  dieses  Verfahrens  besteht  nicht  sowol  darin, 
dasz  man  den  Werlh  einer  Leistung  oder  den  Grad  von  Kenntnissen 
und  Fertigkeiten  durch  Prädicate  zu  bezeichnen  sucht,  sondern  dasz 
es  den  Schulen  auf  das  Bestimmteste  untersagt  ist,  diesen  Prädicaten 


360  Schulfragcn 


ö' 


durch  gewisse  Zusätze  eine  Modificalion  zu  gehen.  Es  ist  direct  ver- 
boten z.  B.  das  Urteil  befriedigend  durch  ein  fast  oder  kaum 
H.  dgl.  weniger  scharf  und  bestimmt  hinzustellen.  Die  Lehrer  sollen 
sich  endlich  entsclieiden ,  ob  sie  ja  oder  nein  sagen  wollen;  sie  sollen 
genötigt  werden  aus  einer  Unsicherheit  herauszutreten  in  welcher  sie 
oft  durch  die  Einwirkung  des  PIlichfgefiihls  von  der  einen  und  dos 
Wolwollens  von  der  andern  Seile  her  gehalten  werden.  Wer,  so 
scheint  es,  sollte  dieses  Hindrängen  auf  Entschiedenheit  nicht  billigen? 

Ich  meine,  jeder,  vorausgesetzt  nemlich  dasz  diese  Schärfe  und 
Entschiedenheit  eine  mit  der  Sache  vereinbare  und  aus  ihr  selber  sich 
ergebende  ist.  Allein  hat  man  wol  überlegt,  woher  es  kommt  dasz 
die  Lehrer  samt  und  sonders  geneigt  sind  ihr  Urteil  nicht  so  kurzweg 
auszusprechen,  dasz  sie  vielmehr  dasselbe  durch  diese  oder  jene  Zu- 
sätze in  eine  gewisse  Unbestimmtheit  zu  ziehen  suchen?  und  sollte 
dieser  doch  sicher  sehr  zu  beachtende  Zug  nicht  noch  in  etwas  an- 
derem als  in  einer  Art  von  Charakterschwäche  ihren  Grund  haben 
können?  nicht  vielmehr  in  dem  Gefühl  dasz  es  vielleicht  überhaupt 
unmöglich  sei  eine  Leistung  mit  dieser  ohne  Zweifel  jedem  Minister 
erwünschten  Kürze  'ohne  Phrase'  zu  bezeichnen? 

Sicherlich  verhalten  sich  befriedigend  und  nicht  befrie- 
digend nicht  wie  zwei  in  einem  Punkte  aneinanderstoszende  Teile 
einer  Linie,  so  dasz  man  nur  diesen  Punkt  festzustellen  hatte,  um  sei- 
nes Urteils  sicher  zu  sein.  Vielmehr  sind  befriedigend  und  nicht 
befriedigend  Punkte  zwischen  denen  sich  eine  sehr  ausgedehnte 
Linie  hin  erstreckt,  von  welcher  gewisse  Teile  sich  mehr  dem  einen, 
andere  dem  andern  Punkte  nähern,  und  zwar  so  dasz  zwischen  jenen 
Punkten  Mischungen  verschiedenster  Art  und  Uebergänge  von  dem 
einen  zu  dem  andern  stattfinden.  Ich  bin  oftmals  in  der  Lage  gewesen 
zwischen  diesen  beiden  Prädicaten  wählen  zu  sollen,  wärend  ich 
beide  für  unwahr  hielt.  Diese  Lage  ist  für  einen  Menschen  von  Ge- 
wissen eine  schreckliche.  Man  würde  ihr  nicht  ausgesetzt  sein,  wenn 
es  gestattet  wäre  durch  Mittel  welche  die  Sprache  bietet  und  das 
Gefühl  fordert  jene  Mischungen  und  Uebergänge  zu  bezeichnen,  welche 
überdies  ja  bei  weitem  häufiger  erscheinen  als  die  Fälle,  in  denen  ein 
absolutes  Urteil  ohne  Bedenken  gefällt  werden  kann.  Und  dies  halte 
ich  denn  allerdings  für  den  wahren  Grund,  weshalb  die  Lehrer  sich 
so  sehr  gegen  jene  Präcision  des  Urteils  sträuben:  die  Liebe  zur  Wahr- 
heit vereinigt  sich  bei  ihnen  mit  dem  Wolwollen  für  ihre  Pfleglinge. 

Das  Bedenkfin  ist  natürlich  bei  den  Prädicaten  befriedigend 
und  nicht  befriedigend,  bei  denen  oft  die  Zukunft  des  jungen 
Mannes  auf  dem  Spiele  steht,  gröszer  als  bei  Prädicaten  welche  mehr 
eine  grössere  oder  geringere  Auszeichnung  des  Schülers  aussprechen. 
Die  letztere  kann  er  entbehren,  wenn  es  auch  wünschenswerth  ist 
dieselbe  zu  bezeichnen.  Wäre  nur  die  Wahl  der  Ausdrücke  eine  an- 
gemessenere! So  ist  namentlich  das  Prädicat  vorzüglich  völlig 
dem  subjectiven  Belieben  der  Urteilenden  anheimgegeben  und  ein 
Krieg  zwischen  Lehrercollegien   und  wissenschaftlichen  Prüfungscom- 


Schulfragen.  361 

missionen,  zumal  wenn  deren  Mitglieder  nie  Lehrer  gewesen  sind,  gar 
nicht  zu  vermeiden.  Ich  für  meine  Person  habe  mir  eine  Vorstellung 
von  dem  entworfen,  was  etwa  von  dem  Lehrer  an  einem  wolbegablen 
Schüler  zu- erreichen  ist;  durch  eine  lange  Praxis  des  Unterrichts  ge- 
winnt diese  Vorstellung  mehr  und  mehr  Sicherheil.  Erreiche  ich  die- 
ses Ziel,  so  nenne  ich  seine  Leistung  vorzüglich;  einen  andern  ohjec- 
tiveren  Maszstab  als  diesen  kenne  ich  nicht,  würde  aber  sehr  dankbar 
sein,  wenn  jemand  genauer  sagen  wollte  was  er  unter  der  vorzüg- 
lichen Leistung  eines  Schülers  verstände.  Ueber  gut  ist  der  Zweifel 
geringer;  es  ist  die  natürliche  Mitte  zwischen  dem  vorzüglichen  und 
dem  befriedigenden. 

Wenn  einmal  das  Prädicat  vorzüglich  als  eins  der  vier,  zwi- 
schen denen  wir  zu  wählen  haben,  gegeben  ist,  so  liegt  es  auch  im 
Interesse  der  Schule  davon  Gebrauch  zu  machen,  und  es  da  anzuwen- 
den ,  wo  ein  Schüler  das  beste  was  man  von  einem  Schüler  hoffen 
kann  erreicht  hat.  Es  für  auszerordentliche  Fälle  aufzusparen,  etwa 
für  eigentlich  geniale  Leistungen  ,  würde  ungerecht  sein.  Man  würde 
damit  dem  Schüler,  dem  Publicum  und  den  Behörden  gegenüber  das 
Bekenntnis  ablegen  dasz  noch  nicht  das  höchste  Ziel  der  Leistungen 
erreicht  worden  sei.  Warum  nimmt  man  nicht  zur  Bezeichnung  des 
Grades  Zahlen?  Zehn  gegen  eins,  kein  Mensch  würde  gegen  Nr  1 
etwas  einzuwenden  haben,  dem  jetzt  das  Wort  vorzüglich  impo- 
niert. Sollen  unsere  Schüler  und  sollen  wir  darunter  leiden,  dasz  von 
den  Behörden  ein  Ausdruck  gewählt  ist  der  das  Urteil  befangen 
macht?  Soll  es  denn  einmal  sein,  so  wähle  man  doch  die  Zahl  und 
lasse  jene  unbeholfenen  und  unzweckmäszigen  Prädicate  fallen. 

Oder  besser,  man  gebe  überhaupt  diese  Art  von  Charakteristik 
auf  und  lasse  wieder  Urteile  geben,  welche,  natürlich  mit  weiser  Be- 
nutzung jener  und  ähnlicher  Prädicate,  die  Leistung  ganz  objectiv 
würdigen.  Mit  welchem  Prädicat  will  man  denn  einen  Aufsatz  belegen, 
welcher  Sachkenntnis,  Gedankenreichtum,  Folgerichtigkeit  im  Denken 
u.  dgl.  enthält,  aber  iVIangel  an  gewandter,  lebhafter  Darstellung  zeigt? 
Das  Gute  und  die  Mängel  lassen  sich  vortrefflich  aussprechen:  die  Zu- 
sammenfassung in  ein  Urteil  mit  einem  Prädicat  ist  eine  Unmöglichkeit 
und  wirft  die  ganze  ernste  Handlung  der  Subjectivität  und  dem  Zufall 
zu.  Wir  halten  jene  Prädicate,  wie  gesagt,  für  überflüssig  und  für 
sehr  bedenklich.  Sie  sind  ohne  Zweifel  trefflich  für  die  Verwaltung, 
welche  darnach  die  Schüler  rubriciert,  aber  nachteilig  für  die  Schulen, 
welche  durch  sie  auf  eine  falsche  Strebsamkeit  hingewiesen  und  das 
Glänzende  dem  Ernsten,  Soliden,  Tüchtigen  vorzuziehn  gereizt  werden. 
Hierüber  noch  ein  Paar  Worte. 

Auf  den  Gymnasien  der  Provinz  —  und  diese  sind  es  doch,  die 
allein  in  Betracht  kommen,  nicht  die  Paar  Gymnasien,  welche  die  Mög- 
lichkeit haben  ihre  Alumnate  mit  den  talentvollsten  Knaben  aus  der 
ganzen  Provinz  zu  besetzen  —  findet  sich  in  allen  Klassen  eine  selt- 
sam und  doch  so  natürlich  gemischte  Schülerzahl,  einige  wenige  wirk- 
liche Talente,  viel  millclmäszige  Köpfe  und  einige  schwach  begabte, 


362  Schulfragen. 

die  aber  gleichwol  ihre  Carriere  durch  die  Schule  machen  müszen, 
weil  die  Eltern,  Geistliche,  Lehrer,  nicht  die  Mittel  haben,  sie  in 
einen  bürgerlichen  Beruf  treten  zu  lassen,  wol  aber  es  durch  Entbeh- 
rungen jeder  Art  ermöglichen  sie  durch  die  Schule  gehn  zu  lassen. 
Aus  diesen  Zöglingen  soll  nun  die  Schule  etwas  machen,  und  sie  thut 
es  in  treuer,  mühvoller  Arbeit,  in  unermüdeler  liebender  Sorge. 
Denn,  man  glaube  es  uns,  den  Lehrern  aus  der  Provinz,  den  Schwa- 
chen wird  die  gröszere  Hälfte  unserer  Liebe  zuteil;  die  Talente  be- 
dürfen ihrer  weniger:  wir  streben  nicht  zu  glänzen,  wir  suchen  nicht 
das  Unsere;  wir  mühen  uns  auch  aus  kümmerlichen  Talenten  das  Mög- 
liche zu  bilden.  Ob  der  Staat  es  uns  Dank  weisz,  ist  eine  andere 
Frage;  wir  rechnen  aber  auch  nicht  auf  den  Dank  des  Staates,  obwol 
ihm  aus  den  jungen  Leuten  welche  wir  ihm  bilden  seine  treuesten 
und  besten  Diener  erwachsen. 

Natürlich  nun  ist  unsere  Aufgabe  nicht  sowol  eine  geistige  als 
eine  sittliche  —  man  wird  mich  nicht  misverstehn  wollen;  es  wäre 
betrübend  in  einer  so  ernsten  und  heiligen  Sache  — .  Es  gilt  die 
jungen  Leute  sittlich  zu  wahren,  jede  .Art  von  Zerstreuung  von  ihnen 
abzuwehren,  jede  Art  von  luxuriierender  geistiger  Beschäftigung  ihnen 
fern  zu  halten,  sie  immer  auf  das  Notwendige  hinzuweisen  und  hierin 
zu  befestigen,  dann  aber,  auch  bei  maszigen  Fortschritten,  sie  zu  er- 
mutigen, ihnen  den  Lohn  der  Treue  vor  Augen  zu  halten  und  sie  zu 
stützen,  zu  halten  auf  jedem  Schritte.  Und  sie  wissen  es  was  wir 
ihnen  sind,  wissen  es  uns  in  treuer  Liebe  Dank.  Natürlich  nun  können 
wir  an  derartigen  Prädicaten  keine  Freude  finden,  welche  uns  kein 
Mittel  bieten  den  treuen  Fleisz  zu  ehren  und  anzuerkennen,  welchen 
unsere  Schüler  bewiesen  haben  und  durch  den  sie  das  geworden  sind 
was  sie  sind.  Für  uns  und  für  sie  wäre,  wenn  sie  sich  als  befrie- 
digend erweisen,  eine  grosze  Freude;  wenn  sie  dagegen  an  diesen 
Prädicaten  mit  anderen  gemessen  und  vergliclien  werden  sollen,  wür- 
den wir  beschämt  dastehn  müszen,  wenn  wir  auch  im  Verhältnis  mehr 
geleistet  haben  als  etwa  die  Pforte.  Kurz,  unsere  Schüler  passen  nicht 
in  dies  Schema  hinein,  sind  uns,  offen  gestanden,  zu  lieb  und  zu  schade 
dazu,  erscheinen  uns,  selbst  wenn  ihre  Prädicate  weniger  in  die  Augen 
fallen,  doch,  wenn  wir  die  andere,  die  sittliche  Seite,  die  Bildung  ihrer 
Gesinnung,  ihres  Charakters  dazu  nehmen,  völlig  eben  so  reif,  als  wenn 
wir  sie  als  vorzüglich  bestandene  Zöglinge  zu  der  Universität  ent- 
lassen wollten. 

Verschone  man  uns  also  mit  dergleichen  Rubriken  und  bringe  ja 
nicht  diese  Bubriken  in  ein  letztes  Urteil  über  unsere  Zöglinge,  wenn 
man  nicht  eine  Formel  findet,  durch  welche  die  Summe  von  geistiger 
und  sittlicher  Bildung  ausgedrückt  wird.  Der  Staat  selbst  urteilt 
später  über  seine  Diener  nicht  in  dieser  Weise.  Er  weisz  ihre  Kräfte 
«nd  ihre  Brauchbarkeit  zu  würdigen  und  sie  darnach  zu  verwenden, 
aber  in  sein  Gesamturteil  über  sie  nimmt  er  auch  ihre  Treue  auf.  Ob 
der  liebe  Gott  uns  dermaleinst  nach  vorzüglich,  gut,  befriedi- 
gend klassificieren  wird,  wollen  wir  dahin  gestellt  sein  lassen. 

Greiffenberg.  (Fortsetzung  folgt.)  Campe. 


Bemerkungen  zu  Curlius  griecli.  Scliulgrammalik.  363 

10. 

Bcmerknngen  aus  der  Praxis  zu  der  griechischen  Schulgrammatik 
t'OTi  Dr  Georg  Curtins.  Vierte  berichtigte  Auflage.  Prag 
ISOO,  Tempsky,   XIV  u.  308  S.   8. 

Nicht  die  Formenlehre  ist  es  welche  die  folgenden  Bemerkungen 
zunächst  veranlaszt  hat,  da  ja  das  günstige  Urteil,  welches  über  diesen 
ersten  Ilauptteii  der  griechischen  Scliulgrammalik  von  Curtius  ge- 
fällt worden  ist,  schwerlich  erheblich  zu  modidcieren  sein  dürfte. 
Denn,  um  die  Gründe  für  das  beifällige  Urteil  kuVz  anzudeuten:  der 
SlolT  ist  in  solcher  Umgrenzung  aufgenommen,  dasz  die  im  Bereiche 
der  Schule  vorkommenden  Erscheinungen  in  hinreichender  Vollständig- 
keit besprochen  werden;  die  Behandlung  des  Stoffes  ist  der  Art,  dasz 
alles  in  übersichtlicher  Anordnung  und  deutlicher  Unterscheidung  vor- 
geführt, Haupt-  und  Nebensachen  auch  durch  die  Form  des  Drucks 
unterschieden  und  die  Eigentümlichkeiten  der  Dialekte,  hauptsächlich 
des  homerischen,  in  zweckentsprechender  Weise  unter  dem  Texte  kurz 
berührt  werden.  Die  gesamte  Darstellung  ist  in  einer  einfachen,  trotz 
einiger  terminologischen  Neuerungen  leicht  verständlichen  Sprache  ge- 
halten. Was  ferner  die  Benutzung  der  neueren  sprachwissenschaft- 
lichen Forschungen  betriiTt,  welclie  in  der  Lautlehre  und  in  weiterem 
Umfange  in  der  Flexionslehre  zur  Anwendung  gekommen  sind,  so  ver- 
dient die  sich  kundgebende  vorsichtige  Maszhaltung,  bei  welcher  nur 
unbedingt  Sicheres  Aufnahme  gefunden  hat,  um  so  mehr  alle  Aner- 
kennung, da  der  Herr  Verfasser  zu  den  Hauptvertretern  der  neuern 
Linguistik  gehört  und  demnach  zu  einer  Ueberschreitung  der  dem 
Schulunterricht  geziemenden  Grenzen  leicht  sich  verleiten  lassen 
konnte.  Demnach  ist  in  der  That  die  Behandlung  welche  die  Formen- 
lehre in  der  vorliegenden  Schulgrammalik  erfahren  hat  eine  ange- 
messene und  besonders  in  wissenschaftlicher  Hinsicht  ein  Fort- 
schritt von  gröszter  Bedeutung.  Dagegen  ist  freilich  in  Bezug  auf 
Brauchbarkeit  für  die  Schule  ein  Bedenken  nicht  ganz  zu  ver- 
schweigen. 

Der  praktische  Schu-lmann  kann  sich  nemlich  der  Befürchtung 
nicht  erwehren,  dasz  der  Hauptzweck  der  mittleren  Klassen:  mög- 
lichst rasche  und  möglichst  sichere  Aneignung  der  wirklich 
vorkommenden  Formen,  durch  die  dem  Buche  zufolge  überall 
dazwischen  tretende  Reflexion  in  solchem  Masze  beeinträchtigt 
wird,  dasz  der  von  dieser  Seite  erwachsende  Nachteil  den  wissen- 
schaftlichen Verteil  leicht  überwiegen  möchte.  Doch,  wie  gesagt, 
nicht  die  Formenlehre,  sondern  die  Syntax  ist  der  Gegenstand  un- 
serer gegenwärtigen  Bemerkungen. 

In  Bezug  auf  die  Behandlung  dieses  zweiten  Hauplteils  der  Gram- 
matik ist  zuvörderst  ebenfalls  zu  loben,  dasz  der  Stoff  in  angemessener, 
das  heiszt  schulmäsziger  Vollständigkeit  und  Umgrenzung  aufgenom- 
men ist.  Daher  bietet  das  Buch  den  in  der  That  erheblichen  Vorteil, 
dasz  der  Schüler  dasselbe  durch  den  ganzen  Gymnasialcursus  hindurch 


364  Bemerkungen  zu  Curtius  griecli.  Schulgrammatik. 

gebrauchen,  also  zu  der  so  sehr  wünschenswerlhen  genauen  Vertraut- 
heit mit  seiner  Grammatik  gelangen  kann.  Auch  ist  die  äuszere  An- 
ordnung und  übersichtliche  Gliederung  des  syntaktisciien  Stoffes  durch- 
aus beifallswiirdig. 

Dagegen  musz  Einsender,  bei  aller  Hochachtung  gegen  den  ver- 
dienstvollen Verfasser,  unumwunden  erklären  dasz  der  innern  Durch- 
führung vielfach  diejenige  Klarheit  und  Schärfe  mangelt,  welche  man 
von  diesem  Teile  einer  Schulgrammatik  zu  fordern  berechtigt  und 
verpflichtet  ist.  Und  es  ist  dieses  um  so  mehr  zu  bedauern,  als  ja  die 
Syntax  für  die  von  der  Schule  erstrebte  geistige  Durchbildung  von 
unendlich  gröszerer  Wichtigkeit  ist  als  die  Formenlehre.  Es  geschieht 
im  Interesse  der  Schule,  wenn  hier  auf  einige  der  bedeutenderen 
Mängel  der  vorliegenden  Grammatik  in  der  Hoffnung  aufmerksam  ge- 
macht wird,  dasz  dadurch  eine  allgemeinere  Prüfung  des  jedenfalls 
höchst  beachtenswerthen  Buches  hervorgerufen  und  vielleicht  der  Herr 
Verfasser  veranlaszt  werden  möchte  dasselbe  durch  Umarbeitung  des 
syntaktischen  Teils  für  den  Unterricht  brauciibarer  zu  machen.  Wir 
beschränken  unsere  Bemerkungen  auf  die  fundamentalen  Hauptpunkte, 
welche  für  eine  Menge  von  Einzelheiten  formgebend  sind  und  die  Auf- 
fassung derselben  regeln.  Denn  wenn  diese  Hauplpartien  richtig,  klar 
und  in  streng  logischer  Ordnung  hervortreten,  so  mag  man  über  noch 
so  viele  Unrichtigkeiten  im  Einzelnen  hinvvegsehn,  indem  diese  durch 
den  Unterricht  und  durch  Nachbesserungen  bei  neuen  Auflagen  leicht 
ihre  Erledigung  finden.  Gerade  jene  Hauptparlien  aber  leiden  in  der 
vorliegenden  Grammatik  vielfach  an  einer  Unklarheit  und  Verworren- 
heit, deren  nachteiligen  Einflusz  auf  eine  gesunde  Auffassung  der 
Lehrer  nicht  wird  abwenden  können.    Wir  heben  folgendes  aus. 

I. 

Satz.  1.  In  §  361 ,  3  b  wird  das  Prädicat  bezeichnet  als  'das- 
jenige was  ausgesagt  wird.'  Auf  der  Grundlage  dieser  allerdings 
brauchbaren  Definition  des  Prädicals  kann  der  Schüler  nur  dann  zu 
einer  weitern  klaren  Einsicht  in  das  Wesen  des  Prädicats  gelangen, 
wenn  ihm,  wie  z.  B.  in  der  vorlrefl'Hchen  lateinischen  Grammatik  von 
Dr  M.  M ei  ring,  2e  Auflage  (vgl.  §§  4l().  417.  427.  428.  4ö8),  gesagt 
wird:  'das  Prädicat  des  Salzes  ist  immer  ein  Verb  um;  es  sind  aber 


u  scheiden  1)  Verba  von  vollständigem  BegrilTe,  2)  Verba  von  un- 
ollsländigem  Begrifl'e,  der  durch  ein  Nomen  als  Merkmal  des  Siibjects 
oder  Objecis  ergänzt  wird.'  Alsdann  erklären  sich  alle  Erscheinungen 
aind  Gestaltungen  des  Prädicals  ebenso  einfach  als  deullich.  Wie  aber 
verfährt  die  vorliegende  Grammatik?  'Das  Prädicat',  heiszt  es  a.  a.  0., 
'ist  entweder  ein  verbales  oder  ein  nominales.  Verbal  ist  das 
Prädicat,  das  in  der  Form  eines  Verbum  finitum  ausgesprochen  wird; 
KvQog  ißaaUcve;  nominal  dasjenige,  das  in  der  Form  eines  Nomens 
(Substantivs  oder  Adjectivs)  ausgesprochen  wird:  KvQog  ßaßiXsvL;  i]v.' 
Es  wird  im  zweiten  Falle  die  alte  durchaus  unwissenschaftliche,  ja 
widersinnige  Ansicht  zurückgerufen,  das  Verbum  ehmi  sei  nicht  Prä- 


Bemerkungen  zu  Curlius  griech.  Schulgramnialik.  365 

(lical,  sondern  »in  bloszes  Verbindungswörtclien  (copula).  Wie  soll 
•'S  sich  der  Schüler  denken  oder  der  Lehrer  ihm  begreiflich  machen, 
dasz  ein  so  vollsliindig  in  persona,  numero,  tempore,  modo  ausge- 
prägtes Verbum  (fVrA  i}f,  Eazai.  usw.)  blos  zur  V^erbindung  diene,  wie 
etwa  T£  oder  nal'!  Wie  soll  man  es  erklären,  wenn  bei  Aufhebung 
der  Satzform  durch  den  Accusaliv  c.  inf.  die  sogenannte  copula  doch 
bleibt  und  in  den  lurinitiv  übergehl?  ^^'ie  soll  man  sich  helfen,  wenn 
statt  cli'ai  ähuliclie  Verba  eintreten,  wie  yiyi'Söß-at  usw.? 

2)  Wärend  nach  §  361,  4  das  Prädicat  entweder  ein  verbales 
oder  ein  nominales  ist,  heiszt  es. §  361,  7  plötzlich  und  unerklärlich: 
^ein  nominales  Prädicat  neben  dem  verbalen  erfordern  häufig  die 
intransitiven  und  passiven  Verba,  welche  werden,  gemacht  wer- 
den, erscheinen,  genannt,  ernannt,  gewählt  werden  und 

ähnliches   beleuten KvQog  tyivExo  ßaöiXivg.      Also  sind  hier 

sogar  zwei  Prädicale  vorhanden,  bei  denen  es  dem  Schüler  schwerlich 
klar  wird,  in  welchem  Verhullnisse  der  Selbständigkeit  oder  Abhängig- 
keit er  sicii  die  beiden  zu  einander  denken  und  was  er  mit  der  aus 
dem  deutsclien  und  laleinischen  Unterricht  erlernten  Regel  anfangen 
soll,  dasz  ein  Salz  auch  nur  ein  Prädicat  habe. 

3)  In  Verbindungen  wie:  ZQiraLuc  aTirjk&ov,  Aansdaifiovcoi  vßn- 
QOt  acpiKOVTO^  OQKLÖg  60t  Xeyoi  wird  das  Adjectivum  (offenbar  näher 
bestimmender  Zusatz  zum  Prädicat)  als  'ergänzendes  Prädicat' 
aufgefaszt,  so  dasz  wiederum  der  Satz  zwei  Prädicate  enthält,  ohne 
erkennen  zu  können  in  welchem  Verhältnisse  dieselben  zu  denken 
seien,  üebrigens  zeigt  sich  schon  hier  ein  Beispiel  von  den  dem 
Buche  eigentümlichen  Begriffsverwechselungen.  Denn  wärend  in  §  361, 
8  auf  den  verwandlen  Gebrauch  des  Participiums  (§  589  fl.)  hinge- 
wiesen wird,  sagt  eben  dieser  §  589  (an  sich  richtig):  'das  Parlicip 
dient  ähnlich  wie  der  Infinitiv  (§  560)  zur  Ergänzung  eines 
Verb  ums',  so  dasz  also  die  sehr  verschiedenen  BegrilTe  '^ergänzen- 
des Prädicat'  und  'Ergänzung  des  Prädicals'  als  gleichgeltend 
hingestellt  werden. 

4)  Nachdem  nun  dem  Schüler  statt  eines  einzigen  (stets  verbalen) 
Prädicals  bereits  dreierlei  Prädicate  vorgeführt  sind:  a)  ein  verbales, 
b)  ein  nominales,  c)  ein  verbal-nominales,  \>ird  ihm  §  361,  10  noch 
ein  viertes  Prädicat  in  der  Form  des  Accusativus  als  ein  'abhän- 
giges' namhaft  gemacht,  in  Fällen  wie:  ot  TliQüat  rov  Kvqov  eI'Xovto 
ßaßikia  (PaöiXea  Prädicat).  Wie  verträgt  sich  aber  diese  Aufstellung 
mit  der  Regel  §  361,  5,  dasz  das  Prädicat  mit  dem  Subject  überein- 
stimmen müsze,  'und  zwar  das  verbale  Prädicat  im  Numerus,  das  no- 
minale im  Numerus  und  im  Casus'?  Und  wie  soll  man  es  gegenüber 
derselben  Vorschrift  des  §  361,  5  rechtfertigen,  wenn  es  im  §  417  gar 
heiszt:  'der  Genetiv  steht  prädicativ'?  Und  doch  wird  auch 
auf  den  §  361,  7  verwiesen,  wo  das  durchaus  nominativische  Bei- 
spiel sieht:  KvQog  iyivexo  ßaatXsvgl  Ebensowenig  stimmt  mit  §  361,  5 
der  Inhalt  der  Anmerkung  zu  §  438,  wonach  es  auch  einen  prädica- 
tiven  Dativ  gibt. 


366  Bemerkungen  zu  Curtius  griech.  Scluilgrammatik. 

In  der  That,  das  Prädicat  hat  in  der  vorliegenden  wSchulgrammatik 
eine  wahrhaft  proleusartige  Verwandlungsfähigkeit.  Kein  Wunder  da- 
her, dasz  die  Auffassung  und  Bezeichnung  desselben  sich  zuletzt  zur 
bloszen  'pradicativen  Bestimmung'  verflacht  (§  568.  570.  572). 

Es  ist  aber  kaum  zu  erwähnen,  dasz  ein  Schüler,  der  schon  in 
der  Auffassung  des  Prädicats,  von  welchem  alle  sprachliche  Be- 
trachtung ausgehn  musz,  zu  solchen  Schwankungen  angeleitet  wird, 
unmöglich  zu  einer  gesunden  sprachlichen  Auffassung  überhaupt  ge- 
langen kann. 

II. 

Die  Casuslehre  entbehrt  ebenfalls  in  manchen  wesentlichen 
Punkten  der  zur  Begründung  einer  klaren  Auffassung  der  Verhältnisse 
erforderlichen  Schärfe  in  der  Gliederung  der  Darstellung. 

A)  Accusativ.  §395:  ^der  Accusaliv  ist  der  Casus  des  Ob - 
j  ec  ts  .  .  .  . ;  das  Object  ist  entweder  ein  ä  usz  er  es,  d.  h.  auszerhalb 
der  Handlung  liegendes,  von  ihr  betroffenes:  rvTtrco  xov  dovXov,  oder 
ein  inneres,  d.  h.  in  der  Handlung  selbst  schon  enthaltenes:  xvnxco 
7tEvri]K0VT<x  TiXijyäg.''  Will  man  diese  Unterscheidung  von  äuszern  und 
innern  Objecten  auch  einmal  gelten  lassen,  so  ist  doch  nicht  einzusehn, 
wie  nach  §  400  c  in  Beispielen  wie:  Okvi.i7Ticc  vtxäv,  ya^ovg  iöviäv^ 
V06T0V  6övQ6f.uvoc  usw.  in  n  e  r  e  Objecte  liegen;  denn  in  der  Hand- 
lung des  vLKccv  selbst  müste,  was  doch  offenbar  nicht  der  Fall  ist,  das 
Object  ^OXv[iTCi(x  nach  der  Behauptung  der  Grammatik  schon  enthalten 
sein;  ebenso  müste  in  iönäv  das  Object  ya^ovg,  in  oövQSöO'ai  das 
Object  voötov  schon  vorhanden  sein:  was  offenbar  falsch  ist. 

B)  Genetiv.  Wenn  der  partitive  Genetiv  in  §  412  nach  her- 
kömmlicher Weise  als  Casus  des  ^zu  teilenden  Ganzen'  (statt  ^der  zu 
teilenden  Gesamtheit')  erklart  wird,  so  wollen  wir  dieses  nicht 
hoch  aufnehmen,  obgleich  das  Richtige  bereits  sehr  deutlich  durch  die 
Meiringsche  lateinische  Grammatik  (2e  Aufl.  §512.513)  vorgezeich- 
net war.  Wol  aber  ist  die  Verworrenheit  hervorzuheben,  in  welche 
der  Schüler  geführt  wird,  wenn  er  in  dem  nemlichen  §  angeleitet 
wird,  unter  dem  Gesichtspunkte  des  parlitiven  Genetiv  (des  'zu 
teilenden  Ganzen')  auch  Ortsangaben  wie  Oijßai  rijg  Boiatcag  und 
Gradbestimmungen  wie  elg  rovxo  trjg  avoLag  aufzufassen,  und  zwar 
nach  folgendem  Begriffsgange:  rjjg  BoicoTLag  hier  das  'gröszere 
Ganze',  aber  eigentlich  das  *z  u  teilende  Ganze';  avo/ag  hier  der 
'Grad',  aber  eigentlich  das  'zu  teilende  Ganze'!  Ist  es  doch  klar 
genug,  dasz  das  erste  Beispiel  den  Genetiv  des  Angehörens  enthält 
(Meiring  §  503)  ,  das  letztere  auf  eine  M  aszb  es  li  m  mung  zurück- 
zuführen ist  (Meiring  §  526  in  Verbindung  mit  §  521).  Und  davon 
abgesehn,  so  liegt  der  'Grad'  doch  in  romo,  nicht,  wie  es  das  Buch 
angibt,  im  Genetiv  avoiag.  Es  mag  der  Wunsch  beigefügt  werden, 
dasz  man  doch  nach  dem  Vorgange  der  Mei  r  ingschen  lateinischen 
Grammatik  (§  512  fl".  u.  520  IT.)  endlich  anfange,  den  Genetivus  parli- 
livus  und  den  Genetiv  bei  Maszbestimmungen  ganz  und  gar  zu  trennen, 
da  sie  innerlich  gar  nichts  mit  einander  gemein  haben.    Es  sei  noch 


Bemerkungen  zu  Ciirtius  griech.  Schnigrammalik.  3G7 

bemerkt,  dasz  ein  Genetiv  des  Stoffes  (§  418)  schwerlich  erkannt 
wird  in  den  Beispielen:  za  cor«  IvinhiGav  6 a i[xoviag  aocpiag'  6 
nctQcav  KaiQog  %oXl'fjg  cpQOvxiöog  %al  ßovXrjg  öurai. 

C)  Dativ.  Die  nach  den  §§  430  und  .431  vorgenommene  Unter- 
scheidung zwischen  dem  'Dativ  der  beteiligten  Person'  und  dem 
'Dativ  des  Interesses'  kann  nur  Verwirrung  erzeugen.  Denn  er- 
stens ist  in  ßo)j&co  TOig  Ov^^äyoLg  der  Dativ  unverkennbar  nicht  blos 
*Dativ  der  beteiligten,  entfernter  von  etwas  betrolTenen  Person, 
auf  welche  sich  die  Handlung  bezieht',  sondern  auch  'Dativ  des  In- 
teresses', d.  h.  die  Person  bezeichnend,  'für  welche  —  in  deren 
Interesse  —  etwas  ist  oder  geschieht.'  Dann  ist  nicht  abzusehn,  wie 
bei  fiju/,  yiyvo^iciL  und  ähnlichen  Verben  derjenige  Dativ,  welcher  'den 
Besitzer'  bezeichnet  (§  432  b) ,  unter  allen  Umständen  ein  Dativ  des 
Interesses  sei;  oder  was  für  ein  Interesse  kann  ein  Schüler  in  dem 
folgenden  Beispiel  entdecken: 

noXvg  de  ftot  EdTCSro  Xaog 
rijv  odbv  rj  6^]  k'iicXXeu  i^ol  zccKa  K7}öe     l'öeöQai 

(Odyss.  VI  134)? 
Ferner  müsle  man  erwarten,  dasz  in  §  433  c  der  Dativ,  welcher  'die 
mit  dem  Gemüt  teilnehmende  Person  (ethischer  Dativ)  bezeichnet', 
nicht  als  'Dativ  des  Interesses',  sondern  gerade  als  'Dativ  der  be- 
teiligten, von  etwas  betroffnen  Person '  hingestellt  wäre.  Neben 
dem  Dativ  der  beteiligten  Person  und  dem  Dativ  des  Interesses  wird 
drittens  aufgeführt  der  'Dativ  der  Gemeinschaft'  zum  Ausdruck 
der  Gemeinschaft,  des  Uebereinstimmens  oder  des  Zusammentreffens. 
Die  Aufstellung  dieser  dritten  Gebrauchsweise  des  Dativs  stimmt  aber 
nicht  zusammen  mit  der  anfänglichen  Definition  des  Dativs,  als  welcher 
'im  allgemeinen  die  Person  oder  Sache  bezeichnet,  welche  zu  einer 
Thätigkeit  iu  einer  entfernteren  Beziehung  steht'  (§  429). 
Denn  vergeblich  sucht  man  bei  dahin  gehörigen  'Verben,  Adjectiven 
und  Adverbien,  welche  Gemeinschaft,  Uebereinstimmung,  freundliches 
oder  feindlichesZ  u  s  a  mm  eu  tr  e  f  f  e  n  bezeichnen',  nach  einer  'ent- 
fernteren' Beziehung  der  Person  oder  Sache,  vergeblich  z.  ß.  bei 
%oivcovsco,  Gvixg)cov£oo ,  (laxo^ai,  bei  o  avrog,  l'dtog,  endlich  bei  ccjxci 
und  ofiov. 

Nach  Behandlung  des  instrumenlalen  Dativs  wird  zuletzt  noch  in 
den  ^§  441 — 443  ein  'loserer  Dativ'  aufgeführt.  Zunächst  musz  die 
Bezeichnung  'loserer'  Dativ  an  sich  als  verwerflich  angesehn  wer- 
den, da  sie  der  Bestimmtheit  sprachlicher  Anschauung  entgegen  arbeitet. 
Sodann  ist  aber  auch  keineswegs  einzusehn,  weshalb  der  Dativ  der 
*Art  und  Weise'  Giyy,  j3f«,  arcovöij  usw.  und  der  Dativ  der  be- 
stimmt begrenzten  Zeit  (§  ^41  und  443)  trjöe  xy  watI,  ty  vörtqula 
usw.  loser  sei  als  der  'instrumentale  Dativ'  öovgi,  cpvaei.  (§  438 
und  439). 

III. 

Tempora.  Das  20e  Kapitel  (Lehre  'vom  Gebrauche  der  Tem- 
pora') zeigt  erhebliche  Mängel.    Schon  gleich  die  ersten  Sätze  von 


368  Bemerkungen  %\\  Curfius  griech,  Scliulgrammatik. 

§  484  enlhallen  und  bewirken  eine  schiefe  Vorstellung:  ^bei  der  Be- 
zeichnung der  Zeit  unterscheidet  man  im  Griechischen:  l)  die  Zeil - 
stufe.  Die  drei  Zeitstufen  sind:  Ge  gen  wa  r  t ,  Ve  r  ga  n  genhei  l, 
Zukunft.'  Als  wenn  man  von  den  drei  Zeitgebieten  das  eine  höher, 
das  andere  niedriger  denken  müste  oder  auch  nur  könnte!  Aber  bei 
weitem  gröszere  und  schädlichere  Irrungen  folgen  in  der  Lehre  von 
der  'Zeitart'  (sonderbare  Bezeichnung  für  das,  was  man  sonst  die 
Beschaffenheit  oder  den  Stand  der  Handlung  nennt).  Nemlich: 
'der  Zeitart  nach  ist  eine  Handlung  entweder 

a)  dauernd,  z.  B.  yiyvcSaKSiv  (allmählich)  kennen  lernen,  oder 

b)  ein  treten  d,  z.  B.  yvcHvai  erkennen  (inne  werden,  merken),  oder 

c)  vollendet,  z.  B.  iyvconhai,  erkannt  haben,  wissen  (lateinisch 
nosse)  .  . .  .' 

*Dit/  eintretende  Handlung  bezeichnen  die  Formen  der  Aorist - 
Stämme.' 

Es  ist  hier  nicht  der  O/t  näher  zu  untersuchen,  ob  in  der  Be- 
zeichnung der  eintretenden  Handlung  wirklich  die  Grundbedeu- 
tung der  Aoristformen  enlhallen  sei;  aber  wenn  eine  Schulgrammatik 
diesen  Formen  eine  solche  Bedeutung  einmal  beilegt,  und  zwar  so 
ausdrücklich  in  einer  der  Tempuslehre  zu  Grunde  gelegten  E  i  n  tei- 
lung,  so  musz  gefordert  werden,  dasz  die  desfallsigen  Bestimmungen 
in  allen  bezüglichen  Fällen  auf  das  strengste  festgehalten  werden. 
Nun  begegnet  man  aber  bei  Curtius  folgendem  unseligen  Schwanken 
des  Ausdrucks,  durch  welches  alle  Bestimmtheit  der  sprachlichen  An- 
schauung von  vorn  herein  unmöglich  gemacht  wird: 

1)  'Der  Indicativ  des  Aorists  ist  das  Präteritum  der  eintre- 
tenden Handlung,  bezeichnet  daher  die  'in  die'  Vergangenheit 
«eintretende'  H  a  n  d  1  u  n  g ' :  §  492. 

2)  'Der  Grieche  gebraucht  den  Indicativ  des  Aorists,  wenn  er 
vergangene  Tiiatsachen  erzählen,  wenn  er  vergangene  Handlungen  blos 
als  geschehn  ('eingetreten')  angeben  will':  §  492. 

3)  'Da  der  Indicativ  des  Aorists  eine  Handlung  blos  als  'in  die' 
Vergangenheit  'eingetreten'  bezeichnet'  usw.:  §  493. 

4)  'Der  Indicativ  des  Aorists  wird  (in  Bedingungssätzen  der  Nicht- 
wirklichkeit)  gesetzt,  wenn  eine  'in  der'  Vergangenheit  nicht 
'eingetretene'  Bedingung  angegeben  wird':  §  539. 

Also  'eintretend',  'eingetreten',  'in  die  Vergangen- 
heit eintretend',  'in  die  Vergangenheit  eingetreten', 
«in  der  Vergangenheit  eingetreten':  all'  diese,  durchaus 
verschiedenes  besagenden  Ausdrücke  werden  zur  Erklärung  einer 
und  derselben  Tempusform  gebraucht! 

Eine  besonders  überraschende  Begriffswandelung  erleidet  der 
Aorist  als  Particip  nach  §496  Anmerkung.  Es  soll  hier  nemlich 
ausgedrückt  werden,  'dasz  das  Eintreten  einer  Handlung  schon 
vor  einer  andern  Handlung  vergangen  ist',  wobei  man  sich  ver- 
gebens fragt,  woher  plötzlich  das  'vor'  und  'vergangen'  nach  Masz- 
gabe  der  ursprünglichen  Definition  in  das  Tempus  komme.    Man  sieht, 


Bemerkungen  zu  Curlius  griech.  Schulgrammalik.  369 

die  BegrilTswandelungen  sollen  dazu  dienen,  die  Widerspriiclie  zu  ver- 
decken, weiche  sich  nach  allen  Seilen  hin  ergeben,  wenn  man  die 
dem  Aorist  in  'Jj  484  c  gegebene  Gi  undbedeiiliing  in  khirer  AtiFfassung 
anwenden  will.  Das  Verderbliche  eines  solchen  Verfahrens  für  den 
jugendlichen  Geist  liegt  nicht  blos  darin,  dasz  sich  eine  klare  An- 
schauung des  Aorists  unmöglich  gewinnen  laszt,  sondern  iiuch  und 
noch  mehr  darin,  dasz  dazu  angeleilel  wird,  unklare  BegrüVe  so  zu 
modeln,  dasz  dadurch  Falsches  als  richtig  bewiesen  wird. 

Weniger  nachteilig  ist  es,  dasz  die  Grammatik  einen  Widerspruch 
offen  bestehen  läszt.  So  heiszt  es  §  498:  'viele  Verba,  deren  Prä- 
sensstamm einen  Zustand  bezeichnet,  drücken  in  sämtlichen  Aorisl- 
formen  das  Eintreten  in  diesen  Zustand  aus,  als:  ....  ßaOileveiv 
König  sein  —  ßaaikevaai  König  werden.'  üemgemäsz  miiszen  die 
in  der  Anmerkung  zu  §  390  stehenden  Worte :  ^agetog  ißaölXivGe 
ra  navTa  £5  '/.al  zQiäKoi'za  ez)]  eigentlich  so  iibersetz.t  werden ; 
^Darius  wurde  im  Ganzen  sechsunddreiszig  Jahre  König'  (die  Hand- 
lung 'trat'  so  lange  bei  ilim  'ein'):  eine  freilich  unrichtige  Auflassung, 
statt  deren  der  Herr  Verfasser  es  denn  auch  vorgezogen  hat,  aller- 
dings im  Widerspruch  mit  §498,  zu  sagen:  *  Darius  regierte  im 
Ganzen  sechsunddreiszig  Jahre.' 

IV. 

Modi.  Diese  sind  §  507  ff.,  was  die  Regeln  im  Einzelnen  be- 
trifft, ganz  zweckentsprechend  behandelt.  Aber  die  Lehre  von  den 
Modis  in  z  i:  s  a  m  m  enges  etzten  Sätzen  wird  §  519  durch  'Vorbe- 
merkungen' eingeleitet,  welche  den  in  der  Regel  richtigen  Begriff, 
den  der  Schüler  vom  zusammengesetzten  Salze  aus  dem  deutschen 
und  lateinischen  Unterricht  mitbringt,  völlig  verwirren.  Es  wird  eine 
Grundlage  gelegt,  bei  der  man  es  als  ein  Glück  ansehn  kann,  dasz 
davon  im  folgenden  kein  durchgreifender  Gebrauch  gemacht  wird  : 
was  freilich  wiederum  unwissenschaftlich  genug  ist.  Es  wird  aufge- 
führt a)  Coordination,  b)  Correlation,  c)  Subordination, 
vvärend  die  Wissenschaft  wie  die  Praxis  sonst  nur  Coordination 
und  Subordination  gegenüberstellt  und  zu  letzterer  auch  die  Cor- 
relation rechnet.  Als  Wesen  der  Correlation  wird  angegeben,  dasz 
die  beiden  Sätze  'wechselseitig  auf  einander  bezogen  werden',  und 
Nr  3  hinzugefügt,  dasz  der  eine  Satz  Vordersatz,  der  andere 
Nachsatz  heisze.  Dasz  die  beiden  Sätze  wechselseifig  auf  einander 
bezogen  werden,  ist  richtig,  aber  für  eine  Einteilung,  wobei  Coor- 
dination und  Subordination  zur  Sprache  kommt,  ohne  Bedeutung.  Eine 
wechselseitige  Beziehung  findet  ja  auch  bei  der  Verbindung  von  zs  — 
jcat,  jufv  —  di  u.  dgl.  statt,  was  offenbar  Coordination  ist.  Es  be  Uirf 
kaum  der  Erinnerung,  dasz  die  bei  Curlius  gemeinte  Correlation 
zur  Subordination  gehört.  Wie  wenig  klar  sich  der  Herr  Ver- 
fasser ist,  ersieht  man  aus  dem  ersten  Beispiel  (unter  3) :  a>g  löev^ 
(ög  ^iv  iöv  xokog^  wo  das  erste  cog  zwar  durch  'wie'  übersetzt  «er- 
den kann,  aber  nicht  das  vergleichende  'wie'  ist,  welches  offen- 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  Abt.  1S6I.  Hft  8.  24 


370  Bemerkungen  zu  Curlius  griecli.  Schulgrammalik. 

bar  gemeint  ist,  sondern  das  temporale  =  *als',  und  demnach 
selbst  nach  der  Theorie  des  Buches  7,nr  Subordination  zu  setzen 
wäre  (vgl.  §  556).  lieber  das  Subordinationsverhällnis  der  correla- 
tiven  Vergleichungssätze  kann  zum  Ueberflusz  verglichen  werden 
Meiring  "^Erörterungen  zur  lateinischen  Grammatik'  Is  Heft  S.  17. 
—  Was  übrigens  die  bei  Curtius  als  Merkmal  der  Correlation  an- 
gegebenen Benennungen  Vorder-  und  Nachsatz  angeht,  so  be- 
trelTen  diese  die  Stellung,  nicht  das  Satzverhaltnis ,  und  finden  ihre 
Anwendung  ebensogut  auch  auf  die  Subordination.  Ebenso  gelten  die 
bei  der  Subordination  angegebenen  Benennungen  Haupt-  und  Ne- 
bensatz nicht  minder  für  die  Correlation. 

Wenn,  wie  gesagt,  von  der  hier  gelegten  falschen  Grundlage  im 
folgenden  zum  Glück  kein  durchgreifender  Gebrauch  gemacht  wird, 
so  fehlt  es  doch  nicht  ganz  an  verwirrender  Anwendung.  In  §  520 
usw.  folgen  'allgemeine  Bestimmungen  über  den  Gebrauch  der  Modi 
in  abhängigen  Sätzen',  d.  h.  nach  §  519  c  und  4  in  subordi- 
nierten Sätzen.  Nun  treten  aber  unter  dieser  Kategorie  in  §  524  ff. 
auch  die  Bedingungssätze  auf,  bei  denen  nach  §  519 ,  3  und  auch 
nach  §  534  nicht  Subordination,  sondern  Correlation  statt- 
findet'! 

Die  gegebenen  Nachweisungen  werden  hinreichen  zu  zeigen,  dasz 
der  Werth  der  beiden  Teile  der  Curtius  sehen  Grammatik  im  um- 
gekehrten Verhältnis  steht.  Ist  in  der  Bearbeitung  der  Formenlehre 
in  wissenschaftlicher  Hinsicht  ein  Fortschritt  von  gröszter  Be- 
deutung geschehn,  so  erscheint  dagegen  die  Behandlung  der  Syntax 
als  ein  Bückschri  1 1  gegen  manche  der  bisherigen  Leistungen ,  in- 
sofern ihr  gerade  die  erforderliche  wissenschaftliche  und,  was 
vor  allem  nötig  ist,  die  klare,  logische  Verarbeitung  des  Stoffes  in 
den  fundamentalen  Haupfpartien  fehlt. 

Einsender  dieses  würde  sich  freuen,  wenn  es  dem  Herrn  Ver- 
fasser gefallen  wollte,  unter  Berücksichtigung  der  obigen  Bemerkun- 
gen die  Syntax  einer  vielfachen  Umarbeitung  zu  unterziehn  und  da- 
durch diesem  wichtigsten  Teile  seines  Buchs  einen  dem  ersten  Teile 
gleichkommenden  Werlh  für  die  Schule  zu  geben. 

[Eingesandt.] 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 


XVII. 

l)  W.  Gesenius:  hebräisches  Elementarbiich,  herausgegeben  von 
Rö dig er.  18e  Anßage.  Leipzig,  Emil  Graul.  1857.  Auch  unter 
dem  Titel :  W.  Gesenius:  hebräische  Grammatik,. neu  beorheitel 
und  herausgegeben  von  Rad  ig  e  r.  I8e  Auflage,  mit  einer  Schrift- 
tafel.   Leipzig,  E.  Graul.  1857.    VI  u.  320  S.    8. 


Kurze  Anzeiffen  und  Miscellen.  371 


'O 


2)  W.  G esenius:  hehräisches  Elemevlarbuch.  1r  Teil.  Auch  unter 
(lern  Titel:  hehrüisclies  Lesc/wch,  herausgegeben  von  Dr  Au- 
gust II e iliystedl.  ^e  Auflage.  Köln  1858,  Seemann.  X  u. 
222  S.    8. 

1.  Unser  neuer  Bearbeite!'  liat  auch  in  der  18n  Auflage  soviel  als 
möglich  gar  manches  unter  den  Erinnerungen  von  Seiten  der  Eecensen- 
ten  ignoriert,  anderes  aber  nicht  ganz  unbeachtet  gelassen,  namentlich  in 
folgenden  Paragraphen  Verbesserungen  angebracht:  §  I.  1 ,  2.  §  2 ,  4. 
§  144.  —  Kleinere  Zusätze,  Aenderungen  oder  genauere  Bestimmungen 
finden  sich  z.  B.  §  9,  1.  §  1(5,  2.  §  21,  1.  §  (58,  1.  §  110,  2  c.  §  137 
Anm.  3.  §  138  Anm.  3.  §  155,  1  a  usw.  —  Ein  Stellenregister  ist, 
wenn  auch  nur  'mäszigen  Umfangs ',  beigefügt.  Referent  findet  auch 
einzelnes  so  zu  sagen  stillschweigend  verbessert.  —  In  der  Einleitung 
wird  das  Assyrische  mit  dem  Alt-Babylonischen  als  eine  vierte  Hauptver- 
zweigung  der  semitischen  Sprache  genannt.  —  §  2,  4  sjiecificiert  mehr 
die  Schriften  der  ersten  Periode  nach  ihrem  sprachlichen  Wertli.  In 
§3,4  bleibt  sich  der  \'erf.  gleich  und  nennt  weder  den  Vorgänger  des 
Gesenius,  den  usw.  Vater,  noch  Gesenius  selbst  als  Begründer 
einer  in  mehrerer  Hinsicht  vergleichenden  orientalischen  und  occidenta- 
lisclien  Grammatik,  noch  auch  Neuere  als  Gegner  des  letzteren  oder 
als  Anhänger,  jedoch  mit  Verbesserungen  seines  Systems  aufgetretene, 
indem  er  wieder  mit  Sehr  ad  er  (1798)  schlieszt.  Jedenfalls  war  bei 
'(pliilosoph.  rationelles  Element  usw.)'  Ewald  zu  nennen,  wenn  es 
auch  seiner  Darstellung  an  einer  gröszern  Verständlichkeit  mangelt. 

Ein  Vergleich  der  hebräischen  Bestandteile  mit  den  griechischen,  wie 
es  mit  Recht  von  T  hier  seh  geschehn  ist,  hat  wieder  nicht  stattge- 
funden. Emendiert  ist  §  9,  1  das  feste  ä,  ''das  nicht  leicht  ver- 
drängt wird'.  Es  hiesz  sonst  fälschlich:  ^das  unverdrängbare',  wie  auch 
hier  §  25,  2  citiert  wird,  als  Beleg.  —  §  15.  Von  den  Accenten.  Dem 
Wunsche  eines  nicht  unbedeutenden  Recensenten  (in  diesen  Jahrbüchern), 
hier  schon  die  penacuten  Wörter  zu  nennen,  ist  abermals  nicht  Folge 
geleistet  worden.  —  §  1(5,  2  ist  das  Setzen  des  Metheg  bestimmter  ausge- 
drückt, so  wie  §  21,  1  die  Regel  über  die  Aspiration  der  tenues.  Fälschlich 
heiszt  es  wieder  a.  a.  O.  Anm.  2,  (5,  dasz  das  Schwa  vor  Tf.  t!3  .  ^5 
mobile  sei.  ■ —  §  68  ,  1  ist  genauer  die  Schwäche  des  N  der  V.  n"2  ent- 
wickelt. —  In  den  Paradigmen  V^  ist  weggelassen  bei  ^XiXt  ^-^^liT 
(eigentlich  ÜÜj'p'T).  —  S.  178  '^'\l  war  bei  §  84  b  zu  eitleren.  —  §  110  c 
gibt  eine  genauere  Erklärung  der  lockern  Verbindung  zwischen  Nomen 
regeus  und  Genetiv:  verglichen  ist  ein  Beispiel  rUJn^l^  nSpSlTt  mit 
dem  Arabischen,  wo  das  2e  Nomen  —  Apposition  — ,  mithin  erscheint  es 
wie  eine  Hendiadys  (vasa  sc.  auruni).  —  §  137  Anm.  3  ist  mit  Recht  das 
Beispiel  Jes.  7,  29  weggelassen,  da  hier  otfenbar  nur  durch  ein  falsches 
Auffassen  ein  Uebergang  von  einer  Person  zu  einer  andern  angenommen 

werden  kann.  —  §  138  Anm.  3  ist  der  Acc.  instrum.  bei  p^T  und  ähn- 
lichen Verbis  näher  erklärt  und  auf  irrig  dahin  gerechnete  Stellen  hin- 
gewiesen. Bestimmter  ist  die  Auffassung  §  144  über  die  copiila.  — 
§  155,  1  a  ist  das  fälschlich  als  Hendiadys  gedeutete  Beispiel  1  Mos. 
3,  16  (vgl.  Tuch  Genes,  a.  a.  O.)  mit  einem  richtigeren  2  Chron.  16,  14 
vertauscht  worden.  Die  Paradigmata  verb.  sind  ebenfalls  unveränderfe 
geblieben.  Keine  unwesentliche  Zugabe  ist  aber  das  Stellenregister. 
Die  aufeinanderfolgenden  Ausgaben  unserer  Grammatik  beweisen  übri- 
gens,  dasz  sie  sich,  trotz  so  vieler  Concurrenten ,  gleichwol  im  Ge- 
brauch erhält,  was  sie,  wie  bisher,  ihrer  populären  Darstellung  zu 
verdanken  hat. 

24* 


372  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

2.  Zu  den  wesentliclien  Verbesserungen  dieser  neuen  Auflage  gc 
hören  znniichst  die  vollständig  beigedruckten  Accente.  Die  grammati- 
schen Anmerkungen,  insbesondere  die  syntaktischen,  sind  bedeutend 
vermehrt  worden  und  das  Wortregister  ist  durch  Citate  bereichert.  In 
Hinsicht  der  Anmerkungen  ist  das  Lesebuch  eher  zu  reichlich  als  zu 
dürftig  ausgestattet  und  kann  dadurch  mancher  Lehrer,  dem  keine  aus- 
führlicheren Commentare  zu  Gebote  stehn,  damit  hinlaiiglicli  ausreichen. 
Noch  immer  sind  aber  nicht  für  die  Initiative  leichtere  Stücke,  in  der 
Art  und  Weise  wie  es  in  ähnlichen  Coinpendien  der  Fall  ist,  beigefügt 
worden.  Dankenswerth  sind  die  Citate  aus  Ewalds  Grammatik  und 
anderen  Schriften  desselben.  Um  auf  einzelnes  zu  kommen,  so  ist 
1    Mos.    3,     14     die     Erkliüung     der     misverstandenen    Ilendiadys     bei 

i3"'"i;'T73bl  rinKb  scharfsinnig:  auch  gehört  hieher  die  deutlichere  Auf- 
fassung in  V.  11)  Ü-INH  b.\  Nn'^l.  —  Zu  V.  43  —  J^tiJwS  Nipi  —  kann 
auch  noch  die  ähnliche  Etymologie  von  femur  und  femina  der  Anmer- 
kung beigefüo^t  werden.  Bei  mehreren  Erklärungen  sind  auch  Verglei- 
chungen  mit  dem  Französischen  (und  Englisclien)  angebracht,  z.  B. 
1,  3.   24.  —  7,    12  Anm    '40  ist  im  Hebräischen  runde  Zahl'  beizufügen: 

auch  70  (und  10);  1  Mos.  37,  2  m5;~I  !^^!^  usw.  schärfer  erklärt  und  mit 
einer  ähnlichen  englischen  Phrase  verglichen.  Besonders  sind  die  An 
merkungen  vermehrt  in  der  Geschichte  Josephs,  so:  V.  7.  39,  9.  40,  10. 
41,  10.  44,  3.  Zur  Anmerkung  45,  8  t^I^'lsb  ^N  würde  sich  am  besten 
die  Stelle  2.  Kun.  5,  13  eignen.  — ■  Geschichte  Simsons  16,  10  ribri^; 
Hiphil  von  7^11  nach  Ewald  und  (erst  späterhin)  nach  Gesenius, 
der  es  früher  von  -»!"  ableitete.  Fürst  ninnnt  dagegen:  Fiel  I  Vnri 
und  Fiel  II  Vnn  an,  beide  von  bnrj.  1  Sam.  17,  34  niirj-rij")  "^"nNl^  Kn^ 
die  neuere  Erklärung  gibt  jetzt  mehr  Aufschlusz.  In  St.  9  Salomö  K.  3, 
18  ist  ausführlicher  erklärt  und  bestimmter  über   ■T''in|]    gesprochen. 

Ilr  Abschnitt:  poijt.  St.  Vorerinnerungen.  Die  litterarischen  Nach- 
weisungen sind  vermehrt:  doch  hätten  auch  Antons  (weiland  Rector 
in  Görlitz)  getreue  Uebersetzungen  erwähnt  werden  können.  Ps.  8  V.  2 
ist  i^3ri  erklärt  nach  Ewald  für  i^^vj  und  verglichen  mit  rftVw  deh- 
nen (nicht  ganz  dürfte  jedoch  Maurers  Ansicht  n;ri  =  !l3r]3  verworfen 
werden).  Auch  der  Hymnus  auf  Jehovah  als  Weltscliöpfer  (Ps.  104)  ent- 
hält mehrere  in  den  frühern  Ausgaben  ungern  verraiszte  Erläuterungen, 
80  V.  22  zu  n"lTri.  10St.Spr.31.  Lob  einer  tugendhaften  Hausfrau.  V.29 
nilln  nila*!,  woselbst  durch  mehrere  passende  Citate  die  Stellung  von 
3'n  vor  dem  Substant.  2"ut  erklärt  ist.  11  St.  Hiob  39,  30:  hier  ist  zu- 
zusetzen lyb?":  für  ^y^;ib";.      15  St.  Jesaias  14,  12   'in">i?""|4!  Vb;r7., 

die  Uebersetzuhg  Glanz.ster'n  wird:  'du  sollst  jammern  (heulen)'  vorge- 
zogen. Philippsohn  (Bibelwerk)  vermutet,  es  sei  hier  ein  vom  babylo- 
nischen Könige  gewählter  Titel  zu  verstehn.  St.  16  Joel  I  3  "nllN  TlT- 
erläutert  durch  eine  Stelle  Herodots  9,8.  —  Das  Wortregister  enthält 
erwünschte  Citate  für  die  Schüler,  die  jedoch  vor  der  Leetüre  den  an- 
gezeigten Druckfehlern  ihre  Aufmerksamkeit  schenken  dürften.  Neben 
80  sehr  vielen  in  neueren  Zeiten  erschienenen  ähnlichen  Compendien 
wird  auch  das  unsrige  immer  noch  seinen  Werth  behalten,  zumal  die 
Stücke  gut  gewählt  sind. 

Mühlhausen  in  Thüringen.  Dr  Mühlbenj. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.'  373 

XVIII. 

Das  Neugriechische  in  seiner  Bedeutung  für  das  Altgriechische. 

Die  'Güttinger  gelehrten  Anzeigen'  1S57  S.  29:^ — 316  briichten  einen 
viell'acli  interessanten  und  zu  manchen  Betrachtungen  und  V'ergleichungen 
besonders  anregenden  A'^ortrag  von  Ernst  (Jurtius:  ''das  Neugriechisclie 
in  seiner  J5edeutuug  für  das  Altgriechische,  so  wie  für  vergleichende 
Spraclienkunde'.  Ich  weisz  nicht,  ob  er  diejenige  Beachtung  und 
Würdigung  gefunden  hat,  die  er  verdient,  und  möchte  daher  unsere 
Hellenisten  und  Lin<;uisten,  für  welche  derselbe  doch  zunächst  geschrie- 
ben ist,  aucli  jetzt  noch  wiederholt  auf  ihn  aufmerksam  machen.  Es 
künnte  auszerdem  gar  leicht  geschehn,  dasz  sie  sich  beschämt  fühlen 
würden  und  müsten,  dafern  sie  die  lehrreichen  Winke  und  interessanten 
Andeutungen  zur  richtigeren  Beurteilung  und  Würdigung  der  neugrie- 
chischen Sprache  an  und  für  sich  und  in  ihrem  Verhältnisse  zur  alt- 
griechischen  gar  nicht  oder  nicht  nach  Gebühr  beachten  wcdlten.  We- 
nigstens hat  der  Vortrag  bei  dem  neugiiechischen  Volke  selbst  und  in 
dessen  wissenschaftlichen  Kreisen,  für  welche  er  doch  nicht  bestimmt 
war,  gleichwol  eine  gewisse  Aufmerksamkeit  erregt,  und  er  hat  dort 
sogar  einen  Uebersetzer  gefunden.  Aus  Triest  kam  mir  nemlich  unter 
der  Aufschrift:  EqLiccvxiMozri(i  rf/g  if(oriQag  fllr]viiii^g  ttqos  t*  tijv  ag- 
%niuv  yXcSaoav  tikI  ngog  tfJv  ovy-AQivrArjv  y  coGOoloyCccv  eine  in  treff- 
lichem Neugriechisch  verfaszte  Uebeisetznng  jenes  Vortrags  zu,  die  den 
durch  philologische  und  philosopiiische  Studien  auf  einigen  deutsclien 
Universitäten  (Leipzig  und  Berlin)  gebildeten  ionischen  Griechen  Dr 
Livadas,  Director  der  griechischen  Schule  in  Triest,  zum  Verfasser 
hat.  Es  ist  jedenfalls  an  sich  erfreulich  und  es  verdient  bemerkt  zu 
werden,  dasz  das  zu  neuem  wissenschaftlichen  Leben  erwachte  Griechen- 
land auch  auf  eine  solche  Weise,  wie  dies  hier  geschieht,  die  für  das- 
selbe irgendwie  belangreichen  Stimmen  deutscher  Wissenschaft  beachtet 
und  sie  sich  aneignet,  um  daraus  für  sich  selbst  zu  lernen,  und  ich 
habe  daher  nicht  unterlassen  wollen,  dies  hier  besonders  zu  benierken 
und  der  neugriechischen  Uebersetzung  jenes  Vortrags  ausdrücklich  zu 
gedenken.  Dabei  hat  der  genannte  grieidiische  Uebersetzer  sich  nicht 
blos  auf  die  Uebersetzung  allein  beschränkt,  vielmehr  zu  einigen  Stellen 
des  Vortrags  weitere  Bemeikuiigeu  liinzngefügt,  die  auf  den  Gegenstand 
selbst  eingehn  und  manche  Aussprüche  des  deutschen  Gelehrten  berich- 
tigen oder  doch  näher  beleuchten,  auch,  dieselben  moditicierend ,  in  ge- 
wisser Weise  beschränken.  Auch  um  deswillen  meinte  ich  hier  jener 
Uebersetzung  gedenken  zu  müszen,  und  bemerke  in  dieser  Hinsicht,  da 
wol  die  letztere  selbst  nicht  Vielen  in  Deutschland  zugänglich  sein  wird, 
so  wie   im  Hinblick   auf  jene  Anmerkungen,   hier   nur  noch  folgendes. 

Nicht  blos  in  dem  gedachten  Vortrage,  sondern  auch  von  Anderen 
vorher  und  nachher  ist  es  als  auffallend  und  gewissermaszen  als  eine 
Barbarei  bezeichnet  worden,  dasz  die  neugriechische  Sprache  die  Präpo- 
sition (xttÖ  mit  dem  Accusativ  verbindet,  inid  wie  Professor  Curtius 
anführt,  hat  sogar  ein  'geistreicher'  Gelehrter  geradezu  die  Frage  auf- 
geworfen: 'welche  Zukunft  kann  ein  Volk  haben,  das  dnö  mit  dem 
Accusativ  gebraucht?'  Dagegen  wird  nun  a.  a.  O.  mit  Recht  bemerkt, 
dasz  die  alten  Griechen  auch  sagten  aitciiT.ä  as  tcc  ;u9?j((«Ta,  oder 
äcpaiQco  as  xf^v  ßi'ß?.ov ,  und  dies  sei  gerade  nicht  sehr  vei'schieden 
von  (YLTCO  « TT  o  öf  T«  ;j;p  r/fiaTOf ,  ccigw  änö  «rf  rrjv  ßi'ßlo"  ,  so  dasz 
demzufolge  dnö  auch  in  der  altgriechischen  Sprache  zwar  nicht  als 
Präposition,  doch  in  A'erbalzusammensetzungeu  mit  dem  Accusativ  ver- 
bunden werde.  *) 

*)  Aehnlich  wird  auch  noch  das  Zeitwort  änoazsQco  im  Altgrieclii- 
schen   gebraucht.  D.  E, 


374  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

In  Betreff  der  Ausspi-ache  des  Griechischen  nach  den  verschiedenen 
Ansichten  des  Erasmus  und  Eeuchlin  und  was  besonders  die  Aussprache 
des  r]  anlangt,  bemerkte  Curtius  a.  a.  O.,  unter  Bezugnahme  auf  Mnl- 
lachs  'Grammatik  der  griechischen  Vulgarspraclie'  (Berlin  1856),  dasz 
der  Vocal  tj  in  vielen  Fällen  die  alte  Aussprache  nach  Erasmus  beibe- 
halten habe,  und  dasz  sich  dafür  aus  der  neugriechischen  Sprache  eine 
grosze  Menge  Beispiele  aufstellen  lasse,  wie  dies  auch  Mull  ach  und 
Curtius  thun.  Dagegen  erinnert  jedoch  der  neirgriechische  Gelehrte, 
dasz  nicht  in  allen  von  Curtius  angeführten  Beispielen:  KQrji-ivog, 
nlrjQÖvw,  ai]y.6vw ,  yrjQcia,  xIij^qj]  ,  leßrjTiov,  novrjiiivog,  vrj&co  (jetzt 
yve^a)  die  erasmische  Aussprache  des  r]  Anwendung  finde.  Auch  sei 
es  jedenfalls  richtiger  zu  sagen,  dasz  die  neugriechische  Volkssprache 
den  altaeolischen  Gebrauch  des  f  statt  tj  beibehalten  habe:  äSmiaat  = 
adi-urjacii^  "Aq-tis  =  "Agsq  (s.  Ahrens  'Dialekte  der  griechischen  Sprache' 
S.  102).  Selbst  Homer  habe  schon  ^f^o's  für  It^^os  gebraucht  (Od. 
V.  402).  *)  Dr  Theod.  Kind, 

XIX. 

Das  altgriechische  ada  und  aCf^a  und  das  neugriechische 
XQayovdico  und  TQuyovÖiov. 

Auch  neugriechische  Gelehrte  beschäftigen  sich  gegenwärtig  mit  der 
vergleichenden  Sprachkunde,  wofür  sie  bereits  einen  eignen  neuen  Aus- 
druck {ovy%QLTiv.ri  ylcoGooloyia)  gebildet  haben.  Einer  dieser  Gelehrten 
ist  Spyridon  Zampelios,  der  Sohn  des  im  J.  185G  verstorbenen 
Leukadiers  Joannes  Zampelios ,  durch  den  zuerst  unter  den  neugriechi- 
schen Dichtern  die  nationale  Tragödie  sprachlich  und  gegenständlich 
zu  besonderer  Anerkennung  gelangte,  indem  er  teils  vor  teils  nach  der 
Erhebung  des  griechischen  Volks  im  Jahre  1821  die  geschichtlichen 
Gestalten  des  Timoleon,  Georg  Kastriota,  Konstantin  Paläologos,  Rigas, 
Karaiskakis,  Botzaris,  Odysseus,  Kapodistrias  u.  a.  zu  Gegenständen 
seiner  dramatischen  Dichtungen  machte.  Ueber  sein  lebhaftes  Interesse 
an  der  vergleichenden  Sprachkunde ,  so  wie  über  letztere  überhaupt, 
spricht  sich  der  genannte  Spyridon  Zampelios  in  einer  kleinen 
Schrift  aus,  die  im  J,  1859  in  Athen  unter  dem  Titel  erschien:  Ilö&fv 
Tj  ■aoLvr]  Af'^/g  r  Qay  ovd oS ,  und  in  welcher  er  zugleich  unter  anderem 
bemerkt,  dasz,  nachdem  er  eine  Schrift :  'ttcqI  cvyy^vfi'ag  aQxai'av  sXXr}- 
vtyicov  nal  vsoXaziviy.cav  SiccliKzcov '  in  zwei  Bänden  ausgearbeitet  (die 
jedoch  nicht  gedruckt  zu  sein  scheint)  ,  es  ihm  zu  einem  wahren  Be- 
dürfnisse geworden  sei,  mit  der  Etymologie,  der  vergleichenden  Wurzel- 
erforschung (Qi'Qoloyia)  und  der  Entstehung  der  Worte  sich  zu  beschäf- 
tigen, indem  er  'der  Ueberzeugung  sei,  dasz  jedes  Wort,  möge  es  noch 
in  Gebrauch  sein  oder  nicht,  eine  geschichtliche  Thatsache  in  sich  fasse, 
die  einer  besondern  Untersuchung  bedürfe,  und  einen  Strahl  der  groszen 
Sonnenscheibe  in  sich  schliesze ,  welche  das  System  der  gesamten  Na- 
tionalität (eines  Volks)  darstellt,'  Von  dieser  Ueberzeugung  geleitet, 
gehe  er  den  Spuren  der  Geschichte  eines  Worts  mit  dem  nemlichen 
Eifer  nach,  wie  er  das  Leben  eines  berühmten  Mannes  studiere  oder 
die  Ursachen  und  Wirkungen  hervorragender  historischer  Thatsachen 
untersuche. 

Einen  Beleg  hierfür  enthält  die  angeführte  Schrift  über  die  Ent- 
stehung des  neu-  oder  gemein -griechischen  Wortes  xQayovdä ,    aus  Avel- 

*)  Ein  ähnliches  Verhältnis  findet  auch  in  Ansehung  des  altgriechi- 
schen vrjQÖg,  NrjQTjtg  statt,  wofür  die  neugriechische  Sprache  vsqov 
(das  Was&er)  und  NeQutda,  'AvsQutdcc  sagt.  D.  E. 


Kurze  Anzeigen  und  Uliscellen.  375 

eher  ich  naclisteheudea ,  da  es  das  Interesse  in  mehr  als  e'iner  Hinsicht 
anspricht,  in  möglichst  p^edrängter  Darstellung-,  übrigens  ohne  weitere 
Kritik,  hier  zusammenstelle.  Das  Wort  XQCtyovdi'co  gebrauchen  nenilich 
die  Neugriechen  in  der  Bedeutung:  singen  (von  Menschen,  seltener  oder 
gar  nicht  von  Thieren,  von  denen  das  Wort:  K^Xadico,  ^rjXud'tco ,  xot- 
Xa^Ho  gesagt  wird),  und  zwar  gebrauchen  sie  es,  im  Gegensatz  von 
ipdXXco ,  das  den  Kirchengesang  bezeichnet,  von  jedem  anderen  auszer 
diesem,  also  von  jedem  nicht  kiichlichen ,  von  dem  profanen  Gesang, 
und  das  einzelne  Lied  selbst,  das  Gedicht,  heiszt:  XQKyovdiov ,  tgu- 
yovSi.  Vorzugsweise  wird  letzteres  von  den  Volksliedern  gesagt,  die 
das  neugriechische  Volk  für  die  verschiedensten  Ereignisse,  Beziehungen 
und  Verhältnisse  des  luiuslichen  und  öffentlichen  Lebens  (jedoch  immer 
mit  Ausschlusz  des  Gottesdienstes  und  also  des  Kirchengesangs),  auch 
des  politischen  Lebens  in  der  reichsten  Manigfaltigkeit  besitzt  und 
singt ,  die  es  selbst  schafft  und  teilweise  umbildet  oder  auch  weiter- 
bildet. 

Zampelios  untersucht  nun  die  Frage,  wie  es  gekommen  sei,  dasz 
dem  Volke  das  Wort  adco   und    dufiu  (höchstens  dies  letztere  kennt  das 
neugriechische  Volk)  habe  verloren  gelien  können  und  verloren  gegangen 
sei.     Der  Grund  dieses  Wegfalls,  sagt  er,  der  Grund  des  fast  gänzlichen 
Verlorengegangenseins  der  beiden  Worte  kSco  und  aaua  aus  dem  Munde 
und    aus   dem  Leben    des  Volks,    das   doch   so   viele    andere  Worte    des 
gewöhnlichen    Lebens    aus    dem    altgriechischen   Sprachschatze    bewahrt 
hat,   musz  ein  innerer  sein,    er   musz    in    einem  Wandel  der  Sitten  und 
Gebräuche,    in  einem    W^echsel    des  Ideengangs   und    der   Anschauungen 
liegen,    der   im  Volke  vorgegangen  ist,   und    dieser  Grund  musz  sich  in 
den    geschriebenen    Geschichten    des   Volks    oder   in    dessen   mündlichen 
Ueberlieferungen  auffinden  lassen ,    oder   er   ist  die  Folge   gewisser  ver- 
änderter Verhältnisse    im  Leben    des  Volks,   der  Ausflusz   äuszerer  Um- 
stände,   die  Wirkung    moralischer   Einflüsse    auf  das   Gefühl,    auf    die 
Denk-  und  Auffassungsweise  des  Volks.    Um  diesen  Grund  aufzufinden, 
betrachtet  Zampelios  zunächst  die  altgriechische  Dichtkunst  in  ihren 
drei  wesentlichen  Hauptbestandteilen  (Epos,  Lyrik,  Drama),  sowie  nach 
ihrem  eigensten  Wesen  und  Geiste,  nach  ihrer  Stellung  und  ihrem  Berufe, 
sowie   nach  ihren  Zielen  und   nach    den  Wegen ,    um  diese  Ziele   zu    er- 
reichen ,  und  dann  faszt  er  in  gleicher  Weise  die  neiigriechische  Dicht- 
kunst ins  -Auge,  welche  er  von  dem  Eintritt  des  Christentums  an  datiert, 
das  die  Welt  der  Mythe  vernichtete.    Er  führt  dieselbe  ihrem  eigentüm- 
lichen Wesen    nach   auf   die    drei  Klassen    des  Volks   selbst    zurück,  in 
denen   in    der   christlichen  Zeit    das    mittel -griechische   Staatsleben   von 
Byzanz,  allein  oder  doch  vorzugsweise,  sich  äuszerte,  nemlich  die  Geist- 
lichkeit   (heilige    Lyrik),    die   Vornehmen    —    Gelehrten  —   (profane   — 
gelehrte  —  Dichtkunst)  und  das  Volk  (Volkslied),  und  er  charakterisiert 
sodann   diese  drei  Klassen    der   neugriechischen  Dichtkunst   nach  Form, 
Wes'3n,  Zweck  und  Mittel.     Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  des  weiteren   auf 
diese  Charakteristik    einzugehn.     Nur    folgendes    kommt   zu  dem  vorlie- 
genden Zwecke,   und  zwar   als  Ergebnis    der  ganzen  Untersuchung  und 
zur  Beantwortung   der  obigen  Frage    in  Betracht.     Das  Ergebnis  selbst 
ist    dieses.      Nachdem    die    griechische   Poesie   unter    dem   Einflüsse   des 
Christentums  eine  andere  Gestalt  in  allen  obgedachten  Beziehungen  an- 
genommen hatte,    sie    der  alten  Prosodie   verlustig  gegangen,    die  Aus- 
sprache eine  einfachere  geworden  war  ,  auch  die  Kunst  der  Musik  eine 
Veränderung  erlitten  hatte  und  in  Folge  des  Wegfalls  des  alten  Theaters 
auch  die   rythmische  Declamation  verschwunden    war,    ward  die  Poesie 
selbst  entweder  gar   nicht  mehr   nach   den    alten  Regeln  gesungen    oder 
sie  wurde  nur  das  Vorrecht  weniger  Sänger  (QocrpcoSäv).     Gleichwol  be- 
wahrte   sie    noch   immer    den   vaterländischen  und  nationalen  Charakter 


376  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

der  Dramatik  (SQafiariTiötrjTog),  und  nach  Art  der  alten  epischen,  lyri- 
schen und  dramatischen  Dichtungen  waren  die  Lieder  {Qarpcpdijfiata')  des 
neugriechischen  Volks  teils  von  der  erzählenden,  teils  von  der  rührenden 
Gattung,  auch  oft  sogar  mit  tragischer  Wirkung.  Gewöhnlich  war  jedes 
dieser  Lieder  ein  episches,  jedoch  nur  aus  wenigen  Versen  bestehend, 
übrigens  nicht  ohne  den  Keiz  des  Dialogs,  das  nach  Wahl  und  Belieben 
des  Dichters  mit  mehr  oder  weniger  Leidenschaft  irgend  ein  häusliches 
Leid ,  die  Lösung  eines  unerklärlichen  Unglücks  ,  einen  tragischen  Zu- 
fall im  politischen  oder  im  Privat-leben  erzählte.  Dazu  kam  nun  noch, 
dasz ,  wärend  diese  Volkslieder,  die  freien,  ungesuchten  und  absichts- 
losen Erzeugnisse  der  unmittelbarsten  Empfindungen,  der  Phantasie  und 
der  Sehnsucht  des  \'olks,  die  naturwüchsigen  Kinder  des  Augenblicks 
und  der  Gegenwart,  übrigens  immerhin  einer  im  Ganzen  traurigen  und 
unlieiivolleu  Gegenwart,  auch  der  sprachliche,  volksgemäsze  Ausdruck 
des  empfänglichen  Volksgeistes  und  des  richtigen  Gefühls  des  Volks  in 
jener  langen  und  unheilvollen  Zeit  nach  Verlust  der  politischen  Freiheit 
waren,  diese  Sprache  des  Herzens  vor  der  Kirche  und  ihren  Dienern,  so 
wie  vor  den  Gelehrten,  den  byzantinischen  Atticisten ,  keine  Gnade,  ge- 
schweige Pflege  fand ,  diese  vielmehr  in  übel  angebrachtem  Eifer  und 
nicht  ohne  Hochmut  jene  Ausdrucksweise  des  Volks  als  eine  gemeine 
und  bettelhafte  Dichtkunst,  wie  sie  sie  geradezu  nannten,  zu  fortwären- 
der  Knechtschaft  verdammten. 

Auf  diese  Weise  —  also  schlieszt  Zanipelios  seine  diesfallsige 
Untersuchung  —  gerieth  in  der  christlichen  Zeit  das  altgriechische  Wort 
a^u),  das  den  von  den  Gesetzen  der  alten  Musik  und  Poetik  geregelten 
(jesang  bedeutete,  auszer  Gebrauch,  und  statt  dessen  kam  das  alte 
Wort  rgaycoSsco ,  in  seiner  aeolischen  Form  rgocyovöico,  jedoch  mit  einer 
ausschlieszlichen  neuen  Bedeutung  in  der  Spraclie  des  Volks  zur  allge- 
meinen Anwendung.  Bei  den  alten  Griechen  bedeutete  das  Wort  xqu- 
yco^tco  anfänglich  so  viel  als:  declamieren,  in  hohem,  prachtvollem  Tone 
erzählen  und  in  Reimen  darstellen ,  dann  aber  auch  in  Folge  langen 
Gebrauchs,  statt  des  Worts  aSoo  selbst:  singen  mit  Tönen  der  Vocal- 
und  Instrumentalmusik,  denen  nach  und  nach  das  Gedicht  angepasst 
wurde.  TgayäSia  oder  XQayovdia  nannte  die  gemeine  Ausdrucksvveise, 
nemlich  die  neue  Sprache  (ytoivri  cvvr]9fic<),  jene  nacli  Art  der  Vorfahren 
gesungenen  episcli-lyrischen  Lieder,  die  diese  selbst  zgaycoSoviifvc:,  d.  i. 
äS,ioSQa[i,ätL6Ta  kkI  deivd,  nannten,  wie  sie  auch  sagten:  zQOcycpSovufvog 
ßi'og ,  d.  i.  ein  Leben  voll  tragischer  Unfälle,  und  latoQi'a  rsTgaycoSr]- 
ijifvr],  d.  i.  eine  Geschichte  nach  der  Art  der  Unglücksfälle  der  tragischen 
Bühne.  So  sagt  Suidas:  TgayaSi-^öv,  xb  ^una&ig'  ineiitSQ  yicci  rj 
ToccycpSia  ^^Tta&cöv  TtQayudxcov  ccTcayyflTLKrj ,  und  so  ist  es  denn  auch 
gekommen,  dasz  die  neugriechische  Sprache  mit  den  Worten  XQayovS^co 
und  TQayovdiov  in  der  Litteratur  des  neuen  Griechenland  eine  neiie 
Epoche  der  Poesie  bezeichnet. 

In  sprachlich -etymologischer  Hinsicht  bemerkt  Zampelios  in  Be- 
treff des  Worts  ci3a>  (singen) ,  dasz  dasselbe  von  aco .  arj^ii  (blasen, 
hauchen)  abstamme,  und  dasz  damit  auch,  der  Wortbildung  und  dem 
Sinne  nach,  die  Verba  ;i;aa»,  jjkt'gj  und  j;«('i'(a  zusammenhängen,  indem 
der  Hauch  nur  durch  den  geöffneten  Mund  ausgehn  kann.  Von  j;«j/qj 
leitet  er  weiter  cano  und  canto  der  Römer,  canto  der  italienischen, 
spanischen  und  walachischen  (rumänischen)  Sprache  und  chanter  der 
Franzosen  ab.  J)r  Theod.  Kind. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stalisl.  Notizen.  377 

Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 


Preuszen  1860. 

(Fortsetzung  von  S.  344—350.) 


II.    Westphalen.    (Fortsetzung.) 

15.  Soest.]  Mit  dem  Beginn  des  Schuljahrs  trat  der  Schulamts- 
candidat  Dr  Duden  commissarisch  in  die  letzte  ordentliche  Lehrstelle 
ein.  Dr  Kr iegeskot te,  welcher  seit  Mich,  1854  insbesondere  für  den 
Unterricht  in  den  neueren  Sprachen  angestellt  war ,  gab  seine  Stellung 
zu  Michaelis  aus  freiem  Entschlusz  auf.  Der  2e  Oberlehrer  Lorenz 
folgte  einem  Ruf  als  Director  des  Gymnasiums  zu  Wetzlar;  in  Folge 
dessen  erhielt  Dr  Duden  die  2e  Oberlehrerstelle,  Dr  Legerlotz  aua 
Magdeburg  die  3e  ordentliche  Lehrerstelle,  die  4e  verwaltete  wUrend 
des  Wintersemesters  Dr  Rüdiger  als  provisorischer  Hülfslehrer,  der 
zu  Ostern  in  seine  Heimat,  das  Königreich  Sachsen,  zur  Uebernahme 
einer  Gymnasiallehrerstelle  zurückkehrte.  Von  Ostern  ab  wird  der 
Schulamtscandidat  Bertram  die  Verwaltung  dieser  Stelle  commissarisch 
übernehmen.  Der  mit  dem  katholischen  Religionsunterricht  beauftragte 
Kaplan  Lillotte  wurde  in  das  Pl'arramt  zu  Warstein  berufen;  in  seine 
Stelle  ist  Kaplan  Hasse  von  dem  Gymnasium  zu  Brilon  berufen  wor- 
den. Lehrercollegium:  Director  Dr  Jordan,  die  Oberlehrer  Professor 
Koppe,  Dr  Duden,  Vorwerck,  die  ordentlichen  Lehrer  Schenck, 
Stein  mann,  Dr  Legerlotz,  Gronemeyer,  Candidat  Bertram, 
Pfarrer  Daniel  (evang.  Relig.),  Kaplan  Hasse  (katli.  Rel.).  Schüler- 
zahl 183  (I  24,  II  27,  lU  31,  IV  25,  V  30,  VI  46).  Abiturienten  9, 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  die  Kapelle  St.  Petri  auf  dem  v.  Hon^ 
rode-Pletlenberg-Oirschen  und  die  Kapelle  St.  Johannis  auf  dem  v.  Huberg'- 
schen  Hofe.     Vom  Oberlehrer  Vorwerck  (21   S.   4). 

16.  Waeendüef.]  Im  Lehrercollegium  kam,  abgesehen  davon  das? 
die  Schulamtscandidaten  Wissing  und  Lucas  eintraten,  keine  Verän- 
derung vor.  Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Lucas,  die  Oberlehrer  Dr 
Combrinck,  Bause;  die  Gymnasiallehrer  DrHillen,  DrPeltzer, 
Theising,  Dr  Erdtman,  Frese,  Hülfslehrer  Dr  Goebbel,  die 
Candidat en  Wissing  und  Lucas,  Zeichen- u.  Schreiblehrer  Helm ke, 
Gesanglehrer  Pfeiffer.  Schülerzahl  271  (P  50,  I"  52,  11^35,  IIb  27, 
III«  21,  Illb  27,  IV  22,  V  22,  VI  15).  Abiturienten  2'.^,  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus  eine  Abhandlung  von  dem  Director  Dr  Lucas; 
Gottfried  von   Villehardouin  (20  S.  4). 

III.  Schlesien. 
1.  Breslau.]  a)  Elisabe  t- Gy  m  n  asium.  Der  Cand.  Dr  Lau.» 
bert  schied  zu  Ostern,  der  Candidat  Dr  Wer  ckm  eist  er  zu  Michaelis 
aus.  Den  2n  Elementarlehrer  Blümel  verlor  die  Anstalt  durch  den 
Tod;  an  dessen  Stelle  rückte  Mittelhaus  auf,  als  3r  Elementarlehrer 
wurde  Kramer  berufen.  Lehrerpersoual:  Rector  Dr  Fickert,  die 
Oberlehrer  VVeichert,  Kampmann,  Stenzel,  Guttmann,  Rath, 
Kambly,  Hänel.  Körber,  Neide,  die  ordentlichen  Lehrer  Speck, 
Fechner,  Wieszner,  die  Elementarlehrer  Seltzsam,  Mittelhaus, 
Kramer,  Gesangl ehrer  Pohsner,  Zeichenlehrer  Bräuei'.  Schülerr 
zahl  (i44  (I  32,  II  32,  III  45,  IV«  38,  IV  *>  (II,  V«  60,  V  >>  60,  VI«  61, 
VIb  r;8,  VII«  77,  VII  ^  61,  VII -^  40).  Abiturienten  18.  Den  Schulnach. 
richten    geht    voraus:    In   Cyclopem   fah.    Eurip.    commentariorum   part.  I. 


378  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

Scripsit  Dr  C.  Wiessner  (20  S.  4)  [v.  1  —  79].  —  b)  Gymnasium 
zu  St.  Maria  Magdalena.  Der  Sehulanitscandidat  Dr  Proll  wurde 
zum  Collaborator  eruanut.  Der  CoUaborator  Dr  Kl e mens  folgte  einem 
Kuf  als  Oberlebrer  au  das  Gymnasium  in  Stolp ;  die  Verwaltung  der 
Stelle  wurde  einstweilen  dem  Schulamtscandidaten  Dr  Laubert  über- 
tragen. Einen  zweiten  Verlust  erlitt  das  Gymnasium  durcb  den  Abgang 
des  6n  Collegen  Königk,  welcher  zu  Michaelis  die  Leitung  der  höhe- 
ren Mädchenschule  in  Liegnitz  übernahm.  In  die  erledigte  Stelle  rückte 
der  7e  College  Friede  und  in  dessen  Stelle  College  Simon  vor,  in  die 
8e  wurde  Dr  Lindner,  bisher  Lehrer  am  Pädagogium  in  ZüUichau, 
berufen.  Der  Schulamtscandidat  Gleditsch  übernahm  einige  Stunden. 
Lehrerpersonal:  Director  Dr  Scliönborn,  Prof.  Dr  Lilie,  Prof.  Dr 
Sadebeck,  Oberlehrer  Dr  Beinert,  Oberlehrer  Palm,  Oberlehrer  Dr 
Schuck,  Oberlehrer  Dr  Cauer,  Dr  Beinling,  Friede,  Simon, 
Dr  Lindner,  CoUab.  John,  Collab.  Dr  Proll,  Cand.  Dr  Laubert, 
Gesangl,  Kahl,  Zeiclienl.  Eitner,  Schreibl.  Wätzoldt.  Schülerzahl 
705  (la  17,  1"  26,  IIa  34^  nb  49^  ma  58^  mb  71^  jy  90,  V  85,  VI 
84,  Elementarklassen  182).  Abiturienten  15.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus:  de  carmine  Horatiano  duodetricesimo  lihrl  prinii  scripsit  Friede 
(25  S.  4).  Zugleich  ist  dem  Programm  beigegeben  zur  Feier  der  25jäh- 
rigen  Amtsthätigkeit  der  Professoren  Dr  Lilie  und  Dr  Sadebeck  am 
31.  Januar  1860  eine  Abhandlung  des  Directors:  über  die  Schul-  und 
Kirchenordnung  des  Raths  von  Breslau  vom  Jahr  1528  (23  S.  4).  ■ — • 
c)  Katholisches  Gymnasium,  Candidat  Ziron  trat  sein  Probe- 
jahr an;  Candidat  Dr  Grimm  verliesz  die  Anstalt,  um  als  Religions- 
lehrer an  das  Gymnasium  zu  Katibor  überzugehn.  Lehrercollegium : 
Director  Dr  Wissowa,  die  Oberlehrer  Janske,  Wink  1er,  Dr  Pohl, 
Dittrich,  die  Gymnasiallehrer  Hauptmann  Idzikowski,  DrBaucke, 
Dr  Kuschel,  Dr  Seh  edler,  Reiigionslehrer  S  chol  z,  Dr  Baum  gart, 
Dr  Görlitz,  Religionslehrer  Dr  Kuobloch,  Sehn  eck,  Collaborator 
Mohr,  Professor  Dr  Schmölders,  Sprachlehrer  Scholz,  Hülfslehrer 
Dr  Plebanski,  Gesanglehrer  Bröer,  Zeichenlehrer  Schneider, 
Schreiblehrer  Gebauer,  Schreiblehrer  Schmidt.  Schülerzahl  754 
(I^  56,  l^  56,  11^  59,  IIb  71,  111"  44,  Illb  53,  IV«  65,  IV^  59,  V« 
51,  V^  44,  VI^  66,  Vlh  45,  VII  53,  VIII  32).  Abiturienten  33.  Den 
Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Dr  Pohl: 
die  Dämonologie  des  Plutarch  (28  S.  4).  —  d)  Friedrichs-Gymna- 
sium. Der  Schulamtscandidat  Dr  Bach  versah  eine  Lehrerstelle;  der 
Candidat  Meyer  hielt  sein  Probejahr  ab.  Lehrercollegium:  Director 
Dr  Wim  mar,  Professor  Dr  Lange,  Professor  And  er  ss  en,  Dr  Geis- 
ler, Dr  Grünhagen,  Hirsch,  Rehbaum,  Bach,  Religionslehrer 
Schiedewitz,  Dr  Magnus,  Zeichenlehrer  Rosa,  Sprachlehrer  Frey- 
mond, Sprachlehrer  White  law.  Schülerzahl  216  (I  17,  II  33.  11158, 
IV  46,  V  42,  VI  20,  VII  60).  Abiturienten  2.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus:  lectiones  Aristoteticae.  Pars  II.  Vom  Director  Dr  Wim- 
mer (20  S.  4).  (Aristotelis  de  generatione  animalium  lib.  II.  III. 
IV.  V.) 

2.  Brieg.]  Den  Professor  Kaiser  verlor  die  Anstalt  durch  den 
Tod;  in  Folge  dessen  rückten  die  nachfolgenden  Lehrer  auf  und  der 
Schulamtscandidat  Dr  Schneider  erhielt  die  erledigte  Lehrerstelle. 
Lehrercollegium:  Director  Professor  Guttmann,  Professor  Scliön- 
wälder,  Professor  Hinze,  Oberlehrer  Dr  Tittler,  Oberlehrer  Dr 
Döring,  Mende,  Kün  tz  el,  Pr  i  fich,  Holzheimer,  Dr  Schneider. 
Schülerzahl  278  (I  31,  II  27,  III  66,  IV  68,  V  47,  VI  39).  Abiturien- 
ten 14.  Den  Schulnachrichton  geht  voraus:  die  beiden  Dulder,  Hiob  und 
Odysscus,  vom  Professor  Schönwälder  (20  S.  4).  Der  Verfasser  be- 
handelt  folgende  Punkte:   die    Namen   Hiob    und   Odysseus,    Verfasser, 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  379 

Zeit  der  Abfassimt^,  Form  der  beiden  Werke,  Textkritik,  Inhalt,  Ueber- 
eiustimmung  und  Geg'ensatz  (auch  in  religiöser  Beziehung). 

3.  Glatz]  In  dem  Lehrercollegium  trat  keine  Veränderung  ein. 
In  dem  Vorstand  der  mit  dem  Gymnasium  verbundnen  Erziehungsanstalt, 
dem  Convictorium,  trat  die  Veränderung  ein,  dasz  Subregens  Jentsch 
nach  einjähriger  Wirksamkeit  in  die  Seelsorge  zurückkehrte;  an  seine 
Stelle  wurde  der  Licentiat  der  Theologie  Langer  berufen,  Lelirer- 
collegium:  Direutor  Dr  Schober,  die  Oberlehrer  Professor  Dr  Hei- 
nisch, Professor  Dr  Schrayim,  Dr  Wittiber,  die  Gymnasiallehrer 
Küsner,  Regens  Strecke  (Religionslehrer),  Beschorner,  Glatze I, 
Collaborator  Dr  Schreck,  die  Candidaten  Maiwald,  Oberdick, 
Schreib-  und  Zeichenlehrer  Förster.  Schülerzahl  320  (I  32,  II  46, 
III  42,  IV  50,  V  79,  VI  71).  Abiturienten  12.  Den  Schuhiachrichten 
gellt  voraus  eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Dr  Wittiber:  über 
atmosphärische  Electricilät  und  Gemüter^  insbesondere  die  Gewitter  der  Graf- 
schaft  Glatz  (23  S.  4). 

4.  Gleiwitz.]  Das  Lehrercollegium  ist  unverändert  geblieben;  das- 
selbe bilden:  Director  Nieberding,  Professor  Heimbrod,  die  Ober- 
lehrer Liedtki,  Rott,  Dr  Spiller,  die  Gymnasiallehrer  Wolff, 
I'olke,  Steinmetz,  Sockel  (Religionslehrer),  Dr  Smolka  (Religions- 
lehrer), Schneider,  Hawlitschka,  die  CoUaboratoren  Puls  und  Dr 
Völkel,  Hülfslehrer  Hansel,  Superititendent  Jacob  (evangel.  Re- 
ligionslehrer), Zeichenlehrer  Peschel.  Schülerzahl  431  (I  17,  11^  20, 
11"  31,  IIP  40,  Illb  55,  IV*  47,  IV«  42,  V*  51,  V^  49,  VI'  41,  VI« 
38).  Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung 
von  dem  Oberlehrer  Rott:  die  Atmosphäre  unserer  Erde.  (Fortsetzung.) 
(19  S.  4). 

5.  Grosz- Glogäu.]  a)  Evangelisches  Gymnasium.  Nach 
dem  Abgang  des  Dr  Hoppe  wurde  die  erste  Collaboratur  definitiv  dem 
Candidat  C.  Schmidt  übertragen,  mit  der  Verwaltung  der  zweiten 
wurde  der  Schulamtscandidat  E.  Schmidt,  welcher  eben  sein  Probe- 
jahr an  dem  hiesigen  Gymnasium  beendigt  hatte,  beauftragt.  Lehrer- 
collegium: Director  Dr  Kl  ix,  die  Oberlehrer  Prorector  Dr  Petermann, 
Dr  Rühle,  Stridde,  die  ordentlichen  Lehrer  Beissert,  Dr  Grau- 
toff,  Scholtz,  Binde,  Collaborator  C.  Schmidt,  Schulamtscandidat 
E.  Schmidt,  Turnlehrer  Haase.  Schülerzahl  277  (I  38,  II  47,  III» 
31,  III  »>  31,  IV  52,  V  40,  VI  38).  Abiturienten  13.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus:  Philipp  Melanchthon,  der  Präceptor  Germaniae.  Eine 
Skizze  zur  Erinnerung  an  die  dritte  Säcularfeier  seines  Todes  am  19.  April 
1800.  Von  dem  Director  Dr  Klix  (20  S.  4).  —  b)  Katholisches 
Gymnasium.  Das  Lehrercollegium  ist  unverändert  geblieben;  das- 
selbe bilden:  Director  Dr  Wentzel,  die  Oberlehrer  Professor  Uhdolph, 
Dr  Müller,  Eichner,  von  Raczek,  Padrock,  die  Gymnasiallehrer 
Knötel,  Religionslehrer  Licentiat  Hirschfelder,  Dr  Franke,  die 
Candidaten  Köszler  und  Wentzel,  Divisionsprediger  Rühle,  Ge- 
sanglehrer Rector  Bat t ig,  Zeichen-  und  Turnlehrer  Haase,  polnischer 
Sprachlehrer  v.  Woroniecki.  Schülerzahl  296  (I  52,  II <>  29,  IP  29, 
III  39,  IV  48,  V  43,  VI  56).  Abiturienten  20.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus :  über  den  Gebrauch  des  lateinisdten  Reflexivs.  Ir  Teil.  Vom 
Oberlehrer  Eichner  (19  S.  4).  Der  vorliegende  erste  Teil  handelt  von 
dem  Gebravich  des  Reflexivs  in  den  einfachen  Sätzen. 

6.  Görlitz]  Das  Leln-ercollegium,  welches  im  verflossnen  Schul- 
jahr unverändert  geblieben  ist,  bilden  folgende  Mitglieder:  Director  Dr 
Schutt,  die  Oberlehrer  Professor  Dr  Struve,  Hertel,  Kögel,  Dr 
Wiedemann,  Jehrisch,  die  Gymnasiallehrer  Dr  Höfig,  Adrian, 
Dr  Liebig,  Wilde,  Dr  Joachim,  Hülfslehrer  Dr  Frahn  ert,  I'farrer 
Stiller  (kathol.  Religiouslehrer),  Musikdirector  Kling euberg,  Zeichen- 


380  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen. 

lehrer  Kadersch,  Schreiblehrer  Pinkwart,  Turnlehrer  Böttcher. 
Schülerzahl  22G  (I  20,  11^  12,  11"  15,  III  ^  31,  111"  46,  IV  39,  V  36, 
VI  27).  Abiturienten  7.  Den  Schulnachrichten  ist  beigegeben  als  Ein- 
ladungsschrift zu  dem  von  Ger sdor f fschen,  dem  Gehlerschen,  dem 
Hill  eschen  und  dem  Lob-  und  Dankactus  eine  Abhandlung  von  dem 
Gymnasiallehrer  Adrian:  de  cafitico  quod  est  apud  Eicripidem  Bacch. 
vv.  367—426  ed.  Herrn.  (35  S.  4). 

7.  Hirschberg.]  Mit  dem  Schlusz  des  Sommersemesters  endete  die 
Thätigkeit  des  Dr  B  e  1  i  t  z  als  Hülfslelirer ;  an  seine  Stelle  trat  der 
Schulamtscandidat  Wild.  Nachdem  eine  besondere  Lehrstelle  für  die 
elementaren  Unterrichtsfächer  des  Kechnens,  Schreibens,  Zeichnens  und 
Singens  gegründet  war,  schieden  Maler  Troll  und  Cantor  Thoma  aus 
ihrer  bisherigen  Thätigkeit  aus;  in  die  neu  gegründete  Lehrstelle  trat 
der  Elementarlehrer  Müller  ein.  Lehrercollegium :  Director  Dr  Diet- 
rich, Prorector  Thiel,  Oberlehrer  Dr  Möszler,  Conrector  Krüge r- 
mann,  Oberlehrer  Dr  E  x  n  e  r,  Oberlehrer  Dr  Haacke,  Dr  Werner, 
auszerordentliche  Lehrer  Professor  Dr  Schubart h,  Hülfslehrer  Wild, 
Pastor  W e  r k e n  t h i n,  Pfarrer  Tschupp  ick,  Lehrer  Müller.  Schüler- 
zahl 173  (I  8,  II  17,  III  40,  IV  47,  V  35,  VI  26).  Abiturienten  5. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Darstellung  eines  Lehrganges,  bei 
welchem  ein  enger  Zusammenhang  ztvischen  der  methodischen  Erlernung  grie- 
chischer f^ocabeln  und  dem  übrigen  Unterricht  in  dieser  Sprache  erreicht 
wird,  und  Entwurf  eines  für  diesen  Zweck  berechneten  Vocabulars.  Von 
Dr  Werner  (24  S.  4). 

8.  Läuban.]  Das  Lehrercollegium  ist  unverändert  geblieben;  das- 
selbe bilden:  Director  Dr  Schwarz,  Prorector  Dr  Pur  mann,  Con- 
rector Haym,  Oberlehrer  Dr  Zehme,  Oberlehrer  Faber,  Collaborator 
Dr  Peck,  Collaborator  Faber,  Dr  Meves,  Cantor  Böttger,  Kaplan 
Kreuz.  Schülerzahl  98  (I  16,  II  21  ,  III  16,  IV  10,  V  15,  VI  14). 
Abiturienten  3.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  des 
Prorectors  Dr  Pur  mann:  Hugonis  Purmanni  Silesii  quaestionum  Lucretia- 
narum  particula  altera  (19  S.  4). 

9.  Leobschijtz.]  Das  Lehrercollegium  hat  keine  Veränderung  er- 
litten. Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Kruhl,  die  Oberlehrer  Professor 
Dr  Fiedler,  Schilder,  Dr  Winkler,  Religionslehrer  Kirsch,  die 
Gymnasiallehrer  Tiffc,  Dr  Welz,  Stephan,  Kleiber.  Collaborator 
Meywald,  die  Schulamtscandidaten  SchÖnhuth  und  Ludwig,  Zei- 
chenlehrer Kar  ig  er.  Schülerzahl  360  (I  37,  II  59,  III  56,  IV  70,  V 
82,  VI  56).  Abiturienten  10.  Den  Schulnachrichten  gelit  voraus  :  Werth 
der  mathematischen  Studien  für  Schule  und  Leben.  Von  dem  Director 
Dr  Kruhl  (13  S.  4). 

10.  LiEGNiTZ.]  a)  Gymnasium.  Das  Lehrerpersonal  wurde  in 
diesem  Jahre  vervollständigt,  indem  dem  Candidaten  Peiper  nach  Ab- 
leistung seines  Probejahrs  die  bisher  commissarisch  von  ihm  verwaltete 
Hülfslehrerstelle  definitiv  übertragen  und  der  Lehrer  an  der  hiesigen 
Provincial-Gewerbeschule  Matthias  zum  Zeichenlehrer  des  Gymnasiums 
ernannt  wurde.  Lehrerpersonal:  Director  Professor  Dr  Müller,  Pro- 
fector  Dr  Brix,  Conrector  Balsam,  Oberlehrer  Matthäi,  Oberlehrer 
M  äutler,  die  Gymnasiallehrer  Göbel,  Hanke,  Harnecker,  Peiper, 
K^plaa  König,  Zeichenlehrer  Matthias,  Cantor  Franz,  Turnlehrer 
Premier -Lieutenant  Scherpe.  Schülerzahl  237  (I  28,  II  31,  III  37, 
iV  56,  V  49,  VI  39).  Abiturienten  11.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus  eine  Abhandlung  von  dem  Oberlehrer  Mäntler:  Koriiith  unter 
den  Ki/pseliden  (13  S.  4).  —  b)  Kitte  r  -  A  k  ad  em  ie.  Das  Lehrer- 
c'olloginm  hat  in  dem  verflossnen  Schuljahr  keine  Aenderung  erfahren. 
Dasselbe  bilden:  Director  Professor  Dr  Sauppe,  Professor  Dr  Schei- 
tel, Professor  Gent,  Professor  Dr  Platen,  die  Oberlehrer  Dr  Schirr- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.  381 

mach  er,  Dr  Scli  ön  ermarlc,  Dv  P roll  er,  Dr  Freiherr  vonKittlitz, 
Weisz  (erster  Civil-lnspector),  Dr  Meister  (zweiter  Civil- Inspector), 
Oberkaplau  Kitter  (katliol.  Keligionslelirer) ,  Premier-Lieuten.  Haaso 
(militär.  Inspector),  technische  Lehrer  Kittmeister  a.  D.  Hänel  (Stall- 
meister),  Premier-Lieutenant  öcherpe  (Fecht-  und  Turnlehrer),  Reder 
(Gesanglehrer),   B  lütter  bauer  (Zeichenlehrer).     Scliülerzahl  PJG  (120, 

II  33,  IIP  31,  III  >>  18,  IV  18).  Abiturienten  7.  Den  öchuinachrichten 
geht  voraus:  guaes/ioncs  Quintilianeae.  Von  dem  Inspector  Dr  Meister 
(23  S.   4). 

11.  Neisse.]  Das  LehrercoUegium  ist  unverändert  geblieben.  Das- 
selbe bilden:  Directur  Dr  Zastra,  die  Oberlehrer  Köhnhorn,  Pro- 
fessor Dr  Hoffmann,  Professor  Kastner,  Otto,  Schmidt,  die 
Gymnasiallehrer  Seema  n  n,  Religionslehrer  Got seh  li  ch,  Dr  Teuber, 
Mutke,  die  Colhiboratoren  Kleineidam,  Wutke,  Candidat  Dr  Re- 
gent, Zeichenlehrer  Anders,  Gesanglehrer  Jung.  Schülerzahl  379 
(I  40,  11"  30,  II''  44,  III  47,  IV  64,  V»  40,  V  2  43,  VI»  39,  VI «  32). 
Abiturienten  11.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Ajax,  Tragödie 
des  Sophokles,  im  yeismasze  der  Urschrift  übersetzt  vom  Director  Dr 
Zastra  (23  S    4). 

12.  Oels.]  Im  Lehrerpersonal  hat  keine  Veränderung  stattgefunden. 
Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Silber,  Prorector  Dr  Bredow,  Conrector 
Dr  Böhmer,  Oberlehrer  Kämmerer,  Rehm,  Dr  Anton,  Rabe, 
Barth,  Coliaborator  Gasda,  die  Hültslehrer  Keller  und  Hanisch, 
Pfarrer  Nippel  (kathol.  Religionslehrer).     Schülerzahl  277  (I  37,  II  34, 

III  ä  38,  III  h  39,  IV  51,  V  47,  VI  31).  Abiturienten  14.  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus:  1)  Geschichte  des  Gymnasiums  (Fortsetzung^. 
Von  M.  Rehm  (34  S.  4).  2)  Ueber  rocabularien.  Von  dem  Director 
(4  S.   4). 

13.  Oppeln.]  In  dem  Lehrerpersonal  w^ar  mit  dem  Anfang  des 
Schuljahrs  insoweit  eine  Veränderung  eingetreten,  dasz  statt  des  auf 
seinen  Wunsch  aus  der  Function  eines  Lehrers  der  polnischen  Sprache 
ausgeschiednen  Kaplan  Speil  der  Kaplan  Banner  diesen  Unterricht 
an  der  Anstalt  übernahm.  Der  Schulamtscandidat  Dr  Pöppelmann 
trat  zur  Abhaltung  seines  Probejahrs  ein.  Lehrercollegium :  Director 
Dr  St  inner,  die  Oberlehrer  Dr  Ochmann,  Dr  Kayszier,  Religions- 
lehrer Husz,  die  Gymnasiallehrer  Dr  Wagner,  Oberlehrer  Peschke, 
Hab  1er,  Dr  Resler,  Dr  Wahn  er,  Coliaborator  Röhr,  Candidat  Dr 
Pöppelmann,  Prediger  Aebert,  Kaplan  Banner,  Zeichen-  und 
Schreiblehrer  Buffa,  Gesanglelirer  Kothe,  Turnlehrer  Hielscher. 
Schülerzahl  395  (I  34,  II  52,  III  57,  IV'  41,  IV  2  40,  V»  46,  V^  41, 
VI  84).  Abiturienten  15.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus :  Rede  zu 
der  Geburtslagsfeier  Sr  Majestät  des  Königs  und  der  damit  verbtmdnen 
Einweihung  des  neuen  Gymnasial  Klassenhauses,  von  dem  Director  Dr 
Stinner  (8  S.   4) 

14.  Ratibor.]  Mit  dem  Beginn  des  Schuljahrs  wurde  Professor 
Dr  Wagner  als  Director  eiugelührt.  Der  katholische  Religionslelirer 
Hnizdill  schied  aus  seinem  Verhältnis  zum  Gymnasium  aus.  Den 
Oberlehrer  Kelch  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod.  In  Folge  dessen 
ascendierten  die  folgenden  sechs  Lehrer  und  erhielt  der  bisherige  Hülfs- 
lehrer  Dr  Levinson  die  6e  ordentliche  Lehrerstelie;  die  bisherige 
Hült'slehrerstelle  wurde  in  eine  7e  ordentliche  Lehrerstelle  verwandelt 
und  dieselbe  dem  bisherigen  Gesang-  und  Turnlehrer  Lippelt  über- 
tragen. Lehrercollegium:  Director  Professor  Dr  Wagner,  Prorector 
Keller,  Conrector  König,  Oberlehrer  Fülle,  die  ordentlichen  Lehrer 
Oberlehrer  Reichard t,  Kinzel,  Wolff,  Dr  Storch,  Menzel,  Dr 
Levinson,  Superintendent  Redlich  (evangel.  Religionslehrer),  Licent. 
Thienel   (kathol.  Religionslehrer),  Lippelt,    Kaplan  Schäfer,  Zei- 


382  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

chenlehrer  Lieutenant  Schaff  er.  Schülerzahl  374  (I  39,  II  55,  III* 
48,  III"  61,  IV^  42,  IVb  41,  V  45,  VI  43).  Abiturienten  29.  Den 
Schulnachrichten  geht  voraus:  Ciceros  Rede  für  den  M.  Marcellus ,  latei- 
7iisch  und  deutsch  mit  Jnmerkioigen.    Von  dem  Prorector  Keller  (26  S.  4), 

15,  Sagan.]  In  dem  Lehrerpersonal  hat  keine  Veränderung  statt- 
gefunden. Lehrercollegium:  Director  Dr  Ploegel,  die  Oberlehrer  Pro- 
fessor Dr  Kay  ser,  Frank  e,  die  Gymnasiallehrer  Lei p  elt,  Varenne, 
Dr  Hildebrand,  Schnalke,  Dr  Michael,  kathol.  Religionslehrer 
Matzke,  Hiili'slehrer  Dr  Benedix,  evangel.  Keligionslehrer  Prediger 
Altmann,  Gesang-,  Zeichen-,  Schreib-  und  Rechenlehrer  Hirsch  her  g. 
Schülerzahl  166  (I  13,  II  21,  III  24,  IV  43,  V  30,  VI  35).  Abiturien- 
ten 6.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Reli- 
gionslehrer Älatzke:  üOer  die  Aufgabe  des  Ileligionsunterrichis  an  den 
Gymnasien  (20  S.  4). 

16.  ScHVf-EiDNiTZ.]  CandidatWild  schied  aus,  um  eine  Hülfslehrer- 
stelle  an  dem  Gymnasium  zu  Hirschberg  zu  übernehmen.  Lehrerpersonal : 
Director  Dr  Held,  Prorector  Dr  Schmidt,  Conrector  Rösinger, 
Oberlehrer  Dr  Golisch,  Dr  Hilde brand.  Freyer,  Dr  Dahleke, 
Dr  Schäfer,  Eischoff,  Archidiaconus  Rolffs  (Religionslehrer), 
Oberkaplan  Kiesel  (Religionslehrer),  Candidat  AV  i  1  d  ,  Turnlehrer 
Amsel.  Schülerzahl  351  (I  34,  II  51,  III  63,  IV  63,  V  68,  VI  60). 
Abiturienten  17.  Den  Schulnachrichten  gelit  voraus  eine  Abiiandlung 
von  dem  Gymnasiallehrer  Frey  er:  über  die  einem  Vierseit  eingeschriebnen 
KegelschniUe  (16  S.  4). 

IV.    Sachsen. 

1.  Eisleben.]  In  die  erledigte  8e  Lehrerstelle  wurde  Dr  Köper t 
berufen.  Lehrercollegium:  Director  Professor  Schwalbe,  Professor 
Dr  Mijnch,  Professor  Dr  Gerhardt,  Oberlehrer  Dr  Genthe,  Ober- 
lehrer Dr  Schmalfeld,  Oberlelirer  Dr  Rot  he,  die  Gymnasiallehrer 
Dr  Gräfenhan,  DrKöpert,  Gesang-  und  Elementarlehrer  Schnei- 
der, Zeichenlehrer  Ruprecht,  Religionslehrer  Diaconus  Schlunk. 
Schülerzahl  223  (I  21,  II  27,  III  40,  IV  41,  V  46,  VI  48).  Abiturien- 
ten 8.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Rede  in  der  Aula  des  königl. 
Gt/mnasiums  zu  Eisleben  am  10.  November  1S59.  Gehalten  vom  Oberlehrer 
Dr  Genthe  (19  S.  4). 

2.  Erfdkt.]  Ins  Lehrercollegium  traten  als  ordentliche  Lehrer  ein 
Rudolph!  und  Dr  Anton,  von  denen  der  letztere  bisher  Lehrer  am 
städtischen  Gymnasium  zu  Danzig  gewesen  war.  Lehrercollegium :  Di- 
rector Professor  Dr  Schüler,  Professor  Dr  Schmidt,  Professor  Dr 
Kritz,  Professor  Dr  Richter,  Professor  Dr  Weis  z  e  nborn,  yOber- 
lehrer  Dr  Kay  ser,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Kroschel,  Dr  Anton, 
Rudolphi,  Dufft  (Lehrer  der  Arithmetik  und  Kalligraphie),  Con- 
sistorialrath  Scheibe  (evangel.  Religionslehrer),  Rector  Nagel  (kathol. 
Religionslehrer),  Musikdirector  Gebhardi  (vertreten  durch  Cantor 
Zink),  Zeichenlehrer  Professor  Dietrich.  Schülerzahl  189  (I  23,  II 
20,  III  39,  IV  36,  V  33,  VI  38).  Abiturienten  11.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus:  de  hominis  hahitu  natiirali  quam  Aristoteles  in  Ethicis 
Nicomacheis  ■proposuerit  doctrinam,  exposuit  H.  S.  Anton  (27  S.  4). 

3.  Halbkrstadt.]  In  dem  Lehrercollegium  sind  im  Laufe  des  Schul- 
jahrs mehrfache  Veränderungen  vorgekommen.  Die  durch  den  Tod  des 
Zeichenlehrers  Elis  erledigte  Stelle  wurde  durch  den  Kunstmaler  Wo Itze 
wieder  besetzt.  Den  Oberlehrer  Ohlendorf  verlor  die  Anstalt  durch 
den  Tod.  Die  so  vacant  gewordene  Stelle  wurde  durch  Ascension  wie- 
der besetzt,  indem  Oberlehrer  Dr  Rinne  in  die  5e,  Dr  Wolter  stör  ff 
in  die  6e  Oberlehrerstelle,  Dr  Will  mann  in  die  7e,  Dr  Wutzdorf 
in  die  8e  und  Dr  Fritze,  der  bisher   als  wissenschaftlicher  Hülfslehrer 


Berichte  über  golchrlo  Anstallon,  Verordnungen,  slatist.  Notizen.  383 

ang'estellt.  war,  in  die  9e  oidentliclie  Lehrerstelle  aufrückten.  Dr  Rü- 
diger, woiciier  znr  Aushülfe  von  i^resdeu  berufen  war,  verliesz  zu 
Michaelis  die  Anstalt,  um  au  dem  Gymnasium  zu  Soest  eine  Lehrer- 
stelle zu  übernehmen,  und  die  durch  des  Dr  Fritze  Aufrücken  erledigte 
Hülfsleiu-erstelle  wurde  interimistisch  .dem  Candidaten  des  Predigt-  und 
Scliulamts  Drenckmann  übertragen.  Lelirercollegium:  llirector  ür 
Schmid,  die  Professoren  Dr  Schatz,  Bor  mann,  Dr  Hincke,  Dr 
Rehdantz,  die  Oberlehrer  Dr  Rinne,  Dr  Wolt  erst  orf  f,  die  ordent- 
lichen Lehrer  Dr  Willmann,  DrWutzdorf,  Dr  Fritze,  Ilülfslelirer 
Drenckmann,  Zeichenlehrer  Woltze,  Gesanglehrer  Held.  Sciiüler- 
zahl  -JÜü  (Selecta  8,  I  23,  II  40,  III  68,  IV  56,  V  40,  VI  41).  Abitu- 
rienten 16.  Den  Schulndchrichten  geht  voraus:  liomeis  Ilias.  In  Stanzen 
und  zugleich  in  freien  Nibehaigenstrophen  übersetzt  von  Ferd.  Rinne. 
Sechster  Gesang,  als  Probe  (18  S.  4). 

4.  Halle.]  a)  Lateinische  Hauptschi; le.  Bei  der  Eröffnung 
des  neuen  Schuljahrs  wurde  der  Collaborator  und  Aufseher  auf  der 
Waiseuanstalt  Rietz  eingeführt.  Leluercollegium:  Director  Dr  Eck- 
stein, die  Oberlehrer  Dr  Liebmann,  Professor  Weber,  Professor 
Scheuerlein,  Dr  Arnold,  Dr  Fischer,  Dr  Oehler,  Weiske,  Dr 
Irahof,  Prediger  Plath,  die  Collaboratoren  F  rahner  t  (beurlaubt), 
Opel,  Dr  Weber,  Finsch,  Dr  Schwarzlose,  Neu  her  t,  Linden- 
born, Leidenroth,  Rietz.  Auszerdem  waren  mit  Rücksicht  auf  die 
Beurlaubung  zweier  Lehrer  beschäftigt:  der  Reallehrer  Harang,  die 
Hülfslehrer  Gollum,  Brodtmann,  Weber,  Meinhold  und  die  tech- 
nischen Lehrer  Musikdirector  Greger  (Singen),  Kupferstecher  Voigt 
(Zeichnen),  Oberlehrer  Bilke  (Turnen).  Schülerzahl  001  (I^  44,  I '•  40, 
II  ä»  28,  II  "2  30,  II"  36,  III«  51,  III  b  51,  IV «  '  30,  IV  «2  31,   1^58, 

V  49,  V*»  54,  VI«  48,  VI"  51),  und  zwar  368  Stadtschüler,  195  Alumnen 
und  38  Orphani.     Abiturienten  42.     Den  Schulnaehrichten  geht  voraus: 

1)  Der  Dienst  des  Freiherrn  C.  Hild.  von  Canstein  an  der  heiligen  Schrift. 
(Bruchstück  eines  Beitrags  zur  Geschichte  des  Spenerisch-Franckischeu 
Pietismus.)      Abhandlung    des   Oberlehrers   Prediger    Plath    (30  S.    4). 

2)  Zwei  Schnlredeii  bei  der  Feier  von  Schillers  hundertjährigem  Geburtstage 
und  zur  Gedächtnisfeier  des  Todestages  Ph.  Melanchthons ,  gehalten  von 
dem  Director  Dr  Eckstein  (16  S.  4).  —  b)  Pädagogium.  Das 
Lehrercollegium  hat  in  dem  verflossneu  Schuljahr  mehrere  Veränderun- 
gen erfahren.  An  die  Stelle  des  ausgeschiednen  Dr  Müller  trat  der 
Candidat  der  Theologie  Je r icke  als  Hülfslehrer  ein.  Der  Hülfslehrer 
Hundt  gab  seinen  Unterricht  auf,  um  eine  Lehrerstelle  an  der  höhern 
Bürgerschule  zu  Schwerte  anzutreten.  Eine  Anzahl  der  dadurch  vacant 
gewordenen  Stunden  wurde  dem  Hülfslehrer  Weicker  übertragen.  Zu 
Neujahr  übernahm  der  Reallehrer  Hahnemann  den  bis  dahin  vom 
Schulamtscandidaten  Fischer  erteilten  mathematischen  Unterricht.  Zu 
Ostern  schied  der  Schulamtscandidat  Dr  Vor  reit  er,  um  eine  Lehrer- 
stelle an  dem  Gymnasium  zu  Gütersloh  zu  übernehmen;  der  Candidat 
der  Theologie  Krüger  trat  an  seine  Stelle.  Lehrercollegium:  Director 
Dr  Kr  am  er,  Professor  Dr  Daniel,  Professor  Dr  Voigt,  Oberlehrer 
Dr  Dryander,  Nagel,  Dr  Thilo,  Janke,  Götting,  Weicker  I, 
Rendant  Höszler,  die  Hülfslehrer  Jericke,  Weicker  II,  Krüger, 
Hahnemann,  Brodtmann,  Zeichenlehrer  Vo  igt,  Gesanglehrer  Gre- 
ger.    Schülerzahl  139  (I  22,  II«  12,  II "  13,  III«  20,  III"  15,  IV  20, 

V  18,  VI  19).  Abiturienten  12.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
a)  Rede  zur  Feier  des  hundertjährigen  Geburtstags  Schillers,  b)  Rede  zur 
Feier  des  hundertjährigen  Todestages  des  Grafen  v.  Zinzendorf,  vom  Insp. 
adj.  Professor  Daniel  (18  S.  4). 

5.  Heiligenstadt.]  Der  Schulamtscandidat  Kruse  verliesz  nach 
Beendigung    des   Probejahrs     die    Anstalt.      Lehrercollegium :     Director 


384  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

Kramarczik,  die  Oberlehrer  Burchartl,  Dr  Gaszraann,  Wald- 
maiin,  die  Gymnasiallehrer  Behlau,  Schneid  erw  irth,  Peters, 
Rathmann  (evangel.  Religionslehrer),  Schulamtscandidat  Grothof, 
Schreiblehrer  Arend,  Gesanglehrer  Ludwig,  Zeichenlehrer  Himold. 
Schülerzahl  211  (I  29,  II  30,  III  '51,  IV  32,  V  43,  VI  26).  Abiturien- 
ten 18.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Festrede  des  Db^ectors  über 
die  Majestät  und  ihre  Atlri/jule,   gehalten  am  15.  October  1858  (8  S.  4). 

6.  Magdeburg.]  a)  Kloster  Unser  Lieben  Frauen.  Mit 
äem  Anfang  des  neuen  Schuljahrs  trat  an  die  Stelle  des  Dr  Legerlotz 
der  Candidat  des  Predigtamts  Lohmann  als  provisorischer  wissen- 
schaftlicher Hülfslehrer.  Aus  dem  Lehrercollegium  schied  aus  der  Re- 
ligionslehrer Dr  Danneil,  um  in  ein  Pfarramt  überzugehn.  Mit  dem 
neuen  Schuljahr  wird  Hahn  als  Hauptlehrer  der  Vorbereitungsklasse 
eintreten.  Lehrercollegium:  Director  Propst  Dr  Müller,  Professor  Dr 
Scheele,  Professor  Hennige,  Professor  Dr  Hasse,  Professor  Mi- 
chaelis, Oberlehrer  Dr  Feld  hü  g  el,  Oberlehrer  Dr  Götze,  Oberlehrer 
Dr  Ilberg,  Dr  Leitzmann,  Dr  Arndt,  Dr  Passow,  Banse,  Dr 
Ortmann,  Gloel,  die  Hülfslehrer  Winter,  Dr  Gerland,  Lohmann, 
Friedemann  (auch  Turnlehrer),  Gesanglehrer  Musikdirector  Ehrlich, 
Zeichenlehrer  Historienmaler  von  Hopffgarten,  Hahn.  Schülerzahl 
408  (I  28,  11^  25,  IIb  26,  HI»  35,  mb  51^  jya  57,  lyb  50,  V=  41, 
yb  39,  VI«  32,  VI  b  24).  Abiturienten  17.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus:  ein  Problem  aus  der  Dynamik.  Von  Dr  Leitzmann  (37  S.  4). 
—  b)  Domgymnasium.  Die  durch  den  Tod  des  Lehrers  Hase  er- 
ledigte 8e  Lehrerstelle  wurde  durch  Aufrücken  der  nachfolgenden  Lehrer 
wieder  besetzt,  so  dasz  der  bisherige  Hülfslehrer  Wolfrom  in  die  12e 
ordentliche  Stelle  einrückte.  In  Folge  dessen  trat  Dr  Legerlotz,  der 
wärend  des  Winterhalbjahrs  am  hiesigen  Kloster-Gymnasium  beschäftigt 
war,  als  auszerordentlicher  Hülfslehrer  ein,  verliesz  aber  am  Ende  des 
Schuljahrs  die  Anstalt  wieder,  um  einem  Ruf  als  3r  ordentlicher  Lehrer 
an  das  Gymnasium  zu  Soest  zu  folgen.  Mit  dem  1.  October  trat  Pro- 
fessor Dr  Sucro  nach  öOjähriger  Wirksamkeit  an  einer  und  derselben 
Anstalt  in  den  von  ihm  erbetenen  Ruhestand.  Der  Schulamtscandidat 
Künstler  leistete  Aushülfe.  Candidat  Pfanne  verliesz  die  Anstalt, 
um  einen  erkrankten  Prediger  zu  vertreten.  Lehrercollegium:  Director 
Professor  Wiggert,  Professor  Pax,  Professor  Wolfart,  Professor 
Ditfurt,  Oberlehrer  S  aupp  e,  Oberlehrer  Kr  asp  er,  Go  r  gas.  Schön - 
gtedt,  Hildebrandt,  Vogel,  Weise,  die  Hülfslehrer  Wolfrom, 
Dr  Legerlotz,  Brandt  (Schreiblehrer),  Gesanglehrer  Kämpfe, 
Zeichenlehrer  AI  der.  Candidat  Pf  a  nne.  Schülerzahl  463  (I  41,  II  33, 
III«  25,  HI"  39,  IV»  50,  IV^  52,  V«  49,  V  "  58,  VI  62,  Vorklasse  54). 
Abiturienten  23.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Lessing  und  das 
Drama  (erstes  Stück)  von  A.  Wolfrom  (20  S.  4). 

7.  Merseburg.]  Im  Lehrercollegium  ist  keine  Veränderung  einge- 
treten. Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Scheele,  Conrector  Professor 
Oster wald,  Subrector  Thielemann,  Oberlehrer  Dr  Gloel  (auch 
Turnlehrer),  Mathem.  Dr  Witte,  die  Collaboratoren  Dr  Sc  hm  ekel  und 
Bethe,  Musikdirector  Engel,  Zeichenlehrer  Naumann,  Candidat 
Campe.  Schülerzahl  155  (I  17,  II  21,  III  38,  IV  32,  V  30,  Vor- 
bereitungsklasse 17).  Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
Rede  am  hundertjährigen  Geburtstage  Schillers  vom  Gymnasiallehrer  Bethe 
(10  S.    4). 

8.  MÜHLHAUSEN.]  Das  Lehrercollegium  hat  keine  Veränderung  er- 
fahren ;  das.selbe  bilden:  Director  Dr  Haun,  Prorector  Professor  Dr 
Ameis,  Dr  Hasper,  Fa bland,  Recke,  DrDilling,  Dr  Roseck, 
Dr  Schippang,  Diaconus  Barlös  ius  (Religionslehrer),  Musikdirector 
Schreiber,  Zeichenlehrer  D r e i h e  1 1  e r,  Schreiblehrer  Walter,  Schreib- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  385 

lehrer  Marcard.     Schülerzalil  147  (I  11,  II  lä,  III  24,  IV  27,  V  35, 

A'oibereituugsklasse  35).  Abitiirienteu  2.  Deu  Schnhmchrichten  geht 
voraus:  Blicke  in  die  Verg(mgenlieit^  Gegenwart  und  Zukunft  des  Gymna- 
siums zu  Mühlhausen   vom  Director  Dr  Haun   (."iS  S.  4). 

V).  Naumbukg.]  In  dem  Lelirercollegium  des  Domg-.  trat  keine  weitere 
Veränderung  ein,  als  dasz  der  Conrector  Dr  H  o  1 1  z  e  zum  Professor  ernannt 
und  der  Schulamtscandidat  We  ise,  der  seiüier  als  Hülfslebrer  fungiert 
hatte,  definitiv  als  Lehrer  angestellt  wurde.  Lelirercollegium :  Director 
Dr  Forts  ch,  Domprediger  Mitzschke,  Professor  Hülsen,  Professor 
Dr  Holtze,  die  Gymnasiallelirer  Silber,  Dr  Opitz,  Dr  Holstein, 
Ha s per,  Weise,  Musikdirector  Claudius,  Sprachlehrer  Laubs  cli  er, 
Zeichenlehrer  Weide  nbach,  Schreiblehrer  Künstler.  Den  5.  Mai 
feierte  die  Anstalt  den  Tag,  an  welchem  der  Director  vor  25  Jaliren 
sein  Amt  als  Director  des  Domgymnasiums  angetreten  hatte.  Schüler- 
zahl 260  (I  27,  II  38,  III  59,  IV  62,  V  54 ,  VI  20).  Abiturienten  14. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Schiller  als  nationaler  Dichter.  Schnl- 
rede  vom  Gymnasiallehrer  Silber  (15  S.  4). 

10.  NoKDHAusEN.]  Eine  Veränderung  im  Lehrerpersonal  fand  nicht 
statt.  Lelirercollegium:  Director  Dr  Schiri  itz,  Conrector  Dr  Rotb- 
maler,  die  Oberlehrer  Dr  Haacke,  Dr  Kosack,  die  Gymnasiallehrer 
Dihle,  Nitzsche,  Reid  em  eister ,  Teil,  Musikdirector  Sörgel, 
Schreib-  und  Zeichenlehrer  Deiche,  Elementarlebrer  Dippe.  Schüler- 
zahl 272  (I  14,  II  12,  III  29,  IV  34  ,  V  61 ,  VI  53,  Vorbereitungs- 
klasse 69).  Abiturienten  8.  Den  Schulnacbrichten  geht  voraus  eine 
Abhandlung  des  Gymnasiallehrers  Reidemeister:  über  Aebed  Jehova 
(17  S.  4). 

11.  QüEDLiNiiURG  ]  Eine  Veränderung  im  Lehrerpersonal  fand  nicht 
statt.  lichrercollegium :  Director  Professor  Richter,  die  Oberlehrer 
Professor  Schumann,  Dr  Schmidt,  Kallenbach,  Dr  Matthiä, 
Goszrau,  Pfau,  Pastor  Eichenberg,  Schulze,  Hülfslebrer  Dr 
Nicolai,  Sciireib-  und  Zeichenlehrer  R  i  e  c  k  e,  Musikdirector  Wacker- 
mann. Schülerzahl  258  (I  20,  II  36,  III  56,  IV  40  ,  V  53,  VI  53). 
Abiturienten  12.  Den  Scliulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung 
vom  Subrector  Kallenbach:  über  T.  Livius  im  Verhältnis  zu  seinem 
Tf'erke  und  zu  seiner  Zeit  (43  S.  4).  Der  Verfasser  geht  die  fünfuud- 
dreiszig  uns  erhaltenen  "Bücher  der  Geschichte  des  Livius  in  der  Ab- 
sicht durch,  um  alle  die  Bemerkungen  und  Aussprüche  zu  sammeln, 
welche  einigen  Aufschlusz  über  die  Zuwendung  des  Livius  zu 
der  Vorzeit  und  seinem  Werke,  sowie  über  die  Abwendung 
desselben  von  seiner  Zeit  geben  können,  und  sie  nach  eben  diesen 
Gesichtspunkten  zu  ordnen,  wie  wenig  sich  auch  die  Einzelheiten  zu 
einem  Ganzen  gestalten  werden.  Dabei  wird  unter  Festhaltung  der 
örtlichen  Verhältnisse  und  unter  Hindeutung  auf  die  Zeitverhältnisse, 
in  denen  Livius  lebte,  einerseits  sein  wissenschaftlicher  Geist 
und  Sinn  und  andererseits  sein  sittlich- religiöser  Charakter 
beobachtet.  Da  die  vollständige  Mitteilung  der  Betrachtung  über  die 
Abwendung  des  Livius  von  seiner  Zeit  den  Umfang  einer  Pro- 
grammschrift überschreiten  würde ,  so  folgt  aus  dem  noch  übrigen  Teil 
der  Abhandlung  nur  noch  ein  Nachweis  der  Stellen  ,  worin  sich  Livius 
teils  indirect  durch  ein  hinzugefügtes  ''damals ',  teils  direct  und  im  be- 
stimmten Gegensatze  gegen  seine  Zeit  über  die  äuszern  und  Innern  Ver- 
hältnisse, den  Zustand  des  Heeres,  den  äuszern  und  Innern  Kampf,  die 
Politik ,  Religion  und  Sitten  der  Weltstadt  in  seinem  Jahrhundert  an- 
deutungsweise ausspricht. 

12.  RoszLEBEN.]  In  dem  Lehrercollegium  der  Klosterschule  Rosz- 
leben  ist  keine  Aenderung  eingetreten.  Dasselbe  bilden:  Rector  Pro- 
fessor Dr  Anton,  Professor   Dr  Herold,  Professor  Dr  Sickel,  Pro- 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Pä.l.   II.  Abt.  1861.  Hft  8.  25 


386  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  sfatisl.  Noiizen. 

fessor  Dr  Steudener  I,  Dr  Stend  ener  II,  Dr  Gi  selce,  Dr  Müller, 
Oberi>rediger  Wetzel,  Cantor  Härtel.  Schiileizahl  lOi  (I  29,  11  32, 
III  20,  IV  12).  Abiturienten  14.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus 
eine  Rede  von  Dr  Steudener:  über  Schillers  Bedeutumj  für  die  heulige 
Bildung  (12  S.  4). 

l'i.  Salzwedel.]  Das  Lehrercollegium ,  vyelches  unverändert  ge- 
blieben ist,  bilden:  Director  Dr  Hense,  Professor  Gl  ie  mann,  Ober- 
lehrer Dr  Hahn,  Oberlehrer  Dr  B  es  zier,  die  ordentlichen  Lehrer 
Förstemann,  Dr  Henkel,  Dr  Steinhart,  Dr  Wichmann,  Hiilfs- 
lelirer  Peters,  Zeichen-  und  Schreiblehrer  Alder.  Schülerzahl  220 
(I  15,  II  23,  III  3f>,  IV  35,  V  54,  VI  57).  Abiturienten  7.  Den  Schul- 
iiachrichten  geht  voraus:  de  Lucaid  schedis  rescriptis  Vindobonensibus. 
Scripsit  Dr  Steinhart  (22  S.  4). 

14.  Schleusingen.]  Das  Lehrercollegium,  in  welchem  eine  Aende- 
rung  nicht  eingetreten  ist,  bilden  folgende  Mitglieder:  Director  Pro- 
fessor Dr  Härtung,  Conreetor  Dr  Altenburg,  Oberlehrer  Vo  igt - 
land,  Dr  Merkel,  Geszner,  IJader,  Archidiaconus  Langethal 
{Religionslehrer),  Cantor  Hesz,  Wähle.  Schülerzahl  117  (I  22,  II  17, 
III  21,  IV  22,  V  35).  Abiturienten  3.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus:  grammaticoruin  Graecorum  de  infinilivi  natura  placila  examinavit 
Bader  (14  S.  4). 

15.  Schul -Pfoeta.]  Der  2e  Adjunct  Dr  Heine  verliesz  die  An- 
stalt, um  bei  dem  Friedrich-Wilhelms-Gymnasium  in  Posen  als  ordent- 
licher Lehrer  einzutreten;  seine  Functionen  übernahm  der  Schulamts- 
candidat  DrHeinze.  Lehrercollegium:  Rector  Dr  Peter,  Professor 
und  geistl.  Inspector  Niese,  Professor  Dr  K  oberstein,  Professor  Dr 
Steinhart,  Professor  Dr  Jacob i,  Professor  Keil,  Professor  Bud- 
densieg,  Professor  Buchbinder,  Professor  Dr  Corssen,  die  Ad- 
juneten  Dr  Euler,  Dr  Becker,  Dr  Franke,  Dr  Heinze,  Musik- 
director  Seiffert,  Zeichenlehrer  Hoszfeld,  Schreiblehrer  Karges. 
Schülerzahl  203  (I»  31,  I»»  23,  11"  41,  II b  36,  IIP  37,  III ^  35).  Abi- 
turienten 18.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Erzhischof  Willigis  von 
Mainz  in  den  ersten  Jahren  seines  Wirkens.  Geschichtliche  Abhandlung 
von  Dr  Euler  (46  S.  4).  Der  Verfasser  hat  versucht,  Willigis  Bedeu- 
tung als  Kanzler,  als  Erzkanzler  und  Erzbischof  unter  Otto  II  nach 
allen  Seiten  hin  zu  erörtern.  Was  er  unter  Otto  III  und  Heinrich  II 
gewirkt,  soll  einer  spätem  Darstellung  vorbehalten  bleiben. 

16.  Stendal.]  Das  Lehrercollegium  hat  auch  in  dem  verflossnen 
Schuljahr  einige  Veränderungen  erfahren.  Der  Hülfslehrer  Dr  Pallmann 
verliesz  die  Anstalt,  um  eine  ordentliche  Lelirerstelle  an  der  Handlungs- 
schule zu  Magdeburg  zu  übernehmen j  ebenso  der  Hülfslehrer  Dr  Gros  z er, 
um  in  Minden  als  Gymnasiallehrer  angestellt  zu  werden.  Ihre  Ste'lcn 
wurden  ersetzt  durch  den  Eintritt  des  Dr  Schuchardt  und  des  Schul- 
amtscandidaten  Liebliold.  Den  Conreetor  Professor  Eich  1  er  verlor 
die  Anstalt  durch  den  Tod.  Lehrercollegium:  Director  Dr  Krahner, 
Professor  Dr  Sehr  ad  er,  die  Oberlehrer  Prediger  Beelitz,  Dr  Eitze, 
Schötensack,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Berthold,  Götze, 
Backe,  Härter,  die  Hülfslehrer  Dr  Schuchardt,  Candidat  Lieb- 
hold.  Schülerzahl  311  (I  26,  II  31,  III»  43,  III"  50,  IV  29,  IV»>  27, 
V  63,  VI  42).  Abiturienten  7.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  über 
die  Thraker  .1  als  Stammväter  der  Guthen,  und  die  Verzweigungeii  des  gotlii- 
schen  Völkerstamms.  Abteilung  1.  Historische  Untersuchung  vom  Ober- 
lehrer Schötensack  (25  S.  4). 

17.  ToRGAü.]  In  dem  Lehrercollegium  erfolgte  ein  Wechsel  in  der 
Lehrstelle  für  französische  und  englische  Sprache  in  den  Realklassen; 
es  schied  zu  Ostern  Dr  Dihm  ans,  um  in  die  gleiche  Lehrstelle  an  der 
Realschule  zu  Perleberg    überzugehn.     Erst  für  das  Winterhalbjahr  ge- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  387 

lang  die  Besetzung  derselben  mit  Dr  Bobe',  zuvor  Oberlehrer  an  der 
Kealschnle  zu  KieuznHch,  den  jedoch  die  Anstalt  noch  in  demselben 
Jahr  durch  den  Tod  verlor.  Lehrercollegiuni :  Director  l)r  Graser, 
Prcifessor  Dr  Arndt,  Professor  Ko  thm  ;inn,  Uberlelircr  Dr  liandric  k, 
Oberlehrer  DrFrancke,  die  Gymnasiallehrer  Kleins  chm  idt,  Hertel, 
Michael,  Dörry,  Weber,  Müller,  Schmelzer,  Cantor  Brey er, 
Hiilfslehrer  Lehmann,  Arcliidiaconus  Bürger.  Schülerzahl  277  (I  g. 
18,  I  r.  4,    II  g.  32,  II  r.   18,    III ^  g.  28,  III  i-  g.  28,  III  r.  13,  IV  47, 

V  58,  VI  31).  Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  de 
locis  aliquoL  (Juinüliani  emendinidis.  Scripsit  Doerry  (11  S.  4).  Die 
behandelten  Stellen  sind  folgende:  Inst.  Orat.  X  1,  90  (ex  rec.  Spald.); 
X  3  ,  13  (ex  rec.  Zunipt.);  X  3,  20  (ex  rec.  Spald.);  X  3,  21  (ex  rec. 
Spald.);  X  3,  23  (ex  rec.  Spald.);  X  3 ,  25  (ex  rec.  Spald.);  X  1 ,  104 
(ex  rec.  Zumpt.). 

18.  Wittenberg.]  Aus  dem  Lehrercollegium  schied  mit  dem  Schlusz 
des  vorigen  Schuljahrs  der  erste  Adjunct  Dr  Förster,  um  eine  Stelle 
am  Gymnasium  zu  Güstrow  anzunehmen.  In  die  erledigte  erste  Ad- 
junctur  rückte  der  bisherige  zweite  Adjunct  Knappe;  die  provisorische 
Verwaltung  der  zweiten  Adjunctur  wurde  dem  Schulamtscandidaten  Dr 
Scholle  übergeben.  Der  Schulamtscandidat  Lan-ge  setzte  das  an  der 
Realschule  zu  Perleberg  begonnene  Probejahr  fort.  Lehrercollegium: 
Director  Professor  Dr  Schmidt,  die  Oberlehrer  Professor  Wensch, 
Professor  Dr  Breitenbach,  Dr  Bernhardt,  Dr  Becker,  Stier, 
ordentl.  Lehrer  Dr  AVen trup,  Adjunct  Knappe,  Candidat  Dr  Scholle, 
Zeichen-  und  Schreiblehrer  Sehr eckenberger ,  Gesanglehrer  Stein. 
Schülerzahl  313  (I  45 ,  II  ^  36  ,  IIb  34^  m  52  ,  IV  66 ,  V  46,  VI  34). 
Abiturienten  25.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus :  difficiliores  aliquot 
Gorgiae  Platonici  loci  acmraüus  explicali.  Vom  Director  Dr  H.  Schmidt 
(12  S.  4).  Die  behandelten  Stellen  sind  folgende:  p.  453«=:  6  tu  noCa 
^acüv  ktI.  455'^:  ovS  ccqck  SiSuayiccli-Kug  v-tX.  460*=:  ovy.ovv  äväyv.ri 
■ntl.  461'':  rj  ohi  ort  v.zl.  461'*:  v.al  ^yco  iQ-sXa  v.tI.  405'':  axrjauat 
y.al  y^QwwdGi  xrA.  405"=:  öufQ  aivzoi  liyco  v.tI.  406  <=:  vri  zov  v.vva 
v.xl.  407";  fi  8\  dvvaiiig  hzX.  470"'':  ov'aovv,  cö  &av[ici.aLS  xrA.  472": 
^aQZVQrjGOvai  aot  -azX.  473"  qji'iov  ytxQ  es  jiyov^ai.  473'*:  ovzs  6 
di'v.rjv  SLÖovg.  473^:  iTtstSrj  rj  cpvXr]  v.zX.  475*^:  OTi  ovSsv  iOL-A.tv, 
467"— 481''. 

19.  Zeitz.]  In  dem  Lehrercollegium  ist  keine  Aenderung  einge- 
treten. Dasselbe  bilden:  Director  Professor  Dr  Theisz,  Professor  Dr 
Ho  che,  Fehmer,  Müller,  Dr  Rinne,  Dr  Bech,  Stade,  Cantor 
Nelle,  Ströbel.     Schillerzahl   171  (I   14,  II  17,   III  40,  IV  44,  V  34, 

VI  22).  Abiturienten  4.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Ab- 
handlung von  Dr  Rinne:  Einleitung  in  die  rhetorisch- stilistische  Dispo- 
sitionslehre in  neuer  Begründung  und  Gestaltung  als  heuristisch  -  dispositionale 
Compositionslehre  (34  S.  4). 

V.  Brandenburg. 
1.  Berlin.]  a.  Joachimsthalsches  Gymnasium.  Den  Gesang- 
lehrer Cantor  Wendel  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod;  seine  Stelle 
wurde  dem  Gesanglehrer  Weisz  verliehen.  Der  Schulamtscandidat  Dr 
Hampke  verliesz  die  Anstalt,  um  eine  Lehrerstelle  am  Gymnasium  zu 
Danzig  zu  übernehmen;  an  seiner  Statt  wurde  dem  Gymnasium  der 
Schulamtscandidat  Dr  Kieszling  überwiesen.  Mit  Ablauf  des  Winter- 
halbjahrs schied  aus  dem  Lehrercollegium  der  Adjunct  Dr  S  chmieder, 
um  eine  Oberlehrerstelle  an  dem  Gymnasium  zu  Cleve  zu  übernehmen ; 
die  durch  seinen  Weggang  erledigte  Stelle  wurde  dem  Candidaten  Dr 
Kieszling  verliehen.  Mit  Ableistung  seines  Probejahrs  war  der  Schul- 
amtscandidat DrWachsmuth  beschäftigt.     Lehrercollegium:  Director 

25* 


388  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

Scliulr.  DrKieszIing,  die  Professoren  Dr  Conrad,  DrPassow,  Ja- 
cobs, Dr  Seif  fert,  Dr  Ra  SSO  w,  Schmidt,  Täuber,  Dr  Kirch  hoff, 
die  Oberlehrer  Dr  Planer,  Dr  Pomtow,  Dr  Hollenberg,  die  Ad- 
juncten  Dr  Simon,  Dr  Dondorff,  Dr  Usener,  Lic.  Weingarten, 
Nötel,  Dr  Kieszling,  Schulamtscandidat  Dr  Wachsrauth,  Prof. 
Fabbrncci  (Italienisch),  Oberl.  Dr  Philipp  (Englisch),  Prof.  Bell  er- 
mann (Zeichnen),  B  rügner  (Planzeichnen),  Leszhafft  (Schreiben), 
Musikdirector  Dr  Hahn  (Gesang),  Weisz  (Gesang).  Schülerzahl  331 
(lä  29,  1^  32,  11^  37,  11"  39,  lll^»  28,  III»2  28,  111  ^  50,  IV  39,  V  29, 
VI  20).  Abiturienten  19.  Den  Schulnachrichten  ist  vorausgeschickt  eine 
Abhandlung  des  Adjunct  Dr  Dondorff:  die  loiüer  auf  Euhüa  (öO  S.  4). 
Der  Verfasser  will  mit  der  Zusammenstellung  der  Nachrichten  über  die 
älteste  Geschichte  Euböas  die  Probe  seiner  Auffassung  von  den  loniern 
machen.  Er  hat  die  Geschichte  gerade  dieser  Insel  gewählt,  nicht  nur 
weil  sie  zu  den  ältesten  Slammlanden  der  lonier  gerechnet  wird,  son- 
dern auch  weil  hier  die  Verliältnisse  einfacher,  die  Ueberlieferungeii 
weniger  verworren  und  widersprechend  lauten  als  in  Attika,  und  da 
auch  die  Geschichte  dieser  Landschaft  schlieszlich  nicht  ohne  die  Eu- 
böas,  mit  welcher  die  ihrige  in  engster  Wechselbeziehung  steht,  aufge- 
klärt werden  kann.  Da  nun  aber  die  lonier  unter  verschiedenen  Namen 
auftreten,  so  begnügt  sich  der  Verfasser  nicht  damit,  die  Nachrichten 
über  Euböa  zu  sammeln,  welche  speciell  der  lonier  Erwähnung  thun, 
sondern  faszt  auch  die  übrigen  Stämme  daselbst  und  ihre  Herkunft  ins 
Auge.  Des  Verfassers  Auffassung  von  den  loniern  ist  folgende:  laonen 
oder  loner  sei  nicht  der  Name  eines  für  sich  abgeschlossenen  Volks- 
stammes, sondern  müsze  vielmehr  als  Collectivname  mehrerer  semitischer 
Stämme,  wie  der  Philister,  Kitier,  Karer  betrachtet  werden,  die  anfangs 
zerstreut  die  Inseln  des  ägäischen  Meeres  bewohnten,  dann  aber  an  den 
Küsten  Kleinasiens  und  Syriens  feste  AVohnsitze  einnahmen.  So  locali- 
siert  sei  der  Name,  und  zwar  zunächst  wol  von  der  karisch -lycischen 
Küste  aus,  auch  den  Griechen  durch  vereinzelte  Niederlassungen  an 
ihren  Gestaden  bekannt  geworden.  Bemerkenswerth  aber  sei,  dasz  alle 
von  ihm  nachgewiesenen  Spuren  des  loniernamens  im  ionischen  Meer, 
an  der  Küste  der  Philister,  Syrer  und  Karer  auf  Kreta,  wie  auf  einen 
geraeinsamen  Mittelpunkt  hinweisen.  Daher  wird  vermutet,  dasz  die  so- 
genannte Minoische  Thalassokratie,  die  erste  beglaubigte  Thatsache  der 
griechischen  Geschichte,  auch  zugleich  der  Ausgangspunkt  für  den  Na- 
men der  lonier  gewesen  sei.  Wenn  derselbe  anfangs  ganz  allgemein 
auf  alle  die  Völker  übertragen  worden,  welche  von  Kreta  aus  die  grie- 
chischen Meere  beherschten ,  so  begreife  sich,  wie  er  von  den  Orientalen 
allen  Bewohnern  der  Inseln  und  Küsten  des  ihnen  bekannt  gewordenen 
Mittelmeeres  habe  beigelegt  werden  können.  Somit  nähere  er  sich  wie- 
der der  Ansicht  von  Curtius.  Auch  er  erkenne  noch  vor  der  Zeit  der 
sogenannten  ionischen  Wanderung  lonier  in  Asien  an,  ja  er  könne  sich 
selbst  mit  der  ionischen  Abkunft  des  Danaos  und  Kadmos  einverstan- 
den erklären.  Allein  die  lonier  seien  ihm  nicht  ein  von  Anfang  an 
geographisch  und  ethnographisch  abgegrenztes  A^nlk ,  sie  seien  von 
Hause  ans  nicht  pfriechischen ,  sondern  jedenfalls  überwiegend  semiti- 
schen Charakters,  und  es  sei  daher  nicht  statthaft,  von  einer  einfachen 
Rückwanderung  der  späteren  lonier  Attikas  nach  Kleinasien  zu  spre- 
chen. Diese  Auffassung  werde  für  weitere  Untersuchungen  über  das 
Verhältnis  des  alten  Griechenlands  zum  Orient  von  Wichtigkeit  sein; 
es  sei  damit  noch  bestimmter,  als  es  nach  der  Curtius'schen  Hypothese 
habe  der  Fall  sein  können,  das  Mittelglied  gefunden,  welches  die  Ge- 
schichte beider  Continente  miteinander  verbinde,  durch  welches  die  eine 
so  zu  sagen  in  die  andere  sich  umsetze,  und  man  werde  sich  in  Zulamft 
nicht  mehr  sträuben,  gewisse  Einflüsse  des  Orients  auf  die  Entwicklung 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  389 

der  griechischen  Cultur  anzuerkennen,  die  man  bisher  abzuleugnen  sich 
Mühe  gegeben.  —  b.  Friedrich -Wilhelms-Gy  mn  as  in m.    Im  Leh- 
rercollegium   ist  keine  Veränderung  eingetreten.     Dasselbe    bilden:    Dir. 
Dr  Rauke,  die  Professoren  L)r  Uhleuiann,  Schell  bach,  Walter, 
Bresemer,  Zumpt,    Deuschle,   Böhm,  die  Oberlehrer  Rehbein, 
Dr  Geisler,  Dr  Luchterhandt,  Dr  (Strack,  Dr  Fosz,  die  Lehrer 
Borchard,  Dr  Badstübner,    Dr  Bernhardt,  Prediger  Martiny» 
Dr  Sehe  ttmüller ,    Vocke,    Kawerau,    Oberl.  Jacoby ,    Meyer, 
Maler    Prof.    Bellermann,   Musikdirector   Dr    Hahn,    Dr    Schmidt 
(Englisch),  Candid.  du  Mes  nil  (Französisch).     Schülerzahl  593  (I"  43, 
I"  2«,  11"  55,  11"  67,  IIP'  53,  III"^  52,  lll^^  43,  III  »"^  37,  IV '  44, 
IV^4Ü,    V  64,    VI  67j.     Abiturienten   36.     Den   Schulnachrichten   geht 
voraus :  Milions  Comus ,  übersetzt  und  mit  einer  erläuternden  Abhandlung 
begleitet  von  Dr  Schmidt  (47  S.  4).    —    c.   Berlinisches  Gymna- 
sium zum  grauen  Kloster.     Im  Lehrcrcollegium  sind  im  verflosznen 
Schuljahr   folgende  Veränderungen  eingetreten.     Der  ordentliche  Lehrer 
Dr  Nauck    folgte   dem    Ruf   an   die    kaiserliche  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  Petersburg.     Seine  Stelle,    sowie    die   des    im    Sommer  1858 
emeritierten  ( 1859  verstorbenen)  Professors  Wilde  und  eine  dritte  neu- 
gegründete Stelle  wurden  zu  Ostern  gleichzeitig  durch  die  Anstellung  des 
Dr  Dumas,    welcher  bis   dahin    eine    ordentliche  Lehrerstelle  am  Frie- 
drichs-Gymnasium   bekleidet  hatte,    und  der  beiden    bisherigen   Streiti- 
schen Collaboraturen   Dr   Hoppe    und    Müller  I    wieder    besetzt.     Die 
dadurch    erledigten  Collaboraturen  wurden,  die   eine  zu  Ostern  dem  Dr 
Müller   II,    und    die   zweite    zu   Michaelis  dem  Dr  Dinse   übertragen. 
Von  Hülfslehrern  schieden  aus:    Mehl  er  und  Riesel  (Turnlehrer),  au 
des  letzteren  Stelle  trat  Schultz.     Zu  Michaelis  gab  der  Licentiat  der 
Theologie,  Prediger  Lisco,  den  Religionsunterricht  in  Prima  auf,  wozu 
ihn  seine  Berufung  an  die  deutsche  Kirche  nötliigte,  und  ebenso  .schied 
zu  dieser  Zeit  der  Schulamtscandidat  Pfudel,  um  eine  Lehrerstelle  in 
Colberg   zu   übernehmen.     Dagegen  sind  zu  Michaelis  in  das  I^ehrercol- 
legium  getreten  Dr  Pröhle,  welcher  bereits    seit   längerer   Zeit   an  der 
Königstädtischen   und  an  der   Louisenstädtischen  höhern  Realschule  un- 
terrichtet,   und  die  Schulamtscandidaten   Dr  Ossenbeck  und  Bröse. 
Lehrercollegium :   Director  Dr  Bellermann,   die  Professoren  Dr  Lar- 
sow,  Dr  Hart  mann,  Dr  Curth,  Dr  Hof  mann,  Dr  Bollmann,  Dr 
Kempf,  Oberlehrer  Dr  Dub,  Dr  Sengebusch,  Dr  Franz,  Dr  Si- 
mon,   Dr   Dumas,    Dr   Hoppe,    Müller    I,    die    Streitischen    Lehrer 
Collab.  Dr  Müller  II,    Collab.  Dr  Dinse,   Dr  Liesen  (Französisch), 
Oberlehrer  Dr  Philipp  (Englisch),  Prof.  Dr  Stadler  (Italienisch),  die 
Hülf sichrer  Dr  Pröhle,  Dr  Ossenbeck,  Bröse,  und  die  technischen 
Lehrer  Koller,  Dr  Lös  euer.  Bellermann.  Schultz.     Schülerzahl 
506  (I^  23,  Ib  31,  IP  39,  11»  42,  IIP  53,  Illb  59,  IV^'  41,  IV"2  39, 
IV»'  41,    IV^  40,  V  58,  VI  40).     Abiturienten    12.      Den    Schulnach- 
richten geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Dr  Dumas:    zui-  Theorie  der 
elliptischen  Functionen   (24  S.  4).   —  d.    F  r  iedr  ich  s  -  W  er  d  e  r  s  ch  e  s 
Gymnasium.     Den    Oberlehrer  Dr  Töpfer    verlor    die   Anstalt    durch 
den  Tod.     Der  Professor  Dr  Keil    folgte   einem    Ruf   zum   ordentlichen 
Professor  an   der  Universität   Erlangen.     Die  beiden   erledigten  Lehrer- 
stellen wurden  so  wieder  besetzt,  dasz  sämtliche  Lehrer  vom  Oberlehrer 
Beeskow  an  um  eine  Stelle  aufgerückt,  für  die  IJe  der  Oberlehrer  am 
Gymnasium  zu  Stolp ,   Dr  Kl e mens,  für  die   13e  der  bisherige  Lehrer 
am  Gymnasium  zu  Prenzlau  Dr  Küster  ernannt  sind.     Als  Hülfslehrer 
trat  zu   Ostern    der  Schulamtscandidat   Dr  Malkewitz    ein.     Zur    Ab- 
leistung  ihres   pädagogischen  Probejahrs  waren  im  Sommerseraester  be- 
schäftigt die  Schulamtscandidaten  Dr  Schäfer  und  Meyer;  beide  ver- 
lieszen  zu  Michaelis  die  Anstalt  wieder,  der  erstere  gieng  als  Lehrer  an 


390  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  slatisl.  Notizen. 

das  Gymnasium  zu  Bremen,  der  letztere  als  Adjunct  an  das  Pädagogium 
zu  Putbus.  Dem  Oberlehrer  Dr  Richter  wurde  das  Prädikat  'Profes- 
sor' verliehn.  Lehrercollegium:  Director  Prof.  Bonn  eil,  die  Profes- 
soren Salomon,  Dr  Jungk  I,  Dr  Zimmermann,  die  Oberlehrer 
Beeskow,  Professor  Dr  Richter,  Dr  Jungk  II,  Dr  Schwartz, 
Dr  Wolff,  Dr  Bertram,  Dr  Klemens;  die  Collaboratoren  Dr  de 
Lagarde,  Dr  Langkavel,  Dr  Küster,  Zeichen-  und  Schreiblehrer 
Schmidt;  als  Mitglieder  des  Seminars  für  gelehrte  Schulen:  Richter, 
Dr  Hahn;  als  Hülfslehrer  die  Schulamtseandidaten  Heinze,  Dr  Pap- 
penheim, Dr  Malkewitz;  für  den  Gesang  Musikdirector  Küster, 
Musikdirector  Schneider,  Gesauglehrer  Bellermann;  für  die  juri- 
stische Propädeutik  Geheimer  Justizrath  Dr  Rudorff.  Schülerzahl  46G 
(I^  33,  Ib  32,  11^  54,  11"'  37,  II^^  35,  III»'  33,  III^^  32,  IIP  62, 
IV  ^  39,  IV  ^  34,  V  37,  VI  38).  Abiturienten  2G.  Den  Schulnachrichtea 
geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Beeskow:  rHe  Insel  Ce- 
phalonia  (34  S.  4).  1.  Lage.  2.  Grösze.  3.  Name.  4.  Gestalt.  5. 
Boden,  ö.  Klima.  7.  Produkte.  8.  Distrikte.  9.  Jetzige  Städte.  10. 
Regierungsforra.  11.  Die  alten  Städte.  12.  Geschichtliche  Uebersicht 
bis  zum  Anfang  der  Venezianischen  Herschaft.  —  e.  Fri  edr  ichs- Gy  m - 
Hasium  und  Realschule.  Dem  Oberlehrer  Dr  Fleischer  wurde 
das  Prädikat  ' Professor'  beigelegt.  Den  ordentlichen  Lehrer  der  Vor- 
schule Peters  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod.  Der  ordentliche  Leh- 
rer Dr  Dumas  schied  ans,  um  eine  Lehrerstelle  am  Berlinischen  Gym- 
nasium zu  übernehmen.  Von  den  Hülfslehrern  haben  die  Anstalt  zu 
Ostern  der  Candidat  prob.  Lazarusson,  und  zu  Michaelis  die  Ober- 
lehrer Müller  und  Dr  Liebe  verlassen;  jener  ist  an  die  Louisenstäd- 
tische Realschule  berufen  worden,  diese  sind  zur  Gewerbschule  über- 
gegangen. Drei  der  bisherigen  Hülfslehrer,  Dr  Sperling,  Dr  Här- 
tung und  Fr  ei  s  ch  midt  sind  in  ordentliche  Lehrstellen  berufen  worden. 
An  die  Stellen  der  ausgeschiedenen  Lehrer  sind  als  Hülfslehrer  zu  Ostern 
eingetreten:  der  Divisionsprediger  Hülsen  und  Dr  Sarres,  zu  Michae- 
lis der  Prediger  Han stein  und  Dr  Weingarten  und  als  Mitglied  des 
pädagogischen  Seminars  Dr  Fr  öde.  Als  Candid.  prob,  ist  seit  einem 
halben  Jahre  Dr  Tüll  mann  an  der  Anstalt  thätig  und  seit  Ostern  ia 
Vertretung  des  verstorbenen  Lehrers  Peters  der  Schulamtscandidat 
Brock.  Lehrercollegium:  Director  Prof.  Krecli,  die  Gymnasial-Ober- 
lehrer  Prof.  Dr  Runge,  Prof.  Dr  Fleischer,  Dr  Amen,  Dr  Büch- 
senschütz, Dr  Born,  Dr  Schultz.  Dr  Wehr  enpfen  nig ,  die 
Real -Oberlehrer  Koppen,  Dr  Schartmann,  Prof.  Dr  Herr  ig,  Dr 
Weiszenborn,  Schellbach,  die  ordentlichen  Lehrer  Egler,  Dr 
Sperling,  Dielitz,  Mann,  Dr  Härtung,  Freyschmidt,  die 
Elementarlehrer  Krebs,  Schmidt,  Reckzey,  Schulze,  die  Hülfs- 
lehrer Divisionsprediger  Hülsen,  Prediger  Hanstein,  Dr  Sar- 
res, Dr  Neumann,  Dr  Fr  öde,  Dr  Tüll  mann,  Dr  Weingarten, 
Brock,  Domscke,  Schönau,  Troschel,  Hauer.  Schillerzahl 
994  (I«g  14,  Ibg  18,  Il^g  18,  Ilbg  34,  Ill'-g  48,  Illbg  28,  IV^g  44, 
Ir  17,  Il^r  11,  Il^r  35,  Illr  38,  IV^r  46,  IV  b  60,  V^  65,  V  63,  VI» 
67,  Vlb  60;  Elementarklasse  I  65,  II  65,  III  64,  IV  67,  V  61).  Abi- 
turienten 7.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  de  coilicihus  quibusdam 
Demosilienicis  ad  oraiionem  Plitlippicam  terliam  nondinn  adhibUis.  Scripsit 
Dr  F.  Schultz  (38  S.  4).  —  f.  Französisches  Gymnasium.  In 
dem  Lehrercollegium  sind  folgende  ^'eränderungen  eingetreten:  der  erste 
Lehrer  Prof.  Plötz  wurde  auf  sein  Nachsuchen  in  den  Ruhestand  ver- 
setzt. In  Folge  dessen  ascendierten  sämtliche  ordentliche  Lehrer,  die 
neunte  Lehrerstelle  wurde  Dr  Wollenberg  übertragen,  Dr  Geszner 
erhielt  den  Titel  als  Oberlehrer.  Der  Schulamtscandidat  Dr  Ossen- 
beck   hielt   sein   Probejahr  ab.     Der   Licentiat    der   Theologie  Tollin' 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  391 

rückte  in  die  erste  Hülfslelirerstelle,  Leue,  Mitglied  des  püdagogiscliea 
Seiiiiiiiirs ,  in  die  zweite;  den  letzteren  verlor  jedoch  bald  darauf  die 
Anstalt  durch  den  Tod;  in  seine  Stelle  trat  ür  Hädicke.  Lelirercol- 
legium :  Director  Prof.  Dr  Lhardy,  Prof.  Dr  Chainbeau,  Prof.  Dr 
Schmidt,  Überlehrer  Dr  Marggraf f,  Oberl.  Dr  Schnatter,  Oberl. 
Dr  Geszner,  Dr  Beccard,  Dr  Küttner,  Arendt  (vertreten  durch 
Dr  Fischer),  Dr  Wollenberg,  die  auszerordentlichen  Lehrer  Consi- 
storialrath  Fournier,  Licentiat  der  Theologie  Toll  in,  Dr  Franz 
(Englisch),  Mathematiker  Lange,  Busse  (liechnen),  Dr  Hädicke, 
Musikdir.  Co  mm  er,  Genner  ich  (Zeichnen),  Heil  mann  (Schreiben), 
Candidat  Dr  van  Muyden.  Schülerzahl  331  (I  21,  II  45,  III'»  43, 
III  b  51,  IV  57,  V  55,  VI  5Ü).  Abiturienten  IG.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus:  über  den  Gebrauch  von  sponle  und  ultro.  T,  IL  Von  F. 
Küttner  (38  S.  4).  —  g.  Cölnisches  Realgymnasium.  Den 
ordentlichen  Lehrern  der  Anstalt,  Kersten,  Dr  Kuhlmey  nnd  Dr 
Hermes  ist  das  Prädikat  'Oberlehrer'  beigelegt  worden.  Dr  Wiegers, 
der  sein  Probejahr  an  der  Anstalt  beendigt  hatte  und  noch  einige  Zeit 
an  derselben  aushelfend  Unterricht  erteilte ,  ist  aus  diesem  Verhältnis 
geschieden;  Dr  Kasmus,  der  im  Sommersemester  französischen  Unter- 
richt erteilte,  erhielt  eine  anderweitige  Anstellung.  Als  cand.  prob,  und 
zugleich  als  Hülfslehrer  trat  Dr  Ilöpfner  ein.  Mit  dem  Schlusz  des 
Schuljahres  schied  Wink  1er  aus  der  Zahl  der  Hülfslehrer  aus,  der 
nach  dem  Abgang  des  Prof.  Dr.  George  französischen  Unterricht  über- 
nommen hatte.  Lehrercollegium:  Dir.  Prof.  Dr  August,  Prof.  Selck- 
mann,  Prof.  Dr  Benary,  Prof.  DrPolsberw,  Prof.  Dr  Kuhn,  Oberl. 
Kersten,  Oberl.  Dr  Kuhlmey,  Oberl.  Dr  Her m es;  die  ordentl.  Lehrer 
Bertram,  Dr  Bisch  off,  Dr  Jochmann,  Dr  Ribbeck;  die  Hülfs- 
lehrer Prediger  Weitling  und  Prediger  Platz  (Rel.),  Zeichenl.  Gen- 
nerich, Schreibl.  Strahlendorf,  Gesangl.  Dr  Waldästel;  die  Mit- 
glieder des  Seminars  Dr  Pappenheim  und  Dr  Sachs,  Cand.  Dr  H  öpf- 
ner.  Elementar-  und  Turnlehrer  Riesel.  Schülerzahl  363  (I^  16,  l^  13, 
IIa  20,  11"  34,  III^  41.  III  b  52,  IV*  43,  IV^  44,  V  65 ,  VI  35).  Abi- 
turienten 15.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  des 
Oberlehrers  Dr  Hermes:  die  VerhäUniscoordinaten  in  der  Ebene  (24  S.  4). 
—  Dem  Jahresbericht  über  die  städtisch  eGewerbschule  geht  voraus 
eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Dr  Fr.  Müller:  der  Kampf  um  die 
Aiictorität  auf  dem  Conzil  zu  Constanz  (25  S.  4).  —  Dem  Jahresbericht 
über  die  Realschule,  Vorschule  und  Elisabethschule  geht 
voraus  eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Schneider:  über  den  geschicht- 
lichen Verlauf  der  Reformation  in  Liegnitz  und  ihren  späteren  Kampf  gegen 
die  kaiserliche  Jesuiten-Mission  in  Harpersdorf  (39  S.  4). 

2.  Brandenbukg.]  a.  Gymnasium.  Nachdem  der  Schulamtscan- 
didat  Leue  die  Anstalt  verlassen  hatte,  um  seine  Thätigkeit  am  fran- 
zösischen Gymnasium  zu  Berlin  fortzusetzen,  trat  Candidat  Lange  zur 
provisorischen  Verwaltung  der  dritten  Collaboratur  ein  und  wurde  ihm 
diese  Stelle  später  definitiv  übertragen.  Lehrercollegium:  Director  Prof. 
Braut,  Dr  Bergmann,  Rhode,  Dr  Tisch  er,  Prof.  Schönem  an  n, 
Musikdirector  Täglichsbeck,  die  Collaboratoren  D  öhler,  Dehmel, 
Lange,  Lehrer  Plane.  Schülerzahl  206  (I  14,  II  18,  III  42,  IV  42, 
V  48,  VI  42).  Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Dar- 
stellung und  Beurteilung  der  Lehre  neuerer  Dogtnatiker ,  dasz  die  Mensch- 
werdung des  Sohnes  Gottes  auch  ohne  den  Sündenfall  geschehn  sein  würde. 
Vom  Collab.  Lange  (16  S.  4).  —  b.  Ritter- Akade  mie.  Prof.  Dr. 
Bormann  schied  aus  dem  Lehrercollegium  aus,  um  als  Director  die 
Leitung  des  Gymnasiums  zu  Anclam  zu  übernehmen.  Die  erledigte  Stelle 
wurde  durch  das  Aufrücken  der  übrigen  Lehrer  wieder  besetzt,  nnd  somit 
den  Oberlehrern  Scoppewer  und  Dr  Schultze  die  erste  und  zweite, 


392  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

und  dem  ordentlicheu  Lehrer  Dr  Koch  die  dritte  Oberlehrerstelle  über- 
tragen, in  die  ordentliche  Lehrerstelle  trat  Dr  Seidel,  bisher  Lehrer  am 
Gymnasium  zu  Colberg,  in  die  erste  Adjunctur  rückte  Dr  Vitz,  die 
zweite  und  dritte  wurde  provisorisch  durch  die  Candidaten  Wer  nicke 
und  Dr  Hädicke  besetzt.  Von  Ostern  ab  blieb  Wer  nicke  als  defi- 
nitiv angestellter  Adjunct  bei  der  Anstalt;  da  aber  Dr  Hädicke  die- 
selbe verliesz,  so  erhielt  die  dritte  Adjunctur  Dr  Hacker,  bisher  Leh- 
rer am  Gymnasium  zu  Saarbrücken.  Lehrercollegium:  Dir.  Dr  Köpke, 
die  Oberlehrer  Scoppewer,  Dr  Schultze,  Dr  Koch,  ordentlicher 
Lehrer  Dr  Seidel,  die  Adjuneten  Dr  Vitz,  Wer  nicke,  Dr  Hacker, 
Elementar-  und  Gesanglehrer  Wachsmuth,  Zeichenl.  Hertzberg, 
Fecht-  und  Tanzlehrer  Spiegel.  Schülerzahl  37  (I  5,  II  11,  III  10, 
IV  8,  V  2 ,  VI  1).  Abiturienten  2.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus 
eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Dr  Schultze:  de  dialogi  Platonici,  qui 
inscribitur  Lysis,  argumenio  et  consilio  (18  S.  4). 

3.  Cottbus]  Der  Schulamtscandidat  Dr  Rhode,  der  auf  dem 
Gymnasium  zu  Luckau  die  erste  Hälfte  seines  Probejahrs  abgeleistet 
hatte,  verwaltete  interimistisch  die  bisher  von  dem  wissenschaftlichen 
Hüifslehrer  (irosz  bekleidete  achte  Lehrerstelle  und  leistete  zugleich 
die  zweite  Hälfte  seines  Probejahrs  ab.  Der  Director  Prof.  Dr  Tzschir- 
ner  folgte  zu  Michaelis  dem  Ruf  als  Director  an  das  Gymnasium  zu 
Landsberg  a.  d.  W. ;  in  Folge  dessen  wurde  dem  Prorector  der  Anstalt, 
I'rof.  Braune  die  Besorgung  der  Directoratsgeschäfte  bis  auf  weiteres 
übertragen.  Den  Lehrer  Böhme  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod. 
Am  Schlusz  des  Schuljahrs  verliesz  Dr  Rhode  wieder  die  Anstalt,  um 
dem  Gymnasium  zu  Bunzlau  seine  Thätigkeit  zu  widmen.  Lehrercolle- 
gium  :  Prof.  Braune,  Dr  Bolze,  D r  R  o  1 1  e  r,  Dr  K  o  c  h  ,  Dr  H  ö  1  z  e  r, 
Steinkrausz,  Cantor  Fromm,  Lehrer  Jank,  Hüifslehrer  Dahle. 
Schülerzahl  201  (I  40,  II  44,  III  59,  IV  60,  V  57,  VI  31).  Abiturien- 
ten 13.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Bemerkungen  über  die  fran- 
zösischen Coiijugationen.     Von  Dr  Koch  (10  S.  4). 

4.  Frankfurt  a/O.]  Den  Prorector  und  ältesten  Oberlehrer  Prof. 
Heydler  verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod.  Die  Lehrstunden  dessel- 
ben sind  bis  zu  Michaelis  von  den  Collegen  desselben,  hernach  von  dem 
commissarisch  dazu  berufenen  Schulamtscandidaten  Dr  Rasmus  ver- 
sehn worden;  mit  dem  Anfang  des  neuen  Schuljahrs  wird  der  zum  Pro- 
rector berufene  Prorector  zu  Anklam ,  Dr  Kock,  eintreten.  Subrector 
Müller  nahm  am  Schlusz  des  Schuljalirs  seinen  Abschied  mit  Pension; 
Candidat  Behm,  der  seit  1850  das  Collaborat  verwaltet  hatte,  folgte 
einem  Ruf  an  das  Gymnasium  zu  Cottbus.  LehrercoHegium:  Director 
Dr  Poppo,  Prorector  Dr  Kock,  Oberl.  Dr  Reinhardt,  Oberl.  Fitt- 
bogen,  Oberl.  Schwarze,  Dr  Jan  i  seh,  Dr  Fittbogen,  Dr  Wal- 
tlier  (Französ.  und  Engl."),  Zeichenl.  Lichtwardt,  Cantor  Melcher. 
Schülerzahl  228  (I  30,  II  33,  III  46,  IV  45,  V  43,  VI  31).  Abiturien- 
ten 9.  Den  Schulnachrichten  gehen  voraus:  Andeutungen  zu  einer  metho- 
dischen Gruppierung  des  Urilerrichtssto/fes  aus  der  mittlem  und  neuern  Ge- 
schichte.    Vom  Oberl.  Schwarze  (21   S.  4). 

5.  Guben.]  Im  Lehrerpersonal  ist  wärend  des  verflosznen  Schul- 
jahrs eine  Veränderung  nicht  eingetreten:  Director  Wiehert,  die  Ober- 
lehrer Dr  Sausze,  Richter,  Niemann,  Michaelis,  die  Gymnasial- 
lehrer Dr  Siegfried,  Heydemann,  Cantor  Holt  seh,  Organist 
Roch,  Zeichen-  u.  Schreiblehrer  Bayer.  Schülerzahl  KM  (I  19.  II  20, 
III  42,  IV  34,  V  31,  VI  18j.  Abiturienten  3.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus:  1)  Beiträge  zur  Geschichte  der  Stadt  Guben.  Vom  Prorector 
Dr  Sausze  (29  S.  4).  2)  Ueber  den  universellen  H'erth  der  Jugend. 
(Entlassungsrede.)     Vom  Director  Wiehert  (9  S.  4). 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  staust.  Notizen.  393 

6.  Königsberg  i.  d.  N.]  Das  Lehrercollegium  ist  unverändert  ge- 
blieben. Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Nauck,  Prorector  Dr  Märkel, 
Prof.  Dr  Haupt,  Oberl.  Hey  er,  die  Gymnasiall.  Dr  Bog  er,  Oberl. 
Schulz,  Collaborator  Oberl.  Niethe,  G.  L.  Dr  Jahn,  Lehrer  Wolff, 
G.-L.  Mentzel.  Schülerzahl  242  (I  24,  II  27,  HI"  24,  III "  40,  IV  50, 
V  35,  VI  42).  Abiturienten  9.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
über  die  gegenivärtige  Aufgabe  der  Philosophie.  Vom  Prorector  Dr  Mär- 
kel (20  S.  4). 

7.  Landsbekg  a.  d.  w.]  Das  neugegründete  Gymnasium  mit  Real- 
klassen wurde  am  15.  October  1859  inauguriert.  Das  Lehrercollegium 
bilden  folgende  Mitglieder:  Director  Prof.  Dr  Tzschirner,  Prof.  Dr 
Alberti,  Oberl.  Dr  Pfautsch,  die  G.-L.  Stolzenburg,  Dr  Hude- 
mann, Serno,  Dr  Foltynski,  Eichmeyer,  Zeichenlehrer  Runge, 
G.-L.  Tiedge,  Predigtamtscandidat  Jacoby,  die  Schulamtscandidaten 
Gentz,  Dr  Genthe,  Dr  Jansen,  Gesangl.  Succo.  Schülerzahl  338 
(Ig  0,  Ir  7,  Ilg  9,  Ilr  13,  Illg  21,  Illr  39,  IVg  30,  IVr  62,  V^  34, 
V''  36,  VI"  43,  VI''  44).  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  zur  Er- 
innerung an  die  Feier  der  Einweihung  des  Gymnasiums  und  des  neuen  Schul- 
hauses.    Vom  Director  Dr  Tzschirner. 

8.  Luckau.]  An  die  Stelle  des  Mathematikus  Fahland,  welcher 
eine  Lehrerstelle  an  dem  Gymnasium  zu  Mühlhausen  übernahm,  trat  Dr 
Schlesicke,  bisher  Mathematikus  an  dem  Gymnasium  zu  Mühlhausen. 
An  die  Stelle  des  Schulamtscandidaten  Dr  Rhode,  welcher  ein  Jalir 
lang  die  interimistische  Verwaltung  der  zweiten  Collaboratur  geführt 
hatte,  trat  der  Schulamtscandidat  Schulz.  Lehrerpersonal:  Director 
Below,  Prof.  Dr  Vetter,  Oberl.  Bauermeister,  Dr  Schlesicke, 
Dr  Lipsius,  Cantor  Oberreich,  Wenzel,  Vogt,  Collab.  Dr  Wag- 
ler, Cand.  Schulz,  die  Hülfslehrer  Rausch  und  Berger.  Schüler- 
zahl 377  (I  13,  II  19,  III  36,  IV  37,  V*  41,  V^  38,  VI"  30,  VI"  54, 
VII  119).  Abiturienten  9.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  von  den 
Versuchen,  welche  bisher  gemacht  sind,  die  Höhe  unserer  Atmosphäre  zu 
bestimmen.     Vom  Mathematikus  Dr  Schlesicke  (15  S.  4). 

9.  Neu-Ruppin.]  Das  Lehrercollegium,  welches  sich  nicht  verän- 
dert hat,  bilden  folgende  Mitglieder:  Director  Starke,  Prof.  Könitzer, 
Oberlehrer  Krause,  Oberl.  Dr  Kämpf,  Oberl.  Leuhoff,  die  Lehrer 
Lehmann,  Ho  ff  mann,  Dr  Bode,  Dr  Schillbach,  Zeichenlehrer 
Schneider,  Musikdirector  Mö  bring,  Elementarl.  Haack.  Schüler- 
zahl  328  (I  17,  II  27,  III  62,  IV  58,  V  71,  VI  66,  Vorbereitungski.  27). 
Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  de  Cannis  et  pugna 
Cannensi.     Scripsit  Dr  Schill  bach  (17  S.  4). 

10.  Potsdam.]  In  dem  Lehrercollegium  ist  keine  Veränderung  ein- 
getreten.  Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Rigler,  Prof.  Meyer,  Oberl. 
Schütz,  Oberl.  Dr  Sorof,  Oberl.  Rührmund,  Oberl.  Müller,  die 
ordentlichen  Lehrer  Dr  Friedrich,  Dr  Reuscher,  Jänicke,Ka- 
row.  Schreibt.  Schulz,  Zeicheul.  Abb.  Schülerzahl  275  (I  28,  II  40, 
III"  45,  Illb  39,  IV  47,  V  41,  VI  35).  Abiturienten  13.  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Schütz:  de 
fundameiitis  reipublicae ,  quae  primo  Politicorum  ab  Aristotele  posita  sunt 
(18  S.  4). 

11.  Prenzlau.]  Zu  Ostern  hatten  die  Schularatscandid.  Fischer 
und  Gentz  ihre  Stellung  am  Gymnasium  aufgegeben;  an  die  Stelle  der- 
selben traten  drei  neue  provisorische  Lehrer,  Weisz  und  die  Schulamts- 
candidaten Stange  und  Steppuhn,  die  zugleich  ihr  Probejahr  ab- 
legten. Zu  Michaelis  folgte  der  Collaborator  Dr  Küster  einem  Ruf  an 
das  Friedrichs-Werdersche  Gymnasium  in  Berlin.  Lehrerpersonal:  Dir. 
Prof.  Meinicke,  Prof.  Buttmann,  Strahl,  Schäffer,  die  Colla- 
boratoren  Martin,  Dr  Körner,  Oberl.  Dibelius,  Lessing,  Pökel, 


394  Derichlo  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

die  Hülfslehier  Schäffer,  Jordan,  Stange  I,  Weisz,  Stepp iihn, 
Stange  II,  Gesanglehrer  Franz,  die  Lelirer  der  Vorschule  P  lisch - 
kowsky,  Kresz.  Schülerzahl  358  (Ig  14,  Ilg  31,  IIl«g  33,  IIIbg35, 
IV g  50,  II r  5,  III r  4,  IVr  13,  V«  45,  V  »>  52,  VI^  29,  Vl^  47).  Vor- 
schule 80  (I  38,  II  42).  Abiturienten  11.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus:  über  den  Gebrauch  der  Derivaten  auf  tor  und  trix.  Part.  2.  Vom 
Oberlehrer  Schäffer  (24  S.  4). 

12.  SoRAu.]  An  die  Stelle  des  Dr  Liittgert,  welcher  mit  dem 
Schlusz  des  vorigen  Schuljahrs  an  das  Gymnasium  zu  Bielefeld  überge- 
gangen war,  trat  Luchterhand,  bisher  Hülfslehrer  an  dem  Gymna- 
sium zu  Stolp.  Lehrercollegium:  Director  Dr  Liebaldt,  Prof.  Len- 
nius,  Dr  Paschke,  Oberlehrer  Dr  Klinkmüller,  G.-L.  Dr  Moser, 
Magdeburg,  Dr  Zerlang,  Luchterhand,  Hülfslehrer  Heinrich, 
Zeichenl.  Berchner.  Schülerzahl  IGO  (I  15,  II  20,  III  41,  IV  29,  V  31, 
VI  24).  Abiturienten  6.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Beitrag  zu 
einer  genetischen  EiUivickelung  der  Planimetrie,  Von  Dr  Zerlang  (28  S.  4). 
Die  Abhandlung  beansprucht  weniger  einen  wissenschaftlichen ,  als  di- 
daktischen Werth.  Sie  gibt  nichts  neues,  sondern  altes  in  neuer  Form 
und  Verbindung. 

13.  ZiJLLicHAu.]  Der  Schulamtscandidat  Dr  Meyer  verliesz  mit 
dem  Schlusz  des  Winterhalbjahrs  die  Anstalt,  um  die  Stelle  eines  Ober- 
lehrers an  der  höhern  städtischen  Scluile  zu  Buuzlau  zu  übernehmen. 
Am  Schlusz  des  Sommerhalbjahrs  folgte  der  ord.  Lehrer  Dr  Lindner 
einem  Ruf  an  das  Magdalenen-Gymnasium  in  Breslau.  Zur  Ergänzung 
der  Lehrkräfte  trat  der  Schulamtscand.  Roh  m  er  ein,  welcher  Michaelis 
zugleich  mit  dem  Schulamtscandidaten  Dr  Hartz  als  ordentl.  Lehrer 
angestellt  wurde;  ferner  trat  Ostern  zur  Abhaltung  des  Probejahrs  der 
Schulamtscand,  Dr  Wilbrandt  und  zu  Michaelis  der  Cand.  Künzel 
ein;  der  Schulamtscand.  Dr  Hanow  verblieb  nach  Beendigung  seines 
Probejahrs  zunächst  als  wissenschaftlicher  Hülfslehrer,  Dem  In  ordentl. 
Lehrer  Funk  wurde  das  Prädikat  'Oberlehrer'  verliehn.  Lehrerperso- 
nal: Director  Hanow,  die  Oberlehrer  Dr  Erler,  Schulze,  Funk; 
die  ordentlichen  Lehrer  Krukenberg,  Rohmer,  Dr  Hartz,  Dr  Ha- 
now, die  wiss.  Hülfsl.  Marquard  und  Lohbach,  Schulamtscand,  Dr 
Wilbrandt,  Cand.  Künzel,  Hülfsl.  Schilling,  Gesangl.  Musikdir. 
Gabler,  Zeichenlehrer  Riese.  Schülerzahl  287  (I  42,  II«  34,  II b  45, 
III ä  54,  III  b  50,  IV  29,  V  25,  VI  8),  Von  diesen  waren  Zöglinge  des 
Hauses  130.  Abiturienten  24.  Den  Schuliiachrichten  geht  voraus  eine 
Abhandlung  von  Dr  F.  Hanow:  in  Theophrasti  characteras  symbolae  cn- 
ticae  (26  S.  4). 

14.  Hedingen.]  Ein  Lehrerwechsel  hat  im  Laufe  dieses  Schuljahrs 
nicht  stattgefunden;  am  Ende  desselben  aber  folgte  G.-L.  Dr  Wahlen- 
berg einem  Ruf  als  Ir  ordentlicher  Lehrer  an  das  neugegründete  zweite 
katholische  Gymnasium  zu  Köln.  Der  Schulamtscandidat  Winz  leistete 
Aushülfe  für  einen  erkrankten  Lehi-er.  Lehrercollegium:  Rector  Dr 
Stelz  er,  Professor  Dietz,  Sauerland,  Dr  Schunck,  Nüszle, 
Bantle,  Mai  er,  Musiklelirer  Burtscher,  Schreibl.  Bürkle,  Cand. 
Winz.  Schülerzahl  120  (I  LS,  II  17,  III  11,  IV  29,  V  27,  VI  29). 
Abiturienten  6.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung 
über  das  Thema:  quemadniodum  nos ,  quum  Christiani  simus ,  in  graecis  lati- 
itisque  scriploribus  legendis  animo  affectos  esse  et  quem  potissimum  ex  Ulis 
fructum  capere  nos  oporieat.     Vom  Rector  Stelz  er  (24  S.  4). 

VI.  Pommern. 
1.    Ancläm.]     Der   bisherige   Director    Dr    Sommerbrodt   verliesz 
im  September  die  Anstalt,   um  das  Directorat    des    Friedrich -Wilhelms- 
Gymuasiums   zu   Posen  zu  übernehmen.     Die  Directoratsgeschäfte  über- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnnngen,  Statist.  Notizen.  395 

nahm  Prorector  Dr  Koek,  bis  im  October  Prof.  Dr  Bor  mann,  zuletzt 
erster  Oberlehrer  und  l'rofessor  an  der  Kitter-Alvademie  in  I^raiidenbiirg, 
sein  Amt  als  Director  antrat.  Lehrercollegium:  Director  J^rof.  Dr  13 or- 
niaiin,  die  Oberlehrer  Dr  Scliade,  Dr  Koek,  Peters,  Dr  Spörer, 
Schubert,  Dr  Niemeyer,  die  ordentl.  Lehrer  Müller,  Schnee- 
m  eich  er,  Dr  B  riegleb,  Dr  Bahnsen,  Gl  a  sei,  wiss.  Hült'slehrer 
Dr  Linz,  Gesangl.  Harzer,  Zeichenl.  Peters,  Turn).  Witteuhage  n. 
Schülerzahl  846  (I  20,  II  28,  III«  30,  III  "  39,  IV  42,  IV  b  34,  V  54, 
VI  62,  VII  37).  Abiturienten  7.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
Beiträge  zur  Erklärung  und  Kritik  des  Thukijdides.  Vom  Oberlehrer  Dr 
Niemeyer  (18  S.  4).  Die  behandelten  Stellen  sind  folgende:  I  2,  3 
xfiv  yovv  'Attiv.rjv  sixX.  I  15,  2  naxä  yi^v  dl  nölBaog  ktI.  I  22,  3  oGot 
ÖS  ßovlrjaovtai  %t,X.  I  25,  4  nfQLq)QOvovvT^s  da  %zX.  I  28,  3  ttuiaoi 
61  eIvccl  jtrl.  I  39,  3  iy-ulrjucizcov  ös  -utI.  I  43  rjtists  ^l  TCBQinsTtza- 
■KOTsg  v.z\.  I  70,  3  tzi  ös  zoig  [isv  acöuaCL  nzX.  II  7  oi  J'd'tjvai^oL  na- 
gsayisvü^ovzo  -azl.  III  17  "/t«t  ««ra  xov  j^qovov  kzI.  III  49,  3  naga 
xoGovzov  [lEv  >]l&£v  tiTl.  III  56,  4  %aCzoi  XQV  ''^'xvzä  v.zl.  IV  19,  2 
vo^i'^ouäv  zs  zag  -/.xl.  IV  59,  3  ccuzce  ds  zuvzu  ktI.  IV  117,  3  xovg 
yccQ  S^  dvögag  -/.zX. 

2.  CösLix.]  Der  Schulamtscandidat  Heinze  trat  mit  Beginn  des 
neuen  Schuljahrs  als  wissenschaftlicher  Hülfslehrer  ein,  verliesz  aber 
am  Ende  desselben  die  Anstalt,  um  dem  Ruf  in  eine  definitive  Anstel- 
lung am  Gymnasium  in  Stettin  zu  folgen.  In  seine  Stelle  ist  Schul- 
amtscandidat Helwig  getreten.  Lehrercollegium:  Director  Adler, 
Prof.  Dr  Grieben,  Prof.  Dr  Hennike,  Dr  Hüser,  Dr  Zelle,  Dr 
Kupfer,  Dr  Tägert,  Drosihn,  Höffner,  Maler  Hauptuer, 
Cand.  Helwig.  Schülerzahl  256  (I  21,  II  28,  III«  42,  III  ^  42,  IV  48, 
V  34,  VI  41).  Abiturienten  5.  Den  Schulnachrichteu  geht  voraus  eine 
Abhandlung  des  Dr  Tägert:  Beweis  der  von  Jacobi  gegebenen,  die 
Zerlegung  elliptischer  Functionen  in  itnendliche  Producte  betreffenden  Formeln. 
Nachtrag:  Bereclimmg  einiger  hyberbolischer  Logarithmen  bis  auf  100  Deci- 
7nalstellen  (10  S.  4). 

3.  CoLBERG.]  In  die  noch  unbesetzte  achte  ordentliche  Lehrstelle 
rückte  der  wiss.  Hülfslehrer  Dr  Schnitze;  seine  Stelle  wurde  dem  Dr 
Kiese  rling,  welcher  bis  dahin  als  Mitglied  des  philolog.  Seminars  zu 
Stettin  an  dem  dortigen  Gymnasium  beschäftigt  gewesen  war,  proviso- 
risch übertragen.  Eine  weitere  Veränderung  in  dem  Lehrercollegium 
trat  zu  Michaelis  dadurch  ein,  dasz  Dr  Seidel  in  eine  ordentl.  Lehr- 
stelle der  Ritter-Akademie  zu  Brandenburg  berufen  wurde.  Die  erledigte 
Stelle  ward  durch  Ascension  besetzt,  so  dasz  Candidat  P  f  ude  1,  welcher 
das  gesetzliche  Probeiahr  auf  dem  Grauen  Kloster  geleistet  hatte,  die 
achte  Lehrstelle  erhielt.  Dem  Prorector  Dr  Girschner  wurde  der  Pro- 
fessortitel verliehn.  Lehrercollegium:  Director  DrStechow,  die  Ober- 
lehrer Professor  Girschner,  Dr  ^Yagler,  Dr  Bahrdt,  die  ordent- 
lichen Lehrer  Fischer,  Sägert,  Dr  Schnitze,  Dr  Reichenbach, 
Pfudel,  Cantor  S  chwar  tz ,  wiss.  Hülfsl.  Dr  Kieserling,  Zeichen- 
und  Schreiblehrer  Langerb  eck,  die  Lehrer  der  Vorschule  Hahn  und 
Putzen.  Schülerzahl  291  (Ig  8,  II  g  15,  II  r  7,  III  g  36,  III  r  19, 
IVg  19,  IVr  26,  V  42,  VI  35,  Vorschule  A.  35,  B.  49).  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Gymnasiallehrer  Sägert: 
essai  sur  les  theories  dramatiques  de  Corneille ,  d'' apres  ses  discours  et  ses 
examens  (15  S.  4). 

4.  Greiffenbekg]  Das  Le'.irercollegium  hat  im  Laufe  des  Schul- 
jahrs keine  Veränderungen  erfahren.  Mit  dem  Schlusz  desselben  gieng 
Dr  Brieger  ab,  um  eine  ordentliche  Lehrerstelle  am  Gymnasium  zu 
Stolp  zu  übernehmen.  An  seine  Stelle  ist  der  Schulamtscandidat  St ier 
getreten.     Lehrercollegium:  Director   Dr  Campe,   Dr   Pitann,   Rie- 


396  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

mann,  Dietrich,  Prediger  Hilliger,  Zelle,  Pompe,  Todt,  die 
Collaboratoren  DrEbeling  und  Stier.  Schülerzahl  253  (I  25,  II  31, 
III«  28,  III b  52,  IV  37,  V  39,  VI  43,  Vorbereitungsklasse  25).  Abi- 
turienten 8.  Den  Schulriachrichten  geht  voraus :  Beilräge  zur  Kritik 
des  Cicero.  Von  dem  Director  (26  S,  4).  Brutus  §  285  werden  die 
Worte  von  in  quo  illud  etiam  quaero  bis  et  aliorum  für  interpoliert 
gehalten.  §  139  wird  nachgewiesen,  dasz  der  Satz  quo  genere  —  sen- 
tentiis  nicht  von  Cicero  herrühren  könne.  §  118  werden  die  Worte  von 
quis  enim  uberior  —  pacatior  für  eine  Interpolation  gehalten.  §  35 
werden  die  störenden  Worte  vel  verborum  gravitate  vel  sententiarum 
als  Interpolation  betrachtet.  §  62  werden  die  Worte  et  ad  illnstrandam 
nobilitatem  suam  für  ein  Glossem  der  unmittelbar  vorhergehenden  ge- 
halten. In  der  dritten  Digression  §  75.  76  sei  so  vieles  bedenkliche, 
dasz  unzweifelhaft  eine  Interpolation  anzunehmen  sei.  §  19  sollen, 
wie  schon  von  Schütz  erkannt  worden,  die  Worte  quidnain  id?  inquam 

expone   nobis ,    quod    quaerimus    als   Interpolation   betrachtet  und 

getilgt  werden.     §  23  wird  der  Satz  dicere  enim  bene aequo  animo 

carere  quisquam  potest  für  ein  Einschiebsel  gehalten.  §  40  werden  die 
Worte  sed  Studium  eius  generis  maiorque  vis  agnoscitur  in  Pisistrato 
für  entschieden  falsch  gehalten;  statt  denique  hunc  wird  denique  hos 
geschrieben.  In  §  44  erscheint  der  Ausdruck  conatum  iracundiae  suae 
morte  sedavit  bedenklich ;  zu  sedare  gehöre  ein  Begriff  wie  impetum, 
was  für  das  unzweifelhaft  richtige  gehalten  wird.  An  sed  tum  fere 
Pericles  wird  Anstosz  genommen.  Die  folgenden  Worte  nee  enim  in 
constituentibus  —  alumna  quaedam  eloquentia  werden  aus  verschiedenen 
Gründen  für  verdachtig  erklärt.  §  46.  Nain  ante  neminem  solitum  cet. 
sei  nach  Ausdruck  und  Inhalt  Ciceros  unwürdig.  §  49  wird  partus  als 
unciceronisch  in  diesem  Sinne  verworfen.  Die  Worte  atque  ita  pere- 
grinata  tota  Asia  est,  ut  cet.  seien  bedenklich.  Erst  mit  den  Worten 
sed  de  Graecis  hactenus  begegne  man  wieder  dem  echten  Cicero;  diese 
sollen  sich  daher  an  §  44  quem  rerum  Romanarum  auctorem  laudare 
posse  religiosissimum  anschlieszen.  §  184  wird  itaque  —  intelligam  für 
interpoliert  gehalten.  §  188  soll  gelesen  werden:  hoc  specimen  est  po- 
pularis  iudicii,  quod  nunquam  fuit  usw.  Nachdem  der  Verfasser  so  eine 
Reihe  von  Interpolationen  im  Brutus  nachzuweisen  versucht  hat,  fügt  er 
einige  andere  Verbesserungsvorschläge  hinzu.  §  36  statt  iu  qua  naturalis 
—  in  quo.  §  82  wird  zu  ut  augeret  rem  eingefügt  ut  elevaret.  §  90 
wird  et  vor  populi  Romaiii  getilgt.  §  101  qnia  ab  eo  cooptatus  usw. 
§110  statt  et  uterque  mit  Schneider  etsi  uterque.  §  112  statt  con- 
tinebat  —  continet.  Die  folgenden  \\'orte  quod  a  natura  non  facile 
posset  werden  für  ein  Glossem  gehalten.  §  116  statt  difficili  —  inci- 
tato,  statt  veritas  —  lenltas  (die  natürliche  Ruhe  gegenüber  der 
molesta,  der  forcierten,  widerliclien).  §  131  de  damni  iniuria.  §  132 
nisi  quod  quid  cet.  §  138  statt  vix  —  tan  dem.  §  146  statt  in 
refellendo —  in  affligendo.  §  151  soll  orator  zu  quo  melior  esset  et 
doctior  hinzugesetzt  und  das  naclifolgende  et  getilgt  werden.  §  169 
vehemens  interdum  et  irata  cet.  §  162  defensio  nemini  nota.  §  167 
statt  potentiam  —  prudentiam.  §  197  hoc  illum  initio  consecutus. 
§  183  statt  meo  iudicio  —  intelligentium  iudicio.  §  297  statt 
ineptum  —  inertem.  §212  wird  zu  quattuor  filii  hinzugefügt  con- 
sulares.  §  215  statt  praeparari  —  apparari.  §  216  quis  e  Untre 
loqueretur.  §  220  v  iris  (statt  vivis)  eiusmodi  (statt  eius)  aequalibus. 
§  224  in  summis  —  sordibus  ex  praetura  consul  factus  esset.  §  225 
statt  solutus  —  dissolutus.  §  233  nullus  flos  tarnen  neque  luinen 
uUum  animi,  magna  vocis  firmitudo,  parva  contentio.  §  262  plana  et 
dilucida  brevitas.  §  282  vielleicht  insitae  adolescentibus  gloriae. 
§  293    statt   pictius   —   politius.     Der  Verfasser   wendet   sich   darauf 


ßerichfo  über  gelelirfe  AnsfaKen,  Verordnungen,  sfafisf.  Notizen.  307 

vom  Brutus  zu  Ciceros  Rede  pro  Sulla,  um  auch  hier  die  Spuren  ähn- 
licher C<)rrui)teleii  zu  verfolgen.  §  11 — 14  wird  eine  jener  Verschiebun- 
gen angenommen,  welche  bei  Cicero  nicht  selten  sind.  Der  Verfasser 
versucht  die  alte  Ordnung  wieder  herzustellen,  indem  er  nach  §  2  cau- 
sam quoque  nie  P.  Sullae  probaturum  §  II  duae  coniurationes  bis  §  14 
hoc  priniuin  attendite  folgen  läszt;  hierauf  beginne  nun  die  eigentliche 
Ivede  mit  §  8:  ac  primum  abs  te  cet.  §  12  cum  communibus  patriae, 
tum  praecipuis  patris  tui  periculis  commovebatur.  §  17  legiones  absurd; 
zu  arma  gehöre  milites,  welches  vor  misit  ausgefallen  sei.  §  20  wird 
nee  res  getilgt.  §  22  etiam  peregrini  reges  soll  nach  etiam  —  a  1  i  i 
eingeschoben  werden.  Statt  perire  voluerit  —  perdere  voluerit.  §  -14 
cum  familiari  meo  wird  nach  cum  —  aliquo  eingeschoben.  §  47  wird 
gratiam  als  Interpolation  betrachtet.  §  48  statt  cogitavit  —  cognovit. 
§  49  quibus  non  irascebantur  Glossem;  ebenso  §  74  cum  crimine.  §82 
quis  non  de  communi  —  sensit?  seien  eine  einfache  Wiederholung  der 
vorhergehenden  ^^'orte  potest  quisqnam  dicere  usw.;  es  sei  eine  jener 
Variationen,  welche  von  den  Lehrern  den  Schülern  zur  Uebung  empfoh- 
len worden  seien.  Der  Verfasser  schlieszt  seine  Bemerkungen  mit  der 
Erinnerung ,  dasz  es  kaum  eine  der  gröszeren  abhandelnden  Schriften 
Ciceros  geben  dürfte,  bei  welcher  nicht  in  ähnlicher  Weise  Interpola- 
tionen und  Verschiebungen  nachzuweisen  wären.  Am  reichsten  seien 
hieran  vielleicht  die  Ofticien,  deren  Interpolationen  der  Verfasser  an 
einem  andern  Orte  zu  behandeln  gedenkt ;  aber  auch  die  Tusculanen, 
die  Bücher  de  oratore  seien  hiervon  nicht  frei  geblieben.  Dies  sei  der 
Punkt,  den  unsere  deutsche  Kritik  ins  Auge  fassen  solle,  um  nicht 
hinter  den  glänzenden  Leistungen  der  holländischen  Kritiker,  namentlich 
eines  Bake,  zurückzustehn. 

5.  Greifswald.]  In  dem  Lehrercollegium  ist  keine  Veränderung 
eingetreten.  Dasselbe  bilden:  Director  Professor  Dr  Hiecke,  Pro- 
rector  Dr  Nitzsch,  Professor  Cantz  1er,  Professor  DrThoms,  Ober- 
lehrer Dr  Reinhardt,  Oberlehrer  Dr  Gandtner,  die  Gymnasiallehrer 
Dr  Schmitz,  Dr  Häckermann,  Dr  Lehmann,  Dr  Langguth,  Dr 
Fischer,  Gruhl,  Neumann,  Rechen-  und  Hülfslehrer  Hahn,  Ge- 
sanglehrer und  Musikdirector  Bemmann,  Zeichen-  und  Schreiblehrer 
Hube.  Schülerzahl  278  (I  g.  14,  II  g.  33  ,  III  g.  28,  IV  g.  37,  V  47, 
VI  55,  I  r.  10,  II  r.  12,  111  r.  17,  IV  r.  25).  Abiturienten  11.  Den 
Schulnachrichten  geht  voraus:  de  prooemio  Herodoteo  scr.  Nitzsch 
(12  S.  4).  Der  Verfasser  bekämpft  die  neuerdings  von  Laroche  (im 
Piniol.  XIV  2,  1859)  wieder  verfochtene  Ansicht,  dasz  das  Proömium 
nicht  von  Herodot  sei ,  und  faszt  das  Resultat  seiner  Untersuchung  in 
folgenden  Worten  zusammen :  Tres  potissimum  causas  rationesque  sus- 
ceptas  esse  in  prooemio  scriptor  confitetur.  Totidem,  si  quis  Universum 
historiarum  argumentum  animo  comprehendere  voluerit,  persecutum 
esse  videbit:  unam ,  ut  rerum  humanarum  memoriam  a  temporum  in- 
iuria  vindicaret:  alteram,  ut  in  magnitudine  et  admirabilitate  rerum 
partim  a  Graecis  partim  a  barbaris  gestarnm  incuriae  et  obtrectationi 
occurreret;  tertiam ,  ut  sensim  serpentis  belli  causas  explicaret.  Haec 
tria  ut  oratione  inter  se  continentur,  ita  oratione  concluduntur  et 
nna  complexione  devinciuntur.  In  quo  quamquam  concinnitatem  ora- 
tionis  non  omnes  habere  numeros  libens  confiteor,  tarnen  neque  verbo- 
rum  delectus  ab  Herodoti  dictione  recedit  neque  iunctura  membro- 
rum  ex  compendii  brevitate  excusationem  non  habet;  puerili  vero  iacta- 
tione  garritum  aut  inani  verborum  sonitu  exaggeratum  adeo  nihil  est, 
ut  neque  ad  sententiam  quidquam  gravius  esse  neque  nervosius  ad 
orationem  vere  contendere  videar.  Dem  Programm  ist  beigegeben: 
Göilies  Gröaze  in  seinein  bürgerlichen  Epos  Hennann  und  Dorothea.  Rede 
gehalten   im  Verein   für  wissenschaftliche  Vorträge   in    Greifswald    von 


398  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen. 

Dr  R.  H.  Hiecke,  Director  des  Gymnasiums.  Dem  Gymnasium  zu 
Stralsinid  zu  dessen  dritter  Siicularfeier  gliickwünscliend  dargebraclit 
von  dem  Gymnasium  zu  Greifswald  (35  S.  8). 

6.  Neustettin.]  In  dem  Lchrercollegium  ist  keine  Veränderung 
eingetreten.  Dasselbe  bilden:  Director  Dr  Röder,  die  Oberlehrer  Pro- 
fessor Beyer,  Dr  Knick,  Dr  Hoppe,  Krause,  Dr  Heidtmann,  Dr 
Pfefferkorn,  die  Gyninasiallelirer  Rüter,  Dr  Franck,  technischer 
Lehrer  Bechlin.  Schülerzahl  228  (I  21,  II  25,  III  51,  IV  50,  V  47, 
VI  34).  Abiturienten  12.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  theolo- 
gische Abhandlung  des  Gymnasiallehrers  Rüter  über  Gal.  3 ,  20  (6  ös 
/iföt'rjjs  £voq  ov-A  e'ativ,  o  öe  &8bg  ftg  iativ)  nebst  englischen  Ueber- 
setzungsproben  (24  S.  4). 

7.  Putbus.]  Aus  dem  Lehrercollegium  schieden  die  Adjuncten  Dr 
Kalmus  und  Dr  Vetter,  um  einem  Ruf  an  das  zu  Pyritz  neu  ge- 
gründete Gymnasium  zu  folgen.  Die  dadurch  erledigten  Adjuucturen 
wurden  den  Candidaten  Drenckhahn,  der  zuletzt  am  Gymnasium  zu 
Stolp  beschäftigt  gewesen  war,  und  Meyer,  der  als  Cand.  prob,  bereits 
am  Friedrichs-Werderschen  Gymnasium  zu  Berlin  gearbeitet  hatte,  ver- 
liehn.  Lehrercollegium:  Director  Gottschick,  Professor  Dr  Biese, 
Professor  Dr  Brehmer,  Professor  Dr  Gerth,  Pastor  Cyrus,  die  Ad- 
juncten Crain,  D  omke,  Dr  Wähdel,  Dre  nckhahn,  Meyer,  Zeichen- 
lehrer Kuhn,  Musiklehrer  Müller.  Schülerzahl  115  (I  12,  II  15,  III 
3(5,  IV  24,  V  9,  VI  19).  Abiturienten  3.  Dem  Jahresbericht  ist  beige- 
geben :  Z>r  //.  Waehdelä  de  Cleonis  apud  Arisiopfianem  persona  disputatio. 
(Zur  Säcularfeier  Stralsunds.)    (42  S.  8). 

8.  Pykitz.]  Bei  der  Eröffnung  des  Gymnasiums  am  11.  October 
1859  wurden  zunächst  die  vier  untersten  Klassen  mit  der  Vorschule 
eingerichtet,  mit  der  Absicht  Michaelis  18(30  die  Secunda  und  Michaelis 
1861  die  Prima  hinzuzufügen.  Die  129  aufgenommenen  Schüler  ver- 
teilten sich  so,  dasz  in  die  Vorschiile  43,  in  VI  26,  in  V  27,  in  IV  27, 
in  III  6  Schüler  eintraten,  zu  denen  Weihnachten  noch  6  Schüler  hin- 
zukamen. Auszer  dem  Director  Dr  Zinzovv  erteilten  den  Unterricht 
folaende  Lehrer:  Subrector  Kern  als  3r  Oberlehrer:  als  ordentliche 
Lelirer  Dr  Kalmus,  Dr  Stürmer,  Dr  Vetter,  und  provisorisch  an- 
gestellt Candidat  Paul,  als  technischer  Hülfslehrer  Todt  und  als 
Lehrer  der  Vorschule  Müller.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
Entstehtmg  und  Eröffnung  des  Gymnasiuins.     Von  dem  Director  (25  S.  4). 

9.  Stargärd.]  In  dem  Lehrercollegium  hat  im  vertlnsznen  Schul- 
jahr keine  Veränderung  stattgefunden.  Dasselbe  bilden:  Director  Pro- 
fessor Dr  Hornig,  Prorector  Dr  Probsthan,  die  Oberlehrer  Ebert, 
Dr  Engel,  Dr  Schmidt,  Essen,  die  Gymnasiallehrer  Dr  Runge, 
Dr  Kopp,  Dr  Ziemssen,  Zeichenlehrer  Keck,  Musikdirector  Bi- 
schoff,  Elementarlehrer  Trost.  Schülerzahl  261  (I  13,  II  20,  III  38, 
IV  59,  V  58,  VI  47,  Vorklasse  26).  Abiturienten  2.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Ebert:  observa- 
tionum  de  numeraübus  Graecis  specimen  allerum  (16  S.  4). 

10.  Stettin.]  Zu  Michaelis  schied  der  3e  Collaborator  Kern  (I) 
von  der  Anstalt,  um  an  dem  neu  errichteten  Gymnasium  zu  Pyritz  eine 
Oberlehrerstelle  als  Subrector  zu  übernehmen.  Zu  derselben  Zeit  ver- 
liesz  der  Candidat  Hof  mann  das  Gymnasium,  um  eine  Lehrerstelle 
an  der  Realschule  zu  Grünberg  anzutreten.  Die  einstweilige  Ver- 
waltung der  letzten  Collaboratur  wurde  dem  Candidaten  Hesz  über- 
tragen. Zu  Ostern  trat  aus  dem  Lehrercollegium  der  2e  Collaborator 
Bartholdy,  da  er  als  Director  an  die  Realschule  zu  Cüstrin  berufen 
war.  Zu  gleicher  Zeit  verliesz  der  5e  Collaborator  Dr  Erdraann  die 
Anstalt,  um  eine  Lehrerstelle  an  der  Realschule  zu  Erfurt  anzunehmen. 
Die  Verwaltung  der  erledigten  zwei  Collaboraturen  wurde  dem  bisherigen 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  399 

Hülfslehrer  Heinz  e  zu  Cösliii  und  dem  Candidaten  Lemcke  übertragen. 
In  ilas  Seminar  trat,  der  (Kandidat  (.i  ü  n  th  er  ein;  aus  demselben  schied 
der  Caudidat  Sudhaus,  da  ihm  eine  llülfslehrerstelle  an  dem  Gymna- 
sium zu  Cöslin  übertragen  war.  l^ei  dem  Heginn  des  Sommercursus 
wurde  den  Lehrern  G.  Kern  die  zweite  und  Hesz  die  dritte  Colla- 
boratur  verliehn.  Lehrercolleginm :  ])irector  Heydemann,  die  Pro- 
fessoren Giese brecht,  Dr  Schmidt,  Hering,  Graszmann,  ])r 
Varges,  Oberlehrer  J)r  Friedländer,  Musikdirector  DrLöwe,  Ober- 
lehrer DrCalo,  die  Gymnasiallehrer  Stahr  I,  Dr  Stahr  II,  Balsam, 
die  Cüliaboratoren  Pitsch,  Kern,  Hesz,  die  Hülfslehrer  Heinze, 
Ijemcke,  Kopp,  Dr  Balzer,  Günther,  Lehrer  Neukirch,  Maler 
Most,  Turnlehrer  Briet,  Medicinalrath  Dr  Behm.  Schülerzahl  556 
(!•'  26,  I»  '21,  W  32,  IIb  50,  Hp  51,  mb  59^  jya  57,  lyb  58,  VM2, 
V  51,  VI«  58,  VI''  45);  Vorschule  129  (A  75,  B  54).  Abiturienten  27. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  de  anastropha.  Scr.  G.  Kern  (28  S.  4). 
I)  De  nomine  et  vi  vocabuli.  II)  Qualis  fnerit  veterum  de  anastropha 
dissensio.  III)  De  praepositionibus  anastropham  respuentibus.  IV)  Qui- 
bus  praeceptis  praeterea  coerceatur  anastropha.  —  Den  Schulnachrichten 
der  Friedrich- AVil heims- Schule  zu  Stettin  geht  voraus:  ein  Bei- 
trag zum  Verständnis  der  Sophokl eischen  Antigone,  insbeso7idere  der  Verse 
025  —  92  S  vom  ordentlichen  Lehrer  Berge  mann  (29  S.  4).  Der  Ver- 
fasser behauptet,  dasz  trotz  der  manigfaltigsten  Versuche  dem  Verse  026 
eine  dem  Zusammenhang  angemessene  Auslegung  zu  geben,  die  richtige 
Erklärung  bisher  noch  nicht  gefunden  sei,  und  zwar  darum  nicht,  weil 
alle  bisherigen  h>klärer  diesen  scharfen,  eng  zusammengedrängten,  iu 
höchster  Aufregung  gesprochnen  Gedanken  der  Antigone  bona  lide  dem 
reinen  Wortsinne  nach ,  nicht  aber  als  schneidende  Ironie  aufgefaszt 
hätten ,  eine  Redefigur  durch  welche  Sophokles  erregte  Stimmungen  dar- 
zustellen liebe.  Ehe  der  Verfasser  auf  die  Sache  näher  eingeht,  stellt 
er  die  bisherigen  Erklärungen  zusammen,  welche  wesentlich  nach  drei 
verschiedenen  Richtungen  auseinandergehn  und  sich  um  die  drei  Be- 
deutungen von  ^vyyiyv(i)6v.a}  gruppieren.  Am  Schlusz  der  Abhandlung 
spricht  dann  der  Verfasser  seine  eigne  Auffassung  der  Stelle  aus.  Da 
unzweifelhaft  die  beiden  hypothetischen  Perioden  einen  Gegensatz  dar- 
stellten, die  ersteren  sich  correspondierenden  Glieder  aber  beide  positiv 
und  von  gleichem  Inhalt  wären,  so  müsten  die  beiden  letzteren  sich 
entgegengesetzt  verhalten,  d.  h.  das  eine  müsze  positiv,  das  andere 
negativ  sein.  Da  nun  fl  8  oi'd'  cifvngrdvoi^ai  positiv  sei,  so  stecke  in 
dem  Satze  itad^ovtsg  ccv  ^ryyvni'^sv  rj^KXQrrjyiözsg  eine  Negation,  ver- 
mittelst deren  Antigone  entschieden  verneine,  sieh  eines  Vergehens 
schuldig  gemacht  zu  haben.  Der  Gegensatz,  in  welchem  die  beiden 
hypothetischen  Perioden  stehn,  liege  also  darin,  dasz,  wärend  beide  Be- 
dingungssätze affirmativ,  d.  b.  so  beschaffen  seien,  dasz  Antigone  an 
der  Wirklichkeit  ihres  Inhalts  nicht  zweifle,  die  eine  der  Folgerungen 
negativ,  die  andere  positiv,  also  in  Ttad-ovTfg  eine  Negation  enthalten 
sein  müsze.  Dasz  sieb  Antigone  zu  dem  Inhalt  des  ersten  Bedingungs- 
satzes nicht  verneinend  verhalte,  wie  die  bisherigen  Erklärer,  um  irgend- 
wie den  notwendigen  Gegensatz  der  beiden  Perioden  herauszubringen, 
übereinstimmend  annähmen,  sondern  dasz  sie  denselben  entschieden  be- 
jahe, glaubt  der  Verfasser  bei  der  Widerlegung  der  Hermann  sehen 
Interpretation  überzeugend  nachgewiesen  zu  haben.  Es  könne  daher 
nunmehr  nicht  zweifelhaft  sein ,  dasz  dem  Satze  7ta96vT8g  aV  ^vyyvoi- 
fifv  riaccQrriy.ÖT?g  die  Figur  der  Ironie  zu  Grunde  Hege,  durch 
welche  Antigone  in  prägnantester  Kürze  mit  bitterem  Hohn  erkläre, 
dasz  sie  zwar  bereit  sei  den  Tod  zu  leiden,  aber  nun  und  nimmermehr 
zugestehn  werde,  gefehlt  zu  haben.  Wer  eine  Sophokleische  Tragödie 
gelesen   habe,  wisse,    wie  oft   der  Dichter    die   herbe  Form  der  Ironie 


400  Personalnotizen. 

anwende,  um  erbitterte  Gemütsstimnmngen  darzustellen,  und  werde  zu- 
geben,   dasz   diese    Form    dem    so    heftig    erregten   Gemütszustande    der 
Antigene  vollkommen    gemäsz  sei;    der  bittere  Beigeschmack  der  Ironie 
werde  durch    den   Optativ   mit   vorangestelltem    av    noch  um  vieles  ver- 
stärkt.    Die   beiden  Participien    seien    selbständig   von  einander   aufzu- 
fassen   und  riac(QTr]yi6Ttg  sei  als  Object,    7r«'9'ö»'Tfg  aber  als  Zeitbestim- 
mung   zu    ^vyyvoL^sv  zu    nehmen.     Die  Form    der  Ironie   entstehe  nun 
dadurch,  dasz  Antigene  sage  :  ^nachdem  ich  werde  gelitten  haben,  d.  h. 
wenn    man    mich    getödet    hat,     werde    ich    eingestelm ,    dasz    ich 
schuldig  bin.'     Mit   diesen  Worten  erkläre  sie   in  herbster  Entschieden- 
heit: 'man  kann  mich  tödten,  nimmermehr  aber  wird  man  mich  zwingen 
zu  bekennen,   dasz   ich    mich    eines  Vergehens  schuldig  gemacht  habe.' 
Damit   nemlich,    dasz    sie   sage,   sie   werde   das  Bekenntnis   der  Schuld 
ablegen    nach   ihrer  Hinrichtung,    verschiebe   sie  dasselbe  höhnend  auf 
den  Nimmermehrstag.     Diejenige   Form  der  Ironie,   in    welcher   man 
eineThätigkeit  mit  bitterem  Hohn  dadurch  verneine,  dasz 
man  sie  erst  nach  dem  Tode  eintreten  lasse,  sei  dem  Griechen, 
welcher  mit   dem   Tode    alle   menschliche   Thätigkeit  für  abgeschlossen 
halte ,    so   allgemein   verständlich    und    dem  Sophokles    insbesondere    so 
geläufig,    dasz    man    sich  billig    wundern  müsze,    warum   man   dieselbe 
nicht   längst   auf  unsere  Stelle   angewendet,   sondern  lieber  zu  den  ge- 
waltsamsten und  unlogischsten  Erklärungen  gegriffen  habe.     Stände  ^ce- 
vovTfg  statt  na&6vT8g ,    so  würde  jeder  auf  der  ersten  Blick  die  Figur 
der  Ironie    erkannt   und    die   Parallelstellen   Philoct.  624   und    Aias  100 
als  Erläuterungen   zur  Hand   gehabt   haben.     Allein   der  Dichter   habe 
absichtlich   Tta&övrsg   gesetzt ,    weil   darin    der   hier   notwendige  Begriff 
der  gewaltsamen  Tödung  liege   und  weil  na&övrsg  und  nci&oisv  als 
gleichartige  Glieder  der   beiden  Perioden  sich  genau  hätten  entsprechen 
sollen.     So   schreite  Antigene,    wie   es  der  Charakter  derselben, 
wie    es    der  Grundgedanke    der  ganzen  Tragödie  verlange, 
unbeirrt  in  ihrer  Ueberzeugung  selbst  dann ,  als  das  Gefühl  ihrer  gänz- 
lichen Verlassenheit    sie    irre   werden    lasse    an    der   Gerechtigkeit    der 
Götter,  im  unerschütterten  Glauben  an  die  Gerechtigkeit  und  Heiligkeit 
ihrer  Sache  der  schrecklichen  Todtengruft  entgegen. 

(Fortsetzung  folgt.) 
Fulda.  Dr  Ostermann. 


Personalnotizen 


Ernennung^en,  Bef ürderongen ,  Versetzungen: 

Dietsch,  Dr  Rud.,  Prof.  an  der  k.  Landesschule  zu  Grimma, 
zum  Director  der  vereinigten  Gymnasial-  u.  Realschulanstalt  zu  Plauen 
ernannt.  —  Fr  oh  berger,  Dr  Herm.,  Oberlehrer  am  Gymnasium  zu 
Zittau,  zum  9n  Oberl.  der  kön.  Landesschule  zn  Grimma  ernannt.  — 
Palm,  Prof.  Dr  Frdr. ,  Director  zu  Plauen,  zum  Rector  des  Gymn. 
zu  Budissin  ernannt. 

Praediciert: 

Lipsius,  Dr  H.  J.,  bei  seiner  Ascension  zum  7n  Oberlehrer  an  der 
k.  Landesschule  zu  Grimma,  als  Professor  praediciert. 

Pensioniert: 

Hoffmann,  Prof.  Dr,  Rector,  und  Müller,  Dr,  Conr.  am  Gymn. 
zu  Budissin. 


Zweite  Abteilung: 

für  Gymnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Aussclilusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  ?on  Rudolph  Dietsch. 


iJ. 

Physikalische  Lehrbücher. 


Unter  den  Lehrgegensländen  unserer  preuszischen  Gymnasien  nach 
gegenwärtiger  Verfassung  nimmt  die  Physik  ohne  Widerstreit  den  un- 
tersten Platz  ein  —  die  beschreibenden  Naturwissenschaften  dürfen  ja 
kaum  noch  den  Gymnasialdisciplinen  zugerechnet  werden  —  und  son- 
derbarer Gegensatz,  gerade  die  physikalische  Schullitteratur  ist  viel- 
leicht am  besten  und  würdigsten  vertreten,  da  mit  wenigen  Ausnahmen 
nur  Meister  ihres  Fachs  dieselbe  bereichert  haben.  Seit  das  bahn- 
brechende Lelirbuch  von  Fischer,  der  früiieren  Versuche  nicht  zu 
gedenken,  erschienen  ist,  läszt  sich  eine  ganze  Reihe  wirklich  ausge- 
zeichneter Werke  namhaft  machen,  von  denen  noch  jetzt  die  meisten 
einen  ehrenvollen  Platz  behaupten.  Wir  nennen  von  gröszern  Arbeiten 
vor  allen  das  Fi  seh  er  sehe  Werk  selbst  mit  den  Verbesserungen  und 
Erweiterungen  von  August,  sodann  die  Ba  u  m  ga  r  tn  e  r  sehe  Natur- 
lehre, weiterhin  die  Müll  ersehe  Bearbeitung  von  Pouillet  und  end- 
lich Eis  enl  o  hr,  der  in  den  letzten  Jahren  eine  grosze  und  verdiente 
Verbreitung  gefunden  hat.  Unter  den  Arbeiten  geringern  Umfangs 
mögen  erwähnt  werden  Brettner,  dessen  wir  uns  aus  den  eignen 
Schuljahren  noch  mit  Liebe  erinnern,  da  er  den  damals  weitverbreite- 
ten aber  etwas  unförmlichen  Kries  verdrängle,  sodann  die  Auszüge 
aus  den  vorhin  genannten  gröszern  Werken  von  Fis  eher- August 
und  Pouil  I  et-M  ü  1 1  er,  weiterhin  H  eussi,  dessen  dritter  (mathe- 
matischer) Teil  sich  gewis  die  Sympathie  vieler  Lehrer  erworben  hat, 
und  reihen  daran  endlich  die  neuern  Erscheinungen  von  Koppe, 
Trappe,  Spiller  und  Witschel.  Ferner  stehen  uns  für  unsern 
Zweck  zunächst  zwei  gröszere  Arbeiten,  das  vierbändige  physikalisch- 
chemische Lexikon  von  Berliner  Gelehrten:  Dove,  August,  Min- 
ding usw.  und  die  populäre  Naturlehre  von  Bequerel,  sowie  das 
kleine  Werkelten  von  Fr  ick  unter  dem  Titel  ^physikalische  Technik' 
zu  Gebote.  Es  kann  nicht  die  Absicht  des  Ref.  sein,  alle  die  genannten 
Bücher  kritisch  zu  durchwandern,  er  würde  sich  ja  nur  wiederholen 

N.  Jahrb.  f.  Pliil.  u.  Päd.   II.  Abt.  1861.  Hft  9.  26 


402  Pliysikalisclie  Lehrbücher. 

und  die  Leser  ermüden:  er  will  vielmehr  in  dieselben  nur  nach  allge- 
meinen Gesichtspunkten  einen  Einblick  gewähren  und  dcninücbst  nur 
die  Lehrbücher  von  S  p  i  1 1  e  r  und  W  i  t  s  c  b  e  1  weitläufiger  besprechen, 
da  diese  ihm  unter  den  neuern  Arbeiten  die  bessern  zu  sein  scheinen. 

Wenn  tüchtige  Fachmänner  Lehr-  und  Unierrichtsbücher  schrei- 
ben, so  darf  man  im  aligemeinen  überzeugt  sein,  dasz  diese  Werkchen 
auf  der  Höhe  der  Wissenschaft  stehn.  Diese  Höhe  wird  aber  bei  Ar- 
beiten dieser  Art  nicht  daran  erkannt,  dasz  alle  und  jede  neue  Ent- 
deckung, auch  die  minutiöseste,  sofort  Aufnahme  gefunden ,  sondern 
vielmehr  daran,  dasz  der  Geist  des  tzesamteu  Bucbs  in  Hinsicht  der 
Anordnung  und  Zusammenfassung  des  Materials,  in  Hinsicht  der  gei- 
stigen Verwerlliung  desselben  und  endlich  in  Hinsicht  der  Verbindung 
der  hier  detaillierten  wissenschaftlichen  Uesullate  mit  andern  geistigen 
Gebieten  ein  anerkennenswerthes  Streben  bekundet. 

In  den  Vordergrund  der  Besprechung  drängt  sich  wiederum  das 
Verhältnis  zwischen  Mathematik  und  Physik,  über  das  wir  schon  in 
einer  vor  Jahren  geschriebnen  Recension  der  Koppeseben  Physik 
einige  Bemerkungen  gemacht  haben.  Unsere  Ansicht  ist  jetzt  wie  da- 
mals dieselbe.  Die  liefere  Begründung  der  physikalischen  Lehren,  die 
Correctur  des  Experiments,  die  Conslruction  neu  gewonnener  Begrilfe. 
alles  das  ist  einzig  und  allein  Sache  der  Mathematik.  Soll  aber  darum 
ein  Lehrbuch  der  Physik,  sei  es  für  die  Schule  oder  das  gebildele 
Publicum  bestimmt,  im  Einzelnen  ebenso  wie  im  Ganzen  eine  mathe- 
matische Darstellung  inne  halten,  oder  aber  soll  es  diese  zurück- 
drängend mehr  historisch  dogmatisch  verfahren  und  dabei  vom  Ex- 
periment ausgehend  vorzugsweise  eine  physikalische  Bildung,  die  los- 
geht auf  Kenntnisnahme  und  geistige  Erfassung  der  Naturerscheinungen, 
im  Auge  beballen?  Die  Antwort  scheint  nicht  zweifelhaft  zu  sein. 
Der  Arzt,  der  Industrielle,  die  Gewerke  und  der  Landwirth  werden  an 
einer  vorzugsweise  mathematischen  Darstellung  der  Physik  wenig  Ge- 
fallen finden,  für  sie  ist  diese  Wissenschaft  nur  eine  Hülfswissenschafl, 
deren  Resultate  sie  sich  aneignen  wollen,  ohne  den  schwierigen  Gang 
der  vollständigen  Untersuchung  noch  einmal  durchvvandeln  zu  müszen. 
Und  was  nun  die  S  ibnlo  betrifft,  so  weisz  jeder  Lehrer,  welche  Erfolg»? 
ein  mathematisch -physikalischer  Unterricht  erzielt.  Hier  wie  in  der 
reinen  Mathematik  ist  die  Construction  von  Begriffen  und  Gedanken, 
der  Uebergang  von  dem  rein  Concrelen  zur  absolutesten  Absiraction, 
das  mechanische  Operieren  mit  Zeichen,  deren  Zusammenhang  mit  dem 
zu  bezeichnenden  Begriffe  selbst  geübteren  häufig  so  schwer  fällt : 
alles  dieses,  sage  ich,  ist  wenig  geeignet  den  flüchtigen  Sinn  der 
Jugend  festzuhalten,  und  wenn  es  in  der  Mathematik  und  durch  die- 
selbe mehr  oder  weniger  gelingt,  weil  der  Gegenstand  im  Schulleben 
eine  gröszere  Rolle  spielt,  so  fällt  doch  die  Möglichkeil  des  Gelingens 
bei  der  Physik  dahin,  vollends  seit  dieselbe  vom  Abiturientenexanien 
ausgeschlossen  worden  ist. 

Für  alle,  welche  sich  mit  Physik  beschäftigen  wollen,  natürlich 
mit  Ausnahme  der  Fachgelehrten,  ist  mithin  Anschauung  und  wiederum 


Physikalische  Lehrbücher.  403 

Anschauung  das  notwendige,  das  gewünschte  und  das  allein  aus- 
reichende. Entgegnet  man,  das/,  einzelne  Abschnitte  der  Physik  rein 
matliemafischer  Natur  seien  nnd  somit  aucli  oine  mathematische  Dar- 
stellung notwendig  machen,  so  anlwoile  ich,  dasz  im  allgemeinen  die 
Elcmentarinalhematik  für  den  festzuhaltenden  Zweck  der  tiefem  Be- 
gründung nicht  ausreicht,  und  gerade  an  den  Stellen  nicht  ausreicht, 
an  denen  die  Mathematik  uncnlbehrlicji  zu  sein  scheint,  z.  B.  in  der 
Lehre  vom  Gleichgewichl.  \\  erfe  man  doch  nur  einen  Blick  in  die 
vorzugsweise  für  Techniker  bestimmte  E  i  te  l  w  e  i  n  sehe  Mechanik  und 
Hydraulik  oder  in  das  kleinere  Werkchen  von  Bitzel,  so  uird  man 
bei  der  beliebten  elementaren  Darstellung  nicht  wenige  nur  historisch 
angeführte  Formeln  linden,  wobei  niciit  verhehlt  werden  soll,  dasz 
Eitel  wein  in  den  Anmerkungen  ohne  Bedenken  zum  liöhern  Caicul 
greift.  Die  W  i  ts  che  I  sehe  Physik  legt  gerade  auf  die  nuilhematische 
üeduction  ein  groszes  Ge\>  icht,  aber  man  kann  sich  der  Ueberzeugung 
nicht  erwehren,  dasz  das  Beigebrachte  dieser  Art  an  manchen  Orten  in 
derselben  durchaus  unzureichend  ist.  Handelt  es  sich,  um  ein  specielles 
Beispiel  nicht  vorzuenthalten,  um  den  Ausflusz  des  Wassers  aus  Boden- 
oder SeitenölTnungen  bei  unverminderter  Druckhöhe,  so  sind  die  ent- 
sprechenden Formeln  gar  bald  gefunden;  soll  aber  der  Umstand  der 
allmählichen  Entleerung  des  Gefiiszes,  also  der  zunächst  folgende  Schrift, 
mit  in  Rechnung  gestellt  werden,  so  gibt  Eitel  wein  nur  die  Formel 
für  OelTnungen,  die  bis  an  die  Oberfläche  des  Gefäszes  reichen,  und 
auch  diese  nur  historisch  mit  beigefügter  Entwicklung  in  der  Anmer- 
kung; Bitzel  thut  ein  übriges  und  setzt  Boden-  und  SeitenölFnung 
einander  gleich,  Witschel  geht  gar  nicht  auf  den  Fall  ein,  was  um 
so  mehr  gerügt  werden  musz,  als  derselbe  in  der  Praxis  der  ungleich 
häufigere  ist.  W  enn  lexiUographische  Arbeiten  wie  z.  B.  die  jüngste 
von  Hoffmann  auf  jeder  Seite  den  höliern  Caicul  in  Anspruch  neh- 
men und  dabei  der  leidigen  Vollständigkeit  halber  BegrilTe  wie  ^arith- 
metisches Verhältnis'  oder  'Proportion^  und  dergleichen  zu  entwickeln 
sich  gemüszigt  sehn,  so  ist  doch  gewis  zuzugestehn,  dasz  eine  solciie 
Vollständigkeit  ungenieszbar  wird  :  mit  der  mathematischen  Begründung 
in  den  meisten  Lehrbüchern  der  Physik  hat  es  in  Ansehung  der  Tiefe 
fast  eine  gleiche  Bewandtnis.  Dasz  die  gemachten  Ausstellungen  nicht 
unberechtigt  sind,  zeigen  neuere  Schriften  in  zweifacher  Weise.  Findet 
man  bei  ihnen  das  Material  in  breilerer  mathematischer  Behandlung 
vor,  so  ist  diese  doch  mehr  auf  die  historische  Entwicklung  gestützt, 
die  Begriffe  des  dynamischen  Effects,  des  Trägheitmoments  usw.  wer- 
den hauptsächlich  in  Zahlenbeispielen  erörtert  und  allgemeine  Prin- 
cipien  und  Theorien  werden  an  den  geeigneten  Stellen  durch  passende 
Thatsachen  znr  Anschauung  gebracht.  Andererseits  hat  man  die  Schwie- 
rigkeit der  mathematischen  Deduction  zu  umgehn  gesucht,  dadurch  dasz 
man  den  natürlichen  W  eg  der  Analyse  verlassen  und  eine  graphisch 
geometrische  )Iethode  eingeführt,  die  allerdings  an  gar  vielen  Stellen 
sehr  geeignet  ist  die  Abstraction  zu  mildern  und  wenigstens  teilweise 
in  Anschauung  umzusetzen.     Uns  will  es  jedoch  scheinen ,  dasz  auch 

26* 


404  Physikalische  Lehrbücher. 

diese  Mittel  nicht  die  Erfolge  aufweisen,  die  man  erzielen  will,  und 
wir  glauben  dasz  physikalische  Empirie  und  mathematische  Deduction 
in  der  Darstellung  je  mehr  desto  besser  von  einander  getrennt  werden. 
Diesen  Weg  haben  mit  groszem  Erfolg  Baumgartner  und  Heussi 
sowie  in  jüngster  Zeit  M  ü  1 1  e  r,  der  Bearbeiter  von  P  o  u  i  1 1  e  t,  einge- 
schlagen. Baumgartner  gibt  zu  seiner  Natiirlchre  einen  Supplement- 
band, der  die  mathematischen  Theorien  mit  Anwendung  des  hohem 
Calculs  vollständig  entwickelt;  Heussi  teilt  seine  Physik  in  drei 
Curse ,  von  denen  der  erste  die  Phänomene,  der  zweite  die  Gesetze 
lind  der  dritte  die  Kräfte  d.  h.  die  mathematische  Begründung,  so  weit 
die  Elementarmalhematik  ausreicht,  in  sich  enthalten.  Die  Dreiteilung 
des  Werks  ist  dem  Princip  nach  gewis  tadellos,  in  der  Ausführung 
jedoch  etwas  pedantiscii,  und  selbst  der  Verfasser  wird  sich  der  An 
sieht  nicht  enlüchlagen  können,  die  beiden  ersten  Teile  in  einen  ver- 
arbeiten zu  müszen.  Sonst  sind  diese  Arbeiten  von  Baumgartner 
und  Heussi  ganz  vorzüglich,  und  wie  sehr  auch  die  Flut  ähnlicher 
anschwellen  mag,  man  wird  stets  gern  auf  sie  zurückgehn.  Es  ist 
somit  die  Art  und  Weise,  die  angeregte  Schwierigkeit  im  Verhältnis 
der  Mathematik  zur  Physik  zu  lösen,  schon  längst  erkannt  und  in  ge- 
schickter Weise  ausgeführt;  wie  lange  Zeit  man  auch  die  gezeigten 
Pfade  verlassen,  man  ist  schlieszlich  doch  zurückgekehrt,  und  wir 
hoffen  dasz  das  von  dem  oben  citierten  verdienstvollen  Müller  ge- 
gebene Beispiel  nicht  ohne  Nachfolger  bleiben  wird. 

Wie  bei  der  Mathematik,  so  ist  auch  bei  der  Chemie  das  Verhält- 
nis zur  Physik  in  Betreff  der  Darstellung  noch  lange  nicht  festgestellt. 
Einige  Autoren  sehen  so  viel  möglich  von  der  Chemie  ab,  andere 
bringen  an  einzelnen  Stellen  einzelne  chemische  Excurse,  noch  andere 
schieben  einen  ganzen  Abschnitt,  der  die  Elemente  der  Chemie  be- 
handelt, in  die  Physik  hinein.  Referent  kann  sich  mit  allen  diesen 
Mitteln  der  Schwierigkeit  aus  dem  Weg  zu  gehn  nicht  einverstanden 
erklären,  musz  aber,  um  seine  Ansicht  klar  hinstellen  zu  können, 
etwas  weiter  ausholen.  Die  Einteilung  der  Physik  hat  bisher  viel- 
seitig geschwankt.  Wärend  man  in  den  ersten  Decennien  dieses  Jahr- 
hunderts alles  mögliche:  Astronomie  ,  Geognosie,  Geologie  ,  geogra- 
phische Excurse  in  unsere  Wissenschaft  einführte ,  klärte  sich  darauf 
zunächst  eine  Dreiteilung  ab,  man  handelte  über  Ponderabilien,  über 
Imponderabilien  und  über  meteorologische  Erscheinungen.  Letztere 
verloren  zuerst  ihre  Bedeutung,  indem  man  gar  bald  erkannte,  dasz 
die  Natur  keine  andern  Erscheinungen  darbiete  als  solche,  die  wir  in 
unsern  Laboratorien  wenn  auch  in  unendlich  abgeschwächter  Weise 
nachzubilden  versuchen,  dasz  somit  an  jeder  Stelle  vom  Fundamenlal- 
versuch  durch  Erweiterung  der  Experimente  bis  zur  Erscheinung  in 
der  Natur  selbst  vorzudringen  sei.  Aber  auch  der  Unterschied  zwi- 
schen Ponderabilien  und  Imponderabilien  oder  wie  andere  Naturforscher 
sich  vorsichtiger  ausdrückten  zwischen  wahrnehmbaren  und  nicht  wahr- 
nehmbaren Körpern  verlor  immer  mehr  an  innerem  Werlh,  jo  weiter 
man  in  der  Erkenntnis  vorrückte,  dasz  jeder  Erscheinung  eine  ßewe- 


Physikalische  l.elubiicher.  405 

guiig  zu  Grunde  liege  und  dasz  die  Physik,  wenn  nicht  Bewegungslehre 
selbst,  so  doch  die  Lehre  von  den  Producten  der  Bewegung  sei.    Man 
suchte  sich  deshalb  in  anderer  Weise    zu  helfen  und  führte  eine  neue 
Dreiteilung  ein,   die  der  Anziehungserscheinungen,  der  Schwingungs- 
und Slrömungserscheinungen ,  ohne  freilich  den  Unterschied  zwischen 
Anziehung,  Strömung  und  Schwingung  näher  zu   entwickeln,  was  man 
lieber  einem  gewissen  dunkeln  Gefühl  überliesz,  da  ja  die  Ausdrücke 
selbst   an  und  für  sich   versländlich   schienen.    Waren  auch   die   Im- 
ponderabilien  in   das  Keich  der  Kobolde   verwiesen,  so  scheute  man 
sich  dennoch  elecirische  und  magnetische  Erscheinungen  als  Schwin- 
gungserscheinungen hinzustellen:   instinctmäszig  fühlte  man   sich   zu 
diesem  Schritt  hingetrieben,   die  exacte  Forschung  hatte   ihn  jedoch 
noch  nicht  gut  geheiszen  und  man  schwankt  noch  im  gegenwärtigen 
Augenblick.    So  viel  scheint  indes  feslzustehn,  dasz  das  Unterfangen, 
die  Einteilung  der  Physik    von  dem    Momente   der  Bewegung    herzu- 
leiten, nicht  mehr  als  allzu  kühn  wird  angesehn  werden,   zwar  nicht 
in  der  Weise ,    dasz    man   den  Unterschied   in  die  Bewegung   selbst 
hineinträgt,  wol   aber  in   dieser,  dasz  der  Unterschied   von  dem  Be- 
wegten selbst   entnommen  wird.    Nun  aber  bewegen  sich  zwei   oder 
mehrere  Körper  mit  und  nebeneinander  oder  aber  es  bewegen  sich  die 
Molecüle  eines  und  desselben  Körpers,  und  sollten  beide  Bewegungs- 
arten gleichzeitig  vorhanden  sein,  so  tritt  doch  die  eine  oder  die  an- 
dere in  der  Betrachtung  wesentlich  hervor.    Man  kann  und  musz  dem- 
nach unterscheiden  zwischen  ßewegungserscheinungen  der  Anziehungen 
verschiedener  Körper  einerseits  und  zwischen  Bewegungserscheinungen 
der  Mülecülar-  oder  Massenteilchen  eines  Körpers  auf  der  andern  Seite. 
Eine  Zweiteilung  der  physikalischen  Lehren   ist  also  unmittelbar  ge- 
boten und   die  beiden   Abteilungen    correspondieren  ganz  genau  den 
früheren,  welche  Ponderabilien  und  Imponderabilien  betitelt  waren,  nur 
dasz  man  es  jetzt  nicht  mehr  mit  wesenlosen  ßegrilTen,  sondern  mit 
thatsächtichen  Verhältnissen   zu   thun   hat.     Die   Physik   ist   also  eine 
Mechanik  und  der  für  das  Fischer-August  sehe  Lehrbuch  gewählte 
Titel  ^mechanische  Nalurlehre'  ist  der  eigentliche  und  einzig  berech- 
tigte.   Selbstverständlich  folgt  nun  weiter,  dasz  bisher  gar  vieles  zur 
Physik  gezogen  wurde,  was  nicht  zu  ihrem  engern  Gebiet  gehört,  es 
folgt  dasz  namentlich  das  erste   Kapitel    in  allen  Lehrbüchern   ohne 
Ausnahme,  die  Lehre  von  den  sogenannten  allgemeinen  oder  consti- 
tuierenden  Eigenschaften  der  Körper,  mit  allem  was  drum  und  dran 
hängt  weggewiesen  werden  musz.    Allgemeine  Eigenschaften  der  Ma- 
terie, als  Tastbarkeit,  Teilbarkeit,  Ausdehnbarkeit,  Porosität,  Schwere, 
chemische  Afftnifät  und  damit  verbundene  Cohäsions-  und  Adhäsions- 
verhällnisse  ,  thermales  Verhalten  usw.   sind  in  der  That  nicht  allein 
in  der  Physik  sondern  auch  in  der  Chemie  zu  behandeln,  sie  bilden  die 
Grundlage   für  beide  Wissenschaften,  durch  sie  wird  das  Materielle 
qualificiert,  das  Materielle  das  nun  erst  studiert  wird  in  Hinsicht  sei- 
ner Bewegungserscheinungen  oder  in  Betreff  seiner  StolTveränderungen. 
Deshalb  scheint  es  notwendig  zu  sein  der  Physik  eine  längere  Ein- 


400  Physikiilisclie  Lelirbücher. 

leitiing  vorauszuschicken,  in  der  nicht  nur  wie  bisiier  einzelne  BegrilFe 
vorgelegt,  sondern  zwei  längere  Excurse  gegeben  werden,  von  denen 
der  erste  das  so  eben  angedeutete,  also  die  Qualificalion  der  Materie 
als  die  gemeinsame  Grundlage  der  Physik  und  Chemie,  der  zweite 
dagegen  die  mathemalischen  Vorbegriile  über  Ruhe  und  Bewegung 
und  Bestimmungsmethoden  für  beide,  über  Masz,  absolutes  und  speci- 
fisches  Gewicht,  über  Krystallisation  und  Kryslallsysteme  und  was 
sonst  sich  noch  anscblieszen  kann,  des  breitern  entwickelt.  Dann  wird 
Sinn  und  Ordnung  hervorlreten ,  und  die,  Unklarheit,  welche  bis  jetzt 
die  ersten  Abschnitte  fast  aller  Lehrbücher  trübt  und  zum  Teil  unge- 
nieszbar  macht,  gänzlich  verschwinden.  Einzelnes  ist  schon  in  ein- 
zelnen Lehrbüchern  geschehn ;  man  findet  jetzt  schon  häufig  Wärme- 
verhällnisse  in  den  ersten  Kapiteln  besprochen,  die  Fallgesetze  vor 
dem  Hebel  entwickelt  und  an  Stellen,  wo  die  malhematische  Deduction 
abgebrochen  werden  muste,  wenigstens  den  fernem  Weg  angedeutet, 
auf  welchem  das  gewünschte  ResuKat  erzielt  werden  kann.  —  Weiler 
unten  bei  Besprechung  des  W  i  t  z  sc  h  e  Ischen  Lelirbuclis  wird  noch 
näheres  diesen  Bemerkungen  beigefügt  werden ;  gehen  wir  jetzt  von 
der  sachlichen  zur  sprachlichen  Darsiellung  über. 

Die  sprachliche  Darstellung  wie  der  naturwissenschaftlichen  Dis- 
ciplinen  überhaupt,  so  der  Physik  insbesondere  ist  in  unsern  Tagen 
gewissermaszen  eine  Virtuosität  geworden;  zahlreiche  Unternehmun- 
gen populärer  Darstellung  haben  teilweise  glänzenden  Erfolg  gehabt, 
wenngleich  der  materielle  Gehalt  von  äuszerst  geringem  Werth  ist; 
glänzende  Namen  werden  überall  für  periodische  Zeitschriften  v.ie  der 
Abhub  des  Papierkorbes  geboten,  —  und  das  Publicum  trinkt  den  ge- 
mischten und  gefärbten  Trank  und  findet  im  seligen  Vergessen  oft  erst 
lange  nachher,  dasz  ihm  statt  Wein  Wasser  geboten  und  verkauft  ist. 
Vor  .lahren  schrieb  Referent  in  dem  Vorwort  zu  einer  physikalischen 
Abhandlung:  ^die  Arbeit  sollte  eine  populäre  im  bessern  Sinn  des 
Worts  werden,  eine  solche  also,  die  einmal  ihrem  Inhalt  nach  jedem 
Gebildeten  leicht  zugänglich  sei  und  Interesse  einllöszo  und  sodann 
in  einer  gedrängten  und  präcisen  Sprache  dem  Leser  nicht  das  Nach- 
denken erspare,  sondern  ihn  dazu  nötige.  Wenn  man  heul/.ulago 
namentlich  in  einer  gewissen  naturwissenschaftlichen  Belletristik  dem 
Leser  alles  mundgerecht  zu  machen  sucht,  wenn  man  strebt  durch  eine 
weiche,  weite,  sentimentale,  blumenreiche  Sprache,  durch  schillernde 
Phrasen  und  forcierten  dichterischen  Schwung  Kenntnisse  zu  verbrei- 
ten, die  einem  realen  Boden  entsprossen  doch  der  idealen  Blüten  nicht 
entbehren  sollen ,  so  ist  man  einem  Wahn  verfallen ,  der  schon  um 
deswillen  beklagt  werden  musz,  weil  er  eine  gewisse  dilettan- 
tische Mittelmäszigkeit,  ein  unfruchtbares,  überall  sich  spreizendes 
Halbwissen  erzeugt,  das  den  Geist  nicht  bildet  und  das  Gefühl  kalt 
und  leer  läszt.'  Auch  beute  noch  hat  diese  kurze  Charakteristik  nicht 
ihre  Bedeutung  verloren,  auch  heute  noch  sind  '^Wunder  der  Urwelt, 
Wunder  der  Chemie'  beliebte  und  begehrte  Titel,  und  das  sogenannte 
gebildete  Publicum  kennt  die  ganze  Theorie  des  Hebels,  weisz  aber 


Physikalische  Lehrbücher.  407 

natürlich  nicht  wie  man  es  einzurichten  hat,  beim  Brodsclineidcn  glalfe 
Scliiiitle   zu  orliaifcn.     Hin   sroszer  Kücksclirillsiiianii ,  als  Nalurhislo- 
riUcr  und  rojMilaij)liiluso|»h  indes  liöclisf  gewandt,  lial  neulicli  die  Be- 
hauptung aufgestellt,  dasz  unsere  naturwissenschaflulnde  Zeit  weniger 
der  Breite  nach   von  der  Natur  wisse  als  das   obscnrante  Mittelalter; 
der  Mann  hat  nicht  ganz  Unrecht;   unsere  Zeit  treibt  zu  viel  Charlala- 
nisnms,  zu  viel  Flillerstaut;  mit  dem  Galvanismus  ist  eine  galvanische 
Vergoldung  auch  über  die  Verslandes-  und  Herzensbildung  gekommen 
und  darunter   ist  eitel    Lug   und   Trug.     Wozu  aber  an   dieser  Stello 
dieser  Excurs?    ^^  eil  der  Chariatanismus  auch  in  die  Lehr-  und  Unter- 
richtsbücher sicli  hineingedrängt  hat,  weil  aucii  in  diesen  Büchern  die 
sentimentale  Phrase   nicht  seilen  überwiegt.     Zwar  von  den  oben  an- 
geführten Büchern  läszt  sich  besseres  behaupten,  vielleicht  leidet  nur 
Koppe  an  einer  ermiidenden  und   allzu  selbstgefälligen  Breite;  aber 
auch  bei  ihnen  können  wir  einige  Bemerkungen  machen,  die  dem  Leser 
nicht  gerade  unangenehm  sein   werden.     Was   zunächst  die  umfang- 
reicheren Arbeiten  betrilTt,   so  zeiciinet  sich  die  Ba  u  m  g  a  r  t  ne  r  sehe 
Naturlehre   durch  eine  gedrängte,   nach    allgemeinen    Gesichtspunkten 
strebende,  ganz  und  gar  piiilosopiiische  Darstellung  aus.     Die  Sprache 
ist  periodisch  gebaut,  und  zwar  derartig,  dasz  in   den   Nebensätzen 
möglichst  viele  und    naheliegende  Gedanken  und  Erörterungen  Platz 
greifen.    So  strengt  die  Leetüre  einigermaszen  an,  obgleich  Feinheit 
und  WoUaut    durchaus    nicht   mangeln:    der    Gedankenreichtum   läszt 
sich  oftmals  schwer  bewältigen  und  selbst  befähigtere  Schüler  werden 
nur  zu  häulig  abgeschreckt  werden,  der  gebildete  Mann  dagegen  wird 
zum  Nachdenken   und  reiflichen  Ueberlegen  angespornt,   so  dasz  un- 
serer Ansicht  gemäsz  die  Ba  u  m  ga  rl  n  ersehe  sprachliche  Darstellung 
das  Muster  eines  populären  Stils  abgibt.     Einige  Proben  werden  das 
gesagte  bewahrheiten.     In   der  dritten  Auflage  (von  1829)  heiszt  es: 
'wenn   man    die   optischen  Erscheinungen  mit  denen  der  Wärme   ver- 
gleicht, so  kann  man  niciit  umhin  die  Vermutung  zu  wagen,  dasz  die 
objectiven  Ursachen  beider  nicht  wesentlich,  sondern  nur  dem  Grade 
nach  verschieden  sind,  und  dasz  die  Erscheinungen  der  Wärme,  wenig- 
stens der  bew  egten,  durch  Aellierschw  ingungen  bedingt  sind.    Zu  die- 
ser Vermutung  führen  folgende  Gründe:  Liclit  und  Wärme  existieren 
häufig  in   demselben  Körper  gleichzeitig  oder  gehn  in  einander  über, 
und  es  ist  höchst  wahrscheinlicli,  dasz  das  was  für  uns  nur  A>  arme  ist, 
für  andere  Wesen    schon  als  Licht  wirkt,   so  wie  die  Schwingungen 
einer  Saite  von  einem  noch  gesehen  und  nicht  gehört,  von   einem  an- 
dern aber  gehört  und  nicht  gesehen  werden  können  oder  beides  zu- 
gleich.    Wenigstens  ist   uns    hieraus-  das   Sehen    der  Haubthiere  bei 
völlig  dunkler  Nacht  und  besonders  das  Sehen   der  Fische  erklärbar, 
die   im  Grunde  des  Meilen  tiefen  Meeres   wohnen.     Wärme  und  Licht 
erleiden    dieselben   Veränderungen    und    befolgen    dieselben   Gesetze; 
beide  pflanzen  sich  im  leeren  Raum  und  in  der  Luft  von  gleicher  Dichte 
geradlinig   mit   ungeheurer  Geschwindigkeit  fort,   beide   werden  ge- 
brochen, reflecliert,  absorbiert  und  polarisiert,  und  jeder  (-des?)  im 


408  Physiliiilische  Lehrbücher. 

allgemeinen  nach  einerlei  Gesalzen.  Sucht  man  diesem  gemäsz  die 
Wärmephänomene  so  wie  die  Lichlerscheinungen  aus  Schwingungen 
des  Aelhers  zu  erklären,  wie  mehrere  berühmte  Physiker  z.  B.  Davy 
und  Huniford  thaten ,  so  hat  man  es  nicht  so  leicht,  wie  bei  der  An- 
nahme eines  Wärmesloffes,  den  man  sich  nach  Belieben  schafft  und 
qualificiert,  man  musz  mittelst  Rechnung  alles  aus  der  Natur  der  vi- 
brierenden Bewegung  ableiten.  Bisher  ist  das  nicht  geschehn,  wenn 
man  das  ausnimmt  was  Fotirier  und  Poisson  über  die  Gesetze  der 
Wärmemitteilung  berechnet,  und  was  aucii  mit  den  Gesetzen  der  schwin- 
genden Bewegung  wol  verträglich  ist.  Vor  der  Hand  scheint  es,  als 
würden  die  Wärmepltiinomene  durch  Schwingungen  von  längerer  Wel- 
lenlänge hervorgebracht  als  die  des  Lichts,  wenigstens  erklärt  es  sich 
daraus,  warum  die  Wärme  im  prismatischen  Farbenbilde  vom  rothen 
Ende,  wo  die  Lichtwellen  die  groszle  Länge  haben,  zum  violetten  ab- 
nimmt, warum  ein  Körper,  der  eine  hohe  Temperatur  erträgt,  in  der 
Hitze  anfangs  rolh  und  endlich  bei  bedeutendem  Wärmezuwachs  gar 
weisz  glüht,  warum  bei  der  Erwärmung  die  abstoszende  Kraft  beson- 
ders begünstigt  wird'  usw.  Hiermit  bitten  wir  zwei  andere  Proben 
aus  einer  neuern  Abhandlung  desselben  Verfassers  zu  vergleichen, 
damit  man  ersehen  könne,  wie  die  von  uns  hervorgehobenen  Vorzüge 
der  sprachlichen  Darstellung  innerstes  Eigentum  des  Verfassers  sind, 
wie  gerade  er  zu  geistreichen  und  populären  Abhandlungen  im  Gebiet 
der  Physik  vorzüglich  befähigt  ist.  So  heiszt  es:  'das  oben  erwähnte 
Gesetz  des  Kraflwechsels  ist  nemlich  unvereinbar  mit  der  Annahme 
eines  Wärmestoffs  als  einer  Substanz,  die  durch  keinen  Act  erzeugt, 
nicht  in  eine  andere  umgewandelt  werden  kann  und  die  dem  Quantum 
noch  unveränderlich  sein  musz;  dasselbe  deutet  vielmehr  daraufhin, 
dasz  die  gebildete  Wärme,  verschieden  von  der  gleich  dem  Lichte  auf 
Aetherschwingungen  beruhenden  strahlenden  Wärme  in  einer  vibrieren- 
den Bewegung  der  kleinsten  Körperteilchen  besteht,  wie  es  schon 
längst  aus  der  Unerschöpflichkeit  der  Körperwärme,  die  sich  bei 
Reibungsversuchen  kundgegeben,  und  insbesondere  aus  dem  Umstände 
gefolgert  wurde,  dasz  zwei  Eisstücke  im  luftleeren  Raum  zum  Schmel- 
zen gebracht  wurden.  Dieser  Ansicht  nach  ist  der  Unterschied  zwi- 
schen Arbeit  und  Wärme  kein  anderer,  als  Bewegung  einer  Masse  und 
Bewegung  von  Molecülen,  und  die  Umsetzung  der  Arbeit  in  Wärme 
besteht  blos  in  einer  Mitteilung  der  Bewegung  nach  den  Gesetzen  der 
Mechanik,  wobei  Umwandlungen  von  Massenbewegungen  in  3Iolecülar- 
bewegungen  und  umgekehrt  eintreten.'  Und  weiter  unten:  'diese  Be- 
trachtungen führen  den  Naturforscher  auf  einen  Standpunkt,  von  dem 
aus  ihm  die  Electricität  wie  ein  ganz  anderes  Wesen  erscheinen  musz, 
als  dies  bisher  der  Fall  war,  Sie  ist  so  wenig  feuriger  Natur  als 
der  Hammer,  durch  dessen  Schläge  ein  Stück  Eisen  glühend  wird, 
wiewol  sie  unsern  Sinnen  fast  immer  in  dieser  Begleitung  erscheint: 
der  Blitz  fährt  nur  darum  als  leuchtender  Strahl  vom  Himmel,  weil  ein 
groszer  Teil  seiner  Arbeitskraft  durch  den  Leituiigswiderstand  der 
Luft  in  Wärme  umgesetzt  wird,  er  zündet  darum  nur  feste  Gegenstände 


Physikalische  Lehrbücher.  409 

an,  die  sich  seinem  schnellen  Laufe  enfgcg-enselzen,  und  läszt  jene 
unbescliädigl,  die  ihn  nicht  aufzuhalten  suchen.  Eben  darin  besteht  ja 
die  Wirkung  der  melalliien  ßlilzableiter.  Auch  über  den  Innern  Grund 
der  Eleclricitüt  geben  uns  die  vorher  erörterten  Gesetze  wenigstens 
negativen  Aufschlusz.  Man  kann  nemlich  nicht  mehr,  wie  bisher,  eine 
specilisch  -  elecirische  Materie  annehmen;  denn  eine  solche  ist,  da  ihr 
Quantum  keiner  Verminderung  unterliegen  kann,  mit  dem  Princip  der 
Umwandlung  der  Electricilät  in  Wärme  und  Arbeitskraft  unverträglich. 
Mit  der  electrischen  Materie  fällt  zugleich  die  magnetische,  da  die  An- 
sicht, die  magnetischen  Erscheinungen  rühren  von  electrischen  Strö- 
mungen her,  mit  Recht  immer  mehr  Boden  gewinnt.  Somit  ist  das 
Heich  der  Imponderabilien  in  der  Naturlehre  seinem  Ende  nahe  und  die 
Zeit  vorüber,  wo  unwägbare  Stoffe  als  ebenso  viele  wissenschaftliche 
Kobolde  in  jedem  Zweig  der  Naturwissenschaften  ihren  unheimlichen 
Spuk  getrieben.' 

Das  Fischer-Augus  t'sche  Lehrbuch  hat  eine  wie  wir  glauben 
etwas  antiquierte  Darstellung;  der  sogenannte  mos  geometricus  ist 
auch  in  der  Physik  mit  Kecht  in  Verruf  gekommen.  Uebrigens  war 
diese  Form  für  die  spätem  Herausgeber  und  wesentlichen  Erweiterer 
die  zwangloseste,  da  alle  Verbesserungen  nur  als  Corollare  nun  dem 
Haupttexte  beigedruckt  werden  konnten.  Zugleich  wiegt  die  elementar- 
mathematische Betrachtung  bedeutend  vor  und  man  findet  ziemlich  com- 
plicierte  Constructionen  und  Analysen.  Sonst  ist  die  Darstellung,  so 
weit  sie  sich  als  lebendige  Erfassung  des  Gegenstandes  kennzeichnet, 
bedeutend  schwächer  als  in  dem  Ba  u  mg  a  r  tner  sehen  Werke  und 
zum  Beweise  setzen  wir  die  analoge  Stelle  über  die  Natur  der  Wärme 
hierher.  Bei  Fischer-August  heiszt  es  in  der  4n  Auflage  vom 
Jahre  1837  also:  'die  Ursache  der  Wärme  entzieht  sich  allen  unsern 
Sinnen.  Man  kann  nach  manchen  Beobachtungen,  die  durch  neuere 
Entdeckungen  noch  bestätigt  worden  sind,  geneigt  sein,  sie  für  eine 
innere  Erschütterung  der  kleinsten  Teile  der  Körper  zu  halten;  andere 
Beobachtungen  sprechen  mehr  für  die  Ansicht  derjenigen  Naturforscher, 
welche  eine  eigne  Materie,  die  sie  Wärmestoff  (caloricum)  nennen, 
als  Ursache  dieser  Erscheinung  annehmen.  Wir  werden  den  Ausdruck 
Wärmestoff  wenigstens  als  ein  bequemes  Versinnlichungsmitte!  ge- 
brauchen.' In  der  That,  wir  müszen  Baumgartner  nach  Inhalt  und 
Form  den  Vorzug  geben.  Zwischen  diesen  Darstellungen,  der  Baum- 
ga  r  tnerschen  einerseits  und  der  Fischer-Augus  t'' sehen  anderer- 
seits oder  zwischen  der  philosophisch-raisonnierenden  und  der  mathe- 
matisch-deducierenden  schwanken  nun  die  andern  Autoren  hin  und 
her.  Geben  wir  der  erstem  mehr  Leichtigkeit,  dafür  aber  auch  weniger 
Gehalt  und  Gedankentiefe,  geben  wir  ihr  mit  einem  Wort  eine  mehr 
historische  Färbung,  so  haben  wir  die  Darstellungsweise  der  Franzosen, 
die  indes  in  Deutschland  nicht  die  glücklichsten  Nachahmer  gefunden 
hat,  und  setzen  wir  dieser  Weise  leichtere  mathematische  Constructio- 
nen ,  graphische  Explicationen,  dem  Haupttexte  vielfach  eingefügte 
Anmerkungen  zur  Begründung  und  Erweiterung  hinzu,  dann  haben  wir 


410  Physikalische  Lehrbücher. 

Eisenlohr,  der  namentlich  Koppe  gefolgt  ist,  vvärend  Trappe 
mehr  und  Spill  er  weniger  sich  an  August  und  ßaumgartner 
anschlieszen.  Eigentümlicher  Art  ist  die  populäre  Naturlehre  von 
Bequerel,  ausgezeichnet  durch  eine  Fülle  von  Thatsachen  und  Ideen 
in  leicht  verständlicher,  klarer  und  gefälliger  Sprache  mit  natur- 
philosophischer Färbung,  nicht  so  sehr  Physik  als  augewandte  Physik 
für  Chemie,  Technologie  und  Physiologie.  Für  den  gereiftem  Schüler 
und  den  angehenden  Lehrer  dürfte  es  kaum  eine  bessere  Leetüre  geben, 
als  diese  neun  Bändchen  des  berühmten  französischen  Physikers,  welche 
mit  der  Zoologie  von  M  ilnes- E  d  vva  r  ds,  der  Botanik  von  Jussieu 
und  der  Mineralogie  von  Vendant  fast  die  gesamten  Naturwissen- 
schaften in  glänzender  Weise  in  sich  aufgenommen  haben.  Charak- 
teristisch ist  es  für  dieses  Sammelwerk,  dasz  weniger  auf  theoretische 
Untersuchungen  als  auf  deren  praktische  Verwerthung  gesehn  ist  und 
dasz  die  Geschichte  der  einzelnen  Disciplinen  mehr  als  anderswo  be- 
rücksichtigt ist. 

Ist  bis  jetzt  das  Augenmerk  des  Lesers  vorzugsweise  auf  gröszere 
Arbeiten  hingelenkt,  auf  solche  also  die  in  der  Bibliothek  keines 
Lehrers  fehlen  dürfen,  so  möge  jetzt  die  lieihe  kommen  an  zwei  klei- 
nere Werkchen,  welche  vorzugsweise  für  Schüler  bestimmt  sind.  Das 
Spill  ersehe  Lehrbuch  zuerst  anlangend,  so  kann  der  Geist  desselben 
nicht  besser  charakterisiert  werden  als  durch  den  Abdruck  des  ganzen 
Rückblicks  S.  417.    Derselbe  lautet: 

^Der  umfangreiche  SlolF,  den  wir  behandelt  haben,  umfaszt  nur 
zweierlei:  das  Wesen  der  Körpcrwelt  und  die  Erscheinungen  an  ihr. 
Ungeachtet  der  scheinbar  unendlichen  Manigfaltigkeit  beider  ist  sowol 
die  Anzahl  der  einfachen  Stolfe,  aus  denen  alle  Körper  besfehn ,  als 
auch  der  Erscheinungen  an  ihnen  höchst  einfach.  Letztere  sind  Be- 
wegungserscheinungen, erzeugt  durch  wenige  Kräfte:  1)  alles  Mate- 
rielle zieht  einander  an  (die  Teile  eines  ungetrennlen  Körpers,  die 
einander  berührenden  Körper,  die  gelrennten  Körper  auf  jede  Ent- 
fernung); 2)  jeder  Körper  widerstrebt  der  Veränderung  seines  Zu- 
stands  (Kraft  in  ruhenden,  sowol  als  einem  Ganzen,  als  auch  in  seinen 
kleinsten  Massenteilen,  verniehrle  Kraft  in  einem  bewegten  Körper). 
Wenn  eine  Kraft  auch  nur  momenlan  wirkt,  so  ist  ihre  Wirkung  doch 
dauernd,  wobei  sie  entweder  constant  bleibt  oder  durch  andere  Ein- 
flüsse veränderlich  wird.  Durch  ein  Zusammenwirken  von  zwei  oder 
mehreren  Kräften  teils  auf  die  irdischen  Körper  teils  auf  den  über- 
irdischen raumerfüllenden  Aelher,  welcher  auch  die  irdischen  Körper 
durchdringt,  entstehn  die  manigraltigsfen  Actionen  und  Reactionen, 
welche  sich  meist  als  Bewegungen  zeigen.' 

'Weil  nun  das  Erzeugte  seiner  innersten  Natur  nach  nicht  ver- 
schieden sein  kann  von  dem  Erzeugenden,  so  kann  Bewegung  keinen 
Stoir  hervorbringen,  sondern  wieder  nur  Bewegung.  Deshalb  sind  die 
Erscheinungen  des  Schalls,  des  Lichts,  der  Wärme,  der  Electricität 
und  des  Magnetismus  nicht  die  Wirkungen  eines  besondern  StolTes, 
einer  imponderabeln  Flüssigkeit,   welche  sich   irgendwo  anhäuft  und 


l'hysikalische  Lehrbücher.  411 

anderwärts  fehlt  oder  welche  nach  einem  gewissen  Ziel  hinströmf, 
sondern  es  sind  oscillierende  Bewegungserscheinungen  der  unlrcnn- 
baren  Urleilchen  der  irdischen  Körper  und  des  universellen  Aelhers. 
Diese  fünf  Erscheinungen  sind  der  Art  unter  einander  verwandt,  dasz 
jedes,  teils  durch  unmittelbare  Berührung  teils  auf  die  Entfernung,  nicht 
nur  Seinesgleichen  gewissermaszen  als  Resonanz  erzeugt,  sondern 
auch  jedes  das  andere.  Diese  innige  Verwandtschaft  zeigt  sich  iu 
unzählig  vielen  Fällen.' 

'Der  Schall  wird  in  der  Nähe  eines  kräftigen  Electro- Magneten 
verstärkt,  die  Flaschen  einer  Nebenbatterie  tönen  in  Longitudinal- 
schwingungen,  wenn  die  Ladung  durch  einen  Funkeumesser  geschieht, 
in  dem  Leitungstrichler  galvanischer  Ketten  hört  man  ein  Summen ; 
auf  den  Knofenlinien  der  Klangliguren  zeigen  sich  Spuren  von  Electri- 
cilät;  werden  Slahlstäbe  discontinuierlich  durch  Schraubendrälite  mit- 
telst Electricitüt  magnetisiert ,  so  tönen  sie;  durch  Wärmediiferenz 
zweier  einander  berührender  Metalle  (Thermophon)  werden  Tonschwin- 
gnngen  erzeugt:  wie  Klangfiguren,  gilit  es  Wärmefiguren ;  eine  longi- 
tudinalscliwingeiide  Glasscheibe  wird  doppelt  brechend,  wenn  polari- 
siertes Licht  sie  senkrecht  trifft;  die  Polarisationsebene  eines  Licht- 
strahls wird  durch  den  sogenannten  electrischen  Strom  einer  Drehung 
unterworfen;  ein  magnetischer  Stab  leitet  in  der  Richtung  der  magne- 
tischen Axe  die  Wärme  am  schlechtesten,  in  der  darauf  winkelrechlen 
am  besten;  das  Licht  erzeugt  Magnetismus  und  Magnetismus  erzeugt 
Licht  (Wärme)  im  magneto  -  electrischen  Funken;  Electricität  ruft 
Wärme  und  diese  jene  hervor,  und  so  sind  alle  Variationen  der  fünf 
oben  angegebnen  Elemente  vertreten.' 

'Bei  dem  Schalle,  dem  Licht  und  der  Wärme  sind  die  Schwin- 
gungen fortschreitende,  daher  ist  in  dem  fortpflanzenden  Medium  ein 
Widerstand  vorhanden,  es  entstehen  Maxima  und  Minima  der  Verdich- 
tung, die  Fortpflanzung  ist  eine  allmähliche.  Die  Luft  leistet  einen 
verhältnismäszig  noch  groszen  Widerstand,  der  Aether  einen  äuszerst 
geringen,  deshalb  ist  die  Geschwindigkeit  des  Lichts  so  bedeutend, 
wozu  noch  kommt,  dasz  hier  die  Schwingungen  transversale  sind, 
wodurch  die  Dichtigkeit  des  Aethers  in  der  Richtung  der  Lichtradien 
nur  äuszerst  wenig  geändert  wird.  Bei  dem  Magnetismus  und  der 
Electricität  sind  stehende  Schwingungen  der  untrennbaren  Massen- 
teilchen um  ihren  Schwerpunkt.  Daher  ist  der  Widerstand  unendlich 
klein  und  die  Schwingungen  müszen  sich  in  einem  Körper,  welcher 
ein  ununterbrochenes  Ganzes  bildet,  fast  momentan  fortpflanzen.  Cohä- 
sionsverhältnisse  und  die  Natur  des  StolTes  können  es  bewirken,  dasz 
die  in  ihm  beginnenden  Oscillationen  fixiert  werden.  So  ist  es  beim 
Magnetismus,  er  ist  fixierte  Viertelsoscillation  sämtlicher  Massen- 
teilchen um  ihren  Gleichgevvichtspunkt  nach  einerlei  Richtung,  so  dasz 
die  Oscillationen  aller  mit  ihren  gleichgerichteten  Enden  nach  einer 
gewissen  Richtung  dort  den  Nordpol,  die  Oscillationen  nach  der  ent- 
gegengesetzten Seite  den  Südpol  geben.  Die  Weite  der  Schwingungen 
bedingt  den  Magnetismus  der  Stärke  nach.' 


412  Physikalische  Lehrbücher. 

*In  den  eleclrischen  Spannungserscheinungen,  z.  B.  an  einem  iso- 
lierten Conduclor,  der  geladenen  VerslarUungsflasche,  tritt  ebenfalls 
nur  eine  fixierte  Vierteloscillalion  auf,  und  daher  auch  ihre  pola- 
rische Wirkung  auf  eine  Magnetnadel.  So  wie  jedes  Fragment  eines 
Stahlmagneten  eine  magnetische  Polarität  besitzt,  so  jedes  Bruchstück 
eines  electrischen  Turmalins;  der  Zustand  ist  in  beiden  Fällen  ein 
statischer,' 

'In  den  electrischen  Strömungserscheinungen  findet  ein  fort- 
wärendes  Oscillieren  jenseits  oder  diesseits  des  Gleichgewichts  statt, 
es  ist  ein  oscillatorisches  Erzittern  jenseits  oder  diesseits  dieser  Lage, 
eine  teil-  und  zeitweise  Fixierung  der  einseitigen  Lage,  und  deshalb 
folgt  auch  eine  Magnetisierung,  welche  beim  Stahl  nur  deshalb  nicht 
nur  schnell,  sondern  auch  kräftig  und  bleibend  geschieht,  weil  die 
Massenteilchen  durch  die  fortwärend  thätigen  Oscillationen  in  die  ein- 
seilige Lage  gleichsam  hineingerüllelt  werden.' 

^.Beim  Knall,  Blitz,  Entladungsschlag  macht  jedes  erregende 
Teilchen  einen  dreiteiligen  Weg,  bevor  es  wieder  in  der  frühern  Gleich- 
gewichtslage ist,  es  kehrt  nemlich  aus  der  Lage,  die  ihm  durch  die 
Erregung  gegeben  worden  ist,  1)  in  die  Gleichgewichtslage  zurück, 
2)  nach  dem  Beharrungsvermögen  darüber  hinaus ,  3)  in  die  Gleich- 
gewichtslage zurück.  Der  ganze  Hinweg  besieht  also  aus  zwei  Teilen, 
der  Rückweg  nur  aus  einem.  Daraus  läszt  sich  erklären,  dasz  der 
Entladungsschlag,  ein  Blitzschlag  den  Stahl  magnetisieren  musz.  Die 
auf  dem  Hin-  und  Rückwege  thätigen  Kräfte  heben  einander  nicht  auf, 
sondern  es  bleibt  ein  Resultat  im  Sinne  der  erstem  ,  welches  fixiert 
wird.  Ein  durchbrochenes  Karlenblatt  musz  deshalb  auch  zu  beiden 
Seiten  einen  erhabenen  Rand  haben.' 

'Der  Magnetismus  mit  seiner  starr  fixierten,  gleichsam  erstorbe- 
nen Oscillation  bleibt  kalt  und  leblos;  der  electrische  Strom  wird 
warm  und  lebendig,  gleichwie  in  der  organischen  Welt  Leben  und 
Electricität  unzertrennlich  sind.  Daher  kann  ein  Magnet  einen  electri- 
schen Strom  nur  dann  inducieren,  wenn  die  in  ihm  fixierten  Erschei- 
nungen durch  eine  auszer  ihm  oder  mit  ihm  erzeugte  Bewegung  selbst 
bewegt  oder  als  beweglich  betrachtet  werden,  also  in  dem  Augen- 
blick, in  welchem  man  den  Magneten  in  eine  Kupferspirale  taucht. 
Wenn  ein  Magnet  in  der  Induclionsspirale  ruht,  ist  er  nicht  im  Stand 
die  lebendige  Oscillation  des  electrischen  Stroms  zu  erzeugen.  Weil 
aber  die  einseitigen  fixierten  Oscillationen  des  Magneten  beim  Heraus- 
ziehn  desselben  aus  der  Spirale  eine  der  Bewegungsrichtung  beim 
Hineintauchen  entgegengesetzte  Lage  haben,  so  musz  auch  der  jetzt 
inducierte  Strom  die  entgegengesetzte  Richtung  von  dem  vorigen 
besitzen.' 

'In  allen  fünf  Erscheinungen  findet  Coincidenz  und  Interferenz 
statt;  in  den  Fällen,  in  welchen  fortschreitende  Schwingungen  ge- 
schehn  ,  ist  Zurückwerfung,  Brechung  und  Beugung  vorhanden,  bei 
stehenden  lebendigen  Oscillationen  wol  nur  Zurückwerfung,  bei  den 
fixierten  nicht.     Wenn  gleichzeitig  an   zwei  Orten  Vibrations-   und 


Pliysikaliscbc  Lehrbücher.  41 


o 


Wellensysteme  erzeugt  werden,  so  pIlanKt  jedes  sich  durch  das  andere 
fort;  daher  kann  man  zugleich  nach  entgegengesetzten  Hichlungen  tele- 
graphieren, hören,  sehn:  in  den  Schwingungen  des  einen  Systems 
Finden  die  des  andern  statt.' 

*Ueberall  in  der  Natur  bemerken  wir  ilarmonie  oder  das  Streben 
nach  Harmonie:  Ruhe  will  Hube,  Bewegung  will  Bewegung,  und  zwar 
nicht  nur  fiir  sicli,  sondern  auch  fiir  die  Umgebung  und  auf  die  Ent- 
fernung. Das  Gleichartige  zieht  einander  an,  das  Ungleichartige  slöszt 
einander  ab;  oscillaforiscbe  Bewegungen,  sie  mögen  nun  fixierte  oder 
lebendige  sein,  ziehen,  wenn  sie  gleich  gerichtet  sind,  einander  an, 
stoszen  aber  ab,  wenn  sie  nicht  dasselbe  Ziel  verfolgen.  Wie  in  der 
Körper-  so  ist  es  in  der  Geisterwelt.' 

Die  Mitteilung  dieser  Stelle  erspart  Referenten  viele  einzelne  Be- 
merkungen :  sie  zeigt  Geist  und  Leben  und  eine  seltene  Combinalions- 
gabe.  Mag  auch  vieles  gewagt  und  noch  nicht  gehörig  begründet 
sein,  die  ganze  Auffassung  ist  unbedenklich  richtig.  Dasz  der  Ver- 
fasser auch  späterhin  seine  Auffassung  des  Zusammenhangs  der  Natur- 
erscheinungen in  einzelnen  Abhandlungen  weiter  zu  begründen  ge- 
sucht, gehört  nicht  hierher,  wo  es  sich  nur  um  ein  Schulbuch  handelt, 
bei  dem  vielmehr  die  Frage  aufgeworfen  werden  könnte,  ob  in  einem 
solchen  denn  solche  Art  der  mehr  oder  minder  hypothesenreichen 
Diction  an  der  Stelle  sei.  Referent  hat  schon  früher  ähnliches  ver- 
sucht und  entscheidet  sich  unbedenklich  für  die  Weise  des  Verfassers, 
da  er  der  wolgegründeten  Ansicht  ist,  dasz  nach  einer  langen,  müh- 
samen Untersuchung  auch  dem  Schüler  ein  Resume  geboten  werden 
nicht  dürfe  sondern  müsze,  an  dem  er  den  ermattenden  Geist  erfri- 
schen könne. 

Noch  in  einer  andern  Hinsicht  stimmen  des  Ref.  Anschauungen  mit 
denen  des  Verfassers  vollständig  überein.  Spill  er  teilt  nemlich  das 
gesamte  Material  in  zwei  Teile,  von  denen  der  erste  'Eigenschaften  der 
Körper',  der  zweite  'statische  und  mechanische  Zustände  der  Körper' 
überschrieben  ist,  und  wärend  dieser  ungefähr  400  Seiten  umfaszt, 
sind  jenem  nur  31  zugewiesen.  Es  läszt  sich  nicht  verkennen,  dasz 
diese  Ungleichheit  einen  kleinen  logischen  Mangel  in  sich  birgt:  die 
31  ersten  Seiten  sind  in  der  That  nicht  ein  Teil  der  Physik,  sondern 
eine  Einleitung  dazu,  die  Referent  um  die  oben  näher  bezeichneten 
Excurse  noch  vermehren  möchte,  damit  die  reine  Physik  desto  klarer 
hervortreten  könne.  Zeigt  hier  also  Ausführung  und  Mangel  die  Be- 
rechtigung der  oben  gemachten  Erörterungen,  so  musz  noch  weiter 
angeführt  werden,  dasz  Spiller  diese  reine  Physik,  d.h.  seinen  zwei- 
ten 400  Seifen  umfassenden  Teil,  in  zwei  Abteilungen  zerfällt:  l) 
'notwendige  Zustände',  2)  'untergeordnete  Zustände',  und  damit,  wenn 
auch  die  Bezeichnung  nicht  ganz  gelungen  ist,  mit  der  oben  vorge- 
schlagenen Einteilung  ganz  genau  übereinstimmt,  was  bei  einem  den 
gegenwärtigen  Standpunkt  der  Wissenschaft  so  genau  abschätzenden 
Mann  sich  allerdings  von  selbst  versteht.  Wie  in  diesem  allgemeinen 
Punkte  der  Gedanke  das  Material  sich  vollständig  untergeordnet  hat, 


414  Physikalisclie  Leiirbücher. 

so  bat  auch  der  Verfasser  im  einzelnen  niemals  vor  der  Nasse  der 
Thalsachen  sich  gebeugt,  sondern  dieselbe  durch  eine  logische  Glie- 
derung bezwungen,  die  den  erfreulichen  Beweis  liefert,  dasz  die  Em- 
pirie nicht  als  solche  bildet  und  fördert,  sondern  nur  insofern,  als  sie 
Substrat  des  denkenden  Geistes  werden  kiinn  oder  schon  geworden  ist. 
Dabei  sind  aber  diese  Thatsachen  in  einer  seltnen  Fülle  vorgeführl, 
wozu  fast  jede  Seile  den  Beweis  liefert.  Heben  wir  S.  69  die  Er- 
läuterungen der  Schwungkraft  beispielsweise  hervor:  'Schwungkraft 
zeigt  sich  überall,  wo  Bewegung  in  einem  Bogen  oder  eine  Rotation 
um  einen  Punkt  oder  eine  fesle  Linie  sfaltfindel;  daher  das  Spritzen 
beweg ler  nasser  Hader,  der  Schleifsteine  —  die  Getreidekörner  gehen 
beim  Jlahlen  von  der  Mitte  des  Mühlsteins  nach  und  nach  an  die  Peri- 
pherie —  Wirkungen  der  Cenlrifugaltrockenmaschine  —  Wichtigkeil 
der  Schwungräder  bei  Maschinen  verschiedner  Art  zur  Erzeugung 
einer  gleichniiiszigen  Geschwindigkeit. —  Das  Losrciszen  des  Hammers 
von  seinem  Stiel  wärend  der  Bewegung;  Wirkungen  der  Schleuder- 
und  der  Wurfmaschine.  Bei  raschem  Bewegen  in  einem  Kreise  (im 
Reiten,  Fahren  auf  dem  Carrousel)  musz  mau  den  Körper  einwärts 
halten,  um  nicht  fortgeschleudert  zu  werden;  der  Lendenritt.  —  Das 
Wasser  in  einem  Gefäsz  wird  nicht  vergossen,  wenn  es  rasch  im 
Kreise  geschwungen  wird  und  dw  Boden  stets  nach  der  Peripherie 
gerichtet  bleibt;  Cenfrifugalbahn.  —  Centrifugalwassermaschine,  nur 
durch  offene,  um  eine  verticale  Axe  drehbare,  nach  oben  divergiernde 
Rohrchen,  die  unten  im  Wasser  stehn  und  oben  in  einen  Raum  münden, 
das  Wasser  zu  heben.  —  Der  Regulator  an  Dampfmaschinen  zum 
OelTnen  und  Schlieszen  der  Ventile.  —  Mittel,  das  durch  Luft  in  Ther- 
momelerröhren  getrennte  Quecksilber  wieder  zusammen  zu  bringen. 
Wird  eine  Glaskugel  mit  etwas  Wasser  schnell  um  eine  Axe  gedreht, 
so  hebt  sich  das  Wasser  und  bildet  eine  Aequatorialzone;  ist  Queck- 
silber dabei,  so  musz  dasselbe,  weil  die  Schwungkraft  bei  gleicher 
Geschwindigkeit  mit  der  Masse  wächst,  den  mittelsten  Teil  dieser  Zone 
bilden;  die  schwerere  von  zwei  Flüssigkeiten  steigt  in  der  andern, — 
Da  ferner  die  Schwungkraft  bei  gleicher  Masse  mit  der  Geschwindig- 
keit wächst,  so  musz  ein  Hammer  mit  längerem  Helm  kräftiger  wirken 
als  einer  mit  kurzem;  der  mit  einer  Schleuder  geworfne  Stein  geht 
weiter  als  der  mit  der  Hand  geworfne'  usw. 

Es  ist  klar  dasz  eine  solche  Fülle  von  Thatsachen,  wie  sie  an 
jeder  Stelle  des  Buches  getroffen  wird,  nur  höchst  willkommen  sein 
kann,  aber  die  Bemerkung,  dasz  die  Aufstellung  derselben  etwas  zu 
aphoristisch  gehallen,  kann  nicht  unterdrückt  werden.  Der  Verfasser 
hat  ja  keinen  trocknen  Leitfaden  schreiben  wollen,  sondern  die  Ab- 
sicht gehabt,  ein  Werk  für  den  selbstarbeitenden,  also  nicht  immer  in 
der  Nähe  des  Lehrers  sich  befindenden  Schüler,  vielleicht  auch  für  den 
Selbstunterricht  zu  entwerfen,  und  da  dürfte  denn  doch  die  Ungleich- 
heit in  der  bloszen  Anführung  'Cenlrifugaltrockenmaschine'  und  der 
weitern  Auseinandersetzung  'Centrifugalwassermaschine,  nur  durch 
oben  offene,  um   eine  verticale  Axe  drehbare'  usw.  ein  Mangel  sein, 


Pliysikalisclie  Lehrbücher.  415 

den  man  nicht  geringer  machen  wird  durch  die  Entgegnung,  dasz  der 
Schüler,  al)gt'S(!hn  von  dorn  sicli  selbst  unterrichtenden,  zur  Krzielung 
eines  nähern  Versliindnisses  auf  den  Lehrer  ziirückgehn  könne,  da 
es  unumslöszlicli  feststeht  dasz  unverständliche  Stellen,  namentlich 
solciie,  die  Thatsachen,  hier  also  ßeisiiiclo  enthalten,  die  Leetüre  nicht 
nur  aufhalten,  sondern,  was  weit  mehr  sagen  will  und  die  Unange- 
messenheit des  belreirenden  Verfahrens  idar  darlegt,  von  derselben 
geradezu  abschrecken.  Es  ist  nicht  nötig,  dasz  man  in  einem  Lehr- 
buch der  Physik  jeden  Apparat  oder  jede  Erscheinung  mit  allen  Um- 
standen wcilschweilig  auseinandersetzt,  eine  solche  Breite  ermüdet 
vielmehr  und  musz  jedem  etwas  geistreichen  Leser  höchst  pedantisch 
erscheinen,  aber  eine  kurze  Andeutung,  ein  Zusammenfassen  der  llaupt- 
momente  dürfte  doch  unbedingt  notwendig  sein. 

In  diesem  Punkte  würde  also  die  bessernde  Hand  des  Verfassers 
noch  manches  zu  vollbringen  haben,  sonst  hallen  wir  seine  Arbeit 
unter  den  für  Gymnasien  bestimmten,  so  weit  wir  Kenntnis  davon 
haben,  ohne  alle  Einschriinkiiiig  für  die  beste,  ziehen  sie  namentlich 
der  Kopp  eschen  vor,  trotzdem  dasz  wir  dieser  vor  einem  lustrum 
etwa  unsere  lebhafte  Anerkennung  nicht  versagt  haben,  und  müszen 
die  Vergleichung  mit  Brettner  und  Trappe  abweisen,  weil  die- 
selben mehr  in  die  Reihe  der  bloszen  Compendien  zu  stellen  sind. 
Koppe  steht  uns  noch  jetzt  über  den  oben  erwähnten  Auszügen  von 
Müller  und  Fi  s  c  h  e  r- A  ugus  t,  auch  über  den  beiden  ersten  hier  in 
Betracht  zu  ziehenden  Teilen  von  Heussi,  so  dasz  also  die  Spiller- 
sche  Physik  unserer  Ansicht  nach  die  zur  Zeil  für  Gymnasien  empfeh- 
lenswertheste  ist.  Damit  soll  jedoch  nicht  gesagt  sein,  dasz  einzelnes 
nicht  getadelt  werden  niüsfe,  wie  das  im  vorigen  schon  geschehn 
ist:  Referent  richtet  nur  auf  das  Ganze  sein  Augenmerk  und  will  nicht 
mehrmals  den  Raum  dieser  Zeitschrift  für  Kleinigkeileu  in  Anspruch 
nehmen,  die  bei  jeder  neuen  Auflage  leicht  verbessert  werden  können; 
sonst  w  ürde  er  z.  B.  tadelnd  liervorlieben,  dasz  im  ersten  Teil  die  Eigen- 
schaften der  Materie  nicht  ihrem  innern  Zusammenhange  nach  geordnet 
sind,  oder  dasz  die  Anwendungen  des  Pendels  nicht  alle  aufgezählt,  oder 
dasz  der  hydraulischen  Presse  an  einem  unrechten  Orte  und  gewisser- 
maszen  nur  nebenher  Erwähnung  geschehen  usw.  Wesentlich  würde  der 
Vf.  bessern,  wenn  er  seinen  ersten  Teil  in  der  oben  angegebnen  W'^eise 
erweitern  und  ein  alphabetisches  Register  hinzufügen  würde,  da  die- 
ses nur  teilweise  durch  seine  genaue  distinguierte  Inhaltsangabe  er- 
setzt wird.  Die  Verlagshandlung  aber  musz  die  Nummern  der  Figuren 
den  einzelnen  Holzschnitten  beidrucken  lassen ;  dasz  die  Nummern  im 
Texte  enthalten,  ist  bei  jetziger  Einrichtung  durchaus  überflüssig. 

Das  VV  i  t  zsch  e  1  sehe  Lehrbuch  charakterisiert  sich  in  der  Vor- 
rede als  von  andern  Lehrbüchern  vorzüglich  dadurch  abweichend,  dasz 
es  den  theoretischen  Teil  der  Mechanik  ausführlicher  behandle,  da 
es  der  Verfasser  für  besser  halte,  'wenn  die  Schüler  vorerst  eine  klare, 
richtige  Idee  von  der  Zusammensetzung  und  Zerlegung  der  Kräfte, 
von  den  verschiednen  Arten  der  Bewegung,  vom  Princip  der  lebendi-- 


41G  Physikalische  Lehrbücher. 

gen  Kräfte,  von  den  Trägheitsmomenlen  usw.  gewinnt,  als  wenn  ihm 
eine  Masse  von  StolT  gleichinäszig  ans  allen  Teilen  der  Physik  vorge- 
führt wird'  und  sodann,  'dasz  es  notwendig  geworden,  von  der  Wär- 
melehre an  verschiedneii  Orten  das  notwendigste  einzuschalten,  so 
dasz  am  Ende  nur  einzelne  Ergänzungen,  zumeist  die  strahlende  Wärme 
betreffend,  übrig  bleiben'.  Wenn  Witzschel  ferner  in  der  Vorrede 
auseinandersetzt,  dasz  ein  vorzüglicher  Zweck  seines  Buches  der  sein 
soll,  den  Schülern  als  Mittel  der  Praparation  womöglich  zur  Anferti- 
gung schriftlicher  Ausarbeitungen  zu  dienen,  so  scheint  uns  aus  allem 
dem  hervorzugehen,  dasz  seine  Physik  zunächst  nicht  für  Gymnasien 
bestimmt  ist,  sondern  mehr  oder  weniger  technische  Anstalten  ins 
Auge  gefaszt  hat.  Denn  was  zunächst  die  Vorbereitung  für  die  Un- 
terrichtsstunden betrifft,  so  hat  der  Gymnasialschüler  wahrlich  keine 
Zeit  zur  Ausarbeitung  eines  Heftes:  es  wird  immer  genügen,  wenn  er 
bei  den  Vorträgen  des  Lehrers  sich  die  Hauptmomente  zu  eigen  macht 
und  sein  physikalisches  Lehrbuch,  das  aber  deshalb  kein  Compendium 
sein  darf,  als  anregende  Leetüre  benutzt.  Auch  auf  Realschulen  jetzi- 
ger Einrichtung  in  Preuszen  dürfte  diese  Art  des  Unterrichtens  und 
Lernens  ausreichen,  vorausgesetzt  dasz  der  Stoff  nach  der  reichlicher 
zugemessenen  Zeit  passend  erweitert  wird.  Für  Fachschulen  mag  des 
Verfassers  Plan  im  Ganzen  zutreffen,  namentlich  nuisz  man  ihm  darin 
beistimmen,  dasz  er  fast  überall  bestimmte  Zahlzeichen  bei  den  mathe- 
matischen Abhandlungen  gewählt  hat,  da  diese  für  Schüler  überhaupt 
und  Fachschüler  insbesondere  handlicher  sind.  Hält  aber  Referent  die 
umfangreichere  Darstellung  der  mechanischen  Lehren  für  Gymnasien 
nicht  zutreffend,  so  folgt  schon  daraus,  dasz  auf  die  andern  Teile  der 
Physik  mehr  Gewicht  gelegt  werden  musz,  da  diese  ungleich  leichter 
aus  dem  bloszen  Experimente  sich  herleiten  lassen  und  für  eine  mehr 
historische  Auffassung  der  Naturwissenschaften,  wie  sie  jeder  Gebildete 
beutigen  Tages  sich  anzueignen  sucht,  bei  weitem  wichtiger  sind. 
Dafür  aber,  dasz  der  Verfasser  Teile  der  Wärmelehre  so  wie  eine 
kleine  unorganische  Chemie  an  die  Spitze  seiner  Arbeit  gestellt  hat, 
musz  man  ihm  zu  Dank  sich  verpflichtet  fühlen,  was  Referent  hier 
um  so  lieber  ausspricht,  als  seine  oben  ausgesprochnen  Ansichten 
dadurch  zum  Teil  wenigstens  befriedigt  werden.  Im  übrigen  ist  die 
Arbeit  des  leider  zu  früh  verstorbnen  Verfassers  nur  anzuerkennen; 
was  er  bringt  ist  in  durchaus  gelungner  Darstellung  anziehend  und 
ein  intensives  Wissen  durchaus  fördernd:  wir  haben  keine  gewöhn- 
liche Waare  vor  uns,  sondern  ein  auch  im  einzelnen  durchdachtes  Werk, 
welches  vorzugsweise  noch  Studierenden  empfohlen  werden  kann,  be- 
vor sie  zur  Anhörung  mechanischer  Collegia  schreiten.  Im  Vergleiche 
zur  Spillerschen  Physik  geben  wir  dieser  also  den  Vorzug  insofern 
nur  Gymnasialansfalten  in  Frage  stehen,  anerkennen  aber  die  gröszere 
Branchbarkeil  der  Witzschelschen  Arbeit  für  Gewerbe-  und  technische 
Anstalten,  teilweise  auch  für  Realschulen,  wobei  zugleich  bemerkt 
werden  mag,  dasz  VVitzschcls  Physik  für  letztere  und  auch  für  Gymna- 
sien ungleich  brauchbarer  werden  wird,  sobald  ihr  zweiter  Teil  eine 


Physikalische  Lehrbücher.  417 

^röszere  Ausdehnung  erhalten.  Der  erste  rein  mechanische  Teil  kann 
dabei  ganz  gut  bestehen  bleiben,  da  ja  das  Uei)ermasz  des  SlolTes  in 
ihm  leicht  durcli  den  Leiirer  beziichnet  werden  kann.  Es  ist  meiir  als 
wahrscheinlicli ,  dasz  die  Verlagsliandlung  neue  Auflagen  des  Werkes 
durch  andere  Hände  besorgen  lassen  wird,  mag  es  demnach  nicht  un- 
angemessen erachtet  werden,  wenn  wir  noch  einzelne  Bemerkungen 
gerade  an  dieses  Werk  anreihen. 

Zunächst  versucht  Referent  eine  Uebersicht  der  Einleitung  und 
des  rein  mechanischen  Teiles  der  Physik  in  seiner  Weise,  indem  er 
dadurch  wesentliche  Verbesserungen  in  der  Anordnung  dis  Ulaterials 
vorzuschlagen  liolTt,  Verbesserungen  die  aucli  Spiller  nicht  ungern 
annehmen  wird.    Diese  Uebersicht  gestaltet  sich  also: 

I.  Einleitung.  A.  A  1  Igem  eine  ß  em  er  ku  ngen.  1.  Physik 
und  ihr  Verhältnis  zu  den  übrigen  Zweigen  der  Naturwissenschaften 
einer-  und  zur  Malhemalik  andernseils.  (Körper  —  Stoff —  Mate- 
rie.) 2.  Erscheinungen  —  Beobachtung:  Experiment,  Naturgesetz, 
Naturkraft  (Hypothese).  3.  Einteilung  der  Physik  nach  Art  der  Er- 
scheinungen, die  hervorgehn  durch  Massenanziehungen  aus  der  Ferne 
oder  durch  3Iolecülaranziehungen  bei  unmittelbarer  Berührung.  — 
B.  Besondere  Einleitung,  a.  Allgemeine  Eigenschaften  der  Ma- 
terie als  Voraussetzung  der  Bewegungslehre  oder  eigentlichen  Physik. 
1.  Undurchdringl i ob keit (Tastbarkeit);  2.  Teilbarkei t( Atome, Molecüle). 
3.  Ausdehnbarkeit  und  Zusammendruckbarkeit  (Dehnsamkeit,  Elastici- 
tät);  4.  Porosität  (Volumen) ;  5.  Gravitation  (Dichtigkeit,  Gewicht). 
b.  Atomistische  Hypothese.  1.  Erscheinungen  der  freien  und  latenten 
Wärme.  2.  feste,  flüssige  und  hiftförmige  Körper.  3.  Cohäsionsver- 
hältnisse  (Cohäsionsqualiläten ,  harte,  spröde,  zähe,  weiche  Körper; 
Prüfung  der  Cohäsionskraft;  Krystallisation  und  Krystallsysteme).  4. 
Adhäsionsverhältnisse  (Capillarität,  Etidesmose,  chemische  Verwandt- 
schaft). 5.  Chemische  Nomenclatur  und  Zeichenlehre;  kurze  Betrach- 
tung des  Sauerstoffes,  des  Wasserstoffes,  des  Stickstoffes,  der  Kohle 
und  des  Schwefels ;  binäre  Verbindungen ,  Basen  und  Säuren,  Salze, 
organische  Verbindungen,  leichte  und  schwere  Metalle,  Erden.  —  C. 
Allgemeine  Uebersicht  der  Theorie  der  Bewegung.  J.  Erklärungen 
(Geschwindigkeit,  Gesetz  der  Trägheit,  Statik,  Dynamik).  2.  Gleich- 
gewichlsbedingungen  mehrerer  Kräfte,  welche  einen  Punkt  angreifen: 
a  in  derselben,  ß  in  verschiedenen  Richtungen.  3.  Gleichgewichtsbe- 
dingungen für  mehrere  Kräfte,  welche  mehrere  Punkte  angreifen  und 
«  parallel  gerichtet  sind  (statische  Momente,  Schwerpunkt),  ß  ver- 
schieden gerichtet,  Gleichgewichtsbedingungen  für  das  Stattfinden  einer 
Resultante,  Poinsotsche  Kräflepaare.  4.  Reibung;  5.  Stosz;  6.  Fallge- 
setze; 7.  Pendelbewegung  (Theorie  des  mathemalischen  Pendels);  8. 
Wurfgesetze;  9.  Centralbewegung  mehr  in  historischer  Form;  10. 
Wellenbewegung. 

II.  Erster  Teil  der  Physik.  Massenbewegungen.  A. 
Feste  Körper.  1.  Einfache  Maschinen  (Hebel,  Rolle,  schiefe  Ebene, 
Keil  und  Schraube).    2)  Zusammengesetzte  Maschinen  (Wagen,  Fla- 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Pud.  11.  Abt.  1S61.  Hft  9.  27 


418  Physikalische  Lehrbücher. 

schenziige,  Rad  und  Welle,  Winden  usw.  Princip  der  virtuellen  Ge- 
schwindigkeiten). 3.  Kräfte,  bewegte  3Iassen  und  Geschwindigkeiten. 
(Bewegungsgrösze,  Alwoodsche  Fallmaschine,  mechanische  Arbeil, 
Princip  der  lebendigen  Kräfte,  Trägheitsmomente).  4.  Physikalisches 
Pendel  (Reversionspendel,  Compensationen,  Chronometer,  Abplattung, 
Axendrehung  und  Gewicht  der  Erde).  —  B.  Flüssige  Körper.  1. 
Allseiliger  Druck,  Bodendruck,  Seilendruck,  communicierende  Röhren, 
hydraulische  Presse,  Theorie  des  Schwimniens,  Aräometer.  2.  Freier 
Ausllusz  des  Wassers  aus  BodenölTnungen:  «)  bei  constanter, /3)  bei  ver- 
änderlicher Druckhölie ;  freier  .\usflusz  des  Wassers  aus  Seilenöifnungen  : 
ß)  bei  constanter,/3)bei  veränderlicher  Druckhohe;  gehinderter  Ausllusz. 
3.  Geschwindigkeit  des  Flusz-wassers,  Bewegung  des  Wassers  in  Röhren- 
leitungen.—  C.  Luflförm  ige  Körper.  1.  Druck  der  Luft;  das  Barome- 
ter und  seine  verschiedenen  Anwendungen ;  Luftpumpe  und  ihre  verschie- 
denen Anwendungen;  natürliche  Erscheinungen,  die  auf  dem  Luftdrücke 
beruhen,  physikalische  Apparate  dafür,  Feuerspritze,  Luftballon.  2.  Be- 
wegte Luft,  Theorie  der  Winde,  Blasebalg  und  Gebläse,  Ausströmen  der 
Luft  aus  Gefäszen,  Gasleitungen.  3.  Verhältnis  zwischen  Ausdehnung, 
Dichte  und  Expensivkraft;  Dampf  als  bewegende  Kraft,  Dampfmaschine, 
Locomotive. 

III,  Z  weiter  Teil  der  Ph  ysi  k.  Molecülarbewegungen. 
a.  31agnetismus,  b.  Electricität ,  c.  Schall,  d.  Lieh!,  e.  strahlende 
Wärme. 

IV.  Historische  Anmerkungen  und  Excurse. 

Zur  vorstehenden  Uebersicht  erlaube  ich  mir  noch  zwei  Anmerkun- 
gen. 1.  Waszunächst  die  IV  Abteilung  der  Uebersicht  anlangt,  so  gibt 
es  kaum  ein  Schulbuch,  welches  den  dadurch  bezeichneten  StolT  in  nur 
etwas  würdiger  Weise  aufgenommen  hätte,  wenn  man  nicht  die  popu- 
läre Naturlehre  von  Bequerel  und  das  Koppesche  Lehrbuch  ausnehmen 
will.  Letzteres  gibt  nach  jedem  Abschnitte  historische  Data  in  chro- 
nologischer Reihenfolge.  Dieses  Vorgehen  Koppes  hat  Referent  in 
seiner  damaligen  Anzeige  mit  Genugthuung  hervorgehoben;  an  dieser 
Stelle  soll  nun  hinzugefügt  werden,  dasz  ebenso  wie  es  gewisse  Fun- 
damentalversiiche  gibt,  welche  jedem  Schüler  vorgeführt  werden, 
ebenso  auch  gewisse  historische  Versuche  ein  unbestreitbares  Recht 
auf  Ueberlieferung  an  die  Schüler  haben,  so  der  Versuch  der  Akade- 
mie zu  Florenz,  die  Aufrichtung  des  Obelisken  zu  Rom,  der  Versuch 
der  Magdeburger  Halbkugeln,  so  die  Versuche  von  Franklin  und  Rich- 
maun,  so  die  Experimente  von  Boutigni  usw.  Auch  die  Namen  der 
gewichtigsten  Autoren,  die  Geschichte  mancher  Maschinen  und  man- 
cher Apparate  miiszen  notwendig  in  der  Schule  des  breitern  genannt 
werden.  Nun  scheint  es  aber  Sitte  geworden  zu  sein,  ältere  Namen, 
Versuche  und  Apparate,  mögen  sie  historisch  noch  so  denkwürdig 
sein,  ganz  zu  ignorieren,  neuere  dagegen  an  der  betreffenden  Steile 
zu  erwähnen.  Mir  scheint  es,  das  beste  Verfahren  bestehe  darin,  die 
Wissenschaft  nach  ihrem  heutigen  Standpunkte  ohne  alle  Abschweifung 
vollständig  darzulegen  und  dann  in  historischen  Excursen  geschieh- 


Physikalische  Lehrbücher.  419 

liehe  Bilder  anzurcilien,  um  einerseits  angenehmeWiederholiingen,  an- 
derseits einen  gewissen  Abschlusz  zu  ermöglichen. 

2.  Es  ist  mir  hier  und  da  von  befreundeten  Collegen  vorgewor- 
fen worden,  dasz  ich  namentlich  in  meinen  Hecensionen  zu  engherzige 
Forderungen  in  Bezug  auf  Systematik  mache,  dasz  ich  die  individuelle 
Freiheit,  welche  die  einzelnen  Lehrer  für  sich  beanspruchen  müszen, 
allzusehr  beschränke,  dasz  ich  nicht  bedächte,  wie  viele  Wege  zum 
guten  Ziel  führen  können,  und  was  dergleichen  Einwendungen  mehr 
sind.  Ich  musz  gestehn  dasz  ich  solchen  Tadel  kaum  verstehe,  und 
ich  will  bei  dieser  Gelegenheit  einmal  eine  allgemeine  Antwort  er- 
teilen. Wenn  jemand  sich  wissenschaftlich  bescliäfligt,  so  macht  er 
natürlich  den  Anfang  mit  der  Ansammlung  genügenden  Materials,  sei 
ihm  dasselbe  nun  ein  historisch  gegebenes  oder  aber  ein  durch  eigne 
Beobachtung  zu  gewinnendes.  Ist  nun  dieser  gewissermaszen  encyclo- 
pädische  Wissensdurst  gestillt,  so  kommt  eine  zweite  subjectiv  weit 
wichtigere  Arbeit,  die  systematische:  das  gewonnene  Material  musz 
gesichtet,  geordnet  und  nach  bestimmten  Kategorien  zusammengelegt 
werden,  es  musz  sich  dem  Geiste  als  geistiges  Besitztum  ganz  und  gar 
einfügen.  Als  solches  geistiges  Besitztum  kann  es  nun  endlich  an  Dritte 
übertragen,  kann  mündlich  oder  schriftlich  gelehrt  werden.  Verschie- 
dene Lehrer  werden  immer  die  systematische  Arbeit  verschieden 
vollbracht  haben,  aber  was  nicht  zu  vergessen  sein  dürfte,  diese  Ver- 
schiedenheit ist  immer  nur  eine  sehr  beschränkte;  der  Stolf ,  der  Er- 
kenntnisstand desselben  und  die  Deukgesetze  sind  allüberall  dieselben. 
Wo  man  über  diese  Schranken  hinwegsteigt,  da  fallt  man  einem  jeglicher 
Berechtigung  entbehrenden  subjectiven  Gebaren  anheim ,  welches  eine 
Misstimmung  erregen  kann.  Auf  der  andern  Seite  aber  wird  nur  das, 
was  in  solcher  Bearbeitung  überliefert  wird  wie  es  oben  verlangt 
worden,  rege  Aufnahme  (luden  und  zu  ähnlichem  Vorgeho  anspornen. 
Auch  ein  Schulbuch  musz  mehr  als  ein  bloszes  Aggregat  von  Sätzen 
sein,  letztere  befriedigen  nimmer  den  Geist,  wie  reichen  Inhalts  sie 
auch  sein  mögen.  Diesen  Ansichten  glaube  ich  in  meinen  Beurteilungen 
stets  treu  gebliehen  zu  sein,  und  ich  würde  mir  ein  kleines  Verdienst 
erworben  haben,  wenn  ich  zu  ihrer  Anerkennung  etwas  beigetragen 
hätte.  Ob  ich  selbst  stets  das  bessere  treffe  oder  nicht,  ist  dabei  ganz 
gleichgültig;  habe  ich  einen  Mangel  entdeckt,  so  suche  ich  zu  bes- 
sern; gelingt  es  nicht,  so  mag  ein  dritter  ein  anderes  versuchen,  bis 
das  Rechte  endlich  gefunden  ist.  Jedes  Buch  endlich,  welches  sich  lu 
ausgefahrnen  Geleisen  bewegt,  oder  aber  welches  bei  manchen  Vor- 
zügen im  einzelnen  keinen  höhern  Gesichtspunkt  offenbart,  hat  für 
mich  keinen  Werth  und  ich  glaube  auch  sehr  wenig  Werth  für  andere. 

Kehren  wir  zu  Witschel  zurück,  indem  wir  noch  einige  klei- 
nere Bemerkungen  zur  Charakterisierung  des  Werkchens  beibringen. 
S.  17  heiszt  es :  ^bei  vielen  Holzarten  nimmt  man  die  Poren  mit  bloszen 
Augen  wahr,  bei  mehreren  erkennt  man  sie  unter  anderem  daran,  dasz 
Quecksilber,  auf  welches  ein  starker  Druck  ausgeübt  wird,  sich  durch 
dieselben  hindurchpressen  läszt.    Eine  besondere  Art  der  Opale,  der 

27* 


42ü  Physikalische  Lehrbücher. 

Hydrophan,  hat  die  Eigentümlichkeit  im  Wasser  durchsichtig  zu  wer- 
den, indem  er  die  Flüssigkeit  in  seine  Poren  aufnimmt  und  die  Luft 
aus  denselben  entweichen  läszt.  Obwol  Glas  unter  keinen  Umständen 
der  Luft  und  dem  Wasser  einen  Durchgang  gestaltet,  so  müszen  wir 
es  doch  sowol  wegen  seiner  Durchsichtigkeit  als  auch  wegen  seiner 
Zusammendrückbarkeit  als  porös  annehmen';  und  S.  135  :  'Anwendungen 
des  doppel-  und  einarmigen  Hebels  bieten  viele  einfache  Werkzeuge 
und  Instrumente  sowie  Maschinenteile  dar;  dahin  sind  z.  B.  zu  rech- 
nen die  verschiedenen  Arten  von  Gewiciitswagen,  deren  später  aus- 
führlicher Erwähnung  geschehen  soll  .  .  .  der  Schwengel  an  Pump- 
werken, Spritzen,  Pressen  stellt  häufig  einen  einarmigen  Hebel  vor.' 
Es  sind  hier  aufs  Gerathewol  zwei  Stellen  herausgegriffen,  um  den 
Beweis  zu  liefern ,  dasz  der  Verfasser  zu  wenig  Thatsachen  angeführt 
hat,  ein  Verfahren  welches  unmöglich  gebilligt  werden  kann;  denn 
Thatsachen  bilden  die  Grundlage  theoretischer  Untersuchungen  und 
Thatsachen  setzen  allmählich  das  theoretisch  Erkannte  in  technische 
Fertigkeit  um. 

S.  25.  Zu  dem  Satze:  'das  Gewicht  eines  Körpers  nimmt  mit  der 
Masse  desselben  im  einfachen  Verhältnisse  zu  oder  ist  der  Masse  pro- 
portional' findet  sich  die  Anmerkung:  'Streng  genommen  kann  dieser 
Satz  erst  später  seine  Stelle  finden,  indessen  lassen  sich  auf  ihn  die 
gewöhnlichsten  Erscheinungen,  bei  denen  Gewicht  und  Masse  der  Kör- 
per in  Betracht  kommt,  auf  die  ungezwungenste  Weise  zurückführen, 
wodurch  seine  Begründung  sich  rückwärts  ergibt.  Uebrigens  fällt  den 
sehr  bedeutenden  Unterschied  zwischen  Schwere  und  Gewicht  festzu- 
halten dem  Anfänger,  wie  sich  manche  ausdrücken,  etwas  schwer. 
Die  Schwierigkeit  dürfte  indes  wol  nur  in  der  unglücklichen  Wahl 
des  Wortes  Schwere  für  den  damit  bezeichneten  Begriff  liegen  .  .  . 
Mit  diesem  Beispiel  kann  man  zugleich  die  Aufnahme  von  Kunstaas- 
drücken aus  der  lateinischen  und  griechischen  Sprache  gerechtfertigt 
erblicken,  worüber  manche  Sprachreiniger  sich  nicht  genug  entsetzen 
können.'  Dieser  Anmerkung  kann  man  gewis  unbedingt  beistimmen 
und  wünschen,  den  wissenschaftlichen  Begriff  'Schwere',  eben  weil  er 
im  gewöhnlichen  Leben  mit  Gewicht  zum  Teil  identisch  ist,  überhaupt 
ganz  zu  verbannen.  Für  die  Atlractionen  der  Himmelskörper  behält 
man  das  ganz  allgemeine  'Altraction'  bei;  für  die  Attractionen,  welche 
die  Erde  auf  die  auf  ihrer  Oberfläche  befindlichen  Körper  ausübt,  ge- 
nügt das  Wort  'Gravitation':  erstere  gehört  der  Astronomie,  letztere 
der  Physik  an.  Somit  liegt  denn  auch  der  Schlusz  nahe,  dasz  die 
eine  historische  Auseinandersetzung  übersteigenden  Erörterungen  über 
Centralbewegungen,  Kepplersche  Gesetze  usw.  nicht  in  ein  Lehrbuch 
der  Physik  gehören,  geschweige  denn  die  mathematischen  Deductionen 
über  Linien  zweiten  Grades.  Wenngleich  Witsche!  bemerkt,  dasz 
jeder  Leser  gewis  die  betreffenden  §§  in  seinem  Werke  ungern  ver- 
missen werde,  so  müszen  wir  das  Gegenteil  behaupten,  einmal  aus 
dem  angeführten  Grunde  und  sodann,  weil  jeder  Leser,  der  sich  dieses 


Pliysikalishec  Lehrbücher.  421 

SfolTes  bemächtigen  soll,  ein  entsprechendes  rein  mathematisches  Werk 
zur  Hand  haben  wird. 

Indem  wir  also  mit  Genngthnung-  constatieren,  dasz  Witschel 
BegrifFserlilärungen  so  streng  wie  möglich  aufgestellt  wissen  will, 
dürfen  wir  wol  noch  auf  einiges  der  Art  aufmerksam  machen.  Gewis 
wird  jedermann  die  Bcgrilfe:  hart,  spröde,  ziilic,  weich,  zerdrücken, 
zerbrechen,  zerdrehen  usw.  als  leicht  verständlich  hinnehmen,  und 
dennoch  dürfte  es  einem  physikalischen  Lehrbuche  wol  anslelin,  für 
dieselben  strenge  Deiinitionen  einzuführen,  um  so  mehr  als  die  allge- 
meine Verständlichkeit  häufig  genug  eine  gewisse  Unklarheit  verdeckt, 
die  den  nachfolgenden  physikalischen  Erörterungen  mehr  oder  weniger 
Eintrag  thut.  Wenn  aber  beispielsweise  erklärt  wird:  Miart  ist  jeder 
Körper,  dessen  Molecüle  dem  Trennen  und  Verschieben  einen  meszba- 
ren Widerstand  entgegensetzen,  weich  dann,  wenn  Trennen  und  Ver- 
schieben leicht  von  statten  gehn;  spröde,  wenn  die  Trennung  leicht, 
die  Verschiebung  schwer,  und  umgekehrt  wenn  die  Trennung  schwer, 
die  Verschiebung  leicht  von  statten  geht,  zähe',  so  wird  jeder  Leser 
nicht  allein  zufriedengestellt  sein,  sondern  auch  in  jedem  gegebenen 
Falle  mit  gleicher  Leichtigkeit  und  Strenge  des  Unterscheidens  vor- 
gehen wollen.  In  dieselbe  Kategorie,  aber  der  nicht  ganz  zulässigen 
Deiinitionen  des  Verfassers  gehört  auch  die  Bemerkung  desselben  über 
Imponderabilien  als  solcher  Körper,  deren  Materialität  zwar  nicht  be- 
stritten wird,  deren  Natur,  Unterschied  und  Anzahl  aber  weniger 
erkannt  ist  und  welche  den  Erscheinungen  des  Lichtes,  der  Wärme, 
der  Electricität  und  des  Magnetismus  untergelegt  werden.  Alle  Welt 
basiert  doch  die  Erscheinungen  der  genannten  Art  auf  den  sogenannten 
Aether  und  es  hätte  also  geradezu  gesagt  werden  sollen:  auszer  der 
gewöhnlichen  Körperwelt  existiert  noch  der  Aether,  der  aber  nicht 
einmal  imponderabel  zu  sein  braucht. 

Wenn  S.  41  des  Drebb  eischen  Thermometers  blos  in  einer  An- 
merkung von  2V2  Zeilen  gedacht  ist,  so  kann  Referent  nicht  umhin  den 
Wunsch  zu  äuszern,  es  möchte  eine  vollständigere  Analyse  des  Dreb- 
b eischen  Instrumentes  gegeben  sein,  wie  auch  dasz  der  historische 
Grund  für  die  verschiedene  Einteilung  des  Fundamentalabstandes  an- 
geführt werde.  —  Ebenso  haben  wir  bei  der  Entwicklung  der  Begriffe 
von  chemischen  Aeqnivalenten  und  Atomgewichten  die  kleine  Unter- 
lassungssünde zu  bemerken,  dasz  die  Begründung  der  Theorie  des 
Doppelatoms  fehlt,  was  um  so  mehr  zu  bedauern  als  diese  letzteren 
Erörterungen  ungemein  klar  und  fasziich  sind.  —  Zu  der  Bezeichnung 

s  =  —  t^  nach  Art  der  Franzosen  findet  sich  keine  Veranlassung,  da 
2 

man  auch  im   analogen  Falle  die  Kreismessung  niemals   schreibt  (In- 

7t 

halt  des  Kreises)  r^   —   l^  und  die  Zahl  g  =  15  (nicht  =  30  in  Ab- 

rundung)  bei  manchen  physikalischen  Verhältnissen  wiederkehrt;  ist 
doch  15  die  Zahl  der  Pfunde,  mit  der  die  Atmosphäre  auf  einen  Quadrat- 
zoll drückt,  und  5.  15  die  Zahl  der  Füsze  bei  der  Höhenzunahme,  wenn 


422  Physikalische  Lehrbücher. 

das  Baromeler  um  l"  sinkt,  und  8.  15  die  Zahl  der  Fiisze  bei  der 
Zunahme  der  Tiefe,  wenn  das  Thermometer  um  l"  steigt.  —  Dasz 
endlich  die  Theorie  der  Wage  ganz  ans  Ende  der  Lehre  von  den 
festen  Körpern  gerückt  worden  ist,  hat  vvol  ebenfalls  keinen  zureichen- 
den Grund.  Der  Mängel  der  Theorie  der  flüssigen  Körper  ist  schon 
oben  im  allgemeinen  gedacht  worden,  und  da  der  Verfasser  auf  den 
zweiten  Teil  selbst  weniger  Gewicht  legt,  so  kann  Referent  seine  Be- 
merkungen schlieszen,  nachdem  er  gezeigt  zu  haben  glaubt,  dasz  in 
der  Anlage  des  Ganzen  nicht  sehr  schwer  Veränderungen  vorgenom- 
men werden  können,  die  der  Arbeil  eine  gröszere  Verbreitung  sichern, 
und  dasz  auch  im  einzelnen  noch  manches  der  erneuerten  Ueberlegung 
und  präcisen  Fassung  bedarf. 

Zum  Schlusz  noch  einige  Worte  über  das  chemisch-physikalische 
Lexikon  von  Dove,  August  usw.  und  über  die  physikalische  Technik 
von  Fr  ick.  Ersteres  dürfte  namentlich  jungen  Lehrern  zu  empfehlen 
sein  sovvol  in  Hinsicht  der  tiefern  mathematischen  Begründung  als  auch 
in  Rücksicht  auf  Quellenstudium  und  Kenntnis  lilterarischer  Hülfs- 
mittel.  Ob  das  Lexikon  eine  weite  Verbreitung  gefunden,  ist  Referen- 
ten unbekannt,  thut  auch  nichts  zur  Sache,  denn  habent  sua  fata  libelli. 
Auch  die  B  aumga  rtne  r  sehen  Supplemente  sind  nur  einmal  aufge- 
legt und  bald  wol  nur  noch  antiquarisch  zu  beziehn.  Auch  ein  Beweis, 
dasz  das  mathematische  Studium  der  Physik  nicht  sehr  beliebt  ist  und 
dasz  das  Publicum  lieber  mit  leichterer  Waare  fürlieb  nimmt. 

Die  physikalische  Technik  von  Frick  war  das  erste  Werkchen 
dieser  Art  und  kam  gewis  einem  oft  empfundnen  Bedürfnis  entgegen. 
Sie  ist  in  ihrer  Weise  recht  gut,  doch  hatten  wir  selbst  früher  eine 
andere  Vorstellung  von  einem  solchen  Werk.  Der  Fachlehrer  für 
Mathematik  und  Physik  an  Gymnasien  in  kleineren  Orten  hat  selten 
Zeit  und  Gelegenheil,  die  selbständige  Beschaffung  physikalischer 
Apparate  zu  besorgen,  und  sollen  wir  es  gerade  heraussagen,  er  hat 
etwas  besseres  zu  thun,  an  seiner  eignen  geistigen  Fortbildung  nem- 
lich  zu  arbeiten  statt  seinen  eignen  Amanuensis  zu  machen.  Ein  an- 
deres thut  dem  jungen  Lehrer  not:  er  hat  bis  zu  seiner  Anstellung 
meist  aus  Büchern  studiert  und  Apparate  wie  Instrumente  nur  von 
auszen  kennen  gelernt,  auch  in  den  besten  Fällen  von  geschickte» 
Universitätslehrern,  die  auch  seltener  sind  als  man  gewöhnlich  an- 
nimmt, experimentieren  gesehn,  nicht  aber  experimentieren  gelernt: 
dem  jungen  Lehrer  thut  nun  ein  Buch  not,  welches  angibt  l)  welches 
sind  die  jedem  Kapitel  entsprechenden  brauchbaren  Schulexperimente; 
2)  welche  Apparate  sind  dazu  notwendig  und  wie  und  wo  sind  die- 
selben am  besten  und  billigsten  zu  beschalFen;  3)  welches  sind  die 
vorzüglichsten  Momente  nach  denen  der  Experimentator  sich  vor- 
züglich zu  richten,  und  welches  die  namhaftesten  Fehler  die  er  zu 
vermeiden  hat.  Natürlich  enthält  das  Fricksche  Werk  wie  auch  die 
gewöhnlichen  Lehrbücher  der  Physik  sehr  vieles  von  dem  so  eben 
angedeuteten,  aber  ein  Buch,  unter  diesem  Gesichtspunkte  ausge- 
arbeitet, würde   von  einschlagender  Wirkung  sein  sovvol  für  Lehrer, 


Fasbender:  Beschreibende  Gcomelrie.  423 

die  viele  Zeit,  viele  Mühe  wie  vielen  Verdriisz  sich  ersparen  würden, 
als  auch  für  Schüler,  die  nun  nicht  mehr  so  sehr  Gefahr  liefen,  um 
wünschonswcrihe  Experimente  betroffen  zu  werden.  Es  könnten  sich 
recht  wo!  nielirero  praktische  Schuliiiiiiiner  zu  einem  solchen  Werk 
vereinig-en,  sobald  eine  Verlagshandliing'  sich  zum  Mittelpunkt  eines 
solchen  Unternehmens  machen  wollte.  Hollen  wir,  dasz  so  etwas  nicht 
allzu  lange  auf  sich  warten  lasse. 

Neustadt  in  West-Pr.  im  Juli  1861.  FaJde^  Oberlehrer. 


12. 

Anfangsgründe  der  beschreibenden  Geometrie  ^  der  analytischen 
Geometrie^  der  Kegelschnitte  und  der  einfachen  Reihen.  Für 
Realschulen  als  Ergän:,nngsband  zu  den  fnathematischen 
Lehrbüchern  des  Herrn  Professor  Koppe  von  Dr  Ed.  Fas- 
bender,  Professor  und  Oberlehrer  am  köniyl.  preusz.  Gym- 
nasium zu  Thorn.  Essen,  Druck  und  Verlag  von  G.  D.  ßä 
deker.    1860. 

Nach  der  Heorganisation  in  Treuszen  unter  dem  jetzigen  Cultus- 
niinister  und  nach  genauer  Feststellung  der  Lehrpensen,  besonders  in 
den  oberen  Klassen,  trat  für  den  Unterricht  in  der  Alatbemalik  das 
Bedürfnis  nach  einem  Lehrbuch  hervor,  das  dem  Lehrer  als  Leitfaden 
und  dem  Schüler  als  Anhaltpuiikt  zu  einer  Wiederholung  dienen  sollte. 
Die  obige  Verlagshandlung  erkannte,  dasz  ein  solcher  Ergänzungsband 
zu  den  Koppe  sehen  Lehrbüchern  der  Mathematik,  damit  diese  für  den 
Unterricht  in  der  Mathematik  auf  liealschulen  ein  einheitliches  Ganzes 
seien,  fehle.  Da  Herr  Professor  Koppe  wegen  seiner  leidenden  Ge- 
sundheit verhindert  war,  diesen  Ergänzungsband  zu  seinen  mathema- 
tischen Lehrbüchern  auszuarbeiten,  so  unlernahm  dieses  Herr  Professor 
Fasbender,  ein  ehemaliger  Scliüler  und  dann  langjähriger  Freund 
des  Herrn  Koppe.  Und  in  der  That  war  Herr  Fasbender  die  geeig- 
nete Persönlichkeit  hierzu,  da  er  die  mathematische  Methode  des  Herrn 
Professor  Koppe  aus  langjähriger  Praxis  genau  kannte  und  nicht 
minder  die  Bedürfnisse  einer  Healschule,  da  er  selbst  berufen  ist  den 
Hauptunterricht  in  der  Mathematik  und  in  den  Naturwissenschaften  an 
der  Kealscbule  zu  Thorn,  die  durch  jüngstes  Rescript  des  Herrn  Unler- 
richtsministers  zu  einer  Healschule  Ir  Ordnung  erhoben  ist,  zu  erteilen. 

Die  vorliegenden  'Anfangsgründe'  usw.  entsprechen  nun  nach 
Inhalt  und  Form  ganz  den  Bedürfnissen,  welche  an  einen  guten  Leit- 
faden in  der  Mathematik  für  die  oberste  Klasse  einer  Healschule  Ir 
Ordnung  gestellt  werden  können.  Der  Verfasser  bat  überall  mit  groszer 
Klarheit  und  malhematischer  Schärfe  seine  Aufgal»e  erfaszt  und  dem- 
gemäsz  dieselbe  gelöst.  Der  erste  Abschnitt,  welcher  die  darstellende 
Geometrie  behandelt,  bespricht  die  Darstellung  des  Punktes,  der  ge- 
raden Linie  und  der  Ebene;  es   werden  auch  mehrere  hierher  gcliö- 


424  Fasbender:  beschreibende  Geometrie. 

rende  Aufgaben  gelöst.  Der  zweite  Abschnitt  behandelt  in  gröszerer 
Ausführlichkeit  die  analytische  Geometrie  der  Ebene  und  des  Raums, 
nachdem  vorher  in  angemessener  Weise  und  mittelst  Anwendung  von 
Fundamentalaufgaben  das  Kapitel  von  den  Coordinaten  behandelt  ist. 
Im  dritten  Abschnitt  entwickelt  der  Verfasser,  ausgehend  von  der  all- 
gemeinen Gleichung  des  Kegelschnitts,  in  analytischer  Methode  die 
wichtigsten  Eigenschaften  der  Kegelschnitte  und  entwickelt  dann  die 
Gleichungen  für  die  besondern  Schnitte.  —  Weniger  ausführlich,  aber 
doch  in  hinreichendem  Umfange  für  den  vorliegenden  Zweck  behandelt 
der  Verfasser  im  vierten  Absclinilt  die  Lehre  von  den  einfachen  Reihen. 
Durch  die  Erklärung  von  unendlichen  Reihen  kommt  er  bald  auf  con- 
vergente  Reihen,  auf  die  Coefficienten  der  binomischen  Reihe  und  die 
Allgemeingültigkeit  der  ßinomialformel ;  dann  die  Exponenlialreihe, 
die  logarilhmische  Reihe  und  die  Reihen  für  Sinus  und  Cosinus;  den 
Schlusz  bildet  die  Leibnilzsche  Reihe.  —  Die  sphärische  Trigono- 
metrie, als  nicht  in  den  Lehrplan  für  Realschulen  aufgenommen,  ist 
nicht  berücksichtigt. 

Referent  kann  nach  diesen  allgemeinen  Angaben  folgende  Gedan- 
ken nicht  unterdrücken : 

Die  Ausdehnung,  welche  der  Verfasser  dem  die  beschreibende 
Geometrie  behandelnden  Abschnitt  gegeben  hat,  dürfte  wol  über  das 
Bedürfnis  der  Realschulen  und  über  die  Absicht  des  Reglements  vom 
6.  October  1859  hinausgehn.  Dasselbe  will  nur  die  Hauptsätze  der 
beschreibenden  Geometrie  und  auch  diese  nur  im  Ansclilusz  an  die 
Stereometrie  behandelt  wissen.  Ein  gleiches  dürfte  von  der  Ausdeh- 
nung gellen,  in  welcher  der  Verfasser  die  Kegelschnitte  in  analytischer 
Behandlung  vorführt.  Immerhin  aber  kann  das  in  beiden  Gebieten  von 
dem  Verfasser  gegebne  Material  begabteren  Schülern  als  weiterer 
Uebungssloir  IrelTliche  Dienste  leisten.  Die  analytische  Behandlung 
der  Kegelschnitte  ist  überdies,  wie  der  Verf.  auch  in  der  Vorrede  an- 
deutet, so  gehalten,  dasz  sie  eine  fortUuifende  Reihe  von  Anwendungen 
der  Sätze  der  analytischen  Geometrie  involviert.  Aus  diesem  Gesichts- 
punkte betrachtet  mag  die  von  uns  hervorgehobene  Ausdehnung  an 
ihrer  Stelle  erscheinen.  Doch  sollten  die  Lehrer  der  Mathematik  an 
Realschulen  sich  die  richtigen  Grenzen  ihrer  Disciplin  stets  vor  Augen 
halten  und  das  Masz  desjenigen,  was  vernünftigerweise  erreichbar  ist, 
einzuhalten  bestrebt  sein.  Dem  Reglement  von  1859  ist  mehrfach  vor- 
geworfen,  es  mache  die  Realschulen  zu  Fachschulen  für  Mathematik 
und  Naturwissenschaften.  Der  richtige  Sinn  des  Reglements  ist  dieses 
sicher  nicht.  Saciie  der  malhematisclien  Lehrer  wird  es  sein,  durch 
zweckmäszige  Methodik  der  Uebertreibung  zu  begegnen.  Recensent 
lindet  sich  verpHichtet  dieses  hervorzuheben,  weil  nur  bei  dieser  Auf- 
fassung das  vom  Verfasser  gegebene  Material  das  richtige  Masz  nicht 
überschreitet. 

Schliesziich  wünschen  wir  dem  Buche  eine  weite  Verbreitung; 
die  äuszere  Ausstattung  desselben  ist  gut. 

Eiber  feld.  Fischer. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  425 

Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 


XX. 

Die  fünfte  Versammlung  niittelrheinischer  Gymnasiallehrer  zu  Mainz 

am  21.  Mai  ISül. 


Zum  Orte  für  die  fünfte  Versammlung  mittelrheinischer  Gymnasial- 
lehrer war  Mainz  ausersehn  und  zum  Präsidenten  derselben  G.vmnasial- 
director  Professor  Bone  gewählt  worden.  Von  den  Städten,  an  welche 
das  Präsidium  Einladung  hatte  ergehn  lassen,  waren  folgende  14  ver- 
treten: ßensheim,  Büdingen,  Carlsruhe,  Coblenz  ,  Darmstadt,  Frankfurt, 
Gieszen,  Hanau,  Mainz,  Mannheim,  Speier,  Wetzlar,  Wiesbaden,  Worms, 
Unter  den  55  Anwesenden  befanden  sich  auszer  den  Directoren  und 
(Tyinnasiallehrern  auch:  Geheimer  liegierungsrath  Dr  Land  f  ermann 
aus  Coblenz,  Oberstudienrath  Dr  Wagner  aus  Darmstadt,  die  Kegie- 
rungsräthe  Dr  Firnhaber  und  Sporer  und  Kirchenrath  Dietz  aus 
Wiesbaden.  Zum  Local  für  die  Versammlung  war  die  durch  ihre  schöne 
Lage  und  herliche  Aussicht  bekannte  Neue  Anlage  gewählt  worden. 
Um  lOy^  Uhr  eröffnete  der  Vorsitzende,  nachdem  zuvor  Conrector  Otto 
aus  AViesbaden  und  Gymnasiallehrer  Dr  Keller  aus  Mainz  die  Proto- 
kollführung übernommen  hatten,  in  einer  herzlichen  Anspraclie  die  Ver- 
sammlung, und  wies  zugleich  gemäsz  dem  von  ihm  aufgestellten  Pro- 
gramm darauf  hin,  dasz  auszer  den  Verhandlungen  auch  für  den  Nach- 
mittag noch  Zeit  gewonnen  werden  müsze  zur  Besichtigung  der  ebenso 
heiehrenden  als  reichen  und  bedeutsamen  Altertümer  von  Mainz.  Für 
diesen  Zweck  hatte  Professor  Klein  aus  Mainz  eine  kleine  Druckschrift: 
^die  römischen  Altertümer  in  und  bei  Mainz ,  welche  auszerhalb  des 
städtischen  Museums  sich  befinden ',  mit  daukenswerther  Sorgfalt  be- 
arbeitet und  der  Versammlung  gewidmet;  sie  wurde  unter  die  Anwesen- 
den verteilt.  Professor  Klein  begrüszte  alsdann  die  Versammlung  in 
einer  Ansprache,  worin  er  sich  über  die  Bedeutung  von  Mainz  in  älterer, 
namentlich  in  römischer  Zeit  aussprach  und  zugleich  über  zweifelhafte 
Verhältnisse  seine  Ansichten  entwickelte.  Darauf  gieng  der  Vorsitzende 
zur  Einleitung  in  die  eigentlichen  Discussionen  über,  berichtete  in  Kürze 
über  die  Verhandlungen  der  vorjährigen  Versammlung  zu  Frankfurt  und 
erinnerte  an  den  eigentlichen  Zweck  der  Zusammenkünfte,  den  er  we- 
niger darin  erblickte,  dasz  durch  längere  Vorträge  wissenschaftliche 
Gegenstände  in  erschöpfender  Weise  behandelt  würden  ,  wofür  ohnehin 
die  Kürze  der  Zeit  nicht  ausreiche,  noch  auch  darin,  dasz  durch  schliesz- 
liche  oft  zufällige  Majoritätsabstimmmigen  über  praktische  Gegenstände 
Beschlüsse  zu  Stande  kämen,  die  ja  doch  nicht  leicht  zu  praktischer 
Durchführung  kommen  könnten,  sondern  vielmehr  darin,  dasz  ilie  Ein- 
zelnen Gelegenheit  fänden,  durch  persönliche  Begegnung  und  collegia- 
lischen  Austausch  der  gemachten  Erfahrungen  die  eignen  Ansichten  zu 
läutern,  das  Urteil  über  so  manchen  Gegenstand  zu  befestigen  oder  auch 
zu  mildern  und  zu  raodificieren.  Um  sodann  die  Gegenstände  für  die 
Discussion  festzusetzen,  teilte  der  Vorsitzende  zunächst  eine  Eeihe  von 
Thesen  über  den  deutschen  Unterricht  mit,  welche  Director  Dr  Pid  er  it 
aus  Hanau  eingesandt  hatte;  da  derselbe  jedoch  unerwartet  verhindert 
worden,  an  der  Versammlung  teilzunehmen,  so  wurde  von  der  Bespre- 
chung dieser  Thesen  Abstand  genommen.  Eine  vom  Director  Dr  Clas- 
sen  aus  Frankfurt  angeregte  Frage:  'wie  die  Privatlectüre  der  Schüler 
der  obern  Klassen  am  zweckmäszigsten  einzurichten  und  zu  leiten  sei', 
zog  derselbe  zurück  mit  dem  Wunsche,  dasz  auf  die  von  dem  Vor- 
sitzenden selbst  vorgeschlagnen  Gegenstände  eingegangen  werde,  womit 


426  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

die  Versamtnluüg  sich  einverstanden  erklärte.  In  dem  zur  Einladung 
beigefügten  Programm  war  nemlich  geäiiczert  worden,  dasz  es  vielleicht 
Von  aligemeinem  Interesse  sein  dürfte,  solche  Discussionen  zu  führen, 
wodurch  für  die  Gymnasien  der  benachbarten  Staaten  gröszere  Gleich- 
mäszigkeit  oder  doch  gegenseitiges  näheres  Verständnis  gefördert  werde, 
namentlich :  über  die  Anforderungen  bei  der  Maturitätsprüfung  nach  den 
einzelnen  Fächern;  Gültigkeit  des  Maturitätszeugnisses  für  die  verschie- 
denen benachbarten  Staaten;  die  Dauer  des  regelmäszigen  Gymnasial- 
cursus;  Gleichmäszigkeit  in  der  Benennung  der  einzelneu  Gymnasial- 
klassen; die  Prädicate  und  deren  Stufenfolge  bei  Censuren  und  Zeug- 
nissen u.  dgl.  Nachdem  der  Vorsitzende  die  einzelnen  Thesen  kur^ 
charakterisiert  und  motiviert  hatte,  wurde,  in  Erwägung  dasz  die  Zeit 
wicht  ausreichen  werde  um  sie  alle  durchzunehmen,  nach  einigen  von 
verschiedenen  Seiten  gemachten  Erörterungen  und  mit  Rücksicht  auf 
schon  früher  vorgekommene  Verhandlungen  durch  die  Mehrheit  der  Ver- 
sammlung entschieden,  zunächst  auf  die  dritte  These:  'die  Dauer  des 
regelmäszigen  Gymnasialcnrsus'  mit  der  Discussion  einzugehn.  Der 
Vorsitzende  hob  dabei  hervor,  dasz  die  Frage  zwar  wesentlich  abhängig 
sei  von  den  Anforderungen,  die  man  an  den  gesamten  Gymnasial- 
unterricht, also  schlieszlich  an  den  Abiturienten  zu  stellen  habe,  dasz 
aber  diese  Anforderungen,  wie  die  Programme  der  verschiedenen  Gym- 
nasien erwiesen  und  wie  er  das  selbst  bei  seiner  Versetzung  aus  Preuszen 
nach  Mainz  unmittelbar  praktisch  erfahren  habe,  im  wesentlichen  überall 
gleich  seien,  wenn  auch  die  wirklichen  Leistungen  an  den  verschiedenen 
Gymnasien  eines  und  desselben  Staats  oft  sehr  divergierten,  da  sie  von 
Lehrern  und  Schülern  abhiengen,  und  dasz  somit  'die  Frage  nach  der 
Zeitdauer  des  Gymnasialunterrichts  allerdings  auch  abgesondert  behan- 
delt werden  könne;  er  verbreitete  sich  sodann  über  seine  persönliche 
Stellung  zu  der  Frage  und  die  darin  gemachten  Erfahrungen,  indem  er 
nach  langjähriger  Beteiligung  an  der  Abiturientenprüfung  in  der  preuszi- 
schen  Rheinprovinz,  wo  der  Gymnasialcursus  ein  achtjähriger 
Bei,  zuletzt  als  Director  eines  Gymnasiums  in  der  Provinz  Westphalen 
gestanden  habe,  wo  der  (jtym.nasialcursus  wie  in  den  übrigen  östlichen 
Provinzen  Preuszens  ein  neunjähriger  sei;  er  müsze  sich  entschieden  für 
den  achtjährigen  Cursus  aussprechen ,  wenigstens  als  die  gesetzliche 
Normalzeit,  worin  der  fleiszige  Schüler  das  Gymnasium  absolvieren 
könne;  dabei  verstehe  es  sich  aber  von  selbst,  dasz  sowol  bei  der  Auf- 
nahme der  Schüler  als  bei  der  Ascension  zu  den  einzelnen  Klassen  die 
nötige  Strenge  obwalten  müsze ,  wodurch  denn  allerdings  bei  manchen 
eine  längere  Zeit  des  Gymnasialbesuchs  als  notwendig  sich  herausstelle. 
Die  Beschaffenheit  des  Gegenstandes  brachte  es  mit  sich  ,  dasz  auszer 
der  Dauer  des  Gymnasialcnrsus  das  Alter  der  Zöglinge  bei  der  Auf- 
nahme und  dasjenige  bei  der  Entlassung  zur  Universität  in  den  Kreis 
der  Discussion  hineingezogen  wurde.  Bone  hält,  nach  Darlegung  der 
für  den  Eintritt  in  die  unterste  Klasse  des  Gymnasiums  .zu  stellenden 
Anforderungen,  das  vollendete  lOe  Jahr,  in  seltenen  Fällen,  bei  beson- 
derer geistiger  Befähigung,  das  zurückgelegte  9e  Jahr  für  das  Alter, 
welches  bei  der  Aufnahme  verlangt  werden  müsze.  Durch  Landfer- 
jmann  und  Director  Behagel  aus  Mannheim  erfahren  die  Anwesenden, 
4asz  in  Preuszen  und  Baden  das  zurückgelegte  9e  Jahr  als  frühestes 
Normaljahr  bei  der  Aufnahme  angesehn  werde,  wärend  nach  einer  Mit- 
teilung von  Professor  Dr  Cassian  aus  Frankfurt  in  der  Schweiz  mit 
dem  lateinischen  Unterricht  erst  im  12n  Jahr  begonnen  wird.  Director 
Boszler  aus  Darmstadt  bemerkt,  dasz  am  dortigen  Gymnasium  wegen 
des  Umstandes,  dasz  dasselbe  nur  7  Klassen  zähle,  deren  jede  einen 
«injährigen  Cursus  bedinge,  bei  der  Aufnahme  schon  Vorkenntnisse  im 
Lateinischen  gefordert  würden ,   wie  sie  sonst  in   der  8n  Klasse  erlangt 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  42't 

zu  werden  pflegten,  und  dasz  darum  die  Aufnahme  im  lln  Jahre  ge- 
schehe. Director  Classen  dagegen  ist  der  Ansicht,  dasz  principiell 
bei  der  Aut'nalime  keine  Vorkenntnisse  im  Lateinischen  gefordert  wer- 
den dürften ,  dasz  vielmehr  mit  den  ersten  Elementen  des  LateinischeÖ 
begonnen  werden  müste,  indem  sehr  viel  darauf  ankomme,  wie  der  erste 
Unterricht  erteilt  werde.  Mit  dieser  Ansicht,  sowie  mit  der  Annahme 
des  lÜn  Jahrs  als  Normaljahrs  schienen  alle  Anwesenden  einverstanden 
zu  sein.  —  Uebergehend  auf  die  Zeit  der  Entlassung  zur  Universität 
bemerkt  Bone,  dasz,  wenn  die  Gymnasialstudien  nach  zurückgelegtem 
lOn  Jahre  begännen  und  der  regelmäszige  Gymnasialcursus  8  Jahre  dauere, 
der  Abiturient  18  Jahre  alt  sei,  welches  Alter  er  für  das  geeignetste 
halte,  um  zu  selbständigen  Studien  überzugehn.  Uebrigens  sei  es  be- 
kannt und  aus  den  Programmen  zu  ersehn,  dasz  die  Abiturienten  auch 
bei  einem  achtjährigen  Cursus  in  der  Regel  das  18e  Jahr  bereits  über- 
schritten hätten,  weil  manche  erst  im  lln  oder  [2ii  Jahre  oder  noch 
später  die  Gymnasialstudien  begännen,  andere  dagegen  nicht  eine  jede 
Klasse  in  einem  Jahr  absolvierten,  so  dasz  das  zu  frühe  Lebensalter 
der  Abiturienten  füglich  keinen  Grund  zu  weiterer  Ausdehnung  des 
Gymnasialcursus  biete,  wenn  man  bei  der  Ascension  zu  den  einzelnen 
Klassen  streng  verfahre;  Abiturienten  unter  18  Jahren  seien  selten,  und 
gewöhnlich  seien  es  die  besten ,  wie  auf  dem  Gymnasium  so  auch  auf 
der  Universität.  Aeltere  Schüler  könnten  für  das  Gymnasium  leicht 
eine  Last  werden,  da  sich  bei  ihnen  in  der  Regel  der  Drang  nach 
Emancipation  von  der  Pflicht  zu  lernen  und  zu  gehorchen  zeige  und 
ein  Verlangen  nach  Ungehörigkeiten  verschiedener  Art  in  ihnen  erwache, 
wärend  doch  das  Gymnasium  an  strengen  Disciplinarscluanken  festhal- 
ten müsze.  Aber  auch  auf  der  Universität  habe  ein  früheres  Alter  ent- 
schiedene Vorzüge,  da  der  innere  Mensch  noch  gröszere  Elasticität  be- 
sitze, das  Bewustsein  der  Notwendigkeit,  seine  intellectuelle  Ausbildung 
von  dem  unterrichtenden  Worte  des  Docenten  abhängig  zu  machen, 
noch  nicht  erloschen  sei  und  das  erste  Ideal  des  zu  ergreifenden  Berufs 
in  seiner  ganzen  Reinheit  noch  vorschwebe.  Selbst  in  sittlicher  Hin- 
sicht könne  er  die  Bedenken  nicht  teilen,  die  man  wol  oft  gegen  früh- 
zeitigen Universitätsbesuch  erhebe;  im  Gegenteil  sei  gerade  das  Jugend- 
liche, Zarte  oft  der  beste  Schutz  gegen  manche  Ausschreitungen  und 
Begehrungen,  die  bei  vorgerückteren  Jahren  in  dem  ungebundnen  Uni- 
versitätsleben sich  derber  und  frivoler  geltend  machten;  mit  18  Jahren 
walte  gewöhnlich  eine  gewisse  Sentimentalität  um  die  Herzen,  und  die 
sei  gerade  nach  den  bedenklichsten  Richtungen  hin  ein  Schutz  gegen 
Gemeinheit.  —  Wagner,  Firnhaber  und  Classen  dagegen  sind  der 
Ansicht,  dasz  vor  zurückgelegtem  19n  oder  20n  Jahre  in  der  Regel  keine 
Entlassung  zur  Universität  stattfinden  sollte,  und  wünschen  einen  aus- 
gedehnteren Gymnasialcursus.  Ein  Jüngling  könne  im  18n  Jahre  in  der 
Regel  noch  nicht  jene  Vorbildung  erlangt  haben ,  auf  deren  Grund  ein 
gediegnes,  erfolgreiches  Universitätsstudium  zu  erwarten  stehe.  Di© 
Leetüre  eines  leichteren  Klassikers  wie  des  Ovid,  Cäsar,  Xenophon^ 
setze  wenigstens  eine  vierjährige  Vorbereitung  voraus;  es  bliebe  also 
bei  einem  achtjährigen  GymnasialcnrsTis  für  so  vieles  andere  kaum  eine 
Zeit  von  vier  Jahren  übrig.  Der  Schüler  könne  im  17n  Jahre  den  Ge- 
halt eines  schwierigem  Klassikers  nicht  fassen ,  und  doch  sei  dies  un- 
umgänglich notwendig,  wenn  ein  Nutzen  aus  der  Leetüre  erwachsen  solle. 
Ein  Vertrautwerden  mit  dem  Schriftsteller  sei  wünschenswerth;  dies 
aber  setze  voraus,  dasz  die  Leetüre  längere  Zeit,  z.  B.  zwei  Jahre, 
fortgesetzt  werde.  Dann  nur  lasse  sich  hoffen,  dasz  der  Schüler  auch 
in  späterer  Zeit  den  Umgang  mit  den  weisen  Freunden  aus  dem  griechi- 
schen und  römischen  Altertum  aufsuchen  werde.  Was  man  im  lOn 
Jahre   lese,   nehme   sich   viel   schöner  aus  als  das  nemliche,  wenn  man 


428  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

es  im  Ion  oder  16n  Jahre  lese.  Der  Verstand  komme  nicht  vor  den 
Jahren.  Auf  der  Universität  sei  mit  einem  20j;ihrigen  Studenten  viel 
anzufangen;  auch  sein  Charakter  sei  fester.  Jüngere  Studenten  ver- 
tändehi  oft  die  erste  Zeit  ihres  Universitätslebens  und  viele  verkommen 
geradezu.  Diesen  wäre  es  sicherlich  heilsamer  gewesen,  wenn  sie  noch 
einige  Zeit  im  Gymnasium  zugebracht  hätten.  —  Landfermann,  der 
besonders  ersucht  worden  war,  der  Versammlung  die  Resultate  seiner 
reichen  Erfahrung  mitzuteilen,  führt  zuerst  die  in  Preuszen  bestehenden 
Einrichtungen  an,  wornach  in  der  Rheinpiovinz  ein  Sjähriger,  in  den 
übrigen  Provinzen  ein  Ojähriger  Gymnasialcursus  besteht.  Indessen  will 
er  damit  nicht  gesagt  haben,  dasz  hier  der  Gvmnasialschüler  notwendig 
9  Jahre,  dort  8  Jahre  in  der  Anstalt  verbleiben  müsze,  vielmehr  sei 
die  Zeit  des  Gymnasialbesuchs  nach  dem  Masz  der  geistigen  Begabung 
und  des  Fleiszes  verschieden.  Was  dem  einen  in  8  Jahren  zu  erreichen 
möglich  sei,  das  werde  von  dem  andern  erst  in  10  oder  11  Jahren  er- 
reicht, und  so  beziehe  der  e'ine  im  17n,  der  andere  im  19n,  20n  Jahre 
oder  noch  später  die  Universität.  Auch  will  er  nicht  behaupten,  dasz, 
wo  ein  9jähriger  Cursus  bestehe,  gröszere  Leistungen  wahrgenommen 
würden,  als  wo  ein  Sjähriger  Cursus  vorgeschrieben  sei.  Nach  seiner 
Erfahrung  dürfen  vielmehr  die  Leistungen  dei  Gymnasien  weniger  von 
der  Beschaffenheit  äuszerer  Erscheinungen,  als  von  der  Berufstüchtig- 
keit und  dem  planmäszigen  Zusammenwirken  der  Lehrer  erwartet  wer- 
den. —  Anknüpfend  an  die  Mitteilungen  und  Auseinandersetzungen 
Landfermanns  hebt  der  Vorsitzende  die  Vorzüge  getrennter  vor 
combinierten  Klassen  hervor  und  ist  der  Ansicht ,  dasz  bei  getrennten 
Klassen  in  8  Jahren  mehr  erreicht  werde,  als  bei  combinierten  in  9 
oder  10  Jahren ;  wolle  man  aber  einen  9jährigen  Cursus  einführen,  so 
werde  man  an  den  meisten  Gymnasien  schon  um  der  Etats  und  der 
Käumlichkeiten  willen  wahrscheinlich  zu  Combinationen  seine  Zuflucht 
nehmen  müszen;  es  komme  vor  allem  darauf  an,  dasz  in  den  Schülern 
eine  innere  Force  wachgehalten  werde;  eine  zu  lange  Dauer  des  Gj'm- 
nasialcursus  mache  unmutig  und  müde.  —  Nachdem  nun  noch  Conrector 
Fischer  aus  Speier  darauf  hingewiesen,  dasz  in  Bayern  nicht  darnach 
gefragt  werde,  aiif  welchem  Wege  und  in  welcher  Zeit  ein  Jüngling  die 
erforderliche  Vorbereitung  zur  Maturitätsprüfung  erlangt  habe,  sondern 
dasz  dort  wie  Freiheit  der  Arbeit  überhaupt,  so  auch  Freiheit  der 
Privatstudien  bestehe,  wünscht  Firnhaber  mit  der  nach  allen  Seiten 
hin  besprochnen  Frage  endlich  zur  Einigung  zu  kommen  und  die  An- 
sicht der  Anwesenden  zu  vernehmen.  Demzufolge  stellt  der  Vorsitzende 
die  Frage :  'welches  Jahr  dürfte  als  das  Normaljahr  bei  der  Entlassung 
zur  Universität  anzusehn  sein?'  Die  Majorität  schien  sich  für  das  19e 
Jahr  zu  entscheiden.  Die  weitere  Frage:  'welche  Zeit  soll  der  regel- 
mäszige  Gymnasialcursus  umfassen?'  wird  von  der  Majorität  dahin  be- 
antwortet, dasz  bei  getrennten  Klassen  ein  Sjähriger,  bei  combinierten 
ein  9jähriger  Cursus  zur  Erreichung  einer  gründlichen  Gymnasialbildung 
erforderlich  sei. 

Da  die  für  die  Verhandlungen  bestimmte  Zeit  nunmehr  abgelaufen 
war,  so  glaubte  der  Vorsitzende  zum  Schlusz  einen  Wunsch,  den  er 
bereits  vor  Eröffnung  der  Discussion  über  die  3e  Thesis  ausgesprochen 
hatte,  wiederholt  vortragen  zu  sollen,  den  Wunsch  nemlich,  die  Ver- 
sammlung wolle  erklären,  dasz  nach  den  Jahresberichten  in  den  Pro- 
grammen die  Forderungen  der  Gymnasien  der  verschiedenen  Staaten  im 
allgemeinen  dieselben  seien  und  wie  es  darum  wünschenswerth  er- 
.scheine,  dasz  die  Maturitätsprüfung  für  die  Nachbarstaaten  Gültigkeit 
erhalte.  Diesem  Wunsche  wurde  denn  auch  im  Sinne  des  Vorsitzenden 
entsprochen  und  der  zweite  Punkt,  der  die  Gültigkeit  der  Maturitäts- 
prüfung für  die  benachbarten  Staaten  betrifft,  denjenigen  der  Anwesen- 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  429 

den  ,  die  als  Mitglieder  der  Regierung  oder  der  Oberbebörde  ein  ent- 
scbeideudes  oder  einfluszreiches  Wort  zu  sprechen  haben ,  als  Gegen- 
stand besonderer  Fürsorge  anemjifohlen. 

Um  1  Uhr  wurden  die  Verhandlungen  geschlossen  und  ein  gemein- 
sames Mahl  vereinte  in  heiterer  Geselligkeit  die  Mitglieder  der  Ver- 
saiiimlung,  deren  freudige  Stimmung  manch  sinniger  Toast  noch  erhöhte. 
Zum  Orte  für  die  nächste  Versammlung  wurde  Darm  Stadt,  zum  Prä- 
sidenten Gymnasialdirector  Dr  Boszler  gewählt.  Nach  dem  Malile 
wurde  die  im  Programm  vorgeschlagene  Wanderung  ausgefülirt:  zuerst 
auf  den  Eichelstein  (das  alte  Drususdenkraal),  dann  nach  Zahlbach  (mit 
seinen  zahlreichen  römischen  Leichensteinen  und  den  groszartigen  Resten 
einer  römischen  Wasserleitung"),  und  zuletzt  ins  Schlosz,  wo  der  Con- 
scrvator  des  römisch -germanischen  Museums,  Gymnasial -Zeichenlehrer 
Dr  Lindenschmit ,  aufs  freundlichste  mit  belehrenden  Erläuterungen 
erfreute. 


XXI. 

Lexikalisches. 


Die  nachfolgende  Arbeit,  welche  vorzugsweise  die  deutsch -griechi- 
schen Wörterbücher  vom  Geheimen  Oberschuhath  Dr  Rost  (achte  recht- 
mäszige,  vielfacli  verbesserte  Auflage.  Göttingen  1860)  und  vom  Professor 
Dr  Sengebusch  (zweite  Auflage.  Braunschweig  1859)  berücksichtigt, 
ist  von  mir  in  einer  längern  Reihe  von  Jahren  nicht  ohne  Mühe  und 
Sorgfalt  gesammelt  worden,  was  mir  jeder  bezeugen  wird,  der  sich  ähn- 
liche Collectanea  angelegt  hat.  Und  wenn  sich  gleichwol  hier  oder  dort 
ein  Ausdruck,  eine  Redeweise  finden  wird,  die  minder  anspricht  oder 
mehr  in  andeutender  als  ausführender  Form  dennoch  Aufnahme  erhielt, 
so  mag  man  wenigstens  das  Streben  anerkennen,  auf  das  Wort  hinge- 
wiesen zu  haben,  um  für  dieses  entweder  den  von  den  Griechen  wirklich 
gebotnen  Ausdruck  hinzusetzen  oder  um  dasselbe  nach  griechischer  Auf- 
fassung und  Anschauung  in  das  griechische  Gewand  zu  kleiden, 

A 

Abführen,  einen  ins  Gefängnis,  8.  abführen  (vgl.  vorführen").  Abge- 
schabtes Kleid,  auch  rgißa^nog  6  TQi'ßcov  Luc.  Gall.  9.  Abgeben,  sich 
von  etwas,  s.  lossagen,  sich.  Abkanzeln,  einen  mit  Worten,  initifiäv, 
inLTiXrJTTiLV  rivL  Abgähren,  verweist  R.  auf  'ausgähren ',  das  er  aber 
nicht  aufgenommen  hat.  Abkomme,  der,  s.  Abkömmling.  Abkühlungs- 
zimmer (im  Bade)  aitoSvxriQiov  Xen.  de  re  publ.  Athen.  2,  10.  Ablisten, 
s.  ablocken.  Ackermännchen,  s.  Bachstelze.  Adressat,  einen  Brief  ab- 
geben an  den  A.,  ygäfiaata  änodidövat.  xivC  Xen.  Cyr.  IV  5,  26.  Aichen, 
vielleicht  atpQccyi^siv.  Alleinverkauf  usw.,  s.  Alleinhandel  usw.  Ammen- 
lohn (vgl.  Hebammenlohn)  TQOcp^iu  Arr.  An.  IV  9,  3,  fehlt  bei  S.  An- 
getrunken VTToßsßg^y^ävog  Luc.  Gall.  8,  fehlt  bei  R.  Anhetzen,  jem.  ge- 
gen jem.,  auch:  InnifintBiv  tivä  xivi  Lys.  7,  40,  vorzüglich  von  Hunden. 
Arbeitgeber  ^gyaSörris  Xen.  Cyr.  VIII  2,  5,  fehlt  bei  R.  Arbeitsgehülfe, 
s.  Mitarbeiter.  Aufpicken,  vom  Hahn  der  Körner  aufliest,  auch:  äva- 
Isyeiv  Luc.  Gall.  4.  Augenschein,  ein  Terrain  in  A.  nehmen,  oipst  nSQi- 
Xci^ßäviiv  xuiQiov  Plut.  Philop.  14,  5.  Ausbruch,  vom  Wein,  auch 
aTtOQQ(ä^  nach  Hom.  Od.  XI  359.  Ausfall,  iisico^a  Xen.  An.  "V  8,  1. 
Ausmalen,  etwas  mit  der  Phantasie,  stiI  fitL^ov  kog^siv  ti  Thuk.  I  21. 
Auszapfen  (fehlt  bei  R)  verweist  S.  auf  anzapfen  =  öffnen,  herausheben 
mit  dem  Heber;  es  fehlt  mithin  die  Bedeutung  =  ausschenken,  in  klei- 
neren Quantitäten,  TiaTtrjXsvsLv;  vgl.  auch  abzapfen.     Auszahnen,  s.  ab- 


430  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

zahnen.  Ausschlappen  (vgl.  schlappen),  von  Thieren,  iKXänrsiv.  Aus- 
wischen ,  einem  etwas ,  inrjQsä^eiv  xivC. 

ß 

Bagatelle,  auch  to:  cpccvXa  Lys,  24,  21.  Barfüszigkeit,  s.  Barfusz- 
gehn.  Bagno,  SsananiQiov.  Baldrian,  knollwurzeliger,  vägSog  OQeivij 
oder  &v}.aHiJ£aaa.  Barriere,  s.  Gatter,  Geländer.  Banner,  jJ  arjficcici. 
Barrikade,  von  Wagen  errichten,  ccfiä^ag  TTQoßdXXsa&cct  (med.)  yiccl  av- 
Tßtg  fi's  TO  UTtoiiäisaQ^aL  xq^a^ai  xäQCiiy.i  nach  Arr.  11,7.  Barrika- 
dieren,  s.  verbarrikadieren.  Begehren,  auch  jj  '^vx'l  (opp.  *o,uog)  Xen. 
Cyr.  13,  18.  Beilchen,  TisXiv.LQv.  Beinfrasz,  fehlt  bei  R. ,  am  Bein 
leiden,  acpaKBXi'^sad'at,  (vgl.  Knochenfrasz).  Belladonna,  CTQvxvog  ^avi- 
xdg.  Belesen,  auch  yvwjiovfuös  Xen.  Mem.  IV  2,  10.  Belletrist,  belle- 
tristisch, s.  Schöngeist  usw.  Beiiiüszigt  sich  sehn  :=  veranlaszt  sehn, 
s.  gemüszigt.  ßepichen,  v.ataiii6Covv .  Bepicken,  noXäitxELV .  Beraspeln, 
ano  —  ■naxu^siv  {^varQa).  Bergader,  ÖLCKpvrj,  Qcißöog.  Bergarbeiter, 
s.  Bergmann.  Bergfall,  Bergschlund,  z6  ;j;a'eju-a  yrjg.  Bergnusz,  o'^o- 
TiciQVOV  Strab.  XII  3.  Beschnuppern,  nSQioGcpQaLVBa&ai.  Bespinnen, 
TtSQinXiTiBiv.  Besternen,  der  besternte  Himmel,  ovQavbg  äaxQOLg  disi- 
Xr](i[iivog;  das  bei  S.  auszer  aller  Wortfolge  stehende  'besternt,  aaxsQOsig^ 
ist  eben  dichterisch.  Besuch ,  ein  ärztlicher,  lazgiK'^  nSQi'oSog  Luc.  Gall. 
23,  fehlt  bei  R.     Besuchen,  einen  Kranken,  auch  iniQXBO^cci  xlvcc  Arr. 

I  16,  5.  Bettelfrau,  s.  Bettlerin.  Beugsam,  s.  biegsam.  Bougfall,  s. 
Casus.  Bevorzugen,  fehlt  bei  S.  Bewegbar,  s.  beweglich.  Bewegungs- 
kraft, -punkt,  ^OTtT].  Beweiszen,  s.  übertünchen.  Bewitzeln,  s.  bespöt- 
teln. Bewurf,  eines  Zimmers,  einer  Mauer,  Kovicificc.  Bezirksweise 
(=  Stadtbezirk,  Stadtviertel),  Kaxoc  ■nä^ag.  Bezollen,  cpOQO&ixsLV  xi. 
Bibelabschnitt  (Sonntagsevangelium),  TtSQiv.oiiri.  Bienenharz,  ngöitoXig. 
Bienenkönigin:  die  Alten  hielten  gröstenteils  den  Weiser  für  ein  Mascu- 
linum,  aber  Xen.  Oec.  7,32  sagt:  /y  xäv  iiiXiaacöv  rjysficav;  vgl.  Mager- 
stedt:  die  Bienenzucht  der  Völker  des  Altertums.  1851.  Blässe  (weiszer 
Fleck  auf  der  Stirn  mancher  Thiere),  Xsvnov  arjfia  Arr.  V  19,  5  vom 
Bukephalos.  Bierbrauer,  s.  Brauer.  Bieigieszer,  iioXvßdoxj]^.  Blei- 
schaum, fioXvßöixig  Plin.  XXX  6,  35.  Blitzen,  doxQunxBiv ,  auch  von 
der  gewaltigen  Rede  des  Perikles  Plut.  Perikl.  8  (wie  fulgere),  Aristoph. 
Acharn.  530  u.  31  (Brunck).  Bluniist,  s.  Blumenfreund.  Blutachat  (vgl. 
Achat,  Baumachat),  aifiaxäxrjg  Plin.  XXXVIl  10,  54.  Blutfremd,  s. 
ßtockfremd.  Blutroth,  auch  -nccQvyiLvog  Xen.  Cyr.  VIII  3,  3,  denn  oQcpvi- 
rog  ist:  dunkelroth.  Blutzeuge,  [iÜqxvq.  Bocksbart  (vgl.  Ziegenbart), 
6  TpayiHOS  TKoymv,  fehlt  bei  S.  Bogen,  einen  Bogen  machen  (bei  Ileeres- 
aufstellungen) ,  auch  nsQißoXrjv  noiSLO&ai  Xen.  Cyr.  VI  3,  30.  Bogen- 
gang, s.  Säulengang.  Borax,  s.  Kupferoker.  Bordieren  =  mit  Borden 
einfassen,  -HQaaTisdovv.  Borniert,  ä(pv7]g.  Boskett,  etwa  akaog  ;i;fipi 
TTBcpvxeviievov,  vgl.  auch  Plut.  Cim.  13  extr.  Bowle  (Boole),  vielleicht: 
■KQKrrjg  (vgl.  Punsch  bei  S.).  Boxen,  s.  Baxen ,  fehlt  bei  R.  Brand- 
pflaster, -jtvQi'-uccvoxov.  Brandwunde,  fehlt  bei  S.  Brautfackel,  s.  Hoch- 
zeitsfackel.  Brautgesang,  v'fivog  iTtivvfKpsiog.  Bratenbrühe,  etwa:  e'fi- 
ßa^i^ici  Xen.  Cyr.  13,4.  Brecharzenei,  s.  Brechmittel.  Bremse,  beim 
Beschlagen  der  Pferde  angewendet.  Welchen  Ausdruck  haben  die  Grie- 
chen? Brotrinde,  x6  inl  xov  agxov  ^ijqÖv,  dxxctQccxog ,  6.  Brotsack, 
TtrJQOC.  Brouillon,  der  erste  schriftliche  Entwurf,  VTtö^vrjUcc  Luc.  de 
bist.  cscr.  48.  Brummkreisel  (Spielzeug  der  Kinder),  Qoiißog.  Bulle,  s. 
Zuchtochse. 

c 

Centurie,  fehlt  bei  S.    Chaussee,  auch  odog  Xi'&ov  eavgcofiBvr]  Herodot 

II  138.  Cornak,  s.  Elephantenführer.  Crucifix,  etv/a:  Xgiaxog  ccvocgxkv- 
Qto&sig,  GxavgoitayTJg,     Curtine,  die,  [isaoitvgyiov  Arr.  I  21,  4.     Cölibat, 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  431 


'b 


I 


s.  Ehelosigkeit.     Civilkleidung,  x6  tfidriov,  in  Civilkleidung,  iv  ffiar/otij 
Plut.  Cam.  08. 

D 
Danebenschlagen,  TtccQccnaisiv.  Daraiifspucken,  tcqogtitvsiv.  Dareike, 
aber  Mine,  Stater  fehlen  nicht.  Deficit,  s.  Ausfall.  Denkzettel,  Zettel, 
auf  den  man  sich  Bemerkungen  notiert ,  vTtöyivri^ia  Luc.  de  hist.  cscr. 
48.  Dienstmädchen,  -uiagd,  s.  Mildchen.  Discurrieren,  v,6nTEiv  Xöyor^g, 
Qr'iiiazcc.  Docht,  kleiner,  ^gvcillCdiov  Luc.  Tim,  14.  Dolle,  Dulle,  o 
Gv.aXaog.  Doppelnase,  eine  Hundart,  s.  Bullenbeiszer.  Doppelschürig, 
zweischürig,  etwa  Slg  dfitöfii^vog  Ka&'  t^naatov  tviavzöv.  Doppelsöldner, 
öifioiQLTrjg,  Arr.  VII  23,  '4.  Dose,  kleine,  nv^t'Siov.  Dragoner,  dinäxrig, 
Diod.  V  33  oder  nach  Arr.  16,5  (vgl.  Caes.  b.  g.  IV  2,  3).  Drell- 
bohrer,  xovnavov ,  Hom.  Od,  1X385.  Dunst,  mir  wird  blauer  Dunst 
vorgemacht,  xarßyor^rfuo/Ltai,  pass.  Durchfallen,  von  Theaterstücken, 
auch  tyminzsiv ,  Luc.  Nigr.  8,  fehlt  bei  R.  Durchforsten,  den  Wald, 
s.  lichten,  oder  dLana^aigiiv  (vgl.  durchlichten).  Durchkommen,  das, 
s.  Auskommen,  auch  nogog,  Luc.  Somn.  2.  Durchnehmen,  genau  durch- 
gehn,  ganz  wörtlich:  diciXa^ßävBiv  tl,  Luc.  rhet.  praec.  21.  Durch- 
sticken, mit  Blumen,  Siav^L^siv,  Plut.  Philop.  9;  der  Ausdruck  passt 
auch  zu:  beblümen. 

E 
Eichenkranz,  Sgvog  ctsrpttvogVXxii.  Coriol.3.  Eigenlob  silnki^ulcxQov 
71  nSQiavToXoyi'ct,  nach  Plut.  comp.  Cic.  II.  Einerseits,  fehlt  bei  S.  (vgl. 
anderseits).  Einpauken  (metaphorisch),  avyHQOt^iv  Dem.  XXI  17,  vgl. 
Kehdantz  Dem.  I  S.  159.  Einreffen,  die  Segel,  lazta  azeXlsiv ,  zrjv 
6&öv)]v  GziXXBLV.  Eintagsthierchen?  Eisenbahn  (vgl.  Chaussee),  o86g 
ctörJQOv  tazQw^svr}.  Eitern,  auch  iXy.ovo&aL  pass.  Elephantenjäger 
(fehlt  bei  R.),  auch  Kvvrjy^zrjg  tcöv  sXfcpccvzwv  Arr.  IV  30,  8.  Elephan- 
tengeschrei,  im  Zusammenhange  GVQiyfiog  Arr.  V  17,  7.  Ellenbogen- 
rühren, /}  xfpM/'s  Cels.  VIII  1.  En  gros-händler  (Kaufmann  en  gros),  ö 
f[t,nOQog.  Eisbeerbaum,  MOftapo?  Theophr.  h.  pl.  I  5,  2.  Empörungs- 
versuch machen,  VECozsQi^fiv.  Enghalsig,  vom  Lämpchen,  (ii'KQÖGzofLO?. 
Enthaarungssalbe,  -mittel,  ipiXa&QOv  Theophr.  b.  pl.  IX  20,  3.  Eiit- 
zauberungsmittel ,  ngoßaGKccviov ,  Plut.  mor.  p.  681  ^  Ergreifen,  den 
günstigen  Augenblick  hastig,  zov  kchqov  agnä^eiv,  Plut.  Philop.  15,  2. 
Ergriffen  werden,  von  einer  Krankheit,  auch  iTiiXccixßdvsG&ai;  Luc.  Nigr. 
35.  Erkranken,  das,  tJ  voGavGig.  Erstechen,  sich,  suvzov  Gcpd^fiv,  Plut. 
Cleom.  31,  5.  Er.stehlen,  den  Sieg,  zr]v  vi'kyjv  yiXsTtzeiv,  Arr.  III  10,  2, 
auch  wol  itiyiXsTttBLV.  Erwartung,  wider,  auch  nagciXöycog.  Erzstufe, 
etwa  o  ;)jaAx£'r7;g  XL&og.  Exeommunicieren,  s.  Bann,  Kirchenbann.  Ex- 
communication,  s.  Bann,  Acht. 

F 

Fall  :=  Beugfall,  s.  Casus.  Fallsucht,  fallsüchtig,  s.  Epilepsie, 
epileptisch.  Faulpelz,  s,  Faulenzer.  Feiern,  blauen  Montag  feiern, 
etwa  Xsimijv  rju^gccv  äyeiv,  nach  Plut.  Perikl.  27.  Feldbirne,  s.  Wald- 
birne. Feldmark,  die,  xd  (is&OQia.  Fellhändler,  GKVzojicöXrig,  Poll.  VII 
80.  Fetischanbeter,  6  kccl  Xi&ovg  y.ul  ^vXa  rd  zvxövxa  GsßdfiBvog,  Xen. 
Mem.  I  1,  14.  Festvorsteher,  &iaGdQxr]g,  Luc.  d.  m.  Peregr.  11.  Feuer- 
tod, vgl.  dazu  den  Artikel:  Hungertod.  Feuerwerker,  etwa  nvQoz^xvrjg, 
vgl.  ;^5tporf;^v»jff.  Fiaker,  s.  Miethkutsche.  First,  des  Hauses,  s.  Haus- 
giebel, Giebel,  Giebelspitze.  Fischlaich,  fehlt  bei  S.,  aber  nicht:  Fisch- 
rogen (vgl.  Laich,  Rogen).  Fischleim,  s.  Hausenblase.  Flagge,  die 
Flagge  einziehn,  xd  orjfifta  Kaxaondv ,  Thukyd.  I  63,  2,  Flauniliaar, 
bei  Menschen  und  Thieren,  6  ;ux'ot^g.  Flamme,  in  voller  Flamme  stehn, 
z,  B.  der  Scheiterhaufen  steht  in  voller  Flamme,  ?j  TrvQa  d'n^id^Ei.  xtvto- 
(itvrj,  Ael.  h,  a.  VIII  3.     Fleischpastete,  s.   Pastete.     Fleischportionen, 


432  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

■KQfcc  vsvBfirjiiBva,  Xen.  An.  VII  3,  21.  Flüge^sclilag,  auch  fi^fffia  rcov 
TizfQCJV ,  Luc.  Tim.  40.  Flughafer,  s.  Taubhafer.  Fortbeiszen,  nicht 
aufhören  zu  beiszen,  öiurelstv  dü'nvovTa,  ov  Sial^iitsiv  8ä-Avovza.  Fort- 
hacken, weiter  hacken,  dicizslfiv  ayKXTtzovTu,  auch  blos  G-AantBLV.  Fort- 
zechen, die  ganze  Nacht  hindurch,  btcuvsX&Övzu  itivsiv  olqv  zrjv  vvnza, 
Arr.  IV  13,  6.  Freudenhaus,  oiKrj^a,  Xen.  Mem.  II  2,  4.  Friedens- 
kleid, iaüzLOv.  Friedhof,  s,  Gottesacker.  Frisiernadel,  fehlt  bei  E.  und 
»S.  als  eigner  Artikel.  Frohndienste,  persönliche,  zco  6aiii,azi  liLZOvgyCai, 
Arr.  I  16,  5.  Fruchtmagazin,  Gizoßoloiv.  Fruchtspeicher,  s.  Frucht- 
boden. Fühlen,  sich  hingezogen  fühlen  zu  einem,  oqiyfoQ'aC  rivog. 
Fürsorglich,  vorsorglich,  iiqovorizrAÖs ,  -L-Acag,  Xen.  Mem.  14,6. 

G 

Gabe,  der  Verständigung,  i]  iQ^rjvst'a.  Ganz  seiden,  oXoGrjQinog. 
Gedankenaustausch,  nach  Soph.  Oed.  Col.  189,  1288.  Gehänge,  Ge- 
schlinge, ro:  oiiXäyiva  (üblicher  Ausdruck  bei  Jägern  und  Fleischern  = 
der  Schlund  mit  Lunge,  Leber  und  Herz).  Geheimtbun,  mit  etwas,  ano- 
■HQVTizsG&ui  Tt.  Geldkatze,  ^cövr],  Marc.  0,  8,  oder  ^cövr]  i^vaCov,  Geld 
ist  die  Seele  der  Welt,  sjjrichwörtlich,  ö  nlovzoq  vsvqu  nQay^äzav, 
Diog.  Laert.  IV  48.  Geldherschaft,  TvXovzo-ngaziix,  Xen.  Mem.  IV  6,  12. 
Geldverteilung,  diavoiu-aL,  Plut.  Arist.  24.  Generalnenner,  alles  unter 
e'inen  G.  bringen,  ndvta  fig  z6  avTO  iioqlov.  Gesinnt  werden,  Siati- 
^saO'aL.  Gesundwerden,  das,  t/  vyLccvaiq.  Gewitter  brach  mit  heftigen 
Donnerschlägen  aus,  %£iyi(ov  Snsyivszo  xat  ßQovzal  ayilrjQat'.  Arr.  I  17,  6. 
Gichtbrüchig,  nicht:  TtciQcdvziKog,  denn  dieses  heiszt:  gelähmt  an  den 
Nerven.  Gift,  schnellwirkendes,  cpÜQiLuyiov  icprjasgoj',  Plut.  Them.  31. 
Giftspinne,  s.  Spinne.  Goldschlacke,  j)  dno  zov  iqvoov  oyicogta.  Gold- 
stufe, 6  iQVCLzriq  Xi&og  oder  mit  zo  d'Qv^iaci  usw.  Grenzpfahl  (fehlt  bei 
S.),  auch  blos  OQOg,  Plut,  Caj.  Gracch.  11,  1.  Granit,  rother,  Zlvrjvizrjg 
Xi&og,  Diod.  I  64.  Plin.  XXXVI  8,  13.  Bahr  zu  Herod.  II  127  (vol.  I 
p.  721  ed.  II*^").  Graugesprenkelt,  ipUQog.  Graupenmüller,  6  zag  kqi&ccs 
Tizi'oocov,  nach  Plut.  Eum.  11  extr. ,  oder  nziadvrjg,  ntiazijg.  Grün- 
waaren,  ßozävia,  Athen.  II  77,  7,  41.  Grundbesitzer,  auch  blos  6  -nzr]- 
fißtixo's,  Plut.  Agis.  13,  2.  Grundkraft,  das  leitende  Princip  der  Hand- 
lungen, ro  riys^ovLWV ,  Cic.  d.  n.  d.  II  11,  29.  Grundsteuer,  zd  %atd 
r^v  xäqav,  Arr.  I  16,  5.  Grundsteuerfreiheit,  zcav  nard.  t)]v  ^wQav 
dziXsicc,  ebd.     Gutgeartet,  s.  wolgeartet. 

H 

Haarschlächtig,  da&iiKziKÖg.  Hafenwache,  ot  td  KX^td-ga  f'xovzFg 
Tov  Xi^ivog,  Arr.  III  2,  4.  Hafenmeister,  Xi(xsvdQxr]g,  Sp.  Hagel,  von 
Geschossen ,  Steinen  (eine  Metapher ,  die  dem  Griechen  und  Römer  ab- 
geht) ,  TcXrj&og  ß^Xcöv,  XCO-cav,  Arr.  IV  2,  3.  Hag,  der,  6  ;^o'9T0c:.  Halb- 
verloschen, vom  Docht,  iioXog.  Halseisen,  einen  ans  H.  bringen,  einem 
das  H.  anlegen,  iv  kXouö  detv  xiva,  Arr.  III  30,  6,  S.  hat  für  Snv  iv 
KzX,  keine  Beispiele,  vgl.  Fessel,  fesseln.  Hals,  sich  vom  Halse  schaffen 
jemanden,  dTCOÖionofinsia&ai ,  Plut.  Cat.  mai.  22,  dazu  Sintenis  ;  vgl, 
Sulla  27.  Handelssperre,  nach  Plut,  Perikl.  29,  2.  Handelsschiff,  auch 
vavg  t^inoQog,  Diod.  V  12.  Handstreich,  eine  Einnahme  durch  Hand- 
streich, aizoc^sSiog  jcat  bh,  STtLdQOjxrjg  yicczaXiqipig,  Arr.  I  20,  7.  Harni- 
schen, s.  bepanzern.  Handwagen,  auch  x^'Q^^^^d^LOV ,  Petr.  Sat.  28  p.  66 
ed.  Anton;  dieser  Artikel  fehlt  bei  E.  Hauhechel,  rj  dvcavig  oder  ovco- 
vig,  vgl.  Schuch.:  Gemüse  und  Salate  der  Alten,  le  Abteilung  (Programm 
des  Gymn.  zu  Donaueschingen)  1853  S.  32.  Hauptquartier,  auch  ro 
6ZQazr]yiov ,  Plut.  Perikl,  37.  Hausarrest,  einen  im  II.  haben,  auch  £v 
dSaa^fo  cpvXay.rj  bx^lv  zivd,  Thuc.  III  34.  Hausgarten,  o  tibqi  zriv  ol~ 
%iav  Krjnog,  oder  nsQiKriTcos ,  Diog.  Laert.  IX  36,     Hausgiebel,  R.  ver- 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  433 

weise  auf:  Giebel,  wo  der  Ausdruck  i]  yi.0Qvcpri  steht,  der  bei  S.  fehlt, 
S.  verweise  auf:  Giebelspitze.  Hausherr,  auch  ävüv,TmQ  (Tragiker). 
Hauslauch,  Hauswurz,  asi^wov.  Heimsuchen,  etwas  an  jemandem,  auch 
TQinfLV  XL  ti's  Tiva,  Plut.  de  sera  num.  v.  12;  (i^ziQxtaii^ai  ist  wol  mehr 
dichterisch.  Heraufwinden ,  aViuäv.  Herbeibugsieren,  ein  Schiff,  vaiiv 
mäyBad-ai.  Herrenhaus  (Wohnung  des  Herrn),  dvaKzogov ,  Luc.  Tim. 
23.  Herunterfahren ,  z.  B.  au  der  Steinplatte,  -na&i-KVfia&Ki  nla-nog, 
Luc.  Som.  3.  Hervorblicken,  z.  B.  an  das  Tageslicht,  naQU-uvTTTBLv  Big 
TO  cpcog,  Luc.  Tim.  13.  Hineinmauern,  BynaTakeysiv  Thuc.  I  93,  tyKav- 
OLKodo[.Lfiv.  Hintereinander,  s.  hinter.  Hineintrinken  (mit  dem  Neben- 
begriff der  Schnelligkeit),  buizlvsiv ,  Xen.  An.  IV  2,  1.  Cyr.  VII  I,  1 
(vgl.  hineinessen).  Hitze,  sengende  Sonnenhitze,  ^avaa  inicpliyov,  Arr. 
VI  24,  4.  Höker,  auch  [ittUTiQccTrjg,  nalifMnQÜtrjg,  Suid.  (vgl.  Wieder- 
verkäufer). Honigscheibendieb,  wvjptox-lfTrrr;?,  Theoer.  19.  Hofbedienter, 
z.  B.  königlicher,  auch  6  inl  &vQaig  ßaaiXiag,  Plut.  Them.  26.  Huldigen, 
&iQCi7isv£iv  xLvä,  Isoki'.  5,  104,  fehlt  bei  S.    Hundsveilchen,  x6  ayqtov  i'ov. 

I 

Jagdmittel  (Jagdzeug,  von  der  Mistel),  Q'r'iQug  ogyavov,  Plut.  Coriol.  3. 
Ideenaustausch,  s.  oben  Gedankenaustausch.  Inspicieren  ,  fehlt  bei  S., 
das  Subst.  aber  nicht.  Inständig  bitten,  cclzBiohciL  xort  SfiaQ-ai ,  vgl. 
Hertl.  Xen.  An.  VI  0,  31.  Isabellfarbig  (bei  R.  vgl.  Falbe)  ist  wol 
weniger  firjlivog  als  ^av'S'dg. 

K 

Kameelpelz,  tJ  Kccfir]lcoz7]  (vgl.  Schafpelz),  Lob.  par.  p.  332,  9. 
Kanot,  fiovo^vXov  itloiov,  Arr.  I  3,  6.  Kapelle  (Verein  von  Musikern), 
etwa:  ot  av^iqcovLanoi,  oder  vielleicht  of  iiovGovQyoi.  Kapellist,  etwa: 
x<öv  cv^cpcovioiKCÖv  sig.  Kaufmannsleben  (vgl.  Jägerleben),  6  iinroQiy,6g 
ßi-'og,  Plut.  Sol.  3.  Kennerin,  Beurteilerin,  tj  yvo}(icov ,  Xen.  Mem.  I 
4,5.  Kerngehäuse,  x6  TtBQfKccQTtiov.  Knauf,  Kapital  an  einer  Säule, 
8.  Kapital.  Kleidersack,  fiägamog  [fiaxicov,  Xen.  An.  IV  3,  11.  Koch- 
maschine,  av9t^r]g ,  Cic.  p.  K.  Am.  46.  Koncept,  auch  vno^vrj^K. 
Kräuterkäse,  etwa:  (XQCo^icczizrjg  xvQCog.  Kräutertrank,  dgcofiaztztg  ito- 
otg,  Diosc.  Kräuterwein,  «pwaartr/^g  olvog.  Krankenbesuche  machen, 
auch  ineQxso&ciL  vooovvzccg.  Arr.  I  16,  5.  Krebsschale,  KaQ-ai'vov  bIvzqov. 
Kreuz,  in  der  Musik,  7]  diBCtg,  Plut.  mor.  Kriegsliste  (.4ushebungsliste), 
s.  Konskriptionsliste.  Kriegsrüstung,  in  der  Kr.  begriflen  sein,  fv  na- 
QuayiBvij  -srolffiov  ilvai,  Arr.  I  1,  3,  fehlt  bei  S.  Kronanwalt,  fehlt  bei 
S.  Küchenmeister,  ist  R.  genauer  als  S.  Kummt,  etwa:  ^vyov  (?). 
Kunstverderb,  >tßHOT6;t;vto: ,  Quintil.  II  20,  2.  Athen.  XV  p.  631'. 
Kupferblech,  auch  XBnlg  laXv,-^,  Plut.  Cam.  40.  Kutter,  der,  -AtQ-AovQog, 
Arr.  VI  2,  4,  lifißog.  Theoer.  21,  12.  Kugelregen,  Ttlrjd-og  ßslcöv. 
Kunstgarten ,  nrjnoi,.     Kunstgärtnerei ,  etwa  zä  zonstu. 

L 

Ldchter,  etwa:  ogyviä.  Lampendocht,  s.  Docht.  Länderbesehreiber, 
XcoQoyQä(pog,  Vitruv.  VIII  2.  Landeseingeboren,  s.  eingeboren.  Landes- 
erzeugnisse, s.  Landesprodukte,  auch  zä  sv  dygä  yiyvo^sva,  Xen.  Mem. 
II  9,  4.  Laufbursche,  etwa:  dyoQaazr]g,  Xen.  Mem.  I  5,  2.  Leckfinger, 
At;j;ai'dg,  Luc.  Tim.  54.  Lehmwand,  xoixog  jtijlivog ,  xoixog  mqlöSo- 
(log  (Pise'-Wand?).  Leibgericht,  rjSiaxov  oipov,  Luc.  Gall.  4.  Liebes- 
malil,  dyanai,  Eccl.  Linnenpanzer,  livovg  &0}q<x^  ,  Xen.  Cjr.  VI  4,  2. 
Lokalkenntnis,  ^  xcoqlojv  (xöncov)  iuTTi-iQia,  L.  haben,  xcSv  zöncov  ffi- 
TisiQOv  slvai.     Lufthiebe  führen,  cxtQu  digeiv,  dsgo^axstv. 

M 

Magenkrank,  s.  Magendrücken.  Mähre,  auch  cpavXov  tmzKQiov 
Plut.    Philop.    oder  novrjQOv   Xen.    Cyr.   14,   19.     Mark,   die,   s.    oben 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päil.   II.  Abt.  1861.  Hft  9.  28 


434  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Feldmark.  Marktstand ,  Marktstelle,  t6  xa^lov.  Meer,  geht  hoch,  Q'd- 
Xaaaa  [isyälri  ini(p£Q£rai,  Arr.  V  8,  20.  Meistbietender,  auch  6  TrAftcr/p 
öiSovs  n^vv,  Plut.  Cat.  mai.  21.  Mitarbeiterin,  /;  avvfgyög,  Xen.  Mein. 
II  1,  32.     Mitfühlen,  Gwalystv.     Mitkämpferin,  tj  avaiiaxos,  Xen.  Mem. 

II  1,  32.  Mitleugneu,  avvaQi  sCc&at.  Mitreiten,  ovviTcmvsiv.  Mit- 
schmerz, avvalyrjScov  (vgl.  Mitfreude).  Mitsündigen,  Gvv^^aaccgrävsiv. 
Mittelländisches  Meer,  auch  i]  rj^istfQa  d'äi.aaGa.  Mobilmachung,  auch 
durch:  tovg  ßzQazicavaq  flq  zu  onla  nccQayysllBiv,  crgarov  i'gonli'^BG&cci, 
in  der  M.  begriffen  sein,  sv  azQccrov  naQaa-Atvrj  tlvai.  Mohr,  fehlt  bei 
R.  in  der  sprichwörtlichen  Redeweise  aus  Luc.  TiQOi  x.  ccituid.  28  das 
Wort:  weisz.  Mondfinsternis,  es  tritt  eine  fast  totale  M.  ein,  tjjs  6£- 
Xrjvrjg  rö  noXv  ix^fTTfg  yiyvt-zca,  Arr.  III  7,  6.  Mondlos,  s.  mondfinster. 
Molo,  xfoucc.  Mönchskleid,  Mönchskutte,  i]  (ujIcottJ,  Byz.  Mördergrube, 
fehlt  bei  S.  Morgengabe,  oq^qiov  dcogov.  Mund,  an  dem  M.  jemandes 
hängen,  z.  B.  des  Lehrers,  ccvaoräv  tavzbv  rrjg  dzQoäafcog  =  ex  ore 
alicuius  pendere ,  Chariton  p.  62.  Arastelod.  1750.  Mund,  reden  was 
einem  vor  den  M.  kommt,  slnsiv  o  zi  iisv  In  cctiaiQifKxv  yXmaaav  il%"r], 
Luc.  d.  h.  cscr.  32.  Mund,  vor  Staunen  starb  ihm  das  Wort  im  Munde, 
vTto  &av^i,Dczog  B^taicönijas,  Arr.  VI  4,  5. 

N 
Nachäflfer,  ttUKÖtrjkog,  Suet.  Octav.  86.     Nachnahme  des  Geldes  (bei 
der  Post),  etwa:  TrQoßXrjipig.     Nachthund,  kvcov  vvnzagivij ,  Xen.  Mem. 

III  11,  8.  Nagelneu,  -nciLvög,  oder  snperl.  Nameunenner,  o'roftotToAo'yos 
(nomenclatoi),  Plut.  Cat.  min.  8.  Namenszug,  fiovoyQct^Cfia.  Nativität, 
■Ö'f ju-a ,  vgl.  Suet.  Octav.  94  extr.  Nenner,  ovoiiaorrjg ,  ovoiio&hrjg. 
Netz  (im  thierischen  Körper),  auch  n^Qizövciiov.  Nerv  (bei  R,  voll- 
ständiger als  bei  S.),  Geld  ist  der  Nerv  der  Dinge,  6  Ttkovzog  vfVQcc 
TiQuyfiäzmv  Diog.  Laert.  IV  48,  zcc  2;97fju-fvT«  vfvgcc  rcov  ngayfiäzcov  Plnt. 
Oleom.  27,  1.  Niet- nagelfest ,  durch  cczivrjtog  2.  Not  lehrt  beten,  tj 
ccvccyKT}  didäGKSt  riva  ngoGsvxsG&aL  zotg  &Eo£g,  nach  Xen.  An.  III  4,  32. 

0 

Oberhofmeister,  ■nn&rjyrjrijg ,  Plut.  Alex.  5.  Oberlefze,  s.  Oberlippe. 
Obstinat,  s.  hartnäckig.  Obstkorb,  vielleicht:  xälci&og  ixrilcov  nXijorjg. 
Ocean,  s.  Weltmeer.  Oel  ins  Feuer  gieszen,  auch  nvg  inl  nvg  fy^siv, 
Cratin.  b.  Meineke  com.  I  p.  26.  Oelfläschchen,  S.  hat  unter  Flilsch- 
chen  zu  Oel  z6  Xrj-AvQ'iov  und  tmter  'Oelflasche '  denselben  Ausdruck, 
wärend  R.  miter  ^Oelflasche'  das  Diminutivum  mit  Recht  vermied;  vgl. 
auch:  'Flasche'  bei  R.  und  S.  Ohrenbeule,  77  nagcozüg.  Ohrengellen, 
Olirenklingen,  s.  Ohrenbrausen;  ich  habe  Ohrenklingen,  ßofißsL  fioi  t« 
rar«,  ßoußovGi  (.toi  ai  dv.oaC.  Ohrensummen,  s.  Ohrenbrausen.  Oliren- 
woide  (bei  R.  und  S.  unter  Ohr  der  Ausdruck:  die  Ohren  weiden),  s. 
Ohrenschmaus.  Oktave,  fehlt:  zwei  Oktaven  hindurch:  Slg  Siä  TtaGmv, 
Luc.  adv.  indoct.  21.     Opferknecht,  -sklave,  [egöSovXog. 

P 

Palmenfrucht,  auch  SaKzvXog,  S,  konnte  nur  auf  'Dattel'  verweisen. 
Parteigänger,  fehlt  bei  R,  der  Ausdruck  Gzacicozrjg,  Luc.  7t.  ogx-  84. 
Plan ,  der  auf  eine  Tafel  gezeichnete  bezüglich  der  Schlachtordnung, 
Tj  tnl  z(p  TtLvatiicp  dtaygncpT],  Plut.  Philop.  4,  5.  Plappermaul,  s.  Schwatz- 
maul. Plastik,  plastisch.  Polizei,  geheime,  oder:  Polizeispion,  etwa 
corßKOt;(7r/y'c  (at')  oder  01  zov  ßaciXecog  ■naXoviisvot  otp&aXuol  xort  za 
ßuGiXkog  coza,  nach  Xen.  Cyr.  VIII  2,  10,  vgl.  Bahr  zu  Herod.  I  100 
u.  114.  Privatakten,  zu  i'di.a  yQciii.aaza  (opp.  Staatsakten).  Prunkge- 
schirr, rä  Ttofinata  gksvtj.  Purpurflagge,  ?)  cpoiviHic;,  s.  Flagge.  Posten 
einziehn  cpvXa'iiccg  Ka&aiQSiv,  verstärken  cpvXandg  [isi^ovag  noistv,  Xen. 
Mem.  III  6,  10. 


Kurze  An/Zeigen  und  Miscellen.  435 

0 

Quartier  für  jemanden  ansagen,  yiatciXvasig  rivl  tnayyilXsiv ,  Plut. 
Cam.  38. 

R 

Racepferd,  ysvvuioq  imiog.  Regen  fällt,  auch  vScoq  ?|  ovqkvov 
TcintBi.  Rechtsanwalt,  s.  Advokat.  Regisseur,  x^QIV^S.  Reiten,  ein 
Pferd  zu  Tode,  vgl.  Plut.  Cleoni.  19,  2.  Römerfreund,  qpiAopcouortog, 
Plut.  Cat,  min.  8  (fehlt  bei  S.  auch  unter:  Freund).  Rücken,  einen 
völlig  bezwungen  hinter  seinem  Rücken  zurücklassen,  VTCol^inea&ai  rivcc 
7TKVT7J  TCiTCSLvm&svza.  Rüster,  verweist  R.  auf  Ulmbaum  statt  auf  Ulme. 
Rüsttag,  TtaQaG-ASvri,  Marc.  15,  42.  Ruhezeit  (von  der  Nacht),  fehlt  bei 
S.,  auch  avanuvzriQiov ,  Xen.  Mem.  IV  3,  3.  Rundschau  vteQirjyrjGig, 
halten  Tzoitia&ai,  Luc.  Char.  22. 

Salzknochen  (vom  Schwein),  ra  vfia  offrä  xa  aXfirj  Tsragiy^vfisva. 
Salzkruste,  «/Iftuptj  av%u,riQ(i  ,  Plut.  Eum.  16.  Sagen,  er  glaubte  von 
Glück  zu  sagen,  wenn  er  entkäme,  Evrvxt'a  XQ']('^<^^^'-  f <3'oxf t ,  ti  äicc- 
(fvyoi,  Plut.  Philop.  12,  5.  Saud  in  den  Augen  haben  =  niclit  deutlich 
sehn,  Xrjfiäv  Kolo^vv&aig  ,  Aristoph.  Nub.  327.  Sarkophag.  Satz,  als 
Teil  eines  gröszern  Musikstücks,  o  vo'ftog,  rö  fvvo^ov,  Säulenfusz,  auch 
TtXiv&ig  oder  ßäaig.  Säulenstuhl,  ffTrXo(?ar7jg.  Scenisch.  Schafbock, 
s.  AVidder.  Scheidebrief,  auch  x6  rfjg  dnoXsiipscog  y^dcu^a,  Plut.  Alcib.  8. 
Scheu  gemachte  Pferde,  i'mtoi  k'tifpQOvsg  yiyvöfitvoi,  Arr.  V  10,  2.  Schil- 
derdach,  ein  dichtes  bilden,    avyyil^isiv   rüg   äcTtiäag    ig  d-ngißäg  Arr.   I 

I  ,  9  oder  owaarti^^iv  id.  V  17,  7.  Schlag  =:  Holzschlag  (Ort),  z.  B. 
ich  komme  vom  Schlage.  Schminkkiistchen,  auch  vccQ&T]y.iov.  Schneck- 
chen, ^  KO^lig,  Luc.  Catapl.  Schneemann,  t6  fi'ÖaXov  xo  in  xi-ovog 
mnoLTi^ivov.  Schnitzmesser,  fehlt  bei  S. ;  der  eigentliche  Ausdruck  ^ 
Giiilr}.  Schneppe,  i)  (iv^u  =  Tülle,  z.  B.  der  Lampe.  Schranze, 
Schranzen,  s.  Schmarotzer,  schmarotzen.  Schraubenmutter,  s.  Mutter. 
Schraubenschnecke,  s.  Schnecke,  auch  axQO^ßog.  Schrillendes  Pfeifen 
(des  Schäfers),  6  (^)  Qoi^og,  Hom.  Od.  IX  315.  Schütze,  s  Flurschütze. 
Schulden  jemandes  aus  eigner  Tasche  bezahlen,  iniXvea&ai  xu  XQBot 
rivög,  Arr.  VII  5,  1.  Schuldbuch,  in  welches  jeder  seine  Schulden  ein- 
trägt, dnoygäcpga&ai,  onöcov  ocpsilfi  'i-naaxog,  id.  VII  5,  1.  Schwamra- 
stein,  anoyyixrjg,  Plin.  n.  h.  XXXVII  10,  67.  Schwertkampf,  fiaxai- 
Qcov  fidxVf  Xen.  Cyr.  VII  1,  33.  Seidenschmetterlintr,  vstivöciXog,  Min. 
n.  h.  XI  22,  26.  Seidenkleid,  fehlt  bei  S. ,  aber  Sammetkleid  nicht; 
beides  fehlt  bei  R.  See,  s.  Meer.  Seitenverwandte,  poet.  ;j;;j()ü}(rTo;/', 
Hom.  II.  V  158.  Serail,  vgl.  Plut.  Them.  31.  Seeräuberhauptmann, 
ccQX'^^^'Q^''^VS t  Plut.  Pomp.  45.  Selbstpeiniger,  savxov  rincoQOVf.i,svog, 
Cic.  Tusc.  III  27,  65.  Sicherheitsgefühl,  x6  ^dgaog,  Xen.  Mera.  III 
5,  5.  Silbergrube  (vgl.  Goldgrube),  s.  Silberbergwerk.  Singlustig,  tpi- 
XmSög,  Arr.  VI  3,  5,  fehlt  bei  S.  auch  unter  Freund.  Sonnenhitze, 
sengende,  s.  oben  Hitze.  Sommerapfel,  fehlt  bei  S. ;  Herbstapfel,  ^ijXov 
q>&ivo7iaQtv6v ,  Theophr.  IV  6.  Speerkampf,  fehlt  bei  R. ,  auch  (iccxV 
öoQixxcov,  Xen.  Cyr.  VII  1,  33.     Sperrkette,  TiX^id^gov  (am  Hafen),  Arr. 

II  24,  1.  Spielhölle,  s.  Spielhaus,  Isoer.  Areopag.  48.  Spornen,  blutig 
gespornt,  xOLg  (ivcojpiv  KL^ax^^^b ,  Plut.  Philop.  10;  Sporen  bekommen 
=  an  Macht,  Ansehn  zunehmen,  tiivxQa  cpvitv,  Plut.  Oleom.  4.  Staats- 
bankerott, XQ^'^'"  ccTiov.07taL ,  Plut.  Agis  10  (wie  tabulae  novae  Caes.  b. 
c.  III  1  u.  dazu  Kraner).  Staatsgastfreund,  Ttgö'^evog.  Staatsniinister,  auch 
6  xmv  uXoov  TrposaTTjxras  ^ccl  ngoßovXsvcov ,  Plut.  Cleom.  34,  2.  Stadt- 
arrest, auch  adsafiog  cpvXay.rj  (dieser  Ausdruck  fehlt  bei  R.  ,  der  ganze 
Artikel  aber  bei  S.),  Arr.  II  15,  5;  vgl.  Kritz  zu  Sali.  Cat.  47,  3.  Stadt- 
syndikus, avvdiMog,  Meier  att.  Proc.  Hl.     Stadtthor,  aucli  aC  xov  xst- 

28* 


436  Kurze  Anzeigen  und  Jliscellen. 

Xovg  Tcvlai,  Xen.  Metn.  III  9,  7.  Stecken,  in  der  Rede  steclien  bleiben, 
auch  avaMOTTTPO^at ,  Luc.  Nigr.  35.  Stechdorn,  rj  Tiali'ovgog ^  vgl. 
Fritzsche  zu  Theoer.  24,  87.  Steindamm,  ;^üJju-o;  li'&wv,  Arr.  II  18,  3. 
Steinhagel,  s.  oben  Hagel.  Steinreich  sein,  nlovr^Cv  vngQjisyid-rj  rivü 
Tckovxov,  Luc.  Tim.  48,  vtkqtcIovtflv  id.  45.  Stellvertreter,  militärischen 
schicken,  ersgov  o!V&'  savTOv  ntfiTcsiv  aTQaricotrjv,  Plut.  Philop.  7.  Steno- 
graph,  öTjftfioypKqpog,  vgl.  über  diese  Erfindung  Plut.  Cat.  min.  23. 
Steinigungstod,  er  entgieng  kaum  dem  St.,  fiiKQOv  tgicpvys  rö  fi^  %axa- 
7ifTgo]&fjvcL,  Xen.  An.  I  3,  2.  Stiefmütterchen,  eine  Pflanze,  etwa: 
tÖ  TQiiQOvv  iov.  Stockdegen,  etwa:  dölcov,  vgl.  Plut.  Tib.  Gracch. 
10  extr.  und  dazu  Kaltwasser:  SöXav  war  ein  Spazierstock,  worin  eine 
Dolch-  oder  Degenklinge  verborgen  steckte.  Heyne -Wagner  zu  Verg. 
Aen.  VII  654  vol.  III  p.  98.  Stocken,  in  der  Eede,  auch  KvaY.6itt8GQ^ui. 
Stockschnupfen.  Storchschnabel,  eine  Hebemaschine,  ysgcxvLOv,  PoU.  IV 
130.  Störenfried,  GTaaicöÖrjg,  Xen.  Mem.  II  6,  4.  Stammhaus,  auch  tov 
yivovg  ai  uqxcu,  Plut.  Coriol.  29.  Streusandbüchse,  etwa  ipocuioQ-ijtiTi 
(fehlt  bei  S.)  oder  mit  R.  durch  den  neugriechischen  Ausdruck.  Stuben- 
hocker, y.axorAtÖiog ,  Luc.  d.  h.  cscr.  37.  Stubenkelirer,  etwa  6  to 
OLY.riu.cc,  SLCiirriQiov  i-HKOQcöv  oder  yKx&cd'gcav  oder  ■Ka&agzrjg.  Vgl.  Schlot- 
feger ,  Essenkehrer.  Stumm,  fehlt  bei  S.:  stumm  wie  ein  Fisch  sein, 
aq)mv6rfQ0v  xcöv  l%%vcov  Bivai,  Luc.  Gall.  1.  Sturmbrücke,  etwa-i^aorga. 
Sündlos,  avafidorrjTog,  Sündlosigkeit,  a.vau.agxr]aiu.  Synagogenvorsteher, 
GvvayioyBvg,  Luc.  d.  m.  Peregr.   11. 

T 

Tafel,  Tisch,  ein  Gericht  von  der  Tafel  verbannen,  oipov  hTgdnf^ov 
anocpaiv&iv,  Luc.  Gall.  4.  Tagfalter,  welchen  Ausdruck  hat  der  Grieche 
dafür?  Theophr.  bist.  pl.  II  4 ,  4  hat  ipvxr]  und  Sprengel  übersetzt 
schlechthin:  Schmetterling.  Nach  Theophr.  de  caus.  pl.  V  8  musz  man 
glauben,  dasz  jener  Ausdruck  mehr  bildlich  zu  fassen  ist.  Tagesge- 
schlecht, TO  ^(pTJusgov  antgiMa,  Plut.  consol.  ad  Apoll.  I  p.  454  ed.  Wj-t- 
tenb.  Tanzlustig,  (fLlogxrj^oDV ,  Arr.  VI  3,  5,  fehlt  bei  S.  auch  unter 
Freund.  Tartsche,  äcnig.  Text,  im  übertragenen  Sinn,  aus  dem  Text 
kommen»  fy.7Cintsiv,  Luc.  Nigr.  35.  Theaterplatz,  einen  Th.  einnehmen, 
&fav  yiar aXciiißäveiv,  Luc.  it.  ogx-  85.  Teilnahmlos  sein  gegen  Be- 
drängte, KCfüäg  ngätroviag  nsgiogäv.  Todenschlaf,  im  T.  liegen,  vno 
[lavdgctyögu  -na^ivSsiv ,  Luc.  Tim.  2.  Tombak,  etwa  xcct-Aog  v.cil  fto- 
XvßSog  ufiuyatvot,  -/f>£poruiVot.  Toreutik.  Trampelthier,  s.  Dromedar. 
Transportwagen,  fehlt  bei  S.  Trinkhorn,  -Ksgcczivov  notrjgiov,  Xen.  An. 
VI    1,4.     Trottoir. 

u 

Ueberschilden,  einen  mit  dem  Schilde  schützen,  vnfgccani'^siv  tivög. 
Ueberwölben,  mit  einem  Schirmdach,  dnoyeioovv ,  Xen.  Mem.  I  4,  (>. 
Umgeheuds,  vgl.  nacbgehends.  Untersuchungsrichter,  z.  B.  bei  einem 
Diebstahl,  t^nccaTJjg  tcov  KlaTtivtmv ,  Plut.  Ages.  11. 

V 

Vergnügungsort,  auch  (^largißr]  (fehlt  bei  S.),  Plut.  Flamin.  3. 
Vergnügungsreise,  etwa  ^icogia,  Isoer.  4,  182,  vgl.  dazu  Schneider. 
Verkommen.  Verkoppeln.  Vermögensteuer,  s.  Einkommensteuer.  Ver- 
pesten, diKq)Q-f'gftv,  IviiaivfO^ai,  verpestet  werden,  XoifiLYOv,  loi/iorpo- 
gov,  loiucüSt]  yiyvißQ-cii.  Verputz,  an  Gebäuden,  xor/orfi-a,  verputzen  s. 
berappen.  Verständigung,  Gabe  der,  s.  oben  Gabe.  Verstandesschärfe, 
cvvfoig.  Verschildung ,  awccGTiiGiiog ,  Arr.  Tact.  14.  Verzerren,  ver- 
ziehen die  Lippen,  rd  x^i^ri  (ivx&^lsiv.  Theoer.  20,  13.  Voraussichtlich, 
ngoSrjlog.  Vorbei-,  vorüberstreichen,  -segeln,  z.  B.  an  den  feindlichen 
Schiffen,  tkxqs^sIccvvsiv  Tiagd  zag  Tigcögag  zcöv  Tiolf^tcov,  Plut.  AIcib.  35. 


Kurze  Anzeiffen  und  Miscellen.  437 


'o 


I 


Vorderblatt,  co  1.1  n 7t ?. dt rj,  Vorderschenkel,  fehlt  bei  S. ;  für  dieses  fehlt 
bei  R. :  ro  ngöad'iov  a^^Xog  (vgl.  Hintersclienkel) ,  Plut.  Pliilop.  10,  6. 
Vorfeier,  r«  tiqcSzk  (tfpä),  vgl.  Nachfeier.  Vorher  freuen,  sich,  s.  voraus 
freuen,  sich,  oder  Ttgoyrj&ico.  Vorkosterin,  nQoytvGTQig.  Vorschlag,  als 
musikalischer  Ausdruck,  ccvKHQonaig.  Vorschule,  s.  Vorübung.  Vor- 
schwindeln, yiaTC<yor]T8vetv  zlvÜ,  ^'ganaxciv  tiva  Ao'yoig  ipsväiai;  für  die 
Construction  ■KCivayorjTBvsiv  tiv6g=  vorgaukeln  kenne  ich  kein  Beispiel. 
Vorsteherin,  TtQoaravLi ,  Luc.   bis   acc.  29. 

W 

Wachhutte  (für  den  Obsthüter),  OTicoQorpvXayiiov.  Wallnuszknacker, 
KctQVoncitäy.zqg  (vgl.  INIandelknacker).  Wüchsen  =  mit  Wachs  überziehn 
oder  überstreichen,  z.  B.  Bettzeug,  KrjQOvv.  Wärmstein,  (fciy.ar6v  nv- 
QiaTjjQtov ,  Aet.  9,  27.  WafFengeklirr ,  auch  tav  onltov  ipoopog ,  Plut. 
Cani.  5.  Wahlurne,  r)  vSQi'a.  Wahrsagerstab,  fiarriKov  ^vlov,  id.  32. 
Weggenosse,  avvoSoinÖQog.  Wegestrecken,  die,  ori  oSot.  Wegspucken, 
dnoTctvsLv.  Weinen,  vor  Freude,  da-nQvsLv  vno  jjapa?,  vqp'  rjSovrjg. 
Weisz  machen,  einem  etwas,  fehlt  bei  R. ;  bei  S.  kann  hinzugefügt  wer- 
den: s^KTcciTccv  im  prägnanten  Sinne,  Xen.  An.  V  7,  6.  Welt,  um  alles 
in  der  Welt,  so  erbarmt  euch,  näa)]  r^x'^'V  "^^  l^n^'^V  i^-f>]<><xt:8 ,  I-ys. 
19,  53.  Wespenmade,  gxkScÖv ,  vgl.  Bienenmade.  Wiederthun ,  avti- 
ÖQctv,  z.  B.  xaxa  tiva.  Wildhafer,  s.  Taubhafer.  Wohlgenährt,  fehlt 
•bei  S.  WoUkrempler ,  6  fqicc  ^aivcov,  Wolfsjagd,  auch  rö  TtoXsfiFcv 
Toig  Xv-Aoig,  Plut.  Sol.  23.  Worfler , /tXfiT^T/jo,  Hom.  II.  XIII  590;  vgl. 
schwingen,  Schwinger. 

Z 

Zauberrad,  Zauberspindel,  ^öußog,  vgl.  Fritzsche  zu  Theoer.  2,  17. 
Zeitkürzung,  z.  B.  er  liesz  eine  Zeitkürzung  eintreten,  s.  Zeitabkürzung. 
Zeitordnung,  rcc^ig  xäv  xqÖvoov ,  Plut.  Agis.  16,  1.  Zentralisieren  (S. 
unter:  centralisieren),  fehlt  bei  R.,  a,\xc\\  ovyY.fcpalaiovoQ'ai ,  Xen.  Cyr. 
VIII  6,  14.  Zimmer,  ein  unterirdisches  ohne  Luft  und  Licht  von  auszen, 
oi'y.r}ac(  -naraySLOv  ovrs  nvfVfice  laußccvov  ovxf  cpcög  s^ad'fv,  Plut.  Pliilop. 
19.  Zinkblech,  to  ijist^SnQyvoov  eXccaaa.  Zitterespe,  Zitterpappel,  xfp- 
xt's,  Theophr.  h.  pl.  III  14,  2,  fehlt  bei  R.  Zuhauen,  behauen,  Steine, 
so  dasz  sie  aneinander  passen ,  auch  iL&ovg  avvfQyd^ea&cii ,  Tinic.  I  93. 
Zukunft,  an  die  Zukunft  denken,  ^Xni'^fiv ,  Luc.  Char.  8.  Zurüstung, 
in  der  Zurüstung  eines  Feldzngs  begriffen  sein,  tv  7C(XQciay.£i'rj  ardlov 
slvciL,  Arr.  11,3.  Zusammenhiueinschleichen,  avfinaosiofQxsad'tiiy 
Luc.  Tim.  28.  Zusammenstimmen,  es  stimmt  nicht  zusammen,  ovdsv 
TiQog  x'^Q^V'" '  Lue.  n.  oqx-  80;  vgl.  'Sache'  bei  S. :  ovrJlv  jr^og  dio- 
vvaov.  Zugführer,  etwa  Xoxayög.  Zurückscheuchen,  einen  von  sich, 
dirflavvBiv  zivä  dcp'  samov.  Zylinder,  -nvlivdgog,  Plut.  Marc.  17. 
Zwergkirsche,   jjorfi-atxf'ßacos ,  Athen.  II  11. 

Sondershausen.  Dr  Harlmann. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 

Preuszen  1860. 

(Fortsetzung  von  S.  377—400.) 


VI.    Pommern.    (Fortsetzung.) 
II.    Stolp.]     Die  Gymnasialklassen  der  Anstalt   haben  in  dem  ver- 
floszuen   Schuljahr  durch    die   Einrichtung   der    Gymnasial -Prima    ihren 


438  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen ,  statist.  Notizen. 

Abschlusz  erhalten.  Damit  war  auch  die  Ergänzung  des  Lehrercolle- 
giums  notwendig  geworden.  Die  für  diesen  Fall  bereits  vorgesehnen 
Stellen  wurden  zu  Anfang  des  neuen  Schuljahrs  besetzt,  die  des  dritten 
Oberlehrers  und  Subrectors  mit  dem  bisherigen  Collaborator  an  dem 
Gymnasium  zu  St  Magdalena  in  Breslau  Dr  Klemens,  die  des  zweiten 
ordentlichen  Gymnasiallehrers  mit  dem  bisherigen  ordentlichen  Gymna- 
siallehrer in  Cöslin  Dr  Häckermann.  Der  erstere  schied  am  Schlusz 
des  Schuljahrs  wieder  aus  dem  Lehrercollegium  aus,  um  eine  Lehrer- 
stelle am  Friedrichs-Werderschen  Gymnasium  in  Berlin  zu  übernehmen. 
Der  Candidat  Drenckhahn,  der  nur  ein  halbes  Jahr  lang  der  Anstalt 
angehörte,  gieng  zu  Michaelis  als  Adjunct  an  das  Pädagogium  zu  Put- 
bus. Auch  der  für  ihn  als  Hülfslehrer  berufene  Dr  Plagemann  schied 
am  Schlusz  des  Schuljahrs  wieder  aus.  Lehrercollegium:  Director  Kock, 
Dr  Krahner,  Berndt,  Oberlehrer  Horstig,  Dr  Häckermann,  Dr 
B ermann,  Hupe,  Lundehn,  Heintze,  Mitzlaff,  Seip,  Zeichen- 
lehrer Papke,  die  Candidaten  Latsch,  Graf.  Schülerzahl  369  (Ig.  8, 
II  g.  -22,  II  r.  6,  III^  g.  28,  III  »>  g.  33,  III  r.  12,  IV  g.  58,  IV  r.  57, 
V^  49,  V*>  ;i8,  VI  58).  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Probe  aus 
einer  Vorschule  für  die  Di/ferenäal-  und  Inteyralrcchmaiy  von  dem  Cou- 
rector  Berndt  (32  S.  4). 

12.  Stralsund.]  Der  Oberlehrer  Dr  von  Gruber  wurde  zum  Pro- 
fessor und  der  ordentliche  Lehrer  Dr  Nizze  zum  Oberlehrer  ernannt. 
Lehrercollegium:  Director  Dr  Nizze,  Professor  DrScliulze,  Dr  Kro- 
mayer,  Professor  Dr  von  Gruber,  Oberlehrer  Dr  Freese,  Professor 
Dr  Zober,  Oberlehrer  Dr  Tetschke,  Oberlehrer  Dr  N  iz  ze,  DrRietz, 
Dr  Kollmann,  von  Lühmann,  Zeichenlehrer  Paul,  Musikdirector 
Fischer,  Religionslehrer  Consistorialrath  Dr  Ziemssen.  Schülei'zahl 
248  (I  17,  II  20,  III  34,  IV  42,  V  49,  VI  38,  VII  48).  Abiturienten  U. 
Das  Programm  zur  Einladung  zu  der  Teilnahme  an  der  Feier  des  dritten 
Jubiläums  der  Anstalt  enthält:  1)  Serenus  von  Antissa  über  den  Schnitt 
des  Cylinders.  Aus  dem  Griechischen  von  E.  Nizze  (29  S.  4).  2)  Quae 
grammatici  Alexayidrini  de  pronominis  natura  et  divisione  staluerint,  explicat 
C.  Kromayer  (.36  S.  4). 

13.  Treptow  a.  d.  R.]  In  dem  Lehrercollegium  fand  im  Laufe  des 
verflosznen  Schuljahrs  keine  Veränderung  statt;  mit  dem  Beginn  des- 
selben trat  der  neuangestellte  Zeichenlehrer  und  Lehrer  der  Vorklassen 
Laabs  in  sein  Amt  ein.  Lehrercollegium:  Director  Dr  Geier,  Pro- 
rector  Religionslehrer  Lic.  Tauscher,  Oberlehrer  Dr  Friedemann, 
Oberlehrer  Dr  Bredow,  Oberlehrer  Ziegel,  die  ordentlichen  Lehrer 
DrTodt,  Schulz  jun.,  Kalmus,  Schulz  sen.,  Turnlehrer  und  Lehrer 
der  Vorklasse  Nicolas,  Zeichen-  und  Elementarlehrer  La  ab  s,  Gesang- 
lehrer Musikdirector  Gesch.  Schülerzahl  199  (I  10,  II  24,  III  34,  IV 
41,  V  43,  VI  47).  Elementarschüler  97  (I  41,  II»  29,  IIb  27).  Abi- 
turienten 3.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  von 
Dr  T  o  d  t :  Diunysios  I  von  Syrakus.  Ein  Charakterbild  aus  der  griechi- 
schen Geschichte  (30  S.  4). 

VII.  Preuszen. 
1.  Braünsberg.]  Der  Gymnasiallehrer  Austen,  zuletzt  am  Pro- 
gymnasium zu  Rössel,  trat  mit  Beginn  des  Schuljahrs  als  Keligionsleli- 
rer  ein.  Der  Schulamtscandidat  Dr  Prill  hielt  sein  Probejahr  ab;  dem 
Schulamtscandidaten  Löffler  wurden  von  Neujahr  an  einige  Stunden 
übertragen.  Dem  Candidaten  Rochel  wurde  die  Verwaltung  der  wiss. 
Hülfslehrerstelle  bei  dem  Gymnasium  zu  Culm  übertragen,  dagegen  der 
Candidat  Dr  Bornowski  zur  Aushülfe  dem  Gymnasium  überwiesen. 
Dr  Korioth,  welcher  mit  der  interimistischen  Verwaltung  der  Religions- 
lehrerstelle betraut  gewesen  war,    trat   am   Progymnasium    zu  Rössel  in 


I 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  sfalist.  Notizen.  439 

dieselbe  Stellung'.  Lelirercolleg'ium :  Dircctor  Prof.  Braun,  die  Ober- 
lehrer Dr  Sauge,  Dr  Otto,  Dr  Bender,  DrFunge,  Religionslehrer 
Austen,  die  ordentlichen  Lebrer  Lindenblatt,  Tietz,  DrBIudau, 
Brandenburg,  wiss  Hülfslehrer  Schütze,  Cand.  Dr  Bor  no  wski, 
techn.  Hülfslehrer  Roh  de,  Pfarrer  Dr  Herr  mann  fevang.  Rel.),  die 
Caudidaten  Löffler  und  Dr  Prill.  Scliülerzahl  317  (I  5i,  II  57,  III 
70,  IV  51,  V  43,  VI  45).  Abiturienten  21.  Den  Schnlnachrichten  geht 
voraus  eine  wissenschaftliche  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Dr  Saage: 
de  loeis  quibusdam  a  Piatone  et  Xenophonte  siimtis  iH.ipuiatur  (23  S.  4). 
Die  behandelten  Stellen  sind  folgende:  Plat.  Grit.  44"*  «rwra  Sl  d;j^K  xrA. 
Plat.  Apol.  19"'  TOVTcov  yug  fvorcrog  xtP..  Ebd.  23"  sk  TKvzrjai  dr/  v.tl. 
Xen.  Cyr.  I  6,  5  rt  y«p,  ftpr],  cö  ncct  v.tI.  Plat.  Eutyphr.  4**  xavxa  8r^  ovv 
v.ai  ayavä^Tfi  htX.  Xen.  Mem.  I  4,  8  gw  ds  ßavrbv  öo-n&ig  ktX,  Ebd.  4,  II 
fTtfix'  ov^  oi'ft  Ktl.  Plat.  Apol.  28 **  ov  av  ttg  tuvxbv  mtA.  Ebd.  29"=  —  30<= 
mazs  ovS'  ai  -nzk.  Ebd.  30''«  aÄA'  (xa^Xr';aag  v.xl.  Plat.  Menex.  237'"^ 
rr/g  Ss  tvybVfiag  v.xX.  Ebd.  243  noXXol  [isv  dficpl  xtA.  Ebd.  243*"=  aaxs 
tnlaqaai  xrZ.  Plat.  Charm.  173«  dXlcc  tisqi  xlvwv,  Plat.  Phaed.  81* 
cooTieQ  äs  Itysxai  v.xX.  p]bd.  82''  elg  Si  ys  Q^bwv  ktX.  Ebd.  86  iniiSccv 
ovv  v.zX.  Ebd.  96''  courjv  yciQ  kxX.  Ebd.  102'*  aXXa  ■nctl  x6  v.xX.  Xen. 
Mem.  Vi  2 ,  b  ji  Si  yvvri  v.xX.  Ebd.  II  5 ,  4  v.aXiög  dv  f'j;ot  xrA.  Ebd. 
9,  4  ovv  yao  rjv  oiog  %xX.__  Xen.  Ages.  I  33  äiia  Sl  v.al  Mij^uymaTi  kxX. 
Xen.  Hier.  I  30  alg-nSQ  ovv  fi  xig  kxX.  Ebd.  4,  8  dXXä  iiivxoi  kxX. 
Ebd.  6,    14  äXXu  sidoxa  kxX.     Ebd.  8,  10  ov  yag  xvQuvvoig  -nxX. 

2.  CuLM.]  Um  Ostern  gieng  der  wissenschaftliche  Hülfslehrer  Dr 
Bornowski  in  gleicher  Eigenschaft  an  das  Gymnasium  zu  Braunsberg 
ab.  In  seine  Stelle  trat  Rochel,  bisher  an  dem  Gymnasium  in  Brauns- 
berg beschäftigt.  Der  Candidat  A  ndr  z  e  j  e  wski  wurde,  nachdem  er 
sein  Probejahr  absolviert  hatte,  zur  Aushülfe  an  das  Gymnasium  zu 
Conitz  gesandt.  Lehrercollegium:  Director  Dr  Loz'ynski,  die  Ober- 
lehrer Professor  Dr  Funck,  Hagele,  W^cleAvski,  Dr  Besse,  Re- 
ligionslehrer Lic.  Okroj,  die  ordentlichen  Lehrer  Oberlehrer  Raabe, 
Oberlehrer  Wentzke,  Altendorf,  Reyzner,  Laskowski,  wissen- 
schaftlicher Hülfslehrer  Rochel,  Pfarrer  Consentius  (evangel.  Re- 
ligionslehrer), die  commissarischen  Lehrer  Dr  Pior  und  Schillings, 
Zeichenlehrer  D  tugo  sz,  (Tesanalehrer  Tr  aut  mann.  Schülerzahl  423 
(1 3  30,  P  33,  II"  38,  II ''  37,  III"  46,  III  ^  44,  IV  67,  V  61,  VI  54, 
VII  13).  Abiturienten  23.  Den  Schnlnachrichten  geht  voraus  eine  Ab- 
handlung von  Dr  Besse:  de  statu  rei  puhlicae  Atheniensis  Codro  mortuo 
(19  S.  4). 

3.  Danzig.]  Der  ordentliche  Lehrer  Dr  Anton  hat  zu  Michaelis 
die  Anstalt  verlassen ,  um  eine  Lehrerstelle  am  Gymnasium  zu  Erfurt 
zu  übernehmen.  In  Folge  des  Ausscheidens  desselben  ist  Dr  B res  1er 
in  die  lOe  ord.  Lehrerstelle  eingerückt  und  Dr  Hampke  als  wiss.  Hülfs- 
lehrer angestellt  worden.  Als  Cand.  prob,  ist  Dr  Preusz  eingetreten. 
Lehrercollegium:  Director  Engelh  ard  t,  Prof.  Herbst,  Prof.  Hirsch, 
Prof.  Czwalina,  Prof.  Brand  stäter,  die  ordentlichen  Lehrer  Prof. 
Röper,  Dr  Strehlke,  DrHintz,  Dr  Stein,  Dr  Bresler,  Prediger 
Blech.  Licentiat  Redner,  die  Hülfslehrer  Dr  Hajnpke,  Dr  Lampe, 
Dr  Krieger,  Cand.  Dr  Preusz,  Zeichenlehrer  Troschel,  Schreibl. 
Fisch,  Musiki.  Markull,  Elementarl.  Wilde.  Scliülerzahl  534  (I  31, 
II"  44,  11"  38,  III"  46,  III"  61,  IV"  51,  IV»  55,  V"  46,  V"  51,  VI  60, 
VII  51).  Abiturienten  II.  Wegen  der  mehr  denn  800  Thaler  betragen- 
den Kosten  des  vorjährigen  und  des  Jubel-Programms  von  1858  ist  für 
diesmal  eine  wissenschaftliche  Abhandlung  den  Schulnachrichten  nicht 
beigefügt. 

4.    Deutsch- Crone].     Am  Schlusz  des  Schuljahrs  schied  der  Ober- 
lehrer DrWerneke  aus  dem  Lehrercollegium  aus,  um  eine  Oberlehrer- 


440  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist,  Notizen. 

stelle  am  Gymnasium  zu  Paderborn  zu  übernehmen.  Lehrercollegium : 
Director  Drl'eters,  die  Oberlehrer  Martini,  Krause,  Religions- 
lehrer Dr  Slowinski,  die  ordentlichen  Lehrer  Weierstrasz,  Dr 
Mali  na,  Dr  Frey,  wiss.  Hülfslehrer  Dr  Schneider,  techn.  Hülfsl. 
Härtung,  Prediger  W  eise  (ev.  Kel.).  Schülerzahl  2(55  (I  20,  II  38, 
III a  32,  III b  30,  IV  44,  V  57,  VI  49).  Abiturienten  13.  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus:  de  consi/io,  quäle  Tacitus  in  scriberido  de  Ger- 
mania libro  secutus  esse  videatur ,  conimentatio.  Scripsit  Dr  T  h.  Malina 
(18  S.  4).  'Placet,  ut  redarguendis,  quoad  eins  fieri  poterit,  aliorum 
commentis  infringendisque  eorum  erroribus  id ,  quod  verum  est,  reperia- 
tur  repertumque  in  lucem  protrahatur,  diversas,  quae  adhuc  de  re  pro- 
posita  latae  sunt,  sententias  singulas  deinceps  in  medium  proferre  quam 
diligentissime  examinandas.'  Der  Verf.  spricht  als  Resultat  der  Unter- 
suchung seine  Ansicht  in  folgenden  Worten  aus:  '  haud  dubium  esse 
existimo ,  quin  scriptor  id  potissimum  spectaverit,  ut  Germanoriim  gen- 
tem  et  bellicosissimam  omnium  et  tenacissimam  studiosissimamque  li- 
bertatis  esse  demoustraret.  Quae  res  longe  plurimis  quidem  Romano- 
rum satis  iam  nota  erat,  multo  minus  tarnen  innotuerant  eins  rei  cau- 
sae.  Has  eximio  ingenii  acumine  repertas  Romanos  docere  instituit. 
Facilique  negotio  planum  fecit  atque  probavit,  Germanorum  omnem 
vivendi  rationem  et  educationem  et  publica  privataque  instituta  et  ipsam 
religionem  pertinere  ad  bellum  eiusque  studia  et  ad  excitandam  augen- 
damque  fortitudinem.  Cuius  quidem  fortitudiiiis  fontem,  libertatem  in 
animis  Germanorum  altissimis  defixam  rationibus  miris  meritisque  lau- 
dibus  cum  alibi,  tum  praecipue  praedicat  in  Germ.  c.  37.  Atque  haec 
omnia  exposuit  haud  dubie  moniturus  Romanos,  ut  caverent  ab  eius- 
modi  hostibus  neque  unquam  imparatos  se  iis  opprimendos  darent.  Iam 
enim  apparet,  Germaniae  scribendae  causam  Tacito  nallam  aliam  fuisse, 
nisi  ut,  quae  ipse  de  rebus  Germanorum  cognita  satisque  explorata 
habebat,  Romanis  traderet,  unde  documentum  sibi  caperent  omnis  et 
praesentis  futurique  temporis.' 

5.  Elbing.]  In  dem  Lehrercollegium  hat  keine  Veränderung  statt- 
gefunden. Dr  Sommer  bürg  wurde  als  5r  ordentlicher  Lehrer  fest 
augestellt.  Der  Religionsunterricht  für  die  katliolischen  Schüler  wurde 
dem  Kaplan  Hippel  und  nach  dessen  Versetzung  dem  Kaplan  Breyer 
übertragen.  Lehrercollegium:  Director  Prof.  Dr  Benecke,  Professor 
Merz,  Prof.  Richter,  Prof.  Dr  Reusch,  Oberl.  Scheibert,  die 
ordentlichen  Lehrer  Lindenroth,  Dr  Steinke,  Dr  Heinrichs,  Dr 
Sonnenburg,  Musikdirector  Döring,  Zeichenl.  Müller.  Schüler- 
zahl 193  (I  15,  11  24,  III  33,  IV  30,  V  42,  VI  49).  Abiturienten  6. 
Den  Schulnachrichten  folgt  eine  Abhandlung  von  Dr  Heinrichs:  de 
ablalivi  apud  Terenüuni  usu  et  ratione.  Part.  II  (26  S.  4).  §11.  De  ab- 
lativo  obiecti.  a)  De  ablativo,  qui  sequitur  verba  affectuum.  b) 
De  ablativo  cum  verbis  ludendi  posito.  c)  De  ablativo  cum  ver- 
bis  quibusdam  deponentibus  coniuncto.  d)  De  ablativo  cum 
verbis  et  adiectivis  plenitudinis  et  inopiae  sociato.  e)  De 
ablativo  cum  adiectivis  quibusdam  singularibus  consociato. 
f)  De  formula  opus  est.  g)  De  supinis  in  u  desinentibus.  h)  De  for- 
mula  refert.  i)  De  formula  quid  fiet?  et  similibus.  k)  De  structu- 
ris  nonnullis  rarioribus.  §  12.  De  ablativo  absoluto.  §  13.  De  adver- 
biis  quibiisdam  ,  quae  cum  ablativo  cognata  sunt. 

6.  GuMBiNNEN.]  Dr  Witt,  bisher  Lehrer  einer  Erziehungsanstalt, 
war  als  4r  ordentl.  Lehrer  berufen  worden.  Lehrercollegium:  Director 
Dr  Hamann,  die  Oberlehrer  Sperling,  Prof.  Dewischeit,  Prof. 
Dr  Arnoldt,  Gerlach,  die  ordentlichen  Lehrer  Oberl.  Dr  Kossak, 
Dr  Basse,  Dr  Waas,  Dr  Witt,  Schwarze.  Schülerzahl  219  (I  Kl, 
II  25,  III  48,  IV  48,  V  40,  VI  42).     Abiturienten  6.     Den  Schulnach- 


l 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.  441 

richten  geht  voraus:  Schillei-feier.   Rede  des  Professor  Dewischeit  (16  S.  4). 

7.  HoHENSTEiN.j  Das  Lehrercollegium  ist  im  verfloszuen  (Schuljahr 
unverändert  geblieben.  Dasselbe  bilden:  üirector  i)r  Toppen,  die 
Oberlehrer  UudecU,  Dr  Krause,  öchulz,  die  ordentl.  Lehrer  Dr 
Gervais,  ßlüinel,  Dr  Hei  nicke,  interim.  Lehrer  Predigtamtscand. 
Hammer,  techn.  Lehrer  Baldus.  Schülerzahi  173  (I  24,  II  21,  III 
42,  IV  27,  V  6'6,  VI  25).  Abiturienten  7.  Den  Schulnacbriehten  t'ulgt: 
Geschiclile  des  AiiUes  und  der  Stadt  Höllenstein.  Vum  Director  Toppen 
(ö.  Ö5  — 132.   8). 

8.  KöNiGSBEKG.]  a.  Altstädtisches  Gymnasium.  In  dem  Leh- 
rercollegium ist  keine  Veränderung  vorgekommen.  Dasselbe  bilden: 
Director  Dr  EUendt,  die  überleluer  Prof.  Dr  Möller,  Fat  seh  eck, 
Schumann,  Dr  Kichter,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Ketzlaff, 
Fabriciu.s,  Dr  Öchaper,  Mut  trieb  (stellvertretend;,  die  (Schulamts- 
candidaten  Dr  Wiederhold,  Dr  Kumpel,  Elenientarl.  Rosatis, 
Zeichen!.  Stobbe,  Musikdir.  Pät zold.  öchülerzahl  3(J8  (I  42,  IP  34, 
IIb  •>'.(,  III ä  -lö,  IIV'  47,  IV  tiO,  V  52,  VI  50).  Abiturienten  13.  Den 
Schuhiacliricliten  geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Dr  Kichter:  de 
supinis  latinae  Unguae.  F.  V.  (15  .S.  4).  Vorliegende  Abhandlung,  mit 
welchem  die  Untersuchung  beendigt  ist,  enthält  Zusätze  und  Verbesse- 
rungen zu  den  vorausgehenden  vier  Abteilungen.  —  b.  Friedrichs- 
Collegium.  Die  Mitglieder  des  Lehrercollegiums  sind  in  den  Schul- 
nachrichten nicht  aufgetUhrt.  Vom  1.  October  ab  übernahm  der  Prov.- 
Schulr.  Dr  Schrader  interimistisch  die  Direction  an  Stelle  des  abberuf- 
nen Directors  Prof.  Dr  Horkel.  Schülerzahl  373  (1  45,  II  40,  III ^  43, 
IIP  50,  IV  67,  V  63,  VI  65).  Abiturienten  19.  Den  Schulnachrichten 
geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Dr  Müller:  cuniecturae  Tullianae 
(26  S.  4).  Die  behandelten  Stellen  sind  folgende:  Att.  11  J8  extr.:  tu, 
vellera  egove  cet.  Acad.  II  26,  82:  Epicurus  posse  cet.  Kab.  Post.  8, 
21  (vel  oder  gar).  Deiot,  6,  18:  quid  ait  medicus  cet.  Rep.  I  26,  41: 
eiusmodi  coniunctionein  cet.  II  28,  51  extr.:  est  igitur  fragilis  cet.  Farn. 
XVI  9,  4  :  reliquum  est  cet.  Att.  XIII  6  extr.:  operam  tuam  multam  cet. 
Pet.  cons.  10,  40:  quos  laesisti  cet.  Fin.  II  26,  82:  e  quibus  unum  mihi 
videbar  cet.  Fam.  XII  20  quodsi,  ut  es  cet.  Phil.  IX  1,  3:  ego  auteni  cet. 
X  7,  15:  etsi  est  enim  cet.  N.  D.  134,  96  extr.:  ad  similitudiuem  cet. 
Mil.  13,  35  extr.:  reus  cet.  De  dorn.  49,  127  extr.  statt  dicit  dedicet.  Tim, 
c.  7:  in  intervallis.  Farn.  XIII  26,  2:  qui  Eli  negotiatus  est.  Fam.  III 
12,3:  vides  sudare  cet.  Inv.II44,  129:  sin  causam  afferet  cet.  Cael.  3,  8: 
illud  tamen  cet.  Lex.  agr.  II  30,  81:  quem  agrum  cet.  Kep.  I  19,  31 
extr.:  obtrectatores  cet.  Quinct.  18,  57:  quaesivit  a  te  cet.  Tusc.  V  28, 
80:  dabit  se  cet.  IV  22,50:  de  L.  Bruto  cet.  Lex.  agr.  II  20,  54:  plus 
spectant  cet,  Flacc.  14,33:  classis  nomine  cet.  Sest.  5,  12:  Si  M.  Pe- 
treii  cet.  Rah.  Post.  10,  28:  ut  ventum  cet.  Att.  VllI  II  D,  7:  memi- 
neram  cet.  Brut.  74,  260:  C.  Hirtilium.  Acad.  II  17,54:  similitudines 
cet.  De  erat.  III  44,  175:  neque  est  ex  multis  res  una  cet.  Or.  68,227, 
—  c.  Kneiphöfisches  Stadt-Gymnasium,  Den  2n  Oberl.  Witt 
verlor  die  Anstalt  durch  den  Tod.  Schon  wärend  der  Krankheit  dessel- 
ben hatte  der  Schulamtscandidat  Dr  Diestel  dessen  Stelle  vertreten.  An 
die  Stelle  des  zu  Ostern  ausgeschiednen  Candidaten  Friedrich,  v/el- 
cher  eine  Hülfslehrerstelle  an  dem  Gymnasium  zu  Rastenburg  übernom- 
men hatte,  trat  Dr  Schwarz,  der  aber  schon  zu  Michaelis  die  Anstalt 
wieder  verliesz ,  da  ihm  die  Verwaltung  einer  Lehrerstelle  am  Gyii'ua^ 
sinni  zu  Tilsit  übertragen  war.  Bald  nach  dem  Beginn  des  Winter- 
semesters wurde  die  2e  vaeante  Oberlehrerstelle  dem  -Sn  Oberlehrer  Dr 
Schwidop  übertragen,  die  übrigen  Lehrer  ascendierten,  und  die  letzte 
ordentliche  Stelle  erhielt  der  Schulamtscandidat  Dr  Diestel,  Lehrer-r 
collegium:  Director  Dr  Skrzeczka,  die  Oberlehrer  Prof.  Dr  König, 


442  Berichto  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen. 

Dr  ÖcliwiJop.  Dr  Lentz,  Prof.  Cholevius,  Weyl,  die  ordent- 
lichen Lehrer  Dr  Knobbe,  von  Dryg'alski,  Dr  Diestel,  Candidat 
Hubaczek,  Dr  Seemann  (Englisch),  Zeichen-  und  Schreibl.  Glum, 
Musikdir.  Pabst.  SchUlerzahl  307  (I  37,  II«  33,  II »>  29,  III  67,  IV  50, 
V  44,  VI  41).  Abiturienten  19.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine 
Abhandlung  vom  Oberlehrer  Schwidop:  observationuni  Lucianearum 
specimen  III  (24  S.  4). 

9-  KoNiTZ.]  Der  comraissarische  Lehrer  Sa  ml  and  erhielt  eine  de- 
finitive Austeilung  am  Progymnasium  zu  Neustadt.  Die  Wissenschaft!. 
Hülfslehrerstelle  erhielt  der  bisherige  commissarische  Lehrer  Barthel; 
gleichzeitig  erhielt  v.  Biel  icki  seine  Bestallung  als  defin.  katholischer 
Religionslehrer.  Dem  2n  Oberlehrer  Dr  Moiszisstzig  wurde  der  Titel 
als  'Professor'  verliehen.  Den  ordentlichen  Lehrer  Oestreich  verlor 
die  Anstalt  durch  den  Tod.  Den  Unterricht  desselben  übernahm  der 
Schulamtscandidat  An  d  r  z  ej  ew  s  ki ,  der  eben  sein  Probejahr  am  Gym- 
nasium zu  Culm  abgeleistet  hatte.  Lehrercollegium:  Director  Dr  k.  ijö- 
b e  1 ,  die  Oberlehrer  Professor  Wiehert,  Professor  Dr  Moiszisstzig, 
iiowinski,  Dr  Stein,  Religionslehrer  vonBielicki,  die  ordentlichen 
Lehrer  Oberlebrer  Haub,  Heppner,  Karlinski,  Kawczynski, 
wissenschaftl.  Hülfslehrer  Barthel,  die  comihissarischen  Lehrer  Gan  d, 
Andrzejevvski,  techn.  Hülfslehrer  Ossowski,  evangel.  Religions- 
lehrer Superintendent  Annecke.  Schülerzahl  334  (I  24,  II «  19,  II '' 
37,  III«  36,  111  b  47,  IV  67,  V  60,  VI  44).  Abiturienten  14.  Den 
Scbulnachrichten  geht  voran  eine  Abhandlung  vom  Professor  W  icher t: 
Wärme- Erscheinungen  der  meteorologischen  Station  Konilz  (28  S.  4). 

10.  Lyck.]  In  dem  Lehrercollegium  ist  im  Laufe  des  Schuljahrs 
keine  Veränderung  eingetreten.  Mit  dem  Schlusz  desselben  wird  Dr 
Richter  eine  verbesserte  Stellung  am  Gymnasium  in  Rastenburg  erhal- 
ten, Dr  Botzon  die  zweite  Oberlehrerstelle  des  neuen  Gymnasiums  zu 
Marienburg  übernehmen.  Das  Collegiuni  bilden:  Dir.  Prof.  Fabian,  die 
Oberlehrer  Professor  Kostka,  Gortzitza,  Dr  Horch,  Dr  Botzon, 
Kuhse,  Moldehn  ke,  Kopetsch,  Rieht  er,  Oberlehrer  M  e  nzel, 
Pfarrer  Preusz.  Schülerzahl  2.'i5.  Abiturienten  8.  Den  Schulnach- 
richten geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Gymnasiallehrers  Kopetsch: 
de  verbalibus  in  tos  et  reo?  Platonicis  dissertatio ,  cid  intextae  sunt  breves 
de  Honiericis  adnotationes  (28  S.  4").  Pars  prior  quaestione  contineatur 
de  forma.  Cap.  I.  Derivatio.  Cap.  II.  De  motione.  §  1.  Motio  per 
genera  quae  dicitur.  §  2.  Motio  per  gradus  quam  vocant.  Altera 
pars.     De  usu. 

11.  Marienwerder.]  Im  Lehrercollegium  ist  keine  Veränderung 
eingetreten.  Dasselbe  bilden:  Director  Professor  Dr  Lehmann,  die 
Oberlehrer  Professor  Dr  Gützlaff,  Professor  Dr  Schröder,  Grosz, 
Dr  Zeysz.  die  ordentlichen  Lehrer  Reddig,  Henske,  Dr  Breiter, 
Gräser,  Dr  Künzer,  wissenschaftlicher  Hülfslehrer  Dr  Wulckow, 
Zeichen-  und  Schreiblehrer  B  er  e  ndt,  Gesanglehrer  Leder.  Schüler- 
zahl 253  (I  20,  II  34,  HI«  37,  III »>  48,  IV  53,  V  32,  VI  29).  Abitu- 
rienten 6.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Festrede  vom  Ober- 
lehrer Grosz  (12  S.  4). 

12.  Rastenbdrg.]  In  dem  Lehrercollegium  hat  keine  weitere  Ver- 
änderung stattgefunden,  als  dasz  Dr  Friedrich  zu  einer  Lehrerstelle 
an  dem  neuen  Gymnasium  zu  Insterburg  berufen  wurde.  Lehrercolle- 
gium:  Director  Techow,  Professor  Klupsz,  Professor  Brillovirski, 
Professor  Kühnast,  Oberlehrer  Claussen,  Jänsch,  Dr  Richter, 
Dr  Rahts,  Küsel,  Thiem,  Volkmann.  Schülerzahl  301  (I  53,  II 
02,  III«  40,  Illb  48,  IV  30,  V  42,  VI  20).  Abiturienten  19.  Den 
Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  von  Dr  Friedrich:  de 
di/ferentiis  aliquot  vocabulorum  Homericorum  specimen  I  (20  S.  4).    I)  alyog. 


Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  443 

ß%os,  oSvvr],     II)  yoog,  olucoyij.     III)    azovog ,  atovccxq,  (.iv^iiög,     IV) 
nrjua  ,   na-nöxr^g ,  (XQr'j  ,  loiyog  —   Svrj ,  oi'^ijg  —  Krjdog ,   nsv&og. 

13.  Thokn.]  Der  Scliulamtscandidat  Dr  Vo  Ick  mann,  welcher 
sein  Probejahr  abhielt,  leistete  Aushülfe ;  der  Lehrer  an  der  städtischen 
Schule  Lew  US  übernahm  eine  neue  Lehrerstelle;  der  8e  ordentliche 
Lehrer  Siebert  wurde  definitiv  angestellt;  der  Oberlehrer  Dr  Fas- 
bender wurde  zum  Professor,  der  le  ordentliche  Lehrer  Dr  Hergen- 
roth  zum  Oberlehrer  ernannt.  Lehrercollegium :  Director  Prufessoi-  Dr 
Passow,  Professor  Dr  l'aul,  Professor  Dr  Janson,  Professor  Dr 
Fasbender,  Oberlehier  Dr  Hirsch,  Oberlehrer  Dr  Prowe,  Ober- 
lehrer Dr  Bergenrotb,  die  ordentlichen  Lelirer  Dr  Brohm,  Fritsche, 
IJöthke,  Müller,  Dr  Winckler,  Kietze,  Siebert,  Elementar- 
lehrer Lewus,  Schulamtscandidat  Dr  Volckmann,  Garnisonsprediger 
Jl  rauns  chweig  (evangel.  Keligionslehrer),  Pfarrer  Kastner  (kathoi. 
Peliglonslebrer),  Zeicbenlehrer  V ö  1  c k e r,  Zeichenlehrer  T  e m p li n,  Tnin- 
lehrer  Ottmann.  Schülerzahl  3ü<.)  (I  13,  I  r.  7,  II  29,  II  r.  10,  III  52, 
III  r.  28,  IV  X],  IV  r.  2U,  Y "  35,  V  ^  3(3,  VI  5-,  VII  42).  Abiturienten  6. 
Den  Schuluachrichten  geht  voraus:  de  Nicolai  Copernici  patria.  Scripsit 
Dr  L.  Prowe  (21  S.  4). 

14.  Tilsit.]  Der  Oberlehrer  Schneider  trat  auf  sein  Ansuchen 
in  den  Ruhestand.  Zur  Vertretung  desselben  trat  Dr  Schwarz  in  das 
Lehrercollegium  ein,  indem  er  zugleich  sein  Probejahr  absolvierte.  Leh- 
rercollegium: Director  Professor  Fabian,  die  Oberlehrer  Clemens, 
Dr  Düringer,  Dr  Kossinna,  die  ordentlichen  Lehrer  Pohl  mann, 
M  e  c  k  b  a  c  h  ,  S  c  h  i  e  k  o  p  p  ,  S  k  r  o  d  z  k  i ,  Dr  Fischer,  G  i  s  e  v  i  u  s  , 
Zeichen-  und  Schreiblehrer  Rebberg,  Hilfslehrer  Dr  Schwarz,  Ge- 
sanglelirer  C  ollin.  Schülerzahl  322  (IM5,  I^  13,  11"  17,  IIb  .jo, 
III«  34,  III b  38,  IV  44,  V  44,  VI'  46,  VI^  49).  Abiturienten  13. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  vom  Gymnasial- 
lehrer Schiekopp:  die  Hehraismen  des  Neuen  Testaments  (17  S.  4). 
(Fortsetzung). 

VII.    Posen. 

1,  Bromberg.]  In  dem  Bestand  des  Lehrercollegiums  traten  im 
Verlauf  des  verflosznen  Schuljahrs  einige  Veränderungen  ein.  Der 
Probst  Turkowski  legte  sein  Amt  als  Religionslehrer  nieder  und  au 
seine  Stelle  trat  definitiv  der  Vicar  von  Bukowiecki.  Der  Schul- 
amtscandidat Hüssener  verliesz  die  Anstalt;  an  seine  Stelle  trat  der 
Schulamtscandidat  Thiel,  der  zugleicli  das  gesetzliche  Probejahr  ab- 
hielt. Der  Gymnasiallehrer  Lomnitzer  erhielt  den  Titel  'Oberlehrer'. 
Lehrercollegium:  Director  Deinhardt,  Professor  Breda,  Professor 
Fe  ebner,  Oberlehrer  Januskowski,  Oberlehrer  Dr  Schönbeck, 
die  Gymnasiallehrer  Dr  Hoff  mann,  Oberlehrer  Lomnitzer,  Heff- 
ter,  AI  arg,  Dr  Günther,  Prediger  Serno  (evangel.  Religionslehrer), 
Vicar  von  Bukowiecki  (kathoi.  Religionslehrer),  techn.  Lehrer  W  ilke, 
Gesanglehrer  Steinbrunn,  Zeichenlehrer  ,Ioop,  die  Schularatscandi- 
daten  Thiel  und  Hennig.  Schülerzahl  335  (I  27,  II  43,  III »  54, 
III  b  39,  IV  59,  V  61,  VI  52),  und  zwar  322  Deutsche  und  13  Polen. 
Abiturienten  5.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung 
vom  Professor  Breda:  Friedrich  der  Grosze  als  Erbe  der  Regierungs- 
maximen Friedrich  Wilhelms  1  (28  S.  4). 

2.  Krotoschin.]  Zur  endlichen  Vervollständigung  der  erforderlichen 
Lehrkräfte  ist  noch  eine  Lehrstelle  errichtet  und  in  dieselbe  der  Hülfs- 
lehrer  beim  Friedrich-Wilhelms-Gymnasium  zu  Posen  Dr  Feldtmeyer 
berufen  worden.  Lehrercollegium:  Director  Professor  Gladisch,  die 
Oberlehrer  Professor  Schönborn,  Dr  Kühler,  Primer,  die  ordent- 
lichen Lehrei  Bleich,  Eggeling,  DrBohnstedt,  Dr  Aszmus, 
Göhling,   Dr   Feldtmeyer,    Vicar  Maryanski    (kathoi.  Keligions- 


444  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slalisl.  Notizen. 

lehiei),  Elemeutarlehrer  Pfau.  Schülerzahl  200  (I  12,  II  17,  III  33, 
IV  45,  V  42,  VI  51).  Abiturienten  5.  Den  Schulnachrichten  ist  eine 
wissenschaftliche  Abhandlung  nicht  beigep:eben,  weil  die  für  den  Druck 
derselben  ausg^esetzte  Summe  für  die  umfassendere  Beilage  des  vorigen 
Programms  ""Herakleitos  und  Zoroaster '  mit  verausgabt  werden  muste. 

3.  LissA.]  Im  Lehrerpersonal  fand  keine  Veränderung  statt.  Lehrer- 
collegium:  Director  Z  leg  1er,  Professor  Olawsky,  Professor  Tschepke, 
Professor  Matern,  Professor  v.  Kar  wo  ws  ki,  Oberlehrer  Dr  Me  thn  er, 
Martens,  Hanow,  Stange,  Hülfslehrer  Töplitz,  Prediger  Pflug, 
Superintendent  G  r  a  b  i  g,  Prediger  F  r  o  m  m  b  e  r  g  e  r,  Prediger  P  e  t  z  o  1  d  , 
kathol.  Religionslehrer  Pani  j)  uch,  Zeichenlehrer  Gregor.  Schülerzahl 
274  (I  24,  II  30,  III  ^  33,  111''  60,  IV  53,  V  41,  VI  33).  Abiturienten 
10.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Professor 
Olawsky:  de  graecnrttm  radicum  tilQ'  et  nvO"  mulis  cunsonantihiis  ac  na- 
turali  significatione   (42  S.  4). 

4.  OsTROwo.]  Zu  Ostern  schied  der  interimistische  Gymnasiallehrer 
J.  von  Wawrowski;  seine  Stelle  übernahm  der  bis  dahin  am  Gym- 
nasium zu  Trzemeszno  beschäftigte  interimistische  Gymnasiallehrer  A. 
von  Wawrowski.  Lehrercollegium :  Director  Dr  Enger,  die  Ober- 
lehrer Professor  DrPiegsa,  Tschackert,  Stephan,  Drvon  Bro- 
nikowski,  Religionslehrer  lioz'anski,  Polster,  die  Gymnasiallehrer 
Regentke,  Cywiriski,  DrZwolski,  Kotlinski,  Märten,  Dr  ta- 
wicki,  die  Hülfslehrer  Roil,  Dr  von  Wawrowski,  von  Jako- 
wicki,  Prediger  Schubert  (evangel.  Religionslehrer).  Schülerzahl 
291  (I  32,  II  53,  III"  38,  III"  30,  IV  ^  23,  IV »  IG,  V»31,  V^  22, 
VI*  31,  vi'»  15).-  Abiturienten  19.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
Spccimen  versionis  polonae  opeium  Piatonis  vom  Oberlehrer  Dr  von  Bro- 
nikowski   (15  S.  4). 

5.  Posen.]  a)  Evangelisches  Fried  rieh- Wilhelms-Gym- 
nasium. An  die  Stelle  des  nach  Gotha  berufenen  Directors  Dr  Mar- 
quardt  trat  der  bisherige  Director  des  Gymnasiums  zu  Anclam  Pro- 
fessor Dr  Sommerbrodt;  bis  zu  dessen  Eintritt  zu  Michaelis  wurde 
die  Anstalt  interimistisch  durch  die  beiden  ersten  Professoren  Martin 
und  Dr  Neydecker  verwaltet.  Gleichzeitig  mit  dem  Abgang  des  Di- 
rector Dr  Marquardt  war  Professor  Dr  Müller  in  den  Ruhestand 
getreten,  dessen  Stelle  zunächst  wegen  Ordnung  der  Pensionsverhältnisse 
nicht  wieder  besetzt  werden  konnte.  Lehrercollegium:  Director  Pro- 
fessor Dr  Sommerbrodt,  die  Obeilehrer  Professor  M  art  in,  Professor 
Dr  Neydecker,  Müller,  Ritschi,  Dr  Tiesler,  die  ordentlichen 
Lehrer  Dr  Starke,  Pohl,  Moritz,  Dr  Jacob y.  Wende,  die  auszer- 
ordentlichen  Lehrer  Prediger  Herwig  (evangel.  Religionslehrer),  Präb. 
Knoblich  (kathol,  Religionslehrer),  Woliiiski  (Polnisch),  Divisions- 
prediger Strausz  (Hebräisch),  Zeichenlehrer  Hüppe,  die  Hülfslehrer 
Schäfer,  Dr  Feld  tm  ey  er,  Seminarlehrer  Kiel  czew  ski,  Cand.  prob. 
Dr  van  den  Bergh,  Candidat  Kretschmer,  Candidat  der  Theologie 
Henschel.  Schülerzahl  öfU  (1  17,  II  24,  III'i  35,  III  »2  34,  III  »>  56, 
IV  1  40,  IV  2  47,  VI  43,  V  2  43,  VI»  55,  VI  2  50,  Vorbereitungsklasse  I 
58,  II  38,  III  21).  Abiturienten  6.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
ad  Callimachi  hymnos  et  ad  Graeca  iUoriim  scholia  Parisiensiuni  codicwn 
duorum  varias  lecliones  enotavit  G.  Pohl  (24  S.  4).  —  b)  Katho- 
lisches Marien-Gymnasium.  Nach  den  Weihnachtsferien  schied 
der  Schulamtscandidat  Sempinski,  nachdem  er  sein  Probejahr  absol- 
viert hatte ,  aus  dem  Lehrercollegium  aus  und  folgte  später  einem  Ruf 
&ls  Lehrer  an  die  höhere  Unterrichtsanstalt  in  Schrimm.  Der  ordent- 
liche Lehrer  Dr  Steiner  wurde  zum  Oberlehrer  ernannt.  Der  Schul- 
amtscandidat Paten  wurde  der  Anstalt  zur  Ableistung  seines  Probejahrs 

ebenso  der  Schulamtscandidat  Dr  Brutkowski.    Mit  dem 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slatist.  Notizen.  445 

Ende  des  Winterhalbjahrs  schied  der  interimistische  Gymnasiallehrer 
Szulc  aus  und  erhielt  bald  darauf  eine  Lehrerstelle  an  der  hiesigen 
Realschule.  Den  Oberlehrer  Czarnecki  verlor  die  Anstalt  durch  den 
Tod.  Lehrercollegium:  Director  Regierungs-  und  Schulrath  Professor 
iJr  Brettner,  die  Oberlehrer  Professor  Wanowski,  Spiller,  Pro- 
fessor S  ch  wem  inski,  Professor  Dr  Ry  m  ar  kie  wicz,  die  Religions- 
lehrer Kantorski  und  Bilewicz,  Figurski,  Dr  Steiner,  die  or- 
dentlichen Lehrer  Dr  Ustymowicz,  Weclewski,  Laskowski, 
von  Przyborowski,  Dr  Wituski,  Dr  Wolfram,  DrNehring, 
Dr  Lazarewicz,  Dr  Mierzyriski,  Pastor  Schönborn  (evangel. 
Religionslehrer),  techn.  Lehrer  Schön,  Candidat  Paten,  Candidat  Dr 
Brutkowski,  Rector  Zientkiewicz.  Sehülerzahl  501  (I  24,  II'  27, 
11"  49,  III  ^  '  41,  111^2  40,  III  b»  49,  III  "^2  48,  IV  '  30,  IV^  30,  V 
62,  VI  66,  VII  28).  Abiturienten  12.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus 
eine  Abhandlung  vom  Professor  Wanowski:  metonymiae  ratio  e  scripto- 
ribus  Latinis  explicata  (40  S.  4). 

6.  Trzemesznc]  Dem  ersten  Oberlehrer  Dr  Jerzykowski  wurde 
das  Prädicat  eines  Professors  und  den  ordentlichen  Lehrern  von  Jako- 
wicki  und  B er w inski  das  eines  Oberlelirers  beigelegt.  Der  interi- 
mistische Gymnasiallehrer  Dr  A.  von  Wawrowski  wurde  in  gleicher 
Eigenschaft  an  das  Gymnasium  zu  Ostrowo  versetzt.  Lehrercollegium: 
Director  Professor  Dr  Szostakowski,  die  Oberlehrer  Professor  Dr 
Jerzykowski,  Religionslehrer  Lic.  Kegel,  Mol  inski,  Dr  S  ikorski, 
Klossowski,  von  Jakowicki,  Berwinski,  die  Gymnasiallehrer 
Dr  von  Krzesinski,  Thomczek,  Szymanski,  Jagielski,  Lu- 
kowski,  Pastor  Werner,  Gesanglehrer  Klause.  Schülerzahl  341 
(I  34,  II'  28,  11^  34,  III»  40,  III  »>  43,  IV  46,  V  49,  VI  67).  Abitu- 
rienten 14.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  quaestionum  Parmenidca- 
rum  prima.     Scripsit  J.  Szostakowski  (12  S.  4). 

Fulda.  Dr  Ostermann. 

Basel,  Schuljahr  1860/61.]  Universität  und  Pädagogium. 
Da  der  Professor  der  griechischen  Litteratur,  Wilhelm  Vi  sc  her,  mit 
Frühjahr  1861  seine  bisherigen  Stunden  am  Pädagogium  freiwillig  aufgab 
und  gleichzeitig  an  der  LTniversität  die  durch  den  Tod  des  auszer- 
ordentlichen  Professors  K.  L.  Roth  entstandne  Lücke  ersetzt  werden 
muste,  so  wurde  Professor  O.  Ribbeck  von  Bern  berufen  als  ordent- 
licher Professor  der  griechischen  Sprache  und  mit  der  Verpflichtung, 
6  Stunden  griechischen  Unterricht  in  Prima  zu  übernehmen.  Mit  Mai 
1861  ist  eine  Art  philologisches  Seminar  errichtet  worden,  wel- 
ches die  ordentlichen  Professoren  Gerlach,  Vischer  und  Ribbeck 
in  je  einer  Stunde  wöchentlich  leiten.  Durch  die  Pensionierung  des 
Historikers  Hartwig  Floto  rückte  Professor  J.  J.  Burckhardt  in 
die  ordentliche  etatsmäszige  Professur  der  Geschichte  ein.  Als  Privat- 
docent  der  Philologie  und  Kunstgeschichte  eröffnete  Dr  J.  J.  Bernoulli 
seine  Vorlesungen.  Privatdocent  Dr  Ed.  Wölflin  gieng  im  August 
1861  als  Lehrer  des  Griechischen  und  Lateinischen  an  das  bis  zur 
Universität  erweiterte  Winterthurer  Gymnasium  ab.  Das  Universitäts- 
programm vom  November  1800  ist  der  Abdruck  der  am  Universitäts- 
jubiläum vom  zeitigen  Rector  Professor  Pet.  Merian  gehaltnen  Rede 
und  gibt  die  Geschichte  der  Anstalt  in  dem  vierten  Jahrhundert  ihres 
Bestehens  1760—1860. —  Das  Pädagogium  zählt  in  3  Klassen  53  Schüler. 
Mit  einem  Pensum  von  6  Stunden  trat  an  dieser  Schule  Dr  J,  J.  Mähly, 
Hauptlehrer  am  Realgymnasium ,  ein,  welcher  mit  dem  früher  angestell- 
ten Dr  Dan.  Fechter  den  griechischen  Unterricht  an  den  beiden 
untersten  Klassen  abwechselnd  teilt,  Programm  von  Professor  Wilh. 
Wackernagel:  die  Umdeutschung  fremder  Wörter  (53  S.  4),   eine  ge- 


446  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen. 

lehrte  Arbeit  in  folgenden  Abschnitten:  1)  Consonanten.  2)  Voeale. 
:i)  Romanische  Lautgebung.  4)  Verlängerung  betonter,  Kürzung  unbe- 
tonter Voeale.  5)  Veniickung  des  Accents.  6)  Die  unbetonten  Silben. 
7)  Geschlecht  der  Substantiva.  8)  Umdeutschung  durch  Flexion  und 
Ableitung.  9)  Umdeutscliuiig  durch  Zusammensetzung.  10)  Umdeut- 
schung durch  Veränderung  der  Worte  selbst;   Appellativa,  Eigennamen. 

—  Am  humanistischen  Gymnasium  wurde  das  durch  den  Tod 
von  Professor  Roth  erledigte  Pensum  durch  Aufrücken  der  Lehrer 
Theoph.  Burckhardt  und  Friedrich  Iselin  besetzt  und  an  die 
hierdurch  frei  gewordne  Stelle  an  den  untern  Klassen  gewählt  H.  Karl 
Kienle  aus  Württemberg.  Schülerzahl  344  in  11  Klassen,  I  —  V  in 
Parallelabteilungen  und  VI,  die  höchste  bis  dahin  dagewesene  Fre- 
quenz. Programm:  Schulrede  des  Rectors  Dr  Rudolf  Burckhardt: 
Würdigung  der  Klage  über  die  Unhesclieidenheit  utid  Anmaszlicltkeit  der 
heutigen  Jugend  (13  S.).    Schulnachrichten  und  Schülerverzeichnis  (S.  17 — 40). 

—  Realistisches  Gymnasium.  Schülerzahl  347  in  5  Doppelklassen, 
nemlich  I"  41,  I  ^  38,  11^  34,  IIb  32,  m  a  34,  m  b  33^  jya  34^  jy  i» 
34,  V^  30,  V^  31.  Dem  Jahresbericht  und  Schülerverzeichnis  S.  25 — 53 
des  Programms  ist  eine  Schulrede  des  Rectors  W.  Rumpf  vorgedruckt, 
in  welcher  derselbe  die  Einführung  des  Englischen  in  seiner  An- 
stalt empfiehlt.  —  Realschule.  402  Schüler  in  9  Klassen  (I«,  I*»,  II a, 
II i>,  11%  III a,  III b,  IVS  IVb).  Programm:  Friedrich  Silcher,  von  J oh. 
Jak.  Buszinger  (S.  5 — 27);  Jahresbericht  und  Schülerverzeiclinis  (S.  28 
— 50).  —  Gewerbeschule.  Programm  des  Rectors  Fr.  Auten- 
heimer:  zur  Theorie  der  Transmission  vermittelst  eiidloser  Riemen  und 
Seile  (S.  1  —  39  in  4).  Bericht  (S.  40  —  48).  Frequenz:  I  23,  II  24, 
III  23,  IV  8.  Eingesandt. 


Personalnotizen 


Ernennnng^en,  Bcfördernng^cn ,  Versetzungen: 

Barb,  Heinr.,  Hofconcipist  und  Prof.  der  pers.  Sprache  am  pol^^- 
techn.  Institut  zu  Wien,  erhielt  die  neu  erriclitete  Lehrkanzel  der  per- 
sischen Sprache  an  der  kk.  orientalischen  Akademie  daselbst.  —  Brühl, 
Dr  Karl  Beruh.,  Prof.  der  Zoologie  und  vergleichenden  Anatomie  an 
der  Pesther  Universität,  erhielt  die  neu  errichtete  Lehrkanzel  für  die 
Zootomie  an  der  Universität  zu  Wien  —  Fiedler,  Dr,  wiss.  Hülfs- 
lehrer,  als  ordentlicher  Lehrer  am  Domgymu.  zu  Colberg  angestellt.  — 
Fleckeisen,  Dr  Alfr.,  Prof.  am  Gymn.  zu  Frankfurt  a.  M.,  zum  Prof. 
und  Conrector  an  dem  selbständig  gewordnen  und  erweiterten  Vitzthum- 
schen  Geschlechtsgymn.  zu  Dresden  ernannt.  —  Foregg,  Dr  Ant.,  in 
Gratz,  zum  Scriptor  an  der  kk.  Universitätsbibliothek  das.  ernannt.  — 
Gaasner,  Andr.,  Weltpriester  ,  zum  Prof.  der  Pastoraltheologie  an  der 
theolog.  Facultät  zu  Salzburg  ern.  —  Ger  mar,  Dr,  SchAC,  als  Hülfs- 
lehrer  am  Gymn.  zu  Altena  angest.  —  Hamann,  als  ord.  Lehrer  am 
Gymn.  zu  Anclam  angest.  —  Harries,  Collab.  am  G.  zu  Glückstadt, 
als  Subrector  an  die  Gelelirtenschule  in  Meldorf  versetzt.  —  Hassan, 
Anton,  Lehrer  der  vulgär  arabischen  Sprache  am  kk.  polytechnischen 
Institut  in  Wien,  erhielt  die  neu  errichtete  Lehrkanzel  an  der  orienta- 
lischen Akademie  daselbst.  —  Hattala,  Mart.,  ao.  Prof.  der  slavi- 
schen  Philologie  an  der  Univ.  Prag ,  zum  ord.  Prof.  dess.  Fachs  beför- 
dert. —  Heerhaber,  SchAC,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Anclam 
angest.  —  Jachimowski,  Priest.  Ladisl.,  Suppl.  am  Gymnasium  zu 
Stanislawow,  zum  wirkl.  Religionslehrer  rit.  lat.  das.  ernannt.  —  Jah- 


Personalnotizen.  447 

ner,  Priester  Cyrill,  Snppl.  am  Gymn.  zu  Tarnopol,  zum  wirklichen 
Iveligionslehrer  rit.  lat.  das.  ernannt.  —  Jarz,  Dr  Ant.,  gewesner 
Schulrath  für  Agrara  ,  als  Schulrath  und  Inspector  für  die  Mittel-  und 
Volksschulen  zur  Dienstleistung  der  Landesstelle  zu  Laibach  zugewiesen. 

—  Jasper,  Hülfslehrer  an  der  Gelehrtenschule  in  Meldorf,  in  gleicher 
Eigenschaft  nach  Glückstadt  veisetzt.  —  Kleine,  Dr,  bisher  am  Bloch- 
niann-Bezzenbergersclien  Institut  zu  Dresden,  als  Lehrer  der  Älathematik 
in  dem  Vitzthumschen  Geschlechtsgymnasium  das.  angest.  —  Lange, 
7r  Lehrer  am  Gymn.  zu  Altena,  als  Seminardirector  in  Segeberg  cou- 
stituiert.  —  Linzbaner,  Dr  Frz,  ao.  Prof.  der  Naturlehre  für  Chirur- 
gen an  der  Pesther  Universität ,    zum  ord.   Prof.  dieser  Lehrkanzel  ern. 

—  Lipsius,  Dr  A.,  ao.  Prof.  in  der  theolog.  Facultät  der  Universität 
Leipzig,  zum  ord.  Prof.  in  der  evangelischen  theolog.  Facultät  zu  Wien 
ernannt.  —  Lös  ebner,  Dr  Jos.,  k.  Rath  und  Universitätsprofessor 
in  Prag,  zum  Landesmedicinalrath  für  Böhmen  ernannt.  —  Maywald, 
Dr,  Oberlehrer  an  der  Realschule  zu  Görlitz,  in  gleicher  Eigenschaft  an 
das  Gymn.  das.  versetzt.  —  Meins,  5r  Lehrer  an  der  Gelehrtenschule 
in  Glückstadt,  zum  4n  Lehrer  aufgerückt.  —  Menzel,  gewesner  Lehrer 
am  Blochmann-Bezzenbergerschen  Institut  in  Dresden,  in  gleicher  Ei- 
genschaft, Müller,  Dr  und  Prof.,  bisher  am  Blochmann-Bezzenberger- 
schen Institut,  als  Prof.  der  Geschichte,  Pfuhl,  Dr,  Oberlehrer  an  der 
Kreuzschule  zu  Dresden,  als  Ordinarius  der  Tertia,  Folie,  Dr,  Lehrer 
an  der  Realschule  zu  Chemnitz,  als  Ordinarius  der  Quarta,  Scheibe, 
Dr  Karl,  bisher  Prof.  am  Blochmann-Bezzenbergerschen  Institut,  als 
Rector  und  Ir  Lehrer,  endlich  Schickedanz,  Dr,  Privatgelehrter  zu 
Leipzig,  als  Ordinarius  der  Sexta  an  dem  selbständig  gewordnen  und 
erweiterten  Vitzthumschen  Geschlechtsgyranasium  in  Dresden  angestellt. 

—  Ryszowski,  Stanisl. ,  Suppl.  zu  Krakau ,  zum  Lehrer  am  kk. 
Gymnasium  zu  Bochnia  ernannt.  —  Schiavi,  Weltpr.  Lorenz,  bisher 
Suppl    am  Gymn.   zu   Udine,    als  wirkl.  Religionslehrer  das.  angestellt. 

—  Schubart,  Dr,  Oberlehrer  am  Gymn.  zu  Plauen,  als  4r  ord.  Lehrer 
an  das  Gymn.  zu  Budissin  versetzt.  —  Seemann,  Prof.  u.  Oberlehrer, 
bisher  Dirigent  des  Progymnasiums  zu  Neustadt  (Reg. -Bez.  Danzig), 
zum  Director  der  genannten,  zu  einem  vollständigen  Gymn.  erweiterten 
Anstalt  ernaunt.  —  Stark,  Dr  Frz,  Scriptor  an  der  Universitätsbiblio- 
thek zu  Gratz  ,  in  gleicher  Eigenschaft  an  das  polytechnische  Institut 
zu  Wien  versetzt.  —  Volk  mann,  Dr  Wilh.,  SchAC,  als  ord.  Lehrer 
am  Gymn.  zu  Rastenburg  angestellt.  —  AVunder,  Dr  Herrn.,  Ober- 
lehrer am  Gymn.  zu  Freiberg,  in  gleicher  Eigenschaft  an  die  vereinigte 
Gymnasial-  und  Realschulanstalt  in  Plauen  versetzt. 

Praedicierung;eii  und  Ehrenerwcisiing;en: 

Jüngken,  Dr,  und  Mitscherlich,  Dr  E.,  Geh.  Medizinalräthe, 
ordentliche  Professoren  und  ordentliche  Mitglieder  der  wissenschaftlichen 
Deputation  für  das  Medicinalwesen  zu  Berlin ,  erhielten  den  Charakter 
als  Geheime  Ober-Medicinalräthe.  —  Nitzsch,  Dr,  Prorector  am  Gym- 
nasium zu  Greifswald  ,  erhielt  das  Prädicat  'Professor'  beigelegt,  mr  Von 
der  kk.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien  sind  ernannt  und  bestätigt 
worden:  als  wirkl.  Mitglied  für  die  mathematisch-naturwissenschaftliche 
Klasse  der  Professor  der  Zoologie  an  der  Universität  zu  Prag,  Dr  Frdr. 
Stein,  zum  corresp.  inländischen  Mitgliede  der  philos.-hist.  Klasse  der 
Lehrer  an  der  Oberrealschule  zu  Prag,  Ant.  Gindely  und  der  ao. 
Professor  der  österr.  Geschichte  an  der  Univ.  zu  Wien,  Oltokar  Lo- 
renz, zum  ausländischen  Ehrenmitglied  ders.  Klasse  der  Professor  der 
neueren  Litteratur  an  der  Universität  zu  Bonn,  Dr  Frdr.  Diez,  zu 
correspondierenden  inländischen  Mitgliedern  der  mathem.  -  naturwissen- 
schaftl.  Kl.  der  Pi'ofessor  am  Joanneum  in  Gratz,  Dr  Job.  Win  ekler, 


448  Personalnotizen. 

der  Custosadjnnct  am  botanischen  Hofcabinet  in  \Vien ,  Dr  The  od. 
Kotschy,  und  der  ordentliche  Professor  der  Mineralogie  an  der  Uni- 
versität zu  Pesth ,  Dr  Karl  Peters. 

Pensionierung;: 

Der  Director  des  Gymnasiums  zu  Jicin,  Frz  Schier,  wurde  in  den 
bleibenden  Ruhestand  versetzt. 

Gestorben: 

Am  14.  April  zu  Meran  in  Tirol  Dr  Moriggl,  Abt  des  Benedictiner- 
stifts  und  seit  1849  als  Prof.  der  Geschichte  am  das.  kk.  Obergymn.  thätig, 
geb.  am  10.  März  1816  in  Burgeis  (die  Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn. 
XU  S.  504  f.  enthält  eine  Darstellung  seiner  Verdienste  um  das  Schul- 
wesen vom  Professor  Dr  K.  Schenkl  in  Innsbruck).  —  Am  15.  April 
zu  Kassel  der  vormalige  Professor  zu  Marburg,  Dr  Sylvester  Jor- 
dan, geb.  am  30.  Dec.  1792  zu  Axams  bei  Innsbruck.  — Am  16.  April 
zu  Brixlegg  in  Tirol  der  jubilierte  Universitätsprof.  Dr  jur.  Andreas 
Kitter  von  Mersi,  im  Alter  von  82  J.  —  Am  18.  April  zu  Berlin  der 
Director  des  Domchors  und  Gesanglehrer  an  mehreren  Gymnasien,  Mu- 
sikdirector  Neithart  (gebürtig  aus  Schleiz)  im  Alter  von  68  Jahren. — 
Am  20.  April  zu  Kremsmünster  der  Capitular  des  Benedictinerstifts  und 
Professor  am  dortigen  Gymnasium,  P.  Wilhelm  Eder,  geb.  zu  Wolfs- 
egg  am  19.  Febr.  1779.  —  Am  24.  April  zu  Gratz  Ludw.  Crophius 
von  Kaiserssieg,  Dr  theol.,  Abt  des  Cisterzienserstifts  Kein,  Curator 
und  Director  des  Joanneums  und  Director  der  kk.  Oberrealschule,  im 
69.  Lebensj.  (vgl.  Zeitschr.  f,  d.  österr.  Gymn.  XII  505).  —  Am  28.  April 
zu  Gieszen  Val.  Klein,  Dr  theol.  et  phil.,  ord.  Honorarprof.  und  2r  Biblio- 
thekar an  der  dortigen  Universität,  im  Alter  von  74  Jahren. —  Am  3.  Mai 
zu  Wien  P.  Eug.  F leuriet,  Ordenspriester  des  Benedictinerstifts  und 
Assistent  für  Naturgeschichte  am  Gymn.  zu  den  Schotten,  geb.  zu  Wien 
am  10.  Sept.  1834.  —  Am  8.  Mai  zu  Minden  der  verdiente  Geschichtsforscher 
E.  F.  Mooyer  ,  geb.  das.  am  6.  Aug.  1788.  —  Am  23.  Mai  zu  Heidelberg 
der  ao.  Prof.  der  Kechte  Dr  Brackenhöft.  —  Am  31.  Mai  zu  Darm- 
stadt der  als  Historiker  bekannte  Prof.  Bercht.  —  Im  Mai  der  Prof. 
der  Philosophie  und  Pädagogik  an  der  Univ.  zu  Marburg  Dr  Koch,  im 
80.  Lebensj.  —  Ende  Mai  der  berühmte  Botaniker,  Prof.  zu  Cambridge, 
J.  Stevens  Henslow,  geb.  1796  zu  Rochester.  —  Am  2.  Juni  zu  Pesth 
der  Benedictiner- Ordenspriester  Sam  Mdrkfy,  Dr  theol.  et  philos., 
Prof.  der  Hermeneutik  usw.  und  Senior  der  theolog.  Fac.  an  der  das. 
Universität.  —  Am  15.  Juni  zu  Gratz  der  Archivar  des  Joanneums  und 
frühere  Prof.  der  Geschichte  am  Gymn.  zu  Marburg  Jos.  War  tinger, 
geb.  am  19.  April  1774.  —  Am  26.  Juni  zu  Prag  der  berühmte  Forscher 
auf  dein  Gebiete  der  slavischen  Sprachen  und  Altertümer,  vormaliger 
Bibliothekar  der  Prager  Universität,  Paul  Jos.  Safafik,  geb.  zu  Ka- 
beljarowo  in  Ungarn  1795.  —  Am  10.  Aug.  im  Bade  Brückenau  der 
berühmte  Staats-  und  Kirchenrechtslehrer,  Oberconsistorialrath  und  ord. 
Prof.  an  der  Universität  zu  Berlin,  Dr  Stahl.  —  Am  20.  August  ver- 
schied in  Schulpforta  mir  gänzlich  unerwartet  mein  theurer  Freund 
Robert  Buddensieg,  Professor  und  zweiter  Geistlicher  an  der  Lan- 
desschnle.  Sein  liebenswürdiges  Wesen  und  seine  acht  christliche  Fröm- 
migkeit sichern  ihm  bei  allen,  die  ihm  nahe  getreten,  ein  bleibendes 
liebevolles  Andenken. 


Zweite  Abteilung: 

für  Gymnasialpädagogik  und  die  übrigen  Lehrfächer, 

mit  Ausschlusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  vou  Rudolph  Dietsch. 


13. 

Au g  11  st  Schleicher:  zitr  Morphologie  der  Sprache.    St  Peters- 
burg 1859.  (L.  Voss  in  Leipzig.)    38  S.  Folio.  12iy^Ngr. 


(Mit  Kücksiclit  auf  Dr  IL  Steinthals  Charakteristik  der  hauptsäch- 
lichsten Tyjjen  des  Sprachbaus.) 


Hochgeehrter  Herr  Redakteur! 

Läge  für  mich  gar  keine  äuszere  Veranlassung  vor,  so  hätte  ich 
diese  Biälter  kaum  an  Sie  gelangen  lassen;  aber  trotz  dieser  mag  ich 
sie  Hinen  nicht  schicken,  ohne  —  gleichsam  zur  Entschuldigung  — 
ein  paar  Worte  hinzuzufügen. 

Es  erscheint  nemlich  fraglich,  ob  sich  Schriften  wie  die  vorlie- 
gende von  Schleicher  in  Hirer  Zeitschrift  und  im  besondern  in 
Ihrer  Abteilung  zur  Besprechung  eignen.  —  Die  Frage  wäre  entschie- 
den zu  verneinen,  käme  es  hier  auf  eine  kritische,  umfassende  Beur- 
teilung des  reiclihaltigen,  aus  so  vielen  meist  unbekannteren  Sprachen 
aufgestapelten  SprachstofFs  an.  Dem  grösten  Teil  der  Leser  Hirer  Zeit- 
schrift würde  mit  der  mangelnden  Kenntnis  derselben  das  Interesse 
fehlen,  und  unter  ihnen  wären  gevvis  sehr  wenige,  am  allerletzten  der 
Unterzeichnete  zu  einem  vollgtiitigen  Urteil  befähigt  und  berechtigt. 

Aber  die  Sache  hat  noch  eine  andere  Seite.  Nicht  blos  die  spe- 
cielle  Grammatik  setzt  für  Laut  und  Bedeutung  der  Worte  ihrer  ein- 
zelnen Sprache  Gesetze  von  scheinbar  allgemeiner  Giltigkeit  fest,  son- 
dern es  ist  allmählich  eine  sogenannte  allgemeine  oder  philosophische 
Grammatik  entstanden.  Diese  hat  sich  für  berufen  gehalten  aus  der 
einen  3Iultersprache  heraus  oder  mit  Hinzuziehung  weniger  andern 
eine  allgemeine  Sprachidee  und  demgemäsz  für  alle  Sprachen  gel- 
tende Gesetze  aufzustellen,  und  zwar  nicht  ohne  einfluszreiche  Rück- 
wirkung auf  alle  besonderen  Grammatiken,  welche  diese  Gesetze  als 
überall  maszgebend  nur  zu  willig  angenommen  haben. 

Wie  aber?  wenn  schon  der  Grund  und  Boden,  auf  dem  diese 
philosophische  Grammatik  ihren  Bau   errichtet  hatte  —  nemlich  die 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  .\bt.  1861.  Hft  10.  29 


450  Schleicher:  zur  Morpliologie  der  Sprache. 

Denkgesefze  und  die  Logik  —  übel  gewählt  wäre?  Wenn  gerade  die 
Grundregeln  sich  auf  ein  viel  z  u  sp  ärli  ch  es,  ganz  unzuläng- 
liches Sprachmaterial  sliitzlen  und  so  der  ganze  Bau  zusammen- 
bräche? 

Wäre  dies  der  Fall ,  sollte  da  der  Philolog,  ja  der  sprachlich  Ge- 
bildete überhaupt  von  einem  so  groszartigen,  zeither  nicht  geahnten 
Ereignis  gar  keine  Kenntnis  nehmen?  Selbst  dann  nicht,  wenn  sich 
die  Grundanschauungen  von  Wort  und  Sprache,  die  ihm  zeiliier  allein 
geläufig  waren  und  für  fest  und  unumstoszlich  galten,  dem  neu  ent- 
deckten oder  dem  in  ganz  neuer  Art  benutzten  altern  Sprachmaterial 
gegenüber  als  unsicher,  ja  als  grundfalsch  erwiesen? 

Musz  er  davon  Kenntnis  nehmen,  woher  soll  ihm  diese  aber  kom- 
men? Etwa  aus  den  betreffenden  Büchern  selbst  oder  den  Special- 
Journalen,  die  von  ihnen  zu  handeln  pflegen?  Nun  zu  dem  einen  fehlt 
der  groszen  Mehrzahl  Ihrer  Leser  Zeit,  Lust  und  Geld;  andererseits 
würden  sie  aus  derartigen  Journalen  nur  wenig  Nutzen  ziehii,  da  diese 
meist  Fachgelehrte  als  Leser,  also  zugleich  viele  Kenntnisse,  die  uns 
in  der  Hegel  fehlen,  voraussetzen. 

liier  kann  —  so  scheint  es  —  nur  eine  vermittelnde  Zeitschrift 
fördersam  eintreten,  die,  ohne  bei  den  Lesern  eine  besondere  Kenntnis 
der  Sache  vorauszusetzen ,  wissenswürdigo  Tliatsachen  in  leiciit  ver- 
ständlicher Weise  mitteilt  und  sich  nicht  scheut  je  zuweilen  auch 
n  euen  Wein  in  die  alten  Schläuche  zu  füllen. 

Hierin  liegt  der  Grund,  warum  ich  Ihnen  diese  Blätter  zusende 
und  in  dem  Sinne,  in  welchem  ich  sie  schicke,  zur  Benutzung  in  Ihrer 
Zeilschrift  anzunehmen  bitte.  —  Es  dreht  sich  nemlich  hier  nicht  um 
eine  umfassende,  kritische  Uecension  der  vorliegenden  Schrift,  sondern 
vornehmlich  um  die  Erörterung  der  Unsicherheit  vieler  und  zwar  ge- 
rade der  allerwesentlichsten  Grundgesetze  der  zeitherigen  allgemeinen 
Grammatik,  die  wir  —  aber  ganz  irlünilich  —  als  felsenfeste  Wahr- 
heiten für  alle  Sprachen  zu  betrachten  pflegen. 

Es  lag  aber  nahe  und  auch  im  Interesse  der  Sache  selbst  bei 
dieser  Kelation  über  Schleichers  Schrift  auf  ein  anderes  ver- 
wandtes Werk  wenigstens  gelegentlich  Rücksicht  zu  nehmen.  Ich 
meine  Dr  Steinthals  H'h  ar  a  k  t  e  r  is  ti  k  der  hauptsächlich- 
sten Typen  des  Sprachbaus  (1860.  Berlin,  Dümmler)'. 

Beide  Sprachforscher  wandeln  in  den  erwähnten  Schriften  des- 
selben Wegs;  aber  ein  jeder  anders  gerüstet,  ein  jeder  nach  ver- 
schiednem  Ziel.  Beide  sind  überreich  ausgestattet  mit  seltner  Spra- 
chenkunde; dem  einen  gilt  es  allein  um  die  äuszere  Gestalt  des 
Wortes  und  der  Sprache,  dem  andern  (Steinthal)  auszerdem,  und 
zwar  ganz  im  besondern,  um  die  innere  Sprachform,  die  sich  der 
Geist  der  Völker  ureigentümlicii  gcscliairen.  Durch  die  beigebrachten 
sprachlichen  Thatsachen  und  die  vielen  schlagenden  Beispiele  negieren 
beide  die  irtümlich  angenommene  allgemeine  Giltigkeit  der  Grundan- 
schauungen der  zeitherigen  philosophischen  Grammatik;  Steinthal 
gilt  es   aber  nicht  blos  darum  zu  negieren,  sondern  er  will  auch 


Schleicher:  zur  Jlorphologio  der  Sprache.  451 

wieder  oiifbaun,  und  gerade  in  dieser  Hinsicht  ist  sein  Werk  von  der 
höchsten  Wichtigkeit. 

Auf  beide  Schriften  in  gleichem  Unifung  einzngehn  ist  nicht  thun- 
lich;  es  war  zunächst  nur  auf  die  S  c  h  1  ei  ch  ersehe  abgesehn;  aber 
der  Unterzeichnete,  dem  Steinlhals  Werk  leider  erst  beim  Nieder- 
schreiben dieser  Zeilen  mitten  in  der  Arbeit  zu  Gesicht  kam,  konnte 
es  sich  nicht  versagen  auch  auf  das  letztere  hinzuweisen  oder  daraus 
Beispiele  zu  enllcbnün. 

Dasz  es  sich  aber  hier,  wie  oben  angedeutet,  wirklich  um  'neuen 
Wein'  handle,  das  mögen  einige  Vorbemerkungen  erhärten,  welche 
den  Inhalt  der  vorliegenden  Schrift  und  auch  diese  Beurteilung  selbst 
andeutungsweise  vorweg  kennzeichnen  sollen.  Sind  diese  Andeutungen 
thatsächlich  wahr  —  wie  sie  es  wirklich  sind  — ,  so  werden  gerade 
die  Fundamentalgesetze  der  zeilherigen  allgemeinen  Grammatik,  die 
ja  für  alle  Sprachen  maszgebend  sein  sollen,  vollständig  über  den 
Haufen  geworfen. 

I)  Die  ganze  Schaar  einer  Se.xta  —  wie  würde  sie  lachend  auf- 
jubeln, wenn  ein  Schüler  auf  den  absonderlichen  Gedanken  verfiele, 
die  Endungen  von  mensa  statt  hinter  den  Stamm  einmal  vor  diesen  zu 
setzen  oder  o-laud,  as-laud,  at-laud  zu  conjugieren:  vgl.  aber  wei- 
ter unten. 

II)  Jeder  Quintaner  —  wie  möchte  er  staunen,  wenn  einer  be- 
hauptete: dasselbe  lautlich  unveränderte  Wort  dicere  bedeutet 
1)  sagen  und  2)  Spruch,  oder  umgekehrt  verbum  l)  Wort  und  2)  spre- 
chen; fessus  l)  matt  und  2)  Mattigkeit;  ieiunus  1)  nüchtern  und  2) 
Nüchternheit:  vgl.  Steinthal  S.  189. 

III)  Wie  würde  der  Quintaner  vor  einer  Sprache  in  die  ärgste 
Angst  gerathen,  die  206  Conjugationen  zählt,  und  wiederum,  wie  würde 
er  sich  über  eine  Sprache  freuen,  die  ihm  die  schwierige  Erlernung 
des  Gebrauchs  der  Conjunction  ganz  und  gar  erspart,  da  sie  es  nicht 
einmal  bis  zu  der  copulativa  ^ind'  bringt:  vgl.  Steinthal  S.  201  und 
Schleicher:  die  Sprachen  Europas  S.  109. 

IV)  Endlich  der  Primaner  —  wie  würde  er  sich  kopfschüttelnd 
wundern,  wenn  er  hörte: 

a)  Es  gibt  Sprachen  ohne  Bedeleile,  ja  selbst  ohne  Worte. 

b)  Diese  Sprachen  haben  gar  keine  Formenlehre,  sondern  nur  Syn- 
taxis. 

c)  Gibt  es  Sprachen  ohne  das,  was  wir  Wort  nennen,  so  bildet  in 
andern  den  Satz  oft  ein  einziges  wunderlich  gebautes  Wort, 
eine  Art  von  Compositum,  wie  wir  es  etwa  nennen  würden 
usw.  usw. 

Sie  werden  diese  Vorbemerkungen,  geehrter  Herr  Bedakteur, 
nicht  so  verstehn,  als  meinte  ich,  die  Sache,  von  der  hier  die  Rede, 
gehe  unsere  Schüler  irgend  etwas  an;  das  kommt  mir  natürlich  nicht 
im  entferntesten  in  den  Sinn.  Es  ist  auf  sie  nur  hingewiesen,  um  an- 
zudeuten dasz  sich  schon  in  der  frühsten  Jugend  in  uns  gewisse  gram- 
matische Grundanschauungen  so  festsetzen  und  einwurzeln,  dasz  wir 

29* 


452  Schleicher ;  zur  Morphologie  der  Sprache. 

sie  als  für  alle  Sprachen  maszgebend  belrachten.  Die  unler  Nrl  -IV 
angedeuleleii  sprachlichen  Thatsachen  werden  einzeln  weiler  unten 
nachgewiesen  und  genauer  erörtert  werden ;  es  liegt  aber  auf  der 
Hand,  dasz  —  im  Fall  diese  Andeutungen  thalsächlich  begründet  und 
richtig  sind  —  alle  derartige  Sprachen  in  das  Schema  der  zeitherigen 
pliilosophischen  Grammatik  ganz  und  gar  nicht  passen  und  so  die 
wesentlichsten  Grundlehren  derselben  umkehren  und  geradezu,  um  so 
zu  sagen,  auf  den  Kopf  stellen. 

Selbst  mit  der  Andeutung  unter  Nr  l  liat  es,  um  wenigstens  dies 
eine  gleich  hier  vorweg  zu  nehmen,  seine  vollkommene  Kichtigkeii,  so 
wunderlich  die  Behauptung  auch  klingen  mag.  In  der  That  sind  in  un- 
serer Muttersprache  und  allen  übrigen  indo- europäischen  die  Be- 
ziehungslaute, von  welchem  Wort  weiter  unten  eingehend  die 
Rede  sein  wird,  lauter  Postpositionen,  und  wir  pflegen  sie  eben 
deswegen  Endungen  zu  nennen.  Selbst  die  Keduplicalion  und  das 
Augment  sind,  obgleich  sie  es  scheinen,  keine  Ausnahmen  von  dieser 
Regel.  Jene  ist  eine  sehr  vielen  Sprachen  eigentümliche,  urälleste 
Wortschöpfung  aus  der  Wurzel  heraus,  so  dasz  an  ein  Antreten  von 
auszen,  also  an  ein  Praefixum ,  niclit  zu  denken  ist.  Das  £  des  Aug- 
ments ist  aber  geschwächtes  a  und  dieses  a  eine  Partikel  mit  der  Be- 
deutung: da,  damals;  also  e-'&rj-v,  k'-öco  v  (skr.  a  da-m)  =  damals 
—  stell  —  ich,  damals  —  geh  —  ich  =  ich  stellte,  gab.  Dasz  das 
Augment  z.  B.  schon  bei  Homer  auch  wegfallen  kann,  beweist,  dasz 
es  kein  echter  Beziehungslaut  ist,  da  solche  gerade  in  den  ältesten 
Zeiten  nicht  zu  schwinden  pflegen:  vgl.  Schleicher  S.  30  unten.  Sind 
aber  Reduplicalion  und  Augment  blos  scheinbare,  keine  wirklichen 
Ausnahmen,  so  hat  die  Regel  der  Postposition  des  Beziehungs- 
lautes für  alle  Sprachen  vom  indo  -  europäischen  Stamm  allgemeine 
Giltigkeit  und  wir  dürfen  daher  statt  Bezi  ehungsl  au  t  auch  wol 
Endung  sagen.  Das  passt  aber  auf  andere  Sprachen  durchaus  nicht; 
in  vielen  sind  nemlich  die  Beziehungslaule  nicht  wie  bei  uns  Post- 
positionen, sondern  entweder  alle  oder  wenigstens  teilweise  Prä- 
positionen, und  eben  aus  diesem  Grund  steht  oben  die  kurze  An- 
deutung unler  Nr  I.  So  folgt  weiler  unten  im  schroffsten  Gegensatz 
zu  der  eben  berührten  Regel  der  Sanskrit- Sprachen  aus  der  Kassia- 
Sprache  ein  Beispiel ,  in  dem  vor  die  Wurzel  nicht  weniger  als  fünf 
solcher  Präpositionen  treten  und  ein  nach  unsern  hergebrachten 
Begriffen  wahres  Ungeheuer  von  Wort  bilden.  Es  ist  augenfällig,  wie 
unstatthaft  es  wäre,  wollten  wir  uns  bei  dieser  und  vielen  andern 
Sprachen  des  Wortes  Endung  statt  Beziehungslaut  bedienen,  da 
die  Sache  thalsäehlich  ja  gerade  umgekehrt  ist  und  die  Beziehungs- 
laule hier  nicht  hinter,  sondern  vor  der  Wurzel  stehn. 

Doch  wozu  der  Erörterung  selbst  noch  weiter  vorgreifen?  Diese 
absichtlich  nicht  gehäuften  Vorbemerkungen  mögen  genügen.  Aber 
was  folgt  aus  ihnen?  Etwa  dasz  wir  alle  in  beiden  Werken  erörter- 
ten Sprachen  erlernen  sollen?  Eine  solche  Forderung  wäre  des  Un- 
sinns Gipfel.    Oder  dasz  wir  wenigstens  die  beiden  erwähnten  Bücher 


Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.  453 

genauer  ciiisehn  sollen?  Nun  widersinnig  wäre  eine  solche  Forderung 
gerade  nicht,  aber  fiir  Viele  doch  wol  zu  stark.  Was  diese  Vorbe- 
merkungen ziisamnit  der  ganzen  nelation  bezwecken,  ist  die  Verbrei- 
tung des  einen  Gedankens :  die  Grundgesetze  unserer  allge- 
meinen Grammatik  sind  keine  allgemeinen  und  der  Be- 
weis dafür  ist  bereits  vollständig  und  unwiderleglich 
geliefert.  Das  musz  aber  jeder,  der  sich  mit  Sprachen  wissen- 
schaftlich beschäftigt,  wissen,  oder  sich  damit,  wenn  er  es  nicht  weisz, 
wenigstens  im  allgemeinen  bekannt  machen.  Dann  wird  es  ihm  auch 
klar  werden,  mit  wie  vollem  Recht  Schleicher  (S.  36)  den  Ge- 
danken ausspricht :  wir  stehn  noch  in  der  Kindheitsepoche 
der  Sprachwissenschaft. 

Wie  schön,  demütig  und  wolthuend  klingt  in  dem  Munde  eines  so 
sprachenkundigen  Mannes  dies  Wort  den  zeitherigen  philosophischen 
Grammalikern  gegenüber.  Trotz  ihrer  überaus  geringen  Kenntnis  der 
zahlreichen  grundverscliiednen  Sprachen  der  Völker  der  Erde  haben 
diese  übereilt  und  mit  kecker  Hand  ein  Gebäude  aufgeführt,  dessen 
grosze  Lücken  und  gewaltige  Hisse  das  Werk  Schleichers  und 
mehr  noch  S  teinthals  Schrift  vor  aller  Augen  bioslegt. 

Doch  erlauben  Sie,  Herr  Redakteur,  dasz  ich  nun  nach  diesen 
einleitenden  Vorbemerkungen,  die  vorauszuschicken  zweckdienlich  er- 
schien, zu  Schleichers  Werke  selbst  übergehe,  um  dieses  nach 
Art  der  Referenten  in  herkömmlicher  Weise  zu  besprechen. 

Dreierlei  Dinge  —  sagt  Schleicher  im  Eingange  seiner 
Schrift  —  fallen  bei  dem  Wort,  wie  es  in  der  lebendigen  Rede,  d.  h. 
im  Satz  vorkommt,  in  Betracht:  l)  sein  Lautmaterial  (Lautlehre), 
2)  seine  Form  (Morphologie)  und  3)  seine  Function  (das,  was  es 
selbst  oder  seine  Teile,  wenn  es  deren  gibt,  leistet,  d.  h.  Bedeutungs- 
lehre =  Lexikon  und  Bedeutungslehre  der  Formen  in  der  Grammatik). 
Das  griechische  Wort  Morphologie  hat  der  Verfasser  aus  den  Natur- 
wissenschaften herübergezogen  und  das  deutsche  Formenlehre  schon 
deswegen  vermeiden  müszen,  weil  dieses  in  der  Grammatik  schon  in 
einem  andern  Sinne  längst  im  Gebrauch  ist.  Wir  bezeichnen  damit 
bekanntlich  den  Teil  der  Grammatik,  der  vom  ])  Laut  und  2)  der  Be- 
deutung der  Endungen  (Flexion,  Derivation  und  Composilion)  handelt. 
In  diesem  Sinne  will  Schleicher  das  Wort  Morphologie  nicht  auf- 
gefaszt  wissen,  sondern  in  einem  weitern,  wovon  sogleich  eingehender 
die  Rede  sein  wird. 

Das  Lautmaterial  (Lauf lehre)  und  seine  geschichtlichen  Ver- 
änderungen läszt  der  Verfasser  ganz  unbeachtet  und  schlieszt  selbst 
die  Function  des  Wortes  (die  Bedeutungslehre),  so  weit  dies  thun- 
lich  war,  von  der  Untersuchung  aus;  er  hält  sich  ausschliesziich  an 
die  äuszere  Gestalt  desselben  (Morphologie).  Die  Function 
gar  nicht  zu  berühren  war  natürlich  ein  Ding  der  Unmöglichkeit.  Die 
Wissenschaft  kann  und  musz  überall,  so  auch  hier,  bei  diesen  drei 
Punkten  Scheidungen  machen;  in  der  lebendigen  Rede  ist  aber  Laut, 
Form  und  Function  des  Wortes  so  innig  verbunden,   dasz  alle 


454  Schleicher :  zur  Morphologie  der  Sprache. 

drei  immer  zumal  zum  Ausdruck  kommen.  Ja  selbst  die  Grenze  zwi- 
schen Wort  und  Satz  ist  in  den  Sprachen  uranfänglich  nicht  vorhanden 
gewesen,  auch  später  in  historischer  Zeit  Ihatsäclilich  oft  schwer  zu 
ziehn,  wenigstens  nicht  so  leicht  zu  finden,  als  wir  es  nach  der  Gram- 
matik der  uns  bekannten  Sprachen  annelimen.  Die  Folge  davon  ist, 
dasz  Schleicher  neben  den  drei  genannten  Punkten  selbst  die  Syn- 
taxis  nicht  ganz  unbeachtet  lassen  konnte.  Er  nuiste  bei  der  Wort- 
bildung auch  auf  die  Satzbildung  in  allen  Fällen  zurückblicken,  wo  das 
eine  Wort  in  der  lebendigen  Sprache  den  ganzen  Satz  bildet,  wo  also 
die  Scheidung  von  nomen  und  verbum  noch  nicht  stattfindet,  oder  um- 
gekehrt ein  nach  unsern  DegrilTen  wunderlich  zusammengebauter  Satz 
ganz  das  Ansehn  eines  einzigen  Wortes  hat. 

Der  Gegenstand  der  Morphologie  ist  die  lautliche  Form 
des  Wortes,  keineswegs  das  Lautmaterial,  welches  den  Inhalt 
der  Lautlehre  ausmacht.  Die  Morphologie  hat  also  blos  zu  zeigen : 
1)  ob  des  Wortes  einfachste  Gestalt  unveränderlich  oder 
veränderlich  ist,  2)  ob  es  Teile  hat  und  3)  welche  Stel- 
lung dann  diese  Teile  einnehmen. 

Wie  in  der  Natur  die  Dinge  stets  in  Bez  i  ehu  ng  stehn  zu  andern 
Dingen,  so  zerlegt  sich  auch  Wort  und  Sprache  in  zwei  Elemente, 
a)  in  ßedeulungs-  und  b)  in  Beziehungslaut.  Ein  Beispiel  aus 
einem  bekanntern  Sprachstamm,  dem  semitischen,  mag  den  für 
die  ganze  Schrift  höchst  wichtigen  durchgreifenden  ünte.!"schied  beider 
Laute  erläutern. 

Im  Semitischen  (vgl.  unten)  bezeichnen  immer  drei  Conso- 
nanten  die  Bedeutung  des  Wortes;  der  B  ed  eu  t  ungs  la  u  t  oder 
was  dasselbe  sagt  die  Wurzel  ist  dreiconsonanlisch ,  d.  h.  also  un- 
aussprechbar. Alle  die  lautlichen  Mittel  nun,  durch  welche  die 
Beziehung  des  Wortes  ausgedrückt  wird,  nennt  Sclileicher  Be- 
ziehungslaute. Im  Semitischen  treten  diese  vor  und  hinter  die 
Wurzel  und  geben  dieser  so  irgend  eine  Beziehung,  wärend  die 
Wurzel  selbst,  d.  h.  die  drei  Consonanten,  trotz  aller  so  entstehenden 
Veränderungen  die  eigentliche  Trägerin  der  Bedeutung  des  Wortes 
verbleibt  und  diese  in  vielen  Sprachen  selbst  dann  noch  zäh  festhält, 
wenn  in  späterer  Zeit  die  Beziehungslaute  sich  verkürzen  oder  völlig 
abfallen.  '^Iland ',  ^Fusz'  z.  ß.  heiszt  auch  heute  noch  dasselbe,  was 
im  Gothischen,  obgleich  zwei  Beziehungslaute  u  —  s  (golh.  handus, 
fotus)  längst  abgefallen  sind.  Was  Schleicher  Bezieh ungslant 
nennt,  pflegen  wir  in  unsern  Grammatiken  Endung  zu  nennen;  die- 
ser Ausdruck  war  aber  für  des  Verfassers  Zwecke  nicht  ausreichend; 
denn  die  Beziehungslaute  sind,  wie  schon  oben  bei  den  Vorbemerkungen 
unter  Nr  I  angedeutet  ist,  in  vielen  Sprachen  nicht  wie  in  unsern  Post- 
positionen (=  Endungen),  sondern  Präpositionen.  Schleicher  faszt 
überall,  um  dies  vorweg  zu  bemerken,  mit  Uebergehung  der  aus  Pro- 
nominibus entstandenen  Worte  blos  die  sogenannten  BegrilTsworle 
(nomen  und  verbum)  ins  Auge.  In  unsern  Sprachen  bestebn  oder  be- 
standen   wenigstens   in   früherer  Zeit  diese   letztern   immer  aus  dem 


Sclilcicher :  zur  Morphologie  der  Sprache,  455 

Bedüii  tun  gsla  u  t  und  wenigstens  einem  Beziehungslaut.  Aber  der 
Verfusser  fragt:  war  und  ist  das  ebenso  in  allen  andern  Sprachen? 
Denigemäsz  stellt  er  in  Hücksiciil  auf  1)  die  Wurzel  und  2)  den  Be- 
ziehungslaut, und  3)  auf  die  S  teil  u  ng  des  letzlern  bei  der  Wur- 
zel a  priori  alle  mögliche  Falle  formelhaft  auf  und  bezeichnet  Nr  1 
mit  A,  B,  C  . . . ,  Nr  2  mit  a ,  b,  c  . . .  (oder  in  gewissen  Fällen  bei  En- 
dungen, die  casus  und  Person  ausdrücken,  mit  a,  ß,  y...). 

A.   Mögliche  Formen  des  Wortes  nach  morphologischen 
Formeln  (S.  5—7). 

le  Klasse.  Möglicherweise  kann  der  lautliche  Ausdruck  der 
Beziehung  (^wenu  auch  diese  niemals  selbst':  vgl.  weiter 
unten)  völlig  fehlen.  Mit  andern  Worten:  der  Bedeutungslaut,  d.  h. 
die  unveränderliche  NVurzel,  kann  als  solche  zugleich 
Wort  sein.  Da  als  Formel  für  den  Bedeulungslaut  A  gilt,  so  wäre 
ein  Salz  einer  solchen  Sprache  mit  der  Formel  A  B  C . . .  zu  bezeich- 
nen, d.  h.  er  bestünde  gar  nicht  ans  Worten  wie  in  unsern  Spra- 
chen, sondern  aus  lauter  lose  neben  einander  stehenden 
Wurzeln, 

a)  Manche  Wurzeln  solcher  Sprachen  fangen  an  ihre  concreto 
Bedeutung  zu  verallgemeinern  und  dienen  so  als  Beziehungslaute,  ge- 
wissermaszen  als  Iliilfswurzeln,  aber  in  unveränderter  lautlicher  Form 
und  in  ganz  loser  Stellung  neben  der  Wurzel.  Der  Verfasser  bezeich- 
net solche  Bedeutungslaute  mitA;  lose  Stellung:  a)  vor,  b)  hinter 
der  Wurzel,  oder  c)  zwei  schlieszen  die  Wurzel  ein. 

Name:  isolierende  Klasse  der  Sprachen. 

II  e  Klasse.  An  den  Bedeulungslaut  A  tritt  ein  Beziehungslaut  a 
an,  und  zwar  1)  vor,  2)  hinter,  3)  in  die  Wurzel,  oder  4)  zwei 
schlieszen  dieselbe  ein;  also  Formel:  aA,  Aa,A,  aAb. 

NB.  Der  Beziehungslaut  a,  ursprünglich  gleichfalls  unveränderlich 
und  von  ganz  concreter  Bedeutung,  hat  seinen  Laut  schon  gewandelt 
(=  gekürzt)  und  seine  Bedeutung  verallgemeinert. 

Name:  zusammenfügende  (agglutinierende?)  Klasse  der 
Sprachen. 

nie  Klasse.  Um  den  Beziehungslaut  auszudrücken,  verän- 
dert sich  die  Wurzel  selbst  regelmäszig,  wärend  sie  in  Klasse  I 
und  II  immer  unveränderlich  war.  Der  Beziehungslaut  ist  also 
blos  symbolisch,  nicht,  wie  in  den  zwei  ersten  Klassen,  durch 
einen  besondern,  entweder  lose  neben  der  Wurzel  stehenden  oder  sich 
an  sie  anlehnenden  Laut  ausgedrückt.  S  ch  1  ei  ch  er  bezeichnet  eine 
solche  sich  selbst  verändernde  Wurzel  durch  A",  die  symbolischen  Be- 
ziehungslaule  durch  a  b  oder,  wenn  es  Casus-  oder  Verbalendungen 
sind,  mit  a,  /3,  y.  Auch  hier  kann  der  ßeziehungslaut  a)  vor,  b)  hinter 
und  c)  in  die  Wurzel  treten. 

Name:   flectierende  Klass  e  der  Sprachen. 


456  Schleicher :  zur  Morphologie  der  Sprache. 

IVe  Klasse.  Von  dieser  Klasse,  in  welcher  der  Verfasser  die 
mögliche  Vermischung  der  Principien  der  drei  ersten  Klassen  in  Be- 
tracht zieht  und  eine  grosze  Zahl  von  möglichen  Formeln  aufstellt, 
sieht  die  Relation  hier  und  auch  überall  weiter  unten  ab,  da  eine 
Sprache  mit  einem  völlig  durchgeführten  solchen  Mischprincip  that- 
sächlich  kaum  nachweisbar  ist;  ihr  Charakter  wäre  dann  eben,  was 
schwer  zu  glauben,  Principlosigkeit. 

Ehe  Herr  Schlei  eher  von  den  morphologischen  Formeln  des 
Wortes,  die  er  a  priori  als  blos  mögliche  in  diesen  vier  Klassen  auf- 
stellt, zu  den  wirklichen  geschichtlich  nachweisbaren  Formeln  der 
Sprachen  übergeht,  bespricht  er  vorher  noch  den  Fall,  wo  die  Wort- 
bildung dadurch  bewirkt  wird,  dasz  sich  der  ßedeiilungslaut  l)  mit 
sich  selbst  oder  2)  mit  einer  andern  Wurzel  zusammensetzt,  z.  B.  zu 
Nr  2  aus  der  flectierenden  Klasse  (HI)  voix-o-&s-r}]-g,  (pik-o-loy-o-g; 
Formel:  A"  a  E^aa;  hom-i-cid-a  =  A"  a  B^  a ;  zu  Nr  1  zieht  er  die 
Reduplication,  z,  ß.  skr.  da-dä-mi  (=  di-dco-iA,i},  da-dhä-mi  (==  xi- 
O'i^-fjLt) ;  mur-mur,  tur-lur,  fur-fur  (=  A"  -f-  A"). 

Betrachtet  S  ch  lei  eher  auch  hier  bei  der  Reduplication  vorzugs- 
weise blos  die  mor  ph  ologisch  e  Gestalt  des  Wortes,  so  sucht  S  tei  n- 
thal  auch  ihre  Function  festzustellen  und  es  ist  auf  des  letztern 
feine,  scharfsiunige  Bemerkungen  darüber  (S.  157 — 162)  zu  ver- 
weisen.'^) 

(Fortsetzung  folgt.) 

Lissa.  Ed.  Olawsky. 


*)  Steinthal  teilt  die  Form  der  Eednplication  in  zwei  Arten: 
1)  blosze  Wiederholung  der  Wurzel,  was  in  einsilbigen  Sprachen  immer 
der  Fall  ist,  z.  B.  cliines.  zin  zin,  Mensch  —  Mensch  =  jeder  Mensch; 
si  si,  Zeit  —  Zeit  =:  beständig;  dahin  gehört  wol  auch  mur-mur,  tur- 
tur  =  wiederholtes  Gemurr,  der  beständig  Girrende;  2)  in  Verdoppelung, 
wo  die  Wurzelgestalt  irgend  eine  Veränderung  erleidet,  z.  B.  dadämi 
(a  und  ä) ,  dtdcofii,  bi-bo ,  gi-gno,  si-sto,  Wirr-warr,  Sing-sang,  yi-yag, 
bu-bo  usw.  Bei  einer  der  polynesischen  Sprachen,  der  dajakischen 
weist  er  die  doppelte  Function  nach  1)  als  Verstärkung,  Ver- 
vielfältigung und  Dauer;  2)  im  Gegenteil  als  Schwächung  und 
geringe  Dauer,  z.  B.  zu  1)  dajakisch:  aven  heta  menter  menter, 
sie  dort  liegen  —  liegen  =:=:  thun  nichts  als  liegen;  ikau  tulas  tulas 
denzan  olo ,  du  (bist)  grausam  —  grausam  (=  immer  grausam)  gegen 
Menschen;  zu  2)  ka-rahak,  Rest,  ka-rarahak,  der  kleine  liest;  lalika, 
nicht:  Schmutz,  sondern  schmutzähnlich;  tatiroh,  nicht:  schlafend,  son- 
dern blos:  schläfrig;  babowi,  nicht:  Schwein,  sondern:  wie  ein  Schwein. 
In  Betreff  der  Function  der  ßeduplication  in  unsern  Sprachen  vgl. 
ebendaselbst  S.  286  u.  292. 


Die  philosophische  Propädeutik.  457 

14. 

Ist  dem  propädeutischen  Unterricht  auf  den  Gymnasien  seine 

Stelle  zu  erhalten? 


lieber  die  Notwendigkeit  eines  propädentischen  philosophischen 
Unterrichts  auf  den  Gymnasien  gehen  die  Ansichten,  wie  es  den  An- 
schein hat,  sehr  weit  auseinander.  Man  darf  nur  die  Programme  der 
Gymnasien  durchblättern,  um  sich  zu  überzeugen  dasz  diese  Disciplin 
von  jenen  Anstalten  bereits  so  gut  wie  ganz  verschwunden  ist.  Nur 
hier  und  da  begegnet  man  noch  einem  Gymnasium  das  daran  festhält, 
nur  hier  und  da  einer  Stimme  die  sich  seiner  annimmt,  wie  der  des  Dr 
W.  Braun  im  Triester  Programm  1860.  Was  soll  man  als  Grund  hier- 
von betrachten?  dasz  es  den  Gymnasien  an  Lehrern  fehle  welche  die 
Fähigkeit  besitzen  diesen  Unterricht  zu  erteilen  ?  oder  aber  dasz  sie 
von  seiner  Entbehrlichkeit  überzeugt  sind?  Die  Universitätslehrer  dürf- 
ten überwiegend  der  entgegengesetzten  Ansicht  sein.  Es  ist  bekannt 
dasz  Hegel  sowol  selbst  als  Rector  in  Nürnberg  Philosophie  gelehrt 
als  auch  über  Notwendigkeit,  Gegenstände  und  Methode  dieses  Unter- 
richts sich  wiederholt,  aber  nicht  gleichmäszig  ausgesprochen  hat. 
Unter  den  jefztlebenden  hat  Thaulow  in  Kiel  diese  Disciplin  auf  das 
bestimmteste  für  die  Schulen  gefordert,  und  T  r  en  d  e  1  enb  ur  g,  in 
diesen  Dingen  der  competenteste  Richter,  weist  auf  die  sehr  fühlbaren 
Folgen  der  Vernachlässigung  hin  welche  jetzt  die  philosophischen 
Studien  auf  den  Gymnasien  erfahren  haben  und  warnt  die  Schulen  vor 
dem  wissenschaftlichen  Verfalle  den  diese  Vernachlässigung  nach  sich 
ziehen  werde.  In  Oesterreich  wird  diese  Disciplin  von  oben  mit  gün- 
stigen Augen  angesehen;  in  Preuszen  ist  dieselbe  zwar  nicht  direct  bei 
Seite  geschoben ,  aber  doch  seitdem  man  sie  als  besondere  für  sich 
geltende  Lection  aufgegeben  und  dem  mathematischen  oder  deutschen 
Lehrer  als  Zugabe  überwiesen  hat,  in  der  That  und  Wahrheit  verkom- 
men. Die  Gymnasien  haben  sich  beeilt  den  schwierigen  Posten  zu 
verlassen ,  den  sie  von  ihren  Vorgesetzten  aufgegeben  glaubten. 

Dies  ist  die  gegenwärtige  Lage  der  philosophischen  Propädeutik; 
die  Frage  ist  wichtig  genug,  um  sie  wieder  aufzunehmen.  Es  ist  nicht 
gerade  nötig,  dasz  neue  Gesichtspunkte  aufgefunden  oder  überhaupt 
etwas  neues  gesagt  werde.  Es  kann  Fälle  geben  in  denen  es  hinreicht 
gesagtes  zu  wiederholen  und  vergessenes  wieder  in  die  Erinnerung 
zurückzurufen.  Dies  ist  auch  unser  Fall:  höhere  Ansprüche  als  diesen 
wollen  die  folgenden  Zeilen  nicht  befriedigen. 

Unsere  Gegner  sind  natürlich  nicht  Leute  welche  die  Philosophie 
überhaupt  für  etwas  entbehrliches  oder  unheilvolles  halten  und  des 
guten  Glaubens  sind,  es  reiche,  um  gegen  logisch  falsches  Denken 
geschützt  zu  sein,  vollkommen  aus  sich  täglich  in  concreten  Stoffen 
vernünftig  denkend  zu  bewegen,  zumal  wenn  noch  Disciplinen  wie  die 
Grammatik  oder  die  Mathematik  hinzutreten.    Wir  wünschen  uns  nur 


458  Die  philosophische  Propädeutik, 

4 

mit  denen  zu  verständigen  welche  die  philosophische  Bildung  als  etwas 
an  sich  werthvolles  und  für  den  wissenschaftlich  gebildeten  unent- 
behrliches betrachten,  diese  aber  nicht  der  Schule,  sondern  allein 
der  Universität  überwiesen  sehen  wollen.  Wir  haben  es  also  mit 
Freunden  zu  thun,  welche  in  der  Sache  völlig  mit  uns  übereinstim- 
men und  nur  in  Betreff  des  Zeitpunktes  in  welchem  dieser  Unter- 
richt seinen  Anfau^  nehmen  soll  mit  uns  verschiedener  Meinung  sind. 

Wenn  wir  also  die  philosophische  Propädeutik  für  die  Schulen 
fordern,  so  bestimmt  uns  dazu  allerdings 

l)  eigene  Erfahrung,  Erinnerung  von  selbsterlebtem.  Meine  letz- 
ten Scbuljahre  fallen  gerade  in  die  Zeit  in  welcher  in  Preuszen  ein 
propädeutischer  Unterricht  in  der  Logik  und  in  der  empirisclien  Psy- 
chologie von  oben  herab  gesetzlich  angeordnet  wurde.  Diese  Lection 
wurde  damals  von  Lehrern  und  Schülern  mit  lebhaftem  Interesse  aufge- 
nommen; wir  lernten  tüchtig  und  arbeiteten  uns  bald  hinein,  wenn  es 
auch  nur  Lehrbücher  wie  die  von  Snell  und  Kiesewetter  waren 
welche  wir  benutzen  konnten.  Die  Universität  erhielt  uns  wo!  vorbe- 
reitet; die  elementaren  Begriffe  waren  uns  bekannt,  die  Denkopera- 
tionen völlig  geläufig,  die  Form  des  philosophischen  Denkens  war  uns 
nicht  fremd,  und  wir  glaubten  es  der  Schule  danken  zu  müszen  dasz 
uns  die  Philosophie  so  lieb  wurde.  Das  gleiche  höre  ich  jetzt  nach  so 
viel  Jahren  von  meinen  Schülern;  sie  wissen  mir  für  keinen  Teil  mei- 
nes Unterrichts  mehr  Dank  als  gerade  für  diesen;  sie  fühlen  sich 
dadurch  mehr  als  viele  ihrer  Commilitonen  befähigt  die  Vorlesungen 
Trendelenburgs  mit  Erfolg  zu  hören. 

Und  ich  finde  diese  Erscheinung  sehr  erklärlich.  Jedes  System 
einer  positiven  Wissenschaft  kann  bei  dem  lernenden  ein  gewisses 
Quantum  von  Kenntnissen  und  Vorstellungen ,  auch  technischen  Aus- 
drücken voraussetzen,  welches  jener  aus  dem  concreten  Leben  gleich 
mit  sich  bringt.  So  z.  B.  die  Jurisprudenz,  die  Arzneivvissenschaft,  die 
Philologie,  die  Geschichte,  die  Geographie.  An  dieses  gegebne  hat 
die  Wissenschaft  nur  anzusciilieszen  nötig.  Die  Piiilosophie  kann  sich 
auf  keine  derartige  Voraussetzungen  stützen;  sie  negiert,  indem  sie 
beginnt,  alle  Voraussetzungen  selbst  in  Ausdrücken,  Vorstellungen  und 
Begriffen,  indem  sie  die  Vorstellungen  abstreift  welche  mit  gewissen 
Worten  verbunden  sind  und  diesen  für  ihre  eigenen  Begriffe  gleichsam 
ein  neues  Gepräge  gibt.  So  versetzt  sie  denjenigen  welcher  in  die- 
selbe eintritt  auf  einen  ganz  fremden  Grund  und  Boden,  auf  welchem 
ihm  sowol  die  ihn  umgebenden  Objecto  als  auch  die  darin  gesprochne 
Sprache  unbekannt  und  unverständlich  sind.  Es  wird  ihm  schwer  sich 
hier  zu  orientieren.  Es  wird  ihm  daher  vielfach  begegnen  dasz  er 
wichtiges  für  gleichgültiges,  scliwieriges  für  selbstverständlich  an- 
sieht und  seines  Weges  sicher  zu  sein  glaubt  wo  er  sich  in  völlig  fal- 
scher Richtung  befindet.  Welche  Folgen  dies  bei  so  vielen  hat  ist  nicht 
nötig  hervorzuheben.  Die  Gleichgültigkeit  gegen  Philosophie  leite  ich 
zum  Teil  davon  her  dasz  die  Schule  es  sowol  an  der  rechten  Vorberei- 
tung fehlen  läszt  als   auch  diesen  Studien  nicht  eine  Achtung  beweist 


Dio  philosopliisclie  Propädeutik.  459 

welche  sich  unwillkürlich  in  die  Seele  der  Schüler  einpflanzt.  Wir  hal- 
ten es  daher  für  eine  notwendige  Vorbereitung  dasz  der  Studierende 
schon  von  der  Schule  her  mitbringe;  eine  Gewöhnung  im  abslracten 
Denken,  welches  auch  das  letzte  concrete,  die  Grösze ,  hat  fallen  las- 
sen und  sich  selber  zum  Gegenstand  des  Denkens  macht,  eine  Bekannt- 
schaft mit  gewissen  elementaren  philosophischen  Begrilfen  und  Aus- 
drücken aus  der  technischen  Sprache  der  Philosophie,  eine  Gewandhcit 
in  den  gewöhnlichen  Denkoperationen  bis  zur  Definition,  zur  Einteilung 
und  zum  Beweise  hinauf,  so  wie  dasz  er  bereits  mit  eigenen  Füszen 
kleinere  philosophische  Kreise  durchlaufen  und  dadurch  die  Fähigkeit 
erworben  habe  sich  auch  auf  einem  weiteren  Räume  zu  orientieren. 
Wenn  die  Schule  nicht  der  Universität  vorgreifen  oder  diese  gar  er- 
setzen, sondern  sich  bescheiden  in  jenen  Grenzen  halten  will,  so  ist 
in  der  That  nicht  zu  fürchten  dasz  durch  diese  propädeutischen  Be- 
strebungen die  Liebe  zur  Philosophie  eher  erstickt  als  erweckt  werden 
sollte. 

2)  Es  ist  jedoch  nicht  blos  diese  allgemeine  Vorbereitung  welche 
die  Schule  zu  geben  hat;  die  Philosophie  enthält  nemlich  eine  Menge 
Dinge  in  sich  welciie  nicht  blos  gelernt,  sondern  auch  auswendig  ge- 
lernt und  durch  praktische  Einübung  der  Seele  eingeprägt  und  völlig 
geläufig  gemacht  werden  müszen,  eine  Function  der  sich  natürlich  der 
Universitätslehrer  nicht  unterziehen  kann,  die  vielmehr  den  Schulen 
zugewiesen  werden  musz. 

Es  ist  oft  nicht  genug  eine  Sache  begriffen  zu  haben,  um  sie 
dauernd  sein  nennen  zu  können:  vielmehr  bedarf  es,  zumal  wenn 
diese  Sache  nicht  durch  das  Leben  und  den  Sprachgebrauch  des  Lebens 
gelragen  wird,  auch  wenn  sie  noch  so  einfach  und  selbstverständlich 
scheint,  einer  vielfachen  Einübung.  Es  verhält  sich  mit  der  Logik 
nicht  anders  als  mit  der  Grammatik,  der  Mathematik  und  so  vielen  an- 
dern Disciplinen.  Man  kann  hiervon  tägliche  Erfahrungen  machen. 
Wie  schwerfällig  zeigen  sich  z.  B.  die  Scluiler  bei  der  Bildung  von 
Urteilen  nach  den  verschiedenen  Kategorien  der  Qualität,  der  Quantität, 
der  Modalität,  der  Relation,  zumal  wenn  man  dabei  mehrere  Katego- 
rien zugleich  ins  Auge  faszt.  Wie  viel  Mühe  macht  es  dem  Schüler 
den  Unterschied  des  contradictorischen  und  conträren  Gegensatzes  be-, 
greulich  zu  machen,  und  wie  viele  Uobungen  sind  erforderlich  ihm  in 
der  Anwendung  desselben  die  nötige  Leichtigkeit  zu  verschaffen,  nicht 
zu  reden  von  den  verschiedenen  Schluszfiguren  und  von  der  Fähigkeit 
diese  auch  in  der  Umhüllung  leicht  wieder  zu  erkennen  in  welcher  sie 
in  der  Hegel  uns  vor  Augen  treten.  Hier  ist  eben  so  wenig  ein  positi- 
ves Lernen  zu  umgehen  als  eine  angestrengte  Einübung  durch  welche 
die  Schüler  mit  Geläufigkeit  Schlüsse  von  jeder  Art  und  Form  bilden 
lernen.  Mag  man  immerhin  die  Formen  barbara  usw.  als  todlen  Scho- 
lasticismus  verlachen;  nach  unserm  Dafürhalten  sind  sie  für  diese  Ein- 
übung ganz  unentbehrlich.  Diese  ganze  operative  und  Gedächtnis-Arbeit 
fällt,  glauben  wir,  der  Schule  und  ihr  allein  zu;  sie  besitzt  die  Mög- 
lichkeit und  die  Pflicht  ihren  Schritt  so  lange  zurück  zu  halten  bis  sie 


460  Die  philosophische  Propädeutik. 

die  Ueberzougung  erlangt  dasz  der  Unterricht  seinen  Zweck  erreicht 
hat  und  das  Gelehrte  wirkliches  Eig-entum  der  Schüler  geworden  ist. 
Der  akroamalische  Unterricht  ist  hierzu  untauglich.  Die  Schule  ist 
sich  dabei  dessen  wol  bewust  wie  schwer  die  von  ihr  übernommene 
Arbeit  sei,  so  schwer  dasz  nur  die  Liebe  zu  ihren  Schülern  sie  be- 
wegen kann  sich  bereitwillig  derselben  zu  unterziehen. 

3)  Doch  die  Schule  Iiat  nicht  blos,  indem  sie  einer  höheren  Stufe 
des  Unterrichts  vorarbeitet,  sondern  auch  um  ihrer  selbst  willen  die 
Verpflichtung  an  dem  philosophischen  Unierrichte  festzuhalten.  Sie 
bedarf  seiner,  sowol  um  eine  Anzahl  in  diesen  Kreis  gehörender  Ein- 
zelheiten zu  einem  Ganzen  zusammenzufassen  als  auch  um  damit  ihre 
eigenen  Arbeiten  und  Thätigkeiten  zu  unterstützen  und  zu  fördern. 

Mag  das  Gymnasium  als  eine  in  sieh  beschlossene  und  ihren 
Zweck  in  sich  tragende  oder  als  eine  vorbereitende  Anstalt  betrachtet 
werden,  so  wird  es  doch  unter  allen  Umständen  als  naturgemäsz  für 
dieselbe  erscheinen  sowol  gewisse  Objecte  welche  vereinzelt  von  ihr 
mitgeteilt  sind  zu  einem  Ganzen  zu  vereinen  als  auch  von  gewissen 
Thäligkeiten  in  denen  sie  ihre  Zöglinge  vielfach  geübt  hat  ihnen  ein 
Bewustsein  über  die  Gründe  und  Gesetze  derselben  mitzugeben.  Es 
liegt  dies  Bedürfnis  in  der  menschlichen  Natur  nicht  mit  dem  ein- 
zelnen zu  schlieszen. 

So  würden  wir  nichts  für  bildender  halten  als  wenn  am  Schlüsse 
des  Schulcursus  ein  Ueberblick  über  die  gesamte  Geschichte  gegeben 
würde,  in  welchem  nicht  mehr  das  einzelne  Ereignis  oder  einzelne 
Kreise  von  historischen  Stolfen  den  Gegenstand  bildeten,  sondern  alle 
zu  Momenten  in  einem  groszen  Ganzen  würden,  in  welchem  sie  nun 
erst  ihre  höhere  Bedeutung  und  wahrhafte  weltgeschichtliche  Stellung 
erhielten.  Eben  so  hatte  man  früher  auf  den  preuszischen  Gymnasien 
eine  besondere  Lection  über  a  1 1  ge  m  e  i  n  e  Grammatik,  welche, 
von  philosophischem  Geiste  beseelt,  den  Geist  des  Jünglings  über  die 
sprachliche  Besonderheit  und  Maierialität  zu  einem  idealen  sprach- 
lichen Bewustsein  erheben  müste.  So  wollte  Wolf  die  vielen  einzelnen 
Kenntnisse  und  Notizen  welche  der  Schüler  im  Lauf  der.Iahre  aus  grie- 
chischen und  römischen  Antiquitäten,  aus  der  alten  Lilteratur  und  der 
Mythologie  der  alten  Völker  eingesammelt  hätte  und  welche  als  Ein- 
zelheiten eben  auch  raschem  Vergessen  anheimfallen  müsten  in  gewisse 
Disciplinen  vereinigt  wissen,  wodurch  bei  dem  Schüler  ein  Gesamtbild 
von  dem  ganzen  staatlichen,  religiösen,  häuslichen  und  ideell  geistigen 
Leben  der  alten  Welt  gewonnen  würde.  Sollte  so  die  Schule  nicht  auch 
die  Verpflichtung  haben  sowol  die  vielen  einzelnen  ethischen  als  auch 
die  ästhetischen  Vorstellungen,  welche  sie  wärend  ihrer  erziehenden 
Thäligkeit  und  bei  der  Leetüre  anzuregen  so  vielfach  Veranlassung  ge- 
habt hat,  zu  einem  Systeme  der  Ethik  oder  einer  Lehre  vom  Schö- 
nen zusammenzufassen,  wie  diese  der  Fassungskraft  der  Schüler  ent- 
sprechend wäre?  Vornemlich  aber  dürfte  sie  es,  da  sie  stets  darauf 
hingearbeitet  hat  ihre  Zöglinge  zu  einem  logisch  richtigen  Denken  zu 
führen,  nicht  ablehnen  jetzt  auch  mit  ihnen  diese  Gesetze  des  Denkens 


Die  pbilosopliischü  Propädoiilik.  46t 

an  lind  fiir  sich  zu  bolraclifcn  und  in  iliror  Nolwendigkoit  nnd  als  ein 
in  sich  fest  gcsclilossenes  Ganzes  aufzuzeigen. 

Und  diese  zusammenfassende  Belraclilung  würde  nicht  blos  dazu 
dienen  das  einzelne,  in  dem  es  in  ein  Ganzes  aufgenommen  wird,  aus 
seiner  verlorenen  Siellung  herauszureiszen,  sondern  auch  für  die  eignen 
Froduclionen  der  Schüler  in  jeder  Beziehung  fruchtbringend  zu  werden. 
Die  meisten  Anleitungen  für  den  Stil  welche  jetzt  erscheinen  wollen 
mehr  oder  weniger  durch  einzelnes  lehren  und  führen  —  selbst  die 
des  treulichen  Bomhard  ist  hiervon  nicht  ausgenommen,  —  anstatt 
die  Wege  des  allgemeinen  aufzuzeigen.  Es  ist  wesentlich  dasselbe 
Verfahren  wie  das  gegen  welches  Cicero  im  2n  buche  de  oratore  so 
scharf  und  so  vergeblich  angekämpft  bat.  So  sehr  sind  die  Fehler  und 
Irrwege  unsterblich.  Die  Belebung  und  Bildung  des  philosophischen 
Geistes  ist  das  einzige  Mittel  dieser  rohen  Empirie,  die  noch  nicht  ein- 
mal Empirie  ist,  entgegenzuwirken  und  den  Schülern,  wonach  sie  so 
sehr  Verlangen  tragen,  dieWege  zu  zeigen,  wie  sie  mit  Notwendigkeit 
das  rechte  treffen  müsten.  Auch  in  dieser  Beziehung  halten  wir  philo- 
sophischen Unterricht  in  der  obersten  Klasse  eines  Gymnasiums  für  un- 
entbehrlich und  für  ein  Recht  das  sich  keine  Schule  gutwillig  nehmen 
lassen  sollte,  geschweige  denn  dasz  sie  es  freiwillig  aufgäbe. 

Ich  niusz  manches  andere  hier  übergehn,  was  gleichfalls  zu  sagen 
gewesen  wäre,  wie  z.  B.  dasz  der  Geist  des  Jünglings  durch  nichts  so 
sehr  gekräftigt  wird  als  durch  die  Nötigung  zu  absiracfeni  Denken,  und 
dasz  diese  Nötigung  selbst  zu  einer  sittlichen  Kräftigung  der  Jugend 
beitragen  werde,  dasz  ferner  durch  einen  systematischen  Unterricht 
viel  schnellere  und  sicherere  Resultate  gewonnen  werden  als  durch 
das  ewige  Hin-  und  llertappen,  durch  das  geistreiche  Schwatzen  über 
gewisse  Dinge  z.  B.  im  Ethischen  und  Aeslhetischen.  Der  Handwerker 
kommt  viel  rascher  zum  Ziel,  wenn  er  mit  dem  Zirkel  einen  Kreis 
schlägt,  als  wenn  er  lange  hin  und  her  probiert  ob  das  Stück  Holz  nun 
wol  rund  sei.  Im  Denken  ist  dies  eben  so  der  Fall.  So  viel  aber, 
denke  ich,  steht  fest  dasz  es  für  einen  verständigen  Schulmann  keinem 
Zweifel  unterliegen  könne  dasz  philosophischer  Unterricht  der  Schule 
unentbehrlich  sei. 

Wir  sind  oben  zu  dem  Resultat  gelangt  dasz  die  Schule  eines 
Zusammenfassens  vieler  einzelnen  dem  Gebiete  der  Philosophie  ange- 
hörigen  Dinge  bedürfe.  Sie  will  und  soll  nichts  neues  geben;  sie  will 
nur  das  alle  erhalten  und  sich  dessen  Besitz  sichern,  indem  es  dasselbe 
in  die  Sphäre  des  allgemeinen  erhebt  und  in  ein  System  aufnimmt. 
Hiermit  sind  von  selbst  viele  Teile  der  Philosophie  ausgeschlossen  und 
für  uns  ein  engerer  Kreis  abgegrenzt.    Dieser  Kreis  umfaszt  natürlich 

1)  die  formale  Logik  bis  zur  Lehre  vom  Beweise.  Die  Logik 
bildet  den  Kern  der  philosophischen  Propädeutik  und  würde,  selbst 
wenn  alle  übrigen  Disciplinen  hinwegfielen,  bestehen  bleiben  müszen; 

2)  die  Psychologie,  damit  der  Schüler  die  Erscheinungen  sei- 
nes Seelen-  und  geistigen  Lebens,  welche  er  bis  dahin  nur  als  einzelne 
kennen  gelernt  hat,  nun  auch  im  Zusammenhang  erblicke  und  dadurch 


462  Die  philosophische  Propädeutik. 

zu  einem  wirklichen  Verständnis  derselben  gelange,  ^yie  wichtig  diese 
Disciplin  sei  wird  man  leicht  erkennen,  wenn  man  einen  Schüler  nur  be- 
fragen will  was  er  unter  Gefühl,  Empfindung,  Gedächtnis  usw.  versiehe. 
Dunkele  Ahnungen  wird  man  genug  treffen,  klare  Vorstellungen  höchst 
selten; 

3)  die  Ethik,  und  zwar  die  philosophische,  ist  eben  so  ein  Be- 
dürfnis für  die  Schule,  um  über  die  allgemein  menschlichen  Principien 
der  Sittlichkeit  und  des  sittlichen  Lebens  und  Handelns,  so  wie  über  die 
fundamentalen  Begriffe  z.  B.  des  Guten,  der  Glückseligkeit,  der  Tugend 
und  der  einzelnen  Tugenden,  der  Pflicht  und  der  einzelnen  Pllichten  usw. 
feste  Vorstellungen  zu  gewinnen; 

4)  eine  Aes  the  tik,  welche  sich,  nachdem  über  das  Schöne  in  der 
Natur  wie  in  der  Kunst  ein  bestimmtes  Bewustsein  gewonnen  ist,  mit 
Uebergehung  derjenigen  Teile  für  welche  bei  dem  Schüler  noch  keine 
Anschauungen  vorhanden  sind  sofort  zur  Poetik  und  zur  Rhetorik 
wendet.  Auch  in  diesem  Teile  ist  die  Unwissenheit  und  Begriffslosig- 
keit  der  Schüler  in  der  Regel  über  alle  maszen  grosz,  und  zwar  ohne 
ihr  Verschulden.  Ich  habe  jedesmal  bei  ihnen  das  gröste  Interesse 
gefunden,  wenn  ich  einmal  ein  paar  Stunden  dazu  hatte  erübrigen 
können  ihre  Vorstellungen  über  Gegenstände  dieses  Gebiets  zu  schär- 
fen und  zu  ordnen. 

Nach  dem  dasz  und  was  bleiben  uns  nur  einige  wenige  Worte 
über  das  wie  hinzuzufügen. 

Es  musz  offenbar  der  Schule  daran  liegen  möglichst  Sorge  zu 
tragen  dasz  eine  Disciplin  wie  die  hier  besprocbne  nicht  als  ein  Frem- 
des in  ihrem  Kreise  auftrete,  sondern  in  einer  engen  Verbindung  mit 
den  anderweitigen  Lehrgegenständen  stehe,  so  dasz  die  Schüler  sowol 
sachlich  als  in  Hinsicht  auf  die  Form  der  Beschäftigung  sich  hier  auf 
keinem  anderen  Boden  befinden  als  auf  dem  sie  sonst  stehn.  Dies  wird 
aber  am  leichtesten  dadurch  möglich,  wenn  wir  hierbei  uns  an  die 
alten  Philosophen  anschlieszen,  so  weit  dies  Ihunlich  ist.  Wenn  dies 
geschieht,  so  bleibt 

1)  der  Schüler  in  einer  ihm  gewohnten  Thäligkeit  und  die  Arbeit 
wird  ihm  wesentlich  erleichtert.  Es  ist  kein  gröszerer  Sprung  von 
Thukydides  zu  Demosthenes  als  von  Plato  zu  Aristoteles.  "Wenn  der 
Schüler  sich  erst  eine  Anzahl  technischer  Begriffe  angeeignet  hat,  und 
diese  soll  er  eben  durch  den  Lehrer  gewinnen,  so  bewegt  er  sich  bei 
Aristoteles  auf  dem  gleichen  Boden  wie  bei  jedem  andern  Autor,  und 
liest  ihn  leichter  als  er  manches  neuere  für  die  Schule  bestimmte 
Compendium  lesen  würde. 

2)  Das  philosophische  Denken  der  Alten  ist,  auch  da  wo  es  sich 
den  Grenzen  der  Speculation  nähert,  doch  immer  von  einer  Einfachheit, 
Natürlichkeit  und  Verständliclikeit ,  wie  sie  in  allen  übrigen  geistigen 
Productionen  derselben  sich  erkennen  läszt.  Hierdurch  ist  die  Philo- 
sophie der  Alten  besonders  geeignet  die  Jugend  anzusprechen  und  für 
das  philosophische  Studium  zu  gewinnen.    Es  ist  die  natürliche  Vor- 


Die  philosophische  Propädeutik.  463 

hiillo.  wclcho  sie  zuerst  zu  bofrefen  hat,  um  in  das  innere  Heiligtum 
der  riiilosophie  Zugang  zu  erhallen, 

3)  Da  bei  der  Leetüre  des  Arisloleles  dieselben  Gesetze  der  Inter- 
pretation obwalten  wie  bei  den  übrigen  klassischen  Autoren,  und  also 
mit  gleiclier  Strenge  dabei  verfahren  werden  und  jedes  leichtfertige 
Durilberhingeheu  vermieden  werden  musz,  so  sehen  sich  Lehrer  wie 
Schüler  in  gleichem  Masze  genötigt  den  vorliegenden  Text  mit  Schärfe 
aufzufassen  und  zu  durciidringen.  Diese  Notwendigkeit  treibt  beide 
auf  eine  unglaubliche  ^^'eise  in  die  Sache  hinein,  selbst  auch  da  wo 
endlich,  wie  das  allerdings  bei  Aristoteles  hier  und  da  der  Fall  ist, 
namentlich  wo  wir  auf  keinen  Fall  seine  eigne  Bedaclion  besitzen,  sich 
der  Ausdruck  als  unvollständig  und  nicht  ausreichend  ergeben  sollte. 
Der  Schüler  bekommt  auch  hier,  wo  er  den  Ausdruck  mit  der  Sache 
auf  titanenhafte  Weise  ringen  sieht,  eine  Ahnung  davon  welche  geistige 
Arbeit  erforderlich  gewesen  ist  um  diese  Gesetze  des  Denkens  usvv,  in 
Worte  zu  fassen. 

Auch  meine  Erfahrung  könnte  ich  als  Zeugnis  anführen,  wenn  das 
Zeugnis  eines  Unbekannten  viel  Werlh  hätte:  ich  habe  diesen  Unterricht 
bald  auf  diese  bald  auf  jene  Weise  angegriffen,  zumal  wenn  ich  mit 
meinen  Erfolgen  nicht  zufrieden  war.  3Ieine  Erfahrung  nun  ist  die 
dasz  ich,  wenn  ich  mich  an  Arisloleles  angeschlossen  habe,  stets  bei 
meinen  Schülern  Besseres  erreicht  und  viel  gröszere  Strebsamkeit  ge- 
funden habe,  als  wenn  ich  eines  der  neueren  Compendien  benutzte, 
denen  ich  übrigens  ihren  Werlh,  namentlich  für  Realschulen,  die 
gleiches  Recht  an  die  Philosophie  haben,  nicht  absprechen  will. 

Und  nun  das  Facit? 

Für  die  Logik  haben  wir  in  Trendelcnburgs  Elementa  ein  Buch 
das  in  hohem  Grade  ausgezeichnet  ist.  Diese  Leclion  musz  in  Prima 
zweimal  genommen  werden.  Bei  zwei  wöchentlichen  Lehrstunden  läszt 
sie  sich  in  einem  Wintersemester  wol  absolvieren. 

Für  die  übrigen  Disciplinen  schaffe  man  ähnliche  Werke, 
auch  für  die  Ethik,  für  welche  ein  Auszug  aus  der  nikomachischen 
Ethik  etwa  in  dem  Umfange  in  welchem  sich  Dr  Krügers  (in  Rostock) 
treffliches  Programm  Mes  Aristoteles  Lehre  von  der  Glückseligkeil' 
hält  gegeben  werden  könnte.  Bis  dahin  wird  es  genügen  das  erste 
Buch  von  Ciceros  Pflichten  zu  lesen,  vorausgesetzt  dasz  es  mit  einer 
überwiegenden  Richtung  auf  das  Sachliche  und  mit  philosophischem 
Geiste  behandelt  wird. 

Schlieszlich  kann  ich  nicht  unerwähnt  lassen  dasz  ich  je  zuweilen 
auch  Aristoteles  Kategorien,  und  zwar  mit  gutem  Erfolg,  gelesen 
habe.  Was  die  Poetik  anlangt,  so  halte  ich  mich  verpflichtet  auf  ein, 
wie  es  scheint,  vergessenes  Buch  von  Härtung  aufmerksam  zu  machen, 
in  welchem  derselbe  Aristoteles  und  Horaz  wol  verarbeitet  und  mit 
reichen  Bemerkungen  auch  aus  den  Schriften  Neuerer  ausgestattet  hat. 
Dies  Buch  ist  in  hohem  Grade  zu  empfehlen. 

*  ♦  3.  August  1861.  L, 


464  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 


Kurze  Anzeigen  und   Miscellen. 


XXII. 

Deutsch-Lateinisches  Handwörterbuch  aus  den  Quellen  z-iisammenge- 
tragen  und  mit  besonderer  Bezugnahme  auf  Synonymik  und  An- 
tiquitäten mit  Berücksichtigung  der  besten  Hülfsmidel  ausgear- 
beitet von  Dr  K.  E.  Georges.  2  Bände.  Eilfle  oder  der  neuen 
Bearbeitung  fünfte,  dem  heutigen  Standpunkte  der  Lateinischen 
Stilistik  gemäsz  umgestaltete  Ausgabe. 

Die  vorliegende  neue,  dem  Professor  Klotz  in  Leipzig  gewidmete 
und  typograpliisclx  in  der  Teubnerschen  Ofticin  prächtig  ausgestattete 
Auflage  des  vielverbreiteten  und  zu  hoher  und  wolverdienter  Anerkennung 
gekommenen  deutsch-lateinischen  Handwörterbuchs  von  Georges  wollen 
wir  im  nachfolgenden  einer  kurzen  Besprechung  unterwerfen.  Ihr  Vf. 
beginnt  die  Vorrede  sofort  mit  den  Worten:  ^An  die  Bearbeitung  keiner 
Auflage,  selbst  der  ersten  nicht,  bin  ich  so  gut  vorbereitet  gegangen  als 
an  die  der  gegenwärtigen',  eine  Behauptung  die  selbst  der  oberflächlich 
prüfende  wird  bewahrheiten  müszen.  Denn  sowol  bezüglich  der  Quan- 
tität des  zu  recipierenden  Materials  als  der  Qualität  leisteten  überall 
erwünschte  und  gründlich  vorhaltende  Ausbeute  sowol  die  eigenen  mit 
lexikalischer  Akribie  gemachten  Studien  ,  als  auch  die  überaus  reichen 
und  trefflichen  Sammlungen  des  für  Schule  und  Wissenschaft ,  für  Fa- 
milie, Schüler  und  Freunde  zu  früh  verstorbenen  Hofraths  Dr  Wüste- 
mann, der  mit  der  kundigsten  und  geschicktesten  Hand  und  mit  einem 
wahren  Bienenfleisze  wäreud  vieler  Jahre  die  Alten  für  sich  ausgebeutet 
hatte.  Diese  Sammlung  im  Katalog  unter  dem  Titel:  Miscellae  obser- 
vationes  ad  ditanda  lexica  germanico-latina  pertinentes  secundum  lite- 
rarum  ordinem  dispositae  in  novem  voluminibus  in  4'°)  kaufte  der 
sehr  liberale  Verleger  des  Hrn.  Georges  für  dessen  Zwecke  an,  Auszer- 
dem  haben  noch  andere  Gelehrte  für  die  neue  Auflage  manche  Beisteuer 
geliefert.  Die  gröste  Fundgrube  war  jedoch  nach  des  Verfassers  eige- 
ner Bemerkung  die  Lateinische  Stilistik  für  Deutsche  vom  Professor 
Dr  Nägelsbach ,  denn  sie  gab  nicht  nur  für  viele  neue  Ausdrücke  und 
Wendungen  den  geeigneten  Stoif,  sondern  lehrte  auch  für  ähnliche  Fälle 
den  richtigen  Ausdruck  finden.  An  der  Hand  solcher  Vorarbeiten,  die 
verbessernder,  ergänzender  und  erweiternder  Natur  waren,  ist  statt  der 
neuen  Auflage  in  den  meisten  Fällen  ein  fast  neues  Buch  entstanden, 
veie  wir  dies  unten  durch  Abdruck  eines  Artikels  aus  der  alten  und 
neuen  Ausgabe  zu  erhärten  gedenken. 

Ist  es  nun  zuvörderst  die  Aufgabe  des  Ref.  nachzuweisen,  in  wel- 
cher Weise  Mängel  und  Versehen  der  früheren  Ausgabe  in  der  jetzigen 
Abhülfe  gefunden  haben,  um  so  die  erhöhte  Brauchbarkeit  des  Buchs 
zu  documentieren,  so  will  er  zunächst  in  aller  Kürze,  die  den  Raum 
einer  Anzeige  nicht  wol  überschreitet,  einige  Schäden  klar  legen,  die 
er  sich  beim  Gebrauch  der  altern  Auflage  notiert  hatte,  die  aber  jetzt 
als  vollkommen  beseitigt  dem  richtigen  Platz  gemacht  haben.  Dahin 
gehören  folgende  Bemerkungen  meist  mehr  äuszerlicher  Natur:  Kehl- 
deckel war  zweimal  recipiert,  das  einemal  viel  unvollständiger;  Be- 
richten statt  berichtigen,  Beschlagnehmung,  war  die  Wortfolge  gestört, 
bewahrheiten  fehlte,  ebenso  bewölken,  bezichtigen;  die  Wortfolge  w-ar 
vernachlässigt  unter  Briefbogen;  es  fehlten:  herabkommen  t=:  herunter- 
kommen II,  veröff"entlichen ,  zuthulich  u.  a.  m.  Folgenden  Artikeln 
dürfte  bei  der  nächsten  Auflage  die  Aufnahme  nicht  versagt  werden 
können:    Berggesetz,   Betonie  cestros,    cestron,   Beuteln,   das  Mehl,   s. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  465 

durchsieben ,  bewegsam,  bewehrt,  Linse  i^rr  Lünse  am  Eade,  Nachthnnd, 
Rundschau,  Verrätherin  index,  Cic.  p.  Rab.  p.  0,  casernieren  in  castria 
esse,  Luke  feaestra  obliqua  luce  Verg.  Georg.  IV  298,  Feldbiene  apis 
rustica  (vgl.  Waldbiene) ,  flugniatt  sein  (von  der  Biene)  torquere  Pal- 
lad. 7,  7,  Blutenhonig  anthinuin  mel  Plin.  n.  h.  XI  14,  14.  Die  Wort- 
folge ist  auch  in  der  neuen  Ausgabe  noch  gestört  unter:  Wilde,  Kalt- 
wassercur  und  Holzbirnbauni.  Unter  Gauche  heiszt  es  II  =  Mistjauche, 
vv.  s.,  aber  weder  Jauche  noch  Mistjauche  ist  recipiert.  Bulle  ist  wol 
genauer  nicht  dux  gregis ,  sondern  taurus  gregis;  Ehreustelle,  zu  einer 
E.  berufen,  ad  honorem  evocare  Caes.  b.  g.  VII  57 ;  Gesclivvindschreiber 
vgl.  noch  Cic.  ad  Attic.  XIII  34,  Martial.  XIV  202,  Anson.  epigr.  140. 
Nachäfi'er  lies  Suet.  A.  86.  Nerv,  Geld  ist  der  Nerv  (die  Seele)  des 
Staates,  vectigalia  nervös  esse  reipublicae  semper  duximus,  Cic.  d.  imp. 
Gn.  Pomp.  7,  17.  Sonnenwende,  zur  Zeit  der  S.  auch  sub  bruma  Caes. 
b.  g.  V  13.  Im  lateinisch-deutschen  W^örterbuche  (11.  Aufl.)  heiszt  es: 
Prostomis ,  s,  postomis ,  aber  das  letztere  Wort  hat  keine  Aufnahme 
gefunden.  Soviel  mag  zureichen ,'  um  nicht  ganz  (xavi.iß6lcog  von  der 
tüchtigen  Arbeit  des  Hrn.  Georges  zu  scheiden.  AVir  wünschen  dem 
Buche  auch  ferner  die  verdiente  Verbreitung.  Zuletzt  mag  der  Artikel 
•■anrathen'  aus  der  alten  und  neuen  Auflage  Platz  finden. 

anrathen :  anrathen : 

suadere  alqud.  auc-  hortari  u.  adhortari  ad  alqd,  oder  mit  folg.  ut  od. 
torem  esse  alci  alcjs  ne  m.  Conj.  od.  mit  bloszem  Conj.,  hortari  auch  m. 
rei,  ich  rathe  dir  ein  folg.  Inf.  (ermunternd  zu  etw.  rathen  [Gegstz  dehor- 
ähnliches  Verfahren  tari  od.  deterrere  ab  alqua  re]  z.B.  ad  concordiam]. 
an,  idem  tibi  censeo  suadere  alqd  (beredend,  überredend  zu  etw,  rathen 
faciendura  esse.  [Ggstz  dissuadere],  z.  B.  legem),  auctorem  esse  alcjs 

rei  od.  ad  alqd  faciendum  od.  m.  folg.  ut  od.  ne,  od.  m. 
folg.  Acc.  u.  Infln.,  od.  m.  folg.  blos.  Inf.,  Jeradm  alci 
(als  Berather,  Zureder  auftreten).  Jmdm  sehr  a.  alci 
magno  opere  auctorem  esse,  ut  od.  ne  etc.;  ich  rathe 
dir  ein  ähnliches  Verfahren  an,  idem  tibi  censeo  fa- 
ciendum esse. 
Sondershausen.  Dr  Hartmann. 

xxin. 

Aufgabensammlung  zur  Einübung  der  lateinischen  Sprache.  Zunächst 
für  die  mittlere  Stufe  der  Gymnasien  bearbeitet  von  Dr  Ferd. 
Schultz.)  Director  des  Gymnasiums  zu  Münster.  Paderborn, 
Verlag  von  Ferd.  Schöningh.    1861.    XVI  u.  342  S.   8.   25  Sgr. 

Es  ist  nicht  zu  leugnen,  dasz  wir  der  Uebungsbücher  für  die  mitt- 
lere Stufe  der  Gymnasien  zum  Uebersetzen  aus  dem  Deutschen  ins  La- 
teinische viele  und  darunter  sehr  brauchbare  besitzen ,  Ref.  erwähnt  nur 
beispielsweise  die  Bücher  von  Dietsch,  Süjafle,  Teipel.  Dennoch  zählt 
ein  Buch,  wie  das  vorliegende,  nicht  zu  den  überflüssigen  und  entbehr- 
lichen; sein  Verf.,  ein  ebenso  tüchtiger  Schulmann  als  gründlicher  und 
vielfach  bewährter  Kenner  des  Altertums,  besonders  des  römischen,  hat 
es  verstanden,  durch  geschickte  Auswahl  des  Stofl"es  aus  dem  römischen 
und  griechischen  Altertum  einerseits  und  andrerseits  durch  eine  metho- 
dische Anordnung  und  Verteilung  des  syntaktischen  zur  Anwendung 
kommenden  Materials  seinem  Buche  Vorzüge  zu  geben,  welche  die 
Schule  zu  ihrem  Nutzen  ausbeuten  wird.  Die  ganze  Aufgabensammlung 
enthält  464  zusammenhängende  Stücke  und  zerfällt  in  drei  Teile ,  von 
denen  der  erste  223  Aufgaben  im  Auschlusz  an  die  Regeln  der  Syntax 
bietet,  der  zweite  122  Aufgaben  im  Anschlusz  an  die  Leetüre  des  Phä- 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  Abt.  1861.  Hft  10.  30 


466  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

drns,  Nepos,    Ovid   und   Cäsar,   der  dritte    110   freie   Anfp;al)en  in  drei 
Abschnitten:    Darstellungen  aus  der  römischen  Sagen-  und  Heldenzeit, 
Leben    und   Schicksale    homerischer    Helden,    Stücke    verschiedenen  In- 
halts.   Es  sei  gleich  hier  bemerkt,  dasz  sich  von  anderwärts  entschieden 
in  den  Vordergrund  tretenden  moralisierenden  Aufgaben  hier  nur  wenige 
finden,   und  mit  Recht,    denn  jede  absichtlich  herbeigezogene  Gelegen- 
heit zu  moralisieren   langweilt  und  schadet  weit  mehr  als  sie  nützt,   — 
Die  Aufgaben  des  ersten  und  zweiten  Teils  sind  für  solche  Schüler  be- 
stimmt,   welche  die  betreffenden   Regeln   oder  Lesestücke  vorher  durch- 
gearbeitet haben.     Um  das  Buch  auch  für  solche  Schulen,   in  denen  die 
kleine  lateinische  Sprachlehre  des  "Verf.  sechste  verbesserte  Auflage.  Pa- 
derborn 1860.   nicht  gebraucht  wird,  zugänglich  zu  machen,  hat  der  Vf. 
bei  den  einzelnen  Abschnitten  des  ersten  Teiles  auszer  dem  Hinweis  auf 
die  Paragraphen  obiger  Grammatik  noch   durch  Ueberschriften  die  ent- 
sprechenden Kapitel  der   Syntax  angegeben,    wie    dies    schon   früher   in 
ähnlicher   Weise    in    den    Uebungsbüchern    für   Quarta    und    Tertia   von 
Spiesz  durch  den   jetzigen  Herausgeber  derselben,  Hrn  Buddeberg,   ge- 
schehen ist.     Indem  Ref.  darin'  mit  dem  Vf.    vollständig  übereinstimmt, 
dasz  auszer  den  gewöhnlichen  Scripten  auf  allen  Stufen  auch  recht 
häufige    Uebiingen    im    mündlichen    Uebersetzen  —  in    den 
mittleren  Klassen  mindestens  e'ine  Stunde  wöchentlich  — 
veranstaltet  werden  müszen,    will  er  zuletzt,   indem  er  das  Buch  genü- 
gend  charakterisiert   zu   haben    glaubt,    einige    Bemerkungen    mitteilen, 
zu  denen  ihn  ein  mehrmaliger  Gebrauch  Veranlassung  gab.     Was  die  in 
ein  besonderes  Verzeichnis  verwiesenen  Eigennamen  und  deren  Adjectiva 
anlangt,    so    macht   sich    öfters   eine    im   Texte   wesentlich   verschiedene 
Schreibweise  von  der   im    Verzeichnis  geltend,  die  wir  nicht  gutheiszen 
können.     Man  vgl.  S.  33  Aesculapius,   11  Arkadien,  20  Cephalonia,  193 
Lazedämonier ,    13  Ibycus ;    Lykurgus ,  Lycurgisch,  23  Älazedonien;  Zy- 
pern u.  Cyprus.     Taygetus  17  fehlt;   Euklides  ist  txmzustellen.     Nr  284 
wird    für  Wahrheitsliebe   blos    studium  untergesetzt.     Nr  294  war  Ovid 
ungefähr  sechsnnddreiszig  Jahre  alt,    als  ihn  die   Verbannung  traf,  wä- 
rend  er  43  v.  Chr.    geboren  wurde,   17  n.  Chr.    starb  nach    einer   zehn- 
jährigen Verbannung.     Hin  und  wieder  konnte  der  Vf.  in  den  belehren- 
den historischen  Partien  z.  B.  einiges  über  C.  J.  Cäsar,  die  Jahreszahlen 
für  wichtige  iiistorische  Ereignisse,  z.  B.  Schlachten,  hinzufügen,  so  Nr 
319  u.  ö.  Nr  323  verbinde:    welche  er  geschrieben.    Nr  324  an  den  Ufern 
des   Rhone,   klingt   etwas    frappant.     Dasz    in  Form   und   Fassung   des 
Stoß'es  überall  auf  die  Fügsamkeit;  für  den  lateinischen  Ausdruck  Rück- 
sicht   genommen   wurde,    so  dasz  die  Darstellung  mehrfacli    der  lateini- 
nischen  Ausdrucksweise  sich  näherte,  das  berechtigt  zu   keinem  Tadel; 
indes   dürfte    ein    Satz    wie    in  Nr  336  doch  ein  wenig  zu  fügsam  sein : 
grosz  ist  der  Eifer  für  das  Jagen ,  woran  von  Kindheit  auf  gewöhnt  sie 
viele   Zeit    in   den  Wäldern  zubringen.     Nr  432  scheint  der  Satz:    aber 
nach   Herausgabe   eines   Teils  usw.    an    das  vorhergehende   nicht  recht 
anzuschlieszen.     Besonders    instructiv   sind   dem    Ref.  solche  Abschnitte 
erschienen,  die  von  allgemeinem  Interesse  sind  und  zugleich  der  öffent- 
lichen   Leetüre    der    Schriftsteller    beträchtlichen   Vorschub    leisten,    so 
z.  B.  einiges  über  das  Kriegswesen  der  Römer;  über  das   römische  La- 
ger ,    über   den   Aesopus  und  Phädrus ,    Cornelius  Nepos ,  Ovidius  Naso, 
Julius  Cäsar,  Vergilius  Maro,  Titns  Livius,  lauter  Abschnitte,  zum  Teil 
wol  basierend  auf  den  betreffenden  Einleitungen  zu  den  Autoren  in  der 
Haupt-Sauppeschen  Sammlung,   welche   die   Stelle   einer   kürzeren  aber 
genügenden  Einleitung  vertreten   können.     Die  äuszere  Ausstattung  des 
Buches  ist  schön. 

Sondershausen.  Dr  Harlmann. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  467 

XXIV. 

Ausgetcählte  Biographieen  des  Plutarch.    Erklärt  von  C.  Sintenis. 
Zweites  Bändchen.    Zweite  Avßage.    Berlin,  Weidmann.   1855. 

Wenn  ein  um  die  Erklärung  des  Lysias  verdienter  Schulmann  in 
diesen  Jahrbüchern  (Bd  LXXXI  u.  LXXXII  Hft  9)  in  einer  Anmerkung 
die  zutreffende  Bemerkung  machte ,  dasz  die  commentierten  Ausgaben 
des  Plutarch  von  Ilrn  Sintenis  neben  denen  des  Lucian  von  Hrn 
Sommerbrodt  am  meisten  in  der  fraglichen  Sammlung  den  Charakter 
von  Schulausgaben  bewahrt  und  festgehalten  hätten ,  so  sollen  die  nach- 
folgenden Notizen  nur  dazu  dienen  auf  einiges  hinzuweisen,  was  für 
Schüler  wol  noch  einer  Erklärung  oder  Ergänzung  oder  Berichtigung 
bedarf.  Agis  3,  4  'AQLaTdöri!.iog,  genannt  ;^prycros,  er  selbst  fiel  meuch- 
lings kurz  nach  dieser  Schlacht.  3,  5  nsQirjl&e,  ebenso  Tisgirj^siv.  4,  1 
tilge  in  der  Note  nach  cpQÖvrjuce  den  Artikel.  5,  1  voasiv  (cap.  10,  2 
vyiaCvSLv)  vom  Staat;  ganz  ähnlich  im  Lateinischen  Cic.  ad  Farn.  IV 
5,  4.  7,  5  cpccvsoäg,  Xcid'ga,  einen  Gegensatz  bildende  Wörter  stellt  der 
Grieche  gern  neben  einander.  8 ,  2  ijv  il^ov ,  auszerdem  hätte  der  Ar- 
tikel stelin  müszen.  10,  3  cw^iaot,  wie  corpus  oft  c=:  homo,  wenn  man 
nur  an  die  materielle  Substanz  denkt;  daher  ohne  verächtlichen  Neben- 
begriff =  Person;  so  libera ,  captiva  Corpora.  10,  4  Ttfiod-tog ,  auch 
Philop.  II,  2.  11,  5  Xalv.LOfaog,  Nep.  Paus.  5  in  aedem  Minervae  — 
confugit;  KKtaßaivovrog,  ib.  cum  de  templo  elatus  esset.  12,  2  %ciLQ?iv, 
auch  fiTiBLV.  13,  3  ot  itsgl  Avokv^'qov,  nachdrücklich  für  AvaavSQog, 
16,  3  stg  z6  xov  IJoasiScovog  —  iv.hfVF,  C.  N.  Paus.  4,  4:  fanum  — 
in  ara  consedit.  16,  3  avvs^fßals,  vgl.  Oleom.  37,  3  avvs^tTtBGE.  19,  1 
avXlaßstv ,  ovav  ysvrjrcct ,  Nep.  Paus.  1.  1.  supplicem  in  ara  seden- 
tem  comprehendere  nefas  putant  Graeci.  19,  2  rö  iiidxiov ,  Plut.  Tit. 
20,  5:  i^Lariov  rcß  ZQaxrjlcp  neQißc<Xc6v.     20,  3   uöiov  bei  Gvviv^y%ai. 

Cleomenes  4,  2  ov&tv ,    nichtattische  Form,  bei  Plut.  öfters.     7,  2 
TLuaicpäag  zu  Ag.  9,   1.  —  14,   1    tnäyBG&ai  und  iniKalsLaQ-ai  synonym. 

15,  3  Gvvzövcog  oSsvsiv ,  iter  non  intermittere  =  gvvtsi'vslv  (Öqü^o)); 
ibid.  ai'naTog  nXfjQ'og  avacptgitv ,    aber  c.  30   nXrj&og    aiaazog  aiccyaiv. 

16,  1  EiTS  aitiGZicc  xai  cpäßoi  xov  Kl.,  si'zs  cp&oväv  svzvxovvzi ,  wäre 
an  die  Stelle  des  partic.  das  Substantiv  getreten,  dann  könnte  es  heiszen: 
q)&dv{p  xov  oder  q)&6va>  in'  Bvzvxovvzi  (Luc.  abdic.  30  cpQ-övog  in' 
ixd'Qcö  svzv%ovvzl)  oder  ngog  svxvxovvza,  19,  3  avvxa^Lg  wie  c.  32,  2 
Apanage.  24,  4  iSta  yiyQanxai  wie  Nep.  21,  1,  1  quod  omnium  res 
gestae  separatim  sunt  relatae.  27,  2  nqbg  xov  nols^iov  wie  G,  1  ozga- 
zeiav  und  Titus  7 ,  1  inl  xov  nölsaov.  —  28 ,  3  steht  in  der  Note 
B^aK06tovs.  32,  1  ist  AtyicuXCa  zu  schreiben,  vgl.  31,  1.  —  35,  I  6ly.cc- 
Sog,  erklärt  sich  aus  §  3.  Vom  Kleomenes  heiszt  es  yslccv,  weil  er  in 
Wahrheit  und  Offenheit  sein  Wesen  zu  erkennen  gab ,  dagegen  (laidiäv 
vom  Nikagoras  ,  weil  sein  schelmisches  Lächeln  nicht  der  Ausdruck 
offenherziger  Zustimmung  war. 

Ausgewählte  Biographien  des  Plutarch.  Für  den  Schulgebrauch  er- 
klärt von  0 tto  Siefert.  Erstes  Bändchen:  Philopömen  und 
Titus  Quinctius  Flamininus.  Leipzig,  Druck  und  Verlag  von 
B.  G.  Teubner.  1859.    VI  u.  87  S.  8.    TVs  Ngr. 

Auch  die  zu  der  vorliegenden  zweckmäszigen  Schulausgabe  gemach- 
ten wenigen  Bemerkungen  sollen  neben  anderen  und  gleich  den  obigen 
nur  zur  geeigneten  Berücksichtigung  für  die  Schule  dienen.  4 ,  3  evs- 
zvyxccvsv ,  so  Plut.  Agis.  15,  2.  —  6,  2  vniQ  aaQiaarjg ,  die  Präposition 
ist  zu  erklären,  um  der  richtigen  Anschauung  zur  Hülfe  zu  kommen; 
vgl.   auch  Krüger   zu  Thuk.  I  49.  —  6,  4  Siafinsgig,   auch  bei  Xeno- 

30* 


468  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

phon,  ist  poetisch  (vgl.  zu  c.  12,  1),  dafür  später  dtc^^ntä^;  auch  8i8- 
J.avvfod'ai  gehört  zu  der  Bemerkung  12  ,  1.  —  Ö,  5  ävBl^o^ibvov ,  Arr. 
VI  11,  1.  —  6,  4  stelle  die  Noten  um.  7,  1  äav,r]6B(i}q  mtA.  heiszt:  wo 
er  sich  im  Kriegsdienste  praktisch  üben  und  seine  Kenntnisse  erweitern 
■wollte ;  lateinisch  würde  man  ratio  atque  usus  belli ,  scientia  et  usua 
sagen.  9,  1  stelle  die  Noten  um;  ebenso  9,  3.  vnontjj^^LV  avzä  steht 
12,  2,  vgl,  damit  den  Ausdruck  8,  3.  —  12,  5  fehlt  vor   vn^ozrj    der  § 

—  13,  7  nSQiyisyio^^ivovg,  wegen  des  folgenden  xat  zu  10,  4.  —  13,  6 
schreibe  äno8fiV.vvvai.  15,  1  ^AQ-näSog,  auch  bei  den  Kömern  ArcacUcus 
iuvenis.  17,  1  musz  es  heiszen:  Xen.  An.  11,8.  —  18  ist  die  Zahl 
der  §§  falsch.  19:  oi  imtsig  —  avtovg,  nicht  (wie  die  Schüler  geläufig 
übersetzen):  sich  erholen,  sondern  im  eigentlichsten  Sinne,  wie  auch 
das  folgende  lehrt,  'sich  von  der  Flacht  zusammentinden ',  wie  se  reci- 
pere  ex  fuga  Caes.  b.  g.  IV  27.  —  21,  4  tilge  nach  'Axaiotg  das  Frage- 
zeichen. 21,  5  yiocxilsva^^riGciv  (vgl.  Arr.  III  26,  3),  im  historischen 
Zeitalter  seltner.  21,  6  xoig  nSQi  T.  (vgl.  auch  Tit.  14)  bei  Späteren 
oft  für  das  nom,  propr.  (Arr,  III  14,  4). 

Druckfehler:  S.  21  lies  >tat,  31   fv,  39  ■n.ccmjloig ,  42  iititaa. 
Titus  7,  1   Eni   Tov  nölsfiov,    die  Bedeutung  wie  Cleom.  27,  2.  — • 

8,  2:  ovx  VTto^iftvccvxcov,  das  Citat  ist  unrichtig;  die  Stelle  steht  Xen. 
Anab,  II  4,  24.  —  9,  1  yQCicp^ad'ai  —  Idtwzcov  bedurfte  einer  kurzen 
Bemerkung,  vielleicht  nur  einer  gleichen  Stelle  wie  Arr,  IV  4,  5:  to^o- 
rceg  Kccl  rovg  C(p£vSovj]t<xg  acpsvSnväv  rs  nal  SKto^svsiv.  —  13,  1 :  aXlog 

—  Sö^av,  vgl.  den  Ausdruck  c.  7,  1.  Zu  tov  itoläfiov  —  Xa^ßdvovrog 
vgl.  c.  2,  3,  —  14,  5  avvayayövtog  v,tX.  vgl.  passend  Arr.  V  25,  3.  — 

9,  4  Ttccqöv ,  hierher  gehörte  die  erst  unten  13,1  folgende  Note,  wenn 
überhaupt  eine  Erklärung  nötig  ist.  —  11,  2:  '■^v  8'  ccQa,  das  Imperfect 
mit  aQa  gebrauchen  die  Griechen,  wenn  man  jetzt  erst  eine  Ansicht 
gewinnt,  worüber  man  sich  früher  getäuscht  hatte.'  Diese  Bemerkung 
ist  sprachlich  ganz  unrichtig.  Wie  genau  sind  doch  die  citierten  Gram- 
matiken von  Rost  und  Krüger!  Ref.  hätte  die  Bemerkung  etwa  so 
gefaszt:  das  Imperfect  mit  kqu  setzen  die  Griechen,  wenn  eine  eben 
jetzt  erlangte  richtigere  Ansicht  die  Folge  einer  vorausgegangenen  oder 
früheren  Täuschung  ist.  —  17,  1:  kocI  —  Kccl  'die  Hellenen  erwiesen 
ihm  sowol  äuszerlich  die  geziemenden  Ehren,  als  auch  waren  sie  durch 
seinen  liebenswürdigen  Charakter  gewonnen.'  In  dieser  Fassung  labo- 
riert die  Note  an  Unklarheit.  Entweder  war  der  Gedanke  in  zwei  selbstän- 
digen Sätzen  zu  geben  oder  es  war  zu  schreiben:  die  Hellenen  erwiesen 
ihm  nicht  blos  äuszerlich  usw. ,  sondern  waren  auch  wirklich  usw.  ge- 
wonnen, —  18,  1:  T(jHijTrj5,  rjrig  iarlv  dQxij,  ein  Amt,  welches  —  Krü- 
ger 51,  8.  So  ganz  richtig,  nur  hätte  noch  auf  die  Umstellung  auf- 
merksam gemacht  werden  sollen;  vergleichen  kann  man  z.  B,  Cic.  Att, 
V  20,  3:  Amanus  Syriam  a  Cilicia  dividit,  qui  mons  erat  hostium  plenus 
sempiternorum.  —  18,  2  schiebe  nach  den  Worten  'wo  er  die  Flotte 
befehligte'  ein:  vgl.  cap.  3,  3.  —  21,  8:  äga  STtiGV-OTCELV ,  vgl.  tempus 
est  deliberare,  coqcc  tov  S7tiGy.oiifiv  tempus  est  deliberandi.  Vgl  Xen. 
An.  I  3,  11:  s^iol  ovv  8oyi£t  ovx  ^Q^  slvca  rj^itv  ^K&evdeiv  und  tov 
y,ci&sv8fLv  =  tempus  est  dormire  und  tempus  dormiendi.  Unseres  Wis- 
sens ist  die  Vergleichung  dieses  Sprachgebrauchs  bisher  von  den  Er- 
klärern unbemerkt  geblieben.  —  2^vyzQL0ig.  I,  1:  ovx  Ellrjvi,  genauer 
Arr.  An,  I  9,  7:  G(pc(yi^  ov^  EXXrjvi'urj.  —  3,2:  ov  —  akXcc  %aL  mit 
Auslassung  von  ^ovov  usw.  Eurip.  Hecub.  llllj  (x7tc6Xs6%  ova  anäXfß', 
ccXXcc  ^si^övwg.  Hippol,  3ö8:  Kvnqig  ov%  ccq'  ijv,  äXX'  sixi  fisi^ov  aXXo 
yiyvfxai  %'zov.  Ref.  hätte  gerade  diese  Beispiele  nicht  beigebracht, 
sondern  treffender  aus  doppelten  Gründen  z.  B.  Dem.  Älid.  24:  ov  no- 
vrjQÖg,  kXXci  kccI  ndvv  jj^^jöro'g.  — Druckfehler:  1,  2  evSQy.,  5,  2  ßci8i- 
^Ofiivovg. 

Sondershausen.  Dr  Hartmann. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  469 


■o 


XXV. 

Uehungshuch  der  griechischen  Sprachelemenle.  Bearbeitet  von  J. 
(Juossek,  Gymnasial -Oberlehrer.  Erster  Teil:  für  Quarta. 
Paderborn,  Verlag  von  Ferdinand  Scliöningh.   1861.    132  S.  8. 

Der  Verfasser,  welcher  bereits  im  Jahre  1839  [Cöln  bei  Chr.  Gehly] 
eine  ihrer  Anlage  und  Ausführung  nach  recht  zweckmäszige  'praktische 
Anleitung  zur  Erlernung  der  griechischen  Formenlehre  für  die  Schüler 
der  Quarta'  herausgegeben  und  dieselbe  in  2r  verbesserter  Auflage  unter 
dem  Titel  'praktische  Anleitung  zur  Erlernung  der  griechischen  Sprach- 
elemente' (Cöln  und  Neuss,  Verlag  der  L.  Schvvamschen  Buchhandlung. 
1858)  auch  auf  die  Tertia  ausgedehnt  hat,  übergibt  hier  ein  dem  Lehr- 
gange seines  Handbuchs  entsprechendes  Lese-  und  Uebungsbuch  der 
griechischen  Formenlehre,  zunächst  für  die  Quarta  eines  Gymnasiums. 
Dasselbe  ist  jedoch  so  eingerichtet,  dasz  es  auch  neben  andern  gram- 
matischen Leitfaden  gebraucht  werden  kann.  Das  neue  Büchlein  teilt 
mit  'der  praktischen  Anleitung'  desselben  Verfassers  den  Vorzug  der 
Uebersichtlichkeit  und  zweckmäszigen  Anordnung  des  für  die  genannte 
Stufe  erforderlichen  Stoffs.  Besonders  empfiehlt  es  sich  durch  die  stete 
Rücksichtsnahme  auf  Einprägung  des  für  die  Anfänger  so  schwierigen 
Accents.  Zu  dem  Zwecke  werden  den  Uebungsbeispielen  über  die  De- 
clination  eine  Anzahl  nach  den  Accentregeln  geordneter  Wörter  zum 
Memorieren  und  zur  Anwendung  vorangestellt.  In  den  deutschen  Bei- 
"spielen,  die  unmittelbar  auf,  die  griechischen  folgen,  wird  soviel  als 
möglich  Bezug  darauf  genommen.  Wir  können  es  nur  billigen,  dasz 
bei  den  Beispielen  über  die  Declination  und  Comparation  der  Ad- 
jectiva  die  Sätze  sich  im  Anfang  auf  die  gegebenen  Vokabeln  beschrän- 
ken, weil  sonst  dem  Schüler  leicht  die  Lectüre  verleidet  wird.  Ebenso 
trägt  die  Anordnung  der  Vokabeln  zu  der  3n  Declination  nach  den  End- 
buchstaben des  Nom.  mit  Rücksicht  auf  Geschlecht  und  Äccent  zur 
bessern  Uebersicht  dieser  so  schwierigen  Partie  bei. 

Die  Verba  sind  aus  pädagogischen  Rücksichten ,  wie  in  der  prakti- 
schen Anleitung,  nach  dem  Cliarakterbuchstaben  des  Stamms  in  vier 
Klassen  geteilt  und  die  am  häufigsten  vorkommenden  den  Uebungsbei- 
spielen zum  Memorieren  vorgesetzt.  Was  die  Beispiele  betrifft,  deutsche 
wie  griechische,  so  sind  dieselben  der  Form  wie  dem  Inhalt  nach  pas- 
send gewählt  und  von  der  Einübung  der  gesamten  Adjectiva  an  fast 
durchweg,  nur  hier  und  da  mit  unwesentlichen  Veränderungen,  griechi- 
schen Schriftstellern  entnommen.  Zum  Schlusz  folgen  für  beide  Versio- 
nen kleine  zusammenhangende  Stücke  als  gemischte  Beispiele  ,  welche 
für  zwei  Jahre  ausreichenden  UebungsstofF  bieten. 

Dem  Uebungsbuch  hat  der  Verfasser  nach  Vorgang  anderer  zweck- 
mäszig  ein  griechisch-deutsches  und  ein  deutsch-griechisches  Wortregister 
beigefügt;  in  jenem  ist  das  S.  50  vorkommende  Wort  viprjlög,  in  die- 
sem die  S.  51  gebrauchte  Redensart  'in  Kenntnis  setzen'  ausgelassen. 
Die  Ausstattung  des  Buchs  von  Seiten  der  Verlagshandlung  ist  lobens- 
werth ;  nur  vermiszt  man  hier  und  da  in  der  Correctur  die  nötige 
Sorgfalt.  Besonders  auffallend  ist  uns  S.  33  Z.  6  und  7  von  unten 
i&cccprjv  und  i&Qvrpiqv  statt  sxdcprjv  und  eTQvcprjv  und  S.  72  nvt'ovva 
statt  TtcciovTa.  Doch  ungeachtet  dieser  Ausstellung  erscheint  das  Büch- 
lein wol  geeignet  neben  anderen  zur  Erleicliterung  des  ersten  griechi- 
schen Sprachunterrichts  mit  Nutzen  gebraucht  zu  werden, 

B.  J.  F. 


470  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

XXVI. 

Miscellen  über  die  Fassung  gewisser  Regeln  in  den  lateinischen 
Schulgrammatiken  und  Elementarbüchern. 

1. 

Zum  Beweis ,  wie  sich  manche  Regeln  der  lateinischen  Grammatik, 
welche  einmal  recipiert  sind,  lange  Zeit  hindurch  gleichsam  forterben, 
■wenn  sie  nicht  im  einzelnen  einer  kritischen  Sichtung  unterworfen  wer- 
den, kann  ein  specieller  Fall  aus  der  Lehre  vom  Supinum  auf  u  dienen. 
So  wird  noch  in  der  zehnten  Ausgabe  der  lateinischen  Grammatik  von 
Zumpt  unter  den  Adjectiven,  welche  am  häufigsten  mit  dem  zweiten 
Supinum  verbunden  werden,  neben  honestus,  turpis ,  facilis  u.  a.  auch 
memorabilis  augeführt,  wärend  andere  nicht  selten  vorkommende 
ausgelassen  sind.  Fragt  man  nach  der  Auctorität  für  'memorabilis',  so 
reduciert  sich  dieselbe,  wie  es  scheint,  auf  eine  einzige  Stelle  des 
Livius  IX  10,  10:  'traditur  inde  dictu  mirabile'  et  q.  s.,  wo  sich  in  we- 
nigen schlechtem  Handschriften  für  ''niirabile '  die  Variante  'memora- 
bile'  findet,  welche  offenbar  auf  einem  bloszen  Schreibfehler  beruht  und 
schon  der  unerträglichen  Tautologie  wegen  unstatthaft  ist. 

Auch  Meiring  hat  in  der  ersten  Ausgabe  seiner  trefflichen  latei- 
nischen Grammatik  (Bonn  1857)  den  überkommenen  Eindringling  §  891 
noch  stehn  lassen,  dagegen  in  der  jüngst  erschienenen  2n  Auflage  ihn 
still  entfernt  und  mit  'mirabilis '  vertauscht,  das  bei  Vergil  und  Livius^ 
80  oft  mit  dem  Supinum  auf  u  verbunden  wird.  Man  vgl.  Livius  I  39, 
1:  ^eo  tempore  in  regia  prodigium  visu  eventuque  m  ir  abile  fuit',  wo 
M  advig  in  der  neusten  Ausgabe  des  Livius  mit  Recht  visu  der  Lesart 
visu  ra  vorzieht.  Ebenso  hat ,  wie  ich  nachträglich  finde ,  der  geehrte 
Herausgeber  der  lln  Ausgabe  der  Zumptschen  Grammatik  A.  W. 
Zumpt  das  illegitime  Wort  getilgt.  Schlieszlich  darf  nicht  unerwähnt 
bleiben,  dasz  wir  die  eingehendsten  Untersuchungen  und  vollständigsten 
Sammlungen  über  den  Gebrauch  der  Supina  dem  Herrn  Richter  in 
Königsberg  verdanken ,  welcher  in  seinen  Programmabhandlungen  de 
supinis  linguae  II.  P.  III  §  67  und  P.  IV  §  72  not.  195  auch  das  frag- 
liche Adjectiv  besprochen  hat. 

2. 

Ueber  die  Construction  von  coeptus  sum  gibt  Zumpt  §  221  die 
Regel,  dasz  das  Perfectum  passivum  zwar  besonders  bei  Infinitivis  pas- 
sivis  gebraucht  werde,  dasz  jedoch  auch  die  activen  Formen  coepi, 
coeperam  stattfinden  können.  In  gleicherweise  äuszert  sich  Madvig 
in  seiner  lateiniscben  Sprachlehre  für  Schüler  (Braunschweig  1844)  §  161, 
ohne  irgend  einen  Unterschied  im  Gebrauch  beider  Formen  anzugeben. 
In  Bezug  hierauf  scheint  Meiring  in  der  zweiten  Auflage  der  lateini- 
schen Grammatik  §  776  das  richtige  gefunden  zu  haben,  indem  er  die 
Regel  aufstellt,  dasz  das  Activum  coepi  von  guten  Prosaikern  nur  dann 
mit  einem  passiven  Infinitiv  verbunden  werde,  wenn  dieser  intransi- 
tive oder  mediale  Bedeutung  habe,  z.  B.  Sali.  lug.  92  pr.  Marius  — 
maior  atque  clarior  haberi  coepit ,  d.  h.  Marius  tieng  an,  als  gröszer 
usw.  zu  gelten;  vgl.  c.  41  extr. :  moveri  civitas  et  dissensio  civilis 
...  oriri  coepit,  der  Staat  fieng  an  sich  zu  bewegen  (in  Bewegung 
zu  gerathen)!  Hierhin  dürfte  auch  eine  Stelle  bei  Livius  II  29,  6  ge- 
hören: tandem,  cum  irae  resedissent  —  ordine  consuli  coepit;  nur 
musz  man  das  Punctum,  welches  in  allen  Ausgaben,  auch  in  der  neusten 
Madvigschen  steht,  in  ein  Kolon  verwandeln,  so  dasz  sich  dieser  Satz 
an  die  vorhergehenden  Worte :  senatus  tumultuose  vocatus  tumultuosius 
consulitur  —  anreiht   und   das  Subject    'senatus'   mit    demselben   teilt: 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  471 

"■eadlidi  (nachdem  der  Sturm  sich  gelegt)  fieng  der  Senat  an  sich  ia 
Ordiiiing  befragen  zti  lassen,  seine  Stimme  abzugeben.'  —  Das 
lieispiol  aus  Cic.  Tusc.  I  13:  qui  nondum  ea,  quae  multis  pust  annis 
tractari  coepissent,  physica  didicissent,  welches  M  ei  ring  in  der  ersten 
Ausgabe  hierher  gezogen  hatte,  ist  jetzt  mit  Recht  weggelassen,  da  der 
treffliche  Cod.  Regius  tractare  bietet,  welches  vor  dem  Passivum  ent- 
schieden den  Vorzug  verdient.  Ich  kann  daher  nur  der  Schluszbemer- 
kung  Mei  rings  (§  770)  beistimmen,  dasz  nur  Dichter  und  spätere 
Schriftsteller  coepi  auch  mit  einem  eigentlichen  Passivum  verbinden. 

J,  Freudenberg. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 

KÖNIGREICH  Preuszen.]  Das  Centralblatt  für  das  gesamte  Unter- 
richtswesen in  Pr.  enthält  im  Jahrg.  1861  Nr  183  S.  480  ff.  eine  tabel- 
larische Uebersicht  über  die  Frequenz  der  höhern  Lehranstalten  im  Som- 
mersemester 1860.  Wir  teilen  daraus  folgende  Angaben  mit.  Die  Zahl 
sämtlicher  G  yninasi  en  belief  sich  auf  136  und  zwar  waren  in  der  Pr. 
Preuszen  17  (neu  hinzugekommen  ist  das  zu  Marienburg),  Brandenburg 
20,  Pommern  13,  Schlesien  21,  Posen  7,  Sachsen  21,  VVestphalen  15, 
Rheinprovinz  und  Hohenzollersche  Lande  22.  An  ihnen  und  den  mit 
ihnen  verbundenen  Vorschulen  arbeiteten  2003  Lehrer,  und  zwar  Dire- 
ctoren.  Ober-  und  ordentliche  Lehrer  1307  (156  in  Preuszen,  216  in 
Brandenburg,  117  in  l'ommern,  204  in  Schlesien,  194  in  Sachsen,  137 
in  Westphalen ,  205  in  der  Rheinprovinz  mit  den  Hohenzollernschen 
Landen),  wissenschaftliche  Hülfslebrer  217,  technische  Lehrer  247,  Orts- 
geistliche für  den  Religionsunterricht  96,  Probecandidaten  63.  Die  am 
Schlusz  des  Wintersemesters  1859/60  36183  betragende  Frequenz  (33923 
in  den  Gymnasien  und  2260  in  den  Vorschulen)  hatte  sich  im  Sommer- 
semester 1860  auf  35789  (33694  in  den  Gymnasien  und  2095  in  den 
Vorschulen),  mithin  um  394  (229  Gymnasien,  165  Vorschulen)  gemindert. 
Zwar  hatte  im  Sommersemester  1860  der  Zutritt  4719  betragen  (4155 
Gymnasien,  564  Vorschulen),  dagegen  aber  war  der  Gesamtabgaug  5113 
(4384  Gymnasien,  729  Vorschulen).  Um  die  Verhältnisse  in  den  einzel- 
nen Provinzen  anschaulich  zu  machen  geben  wir  folgende  Tabelle  über 
die  Frequenz  des  Somraersemesters  1860 : 


Gymnasien. 

Vorschulen. 

Abgang 

aus 

Abgang  aus  d 

d.  Gymnasien. 

Vorschulen. 

Preuszen 

5176 

203 

502 

60 

Brandenburg 

6264 

976 

645 

180 

Pommern 

3242 

506 

293 

105 

Schlesien 

6872 

552 

833 

130 

Posen 

2493 

240 

248 

90 

Sachsen 

5381 

142 

419 

116 

Westphalen 

3428 

107 

485 

10 

Rheinprovinz 

und  Hoheuzollern     5222  98  959  38. 

Rücksichtlich  der  Confessionen  zeigt  sich  ein  bedeutendes  Uebergewicht 
der  evangelischen  Schüler,  indem  deren  27254  waren,  wärend  nur  11175 
Katholiken  und  2473  Juden  sich  vorfanden.  Auch  hier  möge  folgende 
Tabelle  die  Verhältnisse  nach  den  Provinzen  veranschaulichen: 


472  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 


Gymnasien 


Preuszen 
Brandenburg 
Pommern 
Schlesien 
Posen 
Sachsen 
Westphalen 
Kheinprovinz 
mit  Hohenz. 


Evang. 
3884 
5739 
3071 
3395 
885 
5080 
1425 

1473 


Kath. 
997 
120 
16 

2727 

1206 
253 

1944 

3679 


Jud. 

295 

405 

155 

750 

402 

48 

59 

70 


Vorschulen 

Evang. 

Kath,    Jud. 

160 

20         23 

921 

19         36 

464 

5         37 

302 

108       142 

147 

44         49 

138 

3          1 

94 

12          1 

r6 


22       — 


Eichten  wir  unser  Augenmerk  auf  die  Zahlen  der  Schüler  in  den  Vor- 
schulen, so  ergibt  sich  dasz  das  Bedürfnis  der  letztem  am  dringendsten 
in  den  Provinzen  Brandenburg,  Pommern,  Schlesien  und  Posen  sich 
geltend  gemacht  hat.  Man  würde  zu  weit  gehn ,  wollte  man  ohne  wei- 
teres schlieszen,  dasz  es  in  allen  diesen  Provinzen  an  geeigneten  Vor- 
bildungsanstalten für  die  Gymnasien  noch  mangle;  in  Brandenburg  wirkt 
z.  B.  wol  die  Hauptstadt  Berlin  ein,  in  der  eine  möglichst  grosze  Zahl 
von  Unterrichtsanstalten  für  das  jüngste  Alter  viel  wünschenswerther 
als  in  andern  sich  herausstellt;  doch  verdient  es  Beachtung,  dasz  gerade 
in  den  Provinzen,  in  welche  eine  gröszere  Menge  kleinerer  wolhabender 
und  gewerbthätiger  Städte  sich  ündet ,  Sachsen,  Westphalen  und  Rhein- 
land, die  wenigsten  Vorschulen  errichtet  werden  musten  und  diese  selbst 
einen  schwachen  Besuch  haben.  In  der  letzteren  Provinz  beweisen  dies 
die  Existenz  einer  groszen  Anzahl  Progymnasien.  Zu  interessanten  Be- 
merkungen geben  auch  die  Heimatsverhältnisse  der  Schüler  Veranlassung. 


Gymnasien. 

V 

orschulen. 

Aus  dem 

Auswär- 

Auslän- 

Aus dem 

Auswär- 

Auslän- 

Schulort, 

tige. 

der. 

Schulort. 

tige. 

der. 

Preuszen 

2773 

2380 

23 

168 

32 

3 

Brandenburg 

4096 

2107 

61 

863 

104 

9 

Pommern 

1793 

1438 

11 

449 

56 

I 

Schlesien 

3443 

3379 

50 

522 

29 

1 

Posen 

1195 

1276 

22 

213 

27 

— 

Sachsen 

2551 

2707 

123 

132 

9 

1 

Westphalen 

1917 

1449 

62 

105 

1 

1 

Rheinprovinz 

mit  Hohenz. 

3264 

1900 

58 

84 

11 

3 

Sa 

21032 

16636 

410 

2536 

269 

19 

Wir  werden  uns  nicht  wundern,  wenn  unter  den  Zöglingen  der  Vor- 
schvilen  die  Zahl  der  aus  dem  Schulort  gebürtigen  so  sehr  überwiegt, 
dasz  die  der  auswärtigen  fast  gar  nicht  in  Betracht  kommt,  weil  Kna- 
ben Jüngern  Alters  nur  in  Fällen  entweder  der  Not  oder  auszerordent- 
lich  günstiger  Umstände  aus  dem  Vaterhause  entfernt  zu  werden  pflegen. 
Dagegen  ist  es  auffällig ,  dasz  nur  in  zwei  Provinzen  die  auswärtigen 
Schüler  der  Gymnasien  zahlreicher  sind  als  die  aus  dem  Ort  gebürtigen, 
in  Posen  und  Sach.sen.  Da  in  jener  nur  7  Gymnasien  bestehn,  so  wird 
man  leicht  erkennen ,  warum  an  diesen  die  Zahl  der  Bildung  suchenden 
von  auswärts  sich  häufen  musz ,  wärend  für  Sachsen  mit  seinen  21 
Gymnasien  sich  eine  gröszere  Menge  den  höhern  Ständen  angehörender 
oder  doch  für  ihre  Kinder  höhere  wissenschaftliche  Bildung  suchender 
Bewohner  als  Ursache  heraiisstellt.  Am  beträchtlichsten  ist  das  Mis- 
verhältnis  in  Brandenburg  und  in  der  Rheinproviuz :  ein  Beweis  dasz 
sich  in  beiden  jene  Klasse  der  Bevölkerung  vorzugsweise  in  den  gröszern 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slatist.  Notizen.  473 

Städten  concentriert.  Wenn  endlich  die  Zahl  der  Ausländer  sehr  gering 
erscheint  (429),  so  dürfen  wir  wol  daraus  entnehmen ,  dasz  in  den  übri- 
gen deutschen  Ländern  das  Gymnasialwesen  auf  eine  Stufe  gediehen  ist, 
welche  den  Besuch  auswärtiger  Anstalten  nicht  notwendig  macht.  Be- 
sonders wichtig  musz  für  uns  die  Kenntnis  davon  sein,  welchen  Berufs- 
arten die  abgegangnen  sich  zugewendet.  Die  Zahl  derer,  welche  mit 
dem  Zeugnis  der  Reife  zur  Universität  entlassen  wurden  (10G7)  bildet 
allerdings  nur  über  ein  Vierteil ,  rechnen  wir  aber  die  Zahl  der  auf  an- 
dere Gymnasien  und  Progymnasien  übergegangnen  (770 — 30)  hinzu  und 
bemerken,  dasz  auch  von  den  auf  Stadtschulen  übergegangnen  (123) 
mindestens  nicht  entschieden  war,  ob  sie  nicht  doch  noch  ihre  Gymna- 
sialstudien fortsetzen  würden  (man  wird  wol  kaum  irren,  wenn  man 
nur  Versetzung  der  Aeltern  an  einen  andern  Ort  als  Ursache  der  Ver- 
änderung in  der  Schulanstalt  voraussetzt),  so  ergibt  sich,  dasz  über  3/8 
der  Gymnasialschüler  als  ihren  Cursus  vollendend  anzunehmen  sind. 
Wenn  man  sodann  die  Zahlen  der  zu  anderweiten  Bestimmungen  abge- 
gangenen ins  Auge  faszt: 

Kl.  I.     Kl.  II.     Kl.  III.     Kl.  IV.     Kl.  V.     Kl.  VI. 

159  563  470  398  271  155, 

so  scheint  der  Schlusz  berechtigt,  dasz  noch  immer  viele,  auch  ohne 
studieren  zu  wollen ,  in  der  Gymnasialbildung  einen  theuren  und  werth- 
vollen  Schatz  finden.  Denn  schwerlich  kann  man  wol  annehmen,  dasz 
alle  jene,  welche  aus  obern  Klassen  abgegangen,  sich  den  Branchen 
des  Staatsdiensts  zugewendet,  zu  welchen  ein  gewisses  Masz  der  Gym- 
nasialbildung als  Bedingung  der  Zulassung  gefordert  wird.  Gering  ist 
der  Uebertritt  zu  den  Kealschulen  (227  zu  den  Realsch.  Ir  Ordn.,  78  zu 
denen  Ilr  Ordn.,  11  zu  höhern  Bürgerschulen,  welche  zu  Abgangsprü- 
fungen berechtigt  sind),  so  dasz  es  scheint,  als  ob  sich  doch  zeitig  die 
verschiednen  Berufsvvege  sondern.  Wenn  wir  endlich  nur  62  als  durch 
den  Tod  ihren  Anstalten  entrissen  aufgeführt  finden ,  so  dürfen  wir  dies 
wol  als  ein  recht  günstiges  Zeugnis  für  die  Gesundheitszustände  der  Ge- 
neration betrachten.  Bei  den  Vorschulen  werden  sich  die  Zahlen  der 
Abgegangnen:  4  durch  den  Tod,  475  auf  Gymnasien  und  Progymnasieu, 
61  auf  Realanstalten,  178  auf  Stadtschulen,  11  (nur  in  Posen!)  zu  un- 
ermittelter  Bestimmung,  von  selbst  erklärlich  machen. 

Wenden  wir  uns  zu  den  öffentlich  anerkannten  Progymnasien, 
so  bestanden  deren  im  ganzen  Königreich  24,  wovon  2  auf  Preuszen, 
3  auf  Brandenburg,  auf  Sachsen,  Pommern  und  Posen  je  1 ,  auf  West- 
phalen  6,  auf  die  Rheinproviuz  10  kommen,  so  dasz  der  westliche  Teil 
gerade  doppelt  so  viel  als  der  östliche ,  Schlesien  gar  keins  hat.  Vor- 
schulen zu  denselben  bestanden  nur  in  Brandenburg  und  Pommern, 
welcher  Umstand  die  über  die  zu  den  Gymnasien  gehörenden  derarti- 
gen Anstalten  oben  ausgesprochne  Bemerkung  bestätigt.  Es  arbeiteten 
an  denselben  180  Lehrer,  nemlich  Rectoren  und  ordentliche  Lehrer  92, 
wissenschaftliche  Hülfslehrer  21,  technische  Lehrer  34,  Ortsgeistliche 
für  den  Religionsunterricht  20,  an  den  Vorschulen  13  (Probecaudidaten 
waren  an  keiner  solchen  Anstalt  beschäftigt).  Auch  bei  ihnen  hatte 
sich  die  Frequenz  im  genannten  Sommersemester  verringert,  und  zwar 
um  70  (64  Progymnasien,  6  Vorschulen).  Wärend  sie  nemlich  am  Schlusz 
des  Wintersemesters  1859/60  23 LI  (1870  Progymnasien,  435  Vorschulen) 
betrug,  stieg  diese  Zahl  zwar  im  Sommersemester  1860  auf  2598,  ward 
aber  durch  den  Abgang  von  397  (288  Progymnasien ,  69  Vorschulen) 
vermindert,  so  dasz  die  Zahl  am  Schlusz  des  genannten  Sommersemesters 
2241  (1812  Progymnasien,  429  Vorschulen)  betrug.  Nach  den  Confes- 
siouen  waren  die  Schüler  geteilt : 


474  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

Progymnasien.  Vorschulen. 

Evang.     Kath,     Jud. 

423  4  8 

CO  —  3 


Evang. 

Kath. 

Jad 

Preuszen               92 

239 

9 

Brandenburg      377 

3 

18 

Pommern             141 

2 

3 

Posen                     56 

42 

32 

Sachsen                  2U 





Westphalen           30 

285 

13 

Kheinprovinz      123 

592 

14 

Summen  848       11(33         89  4ö3  4         11. 

Es  überwog  demnach  in  den  Anstalten  dieser  Art  die  Zahl  der  Katho- 
liken bedeutend,  wärend  die  Zahl  der  Juden  als  unbedeutend  erscheint, 
wovon  jedesfalls  darin  der  Grund  zu  suchen,  dasz  die  Kinder  dieses 
Volks  sich  zahlreicher  in  den  gröszern  Städten  aufhalten.  Wenn  in  den 
Progymnasien  sich  1339  einheimische  Schüler  gegen  751  auswärtige  und 
10  Ausländer,  in  den  Vorschulen  4SI  einheimische  gegen  17  auswärtige 
und  keinen  Ausländer  finden,  so  haben  wir  darin  eine  Bestätigung  für 
unsere  bei  den  Gymnasien  gegebne  Erklärung.  In  dem  einen  Progj'm- 
nasium  der  Provinz  Sachsen  war  gar  nur  1  einheimischer  Schüler  gegen 
'21  auswärtige  und  1  Ausländer.  *)  Was  den  Bestand  der  einzelnen 
Klassen  anbetrifi't,  so  ergibt  sich  folgendes: 

Vorschulen 

Kl.  II.     KI.  III.     Kl.  IV.     Kl.  V.     Kl.  VI.     Kinr^KTTil 


Preuszen 

26 

50 

84 

86 

94 

— 

— 

Brandenburg 

17 

63 

98 

99 

121 

172 

163 

Pommern 

— 

24 

34 

49 

39 

33 

30 

Posen 

5 

23 

25 

31 

46 

— 

— 

Sachsen 

— 

— 

15 

14 

— 

— 

— 

Westphalen 

41 

93 

67 

54 

73 

— 



Rheiuprovinz 

14 

75 

126 

196 

318 

— 

— 

Summen  103  328  449  529  6Ö1  205  193. 

Es  stellt  sich  demnach  auch  hier  heraus,  dasz  eine  grosze  Zahl  von 
Aeltern  die  Vorteile  begreift,  welche  die  Anfänge  des  Gymnasialunter- 
richts bieten,  und  deshalb  ihre  Kinder,  wenn  sie  auch  nicht  studiereu 
wollen  ,  den  dieselben  gebenden  Anstalten  gern  anvertraut.  Wir  dürfen 
uns  auch  nicht  verwundern ,  dasz  von  denen ,  welche  die  oberste  Klasse 
absolvierten ,  72 ,  nur  5  sich  Realschulen  der  ersten  Ordnung ,  67  aber 
sich  Gymnasien  zuwandten,  wärend  nur  10  aus  derselben  Klasse  sich 
anderweiter  Bestimmung  widmeten;  denn  das  Alter  dieser  Klasse  setzt 
eine  entschiedne  Wahl  des  künftigen  Berufs  schon  voraus.  Aber  auch 
von  denen,  welche  den  Cursus  nicht  absolvierten,  giengen  25  auf  Gym- 
nasien, 5  auf  Realschulen  Ir  Ordnung,  1  auf  eine  Realschule  Ilr  Ord- 
nung ,  1  auf  eine  höhere  zur  Abgangsprüfung  berechtigte  höhere  Bürger- 
schule, 27  zu  andern  Stadtschulen,  123  zu  anderweitiger  Bestimmung, 
aus  den  Vorschulen  26  zu  Gymnasien  und  Progymnasien,  43  zn  sonsti- 
gen Stadtschulen  über.  Also  auch  hier  ist  klar,  dasz  nur  wenige,  die 
einmal  den  Weg  der  Gymuasialbildung  betreten,  sich  auf  die  Realschu- 
len hinüberleiten  lieszen.  Der  Tod  hat ,  Gott  sei  Dank  I  eine  geringe 
Ernte  gehabt;  nur  4  aus  den  Progymnasieu  verfielen  ihm. 

Die  Realschulen  haben  bekanntlich  im  Laufe  des  Sommerseme- 
sters Veränderungen  in  ihrer  Organisation  erfahren  und  wir  dürfen  diese 
Klasse    der  höhern  Lehranstalten  als  noch  in  der  Entwicklung  begriffen 


*)   Dieses   Progymnasium    ist   jedesfalls  die  Witzlebeusche  Kloster- 
schule zu  Tonndorf. 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen.  475 

ansehn.  Manches  ist  ßeitdem  zu  Ende  geführt  und  sichere  Resultate 
dürften  erst  nach  einigen  Jahren  sich  ergeben ;  gleichwol  glauben  wir 
unsern  Lesern  die  Mitteilung  über  die  Verhältnisse  in  jenem  Halbjahr 
nicht  vorenthalten  zu  dürfen,  können  auch  unsere  Bemerkungen  nur  als 
vorläufige,  sjiätere  Bestätigung  oder  Berichtigung  erwartende  gelten. 

Zu  Entlassungsprüfungen  berechtigte  Realschulen  Ir  Ordnung 
hatte  das  Königreich  32,  und  zwar  6  in  Preuszen  (die  zu  Tilsit  war  aus 
der  Iln  in  die  le  Ordnung  eingetreten),  6  in  Brandenburg,  1  in  Pommern, 
4  in  Schlesien,  4  in  Posen  (die  zu  Fraustadt  war  aus  der  Iln  in  die  le 
Ordnung  eingetreten) ,  1  in  Sachsen ,  4  in  Westphalen ,  (j  in  der  Rhein- 
provinz. Ilr  Ordnung  waren  2ö  vorhanden,  in  Preuszen  5  (wegen 
Tilsit  s.  oben),  in  Brandenburg  6,  in  Pommern  2,  in  Schlesien  2,  in  Po- 
sen 1  (an  die  Stelle  der  zu  Fraustadt  trat  die  aus  einer  Stadtschule 
neu  organisierte  zu  Rawicz),  in  Sachsen  7,  in  der  Rheinprovinz  3.  Von 
zu  Abgangsprüfungen  berechtigten  höhern  Bürgerschulen  waren 
nur  3  vorhanden ,  1  in  Pommern  und  2  in  der  Rheinprovinz.  Dagegen 
waren  noch  8  Realleliranstalten  in  der  Organisation  begriffen,  und  zwar 
in  Preuszen  1  (die  Realklassen  am  Gymnasium  zu  Thorn ,  die  jetzt  be- 
reits das  Recht  der  In  Ordnung  erlangt  haben),  in  Brandenburg  2  (die 
Realklassen  an  den  Gymnasien  zu  Landsberg  a.  d.  W.  und  Prenzlau), 
in  Pommern  1  (die  Realklassen  am  Gymnasium  zu  Colberg) ,  in  West- 
phalen 4  (die  mit  den  Gymnasien  zu  Bielefeld,  Burgsteinfurt  und  Dort- 
mund verbundnen  Realklassen  hatten  nur  die  Militärberechtigung  der 
Realschulen  Ilr  Ordnung,  neu  hinzugetreten  war  die  Stadtschule  zu 
Hagen).  Kann  man  auch  aus  diesen  Zahlen  ersehn,  dasz  in  Preuszen, 
Brandenburg  und  der  Rheinprovinz  das  Realschulwesen  fester  und  aus- 
gedehnter organisiert  ist  als  in  den  andern  Provinzen,  so  darf  man 
doch  daraus  nichts  weiter  schlieszen,  als  dasz  die  groszen  und  gewerb- 
thätigen  Städte  die  geeigneten  Stätten  zur  Hervorrufung  solcher  Anstal- 
ten sind,  wie  denn  in  Berlin,  der  so  industriereichen  Hauptstadt,  selbst 
im  Verhältnis  zu  der  Bevölkerung  die  meisten  derartigen  Schulen  sich 
finden.  Die  Zahl  der  Lehrer  war  944,  und  zwar  an  den  Realschulen 
Ir  Ordnung  525  (299  Directoren,  Ober-  und  ordentliche  Lehrer,  72  wis- 
senschaftliche Hülfslehrer,  69  technische  Lehrer,  35  Ortsgeistliche  für 
den  Religionsunterricht,  9  Probecandidaten,  41  Lehrer  an  den  Vorschu- 
len), an  den  Realschulen  Ilr  Ordnung  330  (202  Directoren,  Ober-  und 
ordentliche  Lehrer,  42  wissenschaftliche  Hülfslehrer,  53  technische  Leh- 
rer, 17  Ortgeistliche  für  den  Religionsunterricht,  5  Probecandidaten,  20 
Lehrer  an  den  Vorschulen),  an  den  zu  Abgangsprüfungen  berechtigten 
höhern  Bürgerschulen  24  (17  Rectoren  und  ordentliche  Lehrer,  3  wis- 
senschaftliche Hülfslehrer,  2  technische  Lehrer,  2  Ortsgeistliche  für  den 
Religionsunterricht,  1  Lehrer  für  eine  Vorschule),  endlich  an  den  in  dev 
Organisation  begriffnen  Reallehranstalten  56  (34  Rectoren  iind  ordent^ 
liehe  Lehrer,  6  wissenschaftliche  Hülfslehrer,  5  technische  Lehrer,  6  Orts- 
geistliche  für  den  Religionsunterricht,  5  Probecandidaten).  Schon  aus; 
dieser  Uebersicht  ergibt  sich,  dasz  mit  einer  sehr  groszen  Anzahl  von 
Realschulen  eigne  Vorschulen  verbunden  sind  (von  deren  Ir  Ordnung^ 
findet  sich  nur  in  Westphalen,  von  deren  Ilr  Ordnung  nur  in  Pommern,. 
Schlesien  und  Posen  keine).  Wenn  wir  auch  die  oben  bei  den  Gymna- 
sien berührten  Verhältnisse  in  den  groszen  Städten  hier  wiederum  in  An- 
schlag bringen,  so  scheint  doch  der  Schlusz  berechtigt,  dasz  die  Real- 
schulen im  allgemeinen  noch  mehr  als  die  Gymnasien  das  Bedürfnis 
besonderer  Vorbereitung  für  ihre  Schüler  empfinden ,  oder  dasz  sie  das 
Masz  der  Elementarkenntnisse  gröszer ,  sichrer  und  fester  voraussetzen 
müszen,  wenn  sie  ihren  Zweck  an  den  Zöglingen  erfüllen  wollen.  Um 
von  der  Frequenz  Anschauungen  zu  gewinnen  diene  folgende  Tabelle, 
bei  der  wir  bemerken   dasz    in   der  ersten  Columne  die  mit  dem  Beginn 


476  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen. 

des  neuen  Semersters  eingetretnen  Veränderungen  in  Eechnung  gezogen 
sind; 


Schlusz  des 
Wintersem. 

1859/60. 

Frequenz  in 
Sommersem 
1860. 

Abgang. 

Bestand   am 
Schlusz    des 
Sommersem 

Mehr 

Realschulen  Ir  Ordii. 

9497 

11058 

1413 

9645 

148 

Deren  Vorschulen 

1659 

2183 

454 

1729 

70 

Realschulen  Ilr  Ordn. 

5189 

6166 

838 

5328 

139 

Deren  Vorschulen 

716 

954 

165 

789 

73 

Höhere  Bürgerschulen 

216 

271 

39 

232 

16 

Deren  Vorschulen 

— 

19 

— 

19 

19 

In     der    Organisation 
begriffne 

497 

619 

52 

567 

70 

Ergibt  sich  demnach  ein  Gesamtmehr  von  535,  so  kann  dies  als  kein 
Beweis  groszen  Zudrangs  angesehn  werden,  da  sich  das  Bedürfnis  schon 
vorher  hersusgestellt  und  zur  Erweiterung  mehrerer  Anstalten  geführt 
hatte.  Sehen  wir  auf  die  Provinzen,  so  war  die  Frequenz  1860  am 
Schlusz  des  Sommersemesters  folgendermaszen  verteilt: 


M 

.a 

Höhere 

.d 

inUrga- 

Realschulen 

og 

Realschulen 

Bürger- 

05 

nisation 

Ir  Ordnung. 

o 

> 

Ilr  Ordn. 

O 
> 

schulen. 

o 

> 

begriffne. 

Preuszen                  2120 

364 

775 

66 

— 

— 

66 

Brandenburg          1982 

483 

1751 

475 

— 

— 

147 

Pommern                  538 

200 

203 

— 

54 

— 

55 

Schlesien                 1567 

284 

285 

— 

— 

— 

— 

Posen                       1010 

195 

134 

— 

— 

— 

— 

Sachsen                     371 

186 

1777 

234 

— 

— 

— 

Westphalen              619 

— 

— 

— 

— 

— 

299 

Rheinprovinz          1438 

17 

403 

14 

178 

19 

— 

Nach  der  Confession  zerfielen  die  Schüler: 

Evangel.  Kathol.  Juden. 
Realschulen  Ir  Ordnung  8597  1369  1092 
Deren  Vorschulen  1864  131  188 
Realschulen  Ilr  Ordnung  5347  411  408 
Deren  Vorschulen  875  16  63 
Höhere  Bürgerschulen  247  14  10 
Deren  Vorschulen  17  2  — 
In  der  Organisation  be- 
griffne Reallehranstalten       534 28 57_ 

~~Sa  17481  197]  1818. 

Halten  wir  diese  Zahlen  mit  den  oben  von  den  Gymnasien  gegebnen 
zusammen,  so  ist  höchst  auffällig,  wie  ungemein  die  Zahl  der  Evange- 
lischen überwiegt  und  wie  wenig  die  der  Katholiken  über  die  der  Juden 
geht.  Ist  man  berechtigt  diese  Erscheinitng  auf  die  Abneigung  der  ka- 
tholischen Kirche  gegen  die  Naturwissenschaften  zurückzuführen  oder 
mangelt  es  noch  an  Mitteln  in  den  von  Katholiken  überwiegend  bevöl- 
kerten Provinzen?  AVir  lassen  uns  hierauf  nicht  weiter  ein  und  begnü- 
gen uns  die  Thatsache  zu  constatieren.  Was  die  Heimatsorte  der 
Schüler  betrifft ,  so  ergibt  sich  ein  viel  gröszeres  Uebergewicht  der  aus 
den  Schulorten  Gebürtigen  als  bei  den  Gymnasien.  Es  kamen  nemlich 
in  den  Realschulen  Ir  Ordnung  8256  derselben  auf  2640  von  auswärts 
und  153  Ausländer,  und  in  deren  Vorschulen  2057  einheimische  auf  116 


[1.  m. 

Kl.  IV. 

Kl.V. 

Kl.  VI 

2217 

22Ü5 

2290 

2324 

1210 

1806 

1401 

1221 

65 

78 

47 

44 

175 

227 

47 

43. 

Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statisl.  Notizen.  477 

auswärtige  und  10  Ausländer.  Etwas  günstiger  stellt  sich  das  Verhält- 
nis bei  den  liealschulen  Ilr  Ordnung;  denn  die  Zahlen  sind  hier  4001 
—  2041  —  124;  bei  den  Vorschulen  dagegen  wieder  893  —  57  —  4. 
Bei  den  höhern  Bürgerschulen  finden  sich  195  einheimische,  04  auswär- 
tige und  12  Ausländer,  bei  den  in  der  Organisation  begriffnen  Reallehr- 
anstalten 396  einheimische,  210  auswärtige,  13  Ausländer.  Darauf  grün- 
det sich  der  wolberechtigte  Schlusz,  dasz  die  Realschulen  doch  haupt- 
sächlich nur  den  Bedürfnissen  groszer  Handels-  und  gewerbthätiger 
Städte  entsprechen.  Stellen  wir  die  Zahlen  für  die  Schüler  der  einzel- 
nen Klassen  zusammen,  so  erhalten  wir : 

Kl.  I.  Kl.  II. 

Realschulen  Ir  Ordnung    454  1508 

Realschulen  Ilr  Ordnung     247  781 

Höhere  Bürgerscliulen           —  37 

In   der  Organ,  begriffne       34  103 

Wir  müszen  hierbei  bemerken  dasz  die  eine  höhere  Bürgerschule  in 
Pommern  nur  die  Klassen  II,  III  und  IV,  die  in  der  Organisation  be- 
griffnen als  mit  Gymnasien  vereinigte  Realklassen  nur  I — IV  (mit  einer 
einzigen  Ausnahme),  die  eine  in  Pommern  nur  II  —  IV  hat.  Es  wird 
dadurch  die  auch  anderwärts  gemachte  Erfahrung  bestätigt,  dasz  nur 
wenige  den  vollen  Cursus  der  Realschulen  beendigen.  Die  Ursache  da- 
von ist  längst  erkannt:  diejenigen,  welche  zu  technischen  Berufsarten, 
die  noch  eine  besondere  Lehrzeit  erfordern,  sich  bestimmen,  sind  ent- 
weder nicht  im  Stande  oder  nicht  geneigt ,  in  schon  vorgeschrittnem 
Alter  die  letztere  anzutreten  und  längere  Zeit  hindurch  auf  den  Selbst- 
erwerb zu  verzichten.  Da  sich  keine  Schulanstalt  den  auszer  ihr 
vorhandnen  factischen  Verhältnissen  Rechnung  zu  tragen  sich  entzie- 
hen kann ,  so  haben  wol  die  Realschulen  in  ihrer  Organisation  darauf 
Rücksicht  zu  nehmen,  und  Ref.  wünschte  dringend  einmal  sorgfältig 
zusammengestellt  zu  sehen  ,  wie  weit  dies  in  den  einzelnen  Ländern  ge- 
schehen ist ,  so  wie  die  daran  anknüpfende  wissenschaftliche  Discussion 
anzuregen,  welcher  Weg  der  zur  Lösung  dieser  Frage  geeignetste  sei. 
Interessant  ist  es  denn  auch  hier  zu  sehen,  wohin  die  abgegangnen  von 
den  Schülern  sich  gewendet.  Von  den  Realschulen  Ir  Ordnung  sind  20 
gestorben.  Wenn  hier  nur  57  von  1393  die  Reifeprüfung  bestanden  ,  so 
müszen  wir  wol  annehmen,  dasz  sich  dies  Verhältnis,  wenn  die  neue 
Organisation  vollständig  dem  Leben  eingebildet  sein  wird,  beszern  werde. 
Die  57,  welche  auf  zu  Abgangsprüfungen  berechtigte  andere  Realanstal- 
ten übergiengen,  müszen  wir  als  auf  die  Vollendung  ihres  Cursus  be- 
dacht betrachten;  dagegen  ist  die  Zahl  der  auf  Gymnasien  und  Pro- 
gymnasien übergetretnen  65  doch  ziemlich  beträchtlich.  Noch  günstiger 
stellt  sich  das  Verhältnis  für  die  Gymnasien  bei  den  Realschulen  Hr 
Ordnung,  indem  auf  31,  welche  das  Reifezeugnis  erwarben,  237  kom- 
men ,  did  sich  Gymnasien  und  Progymnasien  zuwandten.  Die  überaus 
grosze  Zahl  solcher,  welche  als  zu  anderweiten  Bestimmungen  abge- 
gangen aufgeführt  worden,  bestätigt  das  oben  ausgesprochne ;  auffallend 
ist  es  aber  immerhin,  dasz  aus  den  I.  Kl.  der  Realschulen  Ir  Ordnung 
92,  aus  der  I.  Kl.  der  Ilr  Ordnung  60  diesen  Schritt  dem  Bestehn  der 
Reifeprüfung  vorzogen.  Daran  lieszen  sich  wol  manche  ernste  Betrach- 
tungen anknüpfen ,  indes  sehen  wir  hier  davon  ab  und  sprechen  lieber 
den  aufrichtigsten  Dank  für  die  Veröffentlichung  der  statistischen  Ta- 
bellen dem  hohen  preuszischen  Uuterrichtsministeriura  aus.  R.  D. 

Nassau  1861. 
Ueber  die  Gymnasien  des  Herzogtums  Nassau  berichten  wir  nach 
den  zu  Ostern  1861  erschienenen  Programmen  wie  folgt: 


478  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

1.  Hadämar.]  Der  Bestand  des  LelirercoUegiums,  in  welchem  wärend 
des  verflossenen  Schuljahrs  keine  Veränderung  eintrat,  ist  folgender: 
Director  Oberschulrath  Dr  Schwarte,  Professor  Lade,  Professor 
Meister,  auszerordentlicher  Professor  Barbieux,  die  Conrectoren  Dr 
Eickemeier,  Colombel,  Dr  Deutsch  mann,  die  Collaboratoren 
Dr  Krebs,  Hetzel,  Zeichenlehrer  Diefenbach,  Elementarlehrer 
Decku.  Der  Convictregens  Walter  war  auch  in  dem  verflossenen 
Schuljahr  als  Lehrer  an  dem  Gymnasium  thätig.  Der  katholische  Re- 
ligionsunterriclit  wurde  von  dem  Beneficiaten  Schmelzeis,  der  evan- 
gelische von  dem  Pfarrer  Schellenberg  erteilt.  Schülerzahl  166 
(I  24,  II  24,  III  26,  IV  24,  V  20,  VI  28,  VII  20).  Abiturienten  10. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus :  Einleitung  zur  Geschichte  der  vier 
Grafen  von  Nassau  auf  dem  Erzstuhl  zu  Mainz.  Von  dem  Courector 
Colombel  (24  S.  4).  Der  Verfasser  beabsichtigt  das  Wirken  der  vier 
Grafen  von  Is^assau,  die  auf  dem  Erzstuhl  von  Mainz  eine  bedeu- 
tungsvolle Stellung  im  Reiche  einnahmen,  urkundlich  darzustellen.  Zu- 
nächst soll  als  Grundlage  vorliegende  Einleitung  dienen,  worin  er  die 
politische  Gestaltung  Deutschlands  in  der  Mitte  des  vierzehnten  Jahr- 
hunderts, die  Stellung  der  Mainzer  Erzbischöfe  zum  Reiche  und  zu  der 
Stadt  Mainz ,  endlich  die  Lage  des  Nassauischen  Grafenhauses ,  insbe- 
sondere die  Thätigkeit  des  Vaters  des  genannten  Erzbischofs  in  aller 
Kürze  darzustellen  versucht  hat.  I)  Die  politische  Lage  Deutschlands 
in  der  Mitte  des  vierzehnten  Jahrhunderts.  II)  Stellung  und  Einflusz 
der  Erzbischöfe  von  Mainz  im  vierzehnten  Jahrhundert.  III)  Die  Graten 
von  Nassau  im  Anfang  des  vierzehnten  Jahrhunderts,  ihr  Verhältnis  zu 
den  benachbarten  Landesherren  und  zu  dem  damaligen  groszen  Kampf 
im  Reiche. 

2.  Weilbürg.]     Im   Laufe    des  Sommersemesters   wurde   der  evan- 
gelische Religionslehrer  Stadtpfarrer  Dörr  unter  Ernennung  zum  Decan 
als   erster   Pfarrer   nach    Usingen   versetzt    und    der   Religionsunterricht 
seinem  Nachfolger  im  Pfarramte  Pfarrer  Olily  übertragen.    Den  katho- 
lischen Religionsunterricht  erteilte  Pfarrer  Noil.     LehrercoUegium :  Di- 
rector Dr  Schmitt,  Professor  Krebs,  Professor  Sehende,  Professor 
Francke,    Professor  Schul  z ,   Professor   Stoll,   Conrector  Becker, 
Conrector  Wagner,  Collaborator  Brandscheid,  Hülfslehrer  Sauer, 
Zeichenlehrer  Durst,  Tanz-  und  Turnlehrer  Liebich,  Reitlehrer  Stroh. 
Schülerzahl  134  (I  11,   II  19,   III  18,   IV  22,   V  24,   VI  16,   VII  24). 
Abiturienten  4.     Den   Schulnachrichten    geht    voraus    eine  Abhandlung 
vom    Professor   Stoll:   animadversiones  in   hyinnos   Homericos   (22 ^S.    4). 
I)  Hymnus  in  Mercurium.    V.  34  —  38.^   V.  35:    Interpol.     37:   aXv.ciQ 
(vel    «ilMTj)    pro    dlxiiri.      V.   41  sq.:    iv&'    kqu    nrjxvvag    yXvrpcivca 
TioUoto    ciSr'iQov   v.xi.    i.  e,   testudinis    cubito   inclinatae   medullam 
spinalem  exterebravit.     V.  52:  cpQSVcov  pro  cpsqcov.     (In  Universum  sie 
statuendum  est,   Homerum   ante   mutam   c.   liq.  syllabam  vulgo   produ- 
cere,  neque  tamen  raro,  necessitate  coactum,  ab  hac  lege  discessisse  et, 
quoniam    in  hexametro  epico    correptiones    ante    mutam    c.  liq.    prorsus 
vitari   non    poterant,    nonnullis    quidem  locis ,    quamquam    versu  aliter 
formando  vitare  potuit,   iam    assuetum  quasi    legem   violare,    eas  admi- 
sisse.     Longe  plurimae   eiusmodi   correptiones   sunt  in  pedibus  tertio 
et   quinto.)     V.  79:    0(xv8ala   v.dl'   oz'    SQiipsv   kzI.     V.   86:    ota   t' 
£7teiy6(i£vog  Solirjq  oSov  svxQon l7]giv.     V.  110:  Td%a  d'  Hovro 
&8Qii6g   avt^irj.      V.   155  —  161    (cf.    256   sqq     et    374):    rj    fff    IctßdvzK 
&i-6v  QiipFiv  ig  TaQzuQOv  svqvv  \   stg^töfpov  alvö^iOQOv  nal  dif^xccvov^ 
i'vd-cc    a'  otco   I   riBQOivza  [iszats  v-uz'  ayuccc  iprjXrjZBvastv.     V.  259:  dlX 
V7i6  ycii'f}  I  SQQYiGBig,  ^ocp8QO  lOLV  £v  hyü £ G i V  -^TtSQonsvwv.  V.  169: 
artftot    pro    dnaGzoL.      V.  239:    KVKKza   pro    iavzov.      V.   346:    avzog 
d'   ovzog    onTjäug    aut    oSrjydg.     V.  398:   ig   Uvlov    i^fiad'ösvza    Kai 


Berichte  über  golehrfe  Anslalfen,  Verordnungen,  slatist.  Notizen.  479 

'jXcpsi'ov  tiÖqov  I^ov.  V.  418:  Xc<ßcov  ö'  iQCit  s  iv  ov  a&rQiiK.  V.  436: 
TtoXv^iViS  öaizog  stcciqb.  V.  400  sqq.:  vccl  (icc  zdds  KQavs'ivov  dy^öv- 
Ttov ,  7j  fi-fv  Byco  CS  I  ■hvSqov  8v  d&civc(ToiGi  Tial  olßiov  rjfiaTa  itccvra  \ 
&t'ja(o I  öcöcco  x'  aylaa  Swqu  xat  ig  xiloq  ovy.  dTzazrjaio.  II)  Hym- 
nus in  Cerereni.  Operae  pretium  esse  duximus  perquirere ,  qualis  iis 
partibiis,  quae  recentiore  tempore  irruerunt.  semotis  pristina  carminis 
forma  fuerit.  Primo  hymni  auctori  ex  vv.  1  —  63  ceteris  remotis  hos 
tribuimus  versus:  1 — 20.  38 — 46  et  62  et  63  hae  forma:  "Hsliov  d' 
dcp  iyic(vc-,  &scov  cv.onbv  riSs  Kai  dvögcov,  |  arij  d'  ircncov  TiQOTtdgoi'd'S 
Kai  si'gSTO  Sia  &sdwv.  V.  108  sqq.:  Hermann!  coniecturam  in  Univer- 
sum secuti  locum  a  primo  carminis  auctore  sie  fere  scriptum  fuisse 
opinamur:  rg^ic,  wTft'  ts  &fai,  novgrjiov  dv&os  i-'xovaai ,  |  Zlcuadgr}  y.al 
IJcili(.i£g6Tcri  v.c(L  dtoyivsta'  \  ovd  syvojv  x'^Xsnol  dl-  &8ol  ^vrizoiaiv 
bgdo&ai.  \  dyxov  ö'  lazajiivrj  fTrfoc  nzsgösvza  7iQoar]vda  |  Ila^fisgöurj^ 
XsXsoio  &vyuzgcav  slSog  dgCazri.  V.  188 — 211:  versibus  spuriis  eiectis, 
qui  restant  versus  optime  inter  se  videntur  cohaerere:  c7xpci  81  dc6i.t,CA&' 
t'-novzo  ^LOZQBcpiog  KfliOLO ,  \  ßdv  Sl  8l'  ai&ovarjg ,  i^v&a  acpt'Gi  Tiözvia 
f-irjzrjg  |  ryöro  Ttagd  cza&^öv  rgyfog  Ttv-aa  Ttoirjzoio ,  \  naiS'  vTtb  v.61tioi 
fXOvaci^  Viov  %älog,  cd  dh  nag'  avzrjv  |  eögaaov  •  i]  d'  dg'  sn'  ovöov 
fßr]  Ttoal  ÖLa  &idcov.  \  zfjcL  8e  ^vQ'cov  TJgxsv  ivttovog  Mszdviiga.  V.  259 
—  260:  Ttolinov  v.al  (p.  alviiv  iv  dlXrjXotai  ovvdS,ovGL,  non  de  bello 
civili  Eleusiniorum,  sed  de  ludo  quodam  sacro,  qui  pugnantium  specicm 
praebebat,  ab  Eleusiniis  quotannis  solemni  aliquo  die  in  Demophontis 
honorem  edito  dictum  esse  censemus.  Totum  igitur  locum  sie  reddi- 
mus:  certis  volventium  annorum  temporibus  in  huins  hono- 
rem fiUi  Eleusiniorum  per  omne  futurum  tempus  bellum 
etdirampugnam  inter  se  concit abunt.  Hos  tres  versus  illo 
poeta  minus  dignos  non  dubitamus  quin  idem  interpolator,  quem  aliis 
iam  loeis  maioris  doctrinae  studiosum  deprehendimus,  eo  consilio  inter- 
posuerit,  ut  demonstraret ,  qua  ratione  ludus  ille ,  quo  Eleusinii  Demo- 
phontem  celebrabant ,  ortus  esset.  V.  365  —  369:  interpol.  (Preller), 
V.  414  sqq.:  ex  omnibus  versibus,  qui  inter  v.  413  et  441  positi  erant, 
unum  tantum  versum  433  retineri  posse  censemus,  ita  ut  inde  a  v.  403 
versus  sie  se  excepisse  videantur:  403.  405 — 413  [433 ?J.  441.  V. 417  sqq.: 
auctor  catalogi  Oceaninarnm  Homerici  Hesiodi  catalogum  ante  oculos 
habuit,  sed  nomina  commutando  et  transponendo  operam  dedit,  ne, 
quantopere  ab  exemplo  suo  penderet,  animadverteretur.  —  Exitus  hymni 
inde  a  v.  470  adeo  interpolatus  est,  ut  haec  pauca  tantum  genuina  esse 
videantur;  v.  470—473  et  484—489.  Priores  versus  470—473  cum  484 
— 489  sie  fere  coniuncti  erant:  i'ßgia'-  rj  81  ^sd,  KalXiazitpavog  drj^irj- 
rrjg,  \  ainri  "/coiit  &vydzrig ,  TifgiKaXXrjg  UFga^q^övsta,  |  ßäv  g'  i'fisv  Ov- 
Xv^TTOvSf  &SCOV  (ii&'  opiTjyvgiv  dXXwv.  ''Eiectis  vel  mutatis,  quas  iudi- 
cavimus ,  partibus ,  restituitur  carmen,  quäle  ab  initio  conditum  fuisse 
putamus ,  in  quo  non  solum  omnes  partes  sie  inter  se  coniunctae  sunt, 
ut  optime  sese  excipiant  et  nihil  inutile  sit  et  supervacaneum ,  sed 
etiam  orationis  color  et  de  rebus  sacris  sententiae  antiquiorem  produnt 
epicae  poeseos  aetatem.' 

3.  Wiesbaden.]  a)  Gelehrten-Gymnasium.  Auch  das  ver- 
flossene Schuljahr  verlief  nicht  ohne  Veränderungen  im  Lehrerpersonal. 
Mit  dem  Anfang  desselben  ist  der  Candidat  der  Philologie  Weldert 
dem  Gymnasium  zugeteilt  worden  und  in  die  siebente  Klasse  als  Ordi- 
narius  eingetreten.  Wenige  Wochen  nachher  wurde  Professor  Spiesz 
an  das  hiesige  Realgymnasium  versetzt;  gleichzeitig  wurde  Conrector 
Otto,  der  bis  dahin  an  dem  Eealgymnasium  mit  9  wöchentlichen  Lehrstun- 
den beschäftigt  war,  von  diesen  entbunden,  in  Folge  dessen  derselbe  die 
meisten  früliern  Lehrstiindcn  des  Professor  Spiesz  übernehmen  konnte. 
Dem    katholischen    Religionslehrer    Kaplau    Lorsbach    wurde    wegen 


480  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

Kränklichkeit    der   Kaplan  Schmidt    als    einstweilige  Aushülfe   beige- 
geben.    Das  Lehrercollegium   besteht  dempach   gegenwärtig   aus  folgen- 
den  Mitgliedern:    Director  Oberschulrath  Lex,    Professor    Dr  Cuntz, 
Professor  Kirschbaum,  Professor  Müller,  Professor  Dr  Lud  ecking, 
Conrector  Bernhardt,  Conrector  Seyberth,  Conrector  Bogler,  Con- 
rector   Otto,     Collaborator    Schmitthenner,    Candidat    Weldert, 
Elementarlehrer    Reich ard,    Zeichen-  und    Turnlehrer    de   Laspe'e, 
Reitlehrer    von   Willmaar.      Auszerdem     erteilten     der    Professor    Dr 
Greisz    von    dem    hiesigen  Realgj'muasium   den   englischen   Unterricht, 
der   Kirchenrath   Dietz    den    evangelischen,    die   Kaplane   Lorsbach 
und   Schmidt    den   katholischen   Religionsunterricht.      Schülerzahl  219 
(I  21,   II  34,    III    18,    IV  40,    V    34,   VI   36,   VII   36).     Abiturient  1 
(Ostern    18G0    11).      Den   Schulnachrichten    geht  voraus:    zur   Geschichte 
der  Negation    in  der  französischen  Sprache ,   von   dem    Professor   Dr  L  ü  - 
decking  (14  S.  4).     Der  Verfasser,  welcher  nichts  erschöpfendes,  am 
wenigsten   aber   eine   vollständige    Darstellung    des    heutigen    Sprachge- 
brauchs  geben  will,   hat  versucht  die  Entstehung  und  Entwicklung  des 
durch     seine     Eigentümlichkeit    interessanten    Negationsverfahrens    der 
französischen  Sprache  in  einer  Form  darzustellen,   welche   auch  ''gebil- 
dete  Leser'  veranlassen  könnte,  über  den  Titel  der  Abhandlung  hinaus- 
zulesen.     I)    Die    Negation   ne   und   ihre   Füllwörter    (pas,    point,    mie, 
goutte,  maille,  mot,  guere  u.  a.).     Auch  die  mittelhochdeutsche  Sprache 
verstärkt  die  Verneinung  durch  ähnliche  Füllwörter:  niht  ein  blat;  niht 
ein  hast;  niht  ein  ber;  niht  ein  stro;  niht  eine  bone   (noch  jetzt:  nicht 
die  Bohne);    niht  ein  wicke ;    niht   ein   nuz;    niht  ein  ei;    niht  ein  brüt; 
niht   ein  har  u.  a.     Aus  der  heutigen  Sprache:  nicht  ein  Biszchen;  kei- 
nen Püfterling;    keinen  Finger   breit;   keinen  Heller   u.   a.     Niedersäch- 
sisch:  kein   spir.     Der  Gedanke,    die  Negation  durch  derartige  Wörter 
zu  verstärken,    liegt  sehr  nahe    und  ist  deshalb  in  vielen  Sprachen,   in 
alten  wie  in  neuen ,    in    den    alten    freilich    in  beschränkter  Weise ,    zur 
Anwendung   gekommen.     Von  römischen    Schriftstellern    ist    es    vorzüg- 
lich Plautus,  welcher  so  verfährt.     Die  hier  gebrauchten  Wörter,  deren 
einige   nur   mit    der   Negation    stehn    können,    sind    flocci,    nauci,   pili, 
assis,    pensi,   nihil    (ne  hilum)   u.  a.     Im  Griechischen   wird    ovSs    yQV 
und  ovdh  xhv  dQ%i^v  gebraucht,  um  unser  'nicht  die  Spur'  auszudrücken. 
Aehnliche  und  teilweise  dieselben  Wörter  dienen  in  der  italienischen  und 
spanischen  Sprache  zur  Verstärkung  der  Negation ;  es  sind  dieses  Wör- 
ter wie:  Quirl,  Wicke,  Schilf,  Hirsenkorn,  Strohhalm,  Kresse,  Kümmel, 
Feige  u.  a.     Dem   letzteren  Worte   begegnen    wir   auch   im  Englischen: 
a  fig  for  you!     So    abstract  jedoch,    wie    die   französischen  Füllwörter, 
namentlich   pas    und  point ,    geworden   sind ,    erscheinen   die   genannten 
Wörter  anderer  Sprachen   nicht,    wenn  wir  von  nihil  und  dem  italieni- 
schen  mica    absehn.     Der  Verfasser   wendet   sich  dann  zu  der  genauem 
Betrachtung    der    angegebenen    französischen  Füllwörter.      Im    zweiten 
Teil  der  Abhandlung  wird    eine  Anzahl  allgemeiner  adjectivischer ,  sub- 
stantivischer und   adverbialer   Ausdrücke  betrachtet,    aus    deren  Unbe- 
stimmtheit  sich  ihr    verschiedenartiger  und   scheinbar  widersprechender 
Gebrauch  erklärt  (aucun  ,  nul,  personne,  rien ,  jamais  u.  a. ).     III)  Die 
Häufung   der   Verneinungen.     Es  findet   sich    in   der  alten  Sprache  eine 
dreifache,  eine  vierfache  Verneinung,  wenn  man  von  dem  Grundbegriffe 
der  Wörter  ausgeht:    nul    ne   se    doibt  (doit)  point    louer  ou    blasmer 
(bliimer).     Auch    die  heutige  Sprache  darf  mehr  als  zwei  Verneinungen 
gebrauchen,  jedoch  nicht  willkürlich,  sondern  nur,  wenn,  wie  im  nach- 
stehenden Beispiel ,    die   dazu  geeigneten   verneinenden   und  dubitativen 
Wörter   zusammentreffen:    je    n'ai   jamais    rien    refuse'    ;i   personne.    — 
b)  Real-Gymnasium.     Nach  dem  Tode  des  Collaborators  Dr  Mon- 
ges  wurde  Professor  Spiesz   vom   Gymnasium   dahier    an  das    Real- 


Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  sfatist.  Notizen.  481 

«rymnasium  versetzt  und  gfleiclizeitig  Conrector  Otto,  welcher  den  ge- 
samten lateinischen  Unterricht  erteilt  hatte ,  dem  Gymnasium ,  welchem 
er  eigentlich  angehörte,  vollständig  zurückgegeben.  Zur  Deckung  eines 
Teils  der  Stunden  des  auf  längere  Zeit  durch  Krankheit  verhinderten 
Directors  wurde  Collaborator  U  nverz  agt  von  der  höhern  Bürgerschule 
zu  Anfang  des  Wintersemesters  dem  Kealgymnasium  zugewiesen ;  zu 
gleicher  Zeit  wurde  dem  Professor  Ebenau  bis  zur  Wiedergenesung 
des  Directors  die  interimistische  Leitung  der  Anstalt  übertragen.  Die 
übrigen  Lehrerverhältnisse  sind  dieselben  geblieben,  wie  im  vorigen 
Schuljahr.  Den  Religionsuntei'richt  erteilten  wie  bisher  für  die  evan- 
gelischen Schüler  Kirchenrath  Dietz,  für  die  katholischen  Kaplan 
L  o  r  s  b  a  c  h.  Professor  Dr  Lüdecking  vom  Gelehrtengymnasium 
erteilte  französischen  und  englischen  Unterricht.  Den  Unterricht  im 
Zeichnen  erteilte  de  Laspe'e,  den  im  Gesang  Eeichard.  Lehrer- 
collegium:  Director  Oberschulrath  Dr  Müller,  Professor  Ebenau, 
Professor  Dr  Greisz,  Professor  S  piesz,  Conrector  Dr  Gas  seimann, 
Conrector  Dr  Sandberger,  Collaborator  Dr  Hildenbra  nd.  Scbüler- 
zahl  99  (I  44,  II  23,  III  32).  Abiturienten  zu  Ostern  1860  4,  zu 
Michaelis  5.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Zuj-  Geschichte  des 
Magnetismus  von  Professor  Dr  Greisz  (18  S.  4). 

CoBDEG  1860.]  Die  Gründung  einer  Sexta  machte  eine  Verstärkung 
des  LehrercoUegiums  notwendig;  diese  erfolgte  dadurch,  dasz  Dr  Study, 
der  zwei  Jahre  lang  am  Gymnasium  in  Gotha  fungiert  hatte,  einen  Kuf 
als  Ordinarius  der  Sexta  annahm.  Mit  Beginn  des  neuen  Schuljahrs 
übernahm  Ober-Consistorialrath  Dr  Meyer  den  Religionsunterricht  in 
den  beiden  oberen  Klassen,  den  nach  Dr  Genszier s  Tod  ein  Jahr 
lang  stellvertretend  Diaconus  Ros  e  erteilt  hatte.  Sehreiblehrer  H  al  ter 
trat  an  die  Stelle  des  bisherigen  Schreiblehrers  Klappenbach,  der 
durch  Krankheit  gehindert  war  seine  Thätigkeit  am  Gymnasium  fort- 
zusetzen. LehrercoUegium:  Director  Oberschulrath  Fo  rb  erg,  Professor 
Tr  o  mpheller,  Professor  Schneider,  Professor  Ahrens,  Professor 
Dr  Voigtmann,  Professor  Dr  Kern,  die  Gymnasiallehrer  Muther, 
Dressel,  Dr  Study,  Zeichenlehrer  Zizmann,  Gesanglehrer  Böhm. 
Schülerzahl  88  (I  3,  II  16,  III  24,  IV  8,  V  24,  VI  13).  1  Abiturient. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus :  Zur  Erklärung  des  Thukydides.  t'ier- 
tes  Htfl.  Von  dem  Director  Oberschulrath  Forberg  (6  S.  4).  Der 
Verfasser  erklärt  den  Anfang  von  I  11:  cutlov  ö'  ijv  ovx  V  oXiyav&Qca- 
■nici  TOToürov  v.xl.  Derselbe  nimmt  an,  dasz  Thukydides  durch  eine 
Härte  des  Ausdrucks  das  Verständnis  erschwert  habe.  Der  eingeschobene 
Satz  8i,Xov  —  ixiixiocivro  soll  nicht  den  Begriff  von  tyiQäzrjaav,  sondern 
von  u-üzv  begründen.  Der  Schriftsteller  habe  das  sagen  wollen,  was  er 
mit  den  Worten  ircsiSiq  Sa  ciq)r/,6^Bvot.  ficix^'^  inoijjjavzo  rj  i-ngdtow 
deutlicher  hätte  ausdrücken  können.  Der  Sinn  nemlicli  sei:  als  sie  aber 
nach  ihrer  Ankunft  eine  Schlacht  im  offnen  Felde  geliefert  hatten ,  in 
der  sie  siegten  —  und  dasz  ihnen  der  Feind  im  offenen  Feld  die  Spitze 
bot,  läszt  sich  nicht  bezweifeln,  denn  sonst  hätten  sie  ihr  Lager  nicht 
befestigt  — ,  haben  sie  offenbar  auch  da  nicht  ihre  ganze  Macht  ge- 
braucht usw.  Nunmehr  rücke  erst  das  ovS'  ivrav&a  in  sein  volles 
Licht.  Die  Griechen,  sage  Thukydides,  denen  der  Feind  im  offenen 
Kampf  mutig  entgegentrat  ohne  sich  zaghaft  hinter  die  Mauern  der 
Stadt  zu  bergen,  hätten  alle  Ursache  gehabt  ihre  Streitkräfte  zusammen- 
zuhalten, die  Schwierigkeit  aber  den  Lebensunterhalt  zu  schaffen  habe 
sie  gezwungen  Abteilungen  ihres  Heeres  zum  Feldbau  nach  dem  Cher- 
sones  und  zu  Raubzügen  zu  entsenden.  So  bewegten  sich  die  Ge- 
danken in  der  strengsten  logischen  Folge.  Der  Rest  des  Kapitels  stehe 
mit   der   gegebnen   Erklärung  in  befriedigender  Uebereinstimmung.     Die 

N.  J«lirb.  f.  Phil.  u.  Päd.    II.  Abt.  ISfil.  Hft  10.  31 


482  Bericilto  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stalisl.  Notizen,, 

Einladnngsscluift  zur  Stiftnng^sfeier  des  Gymnasiums  am  3.  Juli  enthält : 
Praktische  Bemerkungen  über  den  griechisclien  Elementarunterricht,  von  Pro- 
fessor Schneider  (28  S.  4).  Das  hier  mitgeteilte  Programm  soll  als 
Vorwort  einer  in  Kurzem  von  demselben  Verfasser  erscheinenden  Schrift 
'praktische  Formenlehre  der  griechischen  Sprache  für  den  Elementarunter- 
richt'' betrachtet  werden.  Referent  ist  mit  den  über  die  Methode  des 
griechischen  Elementarunterrichts  hier  ausgesprochnen  Grundsätzen 
vollständig  einverstanden  und  sieht  dem  Erscheinen  dieses  Schulbuchs 
mit  Interesse  entgegen.  —  Das  Programm  der  Realschule  zu  Coburg 
enthält  eine  Abhandlung  des  Directors  Dr  Eberhard:  die  Gesundheils- 
pflege in  der  Schule  (23  S.  4). 

Hildburghausen  1861.]  Der  Hofmaler  Keszler  erhielt  die  wegen 
seines  hohen  Alters  und  seiner  Kränklichkeit  nachgesuchte  Entbindung 
von  seinen  Functionen  als  Zeichenlehrer  mit  Belassiing  seines  bisherigen 
Gehalts  als  Pension;  an  seine  Stelle  ist  der  Maler  Baumann  getreten. 
In  das  Lehrercollegium  trat  auszerdem  wieder  ein  Gymnasiallehrer  Dr 
Siebeiis,  der  vor  mehreren  Jahren  wegen  andauernder  Krankheit  zur 
Disposition  gestellt  worden  war;  demselben  wurde  das  PrUdicat  'Pro- 
fessor' erteilt.  Das  Lehrercollegium  bilden:  Director  DrDoberenz, 
Schulrath  Dr  Reinhardt,  Professor  Dr  Ejichn er,  Professor  Dr  Em m - 
rieh,  Professor  Dr  Siebeiis,  Ritt  weger.  Heim,  Keszler,  Müller 
(Lehrer  des  Französischen),  Elementar-,  Sing-  und  Turnlehrer  Boden- 
stein, Zeichenlehrer  Bau  mann.  Scbülerzahl  104  (I  11,  II  20,  III  5, 
IV  29,  V  25,  VI  14).  Abiturienten  3.  Den  Schulnachrichten  geht 
voraus:  de  verhis  eundi  Ilom.ericis  seripsit  H.  Keszler  (20  S.  4).  'Hnec 
verba  dividenda  sunt  in  tres  classes,  quarura  in  prima  habenda  sunt 
simplicia  verba  eundi,  in  quibus  solius  motionis  significatio  inest,  ut 
ßai'vsiv,  tivdi,  "Aisiv  ktX.;  in  altera  ea  verba,  quibus  certa  eundi  ratio 
significatur,  sive  iteratio ,  sive  ordo  quidam,  sive  tarditas,  sive  pro- 
peratio,  ut  &au,L^fiv,  (poizüv  xtA.  ;  in  tertia  ea,  in  quibus  praeter  eundi 
vim  vel  viae  vel  termini  vel  consilii  quaedam  notio  inest,  ut  avrccv, 
ccvztäv ,  KVQSLv  xtI.'  Der  Verfasser  behandelt  in  vorliegender  Abhand- 
lung einige  Verba  der  ersten  Klasse,  nemlich :  ßai'vfiv ,  ßuaKfiv,  ßtßäg, 
ßißäa&oov ,  iivtti,  -nisiv  (Kicin)-SLV ,  y.rj'nifiv) ,  ■niviiG^dL,  %ivva&cci,  gxü- 
XSiv.  —  Das  Programm  von  1860  enthält  eine  Abhandlung  des  Gymna- 
siallehrers Heim:  qua  ratione  composita  Homericae  linguae  epitheta  con- 
formata  sint  (8  S.  4). 

Meiningen  1861.]  In  dem  Lehrercollegium  hat  eine  Veränderung 
nicht  stattgefunden.  Am  14.  September  begieng  das  Gymnasium  das 
25jährige  Amtsjubiläum  dreier  seiner  Lehrer,  des  Professors  Weller, 
des  Professors  Märcker  und  des  Legationsraths  Vallat,  welche 
sämtlich  an  diesem  Tage  vor  25  Jahren,  wo  das  neu  organisierte  Gym- 
nasium wieder  eröffnet  wurde,  eingeführt  worden  waren.  Schülerzahl 
124  (I  17,  II  14,  III  12,  IV  29,  V  27,  VI  25).  Abiturienten  5.  Den 
Schulnaclirichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Professor  Märcker: 
Die  Stellung  der  drei  Pastoralbriefe  in  dem  Leben  des  Apostels  Paidus 
(23  S.  4).  Vorliegende  Abhandlung  beschäftigt  sich  nur  mit  der  Ein- 
ordnung der  Pastoralbricfe  in  des  Apostels  Lebensgescliichte,  wie  er 
selbst  und  Lucas  uns  dieselbe  aufbehalten  haben.  —  Das  Programm 
von  1860  enthält:  symbolae  exegeticae  et  criticae  ad  Herodotum  et  Thwij- 
didem.  Seripsit  G.  Weller  (20_S.  4).  Die  behandelten  Stellen  sind: 
Herod.  VII  36:  llsvyvvaav  ös  aäs  kxI.  Thukyd.  III  12:  sü  yccQ  öv- 
varol  riiisv  —  TCQOafivvaad'Cii.  III  83:  ov  yap  -rjv  —  iSvvavro.  IV 
81:  rJ  TS  yocQ  7caQccvTLv.a  —  XäcprjGiv.  IV  85:  kul'toi  gtqktik  ys  — 
änoGxuXai.     V   72:   akXa   fiäXiaza    drj   —   TrsQiysvöp^fvoi.     V    111:    ffxo- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  483 

TtsiTS  ovv  —  sCTccc.  VI  12:  8L  Ss  rig  uq^biv  —  fi^ta'j^fiQiGai.  VI  21: 
avz69iv  ÖS  —  iX9eiv.  VI  81):  in£i  drjuonQatiav  —  iiQoayici^miivcav. 
VII  03:  aoxs  yioivcovol  y,xX. 

Hannover  1860. 

Ueber  die  Gymnasien  des  Königreichs  Hannover  berichten  wir 
aus  den  Ostern  18(j0  erscliienenen  Programmen  wie  folgt: 

1.  Celle.]  Die  durch  die  Vocation  des  Collaborator  Me  y  e  r  zu 
einer  Pfarrcollaboratur  erledigte  Stelle  am  Gymnasium  ist  zu  Ostern 
durch  die  Austeilung  des  Schulamtscandidaten  Haage  wieder  besetzt 
worden.  Auszerdem  hielt  der  Schulamtscandidat  Ueltzen  bis  Michaelis 
den  Rest  seines  Probejahrs  ab.  Schülerzahl  275.  Abiturienten  zu  Ostern 
1859  9,  zu  Mich.  1.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  in  conscribenda 
avium  fabula  quod  sit  secutus  consilium  Aristoplianes.  Scripsit  Heidelberg 
(20  S.  4).  'Aristophanes  non  quidem  ipsam  expeditiouem  Siculam ,  qua- 
tenus  ad  solam  Siciliam  pertinebat,  sed  quae  cum  ea  cohaerebant,  fu- 
tiles  Atheniensium  exspectationes  meraque  somnia  deridet,  omnino  levi- 
tatera  Atheniensium ,  credulitatem ,  rerum  novarum  cupiditatem ,  qua 
possit  evenire,  ut  callidissimi  cuiusvis  hominis  vanis  ac  fraudulentis 
promissis  morigerantes,  se  rapi  ac  induci  patiantur  ad  suscipienda  ea, 
quae,  quum  ipsorum  vires  longe  superent  neque  isto  homine  duce  ac 
gubernatore  possint  carere,  in  eins  potestatem  ac  ditionem  eos  redigant, 
ita  ut  ipsorum  tyrannus  ac  dominus  evadat.  Nam  hoc  quidem  unicui- 
que  finem  fabulae  legenti  accuratiusque  consideranti  cum  Suevernio 
oportet  constare ,  una  cum  Basilea  tyrannidem  Pisthetaero  deferri,  poe- 
tam  igitur  docere  voluisse,  unius  dominationem  necessario  iude  conse- 
qui.  Quod  nisi  poetae  consilium  fuisset  demonstrare,  finis  fabulae  pror- 
sus  alius  esse  debebat;  sufficiebat  sceptrum  avibus  traditum,  nee  vero 
opus  erat  nuptiis  Basileae  splenclida  pompa  celebratis,  quam  si  haberet 
Pisthetaerus,  omnia  cum  habere  Prometheus  dixerat.' 

2.  Emden.]  Den  Lehrer  Wieking  verlor  die  Anstalt  durch  dea 
Tod;  an  seine  Stelle  trat  der  Lehrer  Maas.  Lehrercollegium:  Director 
Dr  Seh  wecken  die  ck,  Oberlehrer  Dr  Prestel,  Rector  Dr  Regel, 
Oberlehrer  Bleske,  Conrector  Dr  Metger,  Subrector  Ditzen,  Colla- 
borator Dr  Tepe,  Collaborator  Dr  Wiarda,,  Präceptor  AVarnka, 
Lehrer  Maas,  Gesanglehrer  Menke.  Schülerzahl  165  (1  11,  II  14, 
III  26,  IV  37,  V41,  VI  36).  Abiturienten  2.  Den  Schulnachrichtea 
geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Oberlehrers  Dr  Prestel:  der  Baro- 
meterstand und  die  barometrische   Iflndrose  Ostfrieslands  (38  S.  4). 

3.  Göttingen.]  Dr  Scheele  gieng  in  Ruhestand,  in  die  erledigte 
Stelle  trat  der  Collaborator  Hentze  ein.  Schülerzahl  320  (I  22,  II  30, 
III  41,  IV  28,  V  53,  VI  51,  VII  27;  Ir.  14,  Hr.  19,  III r.  35).  Abitu- 
rienten 7.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Organismus  und  Methode 
des  Unterrichts  iri  der  Realschule.  Von  dem  Conrector  Dr  Hummel 
(27  S.  4). 

4.  Hannover.]  Der  Kreis  des  LehrercoUegiums  hat  im  Laufe  des 
letzten  Jahres  keine  Veränderung  erlitten.  Dasselbe  umfaszt  gegenwär- 
tig folgende  Lehrer:  Director  Dr  Ahrens,  Rector  Dr  Kühner,  Con- 
rector Lehners,  die  Oberlehrer  Dr  Er  uns,  Dr  Wie  da  seh  ,  Dr  Deich- 
mann, Dr  Guthe,  Dr  St  isser,  Dr  Fehler,  die  Collaboratoren  Dr 
M  üller,  Mej  er,  Lehrer  S  chultze.  Nebenlehrer:  Gesanglehrer  Enck- 
hausen,  Zeichenlehrer  Kretschmer,  die  Schreib-  und  Rechenlehrer 
Hin r Ichs  und  Ahrbeck,  Turnlehrer  Metz.  Für  das  nächste  Schul- 
jahr ist  dem  Schulamtscandidaten  Sander  gestattet, ^ein  Probejahr  am 
Lyceum  abzuhalten.  Schülerzahl  270  (I  23,  11^  18,  11^  18,  III a  27, 
III b  41,  IV  47,  V  49,  VI  47).  Abiturienten  15.  Dem  Jahresbericht 
geht  voraus:  I.  Eine  Abhandlung  des  Collaborators  Dr  Müller:  Sceni- 

31* 


484  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  sfalist.  Notizen. 

sehe  Fragen  zur  Alkestis  des  Emipides  (19  S.  8).  ISTachdem  die  Frage 
nach  dem  ästhetischen  Werth  des  IStückus  aufs  Reine  gebracht  ist,  so 
soll  in  vorliegender  Abhandlung  die  scenische  Seite  desselben,  die  eini- 
ges besondere  darbietet,  ins  Auge  get'aszt  werden.  §  1.  Von  der  Ver- 
teilung der  Rollen  unter  die  Schauspieler.  Der  Verfasser  hält  es  bei 
der  höchst  einfaclien  Anlage  des  Stückes  für  wahrscheinlich  ,  dasz  die 
Alkestis  von  nur  zwei  Schauspielern  aufgeführt  worden  sei,  und  nimmt 
folgende  Verteilung  an:  Protagonist  =:  Admet,  Thanatos,  Sklav.  Deu- 
teragonist  ;^=  Alkestis  ,  Apollo,  Herakles,  Plieres,  Magd.  Den  Knaben, 
der  den  Eamelos  spielte,  liabe  der  (Jhorege  eben  so  gut  stellen  müszen, 
wie  das  Schaf  in  Aristoplianes  Frieden.  Der  Knabe  habe  auf  der  Bühne 
gesticuliert ,  aber  hinter  der  Periakte  habe  ein  Clioreut  die  Worte  ge- 
sungen, und  zwar  einer  ans  der  Zahl  derer,  die  nach  Abzug  der  15, 
welche  gerade  den  Chor  bildeten,  von  den  50  gestellten  übrig  geblieben 
seien.  Die  Schwierigkeit,  dasz  Pheres  die  todte  Alkestis  anredet,  wä- 
rend  doch  beide  Rollen  dem  Deuteragonisten  zugeteilt  sind,  wird  durch 
die  Annahme  gehoben,  dasz  Alkestis  hier  eben  so  gut  durch  eine  höl- 
zerne Figur  dargestellt  sei,  wie  das  K.  Fr.  Hermann  von  dem  Prome- 
theus des  Aeschylus  gezeigt  habe.  Sodann:  wenn  Alkestis  als  stumme 
Person  in  der  letzten  Scerie  zurückkehrt,  wärend  sie  der  Deuteragonist 
als  Herakles  an  der  Hand  führt,  so  müsze  erstere  von  einem  Choreuten 
dargestellt  sein,  von  denen  immer  eine  gröszere  Anzahl  als  unbeschäf- 
tigt zur  Disposition  gestanden  habe.  §  2.  Von  der  Partie  des  Chors. 
§  3.  Von  der  Decoration  der  Bühueuwand  und  dem  Auftreten  und  Ab- 
gehen der  Schausjneler.  §  4.  Von  dem  Kostüm  der  Schauspieler.  —  II. 
J)er  griechische  Unterricht  am  Lyceum.  Von  dem  Director  Dr  Ahrens 
(13  S.  8).  Nachdem  gerade  ein  Decennium  verfloszen  ist,  seitdem  der 
griechische  Unterricht  am  Lyceum  nach  der  von  dem  Verfasser  ange- 
gebnen Methode  und  nach  seinen  Lehrbüchern  mit  homerischer  Formen- 
lehre und  Leetüre  begonnen  wird,  hält  es  der  Verfasser  für  angemessen 
einen  Rückblick  zu  machen,  in  wie  weit  die  gestellten  Prognostica  sich 
erfüllt  haben  oder  nicht.  Das  Resultat  ist  nach  der  Darstellung  des 
Herrn  Director  Ahrens  ein  höchst  befriedigendes  zu  nennen;  die  Her- 
ren General  -  Schuklirector  Kohlrausch  und  Schulrath  Schmalfusz 
bestätigen  die  günstigen  Erfolge,  welche  im  griechischen  Sprachunter- 
richt bei  dem  dortigen  Lyceum   seit  zehn  Jahren  erzielt  worden  sind. 

5.  Hildesheim]  Der  Subrector  Dr  Wiesel  er  ist  zum  Coni-ector 
ernannt,  den  Collaboratoren  Schlüter,  Runge  und  A^'illerding  ist 
das  Prädikat  'Oberlehrer'  und  dem  Collahorator  Dr  Schumann  das 
Prädikat  'Oberlehrer  der  Realklassen'  verliehen  worden.  Der  zum  Ge- 
hülfsprediger  zu  Stade  ernannte  Collahorator  Rodde  und  der  zum  Pa- 
stor zu  Lüntorf  und  Rector  zu  Grolinde  ernanute  Collahorator  Meyer 
schieden,  ersterer  zu  .Juhannis,  letzterer  gegen  Michaelis  aus  ihrer  hie- 
sigen AVirksamkeit  aus.  Für  die  abgegangnen  Lehrer  Rodde  und 
Meyer  wurden  die  Candidaten  der  Theologie  Tietz  und  Dr  Hager 
als  provisorisclie  Collaboratoren  angestellt.  Lehrercollegium :  Director 
Brandt,  Rector  Sonne,  Conrector  Ziel,  Conrector  Hach  meiste  r, 
Conrector  Dr  Wie  sei  er,  Oberlehrer  Fischer,  Oberlehrer  Schlüter, 
Oberlehrer  Runge,  Oberl.  Dr  Schumann,  Oberl.  Willerding,  die 
Collaboratoren  Aschcnhach,  Tietz,  Dr  Hager,  die  Gymnasiallehrer 
Löbnitz,  Wilken,  Sc, haper,  Zeichenlehrer  Lüders,  Gesanglehrer 
Tietz.  Schülerzahl  427  (I  27,  TD»  24,  II"  24,  II r.  22,  III g.  28,  III  r. 
38,  IVg.  40,  IV  r.  38,  V  53,  VI  51,  VII  42,  VIII  40).  Abiturienten  II. 
Den  Jahresbericht  geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Conrector  Ziel: 
in  SophocUs  fahida  Electra  quae  fuerit  cum  scenae  disposilio ,  tum  argumenti 
iraetfitio .  explicaiur  (17   S.   4). 

0.    Ir.PELD.]     Aus  dem  Jahre   1858  —  59,    in  welchem  ein  Programm 


Berichte  über  gelehrte  Anslalteu,  Veiurdiiungcn,  slatist.  Notizen.  485 

nielit  erschien,  ist  noch  folgendes  n.iclizuholen:  der  Rector  Dr  Schädel 
wurde  von  Stade  an  das  ivünigüchc  rildagoghun  versetzt;  der  (yonrector 
Haage  wurde  zum  Kector,  der  Subconrector  Hahmann  zum  Coiirector 
ernannt,  dem  Scliulamtscandid.  Dr  Müller  wurde  mit  der  Ernennung 
zum  Collaborator  die  Stelle  des  nach  Einbeck  versetzten  Dr  Seh  eil  er 
übertragen.  Am  Anfang  des  Scliuljahrs  1859 — üü  erhielt  der  Collabo- 
rator Schorkopf  die  Erlaubnis  zur  Vervollkouininung  seiner  Kennt- 
nisse iu  der  französischen  Sprache  nach  Frankreich  zu  reisen  und  wurde 
von  der  Regierung  mit  einem  Reisestipendium  unterstützt,  seine  Amts- 
creschäfte  versah  in  seiner  xVbwesenheit  bis  zum  Schlüsse  des  Sommer- 
Semesters  der  Schulamtscandidat  ^\'erner  aus  dem  Herzogtum  Gotha, 
welcher  nach  Schorkopfs  Rückkehr  einem  Rufe  au  das  Gymnasium 
Catliarineum  in  Lübeck  folgte.  Zahl  der  Zöglinge  52  (I  13,  II*  15, 
II •>  14,  III  10).  Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
Volckmari  specimeri  novae  Silvaruin  Stritii  editionis  (18  S.  4).      Carmen  I. 

7.  LÜNEBUEG.]  In  dem  Lehrercollegium  hat  eine  Veränderung  nicht 
stattgefunden.  Schülerzahl:  a.  Gyuniasium  204  (I  12,  II  20,  III  32, 
IV  26,  V  32,  VI  30,  VII  38;  b.  Realschule  146  (I  14,  II  37,  III  57, 
IV  38).  Abiturienten  7,  Den  Schnluachrichten  über  das  Johanneum 
geht  voraus :  Homerische  Untersuchungen.  Nr  2.  Die  Tmesis  in  der  Ilias. 
Dritte  Abteilung.  Vom  Director  Hoffmann  (27  S.  4).  —  (§  25  —  32). 
Das  Resultat  dieser  höchst  lehrreichen  Untersuchungen  wird  am  Schlusz 
in  folgenden  Worten  zusammengefaszt :  ''zur  Untersuchung  über  die 
Tmesis  wurden  wir  dadurch  geführt,  dasz  wir  Klarheit  über  die  Rection 
von  a;t(pt'  haben  wollten.  AV'ir  giengen  dabei  von  den  Bemerkungen 
aus,  dasz  erstens  die  Hauptcäsur  des  dritten  Fuszes  nur  dann  zwischen 
Präposition  und  Casus  zu  fallen  ptiegt,  wenn  die  mäuidiche  Cäsur  des 
vierten  Fuszes  als  Hauptcäsur  des  gauzen  Verses  angesehn  werden 
kann ,  und  dasz  zweitens  die  \'erspause  niemals  zwischen  Präposition 
und  Casus  steht.  Indem  wir  dann  durch  Induction  weiter  schlössen, 
ergab  sich  über  die  Stellung  der  Präposition  folgendes:  a.  die  unechte 
Präposition  kann  weit  vom  Casus  getrennt  werden.  In  der  Ilias  ist 
ävzi  noch  unechte  Präposition,  b.  Die  echte  Präposition,  wenn  sie  vor 
dem  Casus  steht,  kann  von  diesem  nur  getrennt  sein  durch  Partikeln, 
enklitische  Personalprononiina,  Partikeln  die  mit  enklitischen  Personal- 
pronominibus zusammenstehn,  attributive  Genetive  (gewöhnlich  nur 
durch  einen  einzelnen).  Dagegen  kann  z\vischen  dem  Casus  und  der 
nachgestellten  Präposition  die  Hauptcäsur  lieLien,  wenn  die  Präposition 
Elision  erleidet.  Damit  war  die  Unterscheidung  zwischen  Präposition 
und  den  andern  möglichen  Annahmen  für  die  meisten  Fälle  in  so  weit 
gegeben,  als  man  im  Princip  die  Präpositionsrection  in  den  eben  unter 
b.  erwähnten  Fällen  anzuerkennen  hat,  sobald  nicht  andere  Gründe  be- 
stimmt widersprechen.  Soweit  konnte  es  gleichgültig  sein,  ob  man  die 
Präposition  in  der  Tmesis  als  Adverbium  ansehen  wollte.  Der  Fortgang 
der  Untersuchung  hat  aber  dann  eine  Modification  dieser  Meinung,  die 
von  Nägelsbach  ins  Extrem  getrieben  ist,  notwendig  gemacht.  Es  zeigte 
sich,  dasz  das,  was  man  unter  adverbieller  Geltung  der  Präposition 
versteht,  in  drei  verschiedene  Grade  zerfällt.  Wir  muszten  scheiden: 
a.  volles  Adverbium ,  b.  adverbiale  Präposition  (d.  h.  fühlbare  Ellipse 
eines  Casus),  c.  Präposition  in  der  Tmesis,  und  es  zeigten  sich  bemer- 
keuswerthe  Unterschiede  sowol  in  diesen  Graden,  die  gleichwol  hier 
und  da  in  einander  übergehen  können  ,  als  im  Gebrauche  der  einzelnen 
Präpositionen.  Die  Unterschiede  zwischen  den  Graden  lieszen  sich  im 
Deutschen  klar  machen  an  ccn6\  bei  anderen  Präpositionen  entsprecheu 
sich  beide  Sprachen  zu  wenig,  als  dasz  man  mit  kurzen  Worten  den 
Gradunterschied  bezeichnen  könnte.  Endlich  liesz  sich  der  Unterschied 
zwischen  Tmesis  und  Compositum  bei  8iä  deutlich  und  kurz  bezeichnen. 


486  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

Es  ergab  sich  also,  dasz  volles  Adveibium  und  Tmesis  weit  aus  einan- 
der stehen  und  die  von  uns  so  genannte  adverbiale  Präposition  eine 
(übrigens  der  Tmesis  näher  stehende)  Mittelstufe  ausmacht.  Im  Deut- 
schen werden  wir  die  letztere  fast  regelmäszig  durch  ein  vor  die  Prä- 
position gesetztes  da  (darüber,  darunter,  dabei  usw.)  wiedergeben  kön- 
nen. Aus  dieser  Mittelstufe  kann  sich  nun  ein  volles  Adverbium  ent- 
wickeln, wenn  die  Präposition  in  Verbindung  mit  einzelnen  bestimmten 
Nominibus  eine  formelhafte  Bedeutung  erhalten  hat  und  nun  das  Nomen 
daneben  ausgelassen  wird.  Auf  der  anderen  Seite  kann  aber  auch  die 
adverbiale  Präposition  gleichsam  der  erste  Schritt  zur  Bildung  von 
Compositis  sein ,  die  bis  dahin  nicht  gebräuchlich  gewesen  sind. 

8.  Osnabrück.]  In  dem  Lehrerpersonal  ist  eine  Veränderung  nicht 
eingetreten.  Der  Schulamtscandidat  Swart  wurde  nach  Beendigung 
seines  Probejahrs  mit  Unterricht  beauftragt.  Schülerzahl  220  (I  II,  II  5, 
III  23,  Eealklasse  19,  IV»  38,  IV >>  35,  V  28,  VI  61).  Abiturienten  2. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus:  Einige  Sätze  über  das  rationale  Dreieck. 
Vom  Conrector  Feldhoff  (23  S.  4). 

Königreich  Sachsen  1860. 
Ueber  die  Gymnasien  des  Königreichs  S  achs  en  berichten  wir  aus 
den  bis  Michaelis  1860  erschienenen  Programmen  wie  folgt: 

1.  BuDissiN.]  In  Bezug  auf  die  Lehrer  der  Anstalt  ist  eine  den 
französischen  uud  den  wendischen  Unterricht  betreffende  Aenderung 
eingetreten.  Der  französische  Unterricht  nemlich ,  welcher  früher  von 
Dr  Schottin  erteilt  worden  war,  wurde  dem  Lehrer  der  französischen 
Sprache  an  hiesiger  Bürgerschule  Ledere q  auch  am  Gymnasium  über- 
tragen, und  der  wendische  Unterricht,  der  von  dem  Buclihändler  Schma- 
ler erteilt  war,  wurde  von  dem  Lehrer  hiesiger  Bürgerschule  Goltz  seh 
übernommen.  Schiilerzahl  170  (I  19,  II  18,  III  24,  IV  32,  V  40,  VI 
37).  Abiturienten  8.  Den  vom  Rector  Professor  Hoff  mann  mitge- 
teilten Schulnachrichten  geht  voraus:  Fifa  Gregorii  Maettigii,  medici 
quondam  chirissimi,  viri  de  urbe  Budissa  jmdtis  JiominVms  meritissimi,  memo- 
riue  prodita  a  ph.  D.  C.   T.  Jaehne  (34  S.  4). 

2.  Dresden.]  a)  Gymnasium  S.  Cruc.  Das  Lehrercollegium  ist 
unverändert  geblieben.  Dasselbe  bilden:  Rector  Dr  Klee,  Gonr.  Dr 
Böttcher,  die  Oberlehrer  H  e  1  b  i  g  und  Dr  Götz,  Dr  B  a  1 1  z  e  r,  Otto, 
Lindemann,  Sachse,  Schöne,  Dr  Pfuhl,  Dr  Mehnert,  Dr  Häb- 
1er,  Clausa,  Raum,  Schreiblehrer  Kellermann,  Gesanglehrer  Ei- 
sold.  Schülerzahl  305  (I  29,  II •"  32,  11^  37,  III^  31,  III"  34,  IVM7, 
IV '^  46,  V»  27,  V"  22).  Abiturienten  28.  Dem  Jahresbericht  geht 
voraus  eine  Abhandlung  vom  Oberlehrer  Heibig:  Zur  Orientierung  auf 
dem  Gebiet  der  alten  Numismatik  (20  S.  8).  —  b)  Vit  z  thum  sches  Ge- 
schlechtsgymnasium und  Erziehungsanstalt.  Zu  Ostern  v.  J. 
schied,  als  Hiilfsprediger  an  die*  Sophienkirche  berufen,  der  Lehrer  Mi- 
chael; sein  Nachfolger  wurde  Dr  Richter.  Lehrerpersonal:  Director 
Professor  Dr  Bezzenberger,  Dr  Biermann,  Erler,  Dr  Grund- 
mann, Heus  inger,  DrPIübner,  Professor  G.  Hughes,  H.  Hughes, 
Kade,  Dr  Klein,  Lepitre,  Marconnet,  Professor  Dr  Menz  el,  Dr 
A.  Müller,  Professor  Dr  Müller,  Nutly,  Dr  Opel,  Puschner,  Dr 
Richter,  Professor  Dr  Seheibe,  Dr  Schlemm,  Professor  Schurig, 
v.  Schweinitz,  Consistorialrath  S  t  ep;lnek,  Dr  S  iis  z  do  r  f.  Web  er. 
Schiilerzahl  153  (I  g.  10,  II  10,  III  14,  IV  24;  I  r.  10,  II  r.  IS,  III  r.  17; 
prog.  I  31 ,    II   19).     Abiturienten  5.     Dem  Jahresbericbt   geht   voraus: 

de  Antisthenis    Cynici   vita    et    scriptis    disputavit    A.  Müller  (58  S.  8). 

Cap.  I.    De  Antisthenis  vita.     Cap.  II.    De  Antisthenis  scriptis.    1)  rhe- 

torica,    2)  dialectica ,    3)    physica ,   4)   ethica  et  politica,    5)  Homerica. 

Cap.  III.    De  aliis  Antistheuibus. 


Beiichle  über  gelehrte  Anslallen,  Verordiiiiiigeii,  slalist.  Notizen.  487 

3.  Fkeiberg.]  In  dem  Lehrercollegiuni  ist  kcUie  VerUnderung  ein- 
getreten. Am  0.  Mai  feiorten  Lehrer  und  Schüler  das  25j;ihr)<Te  Rector- 
jubililiim  des  Professors  Dr  Frotsclier  und  vier  Tage  zuvor  das  'iöjäh- 
rige  Dienst jubiljium  des  Religionslehrers  Dr  Prölsz.  Schülerzahl  111 
(1  17,  II  i(j,  in  17,  IV  21,  V  29,  VI  11).  Abiturienten  11.  Dem 
Jahresbericht  ist  beigegeben  ein  Programm,  enthaltend  zwei  Sücularreden 
von  Dr  Pr ölsz  ( 15  S.  4).  1)  Rede  zur  Feier  des  lOüjährigen  Geburts- 
tags Friedrich  Schillers  ;  2)  Rede  zur  dritten  Säcularfeier  des  Todestags 
Philipp  Melanchthons. 

4.  Grimma.]     Siehe  Heft   1   S.  37— 41. 

5.  Leipzig.]  a)  Thomas-Gymnasium.  In  dem  Lehrercollegium 
war  keine  Veränderung  eingetreten;  die  dritte  Adjunctur  war  bis  dahin 
noch  unbesetzt  geblieben.     Schülerzahl  177  (I  38,  II  32,  III  35,  IV  29, 

V  3^),  VI  8).  Abiturienten  24.  Dem  Jahresbericht  geht  voraus  eine 
Abhandlung  vom  Rector  Dr  St  all  bäum:  probabilia  de  iemporibus  qiiibns 
dialogus  in  Gorgia  PUitonis  habitus  /iiigalur  (27  S.  4).  (Ol.  93,  4  =  405 
a.  Chr.).  —  b)  Nicol  a  i- Gy  innasium.  Das  Lehrercollegium  ist  das- 
selbe geblieben.  Schülerzahl  15(3.  Abiturienten  12.  Dem  Jahresbericht 
geht  voraus  eine  lateinische  Abhandlung  des  Rector  Dr  Nobbe  zur 
(Jedächtnisfeier  Melanchthons  (12  S.  8). 

(i.  Meiszen  ]  Das  Lehrerpersonal  ist  unverändert  geblieben.  Schü- 
lerzald  128  (1  25,  II  32,  111  33,  IV  21,  IV »>  17).  Abiturienten  22. 
Dem  Jahresbericht  geht  voraus:  J.  //.  Lipsii  de  Sophoclis  emendandi  prue- 
sidiis  disputaäo  (27  S.  4). 

7.  Plauen.]  Am  E'inde  des  vorigen  Schuljahrs  verliesz  die  Anstalt 
der  zweite  Religionslehrer  Dr  Schmidt,  welcher  einem  Ruf  als  Religions- 
lehrer am  Gymnasium  zu  Zwickau  folgte;  zu  seinem  Nachfolger  wurde 
der  Candidat  des  Predigtamts  Dr  Schenkel  ernannt.  Der  Schulamts- 
candidat  Trömel  vollendete  sein  Probejahr  und  versah  die  Stelle  eines 
Hülfslehrers ,  bis  der  in  diese  Stellung  berufene  Dr  Richter  eintraf. 
Der  Schulamtscandidat  Dr  Polle  hielt  sein  Probejahr  ab.  Schülerzahl 
232  (Ig.   IG,  II  g.  23,  III  g.  20,  IV  g.   16,  I  r.   10,  II  r.   15,  III  r.  27, 

V  45 ,  VI  57).  Abiturienten  9.  Dem  Jahresbericht  geht  voraus  eine 
Abhandlung  des  Gymnasiallehrers  Dr  Riechelmann:  Zu  Richard  II: 
Shakespeare  und  Holinshed  (20  S.  4).  Vorliegende  Abhandlung  soll  eine 
Ergätizung  zu  dem  Werke  Courtenays  und  den  von  Delius  in  der 
Einleitung  zu  Richard  II  mitgeteilten  Auszügen  sein.  Wärend  der  er- 
stere  sich  auf  wenige  Citate  ans  der  Chronik  beschränkt  und  sein 
Hauptaugenmerk  auf  die  Darstellung  der  Abweichungen  von  der  be- 
glaubigten Geschichte  gerichtet  ist,  der  letztere  sich  auf  weniger  um- 
fangreiche Mitteilungen  beschränkt  hat ,  versucht  der  Verfasser  durch 
eine  eingehende  Vergleichung  das  Verhältnis  darzulegen,  in  welchem 
Handlungen  und  Charaktere  des  Dramas  zu  der  Chronik  Holinsheds 
stehen. 

8.  Zittau.]  Im  Lehrercollegium  ist  nur  eine  Veränderung  einge- 
treten. Zu  Ende  des  Sommerhalbjahrs  gab  der  provisorisch  angestellte 
Lehrer  Dr  Voigt  seine  Stelle  auf,  um  einem  Rufe  an  die  Annenschule 
in  St.  Petersburg  zu  entsprechen.  An  seine  Stelle  wurde  Dr  Froh- 
b erger  berufen,  der  bisher  an  dem  Friedrich-Wilhelms-Gymnasium  zu 
Posen  beschäftigt  gewesen  war.  Dem  Director  Kämmel  wurde  der 
Titel  eines  'Professors'  verliehen.  Schülerzahl  244  (Ig.  10,  Hg.  21, 
Ir.  8,  III  g.  31,  II  r.  25,  IV  g.  20,  III  r.  40,  prog.  I»  28,  I  ^  28,  11^  16, 
II  ••  17).  Abiturienten  5.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Ab- 
handlung vom  Gymnasiallehrer  Dr  Vogel:  de  Ä.  Gellii  vita,  studiis, 
sci'ipiii;  narratio  et  iudicium  (25  S.  4). 

9.  Zwickau.]  Das  Lelirerpersonal  hat  keine  Veränderung  erfahren. 
Dein   Schulamtscandidaten  Dr  Brückner  wurde  gestattet,  das  Probe- 


488  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

jalir  an  dem  hiesigen  Gymnasium  zu  bestehn.  Scbülerzahl  160  (I  '20, 
II  18,  III  22,  IV  31,  V  30,  VI  29).  Abiturienten  9.  Dem  Jahresbe- 
richt geht  voraus  eine  Abhandlung  des  Oberlehrer  Michel:  Das  Leben 
Pascnls  in  seinen  äuszern  und  innern  Grundzügen  (32  S.   4). 

Fulda.  -ör  Ostermann. 

Bericht  über  die  14e  Versammlung  der  Directoren  der  westphiili- 
schen  Gymnasien  und  Realschulen. 

Die  Verbandlungen  der  14n  westphälischen  Directoren -Conferenz 
fanden,  wie  gewöhnlich,  zu  Soest,  und  zwar  am  18n,  19n,  20n ,  21n, 
22n  Juni  1800  und  unter  Vorsitz  des  In  Commissarius  des  Proviuzial- 
SchulcoUegiums  Provinzial-Schuhath  Dr  Savels  und  Teilnahme  des  2u 
Commissarius  Provinzial-Schulrath  Dr  Suffrian  statt.  Durch  Krank- 
heit waren  am  Kommen  verhindert  die  Directoren  Dr  Ahleme.yer  aus 
Paderborn  und  W  11  ms  aus  Minden;  anwesend  waren  die  Directoren  Dr 
Schmidt  aus  Bielefeld,  Dr  Högg  aus  Arnsberg,  Dr  Schlüter  au.s 
Coesfeld,  Dr  Schultz  aus  Münster,  Dr  Jordan  aus  Soest,  Dr  Kumpel 
aus  Gütersloh,  Dr  Lucas  aus  Warendorf,  Dr  Wen  dt  aus  Hamm,  Dr 
Hildebrand  aus  Dortmund,  Dr  Schmidt  aus  Brilon,  Rohdewald 
aus  Burgsteinfurt,  DrHölscher  aus  Recklinghausen,  Dr  Wulfert  aus 
Herford,  Dr  Schnabel  aus  Siegen,  O  s  tend  or  f  aus  Lippstadt,  Münch 
aus  Münster.  Die  Einrichtung  der  westphälischen  Directoren- Versamm- 
lung ist  bekanntlich  diese:  mehrere  Monate  vor  Beginn  der  Versamm- 
lung werden  die  Themata  den  Lehranstalten  der  Provinz  mitgeteilt  und 
diese  aufjrefordert  jene  in  Conferenzen  zu  besprechen  und  das  Resultat 
dersell>en  einzusenden.  Auf  Grund  der  Mitteilungen  sämtlicher  Anstal- 
ten arbeitet  ein  aus  den  Directoren  bestellter  Referent  seinen  Vortrag 
aus,  ihm  stehn  zur  Seite  zwei  Correferenten,  Nach  den  Reden  derselben 
findet  eine  freie  Discussion  statt.  Für  jede  Directoren -Conferenz  sind 
zwei  Protokollführer  bestellt.  Die  Verliandlungen  werden  "in  der  Regel 
nach  einem  Zeitraum  von  etwas  mehr  als  einem  Jabre  den  Gymnasien 
der  Provinz  gedruckt  zugeschickt,  um  auf's  neue  im  LehrercoUegium 
besprochen  zu  werden. 

Aus  dem  kürzlich  erschienenen  Berichte  der  Verhandlungen  teilt 
Referent  das  wichtigste  im  folgenden  mit,  bald  in  directer  bald  in  in- 
directer  Rede. 

Der  erste  Gegenstand  der  Verhandlung  war  die  Prüfung  der  Can- 
didaten  des  höbern  Schulamts.  Referent  war  Director  Dr  Schultz, 
Correferenten  Dr  Wen  dt  und  Dr  Hildebrand.  Diesmal  beschäftigte 
man  sich  besonders  mit  deu  Bestimmungen  des  Prüfungsreglements  vom 
20n  April  1831  ,  da  der  bedenkliche  Mangel  einer  ausreichenden  Zahl 
von  Schulamtscandidaten  zum  Teil  durch  jenes  Reglement  hervorgerufen 
sein  sollte.  Die  Versammlung  entschied  sich  für  eine  ziemliche  Menge 
von  Aenderungen  in  dem  Reglement;  doch  hat  ein  näheres  Eingehn  auf 
die  Discussion  kein  Interesse  mehr,  da  das  Ministerium  beabsichtigt 
Moditicationen  eintreten  zu  lassen. 

Der  zweite  Gegenstand  betraf  die  seit  der  letzten  Conferenz  (In  Juni 
1857  bis  dahin  ISfiO)  von  den  höhern  Lehranstalten  der  Provinz  ent- 
fernten Schüler.  Aus  dem  Vortrag  des  Provinzial- Schulraths  Dr  Suf- 
frian ergab  sich,  dasz  in  den  drei  Jahren  im  Ganzen  72  Schüler  ver- 
wiesen worden  sind,  keine  Ausweisung  des  dritten  Grades  verhängt 
worden,  dasz  das  Verhältnis  ziemlich  dasselbe  geblieben  ist  wie  im  vor- 
hergehenden Zeitabschnitt,  dasz  auch  diesmal  unter  den  Gründen  die 
VöUereisünden  auf  erster  Stufe  stehn. 

Es  folgte  der  Vortrag  des  Provinzial -Schulraths  Dr  Savels  über 
die  Frequenz  der  Anstalten,     Darnach    sind    in  Westphalen  15  Gymna- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  489 

sieu  (jetzt,  1861,  16),  8  evangelische,  7  katholische  (jetzt  8),  0  katho- 
lische Progyimiasien  (jetzt  5,  nach  der  Erhebung  von  Klieiii),  4  Keal- 
schnleu  Ir  Ordnung.  Die  Schülerzald  aller  Anstalten  war  4-IÖ7,  im 
Ganzen  'MH  mehr  als  im  vorletzten  Tiiennium;  es  kommt  ein  Scliüler 
auf  347  Einwohner  der  Provinz.  Die  stärkste  Klasse  ist  überall  die 
Tertia,  die  schwächste  in  den  evangeliselien  Anstalten  die  l'rima,  in  den 
katholischen  die  Sexta.  Auf  1  Lehrer  kommen  in  Paderborn  30,  iu 
Burgsteinfurt  nur  10  Schüler.  Die  Zahl  der  geprüften  Abiturienten  ist 
gestiegen;  sie  betrug  2  19  bei  den  katholischen,  47  bei  den  evangelifichen 
Anstalten;  die  Zahl  der  reif  erklärten  betrug  26^),  von  ihnen  standen 
121)  im  Alter  von  21  Jahren  und  darüber;  149  studierten  Theologie,  13 
Philologie. 

Die  vierte  Verhandlung  betraf  Einrichtung  und  Benutzung  der  Schüler- 
bibliotheken. Referent  Director  Dr  Högg  hatte  nach  den  ihm  zuge- 
kommenen ]\Iitteilungen  ein  Verzeichnis  der  ihm  passend  scheinenden 
Werke  aufgestellt,  mit  Hinzufügung  eigner  oder  fremder  Urteile;  es 
wurde  beschlossen  ein  Verzeichnis  solcher  Werke  zu  machen,  welche 
für  die  Schulen  wirklich  empfehlenswerth  seien,  d.  h,  dem  Schüler  be- 
kannt sein  sollten. 

Der  fünfte  Gegenstand  der  Berathung  waren  die  Formulare  bei  den 
Zeugnissen;  es  handelte  sicli  nemlich  um  die  Frage,  ob  nicht  eine  ge- 
wisse Gleichförmigkeit  in  dieser  Beziehung  unter  den  Anstalten  der 
Provinz  erzielt  werden  könne.  Referent  war  Director  Dr  Schlüter, 
Correferenten  Director  Münch  und  Director  Rohdewald.  Zunächst 
wurde  die  Frage  wegen  der  Censuren  aufgeworfen.  Gegen  eine  Gleich- 
förmigkeit bei  denselben  wurde  eingewendet,  dasz  jede  Anstalt  ihre 
eigne  Sphäre  und  ihr  eignes  Publicum  habe ,  jede  am  besten  wissen 
miisze ,  wie  sie  innerhalb  derselben  mit  diesen  sich  verständige.  Indes 
es  wurde  dagegen  erinnert,  dasz  durch  eine  Einigung  der  verschiednen 
Anstalten  über  eine  bestimmte  Bezeichnungsweise  die  Lehrercollegien 
sich  nicht  beengt  fühlen  könnten;  da  aber  die  Abgangszeugnisse  auf 
Grund  der  Censuren  anzufertigen ,  für  jene  aber  Gleichförmigkeit  wün- 
schenswerth  sei,  so  würde  dieselbe  Forderung  damit  für  diese  sich 
geltend  machen;  dabei  bleibe  jedem  einzelnen  überlassen  noch  soviel 
als  er  wolle  in  den  Censuren  zu  individualisieren.  Hinsichtlich  der 
Zahl  der  Prädicate  entschied  man  sich  für  die  Fünfzahl,  von  denen  die 
erste  und  zweite  die  Abstufungen  des  Lobes,  die  vierte  und  fünfte  des 
Tadels,  die  dritte  zur  Bezeichnung  der  Mittelmäszigkeit  dienen  sollte. 
Dieselben  sollten  jedoch  nur  für  die  einzelnen  Leistungen,  nicht  für  die 
Gesamtleistung  des  Schülers  anzuwenden  sein.  Als  erstes  Prädicat 
schien  'recht  gut'  der  Bezeichnung  "'sehr  gut'  vorzuziehn.  In  welcher 
Reihenfolge  die  Fächer  aufgestellt  werden,  schien  irrelevant.  Statt  des 
Ausdrucks  "'Fortschritte'  wurde  der  Ausdruck  'Leistungen'  empfohlen; 
die  Rubriken  'Fleisz'  und  'Aufmerksamkeit'  zu  sondern,  schien  im 
allgemeinen  nicht  zweckmäszig.  Bei  der  Bezeichnung  des  Betragens 
fand  es  die  Mehrheit  angemessen,  nicht  über  das  Prädicat  'gut'  hinaus- 
zugehn,  hier  nur  drei  Rubriken  anzunehmen  und  den  Tadel  sorgfältig- 
zu  motivieren.  Von  besondrer  Wichtigkeit  erschien  die  Frage  wegen 
der  Bezeichnung  der  Censur  durch  eine  Hauptnummer.  Es  wurde  für 
dieselbe  geltend  gemacht,  dasz  die  Nummer  ein  kurzes  bestimmtes  Urteil 
über  den  Standpunkt  des  Schülers  ausspreche,  was  namentlich  dem  Di- 
rector erwünscht  sein  miisze;  die  Censur  übe  gerade  durch  die  Nummer 
eine  besondre  Wirkung  auf  Schüler  und  Eltern  aus.  Dagegen  aber 
wurde  der  Einwand  erhoben,  dasz  die  Schwierigkeit  solcher  Bezeich- 
nungen vielerorts  schon  zu  deren  Abschaifung  geführt;  schon  die  Be- 
zeichnung des  Totaleindrucks  eines  Schülers  durch  wenige  Worte  sei 
schwierig,  durch  eine  Ziffer  unmöglich ;    den  Eltern   sei   auch    nirgend» 


490  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slalisl.  Notizen. 

au  der  Nummer  .etwas  gelegen,  sondern  nur  an  einer  guten ;  der  gerade 
wegen  der  Nummer  oft  erhobne  Vorwurf  der  Parteilichkeit  verratlie 
ein  dunkles  Gefüllt  von  der  leichten  Möglichkeit  von  Misgriffen  ;  päda- 
gogisch sei  es  daher  besser  den  Eltern  zu  überlassen  aus  den  Einzel- 
prädicaten  der  Censur  sich  selbst  ein  Gesamtresuliat  zu  abstrahieren. 
Jedenfalls  müsze  man  in  jeder  Nummernklasse  eine  Anzahl  nicht  zu- 
sammengehöriger Schüler  zusammenwerfen,  was  dann  wieder  die  spe- 
ciellen  Censuren  groszenteils  illusorisch  mache.  Hierzu  liesz  sich  noch 
hinzufügen,  dasz  wo  die  Hauptnummern  nur  als  ein  Facit  aus  den 
Prädicaten  der  einzelnen  Fächer  angesehen  werden,  alles  das  gegen  sie 
spricht,  was  gegen  die  häsziiche  Bezeichnung  dieser  Fächer  mit  Ziftern 
schon  oft  vorgebracht  i.st;  und  da  erhebt  sich  der  gewichtige  Einwurf, 
dasz,  da  ihrer  Individualität  nach  die  Lehrer,  besonders  die  Ordinarien, 
in  ihren  Censuren  verschieilne  Maszstäbe  anlegend  verschieden  censie 
ren,  der  aus  angeborner  Milde  oder  Eitelkeit  gut  censierende  Lehrer 
seiner  Klasse  durch  eine  grosze  Anzahl  glänzender  Hauptnummern  einen 
Nimbus  verschaffen  kann,  der  auf  die  gegenseitige  Beurteilung  der  Schü- 
ler, auf  das  Urteil  der  Eltern,  auf  das  collegialische  Verhalten  selbst 
höchst  nachteilig  einwirken  wird.  Die  geringe  Mehrzahl  der  Stimmen 
entschied  sich  zwar  für  Beibehaltung  der  Hauptnummern,  doch  einigte 
man  sich  dahin,  dasz  jede  Anstalt  in  dieser  Hinsicht  nach  ihrem  Be- 
lieben verfahren  könne.  —  Zum  andern  wurde  in  den  Abgangszeugnissen, 
möge  der  Schüler  ins  bürgerliche  Leben  oder  auf  eine  andere  Anstalt 
übertreten,  eine  gewisse  L'ebereinstinunung  für  wünschenswerth  erachtet, 
die  sich  jedoch  auf  das  notwendigste  zu  beschränken  habe.  Die  Zeug- 
nisse haben  darnach  auszer  Namen,  Confession,  Zeit  des  Schulbesuchs, 
Ordnungsliebe  und  Fleisz  im  allgemeinen  die  Leistungen  in  den  einzel- 
nen Fächern  zu  charakterisieren.  Auch  wurde  es  für  notwendig  gehal- 
ten, nach  der  besondern  Charakterisierung  noch  ein  kurzes  Resume,  ob 
der  Schüler  zu  den  guten,  zu  den  schwächern  Schülern  der  Klasse  usw. 
gehört  habe,  aufzunehmen.  Bei  dieser  Weise  entsteht  für  Schüler,  die 
ins  bürgerliche  Leben  übergehn,  freilich  leicht  die  Unbequemlichkeit, 
dasz,  wenn  sie  auch  durch  gutes  Betragen  und  Fleisz  sich  ausgezeichnet 
haben  aber  geringere  Anlagen  entwickelten,  der  künftige  Principal, 
überhaupt  mit  den  Bezeichnungen  einer  gelehrten  Anstalt  weniger  be- 
kannt und  allein  auf  das  Schluszresume'  seine  Aufmerksamkeit  wendend, 
ein  Mistrauen  gegen  den  jungen  IMenschen  faszt  und  ihn  auch  für  seinen 
Beruf  weniger  tauglich  erachtet.  —  Wus  drittens  die  Abiturientenzeug- 
nisse betrifft,  so  sei  deren  Form  im  ganzen  durch  die  Ministerialver- 
fügungen  vom  4.  Juni  1834  und  4.  Febr.  1856  vorgeschrieben;  die  An- 
gabe über  den  Erlasz  der  mündlichen  Prüfung  sei  am  zweckmäszigsten 
am  Schlüsse  zuzusetzen.  Eine  Vertauschung  des  Prädicats  'befriedi- 
gend' mit  "'genügend'  sei  des  Misverständnisses  wegen  wünschenswerth, 
nicht  minder  auch  die  Wiederherstellung  einer  Abstufung  in  den  Gym- 
nasialabiturientenzeugnissen der  Keife  durch  Nummern  oder  Prädicate, 
am  angemessensten  wol  eine  Uebertragung  der  für  die  Realschulen  fest- 
gesetzten Prädicate  der  Reife  (vorzüglich  —  gut  —  genügend  bestanden) 
auch  auf  die  Gymnasien. 

Es  schlosz  sich  an  diese  Erörterungen  als  nächster  Gegenstand  der 
Rerathung  die  Frage  über  den  Unterricht  in  der  philosophischen  Pro- 
pädeutik. Ref.  war  Dir.  Dr  Schultz,  Corref.  Dir.  Dr  Wendt  und 
Dir.  Ostendorf.  In  neuerer  Zeit  sind  gegen  den  speciellen  Unterricht 
in  der  philosophischen  Propädeutik  manche  Stimmen  laut  geworden. 
Es  ist  gesagt  worden,  dasz  bei  Prüfungen  die  Kenntnisse  des  Schülers 
sich  nur  als  Gedächtniskram  erwiesen  hätten,  die  Schüler  durch  den 
Unterricht  den  Sinn  für  philosophische  Studien  verlören ,  sie  nicht  reif 
genug   für  denselben  seien ,    sich  keine   geeigneten  Lehrer   fänden ,    der 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  491 

übrige  Unterricht  in  ^ehöripjer  Weise  erteilt  jenen  überflüssig'  mache. 
Dagegen  ist  zu  erwidern:  dasz  auch  in  der  Propädeutik  manches  mit 
dem  Gedächtnis  aufzufassen  ist,  dasz  sich  in  der  kurzen  Examenzeit 
nicht  viel  prüfen  läszt,  dasz  eine  besondere  Prüfung  auch  nicht  nötig 
ist,  dasz  der  Grund  des  ungenügenden  Erfolgs  in  den  Lehrern  zu  suchen, 
die  Lehrer  sich  also  mehr  anstrengen  müszen.  Erst  1810  ist  der  Unter- 
richt aufgehoben,  10  Jahre  später  aber  wieder  eingeführt,  was  nicht  aus 
der  Herschaft  der  Hegeischen  Philosophie,  sondern  aus  dem  Entwick- 
lungsgang des  Gymnasiums  zu  erklären  ist.  In  jedem  Unterricht  kann 
der  schlechte  Lehrer  die  Schüler  abstumpfen,  der  gute  aber  sie  w^iszhe- 
gieriger  machen,  es  kommt  alles  auf  einen  guten  Lehrer  an;  es  ist  also 
unbegründet,  dasz  der  philosophische  Gymnasialunterricht  für  die  Uni- 
versität abstumpfe.  Bei  den  Berliner  Verhandlungen  1849  über  die 
Reorganisation  der  höheren  Schulen  sind  verschiedne  Stimmen  für  das 
Fach  laut  geworden;  es  sind  also  die  Stimmen  der  Schulmänner  immer 
noch  geteilt.  Die  Gründe  für  die  Propädeutik  hat  Deinhardt  in 
Brzoskas  Centralbibliothek  1839,  Juni,  erörtert;  dazu  ist  noch  zu  be- 
merken: Bekanntschaft  mit  den  Grundbegriffen  der  Logik  und  Psycho- 
logie ist  für  jeden  gebildeten  Menschen  notwendig;  da  die  Universität, 
die  nicht  anleitet  und  übt,  die  Wissenschaft  als  System  gibt,  so  wird 
die  Philosojihie  nur  von  wenigen  aufgesucht,  von  den  meisten,  die  nicht 
folgen  können ,  gemieden,  was  nicht  der  Fall  sein  würde,  wenn  sie  vor- 
bereitet gewesen  wären.  Indem  nun  die  Studierenden  sofort  sich  auf 
ihr  Fachstudium  werfen,  verliert  ihr  Studium  an  Wissenschaftlichkeit. 
AVird  aber  auch  die  Logik  nach  den  gesetzlichen  Vorschriften  gehört, 
so  entbehren  sie  doch  gänzlich  des  Unterrichts  in  der  Psychologie.  End- 
lich aber  gehn  heute  viele  der  Abiturienten  vom  Gymnasium  nicht  auf 
die  Universität,  sondern  in  Fachschulen  über,  diese  entbehren  denn  aller 
Bekanntschaft  mit  den  philosophischen  GrundbegriiTen.  Wenn  aber 
auch  die  Logik  als  geeigneter  Gegenstand  für  das  Gymnasium  ange- 
nommen wird ,  so  findet  doch  die  Psychologie  noch  mancherlei  Wider- 
spruch. Indes,  wie  Bonitz  in  dem  österreichischen  Organisations- 
entwurf bemerkt  und  die  Zustimmung  von  Wiese  erhalten  hat,  es  ge- 
ziemt sich  auch  auf  Beobachtung  der  Vorgänge  in  der  Innern  Natur  des 
Schülers  Aufmerksamkeit  zu  richten,  und  die  empirische  Psychologie 
bietet  die  schönste  Gelegenheit  das  was  aus  Geschichte  und  Leetüre 
den  Schülern  bekannt  geworden  ist,  für  sie  zu  einem  Gegenstand  neuen 
Nachdenkens  zu  machen  und  so  die  Notwendigkeit  einer  philosophischen 
Forschung  in  ihnen  zum  Bewustsein  zu  bringen.  So  ist  die  Propädeutik 
und  namentlich  die  Psychologie  mehr  als  jeder  andere  Unterrichtsgegen- 
stand geeignet ,  von  rein  menschlicher  Seite  auf  Geist  und  Willen  der 
Schüler  bestimmend  einzuwirken  und  sie  mit  Hochachtung  gegen  jede 
wissenschaftliche  und  sittliche  Tüchtigkeit  zu  erfüllen. 

Ist  demnach  irgendwie  an  unsern  Schulen  ein  Unterricht  in  der 
jjliilosophischen  Propädeutik  zu  erteilen,  so  fragt  es  sich,  ob  derselbe 
mit  irgend  einem  Unterrichtsgegenstand  verbunden  werden  kann.  Da 
nun  allgemein  derselbe  als  ein  sehr  schwieriger  anerkannt  wird  und  die 
Erfahrung,  dasz  er  oft  unzweckmäszig  erteilt  sei,  zur  Beseitigung  des- 
selben als  selbständigen  Gegenstandes  mitgewirkt  hat,  so  scheint  es  un- 
möglich ,  ihn  nebenbei  in  Verbindung  mit  einem  andern,  gleichfalls 
schwierigen,  etwa  mit  der  Anleitung  zum  deutschen  Aufsatz  zu  erteilen, 
und  zwar  zweckmäszig  zu  erteilen.  Sobald  die  besondern  Stunden 
beseitigt  waren,  sind  mehrfach  Versuche  gemacht,  wie  von  Kiesel  ^ 
Eichhoff,  Deuschle,  ihn  mit  der  Leetüre  eines  philosophischen 
Schriftstellers,  besonders  des  Plato,  zu  verbinden.  Trotz  aller  Aner- 
kennung dieser  Bemühungen  ist  aber  von  Wiese  und  Bonitz  dagegen 
eingewendet,  daaz  damit  so  wenig  der  Logik  als  dem  griechischen  Stu- 


492  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

üium  gedieut ,  die  aufgewandte  Zeit  und  Mühe  nicht  entsprechend  be- 
lohnt werde.  Gleiches  gilt  von  der  Verbindung  mit  der  deutschen 
Leetüre,  mit  der  Correctur  der  Aufsätze,  der  Mathematik,  Religions- 
lehre, Geschichte  usw.  Ueberall  können  nur  Einzelbelelirungen  also 
vermittelt  werden  und  es  ist  eigentlich  nichts  damit  ausgesprochen,  als 
dasz    der    ganze  Unterricht    in  wissenschaftlichem  Geist  zu  erteilen  sei. 

Somit  bleibt  nichts  übrig,  als  besondre  Unterrichtsstunden  für  die 
Propädeutik  anzuberaumen,  und  es  sind  dafür  zwei  Stunden  notwendig. 
Etwas  anderes  ist  es,  wenn  behauptet  wird  dasz  alle  Unterrichtsgegen- 
stände der  Propädeutilc  vorarbeiten ,  wenn  sie  in  wissenschaftiicliem 
Geiste  behandelt  werden  ,  und  dasz  namentlich  die  Anleitung  zur  An- 
fertigung deutscher  Aufsätze  sich  zu  jener  in  Beziehung  zu  erhalten 
hat;  jeder  Unterricht  und  besonders  der  im  Deutschen  soll  von  Beginn 
an  die  Aufgabe  haben  ,  an  Richtigkeit  des  Denkens  und  Redens  zu  ge- 
wöhnen. Schon  das  Thema  des  deutschen  Aufsatzes  ist  urasomelir  ge- 
eignet Belehrungen  aus  dem  Gebiete  der  Propädeutilc  zu  geben,  je  mehr 
es  seinem  Inhalt  nach  in  Beziehung  zu  dem  Innern  Menschen  steht; 
hier  ist  ein  Eingehn  auf  Erörterungen  aus  der  Psychologie,  zur  Defini- 
tion Bekanntschaft  mit  dem  Wesen  des  Begriffs ,  der  Merkmale  usw. 
notwendig.  Doch  versteht  es  sich  von  selbst,  dasz  es  unpassend  wäre 
derartige  Themata  in  Prima  ausschlieszlich  oder  nur  vorzugsweise  zu 
bearbeiten,  weil  ja  jeder  Unterrichtsgegenstand,  also  auch  der  deutsche, 
seinem  eignen  Wesen  und  Zweck  gemäsz  zu  behandeln  ist,  die  ander- 
weitigen Rücksichten  also ,  die  der  deutsche  Lehrer  zu  beachten  hat, 
nicht  vernachlässigt  bleiben  dürfen.  P"'erner  bietet  die  Dispositionslehro 
viel  Gewinn  für  die  logische  Bildung  der  Schüler;  die  Anordnung  des 
gefundnen  Stoffes  ist  eine  rein  logische  Thätigkeit.  Streng  logische 
Dispositionen  aus  guten  Aufsätzen  sind  n;itürlich  gleich  empfehlenswerth. 
Wenn  die  Ausführung  durch  Bestimmtheit  und  Schärfe  sich  auszeichnen 
soll,  so  musz  bei  den  .Schülern  schon  das  Streben  darnach  angeregt  sein, 
die  logische  Lehre  vom  Schlusz  daher  mehrfach  geübt  werden.  Die 
Correctur  endlich  ,  hinweisend  auf  die  vom  Schüler  in  Inhalt  und  Form 
begangnen  Fehler,  auf  seine  eigne  That ,  bietet  die  beste  Gelegenheit 
zu  Erörterungen  aus  dem  Gebiet  der  Logik  und  Psychologie  und  die 
beste  Anleitung  zu  künftiger  Besserung. 

Gewisse  andre  Unteriichtsgegenstände  stehn  ihrer  Natur  nach  in 
besonders  engem  Zusammenhang  mit  der  Propädeutik ,  so  namentlich 
die  Mathematik;  jedoch  da  es  die  Mathematik  ausschlieszlich  mit  Zahl- 
und  Raumverhältnissen  zu  thun  hat,  auch  jhr  systematischer  Zusammen- 
hang ein  Ablenken  nicht  erlaubt,  läszt  sich  der  logische  Unterricht  nicht 
mit  der  Mathematik  verbinden.  Auch  die  Grammatik  dient  dem  Unter- 
richt in  der  Logik.  Die  Leetüre  bietet  nicht  minder  vielfache  Veran- 
lassung zu  Belehrungen  aus  der  philosophischen  Propädeutik,  so  Be- 
trachtung der  Synonymen,  der  Digressionen  zur  Erklärung  der  Ideen- 
association,  die  ganze  Leetüre  für  die  Schluszformen;  besonders  gilt 
das  alles  von  philosophischen  Schriften. 

Was  die  Realschulen  anbetrifft,  so  soll  auch  ihr  Unterricht  geist- 
bildend sein,  fortwärend  in  der  Logik  üben,  weshalb  es  folgerichtig  ist, 
dasz  die  logischen  Gesetze  auch  zuletzt  zum  Bewustsein  gebracht  wer- 
den. Da  aber  die  Realschule  nicht  für  die  Universität  vorbereitet,  so 
kann  in  ihr  der  logische  Unterricht  nur  den  Zweck  haben,  die  Primaner 
auf  die  Methode  für  wissenschaftliche  Studien  überhaupt  hinzuweisen, 
er  kann  kein  selbständiger  Unterricht  sein ,  sondern  hat  sich  mit  dem 
deutschen  Unterricht  zu  verbinden,  er  musz  nicht  in  zusammenhängen- 
der Form  in  den  Anfang  des  deutschen  Unterrichts  von  Prima  einge- 
schoben, sondern  es  musz  das  was  schon  vorher  von  logischen  Elemen- 
ten durch  praktische  Uebungen  gewonnen  war,  in  Prima  allmählich  ver- 


Berichte  über  gelelirfc  Anslnllen,  Verordniing-en,  stallst.  Notizen.  493 

vollständif^t  und  dann  von  Zeit  zu  Zeit  in  einzelnen  Ahselinitten  zn- 
samnienget'aszt  werden.  Was  die  Psycliologie  betrifft,  so  sind  für  dieselbe 
die  Realscliüler  namentlich  durcli  den  Unterricht  in  der  Physiologie  vor- 
bereitet, und  es  ist  vielleicht  zweckinäszig,  dasz  in  beschriinktem  Masze 
der  naturgeschichtliche  Unterricht  die  Psychologie  übernimmt  und  als 
Abschlusz  der  Anthropologie  behandelt,  und  der  deutsche  Unterricht,  ohne 
sich  in  störende  und  von  seinem  eignen  Haujjtzvveck  abführende  Digres- 
sionen  einzulassen,  darauf  hinweise.  Es  würde  demnach  im  Ganzen  der 
})ropädeutische  Unterricht  der  Kealschulen  sich  dadurch  von  dem  der 
(iyninasien  unterscheiden,  dasz  jene  nach  Maszgabe  ihrer  besondern 
Verhältnisse  denselben  zeitweilig  fallen  lassen. 

Es  folgte  nach  dieser  ausführlichen  Discussion  die  Berathung  des 
siebenten  Gegenstandes,  des  allgemeinen  Lehrplans  für  die  Gymnasien 
der  Provinz.  Referent  war  Director  Dr  Schmidt  von  Bielefeld,  Cor- 
referenten  Director  Dr  Schmidt  von  Brilon  und  Dr  Jordan.  Für 
diesen  Gegenstand  war  das  Misgeschick  eingetreten,  dasz  zwei  der  be- 
stellten Referenten,  Director  Wi  1ms  und  Ahlemeyer,  wegen  Krank- 
heit nicht  anwesend  waren ,  ihre  Referate  nur  vorlagen  und  in  der  Eile 
am  Ort  der  Zusammenkunft  erst  Berichterstatter  hatten  gewonnen  wer- 
den müszen.  Als  amtliche  Grundlage  des  Lehrsystems  der  westphälischen 
Gymnasien  gilt  der  Ministerialerlasz  vom  2n  Uctober  1835,  einzelne  Ab- 
änderungen sind  seitdem  gemacht.  Seit  der  lOn  Conferenz  im  J.  1844 
ist  aber  eine  Revision  des  Lehrplans  begonnen  und  im  J.  1851  auf  der 
lln  neu  aufgenommen,  und  so  sind  fast  alle  Disciplinen  durchgearbeitet. 
Die  Resultate  der  neuen  Berathungen  sind  nun  mit  den  Bestimmungen 
des  Ministerialerlasses  vom  7n  Januar  185Ö  soviel  als  möglich  zu  ver- 
einigen. Ohne  daher  alle  früher  gewonnenen  Ergebnisse  von  neuem  zu 
besprechen,  schien  es  notwendig  eine  Reihe  von  Punkten  vorzunehmen, 
und  zwar  zunächst  den  Cursus  der  Tertia.  Dieser  ist  nach  der  Mini- 
sterialverfügung  zweijährig.  Nun  aber  besteht  in  der  Rheinprovinz  ein 
einjähriger  Cursus,  und  wegen  der  vielfachen  Berührungen  mit  derselben 
schien  es  von  einer  Seite  wünschenswerth,  denselben  Cursus  auch  für 
Westphalen  durchzuführen.  Indes  es  ist  eine  feststehende  Einrichtung 
in  Westphalen.  dasz,  mögen  die  beiden  Abteilungen  in  den  obern  Klassen 
im  Unterricht  gesondert  oder  vereinigt  sein,  jährlich  eine  Translocation 
aus  einer  Abteilung  in  die  andere  stattfindet.  Darin  liegt ,  dasz  das 
zweite  Jahr  nicht  schlechthin  den  Lehrstotf  des  ersten  wiederholen  soll. 
Auch  namentlich  seit  der  Beginn  des  griechischen  Unterrichts  von  Tertia 
nach  Quarta  verlegt  ist,  hat  man  sich  allgemein  dafür  ausgesprochen, 
dasz  es  notwendig  sei  die  beiden  Tertien  im  Griechischen  getrennt  zu 
lassen,  weil  sonst  die  Reife  für  Secunda  nicht  erreicht  werden  könne. 
In  der  Mathematik  ist  es  allerdings  gut  den  Stoff  der  Tertia  auf  e'in 
Jahr  zu  beschränken ,  aber  ebenso  gut  dasz  der  Schüler  dies  Pensum 
zweimal  du'-ch arbeite,  um  in  den  Elementen  sicher  zu  werden.  Auch  in 
der  Rheinprovinz  ist  bisher  die  Einrichtung  üblich  gewesen ,  dasz  nur 
durcliaus  fähige  Schüler  den  Cursus  der  Tertia  in  einem  .Jahre  durch- 
machen, die  Mehrzahl  zwei  Jahre  in  der  Classe  bleibt;  wünschenswerther 
wäre  es  freilich,  wenn  auch  dort  wie  in  den  übrigen  Teilen  der  Monarchie 
durchaus  ein  zweijähriger  Cursus  in  Tertia  als  notwendig  gälte.  —  Zum 
andern  wegen  der  Stundenzahl  und  des  hebräischen  Unterrichts  einigte 
man  sich,  dasz  dieser  Gegenstand  als  überhaupt  kein  innerliches  Glied 
des  Scbulorganismus  und  von  keinem  Werth  für  die  sittliche  Erziehung 
der  Jugend  bisher  zu  sehr  bevorzugt  sei;  es  sei  das  Hebräische  sowol 
aus  der  Untersecunda  zu  verbannen,  als  auch  auszerhalb  der  gewöhn- 
lichen Schulzeit  zu  legen;  daher  seien  für  die  obern  Klassen ,  aber  auch 
für  die  untern  volle  32  Schulstunden,  für  die  Hebräer  also  84  herzu- 
stellen ,  aber  notwendig  dann  für  die  beiden   untern  Klassen  die   Anfer- 


494  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

tigung  aller  schriftlichen  Arbeiten  in  die  Schulzeit  selbst  zu  verlegen, 
wie  dies  in  der  ministeriellen  Verfügung  für  die  Realschulen  angeordnet 
ist.  Denn  die  berechtigten  Klagen  über  das  zu  viele  Sitzen  der  Schüler 
beziehn  sich  mehr  auf  das  Uebermasz  häuslicher  Arbeiten  als  auf  die 
Schulstundenzalil  und  sind  nicht  durch  die  ministeriellen  Verfügungen 
erledigt,  da  die  Schüler  noch  zu  so  vielen  häuslichen  Schreibereien  ver- 
urteilt sind,  welche  in  der  Schule  weiter  nicht  verwerthet  werden.  So- 
dann scheint  es  notwendig  dasz  die  Zahl  der  mathematischen  Stunden 
von  drei  wieder  auf  vier  erhöht  werde.  Denn  die  jetzige  Stundenzahl 
macht  es  dem  Schüler  fast  unmöglich,  den  Stoff  zu  seinem  sichern  Eigen- 
tum zu  machen,  so  dasz  dann  später,  da  die  Realschulen  in  dieser  Dis- 
ciplin  weit  mehr  leisten ,  es  den  Abiturienten  der  Gymnasien  wird  un- 
möglich werden  die  Fachanstalten  zu  benutzen  und  in  die  technischen 
Beamtenfächer  einzutreten.  Ebenso  hielt  man  für  gut,  von  den  3  mathe- 
matischen Stunden  der  Quarta  e'ine  ausschlieszlich  dem  Rechnen  zuzu- 
wenden, weil  die  erlangte  Fertigkeit  dem  Schüler  zu  leicht  abhanden 
kommt.  Schlieszlich  wegen  des  naturwissenschaftlichen  Unterrichts  wurde 
die  vereinzelte  physikalische  Stunde  in  Secunda  als  unzulänglich  erkannt 
und  der  Wunsch  ausgesprochen  für  Secunda  wieder  zwei  physikalische 
Stunden  zu  erhalten. 

Den  achten  Gegenstand  der  Berathung  bildete  der  allgemeine  Lehr- 
plan für  die  Realschulen  der  Provinz;  Referent  war  Director  Osten- 
dorf,  Correferenten  Director  Münch  und  Rohde wald.  Da  die  Unter- 
richtsordnung für  die  Realschulen  vom  6n  October  1859  Modificationen 
des  Lehiplans  den  Provinzial-Scliulcollegien  überläszt,  so  hatte  das  Pro- 
vinzialschulcollegium  die  Directoren  der  Realschulen  und  der  mit  wirk- 
lichen Realklassen  verbundnen  Gymnasien  aufgefordert  ihre  Gutachten 
abzugeben.  Auf  Grund  derselben  fand  die  Berathung  statt.  Da  mehrere 
Lectionen  der  Realschulen  eine  weit  geringere  geistige  Anstrengung  er- 
fordern als  die  der  Gymnasien,  so  schien  eine  Vermehrung  der  Stunden- 
zahl für  die  obern  Klassen  bis  auf  33  ohne  den  Gesangunterricht,  bis 
auf  32  für  die  untern  unbedenklich.  Der  Unterricht  in  jedem  Fache 
sei  dann  zu  begiimen ,  wenn  er  durch  die  geistige  Disposition  des  Schü- 
lers angezeigt  sei;  daher  könne  immerhin  das  Zeichnen  in  Sexta  weg- 
fallen, nicht  aber  die  Naturgeschichte;  Geographie  sei  hier  weniger 
wünschenswerth  als  Geschichte,  besonders  Sagengeschichte.  Ferner  gälten 
nicht  für  alle  Provinzen  die  gleichen  Forderungen  in  Bezug  auf  die 
Klassenziele  für  die  einzelnen  Fächer;  für  Westphalen  z.  B.  sei  das 
Englische  wichtiger  als  für  Schlesien.  Die  Tertia  bildet  einen  Haupt- 
abschnitt; daher  sei  bis  Tertia  der  Unterricht  mehr  elementarer  Art,  in 
Secunda  mehr  wissenschaftlich;  deshalb  ist  in  Tertia  nicht  ein  Fach 
unverhältnismäszig  stark  zu  betreiben,  noch  auch  in  Secunda  der  ele- 
mentare Cursus  fortzusetzen.  Zweckmäszig  scheint  die  Festsetzung,  dasz 
die  Schülar  im  allgemeinen  2  Jahre  in  Tertia  bleiben,  talentvolle  und 
fleiszige  aber  auch  nach  1  Jahr  versetzt  werden  können;  doch  musz  der 
Cursus  in  Tertia  wie  in  Secunda  einjährig  sein  für  die  Fächer,  in  denen 
kein  sprungreiches  Erfassen  möglich  ist,  wie  besonders  für  die  Mathe- 
matik. In  Bezug  auf  Einzelheiten  schien  ein  propädeutisch  -  physikali- 
scher Unterricht  in  Tertia  notwendig,  woher  aber  die  Zeit  genommen 
werden  solle,  blieb  eine  offene  Frage;  eine  besondre  Schwierigkeit  macht 
auch  der  Anfang  des  chemischen  Unterrichts  und  die  Verteilung  des 
Stoffs.  Ein  Durchgehn  des  naturgeschichtlichen  Unterrichts  durch  alle 
sechs  Klassen  scheint  notwendig;  nach  Sexta  und  Quinta  gehört  Indivi- 
duenkunde, nach  Quarta  Arten-  und  Gattungskundc  des  Pflanzen-  und 
Thierreichs.  In  Tertia  hauptsächlich  ein  künstliches  System  und  die 
Uebuug  im  Bestimmen  hervorzuheben  scheint  nicht  richtig  zu  sein,  eben- 
sowenig wie  hier  schon  die  Botanik  und  Zoologie  zum  vollständigen  Ab- 


» 


Bericlile  über  golclirlc  Ansfalfon,  Verordnungen,  sfatisf.  Noti7,en.  405 

sdilusz  zu  bringen,  sondern  dies  der  Secnnda  zu  überlassen.  Für  Prima 
würde  die  Krystallograpliie  und  Mineralogie  gehören,  wenn  nicht  die 
erstere  bei  einer  Scheidung  der  Secunda  nach  Obersecunda  sich  bringen 
liesze;  in  Prima  würde  auch  Geognosie  und  menschliclie  Physiologie  zu 
behandeln  sein.  In  Prima  musz  der  Cursus  zweijährig,  in  Tertia  ein- 
jährig, in  Secunda  vorwiegend  zweijährig  sein.  Es  fielen  dann  auf  Sexta 
2  Stunden  w.  Zoologie  (Vögel  und  Säugethiere)  und  Botanik;  Quinta 
2  Stunden:  Fortsetzung;  Quarta  3  Stunden:  Verallgemeinerung  desselben 
Stoffs  nebst  Entomologie;  Tertia  4  Stunden:  2  Stunden  Naturgeschichte 
(Arten-  und  Gattungskunde ,  Uebergang  zur  Systemkunde),  2  Stunden 
Physik  (Beobachtung  der  Naturerscheinungen)  ;  Secunda  6  Stunden:  2  Stun- 
den Naturgeschiciite,  4  Stunden  Physik  und  Chemie;  Prima  (3  Stunden: 
2  Stunden  Naturgeschichte,  2  Stunden  Chemie,  2  Stunden  Physik.  Hin- 
sichtlich der  Mathematik  ist  Ziel  der  Tertia:  Sicherheit  in  der  ebnen 
Geometrie ,  die  Kreisberechnung  zweckmäsziger  nach  Secunda  zu  ver- 
schieben; die  Trigonometrie,  welche  die  U. -O.  nach  Secunda  verlegt, 
kann  allenfalls  nacli  Prima  geliracht  werden,  obgleich  sich  dagegen  auch 
wesentliche  Bedenken  erheben;  in  dieser  obersten  Klasse  ist  neben  dem 
eigentlichen  mathematischen  auch  Unterricht  im  Rechnen  zu  erteilen. 
Als  Lehrbuch  empfehlen  sich  besonders  Euklids  Elemente  in  der  Ueber- 
setzung  von  Dippe.  Für  das  Englische  ist  eine  Wiederherstellung  der 
früher  in  Westphalen  üblichen  4  Stunden  wünschenswerlh  und  in  Prima 
durch  Verminderung  der  Zeichenstunden  von  3  auf  2  erreichbar;  für 
Prima  ist  als  Leetüre  in  der  einen  Hälfte  des  Jahrs  Shakespeare,  in  der 
andern  Prosa,  besonders  historische  und  oratorische,  zu  empfehlen;  da- 
mit in  Secunda  kein  blos  elementarer  Unterricht  stattfinde,  ist  eine 
Trennung  der  beiden  Tertien,  wo  sie  vorhanden  sind,  zweckmäszig.  Der 
Zeichenunterricht  schien  für  Sexta  entbehrlich,  die  dadurch  gewonnenen 
2  Stunden  können  dem  deutschen  Unterricht  allein  zugelegt  oder  unter 
ihn  und  die  Geschichte  verteilt  werden. 

Nach  dieser  langen  Discussion  berichtete  Director  Dr  Schmidt  aus 
Bielefeld  über  die  Auswahl  des  Materials  für  die  schriftlichen  Abiturienten- 
prüfungen wärend  des  letzten  Jahrzehends. 

Dania  trat  die  Berathung  des  Lehrplans  für  den  Zeichenunterriclit 
nach  den  gegenwärtigen  Bedürfnissen  der  Gymnasien  und  Realschulen 
ein.  Auf  diese  einzugehn  ist  unnötig,  da  das  Ministerium  selbst  eine 
Verfügung  in  dieser  Beziehung  erlassen  wird. 

Hierauf  wurde  von  den  verschiednen  Directoren  über  den  wesent- 
lichen Inhalt  der  seit  Michaelis  1857  erschienenen  Programme  der  dem 
Programmen -Tauschverband  angehörenden  Gymnasien  und  Realschulen 
Bericht  erstattet  und  dabei  unter  Andeutung  des  in  Abhandlungen  und 
Schulnachrichten  vorzugsweise  Erwähnenswerthen  aus  letzteren ,  beson- 
ders das  von  den  bei  uns  bestehenden  Einrichtungen  abweichende  her- 
vorgehoben. Demnächst  aber  wurde  die  Frage  aufgeworfen:  ob  wol  die 
gegenwärtige  Einrichtung  der  Programme  eine  zweckmäszige  sei.  Es 
wurde  hingewiesen  auf  die  hohen  Druckkosten,  die  geringe  wissenschaft- 
liche Ausbeute  mancher  Abhandlungen,  die  Unlust  mancher  Lehrer  zur 
Uebernahme  der  Arbeit.  Man  einigte  sich  dahin,  dasz  nicht  in  jedem 
Jahre  es  einer  wifsenschaftlichen  Abhandlung  bedürfe  und  jede  Anstalt 
nur  jedes  dritte  Jahr  dazu  verpflichtet  sei.  Auch  die  Verkürzung  der 
Schulnachrichten  schien  notwendig,  eine  Beschränkung  auf  das  unent- 
behrliche, so  dasz  die  Schulnachrichten  sich  auf  einen  Druckbogen  zu- 
sammendrängen lieszen ,  dessen  Versendung  auszer  der  Provinz  in  den 
Jahren,  wo  keine  Abhandlung  beigegeben  werde,  ganz  unterbleiben  könne. 

Sodann  wurden  neue  Lehrmittel  besprochen,  von  Director  Schnabel 
ein  auf  den  Zeichenunterricht  bezüglicher  Apparat  vorgezeigt  und  er- 
läutert,  von   Director  Müncb  technologische  Modelle  und  ein  Apparat 


496  Personalnolizen. 

zur  Unterstützung^  der  Anschauung  beim  Unterricht  in  der  Stereometrie 
xmd  namentlich  in  der  beschreibenden  Geometrie. 

Ein  Bericht  über  die  bei  den  Gymnasien  der  Provinz  neu  erfolgten 
milden  Stiftungen,  einzelne  Anträge  und  Wünsche  einzelner  Mitglieder 
bildeten  den  Schlusz  der  14n  westphälischen  Directoren-Conferenz. 

Pei^sonaliiotizen, 

Erncnnung^cn,  BcfürderungeD ,  Versetieungen: 

Berner,  Dr,  ao.  Prof.,  zum  ord.  Prof.  iu  der  juristischen  Facultät 
der  Universität  Berlin  ern.  —  Bodin,  Dr,  als  Collaborator  am  Gymna- 
sium zu  Prenzlau  angest.  —  Drenckhahn,  SchAC,  als  Adiunct  am 
Pädagogium  zu  Puttbus  angest.  —  Fe  11  er,  Dr  Theod.,  SchAC,  zur 
Vollendung  seines  Probejahrs  vom  Progymnasium  zu  Aunaberg  dem 
Gymnasium  zu  Zittau  überwiesen.  —  Franck,  Dr,  ord.  Lehrer  am 
Gymn.  zu  Neu -Stettin,  in  gl.  Eigensch.  an  das  Gymn.  zu  Pyritz  be- 
rufen. —  Gallenkamp,  Dr,  Director  der  Realschule  in  Mülheim  an 
der  Ruhr,  zum  Director  der  städtischen  Gewerbeschule  in  Berlin  berufen. 

—  Hanne,  Dr  theol.  et  phil.,  Pastor  »u  Salzhemmendorf  im  Hanno- 
verschen ,  zum  ord.  Prof.  in  der  theol.  Facultät  der  Universität  Greifs- 
wald ern. —  Hanow,  Dr  Frdr.,  als  ord.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  So- 
rau  angest.  —  Heidrich,  SchAC.,  als  wissenschaftlicLer  Hülfslelirer 
am  Friedrich-Wilhelms -Gymnasium  zu  Posen  angestellt.  —  Hultsch, 
Dr,  ord.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Zwickau,  in  gl.  Eigenschaft  an  das 
Gymn.  "St.  Crucis  in  Dresden  berufen.  —  Jordan,  SchAC.,  als  Colla- 
borator am  Gymn.  zu  Prenzlau  angest.  —  Kern,  Dr  Prof.  am  Gymn. 
Casimirianum  zu  Coburg ,  zum  Dir,  der  Realschule  in  Mülheim  a.  d.  R. 
ern.  —  Meckbach,  ord.  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Tilsit,  zum  Ober- 
lehrer befördert.  —  Peter,  Dr,  wissenschaftl.  Hülfslehrer  am  Friedrich- 
Wilhelms-Gymnasium  in  Posen ,  zum  ordentlichen  Lehrer  das.  befördert. 

—  Radebold,  SchAC,  als  ordentl.  Lehrer  am  Gymn.  zu  Dortmund 
angestellt.  —  Seh  äffer,  Lehrer,  als  Collaborator  am  Gymnasium  zu 
Prenzlau  angest.  —  Schneider,  Dr  Rieh,,  SchAC,  als  ordentlicher 
Lehrer  am  Gymn.  zu  Elberfeld  angest.  —  Serf,  wissenschaftl.  Hülfs- 
lehrer am  Friedrich-Wilhelms-Gymn.  zu  Cöln ,  zum  ordentlichen  Lehrer 
befördert.  —  Stephan,  Dr,  SchAC,  als  Civilinspector  an  der  Ritter- 
akademie in  Liegnitz  angest.  —  Vitz,  Dr,  als  ord.  Lehrer  am  Gymn. 
zu  Torgau  angest.  —  Vogel,  Dr  Theod.,  ord.  Lehrer  am  G_ymn.  zu 
Zittau,  in  gl.  Eigenschaft  an  das  Gymn.  zu  Zwickau  versetzt.  — We- 
ber, Dr  Theod.,  ao.  Prof.  in  Leipzig,  als  ord.  Prof.  in  der  med.  Fa- 
cultät an  die  Universität  in  Halle  berufen. 

Pracdiciert: 

Jahne,  DrCarl  Traug.,  Conrector  am  Gymn.  zu  Budissin  ,  er- 
hielt das  Dienstprädicat  'Professor'. 

Qostorben : 

Am  20.  Sept.  in  Berlin  der  Prof.  am  Friedrich-Wilhelms-Gymnasium 
Dr  Dense  hie,  bekannt  durch  seine  tiefen  platonischen  Studien,  aber 
auch  als  Lehrer  mit  dem  gesegnetsten  Erfolg  thätig,  von  mir  und  allen 
die  ihn  kannten  als  anima  pia  et  Candida  herzlichst  geliebt.  —  Mitte  Oct. 
in  München  der  bekannte  Herausgeber  eines  deutschen  Wörterbuchs, 
Prof.  em.  Chr.  Fr.  L.  Wurm.  —  Am  21.  Oct.  in  Marburg  mein  ehe- 
maliger Lehrer,  Dr  Karl  Frdr.  Weber,  ord.  Prof.  der  kl.  Philologie, 
früher  Lehrer  am  Gymn.  zu  Zeitz,  dann  in  Darmstadt,  zuletzt  Dir.  am 
Gymn.  zu  Kassel.  —  Am  2(3.  Oct.  in  Berhn  der  grosze  Jurist,  Staats- 
min.  a.  D.  Dr  Frdr.  Karl  von  Savigny,  geb.  1779  zu  Frankfurt 
a.  M.  —  An  demselben  Tage  in  Göttingen  der  Geh.  Hofr.  Prof.  Dr  v  o  n 
Siebold,  Dir.  der  Entbindungsanstalt. 


Zweite  Abteilimg: 

für  Gyniuasialpädagogik  und  die  übrigen  Lelirfäclier, 

mit  Ausschlusz  der  classischen  Philologie, 
herausgegeben  tou  Rudolph  Dietsch. 


(13.) 
August  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.    St  Peters- 
burg 1859.  (L.  Voss  in  Leipzig.)    38  S.  Folio.  12%Ngr. 


(Mit  Rücksicht  auf  Dr  H.  Steinthals  Charakteristik  der  hauiJtsäch- 
lichsten  Typen  des  Sprachbaus.) 

(Fortsetzung  von  S.  449 — 456.) 


B.   Welche  von  den  Formeln  kommen  thatsächlich  in  den  von 
Schleicher  erörterten  Sprachen  vor?  (S.  8 — 35). 

I)  Isolierende  Klasse  der  Sprachen.  Finden  sich  Spra- 
chen  der  Formel  A  (vgl.  oben),  d.  b.  gibt  es  wirklich  Sprachen,  in 
denen,  was  oben  blos  als  möglicher  Fall  angenommen  wurde,  die 
unveränderliche  Wurzel  zugleich  Wort  ist  und  der  Satz  sich  da- 
durch bildet,  dasz  Wurzel  neben  Wurzel  isoliert  stehend  ein  ver- 
ständliches Ganzes  bildet  und  der  Satz  mit  der  Formel  AB  zu  bezeich- 
nen wäre  ? 

Für  alle  Völker,  deren  Worte  flectieren,  also  auch  für  uns  ist 
eine  Sprache  der  Formel  A  B  so  auffällig,  dasz  wir  uns  nur  sehr  schwer 
in  sie  hineindenken  können;  denn  sie  widerspricht  allen  unsern  herge- 
brachten Begriffen  vom  Satz,  ja  sogar  vom  Wort.  Und  doch  —  soll 
ein  Neubau  der  philosophischen  Grammatik  begonnen  werden,  soll 
sich  eine  Aussicht  auf  sein  Gelingen  erölTnen ,  so  werden  die  Gram- 
matiker künftig  gerade  von  diesen  isolierenden  Sprachen  ausgehn 
müszen,  wärend  sie  diese  zeither  ganz  unbeachtet  bei  Seite  liegen 
lieszen.  Schleicher  und  Steinthal  wenigstens  sind  von  ihnen  aus- 
gegangen, haben  sie,  wie  sie  beide  nicht  anders  konnten,  an  die  Spitze 
gestellt  und  so  zur  sichern  Grundlage  ihrer  Untersuchungen  über  Wort 
und  Sprache  gemacht.  Die  hohe  Wichtigkeit  der  isolierenden 
Sprachklassen  für  die  Grammatik  überhaupt  ist  auszer  allem  Zwei- 
fel gestellt;  mag  also  ein  erdichtetes  Beispiel  die  Sache  vorweg  er- 
läutern. 

Einen  lateinischen  Satz:  'av  vulp  ed  cas'  —  verstehn  weder 
wir,  noch  würde  ihn  ein  Römer  verstanden  haben.     Wir   vermissen 

]V.  Jahrb.  f.  Phil.  u.Päd.  II.  Abt.  1S61.  Hft  11  u.  12.  32 


498  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

gerade  die  Hauptsache,  ncmlich  die  Flexion,  und  mit  ihr  die  Unter- 
scheidung der  Satz-,  also  zugleich  auch  der  Redeteile. 
Anders  der  Chinese,  dessen  Sprache  zu  den  isolierenden  gehört. 
Dem  Chinesen  wäre  — -  mutatis  mutandis  —  ein  solcher  Satz  völlig 
verständlich;  ja  er  bildet  alle  seine  Sätze  nur  in  dieser  Weise.  Er 
würde  —  nota  bcne:  freilich  nur  in  der  hier  absichtlich  gewählten 
Stellung- —  in  der  lateinischen  Wurzel  av  ein  Attribut,  in  vulp  vor 
ed,  als  einem  Prädicat,  ein  Subject  und  in  cas  nach  ed  ein  Object 
finden,  und  demgemäsz  einen  solchen  Satz,  enthielte  er  statt  der  latei- 
nischen entsprechende  chinesische  Wurzeln,  ganz  gut  verstehn  und 
diesen  in  lateinisch  fl  edierten  Formen  nur  so  auffassen:  av-ida 
vulp-es  ed-it  cas-enm.  Begreiflicherweise  kann  in  einer  solchen 
Sprache  von  Formenlehre  gar  nicht  die  Rede  sein;  denn  sie  hat  ja 
gar  keine  Worte,  sondern  laufer  unveränderliche  Wurzeln.  Des 
Chinesen  ganze  Grammatik  schrumpft  so  zu  einer  bloszen  Synta.xis 
(der  Wurzeln)  zusammen.  Auch  Redeteile  kann  eine  solche  Sprache 
nicht  haben,  und  die  Wurzel  a  v,  die  in  der  Stellung  des  obigen  Satzes 
ein  Attribut  ist,  also  av-ida  bezeichnet,  könnte  als  chinesische  im 
Lexikon  ebensogut  mit  der  Bedeulung:  avere,  avidilas  aufgeführt  sein 
(vgl.  die  klare,  vorlrelTliche  Darstellung  der  Sache  bei  Steinlhal 
S.  112 — 148,  der  gerade  hier,  wo  es  so  sehr  noflhut,  auszer  der  mor-, 
phologischen  Gestalt  auch  die  Function  des  chinesischen  Wortes 
0=:  Wurzel)  betrachtet  und  beleuchtet). 

Schleicher  fragt:  gibt  es  thatsächlich  Sprachen  mit  der  Formel 
ABC...,  d.  h.  wo  zwei  oder  mehr  Wurzeln  den  Satz  bilden?  Hier 
liegt  aber  die  "Vorfrage  nahe:  gibt  es  eine  Sprache,  in  der  die  eine 
Formel  A  zugleich  Wurzel  und  Satz  kennzeichnet?  Schleicher  selbst 
hat  diese  Frage  durch  sein  erstes  chinesisches  Beispiel  (vgl.  unten) 
bejaht;  aber  schon  vor  ihm  haben  K.  W.  Heyse*)  und  Dr  Stein- 
thal den  Beweis  für  die  Möglichkeit  einer  solchen  Sprache  geliefert. 

Beide  lehren  dasz  die  Quelle  des  Wortes,  die  Wurzelschöpfung, 
nicht  auf  den  logischen  Kategorien,  sondern  auf  psychologischen  Pro- 
cessen beruhe.  Demgemäsz  suchen  und  finden  sie  diese  Quelle  in  der 
Erregung  des  Gemüts,  die  von  innern  heftigen  Empfindungen  oder 
der  kräftigen  Einwirkung  äuszerer  Objecto  ausgeht  und  die  Ge- 
berde und  die  Sprachwerkzeuge  des  Leibes  reizt  und  so  die  Schöpfung 
des  Urvvorlos  mit  Notwendigkeit  zuwege  bringt.  Wie  nun  in  den  Ur- 
anfängen der  Kindersprache  die  Schöpfung  schon  einer  einzigen  Wur- 

*)  Wenn  Schleicher  über  K.  W.  Heyses  'System  der  Sprach- 
wissenschaft '  übereinstimmend  mit  so  Vielen  S.  8  ein  sehr  ^ünstipes 
Urteil  äuszert  und  seine  Ausführungen  vortrefflich  nennt,  aber  'in  den 
Teilen  nach  dem  Schlüsse  des  Werkes  hin  weniger  befriedigendes  und 
helelirendes'  findet,  so  mag  es  ein  schweres  Ding  sein,  einen  solchen 
Spraclienkenner  zu  'belehren  und  ganz  zu  befriedigen'.  Was  aber  die 
Function  der  Bedeutungs-  und  der  J' eziehungslaii  te  anbetriift, 
so  sind  K.  W.  Heyses  Ansichten  darüber  so  neu,  so  bahnbrechend  und 
allgemeiji  giltig,  dasz  sie  für  alle,  auch  für  Schleicher,  niaszgebend 
sein  dürften. 


Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.  499 

ze\  (=r  A)  für  eine  sehr  energische  Thal,  eine  ganz  ungewöhnliche 
Kraftäuszerung  des  Kindes,  die  nur  durch  die  stark  erregte  Gemüts- 
stinimung  erklärlich  ist,  gehallen  werden  musz,  ganz  so  war  es  in  den 
Uranfängen  der  Sprache  überhaupt.  Diese  eine  Wurzel,  die  das  Kind 
schallt,  ist  nomen  und  verbum  zumal,  ja  sie  enthält  den  vollständigen, 
ganz  verständlichen  Salzkeim  schon  in  sich,  wie  ich  dies  an  der  Wur- 
zel bu  der  Kindersprache  a.and.  O.in  diesen  Jahrbüchern  in  populärer 
Weise  darzuthun  den  freilich  gewagten  Versuch  gemacht  habe.  Diese 
schailnachahmendo  Wurzel  bu  bedeutet:  'das  brüllende  Thier  ist 
wieder  da',  oder:  'es  brüllt  eben  wieder' ^ —  also  nomen,  verbum 
und  Satz  zumal. 

W^as  ich  Schleicher  gegenüber  meine  ist  dies:  die  Schöpfung 
der  Wurzel  ist  das  schwierigste,  was  der  Mensch  nur  in  erhöhter, 
aufgeregter  Stimmung  des  Gemüts  hervorbringen  konnte;  in  den  Ur- 
anfängen bewegte  sich  die  Sprache  lange  Zeiträume  hindurch  in  ein- 
zelnen Wurzeln,  und  die  eine  AVurzel  vermittelte  das  Verständnis  der 
Menschen  unter  einander,  d.  h.  sie  galt  als  Satz,  so  dasz  sie  'ohne 
allen  durch  andere  Wurzeln  vermittelten  lautlichen  Ausdruck  der  Be- 
ziehung gelassen  wurde'  (Schi.  S.  8  Mitte).  Die  Wurzelschöpfung  des 
Kindes,  die,  ihm  allein  überlassen,  sehr  langsam  vorschreiten 
würde,  durchbricht  jetzt  in  ihrem  nalurgemäszen  langsamen  Fort- 
gang die  vorsprechende  Mutter  und  macht  das,  was  zuerst  allein  eine 
Wirkung  des  erregten  Gemüts  war,  zu  einer  bloszen  Sache  des  Gehörs 
und  des  Gedächtnisses.  In  den  Uranfängen  der  Sprache  überhaupt  — 
von  wem  hätte  da  eine  solche  Störung  der  naturwüchsigen  Entwicklung 
der  Sprache  ausgehn  sollen? 

Als  sich  zu  der  einen  Wurzel  A,  neben  die  sich  ursprünglich 
andere  Wurzeln,  AB...,  als  volle  Sätze  zusammenhangslos  stellten, 
noch  eine  zweite  W^urzel  B  so  gesellte,  dasz  nun  die  Formel  A  B 
als  Satz  entstand  und  als  Einheit  galt,  so  setzt  dies  zweierlei  voraus: 

1)  einmal  schon  einen  gewissen  Vorrat  von  geschaffnen  Wurzeln  und 

2)  dasz  diese  ■ —  und  zwar  Laut  und  Sinn  —  bereits  im  Gedächtnis  der 
Glieder,  der  Stammesgenossen  festhafteten;  zu  beidem  gehörten  aber 
gewis  sehr  lange  Zeiträume. 

Eine  Sprache  der  einen  Wurzel  A  ist  natürlich  nicht  nachweisbar; 
so  gewis  ihre  Existenz  ist,  so  fällt  sie  doch  lange  vor  die  Zeit  der 
Erfindung  der  Schrift:  nur  in  der  ersten  Kindersprache  und  in  ver- 
einzelten Fällen  auch  in  der  chinesischen  sind  davon  noch  Spuren  zu 
entdecken.  Ja  auch  eine  Sprache  durchweg  mit  der  Formel  A  B..., 
in  der  also  zwei  oder  mehr  Wurzeln  als  Salz  gelten,  ist  nicht  mehr 
vorhanden.  Am  nächsten  dieser  Formel  A  B  kommen  die  isolie- 
renden Sprachen  und  unter  ihnen  wieder  besonders 

a)  die  chinesische: 
Beispiele: 
toüy  respondere,  coram,  par)  (er)  an twortete 

1)  Formel  A:  ^^jj^  yerba,  dicere,  vocare  }  "*  "   (und)  sprach. 

32* 


500  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

In  diesem  Beispiel  findet  sich  also  der  eben  besprochne  verein- 
zelte FbH  ,  dasz  die  eine,  natürlich  ganz  unveränderliche  Wurzel 
A  Wort  und  Satz  zumal  bedeutet;  zu  ihr  tritt  ohne  alle  lautliche  An- 
deutung eine  zweite  Wurzel  B,  die  wiederum  zugleich  ein  Salz  ist. 
Der  lexikalische  Beisatz  der  lateinischen  Worte  beweist,  dasz  im 
Chinesischen  von  einer  Trennung  des  nomen  und  verbum,  überhaupt 
von  Redeteilen  in  unserm  Sinn  gar  keine  Spur  vorhanden  ist;  denn 
der  Be  deu  tungs  la  ut  toüy  bleibt  unveränderlich  ,  gleichviel  ob  er 
in  dem  einen  Satz  respondere  ,  in  einem  andern  coram  oder  par  be- 
deutet; mithin  hat  diese  Sprache  keine  Worte,  sondern  blos 
W^urzeln:  vgl.  oben  das  lateinische  Beispiel. 

min        ko         kiu        pu  ko  hia 

2)  Formel  AB...,   z.  B:  y^ll^     ^^H^,^      ^^^^      ,jJp,^j    ^^1,^,^     ^^^^Qn^ 

d.  h.  'das  Volk  soll  man  sich  nähern,  nicht  soll  man  es  herabdrücken', 
wobei  ausdrücklich  noch   zu  bemerken,  dasz  dem  Inlinitivus  'sollen' 
kein  cliinesischer  entspricht,  sondern  statt  dessen  eine  blosze  Wurzel. 
Da  das  Verständnis   von  der  Stellung  des  Wortes  im  Satz,  von 
der   Syiilaxis  abhängt,   so  sind  formelhafte  Zusammenstellungen ,   wie 
sie  sich   auch   in   unsern  Sprachen  finden,  in    der  chinesischen  gewis 
sehr  häufig.    Dahin  scheinen  die  Beispiele  bei  Steinthal  (S.  123)  zu 
gehören:  ni  tun,  wo  si,  du  Ost,  ich  West  =  nicht  übereinstim- 
men;  ni  wen,  wo  ta ,  du  fragen,  ich  antworten  :=  plaudern;  wen 
ta  =  Frage  —  Antwort  =  Unterredung;  fu  —  mu,  Valer,  Mutter 
=  Eltern. 
Probe  eines  zusammengesetzten  Salzes,  natürlich  ohne  Conjunction: 
lau    thai-thai      khyü  si  si       wo      hwan      syaa 

alt       Frau       scheiden      Welt      Zeit      ich      noch       jung, 
d.  h.  die  alte  Frau  schied  (aus  der)  Welt  (zur)  Zeit,  (als)  ich  noch 
jung  (war).  —  Ebendaselbst  S.  135: 

ouäng         youe         seon        pö     yonen     chy         ly        eul  läy 

König     sprechen      Greis     nicht     fern      1000     Meile     und     kommen 

y         tsiäng       yeöu       y  ly  ou  köne  hon 

auch     wollen     haben     zu     Vorteil     ich  (mein)  Reich  Fragepartikel, 

d.  h. :  der  König  sprach:  o  Greis,  (da  du)  nicht  fern  (achtend)  1000 
Meilen  gekommen  bist,  hättest  du  auch  wol  (tsiäng  bestimmt  als  Hülfs- 
wurzel  den  Modus  der  Wurzel  yeöu,  also  zusammen  etwa:  habeasne) 
(etwas)  zum  Vorteil  meines  Reichs?  NB.  Die  Wurzel  y  hier  :=  zu 
heiszt  auch  'gebrauchen';  die  innere  Bedeutung  des  verbum  und 
der  Präposition  ist  im  vorliegenden  Fall  klar  (Schleicher:  die 
Sprachen  Europas  S.  51). 

3)  For  m  el  A  +  Ä.  Neben  den  Bedeutungslaut  tritt  eine  zweite 
gleichfalls  unveränderliche  Wurzel ,  die  aber  ihre  Bedeutung  schon 
verallgemeinert  hat,  also  gewissermaszen  Beziehungslaut  oder 
Hülfswurzel  geworden  ist:  vgl.  die  Wurzel  iu  für  Dativ,  ci  für 
Genetiv  und  men  für  den  Pluralis  in  den  folgenden  Beispielen.  Dasz 
auch    diese  Hülfswurzeln   früher   eine   concrete    Bedeutung   hatten, 


Sclileicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.  501 

beweist  der  Umstand,   dasz  z.  B.  men  (:^=  PItiralzeichen)  auch  noch 
Klasse  bedeutet  (vgl.  Steinlhal  S.  131). 

Beispiele: 

iu    ,  min  ,.         nyo  ego  men  (Plu-      =  ego  im  Plural, 

„•„   homini;  •     popui;  i     •  i      ^  a      n 

zin  Ol     •    «^      '  ralzeiclien)  das  Ganze  = 

ti  (Passivum);  nos-ter; 

si 
.  =  Stein;  Kind  =  Stein-chen. 

4)  Zu  bemerken  ist  noch,  dasz  in  nicht  seltnen  Fällen  der  so- 
genannte Accent,  ohne  das  Lantmaferial  der  Wurzel  selbst  irgendwie 
zu  ändern,  eine  Aenderung  zwar  nicht  der  Bedeutung,  aber,  um  unser» 
hergebrachten  BegrilTen  gemäsz  zu  reden,  gewissermaszen  eine  Aen- 
derung des  Redeteils  bewirkt,  z.  B.  hau  gut,  häo  lieben;  hiä  unten. 
Unterteil,  hia  hinabsteigen  ;  Ihang  kochendes  Wasser,  thäng  brühen  usw. 

b)  Kassia-Spr  a  che  (v.  d.  Gabelen  tz:  Grammatik  und  Wörter- 
buch. Leipzig  1858).   Schleicher  S.U.  12. 

Der  Bedeiilungslaut  unveränderlich;  die  Beziehungslaute,  gleich- 
falls unveränderliche  Wurzeln,  haben  ihre  Bedeutung  schon  verändert; 
sie  sind  sämllich  nicht,  wie  in  unsern  Sprachen,  Posfpositionen,  son- 
dern Präpositionen,  also  Formel  l4 -}- A.  Die  Beziehungslaute  häufen 
sich  bis  zu  fiinf,  so  dasz  die  Formel  eines  solchen  Wortes  diese  ist: 
'A  -j-  B  -|-  'C  -f-  D  -f-  E  -)-  A  ,  z.  B.  i  a  u  b  a  1  a  py  n  -  li  h,  genau  : 
*zu  —  dem  —  welcher  —  haben  —  machen  —  weisz ',  d.  h.  d  e  a  I  - 
balo,  dem  geweiszten.  Erklärung:  die  Wurzel  lih  ist  nomen 
und  verbum  und  heiszt  1)  weisz,  2)  weisz  sein;  die  vortretenden  Be- 
ziehungslaute bedeuten:  ia  Zeichen  des  Dativs;  u  männlicher  Artikel 
durch  den  ganzen  Singularis;  ba,  Belativ,  bildet  Participia;  la,  Pos- 
sessiv, bildet  das  Präteritum;  pyn  bildet  causativa. 

Da  beiderlei  Laute  sowol  der  Bedeutung  als  auch  der  Beziehung 
unveränderlich  sind,  so  ist  eine  b  uc  h  s  tä  b  1  i  ch  e  Ueberselzung  aus 
diesen  isolierenden  Sprachen  in  unsere  gar  nicht  möglich.  Schleicher 
versucht  den  Satz 

u       kun         u  briu  u       long      u       trai       ka       sabbath 

der  Sohn  des  Menschen  (der)  ist  der  Herr  des  Sabbath 
mit  Weglassung  der  hier  beigesetzten  Flexion  ins  Indo- europäische 
zu  übersetzen.  Natürlich  kommt  dabei  nichts  anderes  heraus,  als  ein 
Satz  ganz  wie  der  oben  erdichtete  lateinische:  av  vulp  ed  cas. 
Unsere  neuhochdeutsche  Sprache  taugt  gar  nicht  zur  Verdeutlichung. 
Mit  gothischen  Wurzeln  würde  ich  diesen  Salz  der  Kassia-Sprache 
so  bilden;  sa  sun  sa  man  (sa)  is  sa  fr  au  so  sabbath,  was 
natürlich  kein  Golhc  verstanden  hätte,  da  ihm  nur  die  flectierten 
Formen:  sa  sun  us  this  man-s  (sa)  ist  sa  frau-ja  thizes  sabbath  ver- 
ständlich waren.  —  Bei  dem  sonst  durchgeführten  Princip  dieser 
Sprache,  die  Beziehungslaute  vor  die  Wurzel  zu  siellen,  fallen  Bil- 
dungen wie:  mih-ngi  Aufstehn  —  Sonne  =  Sonnenaufgang,  trai-iing 


502  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

Herr  —  Haus  =  Hausherr,  rang-bah  Mann  (der)  —  Grösze  =  Haupl- 
mann,  sehr  auf,  und  auch  hier  zeigt  sich  wiederum  ein  schroffer 
Gegensatz  zu  unsern  Sprachen;  denn  wir  bilden  gerade  umgekehrt  die 
zusammengesetzten  Worte  nicht,  wie  hier,  durch  Postposilion,  sondern 
durch  Vorstellung  der  ßeziehungswurzel. 

c)  Sprache  der  Namaqua  (Wallmann:  Formenlehre  der 
Namaqua-Sprache  S.  12 — 14). 
Das  morphologische  Grundprincip  auch  dieser  Sprache  ist 
das  isolierende,  d.  h.  sie  stellt  Wurzel  lose  neben  Wurzel.  Die 
Bedeiilnngslaute  sind  aber  wie  bei  uns  Postpositionen,  also  Formel 
A  +  A.  Die  Wurzeln  gelten  als  verba,  und  zwar  für  jede  Person  und 
jedes  Tempus.  Die  Reduplication  scheint  verbale  Kraft  zu  haben, 
z.  ß.  Wurzel:  |o  (das  Zeichen  |  vor  dem  o  bedeutet  einen  Schnalz- 
laut), davon :  |o -}- |o;  die  blosze  Wurzel  heiszt:  eng,  die  wieder- 
holte: ängstigen;  ebenso:  Ijanu,  rein,  ||anu  +  [|anu  reinigen.  Auch 
verschiedne  Wurzeln  setzen  sich  zusammen,  z.  ß.  Wurzel  ä  trinken 
und  ||ö  sterben,  davon  ä  +  Ijö  ersaufen.  Die  Tempora  des  verbum 
helfen  die  Partikeln  go  und  ni  bilden,  z.  B.  koi-ba  ma,  Mensch  —  er 
- —  geben  =  der  Mensch  gibt;  koi-ba  go  ma,  Mensch  —  er  —  damals 
geben  =  der  Mensch  hat  gegeben;  koi-ba  nl  ma ,  Mensch  —  er  — 
einst  geben  ^-  der  Mensch  wird  geben.  Die  Wurzel  ma  selbst  bleibt, 
da  es  eine  isolierende  Sprache  ist,  natürlich  unverändert.  Ein 
Sa  tz  :  ei-b  ge  sa-da  ||gii,  genau :  ^er  —  er  sein  (=  ist)  du  —  ich 
(:i=  wir)  Vater',  d.  h.:  er  ist  unser  Vater.  Auch  hier  bedeutet  die 
Wurzel  ||gu  als  nomen  und  verbum  zugleich:  l)  Vater  und  2)  zeugen. 
Isolierend  ist  endlich  IV)  auch  das  Brahmanische:  vgl.  Schleicher 
S.  15  u.  16. 

II)    Zusammenfügende  Klasse  (II)   der  Sprachen. 

Unter  dieser  Klasse  (II)  der  zusammenfügenden  Sprachen 
bespricht  und  erläutert  der  Verfasser  den  morphologischen  Bau  fol- 
gender: 1)  der  drawidischen,  wozu  das  Tamil  gehört,  2)  der 
finnisch -tatarischen  (auch  altaische,  uralaltische  genannt), 
wozu  a)  das  Türkische  mit  dem  Jakutischen  und  /3)  das  Ma- 
gyarische gehört,  3)  einiger  südafrikanischen  Sprachen  (des 
Zulu  und  Ileroro),  4)  des  Koptischen,  5)  der  Thusch-S  pr  ache 
und  6)  des  Baskischen. 

Grundregeln:  l)  Gemeinsames  mit  der  isolierenden  Klasse  (I)  : 
der  Bedeutungslaut  bleibt  in  beiden  Klassen  unverändert.  2)  Unter- 
schiede: die  Beziehungslaute  stehn  nicht,  wie  in  Klasse  I, 
lose  neben  der  Wurzel,  sondern  lehnen  sich  an  sie  an. 
Folge  davon  ist:  sie  können  nicht  blos  a)  vor  und  ß)  hinter  der 
Wurzel  stehn,  sondern  auch  in  sie  hineinwachsen,  also  Formel 
A  a,  a  A,  J^  und  a  A  b. 

Einige  Beispiele,  das  eine  gewählt  wegen  der  räumlichen 
Nähe   des  die  betreffende  Sprache  redenden  Volks,   die  andern  wegen 


Schleicher:  zur  Murphulogio  der  Sprache.  503 

der  schroffen  Abweichung  von  allen  Grundanschauungen,  die  wir  mit 
Beugungslehre  und  Synlaxis  verbinden. 

a)  Magyarische  Beispiele  (vgl.  auch  Schleicher:   die 
Sprachen  Europas  S.  86  ff.). 

Batya,  allerer  Bruder;  bälydm,  mein  älterer  Bruder;  bätyäme, 
meinem  älteren  Bruder  angehörig;  bätyämek,  plural.  davon,  die  Ange- 
hörigen meines  älteren  Bruders;  bätyämeknal,  bei  den  Angehörigen 
meines  älteren  Bruders  —  lauter  Pos(posilionen  (=  A  a  b  c  usw.), 
wofür  wir  den  Genetivus  possessivus  oder  possessivische  Pronomina 
nnd  Adjectiva  (mens,  fraternus)  gebrauchen  würden.  Da  diese  Post- 
positionen einen  ähnlichen  Charakter  haben  wie  unsere  Flexions-En- 
dungen, so  bezeichnet  sie  Schleicher  statt  mit  a  b  c  durch  aß'y. 

Ebenso  Wurzel  hal;  a  hal  der  Fisch;  a  hal-nak  dem  Fische; 
a  hal-at  den  Fisch;  a  bal-ban  in  dem  Fische;  a  bal-ba  in  den  Fisch; 
a  hal-boi  aus  dem  Fische;  a  bal-on  auf,  an  dem  Fische;  a  hal-ra  auf 
den  Fisch;  a  hal-rol  von  dem  Fische  weg;  a  hal-hoz  zu  dem  Fische; 
a  hal-ert  für  den  Fisch,  wegen  des  Fisches;  a  hal-val  mit  dem  Fische; 
a  bal-kep  wie  ein  Fisch  nsw.  Zwanzig  solcher  Casusendungen  (= 
unserem  Redeteil  der  Präposition)  werden  mit  dem  Worte  zusam- 
mengeschrieben, noch  zahlreichere  von  ihm  gelrennt. 

b)  Türkisclie  Beispiele: 
Die  türkische  Sprache  erreicht  nicht  den  vollen  Ausdruck  des 
Salzes.  Sie  scheidet  zwar  nonien  und  verbum  ,  das  Prädicat  drücken 
aber  bloszo  Participialien  aus.  Mit  andern  Worlen  —  sie  kann  nicht 
sagen:  amo,  amas,  homo  amat,  sondern  nur:  homo  an\ans.  Ganz  gegen 
unsere  logisch -grammatischen  Ansichten  tritt  also  an  die  Stelle  des 
dem  Türken  unbekannten  prädicativen  Satzverhällnisses  ergänzend 
das  a  ttri  bii  ti  ve.  Formel :  A  a  b  c. .. ,  also  Posiposition  der  Bezie- 
hungslaute wie  im  Magyarischen. 

Beispiele: 
Sev  (unveränderliche  Wurzel),  lieben;  mek  (oder  mag)  Endung 
des  Infinilivus.    Affix  a:  1)  mc,  ma  bildet  negative  Verba ;  2)  a-me, 
e-me  Impossibilia ;  3)  dir,  dur  Transitiva ;  4)  il  Passiva;  5)  in,  en  Re- 
flexiva;  6)  isch,  usch  Reciproca. 

Probe  von  Verbalbildungen: 

1)  sev-mek  lieben 
sev-me-mek  nicht  lieben 
sev-e-me-mek  nicht  lieben  können; 

2)  sev-dir-mek  zum  Lieben  nötigen 
sev-dir-me-mek  nicht  zum  Lieben  nötigen 
sev-dir-e-me-mek  nicht  zum  Lieben  nötigen  können ; 

3)  sev-dir-isch-mek  einer  den  andern  sich  gegenseitig  zu  lieben  nötigen 
sev-dir-isch-me-mek  sich  gegenseilig  zu  lieben  nichl  nötigen 
sev-dir-isch-e-me-mek  sich  gegenseilig  zu  lieben  nicht  nötigen  kön- 
nen usw.  usw. 


504  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

Sind  hier  die  wurzelartigen  Beziehungslaute  alle  Postpositioneti, 
so  zeigt  sich  in  den  südafrikanischen  Sprachen  Vor-  und  Nachstellung, 
z.  B.  im  Zulu:  umu-ti  Baum,  imi-li  Bäume;  im  Heroro:  omu-ti  Baum, 
omi  ti  Bäume;  oku-sut-a  (=  aAb)  bezahlen;  oku-ri-sut-a  (ri  reflexiv), 
sich  bezahlen;  uku-zi-bek-el-is-a  (=  a  b  A  c  d  e) ,  für  sich  selbst  auf- 
bewahren. 

c)  Ein  baskisch  es  Beispiel : 

Nachdem  Schleicher  den  morphologischen  Bau  der  kopti- 
schen (S.  20  —24)  und  der  T  h  us  ch  -  S  p  r  ach  e  (S.  25 — 27)  nach- 
gewiesen, deutet  er  die  Gestalt  des  Wortes  im  Baskischen  (S.  27) 
kurz  an.  Diese  Sprache  überbietet  an  wunderlichen  Lautschöpfungen 
wol  alle  übrigen.  Die  Beziehungslaute  können  teils  vor,  teils  hinler 
die  Wurzel  treten;  die  Beugung  des  Verbum  ist  so  manigfallig  und 
verwickelt,  dasz  Grammatiker  dieser  Sprache  206  Conjugalionen  ange- 
nommen haben  ;  vgl.  auch  Schleicher:  die  Sprachen  Europas  S.  104  ff. 
Ein  Beispiel  mag  die  sonderbare  Gestalt  des  Wortes  wenigstens  an- 
deuten. 

U-j-o-z-a-c  —  welch  wunderliches  Laulgebilde  !  Man  traut  kaum 
seinen  Augen,  wenn  es  der  Verfasser  übersetzt  durch:  ^e  r  hat  sie 
getödet,  0  Mann',  denn  man  weisz  nicht,  ist's  ein  Wort  oder  ist's 
ein  Satz?  und  doch  scheint  es  beides  zumal?  Wer  würde  namentlich 
gleichsam  als  Zugabe  darin  noch  einen  Vocativus  entdecken?  Dieses 
Laulgebilde  ist  aber  so  zu  erklären:  unveränderliche  Wurzel:  il, 
töden ;  j  Kennbuchstabe  der  familiären  2n  Person  zur  Bezeichnung  der 
persona  vocaliva;  ferner  o  Wurzel  des  Hülfsverbum;  z  persona  accu- 
saliva  :=  sie ;  a  Bindevocal  und  endlich  c  charakterisiert  die  ange- 
redete Person  als  M  a  n  n.  Folglich  ist  alles  zusammen  möglichst  genau  : 
töden  —  0  du  —  hat  (er)  —  sie  —  Mann.  Gerade  die  Stellung 
der  Beziehungslaute,  welche  die  Morphologie  besonders  zu  beachten 
hat,  ist  in  diesem  baskischen  Beispiel  überaus  sonderbar  und  wunder- 
lich. Voran  geht  die  Wurzel  il,  toden;  neu  sind  aber  die  Beziehungs- 
laule  o-z  :=  hat  (er)  —  sie,  welche  nach  unserer  Art  zu  construieren 
eng  zur  Wurzel  il  gehören,  von  dieser  durch  das  dazvvischenlreteniie 
j  geschieden ,  und  wiederum  steht  das  c  (=  angeredete  männliche 
Person)  von  dem  j,  mit  dem  zusammen  es:  o  du  Mann  —  heiszt, 
weit  ab  ganz  am  Ende  des  wunderlichen  Wortgebildes,  das  also  einen 
ganzen  Satz  zusamt  einem  Vocalivus  darstellt. 

Eine  solche  Sprache,  die  allen  unsern  Begriffen  von  Wort-  und 
Satzbildung  so  schnurstracks  \nderstreitet  und  sich  der  Einwirkung 
der  indo-europäischen  Sprachen  so  lange  Zeiten  ganz  zu  entziehn  ge- 
wust  hat,  musz  nicht  blos  uralt  sein,  sondern  sie  setzt,  wie  dies 
Steinthal  auszudrücken  pflegt,  eine  ganz  andere  i  n  nere  Sprach- 
form voraus ,  die  sich  der  Geist  dieses  Volks  in  der  Urzeit  im 
Gegensalz  zu  den  Sanskrit-Völkern  geschaffen  hat.  Ihre  Aneignung 
für  den  Sprachgebrauch  ist  wol  für  jeden,  der  sie  nicht  von  der 
Mutter  gelernt,  eine  überaus  schwierige,  wenn  nicht  eine  unmögliche 
Aufgabe. 


Schleiclier:  zur  Morpliologie  der  Sprache.  505 

(1)  Teilt  man  die  Sprachen  inorj)hologisch  in  die  drei  oben  ange- 
gebnen Klassen,  so  fragt  sich:  in  welche  gehören  die  amerikani- 
schen, z.  13.  die  mexikanische?  Schleicher  traut  sich  trotz 
seiner  Kenntnis  derselben  vor  der  Hand  eine  bestimmte  Einordniins:  in 
die  III  Klassen  noch  nicht  zu.  Behält  man  diese  bei,  so  scheinen  sie 
in  die  zusammenfügende  Klasse  (II)  zu  gehören.  Steinthal 
(S.  202  ff,)  lindct  das  Grundprincip  z.  B.  der  mexikanischen  Sprache 
in  dem  Process  der  Zusammensetzung  des  Wortes.  Er  sagt;  ^das 
Mittel,  durch  welches  die  Verbindung  der  Worte  im  Satz  erreicht 
wird,  ist  die  Zusammensetzung.'  Das  Substantivum  ist  nicht 
mehr  blosze  Wurzel,  sondern,  da  es  eine  Endung  tl  hat,  schon  ein 
Wort;  aber  im  Satz  als  Object  oder  auch  in  andern  Verhältnissen  ver- 
liert es  diese  Endung  wieder  und  sinkt  so  wieder  gewissermaszen  zur 
nackten  Wurzel  herab.  Der  Salz  im  Blexikanischen  sieht  unsern  zu- 
sammengesetzten Worten  ganz  ähnlich,  z.  B.  Steinthal  S.205:  sösfi-ll, 
Blume,  ni-tenioa,  ich  suche.  Satz:  ni-sosti-temoa,  ich  —  Blumen  — 
suche;  naka-ll  Fleisch,  kwa  essen;  ni-naka-k\va  ich —  Fleisch  —  esse; 
yek-tli  gut,  Satz:  ti-yek-nemi,  du  —  gut  —  lebst ;  ni-nemat-ka-nemi, 
ich  —  klug  —  seiend  —  lebe;  eingefügtes  Instrument:  tle-tl,  Feuer; 
ni-k-tle-wasta  in  naka-tl  =  ich  —  es  (am)  —  Feuer  —  brate  das 
Fleisch.  Wie  im  Türkischen  das  fehlende  prädicative  durch  das 
attributive,  so  w  ird  hier  dasselbe  durch  ein  compositionelles 
Satzverhältnis  vertreten  und  ergänzt. 

3Iit  einem  Worte:  fast  alles  ist  in  a  1  len  diesen  bereits  be- 
rührten Sprachen  anders,  als  es  nach  den  Gesetzen  unsrer  so  genannten 
allgemeinen  Grammatik  sein  müste.  Diese  lehrt:  Denk-  und  Sprach- 
gesetze laufen  ganz  parallel;  Begriff  und  Urteil,  Wort  und  Satz  setzen 
sich  gegenseitig  voraus  und  decken  sich  vollständig  —  aber  die  Spra- 
chen dieser  beiden  ersten  Klassen,  der  isolierenden  und  der  zu- 
sammenfügenden, widersprechen  diesen  Grundgesetzen  namentlich 
in  Betreff  der  Beziehungslaute  fast  überall  und  schlieszen  sich  ans 
dem  Schema  unsrer  älteren  philosophischen  Sprachlehre  ganz  aus. 
Die  Völker  aber,  die  diese  Sprachen  sprechen,  zählen  nach  Hunderten 
von  Millionen  und  bewohnen  den  bei  weitem  grösten  Teil  der  Erde. 
Fallen  aber  diese  so  zahlreichen  unter  einander  wieder  so  verschied- 
nen  Sprachen  aus  dem  Schema  der  philosophischen  Grammatik  heraus 
—  nun  so  gebürt  dieser  doch  wahrlich  nichts  weniger,  als  der  Name 
einer  a  1 1  ge  ui  ei  n  en. 

Sind  wir  zeithor  in  unbekannterem  oder  wildfremdem  Fahrwas- 
ser gesegelt,  so  dasz  wir  uns  ohne  die  beiden  kundigen  Steuerleute 
Schleicher  und  Steinthal  leicht  verirrt  und  Schaden  hätten  neh- 
men können,  so  lenkt  jetzt  unser  Schifflein  in  bekannleres  Fahrwasser 
ein  und  setzt  uns  aus  auf  unsern  eignen  Grund  und  Boden. 

III)   Flectierende  Klasse  der  Sprachen  (Schi.  S.  28  IT.). 
Formular-Wurzel  =  A";  stammbildende  ßeziehungslaute  =r:  a  b 
...;  Casus-  und  Verbal-Suffixe  =  aßy,  z.  B.  xwft-i/,  ar-a  =  A^  a ; 


5ü6  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

dom-u-s,  fiii-i-s,  v6^-o-g,  laud-a-re,  nion-e-re,  pun-i-re  =  A*  a  «.  — 
Dasz  sich  Beziehungs-,  ja  sogar  Bedeutungslaute  im  Laufe  der  Zeit  ab- 
schleifen, verkürzen  und  ganz  wegfallen  (lat.  servus,  servn(!9),  franz. 
serf;  golh.  handus,  fotus,  nhd.  Hand,  Fusz;  facere,  franz.  faire;  insula, 
isle,  ile)  und  dann  oft  durch  Hülfsworte  bezeichnet  werden,  ist  allbe- 
kannt, hier  aber  nicht  weiter  zu  erörtern,  da  Schleicher  ohne  Rück- 
sicht auf  die  geschichtlichen  Veränderungen  nur  den  nachweisbar  älte- 
sten Stand  der  Sprachen  ins  Auge  faszt,  in  welchem  die  Wurzeln  dieser 
Klasse  (111)  in  aller  Regel  nicht  nackt  auftreten,  sondern  einen  ßezie- 
hungslaut  haben. 

Worin  unterscheidet  sich  nun  Klasse  III  von  den  beiden  ersten, 
der  isolierenden  und   zusammenfügenden? 

A)  D  i  e  W  u  r  z  e  l.  In  den  beiden  ersten  Klassen  ist  die  Wurzel 
stets  unveränderlich,  mögen  dieBeziehungslaute  ganz  fehlen 
oder  deren  einer  oder  mehrere  antreten.  Ganz  anders  in  den 
f  lecti  e  r  en  d  en  Sprachen.  Diesen  sind  Veränderungen  des  Be- 
deulungslautes  ureigentümlich  und  von  manigfacher  Art,  z.  B.  Band, 
Bund,  binde;  ni&:  nd&ta,  ninotd-a;  voc:  vüc-s;  duc:  diic-o;  ßijvai.: 
ßcc&i;  dar,  der:  skr.  däru  Holz,  öoqv;  tq^x'.  tqox-o-q  und  TQOX-o-g*) 
usw.  in  unzähligen  Fällen.  Die  Antwort  auf  die  eben  gestellte  Frage 
ist  also  in  Betreff  der  Wurzel  leicht;  sie  lautet  einfach:  die  beiden 
ersten  Klassen  haben  nur  unveränderliche,  die  flectier enden 
dagegen  veränderliche  Wurzeln.  Schwieriger  ist  die  Vergleichung 
der  Beziehungslaute  in  den  drei  Klassen. 

B)  Die  Beziehungslaute  des  Wortes.  Sprachen  ohne 
Bedeulungslaute  (=  Wurzeln)  sind  nicht  denkbar  —  und  dies  ist  ein 
oberster,  allgemeingültiger  Grundsatz.  Ganz  anders  mit  den  Bezie- 
hungslauten. Weil  in  unsern  flectierenden  Sprachen  sich  überall 
Beziehungslaute  zeigen,  so  hat  die  zeitherige  a  1  Igem  ei  ne  Grammatik 
diese  in  allen  vorausgesetzt.  Wie  grundfalsch  diese  Voraussetzung 
ist,  zeigt  die  bereits  geführte  Erörterung  vollständig. 

Die  Beziehung  musz  natürlich  in  den  Sprachen  irgendwie  ausge- 
drückt sein.  Auch  Schleicher,  der  von  der  F  u  nction  des  Wortes 
meist  absieht,  deutet  darauf,  freilich  nur  in  einer  sehr  kurz  gefaszten 
Parenthese  (S.  3  oben),  hin. 

*)  Vgl.  Steinthals  feine  Bemerkungen  über  den  Accent  beider 
Worte.  Neben  xqÖxos,  KÖiinos  steht  zQoxög,  KoiMnog  —  woher  die  Ver- 
ßchiedenheit  des  Accents?  Bekanntlich  ist  das  Suffix  s  (das  Zeichen 
des  nomen  und  Geschlechts)  die  demonstrative  Partikel  sa,  so  (griech. 
6,  ry,  wie  iQnw:  serpo ;  snoiicci:  sequor).  Das  Gefühl  für  die  ursprüng- 
liche Bedeutung  des  s  in  >co'|U.7ros,  rgöxog  war  in  geschiclitlicher  Zeit 
dem  Griechen  schon  ganz  und  gar  abhanden  gekommen,  in  rgoxog, 
KOiinög,  Läuf-er,  Prahl-er  bricht  es  noch  dunkel  hervor;  jene  sind  no- 
nüua  der  Handlung  und  der  Ton  ruht  auf  dem  Bedeutungslaut;  in 
diesen  erhält  der  Accent  dem  Beziehungslaut  s  (:=  sa,  der,  er)  seine 
Kraft,  die  Fers  ön  1  ichk  eit  zu  bezeichnen,  die  er  uranfänglich  gehabt 
hatte.  Auch  die  ältere  griechische  Grammatik  kannte  diese  Thatsache; 
da  sie  aber  Laut  und  Sinn  des  s  nicht  zu  deuten  wüste,  vei'raochte  sie 
die  Thatsache  nicht  zu  erklären. 


Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.  507 

a)  Der  chinesischen  Sprache  fehlen  aber  im  Grunde  alle  Be- 
zieh u  ngs  I  a  iite;  nur  in  den  Hülfswurzein  könnte  man  gewisser- 
maszen  solche  finden  wollen.  Diese  Thatsache  widerspricht  nicht  blos 
der  Annahme  der  zeitherigen  philosophischen  Grammatik,  dasz  alle 
Sprachen,  um  die  Beziehung  der  BegrilFe  im  Urleil  auszudrücken,  auch 
lautliche  Zeichen  dafür  haben  müszen,  sondern  sie  scheint  auch  die 
eben  aufgestellte  Behauptung  umzustoszen,  dasz  die  Beziehung  in  der 
Sprache  immer  irgendwie  miisze  ausgedrückt  sein.  Aber  das  letztere 
ist  nur  scheinbar. 

Auch  in  dem  Geiste  des  Chinesen  liegen  natürlich,  obgleich  er 
nur  Wurzeln  und  gar  keine  Beziehungslaute  hat,  die  logischen  Kate- 
gorien des  attributiven,  prädicativen  und  objectiven  Satzverhältnisses, 
die  wir  am  Worte  im  Satz  durch  Beziehungslaute  (~=  Endungen)  zu 
bezeichnen  pflegen.  'Es  fehlt  ihm  nur  alle  Kraft'  —  wie  Steinthal 
sagt  —  'die  Sprachform,  die  er  innerlich  hat,  lautlich  zu 
äuszern.'  Der  Chinese  musz  daher  in  dem  Zuhörer  die  Beziehung 
der  Worte  im  Satz  in  ganz  anderer  Weise  anregen,  als  wir  es  zu  thun 
pflegen.  Durch  'S  te  1 1  un  g,  Beto  n  un  g,  Gru  ppierung  der  Wur- 
zeln', an  die  er  sich  als  herkömmliche  von  Jugend  auf  gewöhnt,  sucht 
er  die  Beziehung  des  Wortes  im  Satz  auszudrücken*)  und  er  erreicht 
seinen  Zweck  auch  ohne  allen  lautlichen  Ausdruck  derselben 
so  vollkommen,  dasz  sich  seine  Sprache  zu  einer  reichen  Litteratur 
entwickelt  hat.  Steinthal,  der  im  Gegensatz  zu  den  III  Klassen 
Schleichers  die  Sprachen  in  zwei  Klassen:  in  l)  formlose  und 
2)  Fo  rmspra  che  n  einteilt,  rechnet  die  chinesische  eben  wegen  ihrer 
vortrefTlichen  Innern  Sprachform  sogar  zu  den  Form  sprachen; 
betrachtet  man  allein  ihre  ä  u  s  z  ere  Gestalt,  ihren  morphologi- 
schen Bau,  so  wird  man  sie  so  hoch  nicht  stellen  können.  Resultat: 
der  Chinese  hat  keine  Beziehungslaute;  die  Beziehung  der  Wurzeln 
aber  musz,  soll  eine  Verständigung  zwischen  Redendem  und  Zuhörer 

*)  Steinthal  (S.  114)  führt,  wie  es  scheint,  mit  vollem  Recht 
auch  diese  usuelle  Stellung  der  Worte  im  chinesischen  Satze  nicht  auf 
die  logischen  Gesetze  zurück ,  sondern  erkennt  in  ihr  einen  psychologi- 
schen Akt,  Die  Stellung  drückt  nach  ihm  nicht  sovvol  eine  logisch- 
grammatische Beziehung  aus,  sondern  den  psycliologi  seh  en  Werth, 
das  Interesse,  das  wir  an  jedem  einzelnen  Worte  des  Satzes 
nehmen;  darnach  bestimmt  sich  die  Reihenfolge  derselben. 
Was  uns  das  wichtigste  scheint ,  erhält  eine  ausgezeichnete  Stellung,, 
welche,  je  nach  den  Umstanden,  entweder  der  Anfang  oder  das  Ende  de* 
Satzes  sein  kann.  Was  ursprünglich  blos  psychologisches  Interesse  war, 
wird  später  zur  Gewohnheit,  zur  eingewurzelten  Neigung  und  so  end- 
lich zum  grammatischen  usus.  Diese  Behauptungen  passen  auch  auf 
die  Wortstellung  anderer  Sprachen,  namentlich  der  lateinischen.  Die 
feste  Reihenfolge  der  Satzteile  in  der  letztern  ist  gewis  uralt  und  be- 
ruht ganz  wie  bei  der  chinesischen  auf  dem  psychologischen  Interesse; 
dieses  kann,  wenn  es  kräftiger  hervorbricht,  die  herkömmliche  Reihen- 
folge bisweilen  durchbrechen  und  z.  B.  selbst  das  Verbum  an  die  Spitzo 
des  Satzes  stellen ,  den  es  sonst  zu  schlieszen  pflegt.  Was  jedoch  ur- 
sprünglich allein  gemütliches  Interesse  gewesen  ist,  das  war  zu  Ciceros 
Zeit  natürlich  längst  bloszer  grammatischer  usus. 


508  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

möglich  sein,  dennoch  irgendwie  staftfinden;  der  Chinese  ermöglicht 
nun  diese  Versländigung  nicht  durch  Laute,  sondern  durch  die  Fest- 
stehende Sielliing  der  Wurzeln  neben  einander  im  Salze,  weiche  Stel- 
lung ursprünglich  durch  das  psychologische  Interesse,  das  der  Hedende 
an  dem  einzelnen  Satzteil  beim  Sprechen  nimmt,  bestimmt,  später  aber 
zum  grammatischen  usus  wurde.  Mit  andern  Worten:  die  chinesische 
Grammatik  hat  keine  Formenlehre,  sondern  blos  eine  Syntaxis. 

b)  So  lassen  sich  die  f  1  e  c  t  iere  n  d  en  Sprachen  von  der  iso- 
lierenden Klasse  auch  in  Betreff  des  ßeziehungs lautes  leicht  scheiden. 
Wie  aber  verhalten  sich  jene  in  derselben  Rücksicht  zu  Klasse  II,  der 
zusammenfügenden? 

Da  die  Klasse  II  ebenso  wie  die  flectierende  Klasse  III  Be- 
ziehungslaute (=  a)  besitzt,  so  fällt  der  Unterschied  minder  scIirolT 
in  die  Augen.  Aber  in  Klasse  II  haben  die  Bezieluingslaute,  wenn  sie 
auch  schon  vielfach  verkürzt  sind,  dennoch  ganz  das  Ansehn  von  Wur- 
zeln und  gehn  nicht  in  eine  Lantform,  die  uns  als  volle  Einheit  er- 
schiene, zusammen;  sie  sind  nicht  verschmolzen,  sondern 
gleichsam  blos  aneinander  geleimt.  In  Betreff  des  Türkischen 
z.  B.  macht  Sleinthal  (S.  251)  die  Sache  durch  ein  sehr  glücklicii 
gewähltes  Bild  deutlich.  'Solch  ein  Wort'  —  sagt  er  —  Svie  das 
türkische  sev-is-dir-mek  (vgl.  oben  die  ähnlich  gebildeten  magya- 
rischen Beispiele)  ist  wie  ein  Ringelwurm,  den  man  zer- 
schneiden mag,  und  dann  lebt  jedes  Stück  für  sich.  Wo- 
durch ist  die  Wurzel  sev,  lieben,  von  der  Wurzel  is  und  diese  von 
dir  verschieden?  Höchstens  dadurch,  dasz  letztere  nicht  allein,  son- 
dern immer  nur  zusammengesetzt  auftreten.'  —  Ganz  richtig.  Der 
Türke  fühlt  das  Ganze  zwar  als  Einheit,  aber  gewis  nicht  als  eine  so 
innige,  als  wir  in  unsern  Worten  erkennen.  Auch  liegt  die  stoffliche, 
materielle  Bedeutung  dieser  Beziehungswurzeln  noch  so  klar  zu  Tage, 
dasz  sie  oben  nach  Schleicher  genau  konnte  angegeben  werden. 

Wie  ganz  anders  in  den  flectierende  n  Sprachen  der  Klasse  III. 
Dem  Griechen  galt  rqoiog,  KOfxTtog  (vgl.  vorher  die  Note),  eßrji',  edcov 
(skr.  adäm)  als  untrennbare  Einheit  und  der  Process,  wie  sich  in  vor- 
historischer Zeit  die  Beziehungslaule  an  die  Wurzel  angeschmiegt  und 
was  sie  ursprünglich  bedeutet  hatten,  war  ihm  in  der  lebendigen  Rede, 
ja  selbst  in  der  Vereinzelung  des  Wortes  völlig  verdunkelt  und  bereits 
ganz  unfühlbar;  das  Ganze,  Wurzel  und  Beziehungslaute,  wa- 
ren ihm  zur  formschönen  Einheit  geworden.  Nur  mühsam  zerlegt  jetzt 
der  Etymolog  durch  seine  künsllichen  Scheidemittel  den  Stoff  des 
lebendigen  Wortes  in  unsern  flectieronden  Sprachen  und  zersetzt  das 
zu  inniger  Einheit  verbundene  in  die  ursprünglichen  Teile.*) 

c)  Die  isolierenden  Sprachen  haben,  wie  schon  oft  gesagt, 
keine  Beziehungslaute.  Da  nun  die  z  us  a  m  menfügen  d  en  (Klasse  II) 
deren  besitzen,  so  liegt  die  Frage  nahe:  stehen  diese  höher  als  die 


*)  Wurzel  TQSX,  t:qo%  =  Vokalsteigerung;  o  stammbildend;  s  := 
Partikel  sa,  da,  der;  also  das  ganze  Wort:  zqöxoq;  ebenso  skr.  adäm 
{ß8o3v)  =  a-dä-m  (m  =  mi);   also  =  damals  —  gab  —  ich. 


Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.  509 

ersten?  Nach  der  morphologischen  Gestalt  dieser  Sprache  zu 
urleilen,  mtiste  man  sehr  geneigt  sein  sich  zu  Gunsten  der  zusam- 
menfügenden Sprachen  zu  entscheiden.  Diese  haben  Mittel  die  Be- 
ziehung der  Worte  als  Satz- und  Kedeteile  la  u  tlich  zu  bezeichnen  ; 
sie  durften  davon  ja  nur  den  nötigen  zwecUniäszigen  Gebrauch  machen. 
—  Die  Thatsachen  drängen  aber  dazu,  die  gestellte  Frage  enlschieden 
zu  verneinen;  kaum  eine  oder  die  andere  Litteratur  der  Sprachen  der 
Klasse  II,  ungeschriebne  oder  geschriebne,  kann  sich  z.  B.  mit  der 
chinesischen  (Klasse  1)  vergleichen. 

Woher  diese  auffallende  Thatsache?  Man  könnte  es  so  erklären: 
diese  zusammenfügenden  Sprachen  haben  des  Guten  zuviel  und 
doch  —  um  den  Zweck  vollständig  zu  erreichen  —  wieder  zu  wenig. 
Sieht  man  sich  Worte  an  wie  oben  das  türkische  sev-dir-isch-e-me-mek 
oder  das  aus  der  Kassia-Sprache  ia  u  ba  la  pyn  =  lih — ,  so  sind  der 
Beziehungslaute  wahrlich  nicht  zu  wenige,  sondern  zu  viele;  sie  er- 
drücken die  Wurzeln  s  e  v,  lieben,  und  lih,  weisz,  so  dasz  diese  unter 
den  Beziehungslauten  fast  verschwinden.  Und  was  erreichen  die  fünf 
Präpositionen  in  dem  Kassia-Beispiel?  Nur  sehr  unvollkommen,  was 
unsere  zwei  Posfpositionen  t-em  in  dem  Worte  (ge)weisz-t-em  ganz 
deutlich  bezeichnen. 

Anstatt,  wie  dies  in  unsern  f  1  ec  tier  e  nd  en  Sprachen  der  Fall 
ist,  den  Sinn  der  Affixe  so  zu  verallgemeinern,  dasz  diese  —  ohne 
stolTlichen  Inhalt  —  blos  die  Beziehungen  des  Wortes,  also  das  rein 
Formale  an  demselben,  andeuteten,  suchen  die  zusammenfügen- 
den Sprachen  durch  die  gröszere  Zahl  ihrer  Bedeutungslaute  (vgl. 
oben  die  vielen  Casus  im  Magyarischen)  denselben  Zweck  zu  er- 
reichen. Da  aber  die  Beziehungen  der  Dinge  in  der  Natur,  also  auch 
der  Worte  im  Salz  unberechenbar  sind,  so  liesz  sich  dies  Princip  der 
Häufung  der  ßeziehungslaute  nicht  folgerichtig  und  zweckentsprechend 
durchführen,  und  diese  Sprachen  sind  gewissermaszen  auf  dem  halben 
Wege  der  Formbildung  des  Wortes  —  die  eine  weiter,  die  andere 
etwas  näher  am  Ziel  —  stehn  geblieben.  Der  Chinese  dagegen  führte 
sein  Princip,  die  Beziehung  lautlich  gar  nicht  auszudrücken,  mög- 
lichst consequent  durch  und  bildete  sich  in  seinem  Geiste  so  eine 
innere  Sprachform,  die  zum  Ausdruck  der  Kategorien  des  Denkens 
vollkommen  ausreichte.  Doch  gehn  wir  jetzt  zu  der  f  1  ec  ti  e  r  e  n  den 
Klasse  selbst  über. 

Schleicher  begreift  unter  der  fle  et  i  e  rend  en  Klasse  (III) 
A)  die  semitischen  und  B)  die  iudo-europäischen  Sprachen. 

Die  Wurzel  (A'') ,  die  in  den  zwei  ersten  Klassen  unveränderlich 
war,  verändert  sich  hier  regelmäszig;  Wurzel  und  Beziehungslaute 
verschmelzen  zur  vollen  Einheit.  Die  Affixe  streifen  ihre  ursprüng- 
liche stoffliche,  materielle  Bedeutung  ganz  ab  und  dienen  nur  als 
Mittel  zur  Formung  des  Wortes  und  zum  Ausdruck  seiner  Beziehun- 
gen. Der  Infixe  thut  Schleicher  S.  31  bei  der  Nasalier  iing  der 
Wurzel  z.  B.  fud:  fund,  jug:  jungo;  rup:  rumpo ;  laß:  Xafxß  (na&og: 
niv&og;  ßd&og:   ßev&og'?);   goth.   brahfa :  brigga ;  brachte:  bringe; 


510  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

dachte:  Dank,  denke  —  in  Kürze  Erwähnung-;  vgl.  auch  Steinthal 
S.  293  u.  294. 

Mit  Hülfe  von  Affixen,  d.  h.  von  demonstrativen  Partikeln 
oder  v»'ie  sie  ßopp  nennt  von  Pronominal- Wurzeln ,  scheidet  sich 
nomen  und  verbum,  die  in  Klasse  I  und  II  entweder  noch  indilTerent 
in  der  Wurzel  liegen  oder  wenigstens  nicht  scharf  gesondert  sind,  in 
Klasse  III  schrofT  und  entschieden  von  einander  ab  und  das  verbum 
erfüllt  sich  mit  der  Kraft  der  Aussage  und  übernimmt  so  im  Satz  die 
Function  des  Prädicats. 

In  Betreff  des  ursprünglichen  Lautes  und  der  Function  dieser 
demonstrativen  Affixe,  welche  die  Beziehungsiaute  (=  Endungen)  in 
unsern  Sprachen  bilden,  ist  auf  Steinthals  tief  eingehende  Er- 
örterung der  Sache  (S.  232  ff.)  zu  verweisen,  da  Schleicher  auch 
hier  seinem  ausgesprochnen  Vorhaben  gemäsz  nur  die  morphologische 
Gestalt  betrachtet  und  die  Rücksicht  auf  den  Raum  dem  Unterzeichne- 
ten Einschränkung  gebietet.  Nur  dies  eine  mag  hier  Platz  finden. 
Steinthal  legt  der  Schöpfung  des  genus  in  den  Sprachen  eine  sehr 
hohe  Bedeutung  und  folgenreiche  Einwirkung  auf  die  Bildung  der  Salz- 
teile und  des  Salzes  überhaupt  bei.  Spuren  des  genus  (namentlich 
beim  Pronomen)  zeigen  sich  in  mehreren  der  eben  erörterten  Sprachen; 
scharf  ausgeprägt  am  nomen  ist  das  Geschlecht  nur  in  den  tlectieren- 
den.  Zunächst  kommt  die  Bezeichnung  des  Geschlechts  nur  der  attri- 
butiven Beziehung  zugute,  aber  sie  half —  so  scheint  es —  allmählich 
auch  die  prä  di  ca  tive  ausdrücken.  *) 

A)  Die  semitischen  Sprachen. 
Morphologische  Grundzüge:  l)  Die  Wurzel  selbst  ist  ver- 
änderlich und  2)  dreilautig;  die  Bedeutung  des  Wortes  haftet  nemlich 
immer  an  drei  Consonanten ,  die  Wurzel  an  sich  ist  also  unaussprech- 
bar. 3)  die  Beziehung  bilden  a)  Vocale,  b)  Lautelemente  a)  vor,  ß) 
in  und  y)  hinter  der  Wurzel:  vgl.  die  arabischen,  chaldäischen, 
syrischen  und  hebräischen  Beispiele  bei  Seh  I  ei  ch  er.  4)  Die  For- 
mel A'  (=  veränderliche  Wurzel),  aller  äuszern  Personalzeichen  ent- 
behrend, enthält  die  3e  Pers.  sing.  masc.  5)  Die  Wurzel  ist  nicht 
blos  einsilbig,  sondern  kann  ohne  äuszere  Zusätze  blos  durch  innere 
Bildung  zwei-  und  dreisilbig  sein. 

*)  Merkwürdig  ist  in  dieser  Hinsicht  ein  ägyptisches  Beispiel  bei 
Steinthal  S.  238.  Das  weibliche  nomen  hat  als  Geschlechtszeichen 
ein  t,  am  Verbnm  drückt  sich  das  genus  aber  durch  ein  s  aus.  So 
scheiden  sich  allein  mit  Hülfe  des  genus  nomen  und  verbum,  aber 
durch  dasselbe  Mittel  verbinden  sie  sich  im  Satz  wieder.  Beispiel: 
as-t  uer-t  a-s  —  aw  =;  Isis  —  sie  grosz  —  sie  seiend  —  sie  (=  s) 
—  heilig,  d.  h.  die  grosze  Isis  ist  heilig.  Die  Bindung  der  Worte  zu 
einem  Ganzen  ist  hier  wesentlich  noch  attributiver  Art,  aber  bei  dem 
Unterschied  des  Geschlechtszeichens  am  vomen  und  nerbum  ist  dies 
gleichsam  ein  erster  Anlauf  zur  Synthesis  von  Subject  und  Prädicat. 
Nur  weil  in  dieser  Sprache  sich  schon  das  genus  zeigt,  stellt  sie 
Steinthal  höher,  als  sie  bei  der  unveränderlichen  Wurzel  es  verdient, 
Schleicher  aber  niedriger. 


Schleiclier:  zur  Morphologie  der  Sprache.  511 

B)  Die  indo-europäischen  Sprachen, 
Gemeinsames  mit  den  semitischen  (und  zwar  im  Gegensalz  zu 
Klasse  1  und  II):  l)  die  regelmäszige  Veränderung  der  Wurzel  selbst; 
2)   die  Beziehungslaute  sind  nicht  mehr  Wurzeln   oder  wurzelartige 
Zusätze,  sondern  rein  formale  Lautelemenle. 

Unterschiede  von  A)  und  B) :  In  der  Sprachensippe  B  ist  1)  die 
Wurzel  (=  A^)  immer  einsilbig,  2)  sie  hat  einen  bestimmten  Vo- 
cal,  folglich  ist  sie  aussprechbar.  3)  Eine  Formel  a  A%  die 
im  Semitischen  möglich  ist,  kommt  in  unserer  Sprachsippe  nicht  vor, 
d.  h.  unsere  Beziehungslaule  (==  a  b  oder  a  ß  y)  sind  nur  Po  st  Po- 
sitionen (:=  Endungen),  keine  Präpositionen.  Dasz  Redupli- 
cation  und  Augment  keine  Ausnahmen  von  dieser  durchgreifenden 
morphologischen  Hegel  sind,  ist  oben  schon  kurz  nachgewiesen.  4)  Die 
Formel  A^,  d.  h.  die  blosze  Wurzel  ohne  alle  Suffixe,  ist  in  unsern 
Sprachen  in  ältester  Zeit*)  sehr  selten;  sie  zeigt  sich  in  vereinzeilen 
Fällen  als  Vocaliv  und  Imperativ.  Beide  reihen  sich  aber  nicht  regel- 
recht ein  in  die  Conslruction  des  Satzes,  sie  stehn  auszerhalb  desselben 
und  haben  etwas  von  dem  Wiesen  der  Interjection  an  sich,  die  gleich- 
falls im  Satz  keinen  Platz  findet  und  eben  deswegen  für  keinen  Teil 
df.r  menschlichen  Rede  zu  halten  ist;  auch  hätten  ja  viele  Thiere  diesen 
Redeteil  mit  uns  Menschen  gemein.  Der  Vocativ  ist  ein  Ruf,  kein 
eigentliches  Wort,  kein  Satzteil,  und  daher  kann  auch  seine  äuszere 
Form  mit  der  Wurzel  zusammenfallen  (z.  B.  golh.  fisk-s:  fisk,  dags: 
dag).  Rufe  ich:  Karl!  —  so  ist  das  eine  Art  Interjection;  wäre  mir 
der  Name  des  Gerufnen  unbekaunt,  so  würdeich  mich,  um  denselben 
Zweck  zu  erreichen,  des  ganz  allgemeinen  Rufes  bedienen:  du  da, 
he  da !  Da  der  Vocativ  in  keiner  Beziehung  zu  dem  Satze  steht, 
so  ist  es  eher  auffällig,  dasz  sich  an  ihm  dennoch  Beziehungs- 
laute zeigen.  Freilich  fallen  seine  Beziehungslaute  meist  mit  denen 
des  Nominativs  zusammen  und  so  fehlen  ihm  eigentlich  doch  die 
unterscheidenden  Kennzeichen  des  besondern  Casus ;  damit  mag  auch 
zusammenhängen,  dasz  er  das  Zeichen  des  Nominativs  oft  abwirft 
und  wenn  auch  nicht  die  Wurzel  so  doch  den  Stamm  bloslegt,  z.  B. 
serve,  fili,  geni ;  Tto'At,  ^OQg)£v,  Tcclav  us\v.  In  gleicher  Weise  erschei- 
nen auch  die  Imperative:  steh,  poln.  stoi ,  halt,  Idov  nicht  als  Satz- 
teile, sondern  sind,  wie  K.  W.  L.  Heyse  dies  ausdrückt,  gewisser- 
maszen  blosze  Deutewurzeln,  Sie  wollen  nicht  die  Aktion  des  Stehens, 
Haltens,  Sehens  anbefehlen,  sondern  blos  die  Aufmerksamkeit  des  An- 
gerufnen  anregen.  Für  diese  Ansicht  spricht  auch  die  Thatsache, 
dasz  gerade  in  den  ältesten  germanischen  Sprachen  im  Gegensatz 
zu  den  Jüngern  die  Wurzelverba  in  der  2n  Pers.  Sing,  des  Imperativ 
kein  Suffix   haben  und  so  die  Wurzel  (A^)  bioslegen.     Auch  ist  es 

*)  Dasz  sieh  in  den  Jüngern  Zeiten  der  Sprachen  die  Endungen 
kürzen  oder  ganz  abfallen  und  so  die  Wurzel  wieder  bloszlegen,  ist 
allbekannt.  Schleiclier  hält  sich  aber  'an  den  ältesten  nachweis- 
baren Stand  der  Form  des  Wortes';  darauf  allein  bezieht  sich  seine  Be- 
hauptung unter  Nr  4  oben  im  Text. 


512  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

höchst  wahrscheinlich,  dasz  die  Wurzelschöpfung  oft  gerade  vom  Ruf, 
d.  h.  aus  einem  heftigen  Wunsch  sich  einem  andern  mitzuleilen,  seine 
Aufmerksamkeit  zu  gewinnen,  ausgegangen  sei;  für  diesen  Zweck 
eignen  sich  aber  neben  den  Deutewurzeln  (st!  pst!  he  da!  du  da!) 
vor  allem  Vocativus  und  Imperativus. 

Resultat:  Die  Grundgesetze  der  zeit  herigen  philo- 
sophischen Grammatik  können  k  e  i  n  e  a  1 1  g  e  m  e  i  n  e  Gütig- 
keit  beanspruchen;  sie  sind  viel  zu  einseitig  und  darum 
ganz  unzulänglich.  Sie  beruhn  auf  der  Kenntnis  sehr  weniger 
Sprachen  und  im  wesentlichen  auf  den  logischen  Kategorien.  Die  Ent- 
stehung des  Wortes,  seine  Fortbildung  zum  Salz  und  zur  Volkssprache 
ist  aber,  wie  Heyse  und  Steinthal  lehren,  auf  psychologische  Pro- 
cesse ,  nicht  auf  die  Kategorien  des  Denkens  zurückzuführen.  Wie 
könnte  man  sich  auch  in  der  Urzeit,  wo  die  Sprache  entstanden  ist, 
die  Menschen  als  scharf  denkende  Logiker  vorstellen,  die  mit  klarem 
Bewustsein  und  nach  bestimmten  Regeln  Wort,  Satz  und  Sprache  ge- 
schaffen hätten.  Die  Schöpfung  des  Bedeutungslauts  (=  Wurzel) 
ist  vielmehr  eine  naive,  unbewuste  That  des  Geistes  und  aus  der  Er- 
regtheit des  Gemüts  hervorgegangen  und  aus  dieser  allein  zu  erklären. 
Von  allen  unsern  Redeweisen  wüste  ich  keine  dem  ursprünglichen, 
unbewusten  Akt  der  frühsten  Sprachschöpfung  ähnlichere,  als  die 
Ellipse.  Auch  sie  ist  immer  eine  Folge  gröszerer  oder  geringerer 
Erregung  des  Gemüts,  auch  sie  geht,  wie  dies  ursprünglich  mit  der 
Wurzelschöpfung  der  Fall  war,  unbewust  vor  sich  ohne  Rücksicht  auf 
die  logischen  Gesetze,  ja  sie  widerspricht  diesen  in  aller  Regel.  Wer 
in  Ellipsen  redet,  ist  irgendwie  aufgeregt  und  setzt  sich  über  die  Ge- 
setze der  Logik,  obgleich  diese  natürlich  in  seinem  Geiste  vorhanden 
sind,  Ihalsächlich  ganz  hinweg.  Bald  fehlt  das  Subject,  bald  das  Prä- 
dicat,  bald  sogar  beides,  und  dennoch  ist  eine  solche  Redeweise  für 
den  Zuhörer  völlig  versländlich,  darum  aber  auch  alle  logisch -gram- 
matischen Ergänzungen,  die  man  zu  machen  pflegt,  völlig  überflüssig. 
Wüste  doch  der  Redende  selbst  sehr  oft  nicht,  welches  concreto  Wort 
er  gerade  ausgelassen  ,  geschweige  denn  dasz  es  der  Grammatiker 
bestimmt  herausfinden  sollte.  Die  Ellipse  ist  eben  nicht  durch  die 
Grammalik,  sondern  durch  die  Psychologie  zu  erklären;  diese  letztere 
kann  aus  der  kühnem  oder  beschränktem  Auslassung  der  Satzteile 
auf  den  Grad  der  gemütlichen  Erregung  des  Sprechenden  sichere 
Rückschlüsse  machen,  die  blosze  Grammatik  aber  das  Wesen  der 
Ellipse,  d.  h.  die  mangelnde  Uebereinstimmung  der  lebendigen  Rede 
mit  den  logischen  Kategorien ,  durch  alle  ihre  Ergänzungen  nicht 
aufklären. 

So  lagen  auch  in  den  Uranfängen  der  Sprache  die  subjectiven, 
attributiven,  prädicativen  und  objectiven  Beziehungen  in  dem  Geiste 
des  redenden  Menschen,  aber  sie  kamen  —  in  ähnlicher  Weise  wie 
heute  noch  bei  der  Ellipse  —  bei  dem  grösten  Teile  der  Völker  der 
Erde  entweder  gar  nicht  oder  nur  in  sehr  unvollkommner  Weise  zum 
lautlichen  Ausdruck. 


Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.  513 

Um  zwei  Punkte  drehen  sich,  damit  ich  das  Ganze  noch  einmal 
zusammenfasse,  die  beiden  besproclinen  Schriften  und  auch  diese  lie- 
lalion,  nemlich  um  den  lautliciien  Ausdruck  A)  der  Bedeutung 
und  B)  der  Beziehung.  Die  Schöpfung  A)  des  Bedeutungslautes 
(=  Wurzel)  geht  hervor  aus  der  Erregtheit  des  Gemüts  und  ist  allen 
Sprachen  gemeinsam;  eine  Laulsprache  ohne  Wurzeln  ist  eine  con- 
tradictio  in  adiecto.  Dagegen  gehn  die  Sprachen  indem  lautlichen 
Ausdruck  der  Beziehung  (in  ßetrelF  der  Affixe)  so  weit  auseinander, 
dasz  manchen  dieser  lau  tl  i  che  A  u  s  druck  sogar    ganz   fehlt. 

Die  chinesische  Sprache  z.  B.  ist  eine  blosze  Wurzelsprache  ohne 
alle  Beziehungslaute,  wenn  man  nicht  in  den  Hülfswurzeln  eine  dann 
freilich  sehr  beschränkte  Ergänzung  finden  will.  Trotzdem  hat  sie  eine 
so  reiche  Litteratur  entwickelt,  dasz  sie  Stein  thal  nicht  zu  den 
formlosen,  sondern  zu  den  Formspra  c  h  en  rechnet.  Man  müste 
die  Richtigkeit  dieser  Annahme  bestreiten,  wenn  man  bios  die  mor- 
phologische Gestalt  des  chinesischen  Wortes  in  Betracht  zöge. 
Sieht  man  aber  auf  das,  was  die  Worte  dieser  Sprache  leisten,  d.  h. 
auf  die  Functio  n  ,  die  wesentlich  mit  der  i  nn  er  n  Sprachform  des 
Volksgeistes  zusammenhängt,  so  wird  man  Steinthal  beistimmen 
können.  Aber  auch  Schleicher  übersieht  es  keineswegs,  dasz  das 
Chinesische,  das  der  m  orph  o  log  is  chen  Gestalt  nach  auf  einer  so 
tiefen  primitiven  Stufe  steht,  der  Function  nach  weit  höher  zu  ord- 
nen wäre:  vgl.  S.  7  unten. 

Jedenfalls  stehen  aber  die  Sprachen  weit  über  Klasse  I  und  II, 
denen  es  gelungen  ist  B  e  zi  eh  ungs  1  a  u  t  e  zu  finden,  diese  aller  wur- 
zelbaflen,  materiellen  Bedeutung  zu  entkleiden  und  durch  Verallge- 
meinerung ihres  ursprünglichen  Sinnes  zu  dem  zu  machen  ,  was  sie 
ideell  sein  sollen,  nemlich  zu  einem  blos  formalen  lautlichen  Mittel, 
die  Beziehungen,  die  das  Wort  in  der  lebendigen  Rede  d.  h.  in  dem 
Satz  eingeht,  in  kürzester  Art  und  Weise  auszudrücken.  *)  Diesen 
Standpunkt  haben  aber  allein  die  Völker  von  der  semitischen  und  indo- 
europäischen Sprachsippe  erreicht.  Wenn  diese  die  reichsten  Littera- 
turen  besitzen  und  so  die  Cullurvölker  des  Menschengeschlechts  ge- 
worden sind,  so  verdanken  sie  dies  —  irrt  mich  nicht  alles  —  vor- 
nehmlich dem  Umstand,  dasz  ihr  Volksgeist  sich  eine  innere  Sprach- 
form geschaffen  hat,  die  gerade  die  Beziehungslaute  zu  rein  forma- 
len Lautmitteln  machte,  neben  der  nun  kräftiger  hervortretenden 
Wurzeiden  Laut  derselben  gleichsam  herabdrückte  und  so  eine  zweck- 
entsprechende, formschöne  Worteinheit  zu  bilden  verstand.    Nun  erst 


*)  Wie  gewaltig,  wie  umfassend  sind  z.  B.  die  Leistungen  (= 
Function)  der  lateinischen  und  griechischen  Beziehunp^s laute 
(=:  Endungen")  der  Casus  !  Wie  stehn  die  chinesischen  Hülfswurzeln 
an  Leistungsfähiglceit  hinter  ihnen  weit  zurück  und  wie  unbeholfen 
drücken  andere  von  den  oben  besprochnen  Sprachen  dieselben  Bezie- 
hungen des  Wortes  mit  einem  groszen  Aufwand  von  wurzelartigen 
Affixen  aus,  die  trotz  ihrer  Zahl  für  den  Zweck  doch  wieder  nicht  aus- 
reichend sind;  vgl.  oben  einzelne  auffällige  Beispiele  dieser  Art. 

N.  .Jahrb.  f.  Phil,  u.  Päd.  11.  Abt,  1861.  Hft  11  u.  12.  33 


514  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

koniile  die  Sprache  zu  einem  adäquaten  Ausdruck  der  logischen  Kate- 
gorien kommen,  die  aber  nimmermehr  der  frühesten  Wortschöpfung 
zu  Grunde  gelegen  hatten,  so  dasz  sie  überall  in  gleicher  Weise,  wie 
die  allgemeine  Grammatik  zeither  gelehrt,  hätten  zu  lautlicher  Be- 
zeichnung gelangen  müszen.  Die  Scheu  der  fl  ecti  erenden  Sprachen 
vor  Uei)erladung  der  Wurzel  durch  Beziehungslaute  zeigt  sich  überall 
deutlich;  wo  sie  zu  nahe  lag,  da  wichen  sie  derselben  dadurch  aus, 
dasz  sie  ursprüngliche  Wurzeln  zu  Beziehungswurzeln  umwandelten, 
zum  Ausdruck  der  Beziehung  der  Satzteile  und  der  Sätze  machten  und 
so  neue  Wortklassen  (Präposilion ,  Conjunction)  schufen,  die  andern 
Sprachen  als  solche  fehlen. 

Sind  die  zeither  als  allgemein  giltig  abgenommenen  Gesetze  der 
philosophischen  Grammatik  für  die  Erklärung  der  sprachlichen  That- 
sachen  in  sehr  vielen  Sprachen  der  Völker  der  Erde  völlig  unzuläng- 
lich und  zum  groszenTeil  grundfalsch,  so  reichen  sie  nicht  einmal  aus, 
alle  wesentlichen  Punkte  in  den  fl  edierenden  Sprachen,  auf  die 
sie,  wie  eben  gesagt,  vor  den  übrigen  passen,  so  zu  erläutern,  dasz 
gar  kein  Zweifel  übrig  bliebe.  Einen  Hauptpunkt  haben  diese  Gesetze 
z.  B.  ganz  unerklärt  gelassen  —  ich  meine  das  Wesen  der  Wur- 
zel in  unsern  Sprachen.  Um  zu  klarer  Einsicht  zu  kommen,  war 
erst  die  vortreffliche  Darstellung  des  wahren  Sachverhalts  durch  K. 
W.  L.  Ileyse  nötig.  —  Die  Wurzel  erschien  wie  der  allgemeinen  so 
der  speciellen  Grammatik  früher  gleichsam  als  ein  Ding  a  u  s  z  e  r  h  a  I  b 
der  Sprache,  als  eine  blosze  Erdichtung  der  Sprachlehrer  zur  Erklä- 
rung verwandter  Worte.  Diese  hergebrachte  Grundansicht,  die  in  dem 
geneigten  Leser  durch  diese  ganze  Relation  schon  erschüttert  sein 
musz,  ist  aber  falsch  und  verrückt  den  wahren  Standpunkt  der  Sache 
völlig.  —  Die  ihrem  morphologischen  Bau  nach  für  uralt  zu  haltenden 
Formen  t'ßt]v,  f'Jcai/,  skr.  adäm  —  um  statt  unzähliger  dasselbe  Bei- 
spiel noch  einmal  zu  gebrauchen  —  erscheinen  uns  neben  ßsßi'jxavov, 
iÖLÖOTOV,  neben  goth.  salbodidun,  salbodedeina  kurz,  einfach  und  älter. 
Aber  dennoch  haben  wir  oben  beide  Aoriste  in  je  drei  Teile  zerlegt; 
folglich  können  sie  den  Urlaut  selbst  nicht  dargestellt  haben.  Hält 
man  eöcovy  i'&i]v  neben  (^i()co(((i),  rid')],  skr.  dada,  dadhä,  neben  mur- 
mur,  lurtur,  goth.  haihait,  skaiskaid  (=  nhd.  hiesz,  schied),  so  tragen 
den  beiden  Aoristen  gegenüber  die  letztem  Formen  ein  noch  ursprüng- 
licheres Gepräge;  denn  in  jenen  sind  drei  verschiedene  Lautelemenle, 
hier  nur  eins,  das  sich  freilich  wiederholt.  Aber  auch  das  Doppelte 
ist  ja  nicht  das  Einfache;  es  bleibt  also  nichts  anderes  übrig,  als  die 
einsilbige  Wurzel  selbst  (ß)},  öco ,  &ii)  für  den  wirklichen  Ur- 
laut zu  erklären.  Blil  andern  Worten:  auch  unsere  flectieren- 
d  en  sind,  wie  die  chinesische,  u  r  a  n  f  ä  n  gli  ch  Wu  r  ze  1  s  pr  ache  n 
gewesen. 

Ganz  dieselbe  Behauptung  spricht  Schleicher  (S.  28)  formel- 
haft so  ans:  l)  A,  2)  A  -f  'A ,  3)  A  a,  4)  A'  —  und  will  damit  den 
Weg  bezeichnet  haben,  den  die  Entwicklung  der  Sprachen  überhaupt 
genommen  hat.     Setzen  wir  die  Formeln  in  Worte  um,  so  heiszl  dies: 


Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache,  515 

l)  A  :r^  Wurzelsprache;  2)  A  +  'A  :=^  zur  Wurzel  triff,  aber  noch 
lose  daneben,  eine  zweite,  deren  Bedeutung  sich  aber  schon  zu  verall- 
gemeinern anfangt ;  3)  A  a  r=r  zur  Wurzel  tritt  als  Al'lixuin  eine  schon 
verkürzte  Wurzel  als  Beziehungslaut;  4)  A^=  die  Wurzel  selbst  ver- 
ändert sich.  NB.  Nr  1  und  2  =  isolierende,  Nr  3  =  zusam- 
menfügende und  Nr  4  :=  flectierende  Sprachen. 

Denkt  man  sich  unter  A  die  Wurzel  nicht  blos  als  Wort,  sondern 
auch  als  ganzen  Satz  (vgl.  oben),  so  ist  gegen  diese  durch  die  For- 
meln angedeutete  Reihenfolge  der  Entwicklung  der  Sprachen  kaum 
etwas  einzuwenden.  Nur  die  Thatsache,  dasz  bei  weitem  nicht  alle 
Sprachen  diesen  Verlauf  vollsländig  genommen  haben,  deutet,  wie 
Steinthal  sich  ausdrückt,  auf  eine  wenn  auch  nicht  nachweisbare, 
uranfängliche  geringe  Verschiedenheit  der  i  ft  n  e  r  n  Sprachform  der 
Völker.  Denn  warum  hat  das  eine  den  Lauf  bis  ans  Ende  (=  A") 
durchgemacht?  Warum  sind  andere  gleich  auf  der  ersten  Stufe  (=A 
und  A  +  'A),  andere  wieder  auf  halbem  Wege  (=  A  a)  stehn  ge- 
blieben? 

Da  gar  nicht  daran  zu  denken  ist,  dasz  eine  flectierende 
Sprache  (=  Nr  4),  wie  die  semitischen  und  die  unsern,  diesen  ihren 
spätem  Standpunkt  sogleich  fix  und  fertig  eingenommen  hat,  da  sie 
vielmehr  ursprünglich  gleichfalls  Wurzelsprachen  gewesen  sind,  so 
gewinnt  das  erdichtete  wunderliche  lateinische  Beispiel  oben:  av 
vulp  ed  cas  einen  andern  Sinn  und  eine  tiefere  Bedeutung;  denn 
in  ganz  ähnlicher  Weise  hat  das  Urvolk  gesprochen  und  seine 
Worte  und  Sätze  gebildet,  von  dem  der  Römer  die  lateinische  und 
wir  alle  unsere  Sprachen  überkommen  haben.  —  Von  Quarta  her  bis 
in  meine  älteren  Jahre  schwebte  mir  beim  Anblick  der  Wurzeln  in 
der  griechischen  Grammatik  dunkel  immer  der  Gedanke  vor:  "'s  ist  ja 
doch  nichts  mit  diesen  Wurzeln;  die  hat  der  ßutlmann  doch  alle  blos 
zu  seinen  grammatischen  Zwecken  so  scharfsinnig  erdichtet;  sie  stehn 
ja  ganz  auszerhalb  der  Sprache.  Wie  anders,  als  ich  die  masz- 
gebende  Ansicht  K.  W.  L.  Heyses  kennen  lernte.  Seitdem  sehe  ich 
sie  gleichsam  mit  neuen  Augen  an;  denn  diese  Wurzeln  waren  einst 
wirklich  Leib  und  Leben  und  unsere  gemeinsame  Ursprache  oder  viel- 
mehr die  Sprache  überhaupt  bestand  aus  nichts  anderem,  als  aus  lauter 
solchen  Wurzeln. 

Mehr  noch  —  es  ist  sehr  zu  bezweifeln,  dasz  uns  die  vorliegen- 
den Wurzeln  der  chinesischen  Sprache,  die  als  solche  Worte  sind  und 
den  Satz  bilden,  in  ihrer  Urgestalt  vor  Augen  liegen;  die  geschicht- 
lichen Mittel  dies  nachzuweisen  fehlen  uns.  Gibt  man  aber  den  Ver- 
such auf,  unsere  Wurzeln  blos  von  der  lateinischen,  griechischen, 
slavischen ,  deutschen*)  Sprache  aus  einseilig  aufzustellen  und  hält 
sich  an  die  bereits  gewonnenen  reichen  Ergebnisse  der  vergleichenden 
Grammatik  auf  dem  ganzen  indo- europäischen  Sprachgebiet,  so  sind 

*)  In  Betreff  der  deutschen  Wurzeln  gibt  J.  Grimms  ''Gesetz 
vom  Ablaut  und  der  Lautverschiebung'  freilich  vortreffliche,  sichere 
Fingerzeige  und  Anhaltpunkte. 

33* 


5 IG  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

Mie  Wurzeln  nicht  blos  hypolhelische  Dichtungen  zum  Behuf  gramma- 
lischer Rechnung  und  Formulierung,  sondern  sie  stellen  —  insofern 
sie  richtig  angesetzt  sind,  was  bei  einem  groszen  Teil  derselben  höchst 
wahrscheinlich  ist  —  wirkliche  Sprach elemente  der  Urzeit 
dar  und  kommen  den  ersten  Erzeugnissen  der  Sprach - 
Schöpfung  sehr  na  he,  mögen  oft  genug  mit  ihnen  zusam- 
men fallen'  (Steinthal  S.  276). 

Der  Nachweis  des  Uebergangs  von  A  zu  A%  d.  h.  wie  sich  aus 
Wurzelsprachen  flectierendo  entwickelt  —  wird  wol  für  immer  ein 
nicht  zu  lösendes  Rätbsel  bleiben.  Soll  hier  am  Schlusz  eine  Vermu- 
tung gewagt  werden,  so  sei  es  diese;  die  Ursprache  der  Sanskrit- 
völker kann  beim  Uebergange  von  A  zu  A*  nicht  lange  auf  dem  Zwi- 
schenstandpunkt der  zusammenfügenden  Sprachen  von  Klasse  II 
verweilt  haben,  sonst  hätte  die  Ueberladung  der  Wurzel  mit  Bedeu- 
tuugslaulen  den  Keim  zur  Flexion  in  ihr  von  vorn  herein  erstickt. 

Dasz  Hr  Seh  leicher  von  der  Function  des  Wortes,  so  weil 
es  angehen  wollte,  absieht  und  nur  seine  morphologische  Gestalt 
in  Betracht  zieht,  ist  oben  bereits  mehrfach  angedeutet.  Er  spricht 
diese  seine  Absicht  offen  und  klar  aus  und  verschweigt  es  auch  nicht, 
dasz  es  bedenklich  sei  das ,  was  in  der  lebendigen  Rede  so  innig  ver- 
eint sei,  wie  Form  und  Bedeutung  des  Wortes,  durch  die  Wissenschaft 
zu  trennen,  um  einseitig  auf  die  morphologische  Gestalt  des  Wortes 
die  Klassilicierung  der  Sprachen  zu  gründen.  'Auch  versteht  es  sich' 
—  sagt  er  S.  7  —  'dasz  die  von  mir  aufgestellten  lll  Klassen  nicht 
zugleich  Stufen  der  sprachlichen  Vollkommenheit  bezeichnen,  die  ja 
zum  Teil,  vielleicht  ausschlieszlich  von  der  Function  abhängig  ist, 
welche  der  Laut  hat.'  Mit  diesen  Worten  gibt  Hr  Schleicher  die 
Grenzen  genau  an,  die  er  sich  bei  seiner  Aufgabe  gestellt  hat.  Kein 
Unbefangener  wird  einem  Schriftsteller  das  Recht  dazu  absprechen 
dürfen,  sich  eine  so  oder  anders  fest  abgegrenzte  Aufgabe  zu  stellen. 

Niclit  ganz  derselben  Meinung  scheint  Hr  Dr  S  te  in  thal  zu  sein. 
Schon  der  Titel  ('mathematische  Sprachwissenschaft'),  den  seine 
kurze  Recension  der  S  chl  ei  cherschen  Schrift  in  der  Zeitschrift  für 
'Völkerpsychologie  und  Sprachwissenscluift'  (S.  432)  an  der  Stirn 
trägt,  zeugt  von  seiner  Abgunst;  denn  schon  in  der  Ueberschrift  soll 
hier  der  Tadel  liegen.  Auch  der  Unterzeichnete  glaubt  nicht,  dasz 
durch  malliomatisclie  Formeln  die  unberechenbaren  Schöpfungen  des 
Geistes  gieiclisam  können  eingefangen  werden.  Aber  die  Ueberschrift 
mit  ihrem  Tadel  passt  höchstens  auf  die  Seiten  5  und  6,  d.  h.  auf  die 
a  priori  aufgestellten  Formeln;  von  da  ab  bis  zum  Schlusz  bewegt 
sich  der  Verfasser  in  den  thatsächlich  vorkommenden  Formen  der 
concreten,  einzelnen  Sprachen.  Wer  übrigens  eine  Scheu  vor  diesen 
mathematischen  Formeln  trüge,  der  mag  sie  getrost  fahren  lassen. 
Der  Unterzeichnete  gilt  mehr  als  ihm  lieb  ist,  für  einen  schlechten 
Mathematiker  und  Rechner;  er  hat  aber  die  Formeln  sofort  verslanden. 
Sie  boten  ihm  vielmehr  gute  Fingerzeige  für  das  leichtere  Verständnis 
der  Sache,  z.  B.  auch  der  bald  nachher  von  ihm  gelesenen  Stein- 


Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache.  517 

Iha Ischen  Schrift  selbst.  Wenn  nun  die  Hecension  Steinlhals 
Herrn  Schlei  c  h  er  die  zurückg^edriingle  Beaclitung  der  Function 
des  Wortes  als  enlschiednen  Mangel  anrecluiel,  so  ist  das  offenbar 
unrecht;  denn  niemand  kann  leisten,  was  er  absichtlich 
und  ausgesprochenermaszen  gar  nicht  leisten  will.  Von 
vorn  herein  und  auch  an  späteren  Stellen  spricht  aber  Hr  S  c  h  I  e  i  c  h  e  r 
seine  Absicht,  wesentlich  nur  die  morphologische  Gestalt  des  Wortes 
zu  beachten ,  klar  und  deutlich  aus. 

Auch  ist  sein  Standpunkt  berechtigt  und  höchst  verdienstlich. 
Ein  Vergleich  mag  diese  Behauptung  stützen.  —  Was  thut  man,  um 
Anfänger  in  die  Völkerkunde  einzuführen?  Nun  man  zeigt  ihnen  Bilder 
von  Kalmücken,  Samojeden,  Chinesen,  Japanern,  Indianern,  Negern 
und  Polynesiern ,  d.  h.  vor  allem  zunächst  die  äuszere  Gestalt  des 
Leibes,  und  fügt  wol  die  Kleidung  hinzu,  wenn  den  Völkern  diese, 
wie  in  manchen  Sprachen  der  nackten  Wurzel  der  Beziehungslaut, 
nicht  etwa  ganz  fehlt.  Ganz  dasselbe  hat  Hr  Schleicher  mit  den 
Sprachen  gethan.  Uns  allen  aber,  die  wie  ich  blosze  Anfänger  sind 
in  der  Kenntnis  der  Sprachen  der  Völker  der  Erde,  bat  er  die  äuszere 
Gestalt  einer  groszen  Zahl  derselben  anschaulich  vor  Augen  gestellt. 
Wie  sollte  ein  Schriftsteller  nicht  berechtigt  sein,  sich  eine  Aufgabe 
in  so  bestimmten  Grenzen  zu  stellen,  noch  dazu  wenn  er  die  Grenzen 
herauszuünden  nicht  dem  Leser  überläszt,  sondern  sich  darüber  un- 
umwunden selbst  ausspricht?  Will  also  Hr  Schleicher  den  Dank 
solcher  Anfänger  —  und  ihre  Zahl  unter  den  Gebildeten  und  Gelehrten 
ist  eine  sehr  grosze —  nicht  vornehm  ablehnen,  so  sei  er  ihm  hier- 
durch dargebracht. 

Der  Herangereifte  freilich  wird  sich  nicht  wie  der  Anfänger  blos 
an  der  Kenntnis  der  äuszern  Gestalt  der  Völker  der  Erde  genügen 
lassen,  er  wird  wollen  die  Beschäftigung,  Gebräuche,  Sitten,  mit  einem 
Worte  den  Geist  derselben  kennen  lernen.  Diesen  Gedanken  ange- 
wandt auf  die  Sprachen,  ist  es  klar,  dasz  der  blosze  Nachweis  ihrer 
morphologischen  Gestalt  nicht  ausreiche  uns  in  den  Geist  derselben 
einzuführen.  Das  kann  nur  der  Nachweis  der  Function  des  Wortes 
darthun,  der  freilich  hinwiederum  auch  nicht  absehn  kann  von  der 
äuszeren  Gestalt,  was  ja  auch  der  Titel  der  S  tei  n  tha  Ischen  Schrift: 
*Typen  des  Sprachbaus'  hinlänglich  darthut. 

Als  Gesamteindruck  der  Leetüre  beider  mit  einander  verwandten 
Werke  bleibt  dem  Leser  der  Eindruck:  Steinthal  legt  auf  die 
Function  des  Wortes  und  mit  Hinzuziehung  sehr  zahlreicher  Bei- 
spiele auf  die  philosophische  Begründung  der  Sache,  Schleicher, 
sich  beschränkend,  auf  den  morphologischen  Bau  den  Haupt- 
accent.  Auch  des  letztern  Standpunkt  ist  berechtigt  und  bei  der  Be- 
kanntschaft gewis  nur  Weniger  mit  dem  Gegenstande  sehr  verdienst- 
lich. Seine  linguistischen  Kenntnisse  hier  besonders  hervorzuheben, 
wäre  bei  meiner  so  überaus  geringen  Sprachenkunde  bis  zum  lächer- 
lichen anmaszend. 

Die  Beurteilung,  ob  die  von  beiden  Sprachforschern  beigebrachten 


518  Schleicher:  zur  Morphologie  der  Sprache. 

sprachlichen  Thatsachen  oder  auch  nur  die  hier  angeführten  Beispiele 
bis   in   die  Einzeiheilen  sämtlich  richtig  seien,  gehört  nicht  in  diese 
Zeitschrift;    sie   fällt  den   Kennern   und   Grammatikern   der  concreten 
Sprachen   anheim.    Vielleicht    lebt  keiner  auf  der  ganzen  Erde,  der 
über  alle  diese  Sprachen  in  gleicher  Weise  vollgültig  urteilen  dürfte. 
Dereine,  der  es  vielleicht   vermocht,  und  dem   auch  unsere   beiden 
Sprachforscher    die   Grundlage    ihrer    Sprachenkunde    verdanken   — ■ 
Wilhelm  Humboldt  —  ist  ja   schon   lange  von  uns   gesch!«,den. 
Von  ihm  stammt  die  erste  von  J.  Grimm  und  Fr.  Bopp  aufgenom- 
mene, jetzt  noch  fortwirkende  Anregung   zu  einem  Neubau   einer 
allgemeinen    Grammatik,    die     diesen    Namen     wirklich     ver- 
diente.   W.  Humboldt  standen  zu   einem  solchen  die  beiden  unent- 
behrlichen   Hülfsmiltel    zu   Gebote:    philosophischer  Tiefsinn 
und  eine   breite    linguistische  Gelehrsamkeit.     Die  letzte 
fehlte  aber  gerade  den  philosophischen  Grammatikern   von  Aristo- 
teles an  bis  auf  Ferdinand  Becker.     Nach  diesem  ist  das  Wort 
und  die  Sprache  ein  Organismus,  das  hciszt  doch  ein  Gebilde,  das 
sich   etwa   wie  Thier  und  Pflanze  von   innen  nach  auszen   entwickelt. 
Aber  es  gibt  Sprachen,  deren  Worte  mehr  unorganischen  Körpern 
zu  vergleichen  wären j   in  andern,  z.  ß,  den  germanischen,  zeigt  sich 
zwar  innerhalb  der  Wurzel  ein  reges  Leben,  aber  die  sich  erweitern- 
den Worlgebilde  wachsen  nicht  von  innen  nach  auszen,  sondern 
vielmehr  durch  Affixe.    K.  W.  L.  Heyse  und  Steinthal  haben  die 
Ansicht  von  der  Sprache   als  einem   derartigen   Organismus  glücklich 
bekämpft.    Jener  ist  leider,  ohne  den  Erfolg  seines  Sieges  mit  zu  er- 
leben,  für  die  Wissenschaft  viel  zu  früh  gestorben;  ob  der  andere, 
der   dazu  das   doppelte  Rüstzeug  besitzt,   den   von   W.  Humboldt 
begonnenen  Neubau    einer   allgemeinen  Grammatik,   wie  er  zu- 
versichtlich  zu   holTen  scheint,  glücklich  weiter    führen  werde,  wer 
vermag  dies  im  voraus  zu  sagen? 

Es  gieng  nicht  wol  an  bei  Besprechung  der  Schrift  von  Schlei- 
cher, auf  die  es  anfänglich  allein  abgesehn  war,  der  verwandten 
Bestrebungen  Steint  hals  zu  geschweigen;  aber  auch  hier  soll  der 
alte,  schöne  Spruch  gelten:  suum  cuique! 

Lissa.  Ed.  Olawsky. 


1». 

Rede  des  königl.  Studienrectors  Dr  Döderlein, 

gehalten  bei  der  öffentl.  Preisverteilung  am  8.  August  1861  in  Erlangen. 


Hochansehnliche  Versammlung! 
Soll  ich  nach  unserem  Gebrauch  dieses  Schulfest  mit  einem  Rück- 
blick auf  die  Schicksale  unserer  Anstalt  eröffnen,  so  hat  unsere  Schul- 
verfassung im  Lauf  des   Jahrs  manche  Umgestaltung  erfahren,   auch 


Rüde  von  Döderlein.  519 

manclie  bei  wolclier  aiiszer  uns  Lehrern  zugleicli  das  Publicum  sich 
beteiligt  fühlt.  Darunter  zeichnet  sich  eine  aus,  die  je  nach  dem  Grade 
des  Vertrauens ,  das  wir  genieszen,  eine  willliommene  oder  eine  be- 
klagenswerlhe  Neuerung  heiszen  mag.  Ein  friilieres  Hecht,  die  Reife 
unserer  Zöglinge  für  die  Universität  selbständig  und  endgültig  zu  bo- 
urteilen,  ist  den  Gymnasien  durch  königliche  Verfügung  zurückge- 
geben. Ein  sechsjähriger  Zeitraum  der  Revormundung,  in  welchem 
die  Lehrer  die  Reife  nur  begutachten  durften,  wärend  die  höhere 
Stelle  über  sie  entschied,  war  schon  damals  als  eine  nur  zeitweilige 
Maszregel  angekündigt  und  hat  die  vvohlthäligsten  Früchte  für  das  vater- 
ländische Schulwesen  getragen,  ohne  einen  lästigen  Druck  auf  die 
Lehrer  zu  üben.  Ja  wem  seine  Gewissensruhe  noch  heiliger  war  als 
Ansehn  und  Macht,  der  konnte  sich  sogar  Glück  wünschen,  in  einer  so 
wichtigen  Sache  nicht  ganz  unabhängig  verfahren  zu  müszen  und  die 
Verantwortung  mit  andern,  hier  besonders  mit  der  höchsten  Staats- 
behörde, teilen  zu  dürfen.  Jedenfalls  soll  das  wiedergeschenkte  Recht 
als  Reweis  ehrenden  Vertrauens  dankbar  angenommen  sein  und  mit 
jener  strengen  Gewissenhaftigkeit,  welche  Rigorosität  und  Humanität 
in  gleichem  Grade  zur  Pflicht  macht,  auch  ferner  geübt  werden. 

Diese  Mischung  von  Strenge  und  Milde  ist  besonders  im  Geist 
und  Sinn  unseres  edel  und  gnädig  gesinnten  Königs. 

Und  wie  können  wir  Lehrer  am  besten  unsere  Dankbarkeit  be- 
thäligen?  Jede  Staatsverwallung,  jede  Regierung  verlangt,  um  für 
das  Ganze  wohlthälig  und  für  die  Einzelnen  wohlthuend  zu  wirken,  eine 
solche  Mischung  von  Strenge  und  Milde.  Ueberschreitet  die  Strenge 
das  rechte  Masz,  so  wird  sie  zur  Härte,  zur  Inhumanität,  und  verletzt 
die  nemliche  Menschheit,  in  deren  Dienst  sie  handeln  soll  und  will; 
überwiegt  die  Milde  mehr  als  sie  soll,  so  geschieht  das  auf  Kosten 
der  höheren,  übermenschlichen,  göttlichen  Ordnung.  Die  Staatsweis- 
heit gibt  darum  oft  der  Strenge  und  der  Milde,  jeder  ihren  besondern 
Vertreter  und  weist  die  Gerichte  an  rücksichtslos  und  schonungslos 
das  Gesetz  selbst  auf  Kosten  der  Menschlichkeit  anzuwenden,  wärend 
dem  Staatsoberhaupt  das  göttliche  Recht  der  Gnade  auf  Kosten  des 
menschlichen  Rechts  vorbehalten  bleibt;  denn  alles  Recht  steht  unbe- 
schadet seiner  erhabenen  Stellung  doch  nur  anf  der  Mittelhöhe  des 
Lebens,  zwischen  dem  rohen  thierischen  Faustrecht  und  der  weisen 
göttlichen  Vorsehung,  deren  irdischer  Vertreter  einzig  der  Fürst 
sein  kann. 

Darf  ich  Kleines  mit  Groszem  vergleichen,  so  ist  durch  die  obge- 
nannte  Neuerung,  dasz  die  Prüfungscommission  für  die  Abiturienten 
endgültig  über  die  Reife  entscheidet,  ein  Recht  der  Gnade  in  deren 
Hand  gelegt  und  mit  diesem  Recht  zugleich  die  Pflicht  allseitig  zu 
beurteilen  und  neben  dem  starren  Ruchstaben  des  Gesetzes  auch  den 
lebendigen  Forderungen  der  Humanität  gerecht  zu  werden,  ja  wo  beide 
in  offenbaren  Widerstreit  gerathen,  die  Humanität  vorwalten  zu  lassen. 

Wir  haben  bei  diesem  Geschäft  keine  Gelegenheit  gehabt  wirk- 
liche Gnade  zu  üben,  aber  das  Ergebnis,  dasz  wir  die  sämtlichen  Be- 


520  Rede  von  Döderlein. 

Werber,  vierzehn  an  der  Zahl,  auf  die  Akademie  entlassen,  dient  zum 
Beweis  dasz  wenigstens  nicht  mit  inhumaner  Strenge  verfuhren  worden. 
Doch  stünde  es  nicht  gut  um  unsere  Anstalt,  wollten  wir  auf  die- 
sen Akt  ein  besonderes  Gewicht  legen.  Es  wäre  die  wohlfeilste  Weise 
Humanität  zu  beweisen.  Und  doch  ist  unser  sehnlichster  \Vunsch,  dasz 
unsere  Anstalt  von  ihr  durchdrungen  sei,  sie  als  ihr  Banner  vor  sich 
hertrage  und  eine  Pflanzschule  der  Humanität  heisze. 

Ehe  ich  ein  Wort  über  die  Mittel  beifüge,  die  uns  für  diesen 
Zweck  zur  Verfügung  stehn  und  die  wir  nach  Kräften  anwenden,  darf 
ein  anderes  über  den  Begriff  des  Wortes  zur  Verständigung  vorangehn. 

Humanität  bedeutet  an  sich  die  Blenschlichkeit,  jedoch  ohne  jenen 
Doppelsinn,  der  dem  deutschen  Worte  anhaftet,  gemäsz  der  doppelten 
Stellung,  die  der  Mensch  in  der  Schöpfung  einnimmt.  Denn  wie  er  ein 
schwaches  Wesen  ist  dem  heiligen  Golt  gegenüber,  so  steht  er  dem 
vernunfllosen  Thier  entgegen  als  ein  höheres  Wesen,  berufen  und  be- 
fähigt ein  Ebenbild  der  Gottheit  zu  sein.  Seine  Schwäche  verrälh  er, 
so  oft  er  als  Mensch  menschlich  irrt  und  fehlt  und  sündigt,  allein  wenn 
er  sich  menschlich  erbarmt,  so  bekundet  er  seine  gottähnliche  Natur, 
die  ihn  vom  fühllosen  Tiger  unterscheidet.  So  ist  die  Menschlichkeit 
eben  so  zweideutig,  wie  der  Mensch  selbst  doppelseilig  ist.  Dagegen 
der  fremde  Laut  Humanität  bezeichnet  unzweideutig  das  Wesen  des 
Menschen  wie  er  als  Mensch  sein  soll  und  sein  kann,  wenn  er  die 
thierische  Natur  in  sich  bewältigt  oder  auszieht. 

Doch  um  uns  völlig  zu  verständigen  —  auch  die  Humanität  ver- 
einigt in  sich  zwei  gleich  berechtigte  Bedeutungen,  eine  umfassendere 
höhere  in  der  wissenschaftlichen  Sprache  und  eine  andere  engere  Be- 
deutung im  gewöhnlichen  Leben. 

Die  echte  Humanität  in  ihrem  höchsten  Sinn  besitzt  oder  erstrebt 
was  des  wahren  Menschen  und  seiner  höheren  Bestimmung  würdig  ist, 
im  Reiche  der  Wahrheit,  der  Schönheit  und  der  Sittlichkeit.  Sie  fällt 
zusammen  mit  der  höheren  Bildung  des  Geistes  und  des  Herzens 
und  ist  in  diesem  Sinn  keine  allgemeine  Pflicht  für  jeden  Menschen. 
Sie  führt  zwar  meist  zu  einer  höheren  Stellung  im  gesellschaftlichen 
Leben,  aber  so  lange  es  eine  Verschiedenheit  der  Stände  gibt.  Re- 
gierende neben  Regierten,  Arme  neben  Reichen,  Geistesarbeit  neben 
Handarbeit,  so  lange  bringt  es  keinem  Schande,  dieser  höheren  Bildung 
zu  entbehren  und   der  Pflicht  zu  ihrer  Erwerbung  entbunden  zu  sein. 

Dagegen  das  was  der  gewöhnliche  Sprachgebrauch  Humanität 
nennt,  das  ist  eine  Tugendpflicht,  die  sich  jedem  Menschen  zumuten 
läszt,  mit  demselben  Recht  wie  die  christliche  Liebe  ;  denn  sie  ist  nur 
eine  Aeuszerung  jener  Liebe,  welche  Mangmütig  und  freundlich  ist, 
nicht  eifert,  nicht  Mulwillen  treibt,  sich  nicht  blähet,  nicht  das  ihre 
sucht,  sich  nicht  erbittern  läszt  und  nicht  nach  Schaden  trachtet',  und 
was  ihr  der  erhabene  Hymnus  des  Apostels  noch  weiter  nachrühmt. 
Die  höhere  Bildung  musz  noch  manchen  Vorzug  besitzen  auszer  dieser 
Liebe;  für  den  Ruhm  der  Humanität  reicht  diese  Liebe  aus. 


Rede  von  Döderlein.  521 

Der  humane  3Iann  sieht  in  jedem  Menschen  vor  allem  andern  den 
Mitmenschen,  der  mit  ihm  nach  natürlicher  und  götllieher  Ordnung 
auf  gleicher  Stufe  steht  wie  ein  Bruder,  er  sieht  in  ihm  nicht  blos  den 
Neben  mensch  an,  den  ihm  in  den  gemachten  Verhältnissen  Geburt, 
Stand,  Talent,  selbst  Sittlichkeit  entweder  unterordnet  oder  überordnet 
oder  gleichstellt.  Dem  Höherstehenden  Achlung,  Verehrung  zollen,  das 
zählt  niemand  zur  Humanität.  Das  ist  ein  Naturtrieb,  eine  Leidenschaft, 
schön  und  silllich,  doch  nimmermehr  eine  eigentliche  Tugend. 

Kaum  dasz  der  Sprachgebrauch  dem  freundlichen  und  zuvorkom- 
menden Wesen  gegen  den  Gleichgestellten  den  Namen  Humanität  zu- 
gesteht. Diese  läszt  sich  vielmehr  scharf  gefaszt  nur  und  allein  gegen 
den  Untergeordneten,  den  Schwächeren  üben.  Der  Fürst  kann  gegen 
seine  Unterthanen,  der  Vater  gegen  sein  Kind,  der  Lehrer  gegen  seinen 
Zögling,  der  Glückliche  gegen  den  Hülfsbedürftigen,  der  Starke  gegen 
den  Schwachen  human  sein,  nicht  umgekehrt,  und  je  weniger  er  es  füh- 
len läszt  dasz  er  sich  absichtlich  seiner  Rechte  und  Ueberlegenheit  aus 
selbstbewuster  Herablassung  entäiiszert  und  dem  Niederen  jedes 
demütigende  Gefühl  der  Unterordnung  erspart,  desto  vVohlthätiger  wirkt 
seine  Gleichstellung. 

Diese  beiden  Arten  der  Humanität  gilt  es  auf  alle  Weise  teils  vor 
unsern  Schülern  zu  üben  teils  in  ihnen  selbst  zu  fördern,  durch  Beispiel 
und  durch  Lehre. 

Auf  das  Beispiel,  das  wir  geben,  kann  ich  mich  nicht  berufen  ohne 
einen  Schein  von  Eigenlob,  aber  ein  sträfliches  Selbstlob  stimmt  nur 
der  an,  der  sich  Auszeichnung  zuspricht,  nicht  wer  ein  bloszes  Zeug- 
nis von  einer  Pflichterfüllung  oder  einer  Glücksgunst  ablegt.  Wenn 
in  den  42  Jahren  meiner  Amtsführung  noch  nie  ein  Zwist  im  Lehrer- 
gremium ausgebrochen,  der  den  Schülern  ein  Aergernis  gegeben  hätte 
oder  gar  zur  Kenntnis  der  Oberbehörde  gekommen  wäre,  wenn  alle 
Meinungsverschiedenheiten,  welche  unter  Männern  von  Einsicht,  Eifer 
und  Charakter  nicht  fehlen  können  noch  auch  dürfen,  auf  dem  Weg 
bald  freundlicher  Verständigung  bald  friedlicher  Abstimmung  sich  aus- 
glichen, so  ist  das  —  Dank  der  gegenseitigen  Achtung  und  humanen 
Gesinnung!  —  ein  seltenes  Glück. 

Deutlicher  noch  musz  die  Humanität  im  Benehmen  gegen  die 
Schüler  hervortreten.  Die  Richtung  unserer  Zeit  verlangt  gebieterisch, 
wenn  irgend  etwas,  die  Ausübung  dieser  Tugend;  so  wie  im  öffent- 
lichen Leben,  im  Walten  der  Polizei,  im  Verfahren  der  Gerichte,  in 
der  Behandlung  des  Militärs,  eben  so  auch  in  der  Schule.  Das  ist  eine 
unleugbare  Errungenscliaft  unserer  Zeit,  die  spät  gereifte  oder  erst 
noch  reifende  Frucht  der  vielfach  misbrauchten  und  darum  vielfach 
verrufenen  Lehre  von  den  Menschenrechten,  welche  eben  jetzt  jenseits 
des  atlantischen  Oceans  im  grösten  Maszstab  neu  auftaucht  und  als 
brennende  Frage  einen  gewaltigen  Kampf  entzündet. 

Noch  im  nächst  vergangenen  Jahrhundert  begegnet  unser  Blick 
mancher  Uebung  und  Erscheinung,  die  jetzt  an  das  unglaubliche  grenzt 
und  heute  zu  dem  unmöglichen  gehören  würde ,  wie  die  Herschafl  der 


522  Rede  von  Döderlein. 

l'^oller  im  Gerichtsverfuhren  und  die  Ilerschaft  des  Slocks  in  der  öffenl- 
üchen  Erziehun-j,  Die  Geschichte  erzählt  von  Schullyrannen ,  welche 
dieses  Erziehungsmittel  mit  Vorliebe  und  systematisch  ausg-ebildet 
hatten,  so  dasz  ihr  Schulkatheder  zugleich  einer  Folterkammer  glich. 
Ja  ich  selbst  fand,  als  ich  die  Leitung  unserer  Anstalt  übernahm,  einen 
Teil  des  letzten  Wochentags  zu  körperlichen  Züchtigungen  bestimmt, 
fand  auch  sogar  einen  Schüler  vor,  weicher  in  Folge  erhaltener  Züch- 
tigung fast  das  Gehör  verloren  hatte.  Es  war  ein  kleines  Verdienst 
diese  Misbräuche  abzustellen,  doch  mit  Dank  erkenne  ich  es  jetzt  noch, 
dasz  ich  keinem  Widerstand  begegnete  weder  bei  meinen  Vorgesetz- 
ten noch  bei  meinen  Amfsgenossen. 

Indes  mit  der  Entfernung  des  Stocks  ans  der  Schulerziehung  ist 
noch  wenig  geschehn.  Ein  Zeitgenosse  Melanchthons  stellte  die  Frage 
auf,  warum  amo  die  erste  und  doceo  die  zweite  Conjugation  sei,  um 
sie  dahin  zu  beantworten,  dasz  jeder  Lehrer  seine  Schüler  zuvor 
lieben  müsze,  ehe  er  anfange  vor  ihnen  zu  1  ehren ;  wahrlich  ein 
tief  ernster  Gedanke  in  einem  heitern  Kleid. 

Diese  innerliche  Liebe  musz  jedoch  den  Schülern  zugleich  auch 
unverkennbar  entgegentreten;  dies  erreicht  der  Lehrer  durch  seine 
äuszere  Freundlichkeit  in  Mienen  und  Geberden,  welche  glauben  macht, 
er  freue  sich  jedesmal  von  Herzen  in  die  Mitte  seiner  Schüler  zu  treten, 
ihre  Aul'merksanikeit  zu  fesseln,  ilire  Denkkraft  zu  üben,  ihre  Kennt- 
nisse zu  fördern.  Dies  ist  der  n  a  t  ü  rl  i  ch  s  te  Weg  seine  Liebe  kund- 
zugeben, doch  glaube  niemand  dasz  es  der  einzige  Weg  sei.  Das 
wahre  Wohlwollen  hat  nur  eine  Seele,  aber  vielerlei  Gesichter.  Nicht 
jedem  Naturell  ist  jene  Gabe  sichtbarer  Freundlichkeit  verliehn; 
genug  schon  wenn  sie  nur  fühlbar  ist.  Auch  ein  iinslerer,  jähzorniger 
Lehrer,  selbst  wenn  seine  Rügen  im  Eifer  die  Schranken  der  feineren 
Umgangssprache  überschreiten,  kann  die  Herzen  in  gleichem  Grade 
gewinnen  wie  der  sanfte;  nur  musz  er  in  beiden  Fällen  das  lebendige 
Gefühl  erwecken  und  unerschüttert  erhalten,  dasz  er  mit  seinem  Zorn 
nicht  das  Seine  sucht,  dasz  er  einzig  und  allein  für  das  Wohl  der  ihm 
anvertrauten  Seelen  eifert,  dasz  es  ein  Liebeseifer  ist.  Je  feinere  Fühl- 
hörner auch  die  unreifste  Jugend  für  diesen  Unterschied  zeigt,  desto  mehr 
musz  der  Lehrer  auch  den  leisesten  Schein  meiden,  als  ob  er  zunächst 
seine  eigne  Person,  sein  Ansehn,  seine  Ehre  durch  den  Unfleisz  oder 
die  Unart  seiner  Schüler  beeinträchtigt  fühle. 

Wenn  unsere  Schüler  sich  nicht  des  Undanks  schuldig  machen 
wollen,  so  wissen  sie  und  erkennen  es  an,  wie  wir  die  uns  von  oben 
zugekommenen  Gesetze  für  die  Schulzucht  auszuüben  pflegen,  immer 
mit  möglichster  Rücksichtnahme  auf  das  natnrgemäsze  Freiheitsgefühl 
der  Jugend.  Eine  glücklicherweise  längst  veraltete  Verordnung  befahl 
uns  die  Schüler  zu  streng  militärischen  Ehrenbezeigungen  gegen  die 
Lehrer  anzuweisen;  wir  begnügen  uns  mit  einem  Benehmen,  das  un- 
serem wahren  Verhältnis  entspricht,  und  wirken  einer  lächerlichen 
Blödigkeit  und  einer  häszlichen  Sklavendemut  niclit  weniger  entgegen 


Rede  von  Döderlein.  521] 

als  der  respectlosen  Keckheit,  um  auf  die  rechte  Mitte  hinzuleiten,  auf 
die  jugendliche  Bescheidenheit. 

Auch  der  Gymnasial  u  n  ter  r  i  ch  t  selbst  kann  und  soll  die  Hu- 
manität fördern,  mehr  als  die  Kcalschule  es  kann  und  soll,  welche 
zunächst  das  Nützliche  und  nicht  das  Schöne  ins  Aug^e  zu  fassen  be- 
rufen ist.  Das  nenne  man  ja  keine  Anmaszung  der  Gelehrlenschulen, 
keine  Kränkung  der  Realschulen.  Schon  der  Name  der  Humanitäts- 
studien, die  unserem  Lehrplan  ausschlieszlich  zu  Grund  liegen,  ver- 
bürgt unser  gutes  Recht.  Das  Verständnis  der  griechischen  und  latei- 
nischen Meisterwerke  führte  vor  100  Jahren  allgemein  den  Namen 
humaniora.  Aber  diese  Benennung  ist  veraltet,  fast  verschollen,  und 
ihr  Geist  und  Inhalt  hat  vielfache  Veränderungen  nicht  zum  Besten  der 
Sache  erlitten.  Ich  erinnere  mich,  dasz  ein  hoher  Staatsbeamter,  zu- 
gleich ein  begeisterter  Freund  der  Naturwissenschaften,  der  in  aufge- 
regter Stimmung  den  Mangel  an  wissenschaftlicher  und  sittlicher  Bil- 
dung einer  unter  seinen  Augen  aufwaciisenden  Jugend  beklagen  zu 
müszen  glaubte,  mir  die  herausfordernde  Frage  vorlegte,  ob  denn 
das  die  Frucht  jener  vielgerühmten  humaniora  sei,  zu  deren  Gunsten 
man  die  Naturstudien  auf  den  Gymnasien  stiefmütterlich  vernachlässige 
oder  gar  verbanne?  Jleine  bescheidene  Antwort  lautete,  dasz  auch 
die  Naturstudien  unter  gleichen  Vorbedingungen  dem  gerügten  Mangel 
so  wenig  abhelfen  würden  als  die  humaniora,  und  dasz  diese  humaniora 
ganz  anders  wirken  würden,  wenn  sie  nicht  durch  den  Zeitgeist  um 
ihre  ehemalige  Herschaft  gebracht  wären. 

Wir  wollen  es  nicht  leugnen,  die  Humanitäfsstudien  wirken  nicht 
mehr  so  bildend  wie  ehemals,  aber  keineswegs  durch  ihre  Schuld, 
denn  sie  sind  noch  dieselben,  sondern  nur  darum  weil  sie  kein  Mit- 
telpunkt des  Unterrichts  und  des  Interesses  mehr  sind,  weil  sie  ihre 
Herschaft  mit  neu  emporgekommnen  Mächten  teilen  müszen.  Das  Parla- 
ment der  nützlichen,  der  angenehmen,  der  bequemern,  leichtern  Wis- 
senschaften und  Künste  regiert,  das  altklassische  Studium  spielt  die 
Rolle  eines  äuszerlich  geehrten  Schattenkönigs. 

Ich  verlasse  den  schlüpfrigen  Boden  mit  dieser  kurzen  Andeu- 
tung. Glücklicherweise  aber  führt  aller  Unterricht  in  Wissenschaft 
und  Kunst  mittelbar  zur  Humanität,  vorausgesetzt  dasz  er  drei  Be- 
dingungen erfüllt:  erstens  dasz  mit  Ernst  und  Gründlichkeit  gelehrt, 
mit  Eifer  und  Freudigkeit  gelernt  wird;  zweitens  dasz  die  Lernenden 
vor  dem  Dünkel  bewahrt  bleiben  und  durch  das  ßewustsein  eines 
eifrig  ervvorbnen  Besitzes  nicht  in  den  Wahn  verfallen,  als  ob  sie's 
schon  ergriffen  hätten,  und  drittens,  dasz  sie  mit  dem  Trug-  und  Zerr- 
bild einer  falschen  Gründlichkeit  sich  verschont  sehn,  indem  der  geist- 
losere Teil  des  Lernstoffs,  der  sich  —  ein  notwendiges  Uebel  in  jeder 
Wissenschaft  —  nur  auf  mechanischem  Wege  aneignen  läszt,  über- 
wuchert und  den  geistigern  Teil,  den  eigentlichen  Inhalt,  erstickt. 
Wer  diese  Klippen  vermeidet,  ist  ein  humaner  Lehrer,  wer  an  ihnen 
scheitert,  der  wird  in  den  ersten  Fällen  zum  Verführer,  in  dem  letzten 
Fall  zum  Quälgeist  seiner  Schüler. 


524  Rede  von  Döderlein. 

Erlauben  Sie  mir  nun  noch  eine  Verwalirung  gegen  eine  falsche 
Humanität  und  gegen  eine  blos  scheinbare  Inhumanität.  Vermeintliche 
und  falsche  Humanität  nenne  ich  die  Cordialität,  welche  in  wohlwollen- 
der Absicht  dem  Zögling  die  von  der  Ehrfurcht  unzertrennliche  Furcht 
ersparen  möchte.  Es  ist  kein  Zufall,  dasz  unser  kirchlicher  Katechis- 
mus lehrt:  du  sollst  Gott  fürchten  und  lieben,  und  nicht  wie  eine  falsche 
Aufklärung  wünschen  möchte:  du  sollst  Gott  lieben  und  auch  fürchten. 
Respektvolle  Scheu  ist  das  erste  und  unerläszlichste  Gefühl,  das  der 
Schüler  gegen  den  Lehrer  haben  soll;  herzliche  Liebe  und  Anhäng- 
lichkeit musz  ein  Ausflusz  und  eine  Beigabe  der  an  Furcht  grenzenden 
Achtung  sein,  nicht  umgekehrt,  und  weit  besser  ist"'s  wenn  der  Lehrer 
bei  der  ersten  Begegnung  dem  Schüler  den  Eindruck  eines  strengen 
Gebieters  als  den  einer  zärtlichen  Mutter  macht.  Die  Anhänglichkeit 
kann  ein  Lehrer  zeitweise  verscherzen  ohne  seine  Schuld,  wenn  Um- 
stände ihn  zu  besonderer  Strenge  nötigen;  die  Achtung  aber  geht  nur 
durch  eigne  Schuld  und  unwiederbringlich  verloren. 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  dasz  rücksichtslose  Strenge, 
welche  das  Interesse  nnd  Gefühl  nicht  blos  des  Schülers  sondern  auch 
seiner  Eltern  verletzet,  als  herzlose  Inhumanität  erscheint.  Denn  die 
Grenze  zwischeu  beiden  ist  oft  eine  sehr  schmale,  welche  nur  ein 
feines  Auge  und  besonders  ein  unbefangener,  weil  unbeteiligter  Sinn 
erkennt.  Ist  dies  bei  strengen  Bestrafungen  der  Fall,  welche  von  der 
Gerechtigkeit,  von  der  Abschreckung,  von  der  Besserung  gefordert 
werden,  so  findet  es  auch  statt  wo  sichs  nicht  eben  um  Strafe  handelt. 
Wenn  die  Studienanstalt  einen  Zögling,  der  aufrichtige  Neigung  zu 
den  wissenschaftlichen  Studien  verräth ,  dennoch  für  unfähig  zu  den- 
selben erklärt  und  ihn  entfernt,  so  ist  das  allerdings  hart,  für  die 
Lehrer  nicht  minder  als  für  ihn  selbst  und  seine  Eltern,  aber  weit 
entfernt  inhuman  zu  sein,  ist  es  wahre  Humanität.  Die  Schule  handelt 
nach  ihrem  innern  und  äuszern  Beruf,  indem  sie  die  Geister  wägt  und 
jedem  durch  ihren  Rath,  der  zum  Zwang  werden  kann,  den  Weg 
zeigt,  den  ihm  die  Natur  anweist.  Sie  erntet  hiefür  oft  einen  augen- 
blicklichen Vorwurf,  aber  noch  häufiger  einen  späten  Dank;  denn 
kein  traurigeres  Schicksal  als  ein  verfehlter  Lebensberuf. 

Nicht  ein  Gefühl,  als  ob  unsere  Anstalt  sich  gegen  den  unver- 
dienten Ruf  der  Inhumanität  rechtfertigen  und  verwahren  müsze,  hat 
diese  meine  Ausführung  hervorgerufen.  Wol  muste  ich  im  ersten 
Jahrzehent  meiner  Amtsführung  diesen  schmerzlichen  Vorwurf  zuwei- 
len hören;  aber  ein  volles  Menschenalter  habe  ich  vom  Schauplatz 
abtreten  sehen,  seitdem  unsere  lieben  Mitbürger  sich  überzeugen 
lieszen,  dasz  rücksichtsvolle  Nachsicht  nicht  immer  Humanität,  dasz 
rücksichtslose  Strenge  nicht  immer  Inhumanität  ist.  Wenn  wir  nun 
Ihnen,  verehrte  Anwesende,  hier  angeloben  unsere  dargelegten  Grund- 
sätze nicht  zu  ändern  und  in  nnserm  Streben,  Ihre  Kinder  mit  Hu- 
manität und  zur  Humanität  zu  erziehen,  niemals  nachzulassen,  so 
werden  Sie  dagegen  uns  die  Hoffnung  gönnen,  dasz  die  öffentliche 


Die  Schülerpräpnrafion  für  das  Alldeutsche.  525 

Meinung  unserni  Thun  und  Trachten  jenes  Vertrauen  bewahren  werde, 
dessen  wir  uns  nach  vieljährigen  Erfahrungen  erfreuen  dürfen. 


16. 

Die  Verschiedenheit    der   Schülerpräparation   für   die   alt- 
deutsche und  für  die  antik  klassische  Lektüre. 


Wenn  wir  der  Ansicht  sind,  dasz  für  die  altdeutsche  Lektüre 
eine  solche  Präparalion  der  Schüler  nicht  verlangt  werden  könne, 
wie  sie  auf  jedem  guten  Gymnasium  für  die  lateinische  und  griechi- 
sche Lektüre  gefordert  wird,  so  ist  damit  durchaus  nicht  gesagt,  dasz 
sich  die  Schüler  auf  die  altdeutsche  Lektüre  überhaupt  nicht  präparie- 
ren sollen.  Nur  wird  die  Art  der  Präparation  nach  der  Natur  des  Ge- 
genstandes eine  verschiedne  sein. 

Betrachten  wir  zuvörderst  den  Fall,  dasz  auf  einem  Gymnasium 
nur  Mittelhochdeutsch  getrieben  wird,  und  nehmen  wir  an,  dasz  die- 
sem Unterricht  ein  Jahr  lang,  etwa  in  Unterprima,  zwei  Stunden 
wöchentlich  gewidmet  werden.  Vergleichen  wir  nun  die  Stellung, 
in  welcher  sich  die  Schüler  dem  Vergil  gegenüber  befinden,  mit 
der,  welche  sie  gegenüber  dem  Nibelungenlied  einnehmen.  W^enn 
die  Schüler  die  Lektüre  des  Vergil  beginnen,  haben  sie  seit  min- 
destens vier  bis  fünf  Jahren  Unterricht  im  Lateinischen  gehabt, 
und  zwar  in  sieben  bis  zehn  wöchentlichen  Lehrstunden.  Nicht  nur 
die  lateinische  Formenlehre,  sondern  auch  die  lateinische  Syntax  und 
der  lateinische  Worfschatz,  zumal  nach  seiner  grammatischen  Seite, 
ist  ihnen  in  einem  Umfang  und  mit  einer  Sicherheit  eingeprägt,  wie 
sich  diese  eben  nur  bei  einem  solchen  Aufwand  von  Zeit  und  Kraft 
erreichen  lassen.  Mit  welcher  Ausrüstung  tritt  dagegen  der  Schüler 
dem  mittelhochdeutschen  Text  gegenüber?  Ich  sehe  hier  ganz  ab  von 
der  durchaus  verwerflichen  Pfuscherei,  welche  das  Mittelhochdeutsche 
ohne  alle  grammatische  Vorbereitung  sogleich  mit  der  Lektüre  beginnt, 
sondern  ich  nehme  an,  dasz  vor  dem  Beginn  der  Lektüre  die  Grund- 
züge der  mittelhochdeutschen  Laut-  und  Formenlehre  mitgeteilt  und 
eingeprägt  worden  sind.  Aber  vergleichen  wir  die  wenigen  Wochen, 
die  diesem  Unterricht  gewidmet  werden  können,  mit  der  Reihe  von 
Jahren,  welche  der  Schüler  vor  dem  Lesen  des  Vergil  auf  die  Erler- 
nung des  Lateins  verwendet  hat,  so  erkennen  wir  sofort  den  groszen 
Unterschied  zwischen  den  Ansprüchen,  die  wir  im  Latein,  und  denen, 
die  wir  im  Mittelhochdeutschen  an  den  Schüler  machen  können.  Die 
grammatischen  Formen  des  Lateins  sind  dem  Schüler  nicht  blos  in 
ihren  Grundzügen  bekannt,  sondern  er  kennt  sie  in  allen  ihren  Einzel- 
heiten, in  ihren  Regeln  und  ihren  Ausnahmen,  er  handhabt  sie  mit 
einer  Sicherheit,  die  jeden  Verstosz  in  dieser  Beziehung  als  eine 
tadelnswerthe  Unwissenheit  erscheinen  läszt.    Von  einer  solchen  um- 


52ß  Die  Scliülerpräparation  für  da»  AHdeutsche. 

fassenden  Kenntnis  der  mittelhochdeutschen  Formen  und  einer  solclien 
Sicherheit  in  ihrer  Handhabung-  kann  natürlich  nach  einigen  Wochen 
oder  Monaten  des  mittelhochdeutschen  Unterrichts  keine  Kede  sein. 
Wer  sich  die  Mühe  gegeben  hat,  im  Mittelhochdeutschen  wirklich  zu 
unterrichten,  der  weisz  wie  lang  es  dauert,  bis  die  Schüler  auch  nur 
in  den  Hauptsachen  sicher  werden.  Handelt  sich's  aber  um  die  Ein- 
zelheiten, um  die  Ausnahmen  von  den  hegein,  um  die  Verteilung  des 
Wortschatzes  unter  die  verscliiednen  grammatischen  Klassen  usw.,  so 
müszen  unzählige  Dinge,  die  der  Schüler  zur  Lektüre  desVergil  schon 
mitbringt,  erst  in  der  Stunde  vom  Lehrer  erörtert  werden.  Denken 
wir  vollends  an  die  Syntax,  so  hat  der  Schüler,  der  den  Vergil  liest, 
die  lateinische  Syntax  nach  allen  Seiten  hin  längst  inne,  wärend  die 
Eigentümlichkeiten  der  mittelhochdeutschen  Syntax  erst  bei  der  Lek- 
türe vom  Lehrer  erläutert  werden.  Ein  ganz  besondres  Verhältnis 
tritt  in  Beziehung  auf  das  Lexikalische,  auf  die  Bedeutung  der  mittel- 
hochdeutschen Wörter  ein.  Das  Mitlelhochdeutsche  besitzt  eine  An- 
zahl von  Wörtern,  die  das  Neuhochdeutsche  nicht  mehr  hat.  Natürlich 
musz  man  die  Bedeutung  dieser  Wörter  kennen,  wenn  man  einen  mit- 
telhochdeutschen Text ,  in  welchem  sie  vorkommen,  verstehen  will. 
Aber  von  gröszerer  Wichtigkeit  ist  der  Umstand,  dasz  unzählige  Wör- 
ter, die  dem  Mittelhochdeutschen  und  Neuhochdeutschen  gemeinsam 
sind,  im  Mittelhochdeutschen  eine  andere  Bedeutung  haben  als  im 
Neuhochdeutschen.  Auf  diesen  Punkt  hat  die  Erklärung  mittelhoch- 
deutscher Texte  ihr  besondres  Augenmerk  zu  richlen,  wofern  sie 
wirklich  verstanden  und  nicht  in  stümperhaft  dilettantischer  Weise 
misverstanden  werden  sollen. 

Wenden  wir  nun  das  Gesagte  auf  die  Frage  an:  in  welcher  Art 
kann  und  soll  der  Schüler  sich  auf  die  mittelhochdeutsche  Lektüre 
vorbereiten,  so  ergibt  sich  folgendes: 

1)  Es  kann  und  musz  dem  Schüler  zugemutet  werden,  dasz  er 
das  Stück,  das  in  der  nächsten  Stunde  gelesen  werden  soll,  vorher 
durchgeht. 

2)  In  grammatischer  Hinsicht  wird  er  dabei  die  Formen  ins  Auge 
fassen,  die  er  in  der  gedrungenen  Uebersicht  über  die  mittelhochdeut- 
sche Formenlehre  hat  kennen  lernen.  Dagegen  bleiben  die  Besonder- 
heiten der  Formenlehre  und  die  Eigentümlichkeifen  der  mittelhoch- 
deutschen Syntax  der  Unterrichtsstunde  selbst  vorbehalten. 

3)  In  lexikalischer  Beziehung  hat  der  Schüler  die  Wörter  aufzu- 
schlagen, die  im  Neuhochdeutschen  nicht  vorkommen.  Dagegen  kann 
die  viel  wichtigere  Aufgabe,  den  Unterschied  der  mittelhochdeutschen 
und  neuhochdeutschen  Wortbedeutungen  sorgfältig  zu  beachten,  un- 
möglich von  der  Präparation  des  Schülers  verlangt  werden.  Und  doch 
ist  dies  gerade  der  Hauptpunkt,  wenn  von  einer  Mexikalisch  sorgfäl- 
tigen Leetüre  mittelhochdeutscher  Dichtungen'  die  Hede  sein  soll.  Der 
richtige,  zum  Ziel  führende  Weg  scheint  mir  hier  der  zu  sein:  der 
Schüler  musz  ein  gutes  mittelhochdeutsches  Wörterbuch  in  Händen 
haben,   wie  wir  es  jetzt   reichhaltig,  gründlich   und  die  finanziellen 


Die  Scliiilerpriiparalion  für  das  Alldeutsclie.  527 

Kräfte  des  Schülers  nicht  übersteigend  in  der  neuen  Bearbeitung'  von 
Wilhelm  WacUernag-els  Wörterbuch  besitzen.  In  diesem  Wörterbuch 
sclilägl  er  bei  der  Präi)aralion  die  Wörter  auf,  die  ihm  gänzlich  un- 
beUaniit  sind.  Auch  diese  wird  er  anfänglicli  bisweilen  nicht  finden, 
Avcil  er  in  der  alten  deutschen  Laut-  und  Formenlehre  noch  nicht  Ue- 
biing  genug  hat,  um  alles  an  der  rechten  Stelle  zu  suchen.  Der  Leh- 
rer wird  ihn  daher  öfters  erst  in  der  Stunde  dazu  anzuleiten  haben, 
in  welcher  Weise  er  hätte  suchen  sollen.  Die  Wörter,  die  der  Schü- 
ler zu  kennen  glaubt,  weil  sie  auch  im  Neuhochdeutschen  vorhanden 
sind,  die  aber  nichtsdestoweniger  dem  Schüler  in  der  Tliat  unbekannt 
sind,  weil  sie  im  Mliltelhochdeutschen  eine  andere  Bedeutung  haben 
als  im  Neuhochdeutschen  erklärt  der  Lehrer  in  der  Stunde.  Diese 
Wörtererklärung  wird  nachgeschrieben  und  vom  Schüler  bis  zur  näch- 
sten Stunde  repetiert.  Um  auch  hiefür  den  richtigen  Gebrauch  des 
Wörterbuchs  zu  lehren,  wird  dem  Schüler  bisweilen  nur  die  für  die 
bestimmte  Stelle  passende  Bedeutung  angegeben  mit  der  Weisung, 
die  Entwicklung  dieser  Bedeutung  und  ihr  Verhältnis  zum  neuhoch- 
deutschen Sinn  des  Worts  im  Wörterbuch  aufzusuchen  und  bis  zur 
nächsten  Stunde  nachzuweisen.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dasz  hier 
wie  überall  mit  Umsicht  zu  verfahren  und  das  richtige  Masz  einzuhal- 
ten ist.  Thut  man  dies,  beschränkt  man  sich  zunächst  auf  das  Wich- 
tigere, so  ist  auch  der  Zeitaufwand,  den  die  geforderte  Repetition  der 
nachgeschriebenen  Erklärung  in  Anspruch  nimmt,  nur  ein  mäsziger. 

Auf  diese  Art  kann  man  im  Lauf  eines  Jahres  oder  wol  auch  in 
noch  kürzerer  Zeit  das  groszartigste  Denkmal  unsrer  allen  Poesie: 
das  Nibelungenlied,  mit  einzelnen  durch  die  Sache  selbst  gebotenen 
Auslassungen  lesen,  und  zwar  in  solcher  Weise,  dasz  es  dem  Schüler 
zeitlebens  noch  zugänglich  bleibt.  Zugleich  aber  wird  sich  der 
Schüler  am  Schlusz  dieser  Lektüre  Sicherheit  in  den  mittelhochdeut- 
schen Formen,  einen  ziemlichen  Vorrat  richtig  verstandner  mittel-^ 
hochdeutscher  Wörter  und,  was  das  wichtigste  ist,  die  Fähigkeit  er- 
worben haben  mit  Hülfe  des  Wörterbuchs  und  sonstiger  empfohlens- 
werther  Bücher  das  Studium  des  Mittelhochdeutschen  fortzusetzen. 
So  vorbereitet  wird  er  dann  auch  auf  der  Universität  von  den  Vor- 
lesungen über  die  Werke  der  mittelhochdeutschen  Litteratur  den 
rechten  Gewinn  ziehen. 

Fassen  wir  nun  den  zweiten  Fall  ins  Auge,  dasz  ein  Gymnasium 
noch  ein  oder  zwei  Semester  mehr  dem  Altdeutschen  widmet  und  da- 
durch die  Zeit  gewinnt,  um  auch  die  Grundziige  des  Gothischen  und 
Althochdeutschen  in  den  Bereich  des  Unterrichts  zu  ziehn.  Es  wird 
sich  dies  schon  in  sehr  erspriesziicher  Weise  erreichen  lassen,  wenn 
man  auch  nur  durch  die  beiden  Semester  von  Unterprima  und  das 
erste  von  Oberprima  dem  Alldeutschen  zwei  wöchentliche  Stunden 
gibt.  Die  Vorteile  eines  solchen  Unterrichts  brauche  ich  dem  nicht 
auseinanderzusetzen,  der  auch  nur  einigen  Verstand  von  der  Sache 
hat.  Erst  dadurch  erhält  das  grammalische  Verständnis  der  deutschen 
Sprache  überhaupt  eine  sichere  Grundlage,  und   natürlich  wird  auch 


528  Die  Schülerpräparalion  für  das  AUdeulsche. 

die  Einsicht  in  die  mitlelhochdeulschen  Formen  dadurch  wesentlich 
verlieft.  Aber  an  dem,  was  wir  oben  über  die  mittelhochdeutsche 
Lektüre  und  die  Präparation  des  Schülers  auf  dieselbe  gesagt  haben, 
ändert  sich  nur  sehr  wenig.  Denn  dem  Mittelhochdeutschen  selbst 
wird  bei  einer  solchen  Erweiterung  jedenfalls  nicht  mehr  Zeit  einge- 
räumt, und  alles  oben  gesagte  bezieht  sich  speciell  auf  die  Erlernung 
des  Mittelhochdeutschen.  Es  erübrigt  also  nur  noch,  einige  Worte 
darüber  zu  sagen,  in  welcher  Weise  sich  die  Schüler  auf  die  wenigen 
kleinen  gothischen  und  althochdeutschen  Sprachproben  vorbereiten 
sollen,  die  im  Anschlusz  an  die  gothische  und  allhochdeutsche  Laut- 
und  Formenlehre  gelesen  werden.  Der  Zweck  dieser  Leclüre  ist  ein 
fast  ausschlieszlich  grammalischer;  es  wird  also  vor  allem  darauf  an- 
kommen, die  Sprachformen  richtig  zu  erkennen.  Die  Vorbereitung 
des  Schülers  kann  hier  nur  darin  bestehen  dasz  er  das  zunächst  vor- 
kommende Stück  durchgeht  und  sieht,  was  er  herausbringt.  Die  An- 
forderungen an  diese  Art  von  Präparalion  können  bei  der  Schwierig- 
keit der  Sache  nur  sehr  niedrig  gestellt  werden.  Es  wird  dies  aber 
auch  ohne  Beeinträchtigung  der  Gründlichkeit  geschehen  können, 
wofern  nur  der  Lehrer  in  der  Stunde  selbst  mit  der  nötigen  Genauig- 
keit verfährt,  keine  Schwierigkeit  übergeht,  keine  Form  unverstanden 
iäszt.  Die  Art,  wie  der  Lehrer  den  Schüler  auf  das  Richtige  führt, 
zeigt  diesem,  wie  er  selbst  bei  vorgerückterer  Kenntnis  der  Sprache 
hätte  verfahren  müszen.  Als  Hülfsmittel  dient  dem  Schüler  für  das 
Althochdeutsche  das  oben  angeführte  Wörterbuch  von  Wilhelm 
Wackernagel.  In  Betreff  des  Gothischen  Iäszt  sich  ein  zweifacher 
Weg  einschlagen.  Entweder  man  giebt  dem  Schüler  ein  kleines, 
alphabetisch  geordnetes  gothisches  Wörterbuch  in  die  Hände,  das 
dann  aber  keineswegs  nur  die  wenigen  in  den  Sprachproben  vorkom- 
menden Wörter  enthalten  darf.  Oder  man  Iäszt  den  Schüler  ohne  alle 
Hülfsmittel  die  grammatische  Form  der  gothischen  Wörter  heraus- 
bringen. Auf  diese  Art  wird  freilich  der  bei  weitem  gröste  Teil  des- 
sen,  was  bei  den  klassischen  Sprachen  der  Präparation  zufällt,  erst 
in  der  Lehrslunde  selbst  vorzunehmen  sein.  Aber  unfruchtbar  oder 
dilettantisch  oberflächlich  ist  auch  dieser  Weg  durchaus  nicht,  wofern 
nur  in  der  Unterrichtsstunde  selbst  Wort  für  Wort  genau  analysiert 
wird.  Dagegen  halte  ich  es  für  ganz  verwerflich,  unter  dem  Text  der 
Sprachproben  eine  forllaufende  grammatisch-lexikalische  Eselsbrücke 
zu  geben,  die  dem  Schüler  das  Nachdenken  erspart,  zu  dem  er  gerade 
angeleilet  werden  soll. 

Diese  Andeutungen  über  die  Schülerpräparation  für  das  Altdeut- 
sche machen  natürlich  nicht  den  Anspruch,  dasz  überall  genau  nach 
der  angegebenen  Weise  verfahren  werden  müsze.  Aber  die  wesent- 
lichen Gesichtspunkte  werden  überall  dieselben  sein,  auch  da,  wo  nur 
ein  geringerer  Zeitaufwand  als  der  von  uns  angenommene  dem  Alt- 
deutschen gewidmet  wird. 

Rudolf  von  Raumer. 


Grundziige  einer  laullich-gescbichtl.  deufschen  Rechtschreibung.    529 


J7. 

er  lai 
Schreibung  des  Neuhochdeutschen  als  Schriftsprache. 


Kurzgefaszte  Grundzüge  einer  lauthch-geschichthclieiiReclit- 


Durch  die  geschichllich- vergleichend -erlilärende  Spracliwissen- 
schaft  ist  die  Ansicht  über  das  Wesen  der  Sprache  eine  durchaus  an- 
dere geworden.  Wärend  man  früher  die  Sprache  entweder  als  von 
Gott  dem  Menschen  auerscIialTen  oder  vom  Menschen  erfunden  dachte, 
in  welchen  beiden  Fallen  sie  als  ein  fertiges,  starres,  Icbensloses, 
von  reiner  Willkür  abhängiges  Knnstgebilde  erschien,  wird  sie 
jetzt  von  der  vergleichenden  Sprachforschung  aus  als  ein  lebensvoller 
Organismus  anerkannt,  der,  wie  jedes  Naturproduct ,  beständigen 
Wandelungen  und  Veränderungen  auf  gesetzmäsziger  Basis  unterwor- 
fen ist  und  so  ganz  und  gar  von  dem  Willen  des  Menschen  unabhängig 
dasteht.  Der  Mensch  kann  nicht  sprechen  wie  er  will,  sondern  nur 
wie  ihn  der  jedesmalige  Zustand  der  Sprache  antreibt;  auch  kann  er 
die  Sprache  ebensowenig  wie  seinen  Körper  ändern  und  ummodeln, 
sondern  nur  verunstalten  und  verstümmeln. 

Wol  aber  desfruiert  die  Sprache  sich  ihrer  äuszern  Erscheinungs- 
form nach  selbst.  Ihr  geht  es  wie  jedem  andern  Naturproduct;  sie 
entwickelt  sich  bis  zu  einem  gewissen  Grade,  um  dann  denselben  Weg 
wieder  abwärts  zur  Selbstvernichtung  anzutreten ,  ohne  jedoch  in 
denselben  Punkt  wieder  zu  coincidieren,  von  dem  sie  ausgegangen 
ist,  sondern  nur  in  einen  parallelen,  sodasz  man  den  Verlauf  einer 
Sprache  nicht  mit  der  Krümmung  eines  Kreises,  sondern  mit  der  einer 
Spirale  vergleichen  kann.  Eine  Sprache  aber  entwickelt  sich  so  lange, 
als  sie  von  einer  primitiven  Menschengenossenschaft  in  Abgeschlossen- 
heit von  andern  menschlichen  Gesellschaften  gepflegt  und  gleichsam 
grosz  gezogen  wird.  Denn  so  lange  eine  ursprüngliche  Menschenge- 
nossenschaft sich  selbst  allein  lebt,  sind  alle  ihre  Empfindungen  und 
Gefühle,  Gedanken  und  Vorstellungen  ihnen  ebenso  gut  eigen  als  die 
lautlichen  Formen,  in  denen  sie  gegenseitig  zum  Vorschein  und  zum 
Verständnis  gebracht  werden  ;  und  lautliche  Formen  wie  Inhalt  sind 
sich  vollständig  deckend,  weil  ja  beide  gleichmäszig  und  gleichzeitig 
bei  denselben  Wesen  entstanden  sind. 

Dieses  volle  Verständnis  der  Form  von  Zeit  der  Sprachentstehung 
an  ist  das  Sprachgefühl  oder,  richtiger  gesagt,  das  Sprachleben.  Je 
länger  nun  ein  Volk  ohne  Berührung  und  Verkehr  mit  Fremden  bleibt, 
lim  so  mehr  entwickelt  sich  seine  Sprache  und  sein  Sprachgefühl  in 
gleichem  Grade,  da  so  lange  die  ganze  geistige  Kraft  nnr  darauf  ver- 
wandt wird,  ja  nur  darauf  verwandt  werden  kann.  —  Diese  Bildungs- 
zeit ist  bei  den  verschiednen  Sprachstämmen  verschieden.  Ein  groszer 
Teil  ist  auf  der  ersten  Stnfe,  der  Isolierung,  stehen  geblieben;  der  bei 
weitem  allergröszte  auf  der  zweiten,  der  Anfügung,  und  nur  der  klein- 
ste Teil,  der  Semitismus  und  Indogermanismus,  hat  die  dritte  Stufe, 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  Abt.  1861.  Hft  11  u.  12.  ^^ 


530     Grundzüge  einer  laiillicli-gescliichll.  deutschen  Rechlsclireibung-. 

die  der  Flexion,  erklommen.  Eine  Sprache  musz  aber,  sobald  ihre 
Träger  mit  Fremden  in  Berührung  kommen,  aufhören  zu  wachsen  und 
sich  auszubilden,  weil  mit  der  ersten  Berührung  mit  auszen  zu  den 
heimisch  entsiandnen  Laulbildern  fremde  Vorstellungen  und  Anschau- 
ungen,  fremde  Laute  und  Formen  hereindrängen,  die  an  dem  Eignen 
kämpfend  sich  reiben,  sowie  auch  dann  die  Sprache  nicht  mehr  als 
Selbstzweck  und  somit  selbständig  dasteht,  sondern  nur  als  31iltel 
zum  Zweck,  als  die  Münze  zum  Austausch  der  Gedanken  unter  ver- 
schiedenen Völkern,  verwandt  wird.  Und  das  Volk  selbst  tritt  mit 
der  ersten  Berüiirung  in  ein  neues  Stadium  seines  Daseins;  es  erwacht 
gewissermaszen  erst  zu  eigentlichem  Leben,  es  wird  aus  dem  sich 
selbst  beschauenden  Individsialleben  in  das  denkende  Verkehrsleben 
hineingerissen,  es  geht  aus  dem  sich  unbewusten  Sprachleben  über  in 
das  sich  bewuste  Geistesleben,  die  sich  beide  ebenso  ausschüeszend 
einander  gegenüber  stehen  wie  Schlaf  und  Wachen. 

Bis  zu  dem  Zeitpunkte  daher,  wo  die  erste  Berührung  mit  auszen 
stattfand,  halte  die  Sprache  nach  Laut  und  Form,  sowie  das  Sprach- 
gefühl seine  höchste  Entwickelung  erreicht;  von  da  an  geht  beides  in 
gleichem  Grade,  weil  eins  das  andere  bedingend,  abwärts  und  zwar 
stehen  beide  in  umgekehrtem  Verhältnis  mit  der  steigenden  Bildung, 
oder  richtiger  und  umfassender  ausgedrückt,  mit  dem  zunehmenden 
Geistesleben.  Daher  kommt  es  auch  dasz  wir,  so  oft  wir  auch  eine 
Sprache  kennen  lernen  und  sei  sie  von  einem  eben  erst  entdeckten 
Volke,  nie  sich  weiter  bilden  sehen,  sondern  unter  99  von  100  Fällen 
schon  minder  oder  mehr  auf  dem  Destnictionswege  fortgeschritten  und 
fortschreitend  begrilTen  erblicken.  Ja  eine  Sprache  in  ihrer  Entwicke- 
lung beobachten  wollen  hiesze  eben  so  unmögliches  beginnen,  als 
wenn  jemand  zugleich  zu  wachen  und  zu  schlafen  gedächte,  um  sich 
im  Schlafe  und  Traume  munter  selbst  zu  beobachten. 

Also  die  Bildungszeit  aller  Sprachen  gehört  in  die  vorgeschicht- 
liche Zeit  und  nur  die  Destructionsperiodc  gehört  dem  an,  was  wir 
Geschichte  zu  nennen  pilegen.  Mit  diesem  Wendepunkte  in  der  Spra- 
che treten  nun  bei  abnehmendem  Sprachgefühl  die  verschiedenartigsten 
Veränderungen  nach  Laut,  Form  und  Bedeutungen  ein,  jene  beiden 
sich  verringernd,  diese  wachsend.  Denn  mehr  und  mehr  wird  an  Laut 
und  Form  manches  für  überllüssig  und  für  unbequem  gehalten,  was, 
so  lange  als  es  verslanden  ward,  nicht  als  solches  angesehn  wurde. 

Alle  Veränderungen  beruhen  aber,  da  von  nun  an  die  Sprache 
nur  das  Verkehrs-  und  Austauschmittel,  die  geistige  Münze,  ist,  auf 
Erleichterung  und  Bequemlichkeit,  auf  zunehmender  Ersparnis  von 
Muskelkraft.  Zuerst  zeigen  sich  alle  diese  Veränderungen  an  den  Ato- 
men der  Sprache,  an  den  Lauten,  und  da  diese  aus  einer  schwierigem 
Organenslellung  in  eine  leichtere  ebenso  gesetzmäszig  vor  sich  gehen, 
wie  all  und  jede  Veränderung  in  der  Natur,  so  nennt  man  dieselben 
einfach  Lautgesetze.  Doch  der  Verlauf  der  Lautgesetze  in  einer  Spra- 
che zeigt  uns  dieselben  nur  in  ihrer  zeitlichen  Aufeinanderfolge,  ge- 
wissermaszen nur  in  ihrer  Längenausdehnung.   Zn  alledem  kommt  aber 


Grundziige  einer  laullich-geschiclill.  deulschen  Rochlschreibung.    531 

noch  ein  z\\eiles,  ebenso  wicliliges,  ja  noch  weiter  und  tiefer  greifen- 
des Moment,  neinlicli  die  Sj)raclidiirerenzicrMng. 

Färbung  nnd  Eigenartigkeit  der  Sprache,  wenigstens  hinsichtlich 
der  Laute,  ist  stets  abliiingig  und  bedingt  von  dem  vorwaltenden  Klima 
und  noch  mehr  von  der  Beschaireiiheit  des  Bodens.  Jemehr  sich  daher 
die  Anzahl  eines  primilivon  Volkslammes  mehrle,  erweiterte  und  sich 
local  trennte,  um  so  mehr  musten  lautliche  Verschiedenheilen  von  der 
ursprünglich  einheitlichen  Sprache  sich  kundgeben,  welche  aber  im  Laufe 
der  Zeit  sicii  immer  weiter  ausbildeten  und  dadurch  von  einander  abka- 
men. Diese  Verschiedenheiten ,  anfangs  nur  lautliche  Schattierungen 
und  dadurch  formelle  Abarlungen,  gestalten  mit  der  Zeit  sich  von 
Mundarten  zu  verschiednen  Sprachen.  Dieser  Differenziernngsprocess 
geht  aber  immer  weiter  und  beginnt  in  jeder  neuen  Abteilung  ebenso 
seine  Thatigkeit  wie  in  den  früheren,  so  dasz  mit  jedem  Jahrhunderle, 
wenn  wir  überhaupt  eine  Zahl  annehmen  wollen,  es  der  Sprachen  und 
in  jeder  Sprache  der  Mundarten  mehr  gibt,  so  dasz  die  zunehmende 
Teilung  einer  Sprache  fdglich  mit  einem  Familiengeschlechle  vergli- 
chen werden  kann  und  das  Bild  eines  Stammbaums  oder  Slamni- 
registers  ganz  adäquat  ist.  Dieser  Dilferenzierungsprocess  zeigt  uns 
nun  die  räumliche  Ausdehnung  oder  die  Breitenseite  der  Sprache. 

Aus  alledem  geht  aber  hervor  1)  dasz  die  Scheidung  von  Mund- 
art und  Sprache  nur  eine  von  Menschen  gesetzte,  nicht  in  der  Natur 
seihst  offen  sich  darbietende  ist;  dasz  wir  nicht  sagen  können,  bis 
liierher  reicht  der  ßegrilT  ^Mundart'  und  von  da  an  beginnt  der  der 
Sprache,  wie  wir  ebensowenig  von  einem  Menschen  nach  seiner  natür- 
lichen Entwickelung  sagen  können,  heule  ist  er  Knabe,  morgen  aber 
von  der  und  der  Minute  und  Secunde  an  ist  er  Jüngling  usw.,  da  in 
beiden  ein  Complex  von  Gesetzen  wallet,  die  zwar  alle  parallel  lau- 
fen, aber  deren  Entwickelungszeiten  ganz  verschiedene  sind,  sowie 
ihre  Schnelligkeiten,  mit  denen  sie  sich  gewissermaszen  vorwärts 
bewegen. 

2)  erkennen  wir,  dasz  in  der  Natur  durchaus  auch  nicht  die  ge- 
ringste Bevorzugung  einer  Sprache  vor  der  andern,  einer  Mundart 
vor  der  andern  gegeben  ist,  sondern  dasz  alle  gleichberechtigt  und 
gleich  bevorzugt  sind,  und  dasz  es  rein  von  menschlichen  Willkürlich- 
keiten abhängt,  die  eine  Sprache  der  andern  vorzuziehn  oder,  noch 
beschränkter  und  lächerlicher  ist,  auf  seine  Sprache  als  Schrift-  und 
Umgangssprache  eingebildet  zu  sein  und  die  Mundarten  als  roh,  grob 
und  häsziich  zu  verachten  und  sich  darüber  lustig  zu  machen.  Dasz  eine 
Sprache  vor  der  andern,  eine  Mundart  vor  der  andern  einen  Vorzug 
erhält  und  vielleicht  zu  mehr  oder  minderer  Alleinherschaft  gelangt, 
ist  nur  durch  die  socialen  und  politischen  Verhältnisse  bedingt,  ist 
aber  für  die  betreffende  Sprache  als  Nalurgebilde  durchaus  kein  Vor- 
teil, eher  das  Gegenteil.  Denn  dadurch,  dasz  eine  Sprache  oder  Mund- 
art staatliche  Überhoheit  bekommt,  wird  sie  auf  der  einen  Seite  viel- 
fach stereotypiert  oder  doch  aufgehalten,  wärend  sie  auf  der  andern 
Seite  durch  den  so  häufigen  Gebrauch  abgegriffen  und  abgenutzt  wird, 

34* 


532    Grnndzügo  einer  laullich-geschiclitl.  deutschen  Reclitschreibiing. 

und  so  ihr  Ansehen  thetier  genug  bezahlen  musz.  Doch  liegt  es  in 
der  Natur  der  Verhältnisse,  dasz  nicht  alle  Mundarten  einer  Sprache 
zur  Herschaft  gelangen  können. 

Wenrien  wir  nun  das  bisher  Gesagte  auf  einen  Zweig  des  Indo- 
germanischen, auf  das  Hochdeutsche,  an,  so  linden  wir  in  der  ältesten 
uns  zugänglichen  Periode  desselben,  in  dem  sogenannten  Althoch- 
deutsch, die  verschiedenen  Dialekte  in  gleicher  Berechtigung  und 
gleichmäsziger  Verwendung.  Anders  gestaltet  sich  dies  schon  im 
Mittelhochdeutschen,  wo  ein  Dialekt  als  der  maszgebende  und  domi- 
nierende erscheint;  noch  anders  werden  aber  die  Verhältnisse  beim 
Uebergang  in  das  Neuhochdeutsche,  dessen  Ursprung  und  Entstehung 
bis  jetzt  noch  nicht  vollständig  klar  ist.  Das  einfachste  und  geschicht- 
lich wie  logisch  bei  weitem  wahrscheinlichste  ist,  dasz  mit  dem 
Uebergang  der  Kaiserwürde  an  andere  Geschlechter  andere  Mundarten 
in  die  Höhe  kamen,  ohne  jedoch  die  vorhergehend- herschenden  voll- 
ständig überwinden  zu  können,  so  dasz  von  verschiednen  verschiednes 
in  eins  sich  schweiszte.  Auf  diese  Weise  wurde  aber  der  Enlwicke- 
lungsgang  gehemmt,  da  die  Sprache,  nicht  mehr  einheitlicher  Natur, 
zum  Teil  ein  Knnstgebilde  wurde.  Nehmen  wir  dazu  noch  die  reiszend 
schnell  um  sich  greifende  Abgeschliffeiiheit  und  damit  der  frühern 
Formen  Unversfandenheit,  so  ist  es  nicht  zu  verwundern,  wenn  die 
sonderbarsten  Störungen  und  Verwechselungen,  Misgriffe  und  Misver- 
sländnisse  mit  unterlaufen.  So  sehr  wir  nun  auch  vom  gesellschaftlich- 
staatlichen Standpunkte  diese  unsere  Umgangssprache  als  ein  groszes 
Glück,  als  einen  wahren  Segen  zu  betrachten  haben,  vom  sprachlichen 
Gesichtspunkte  aus  betrachtet,  steht  unsere  Umgangs-  und  Schrift- 
sprache an  Werth  unter  jeder  beliebigen  Mundart. 

Sowie  wir  nun  aber  gesehen  haben,  dasz  unsere  neuhochdeutsche 
Umgangssprache,  durchaus  überschätzt,  an  gar  mancherlei  Gebrechen 
lahmt  und  krankt,  ebenso  oder  nur  noch  um  vieles  schlimmer  ergeht 
es  unserer  neuhochdeutschen  Schrift,  der  man  im  Ernste  den  beiszen- 
den  Spottnamen  Orthographie  beigelegt  hat. 

Was  ist  Schrift  anders  oder  soll  anders  sein,  als  das  Portrait  der 
gesprochenen  Sprache?  Je  getreuer  daher  die  Schrift  die  Sprache 
nachbildet,  je  mehr  alle,  selbst  die  kleinern  Züge  in  der  Schrift  wie- 
dergegeben sind,  um  so  richtiger  ist  die  letztere  und  werden  beide 
so  gut  wie  congruent  sein.  Darüber,  dasz  die  Erfindung  der  Schrift 
eine  der  gewaltigsten  geistigen  Groszthaten  der  Menschheit  gewesen, 
und  darüber,  wie  die  verschiednen  Völker  des  Altertums  verschieden, 
meist  nur  annähernd,  entweder  als  Bilderschrift  wie  die  Aegypter  und 
Mexikaner,  oder  als  Bedeutungs-Sirichelschrift  wie  die  Chinesen,  oder 
als  Silbenschrift  wie  die  meisten  Völker  Asiens  ihre  Sprachen  für  das 
Auge  fixierten,  darüber  gehe  ich  selbstverständlich  stillschweigend 
hinweff.  Eine  Schrift,  wenn  sie  vollkommen  sein  soll,  musz  Laut- 
oder  Buchstabenschrift  sein  und  damit  drei  Momente  erfüllen,  nemlich : 
1)  ganz  naturgetreue  Wiedergabe  der  einzelnen  Laute ;  2)  die  Längen 
und  Kürzen  der  Vocale  und  3)  die  Betonung  in  sich  fassen.    Diese  drei 


Grundziiffe  einer  lautlich-geschiclill.  deutschen  Kechtschreibung.     533 


'o 


Punkte  hat  unter  den  uns  bekannteren  Alphabeten  die  griechische 
Schrift  bis  auf  die  Längenbezeichniing ,  in  der  sie  nicht  durchgreifend 
und  consequent  ist,  am  getreuesten  erfüllt. 

Sehen  wir  aber  von  2  und  3  ab,  den  ersten  Punkt  hat  bei  ihrer 
Entstehung  jede  Schrift  erfüllt,  nemlich  die  vollständige  und  dennoch 
einfache  Wiedergabe  der  Laute;  und  es  wäre  ja  auch,  gelinde  gesagt, 
zu  wunderlich  und  nur  modern,  eine  Sprache  anders  fixieren  zu  wol- 
len als  sie  gesprochen  wird.  Aber  Schrift  und  Sprache,  ursprünglich 
in  vollster  Uebereinstimmung,  verhalten  sich  wie  die  conservative  zur 
Fortschrittspartei.  Die  Schrift  bleibt,  wärend  die  Sprache  fortdauernd 
gesetzmäszigen  Veränderungen  unterworfen  ist,  und  der  Abstand 
zwischen  beiden  wächst  mit  dem  Alter  derselben  in  gleichem  Grade. 
Diese  progressive  Disharmonie  ist  jedoch  an  und  für  sich  kein  Uebel- 
stand.  Die  Schrift  wird  nemlich  durch  ihren  Stillstand  und  durch  das 
Fortschreiten  der  Sprache  aus  einer  Lautschrift  zu  einer  geschicht- 
lichen Schreibung,  welche  uns  nicht  den  heutigen  sondern  den  einsti- 
gen Stand  der  Aussprache  angibt.  Ja  solche  geschichtliche  Schrei- 
bungen können,  allerdings  zunächst  für  den  Sprachforscher  von  Fach 
und  durch  dessen  Ergebnisse  für  die  gesamte  Wissenschaft  überhaupt, 
von  erklecklichem  Nutzen  sein;  denn  sind  dem  Sprachforscher  von 
einer  lautlichen  Entwickelungsreihe  zwei  oder  drei  Punkte  gegeben, 
so  kann  er,  da  eben  die  Veränderungen  nicht  launenhaft,  sondern 
gesetzmäszig  sind,  die  ganze  Entwickelung  mathematisch  sicher  dar- 
legen. Solche  geschichtliche  Schreibungen  sind,  um  nur  die  aller- 
bekanntesten  Namen  anzuführen,  die  französische  und  die  englische 
Schrift.  Auch  unsere  neuhochdeutsche  Schreibung  ist  durchaus  nicht, 
wie  so  viele  glauben,  eine  Lautschrift;  aber  auch  nicht  durchweg  ge- 
schichtliche Schreibung,  sondern  eine  vielfach  verderbte  und  ver- 
pfuschte geschichtliche  Schrift.  Unsere  Orthographie,  wenn  man  ein- 
mal spottweise  diesen  Namen  gebrauchen  kann,  gemahnt  mich  an  einen 
durch  und  durch  corrumpierten  Codex,  dem  nur  durch  starke  Correc- 
turen  wieder  aufgeholfen  werden. kann. 

Haben  wir  schon  oben  gesehn,  wie  selbst  das  Neuhochdeutsche 
als  Sprache  durchaus  eine  nicht  naiurgemäsze  und  einheitliche  Ent- 
wickelung ist,  sondern  mehr  ein  Kunstgebilde,  so  finden  wir  geradezu 
der  Willkürlichkeiten,  der  groben  Verstösze  und  Lächerlichkeiten  in 
unsrer  jetzt  weder  lautlichen  noch  geschichtlichen  '^Orthographie'  die 
schwere  Menge. 

Im  Laufe  der  Zeit  werden,  wie  wir  oben  andeuteten,  aus  Be- 
quemlichkeitsrücksichten Laute  ganz  überflüssig,  werden  entweder 
gar  nicht  mehr  gesprochen  oder  verändern  sich  doch  wesentlich ,  so- 
wol  in  isolierter  Stellung,  als  auch,  und  das  vorzüglich,  in  Gruppie- 
rungen. Mehr  und  mehr  beeinflussen  sich  die  Laute,  die  Vocale  unter 
sich,  die  Consonanten  untereinander  und  Vocale  und  Consonanten 
auszerdem  noch  gegenseitig.  Dasz  nun  da,  wo  z.  B.  früher  ein  h 
zwischen  zwei  Vocalen  stand,  was  deshalb  ausgesprochen,  später 
aber,  als  der  zweite  Vocal   wegfiel,  nicht  mehr  gehört  wurde,  der 


534    Grundzüge  einer  lautlicli-gescliicliU/ deutschen  Rechtschreibung. 

erste  Vocal  durch  Ersatzdehnung  die  Zeilen  des  zweiten  Vocals  mit 
erhielt  und  dadurch  lang  wurde,  woran  aber  das  h  ganz  und  gar  un- 
schuhlig  war,  dies  gab  Veranlassung  zu  glauben,  h  verlängere  die  Sil- 
ben, und  man  setzte  es  beliebig  in  lang  gewordne  Silben  ein,  obne 
jedoch  consequent  und  durchgreifend  zu  verfahren.  Nicht  aber  diese 
und  andre  Verkehrtheiten,  die  man  in  die  Schrift  hereinbrachte,  sind  so 
anslöszig  als  es  die  ebenso  unwissende  wie  launenhafte  Halbheit  und 
Inconsequenz  ist,  welche  unsere  Schrift  so  entstellt  und  unnütz  und 
sinnlos  erschwert.  Ebenso  inconsequent  verfuhr  man  bei  Verlängerung 
der  Vocale,  was  ein  wesentliches  Merkmal  des  Neuhochdeutschen  im 
Gegensatz  zum  Mittelhochdeutschen  ist,  mit  deren  Doppelselzung  bei 
a,  o  und  e,  oder  bei  i  durch  Anfügung  eines  e,  was  ursprünglich  die 
erste  Steigerung  der  u-Reihe,  iu,  war,  und  späler  durch  Anähnlichung 


zu 


[ä.  *^),  i— *  ij"  j")   und  endlich  zu  i  /  J  \  wurde. 


Dasselbe  war  es  im  umgekehrten  Falle  mit  der  Kürze  und  Kür- 
zung eines  Vocals,  wenn  durch  Ausfall  eines  andern  Vocals  zwei  gleich- 
artige oder  doch  ähnliche  Consonanten  zusammenkamen,  wobei  man  in 
den  Wahn  gerieth,  Doppelconsonanz  verkürze  den  Vocal,  und  nun 
frischweg  an  einigen  Schocken  von  Wörtern  diese  neue  Weisheit  ex- 
perimentierte, ohne  aber  auch  hier  consequent  zu  sein.  Ja  man  gieng 
sogar  so  weit,  Doppelconsonanz  im  Auslaut  zu  lassen  oder  erst  sogar 
hinein  zu  verpllanzen,  und  um  dem  Nonsens  die  Krone  aufzusetzen  bei 
den  Dentalen,  mit  denen  man  dieses  Kunststück  am  meisten  ausführte, 
sogar  den  tönenden  Laut  (media)  mit  dem  tonlosen  zu  verbinden  (was 
am  Ende  zusammen  auszusprechen  geradezu  eine  physiologische  Un- 
möglichkeit ist),  dt  am  Ende  der  Worte  sogar  nach  vorausgegangnem 
langen  Vocale,  was  in  der  That  ein  non  plus  ultra  genannt  werden 
musz  (hat,  statt,  Stadt,  ßrodt).  —  Was  nun  den  Gebrauch  von  sz 
und  ss  und  s  anlangt,  so  brauche  ich  davon  gar  nicht  zu  sprechen, 
weil  dieser  Schaden  selbst  dem  blödesten  Auge  sichtbar  ist  und 
selbst  der  unkundigste  sich  wunder^id  fragen  niusz:  warum  steht  da 
das  eine  und  dort  das  andere,  wärend  der  kundige  oft  genug  be- 
kennen musz,  soll  geschichtlich  richtig  geschrieben  werden,  so  muslo 
in  diesem  Falle  'sz',  und  dort  'ss'  und  hier  's'  stehen,  nicht  aber 
umgekehrt. 

Wir  sind  zwar  in  Betreff  der  Consonanten  noch  lange  nicht  am 
Ende  und  könnten  noch  manchen  Punkt  mit  demselben  Rechte  zur 
Sprache  bringen;  doch  wollen  wir  noch  einiges  von  den  Voca'en  in 
Erinnerung  bringen,  um  dann  zu  iinserm  positiven  Teile  übergehen  zu 
können.  Auch  in  Betreff  der  Vocale  herscht  eine  babylonische  Ver- 
wirrung; denn,  ob  ein  Vocal  lang  sei,  weisz  man,  trotzdem  man  drei 
verschiedne  Zeichen  für  die  Länge  in  Anwendung  gebracht  hat,  doch 
in  den  meisten  Füllen  nicht,  und  dasselbe  nur  in  noch  ausgedehnterem 
Masze  ist  es  mit  der  Kürze  des  Vocals. 

Ein  wahrer  Proteus  ist  aber  das  'e',  denn  ob  dieses  e  oder  e  ist 
oder  a  oder  ä  oder  ob  es  gar  nicht  ausgesprochen   wird  oder  ob  es 


Gruiulzü^'e  einer  laullicli-geschichll.  ilculsclieii  Heohisclirüibnng.     535 


wie  a,  wie  es  sich  zu  liutideiimalen  liiidot,  aiisgesprochen  werden 
niusz:  das  alles  niusz  man  erst  wissen,  olie  man  es  aussprechen  kann. 
Man  vergleiche  nnr  die  zwei  ganz  identisch  gischnebnen  Wörter 
'Gehet'  nnd  'gehet'.  Welcher  g^eniale  Sohn  des  Ilinunels  oder  wel- 
cher geistige  Titan  vermöchte,  ohne  vorher  die  Aussprache  zu  kennen, 
mir  zu  sagen,  welciies  von  beiden  preces  nnd  welches  dafe  bedeute 
oder  umgekehrt,  wenn  er  die  Bedeutung  nicht  kennt,  wer  möchte  sich 

erkühnen,  das  unlösbare  Problem  zu  lösen,  welches  von  beiden  gebät 

oder  gäbät  ausgesprochen  werden  niüsze.  Oder  man  nehme  Wörter 
wie  Rain,  IJliein  und  rein  usw.  Dasz  solche  Unsinnigkeiten,  von  wis- 
sensciiaftlichen  Zwecken  wie  von  wissenschaftlichem  Standpunkte 
ganz  abgeselin  nnd  blos  die  Schule  und  das  praktische  Leben  ins  Auge 
fassend,  dem  Kinde  wie  dem  Lehrer  Mühe  und  Zeit,  Gedächtnis  und 
Anstrengung,  Worte  und  Geduld  kosten,  da  das  Kind  einfach  bei  jedem 
einzelnen  Worte  beim  Lesen  die  Aussprache  sowie  umgekehrt  beim 
Sprechen  die  Schreibung-  merken,  resp.  vom  Lehrer  sich  eintreiben 
lassen  niiisz,  und  dasz  dem  Kinde  dadurch  nicht  etwa  geschichtliche 
Satzungen  überliefert  werden,  sondern  vielfach  nur  Launenhaftigkeiten, 
Willkuriichkeiten  ,  Unsinn  und  I-(igen,  und  das  Kind  schon  in  seinem 
ersten  Unierrichte  verschrolien  gebildet  werden  musz,  nnr  um  der 
neuhochdeutschen  'Orthograpliie'  zu  enisprechen,  und  dasz  diese  Nas- 
sen von  Stunden,  die  auf  diesem  Wege  und  zu  diesem  geradezu  sinn- 
losen Zwecke  geopfert  werden,  entweder  dem  Kinde  und  dem  Lehrer 
geschenkt  oder  doch  zu  weit  nützliciierem  verwandt  werden  könnten; 
das  alles  leuchtet  von  selbst  jedem  unbefangenen  ein. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  dem  u.  Üb  a  oder  ü  zu  lesen  sei, 
das  wollen  wir  gar  nicht  in  Anschlag  bringen,  denn  das  sind  Mängel 
an  denen  die  samtlichen  Vocale  laborieren,  aber  ob  u  =  u  oder  ^=:  ü 
zu  lesen  sei,  das  musz  das  Kind  erst  durch  Erfahrung  lernen.  Denn 
schreiben  wir  einmal  Haut  und  Haute,  so  hat  ein  Kind  folgenden  Dop- 
pehvidersinn  zu  merken:  einmal  steht  a,  einmal  ä,  beidemale  aber  als 
a  auszusprechen,  dagegen  steht  beidemale  u,  aber  umgekehrt  als  im 
ersten  Falle,  ist  das  u  einmal  als  u,  das  andere  mal  als  ü  zu  lesen. 
Oder  nehme  ich  heute  und  häute,  so  ist  beides,  e  und  ä  als  a  zu  lesen 
und  u  beide  Male  als  ü  zu  sprechen. 

Rechnet  man  noch  dazu,  um  das  noch  beiläufig  zu  bemerken,  dasz 
die  deutschen  Kinder  für  Lesen  und  Schreiben  8  Alphabete  von  25 — 26 
Buchstaben  (4  deutsche  und  4  lateinische,  oder  auch  4  gedruckte  und 
4  geschriehne,  oder  auch  4  grosze  und  4  kleine)  zu  merken  haben, 
eine  Anzahl  um  die  sie  mancher  Gelehrte  andrer  Völker  beneidet,  so 
weisz  man  wahrlich  nicht,  soll  man  unsere  Kinder  wegen  dieser  mühe- 
vollen leeren  Gelehrsamkeit  bewundern  oder  vielmehr  bedauern. 

Wie  ist  aber  nun  zu  helfen?  Ich  sage:  auf  zwei  Weisen,  auf 
keine  Weise  und  doch  auf  eine  Weise. 

Dasz  diesem  Unwesen  mit  unserer  sogenannten  Orthographie  ein 
Ende  gemacht  werden  müsze,  darin   und  darüber  sind  alle  einig,  nur 


536    Grundzüge  einer  laullich-geschichtl.  deutschen  Rechtschreibung. 

in  der  Art  und  Weise,  sowie  in  dem  Masze,  in  welchem  zu  helfen  sei,  dif- 
feriert man.  Die  einen  wollen  die  Schreibung  wieder  zu  dem  gestalten, 
was  sie  eigentlich  sein  sollte,  zu  einer  historischen,  und  haben  dazu 
sehr  bereclitigle  und  anerkennenswerlhe  Gründe.  Durch  die  Bestre- 
bungen dieser  Leute  wird  ein  schöner  Einklang  der  geselzmäszigen 
FortentwickeUing  hervorgerufen,  und  ein  einigermaszen  in  die  Ge- 
schichte seiner  deutseben  Muttersprache  eingeweihter  würde  dann  so- 
fort an  jedem  Worte  dessen  Abstammung  und  Forlbildung  erkennen 
und  deren  weitern  Verlauf  verfolgen  und  angeben  können.  Wir  könn- 
ten uns  auf  diese  Weise  einer  ununterbrochnen  deutschen  Schreibung 
von  über  ein  Jahrtausend  rühmen,  was  doch  immerhin  ein  gutes  Stück- 
chen Zeit  ist.  Dies  ist  der  eine  Weg  zur  Abhülfe:  die  geschichtliche 
Schreibung.  Der  andre  Weg  wäre  die  lautliche  Schreibung:  ein  Weg, 
den  sobald  die  Sprachphysiologie  einigermaszen  aus  den  Kinderschu- 
hen herausgetreten  ist  und  ein  durchgreifendes  lautliches  System  ent- 
worfen hat,  fast  alle  europäische,  ja,  sagen  wir,  fast  alle  Völker  ein- 
schlagen müszen  und  werden,  und  wobei  wir  Deutschen  als  das  Volk 
der  Wissenschaft  und  der  Gelehrsamkeit  uns  rühmen  könnten,  auch 
hierin  Pioniere  gewesen  zu  sein.  Durch  eine  lautliche  Schreibung 
würde  sofort  bei  Hörung  eines  Wortes  jedes  Kind  und  jeder  unge- 
bildete selbst  wissen,  wie  er  das  betreffende  Wort  zu  schreiben  und 
umgekehrt  das  geschriebne  oder  gedruckte  zu  lesen  und  zu  sprechen 
habe:  wahrlich,  kein  geringer  Fortschritt  in  einer  Zeit,  wenn,  wo 
jede  Wissenschaft  bei  ihrer  über  die  Maszen  fortschreitenden  Grösze 
und  Tiefe  die  Methoden  sich  ihrer  zu  bemächtigen  einfacher,  d.  h. 
naturgemäsz  zu  machen  sucht,  wenn  auf  diese  Weise  der  Vor-  und 
Grundwissenschaft  aller  Wissenschaften,  dem  Lesen  und  Schreiben, 
mit  einem  Schlage  eine  so  einfache  Gestalt  gegeben  würde.  3Ian 
müste  staunen  über  die  Leichtigkeit,  mit  der  Kinder  und  Volk  dies 
begrilfen  und  sich  zu  eigen  machten,  und  über  die  viele  auf  diese 
Weise  ersparte  Zeit,  die  man  zur  Erholung  oder  zu  höheren  Dingen 
verwenden  könnte. 

Dies  sind  die  beiden  einzigen  Wege,  auf  denen  geholfen,  auf 
denen  sogar  glänzend  geholfen  werden  könnte,  wenn  sie  nur  durch- 
gängig ausführbar  und  wenn,  ausführbar,  praktisch  wären.  Die  ge- 
schichtliche Schreibung  ist  insofern  gar  nicht  möglich,  da  die  Sprache 
in  der  Zeit  des  Uebergangs  vom  Mittelhochdeutschen  zum  Neuhoch- 
deutschen nicht  einheitlicher  Natur  ist,  und  wo  in  der  Natur  kein  ge- 
setzmäsziger  Organismus  vorhanden  ist,  sondern  gewaltsame  Stö- 
rungen stattgefunden  haben,  läszt  sich  post  factum  die  Sache  nicht 
wegdisputieren  und  nicht  wegschreiben.  Und  gesetzt  auch,  es  gelänge 
vollständig  ohne  alle  Ausnahme  für  alle  Worte  die  organische  ge- 
schichtliche Schreibung  festzustellen,  was  hätte  man  damit  gewonnen? 
Für  die  Wissenschaft  unstreitig  viel,  doch  aber  immerhin  nicht  so 
viel,  als  man  es  sich  gewöhnlich  vorstellt,  für  den  praktischen  Ge- 
brauch indessen  unstreitig  wenig;  denn  die  ganze  Schreibung  wäre 
nur  für  den  verständlich  und  begreiflich,  der  Germanist  von  Fach  wäre. 


Grundzüge  einer  laiUlicli -gcschichll.  deulsclieu  Rechlsclireibuiig.  537 

Die  consequento  gescliiclUliche  Schreibung  wäre  rine  mit  vielem 
Aufwand  von  Mühe,  Zeit,  resp.  aucli  Geld  gefertigte  künsilicho  Hose, 
die  nur  den  Schein  einer  natürlichen  hat,  welcher  aber  der  Farben- 
schmelz, der  ßlütcnduft,  die  Frische,  überhaupt  das  Leben  abgebt, 
die  geschichtliche  Schreibung  wäre  ein  Kunstprodukt  ohne  Lebens- 
kraft in  sich. 

Kann  also  die  geschichtliche  Sciireibung  nicht  helfen ,  so  musz 
es  die  lautliche,  aber,  um  das  gleich  von  vorn  herein  zu  sagen,  trotz- 
dem so  viel  für  diese  spricht,  consequeiit  kann  sie  jetzt  doch  noch 
nicht  angewandt  werden.  Ist  zwar  auch  die  Schrift-  und  Umgangs- 
sprache nicht  an  die  Dialekte  gebunden,  -so  ist  sie  doch  mit  denselben 
eine  Verbindung  eingegangen  oder  vielmehr  hat  sich  mit  ihnen  ge- 
mischt und  mundartlich  gefärbt,  so  dasz  bei  einer  lautlichen  Schreibung 
so  viele  Eigentümlichkeiten,  das  heiszt  Verschiedenartigkeiten  zum 
Vorschein  kommen  würden,  dasz  an  eine  Einheit  nicht  zu  denken 
wäre.  Und  noch  mehr  wären  der  Verschiedenarligkeiten  zu  fürchten, 
weil  in  der  Sprache  verschiedene  Gesetze  auf  einmal  walten,  dieselben 
aber  in  der  Entwickelung  durchaus  nicht  gleichen  Schritt  halten,  so 
dasz,  vvärend  das  eine  Gesetz  zu  Ende  gelaufen  ist,  das  heiszt  dessen 
Produkte  zeitlich  scheinbar  stabil,  räumlich  gleichartig  geworden 
sind,  ein  anderes  noch  in  der  Entwickelung  begriffen  in  verschiednen 
Teilen  Deutschlands  ganz  verschiedne  Entwickelungs-  oder  Halt-  und 
Knotenpunkte  erreicht  hat.  So  werden  z.  ß.  die  Wörter,  in  denen 
ein  'c/i'  vorkommt,  wenn  ein  ^i'  oder  'e'  vorhergeht,  nicht  als  't/i' 
sondern  nur  als  '7'  gesprochen,  oder  folgt  's'  darauf,  als  'Ä',  also 
z.  B.  nicht  'Eiche'  sondern  'Aije',  nicht  'wachsen'  sondern  'waksen'; 
dagegen  'Buche,  Bauch,  Lauch' usw.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit  dem 
^g\  So  finden  wir  geschriebnes  '/r'',  um  einige  Beispiele  vom  zweiten 
Falle  zu  nehmen,  in  Norddeutschland  als  'ä'  gesprochen,  z.  B.  'Kind', 
in  Thüringen  und  Franken  dagegen  als  '/f/t',  also'Khind',  und  in 
Leipzig  als  'r/'  als  'Gind'.  Desgleichen  sehn  wir  im  Laufe  der  Zeit 
's'  in  s  {seil)  übergehn,  aber  so,  dasz  in  Norddeutschland  das  's' 
noch  überall  reines,  einfaches  's'  ist,  und  zwar  in  dem  Grade,  dasz 
es  vielfach  noch  auf  der  Stufe  des  Mittelhochdeutschen  steht,  in  Mit- 
teldeutschland das  's'  im  Anfange  zu  's/t'  oder  auch  zu  ^sch^  teilweise 
geschrieben,  als  'schnell,  Schwein'  usw.,  teilweise  auch  nur  gespro- 
chen, als  'sprechen  (:==  shprechen),  stehn'  usw.,  im  Inlaut  dagegen 
nie  als  'scA'  geschrieben,  wol  aber  in  der  gewöhnlichen  Umgangs- 
sprache nach  'r'  als  'sc/t'  gesprochen,  z.  B.  mir'sch  =  mir's,  Wurscht 
=  Wurst  usw.,  wärend  z.  ß.  in  Schwaben  's'  durchgängig  auch  im 
Inlaut  zu  'seil'  geworden  ist,  als  Bruschtkaschten  =  Brustkasten:  so 
dasz  also  der  Stand  der  einzelnen  Laute  in  den  einzelnen  Gegenden 
ein  ganz  verschiedener  ist.  Also  für  solclie  noch  nicht  zu  Ende  ge- 
laufene Gesetze  ist  auch  die  Lautschrift  nicht  anzuwenden. 

Was  bleibt  also  übrig,  wenn  weder  die  geschichtliche  noch  die 
lautliche  Schreibung,  die  einzig  möglichen  Wege  der  Besserung,  voll- 
ständig genügen  ?  Scheinbar  kein  Weg,  aber  in  Wahrheit  doch  ein  Weg. 


538    Grundziige  einer  laiillicli-geschichll.  deufschen  Rechtschreibung. 

Man  ist  iiemlich  dem  üebel  selir  verschieden  zu  Leibe  gegangen. 
Wärend  man  vom  wissenscliafllichen  Stanflpunkfe,  geschicbllich  wie 
lautlich,  Vüliständig  tabula  rasa  machte,  ist  man  von  Seiten  der  Praxis 
gegen  die  alt  gewordnen  Objekte  von  Widersinn  mit  einer  Pietät  ver- 
fahren, die  einer  bessern  Sache  würdig  und  werlh  gewesen  wäre. 
3Ian  verfuhr  mit  der  Schreibung  so,  als  vkenn  an  eine  Lehranstalt,  in 
der  seit  vielen  Jahren  der  Sclileiulrian  waltet,  zur  Probe  zwei  ver- 
schiedene Directoren  kämen,  und  der  eine  von  ihnen  erklärte,  selbst 
die  Schüler  in  den  hoheni  Klassen  müsten  wieder  von  vorn  anfangen, 
da  solche  Halbwissenheit  niciif  länger  geduldet  werden  könne,  der 
andere  dagegen,  ein  conservativer  und  neuerungsschener,  spräche  sich 
dahin  aus:  die  Schäden  der  Anstalt  bemerke  ich  wol  und  sehe  auch 
ein  dasz  sie  bedeutend  sind,  allein  da  trotzdem  viele  Schüler  dieser 
Anstalt  noch  bedeutende  Männer  geworden  sind,  so  musz  die  Einrich- 
tung immer  noch  eine  sehr  gute,  wenn  nicht  die  beste  sein,  und  wir 
lassen  es  daher  beim  Alten  bewenden.  Der  eine  thut  zu  viel,  der  an- 
dere zu  wenig;  ein  dritter  würde  dem  Uebelstand  nach  Kräften  sofort 
abhelfen  und  weil  alles  sich  nicht  sofort  beseitigen  läszt,  doch  dafür 
sorgen,  dasz  durch  Unterbau  und  anbahnende  Neuerungen  es  in  Zukunft 
anders  werden  nuisz.  Und  so  wollen  auch  wir  zu  verfahren  suchen. 
Wenn  man  will,  läszt  sich  mit  wenig  Mitteln  sehr  viel  thun,  sehr  viel 
verbessern  mit  wenigen  Veränderungen,  wobei  wir,  um  das  gleich  von 
vorn  herein  zu  bemerken  ,  weniger  den  Standpunkt  der  Wissenschaft 
als  den  der  Schule  und  demgemäsz  den  des  gewöhnlichen  Lebens  im 
Auge  haben,  so  jedoch,  dasz  gleichzeitig  sowol  der  Sprachforschung 
als  der  Sprachphysiologie  vollständig  Genüge  geschieht  und  Rechnung 
getragen  wird. 

Betrachten  wir  zuerst  den  Vocalismus.  Hier  liegt  der  Krebs- 
schaden darin,  dasz  kurze  und  lange  Vocale  in  der  Schrift  nicht  ge- 
schieden sind,  trotzdem  man  für  kurze  Vocale  oft,  aber  bei  weitem 
nicht  immer,  Doppelconsonanz  folgen  läszt,  und  für  lange  man  durch 
Doppelsetzung  des  Vocals,  Einschiebuug  eines  Vi'  oder  eines  'e',  aber 
ebenfalls  durchaus  nicht  durchgängig,  diesem  offenbaren  Uebelstande 
hat  abhelfen  wollen.  Aber  durch  diese  verschiednen  Quacksalbereien 
und  Halbkuren  ist  das  Uebel  nur  noch  gröszer  geworden.  Ganz  ein- 
fach liesze  sich  hier  dadurch  helfen,  dasz  man  erstens  naturgemäsz 
alle  kurzen  Vocale  einfach  schriebe  ohne  alle  weitere  Zugabe  von 
Doppelconsonanz,  wärend  man  über  die  Vocale,  wenn  sie  und  welche 
lang  sind  oder  lang  sein  sollen,  einen  Circumflex  oder  sonst  einen 
Accent  oder  Zeichen  schreibt  (statt  =  stat,  Saat,  saht  =  Sät,  sät), 
wie  wir  es,  abgesehn  vom  Griechischen,  im  Französischen,  sowie  im 
Allnordischen,  Gothischen,  AKhochdeutschen  und  Mittelhochdeutschen 
iinden  ;  durch  einen  Accent  sind  kurze  und  lange  Vocale  ferner  ge- 
schieden im  Ungarischen,  Lellischen  ,  Serbischen,  Walachischen  und 
Böhmischen,  um  von  den  örtlich  wie  zeitlich  weiter  entfernt  liegen- 
den als  Sanskrit,  Tamulisch  ,  Send,  Birmanisch,  Armenisch  usw.  gar 
nicht  reden  zu   wollen.    Auf  diese  Weise  werden  mit  einem  Striche 


Griindzügo  einer  lautlich -gescliiclill.  deulsclien  Heciilschreibung.  539 

vier  falsche  Wege  der  Kürzen-  und  Längenbezeichnnng  beseitigt,  und 
jedes  Kind  könnte  einfach  wissen,  welche  Silbe  kurz  oder  lang  ist, 
und  umgekehrt  wüste  jeder  noch  so  schlichte  Mann  beim  Sprechen 
wie  er  zu  schreiben  habe,  und  Schreibweisen,  eben  so  unsinnig  als 
schwer  oder,  wenn  auch  früher  richlig  doch  nicht  mehr  zeilgemäsz, 
würden  nicht  mehr  vorkommen,  wie:  statt,  Stadt;  saht  und  Saat; 
ruhte  und  Kuthe ;  VVaare,  wahr,  war  und  warum;  hohl  und  hol  oder 
mehr  und  Meer  usw.  Aber,  höre  ich  einwenden,  in  vielen  dieser  Falle 
ist  ja  das  h  ursprünglich  und  deshalb  ganz  richtig.  Ganz  einverstan- 
den, aber,  wenn  wir  alles  ursprüngliche  schreiben  wollten,  dann  ge- 
nügte nicht  einmal  die  Vollendetheit  des  Gothischen ,  sondern  dann 
miiste  man  noch  viele  Jahrtausende  hinauf  gehn,  bis  zu  dem  Punkte 
wo  die  Sprache  aulhört  sich  weiter  zu  bilden.  Warum  schreibt  man 
dann  nicht  mehr  bros,  Iilahhan,  hwer,  liwaz,  hlut  usw.,  sondern  Hoss, 
lachen,  wer,  was.  Laut  usw.  usw.?  Warum  schreibt  man  denn  in  sol- 
chen Fällen,  deren  Zahl  eine  betrachtliche  ist,  das  h  nicht  mehr? 
Ganz  einfach,  weil  man  es  nicht  mehr  spricht,  weil  man  es  nicht  mehr 
hört.  Und  wer  in  diesen  Wörtern  die  Schreibung  ohne  Ii  für  richtig 
findet,  der  kann  nicht  anders ,  wenn  er  consequent  sein  will,  als  in 
Wörtern  wie  'zehn,  seht'  usw.,  wo  das  h  wurzelhaft  ist,  das  A,  v\eil 
es  jetzt  ebenfalls  weder  gesprochen  noch  gehört  wird,  fallen  zu  las- 
sen, um  von  den  Wörtern,  wo  das  h  wie  in  'Zahn,  Hahn'  usw.  usw. 
hineinkuriert  ist,  ganz  und  gar  zu  schweigen.  Das  was  früher  recht 
und  erlaubt  war,  musz   es  auch  jetzt  sein. 

Sodann  liegt  ein  groszer  Misstand  in  der  verschiednen  Aussprache 
des  e,  einmal  als  e  und  dann  als  ü.  Meine  Ansicht  ist  die,  überall,  wo 
ä  ausgesprochen  wird,  auch  ä  zuschreiben;  es  ist  dieses  das  einfachste 
und  zweckmäszigste  Mittel.  Aber  kein  wissenschaftliches,  wird  man 
hier  mir  einwenden.  Ob  wissenschaftlicher  das  Einfache,  Natürliche 
und  Natiirgemäsze  ist  oder  das  Künstliche  und  Unwahre,  dafür  wird 
man  mir  erst  den  Beweis  zu  liefern  haben.  Ich  meinerseits  berufe 
mich  darauf:  warum  schreibt  man  denn  nicht:  Ber,  geberen,  rechen, 
Kefer,  demmern  usw.,  sondern:  Bär,  gebären ,  rächen ,  Käfer,  däm- 
mern usw.? 

Ferner  ist  noch  eine  dritte  Aussprache  des  e  =  o  in  den  Diph- 
thongen ei  und  eu  zu  tilgen  und  einfach  zu  schreiben  wie  ausgespro- 
chen wird  ai  und^öw.  Der  Diphthong  e- i  ist  jetzt  für  jeden,  der  nur 
die  Umgangssprache  und  keinen  Dialekt  spricht,  geradezu  unange- 
nehm, grob  und  bäurisch,  und  dennoch  wird  immer  noch  der  Glaube 
eingeprägt,  als  ob  die  Schreibung  ei  und  Aussprache  ai  identisch 
seien;  dasz  jedoch  dem  nicht  so  ist,  beweisen  die  vielen  Schreibun- 
gen mit  «2,  oder  kann  jemand  dennoch  einen  Unterschied  anheben  in 
der  Aussprache  von  'Main  und  mein;  Rain,  lihein  und  rein;  Haide  und 
Heide;  laichen  und  Leichen;  aichen,  eichen  und  eigen;  Laib  und  Leib; 
Hain  und  (Freund)  Hein;  Saite  und  Seile;  Waid,  Weide  und  Weite; 
Waise,  weise  und  weisze;  Bai  und  bei'?  Und  schreibt  man  in  zwan- 
zig Fällen  ohne  weiteren  und  triftigeren  Grund  ai  statt  e«,  so  kann 


510  Grundzüge  einer  lautlich -geschichtl.  deutschen  Rechtschreibung. 

man  das,  ja,  um  consequenl  zu  sein,  musz  man  das  auch  in  den  ander« 
zweihundert  Fällen. 

Eben  so  sprechen  wir  e«  durchaus  nicht  als  e-M,  wie  es  z.B.  im 
Ilaiicnisthen  der  Fall  ist,  sondern  =:=  aü.  eu  ist  wie  ie  aus  tu  her- 
vorgegangen und  beide  sind  durch  Anahnlicliung  nur  nach  verschied- 
nen  Seiten  entstanden.  Wärend  nun  i-e  durch  1-^  zu  i  wurde,  ward 
eu  durch  a-u  zu  a-n.  Wir  sprechen  zum  Beispiel  'Häute  ^  heute, 
(den)  Leuten  ^  läuten ,  Freude  =  Bräuten',  Hieran  schlieszt  sich 
die  Brechung  des  u  in  au ,  was  man  gemeiniglich  falsch  ü-u  zu 
schreiben  pflegt,  als  ob  man  bildete  Hä-ute  von  Haut;  daher  ist  auch 
das  u  zu  bestricheln,  nicht  aber  das  a,  also  'Haute'  und  nicht  'Häute'. 

Difliciler  ist  die  Frage  in  Betreff  der  Consonanten,  und  hier 
heiszt   es  Mitte  halten  zwischen  geschichtlicher  oder,  will  ich  sagen, 
herkömmlicher  Schrift  und   lautlicher  Schreibung.     Einiges  sollte  je- 
doch offenbar  geändert   werden.     Beginne  ich  mit  dem  ärgsten,  was 
allerdings  schon  bei   den  Vocalen  mit  b(;handelt  ist,  mit  der  Doppel- 
setzung der  Consonanten.     Vom  physiologischen  Standpunkt  aus  die 
Sache  beleuchtet,   sprechen  wir  jetzt   in  keinem  Falle  zwei  gleich- 
artige Consonanten  unmittelbar  hintereinander  aus.    Aber  das  Verhält- 
nis ist  anders,  je  nachdem  wir  es  mit  momentanen  (Verschlusz-)  lauten 
(g,  k,  kh;  d,  t,   Ih ;  b,  p,  ph)  zu  thun  haben  oder  mit  Dauerlauten 
(Spiranten,  Nasalen,    r- Lauten),    und   beide   Arten    von  Lauten  ver- 
hallen sich  wieder  anders  im  Inlaut  als  im  Auslaut.    Nehmen  wir  die 
Dauerlaule  zuerst,  so  sprechen  wir  vollständig  z.  B.  ein  zweites  s  oder 
/"usw.,  aber  von  den  drei  Zeilen,   die  jeder  Laut  zu  seiner  Hervor- 
bringung erfordert,  werden  vom  ersten  Laut  nur  die  zwei  ersten  und 
vom  zweiten  nur  die  zwei  letzten  in  Anwendung  gebracht,  also  nur  V«- 
So    im  Inlaut,  wenn    der  Dauerlaut  isoliert  steht;    auch   im  Auslaut 
ist  dies  möglich,  aber  es  wird  nur  in  den  allerseltensten  Fällen  in 
Anwendung  gebracht.    Anders  dagegen  bei   den  Momentanlauten,  wo 
wir  nie  zwei  Laute  gleicher  Gattung  hintereinander  aussprechen,  nicht 
einmal  im  Inlaut,  wo  dies  physiologisch  noch  möglich  ist;  aber  auch 
hier  wird  der  Verschlusz  des  einen  Lautes  so  lange  aufgehalten,  als 
Zeit  erforderlich  wäre,   um   die  zwei  gleichen  Laute  wirklich  hinter- 
einander auszusprechen.     Dasz  man  früher  in  den  betreffenden  Fällen 
die  zwei   Laute  jeden   für   sich  ausgesprochen   hat,  ist  keine  Frage, 
aber   nach  dem  oben  angedeuteten  Gesetz   der   zunehmenden  Muskel- 
ersparnis geschieht  dies   eben  heut  zu  Tage  nicht  mehr.    Die  beiden 
Laute  nebeneinander  auszusprechen  würde   unserm   Sprachorganismus 
viel  zu  schwer  und  kraftanslrengend  sein  und  jedem  Hörer  befremd- 
lich und  sonderbar  vorkommen.  Im  Auslaut  dagegen  zwei  gleiche  Laute 
auszusprechen  ohne  abzusetzen  ist  physiologisch  unmöglich  und  ab- 
gebrochen auszusprechen  für  unsere  Zeit  mehr  als  lächerlich,  zu  sagen 
z.  B.  stat-t,  was  nur  durch  die  Schreibung  von  dt  überboten  werden 
kann,  über  welchen,  geradezu  gesagt,  Unsinn  ich  gar  kein  Wort  ver- 
lieren mag;  es  fehlte  nur  noch,  dasz  man  gk  und  bp  schriebe.    Fasse 
ich  alles  zusammen,   so  geht  von  physiologischen  und  sprachwissen- 


Grundziigo  einer  lautlich-gcscliichll.  deutschen  Heclilschreibnng.    541 

scliaftliclien  Grundsälzen  gelcilet  und  den  Slandpnnkf  der  Schule  und 
des  gewühnliclien  Lebens  im  Auge  habend,  meine  Ansicht  dahin:  im 
Inlaut  vorhandene  Doppelconsonanz  sowol  der  Momentan-  als  Dauer- 
laute zu  belassen,  im  Auslaut  aber  stets  nur  einen  Laut  zu  schreiben. 
Im  Semitischen  werden  nie  zwei  gleiche  Consonanten  im  Auslaut  g-e- 
schrieben,  und  wenn  beide  noch  so  berechtigt  und  ursprünglich  sinrt; 
warum?  weil  jedes  unverdorbene  Gehör  fühlen  musle,  dasz  auslautend 
nie  zwei  gleiche  Consonanten  gehört  werden;  desgleichen  im  Sanskrit 
und  Griechischen,  welches  letztere  den  Verlust  des  einen  Consonanten 
gewöhnlich  durch  Ersatzdehnung  des  vorhergehenden  Vocals  aus- 
gleicht (z.  B.  Stamm  evyeveg,  Nom.  (eig.)  svyeviaa  wird  svyevtjg. 

Und  ist  es  etwa  im  Lateinischen  fel(l),  fellis ,  mel(l),  mellis, 
os(s),  ossis  usw.  anders?  Oder  ist  es  etwa  anders  im  Althochdeut- 
schen, wenn  wir  haben  pitlu,  pat,  ezzan,  iz ,  luis,  kusses ,  swimman, 
swam,  scellan,  scal  usw.,  und  im  Mittelhochdeutschen,  wenn  da  ge- 
schrieben wird  val,  valles,  svam,  svammes  usw.?  Diese  Doppel- 
consonanz am  Ende  haben  wir  blos  ignoranter  Weisheit  zu  verdanken, 
und  wir  haben  lautlich  und  geschichtlich  wie  praktisch  das  gröszie 
Recht,  diesen  Unralh  und  Unsinn  mit  Stumpf  und  Stil  sofort  aus  un- 
serer Schrift  wieder  hinauszufegen. 

Wenn  nun  jemand  sagen  sollte:  gut;  zugegeben  im  Auslaut  steht 
nur  ein  Consonant ;  was  machst  du  denn  aber  mit  Wörtern,  die  wir 
jetzt  mit  dt  schreiben,  soll  da  Slad  oder  Stat  geschrieben  werden? 
Darauf  gibt  es  nur  eine  Antwort,  weil  sprachlich  wie  geschichtlicli 
nur  die  tenuis  das  einzig  richtige  ist.  Ursprünglich  hat  im  Auslaut 
sovvol  media  wie  tenuis  gestanden.  Die  media  kann  aber  für  die  Dauer 
nicht  stehn  ,  und  dem  Vernichtungsprocess,  der  am  meisten  auf  das 
Ende  der  Wörter  hereindrängt,  gehörigen  Widerstand  leisten;  sie  fällt 
daher  ab  oder  wird  tenuis.  Diejenigen  Sprachen,  welche  media  aus- 
lauten lieszen,  verloren  bald  nicht  allein  die  media,  sondern  auszer- 
dem  noch  vieles,  was  mit  der  media  im  Auslaut  verbunden  war,  wie 
wir  dies  im  Slavischen,  Litauischen,  Gothischen  und  teilweise  auch  im 
Griechischen  sehn.  Es  musle  dies  so  kommen,  gerade  so  wie  wenn 
ein  auf  dem  Rückzuge  begriffnes,  vom  Feinde  hart  gedrängtes  Heer, 
wenn  es  Rekruten  in  die  Nachhut,  also  an  den  schwierigsten  Posten 
stellte,  nicht  allein  die  Nachhut,  sondern  alles,  was  mit  derselben  in 
Verbindung  steht,  verlieren  würde;  oder  dasselbe  wäre,  wenn  jemand 
sein  Haus  statt  mit  harten  Ziegeln  mit  weicher  Pappe  decken  wollte. 

Die  tenuis  ans  Ende  setzen  dagegen  Sanskrit,  Lateinisch  (rec-s   für 

reg-s,  lec-s  für  leg-s,  in  welchen  Fällen  allerdings  das  s  mit  hilft, 
die  einzigen  scheinbaren  Ausnahmen  sed,  ad,  band  bieten  jetzt  die 
besten  Ausgaben  nach  den  Handschriften  mit  tenuis:  oder  die  media 
fällt  aus,  igni  für  ignid  usw.).  Am  consequentesten  setzen  aber 
tenuis  ans  Ende  Althochdeutsch  und  Miflelhochdeulsch,  z.  B.  balc 
aberbalges;  gib  e,  gä  ben,  geben   abergap;   scheide  aber  schie  t. 


542    Gnindzüge  einer  lautlich -geschiclill.  deutschen  Rechtschreibung, 

Also  physiologisch  wie  geschichtlich  ist  auslaufend  nur  die  tenuis  ge- 
reclilferligt,  und  praktisch,  sollte  ich  meinen,  wäre  dieser  Grundsalz 
doch  auch. 

Damit  hängt  aber  ein  anderer  Fall  zusammen,  für  den  ich  eben- 
fal's  sovvol  die  PhysioloiJie  als  auch,  was  eigentlich  durch  das  erste 
.celbstverständlich  ist,  geschichtlich  die  Schreibungen  in  den  verschied- 

nen  Sprachen  für  mich  habe.   Kommen  nemlich  ,  ]  +  tenuis  zu- 

»  aspirata(    ' 

sammen,  so  geht  allemal  der  schwieriger  auszusprechende  Laut,  d.  h.  die 

media  oder  aspirata,  in  den  leichter  hervorzubringenden,  in  die  tenuis, 

über,  wenn  nicht  eine   noch    gröszere  Bequemlichkeit   eintritt,  dasz 

nemlich  der  erste  Momentanlaut  in  den  gleichen  Dauerlaut  übergeht, 

Avie  wir  dies  in  den  deutschen  Sprachen  hnben.    Für  den  ersten  Fall, 

für  den  ich  noch  einige  andere  Sprachen  eitleren  könnte,  will  ich  nur 

einige   Beispiele    aus    dem   Griechischen    und   Lateinischen    anführen. 

Griechisch  wird  uy-aco  zu  ax-aco.  öe'/^-öoiiki  zu  öen-aoucci,  xQiß-aay 

zu  XQln-a(o,  yQucp-aa  zu  yqaTt-aa;  oder  lateinisch   reg-si  zu  rec-si, 

X 

trah-si  zu  trac-si,  lab-sus  zu  lap-sus,  leg-tus  zu  lecfus,  ag-tus  zu  actus 
usw.  usw.  So  sagen  wir  auch  im  Deutschen  nie  Muibsch'  sondern 
stets  Miüpsch',  nie  Mobst'  sondern  Mopst',  nicht  'Dach-se,  Füch-se, 
wach-sen'  sondern  'Dakse,  Fükse,  waksen'  usw.  usw. 

Ferner  was  in  der  jetzigen  Schreibung  viel  Pein  verursacht  und 
was  in  unserer  Sprache  rein  überflüssig  geworden  ist,  das  ist  das  sz. 
Ich  weisz  recht  wol,  dasz  sz  und  ss  ganz  verschiednen  Ursprung  ha- 
ben und  dasz  das  erste,  ursprünglich  aspirata,  erst  allmählich  zur 
spirante  geworden  ist,  ähnlich  dem  englischen  tb,  nur  dasz  hier  so- 
gar noch  aspirata  geschrieben  wird.  Aber  als  die  aspirata  völlig 
zur  Spirante  oder  will  ich  sagen  durch  das  englische  th  (arabisch 
und  persisch  viJ,  altnordisch  |)  und  d,  neugriechisch  &  und  ö  usw.) 
hindurch  war,  ist  sie  völlig  s  geworden  und  hat  damit  ihre  besondere 
Function  und  Mission  erfüllt  und  zu  sein  aufgehört.  Es  gehört  nur 
noch  der  Vergangenheit,  also  wissenschaftlichen  Forschungen  und 
Untersuchungen,  nicht  mehr  aber  der  lebenden  Sprache,  oder  was  das- 
selbe sagen  will,  der  Schrift  an. 

sz  musz  fallen;  und  dieser  Salz  ist  wissenschalllicb  vollständig 
gerechtfertigt  und  für  das  praktische  Leben  nur  richtig,  einfach  und 
zweckmäszig;  man  setzt  dafür  'f  oder  wo  es  im  Inlaut  die  Umstände 
fordern  M'f,  und  da  für  inlautendes  und  auslautendes  s  einmal  zwei 
Laulfiguren  vorhanden  sind,  schreibe  mau  inlautend  ^V  resp.  'ff,  aus- 
lautend aber  nur  's'. 

Das  sind  die  wichtigsten  Veränderungen,  die  in  unserer  neuhoch- 
deutschen Schreibung  vorznnehmeu  wären.  Alles  folgende  ist  von 
minderer  Bedeutung.  Im  Nenhochdenischen  haben  wir  keine  Aspiraten 
mehr,  unsere  ursprünglichen  Aspiraten   sind  längst  zu  Spiranten  ge- 


Grundzüge  einer  laiUlioli-gescliichll.  denLscIien  Heclilscliroibiing    543 

Avorden,  und  dennoch  findet  nion  noch  in  einigen  Wörtern  Ih  und  in 
Fremdwörtern  sogar  ph,  uas  als  Aspirate  auszusprechen  schon  seil 
Jahrhunderten  niemandem  nielir  eingefallen  ist.  Statt  Ih  ist  blos  t  zu 
schreiben  und  statt  ph ,  obwol  das  Gesetz  der  abnehmenden  Muskel- 
thäligkeit  es  meist  schon  bis  zu  '^f  hat  herabsinken  lassen,  pf  zu 
schreiben,  wenn  man  nicht  'f  nehmen  will. 

Dann  ist  noch  T  und  W  ganz  gleichlautend  und  gleichbedeutend: 
beides  sind  die  tonlosen  Labialspiranten,  im  Gegensatz  zu  deren  tönen- 
den Spirante  'w';  also  eins  von  beiden,  f  oder  v,  ist  überflüssig.  Da 
jedoch  V  nur  in  verhiiltnismäszig  wenigen  ^^'örtcrn  sich  findet,  so 
könnte  man  auch  diesen  Ueberflusz  beibehalten. 

Noch  könnte  man  reden,  ob  man  die  groszen  Buchstaben  bei- 
behalten, ob  man  sich  fernerhin  nur  des  lateinischen  Alphabets  bedie- 
nen möchte  und  wie  gut  es  wäre,  wenn  man  auch  im  Neuhochdeutschen 
Accente  einführte;  doch  darüber  als  über  zu  weit  entfernt  liegendes 
wollen  wir  jetzt  lieber  ganz  schweigen. 

Fassen  wir  nun  alles  positive  zusammen,  so  gehn  unsere  Ansich- 
ten dahin : 

1)  Die  langen  Vocale  werden  von  den  kurzen  durch  einen  darüber 
gesetzten  Circumflex  kenntlich  gemacht;  dadurch  fällt  die  Doppelsetznng 
der  Vocale  und  die  vermeintliche  Verlängerung  eines  Vocals  durch  h 
oder  durch  e. 

2)  Jeder  Vocal  ohne  weitere  Bezeichnung  ist  kurz  zu  lesen  und 
dadurch  fällt  die  oft  eingebildete  Kürzung  eines  Vocals  durch  nach- 
folgende Doppelconsonanz. 

3)  Die  verschiedene  Aussprache  von  e  als  e  oder  als  ä  be*'ef- 
fend,  wird  e  stets  ä  auch  geschrieben,  wo  es  gesprochen  wird. 

4)  ist,  da  nicht  mehr  e-j,  sondern  stets  ai  gesproche-'  wird, 
auch  stets  ai  zu  schreiben. 

5)  Dasselbe  findet  statt  bei  ew,  was  jetzt  aü  gesprochen  wird, 
demgemäsz  auch  die  Schreibung  der  Aussprache  sicl^  anzubeque- 
men hat. 

6)  findet  bei  der  Brechung  von  au  nicht  eine  Brechung  des  fl, 
sondern  des  u  statt,  also  auch  nicht  mehr  unrichl-'g  zu  schreiben  öw, 
sondern  richtig  aü. 

7)  steht  im  Inlaut  Doppelconsonanz ,  we/in  derselbe  Laut  die 
eine  Silbe  schlieszt  und  die  folgende  beginnt;  ist  dies  nicht  der  Fall, 
so  steht  im  Inlaut  oder  am  Silbenschlusz  und  im  Auslaut  nur  ein  Con- 
sonant,  und  im  letztern  Fall  stets  die  tenuis. 

8)  Vor  den  tenues,  das  heiszt  vorzüglich  vor  /,  s  und  sc/«,  ist 
eine  unmittelbar  vorhergehende  media  stets  in  die  tenuis  zu  verwan- 
deln; vor  s  und  seh  in  einheitlichen,  unzusammengesetzten  V^'örtern 
auch  die  spirante  ch  in  k  umzuschreiben. 

9)  sz  ist  jetzt,  da  die  Denfalaspirafe  längst  zur  Spirante  geworden 
ist,  identisch  mit  ^f,  daher  sz  zu  streichen  und  an  Wort-  wie  Silben- 
anfang M',  an  Silben-  und  V^'orlschliisz  's'  zu  schreiben. 

10)  hat  Neuhochdeutsch  kein  th  melir,  sondern  nur  (J  und)  /; 


544  Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichlungen. 

eine  neue  Laulverschiebung  mit  rf,  t  und  th  ist  wol  zu  bemerken,  aber 
noch  lange,  lange  nicht  durchgedrungen  und  abgeschlossen. 

11)  ist  ph  in  Fremdwörtern  länofst  a's  pf  gesprochen  worden, 
wird  jetzt  sogar  meist  als  f  gesprochen,  daher  wenn  nicht  /",  mindestens 
als  pf  zu  schreiben  und  nicht  mehr  fälschlich  als  ph. 

12)  Ist  von /"  und  »  eins  überflüssig,  weshalb  letzteres  gestrichen 
werden  könnte. 

Leipzig,  K.  Hoß'mann. 


18. 

Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichtungen. 


Auf  der  Hamburger  Philologenversammlung  im  Jahre  1855  legte 
der  Herr  Geh.  R. -R.Wiese  der  pädagogischen  Section  die  Frage  vor, 
*wie  das  Programmeninstifut ,  welches  eine  allgemein  deutsche  Ange- 
legenheit geworden  sei ,  am  nützlichsten  gemacht  werden  könne.' 
Kürze  der  Zeit  verhinderte  damals  eine  ausführlichere  Behandlung  der 
Frage;  es  konnte  von  dem  Thesensteller  nur  noch  eine  falsche  Auf- 
fassung reclificiert  werden,  im  itbrigen  aber  muste  die  wichtige  Sache 
einer  Discussion  in  den  Zeitschriften  überlassen  bleiben.  Kurz  nach 
der  Hamburger  Versammlung  veröffentlichte  denn  auch  Herr  Professor 
Dietsch  in  diesen  Jahrbüchern  für  1855  S.  585  ff.  einen  Aufsatz,  in 
^'elchem  er  den  Gegenstand  nach  verschiednen  Seiten  beleuchtete  und 
schÄeszlich  eine  Reihe  von  Sätzen  aufstellte,  die  gewis  sämtlich  die 
Aneriennung  eines  jeden  gefunden  haben ,  welcher  einer  Einrichtung 
Aufmeiksamkeit  zu  schenken  gewohnt  ist,  die  von  gröstem  Segen  sein 
kann  nn(.  ggwis  auch  ist.  Seit  dieser  Zeit  ist  jedoch,  so  weit  ich  zu 
iibersehn  \«rmag,  die  Frage  nicht  mehr  ölTentlich  besprochen  worden, 
es  verlohnt  :ich  daher  wol  der  Mühe,  jetzt  nach  einem  Zeitraum  von 
mehr  als  6  Jal.-en  die  Aufmerksamkeit  des  Lehrerstandes  wieder  auf 
dieselbe  zu  lenUan,  die  an  unsern  Schulschriften  gemachten  Bemer- 
kungen vorzulegen  und  den  Wünschen  Ausdruck  zu  geben,  welche 
sich  bei  sorgfälliger  ?rogrammenlektüre  aufdrängten.  Ich  werde  mich 
dabei  möglichst  darauf 'oeschränken ,  unsere  Programme,  wie  sie  jetzt 
sind,  im  einzelnen  kurz  zu  betrachten  und  hin  und  wieder  Aen- 
derungsvorschläge  anzufügen;  im  übrigen  sei,  was  das  allgemeine 
angeht,  jeder  auf  die  trelTliche  Abhandlung  von  Dietsch  verwiesen, 
mit  dessen  Grundanschauungen  ich  im  wesentlichen  übereinstimme. 
Dort  ist  auch  das  historische  über  die  Zeit  vor  1824  hinreichend  erör- 
tert.*) Zuvor  sei  noch  bemerkt,  dasz  ich  der  Vollständigkeit  wegen 
auch  die  von  Dietsch  im  einzelnen  bosprochnen  Punkte  nicht  übergehn 
konnte;  dasz  ich  aber  im  folgenden  besonders  auf  die  Schulschriften 
der  preuszischen  Anstalten  Rücksicht  nehmen  werde,  hat  seinen  Grund 


")  S.  auch  die  Bemerkungen  von  Rüdiger,  Jahrb.  1856  S.  307. 


Zur  Beurteilung-  unserer  rrogrammeneinrichlungen.  545 

d.irin,  dasz  die  betrelTenden  RegiminalverFügungen  anderer  deutschen 
Länder  zu  schwer  zugänglich  waren;  zudem  sind  ja  auch  die  preuszi- 
schen  Einrichtungen  bei  einer  ganzen  Heihe  von  lileinern  Staaten  ohne 
wesentliche  Abweichung  angenommen  worden. 

I.  Die  Abhandlungen. 
Die  Ausgabe  eines  Programms  zum  Jahresschlusz  wurde  von  dem 
preuszischen  Unterrichtsministerium  als  allgemein  verbindliche  Norm 
zuerst  festgesetzt  durch  die  bekannte  Circularverfügung  vom  23.  Au- 
gust 1824*),  welche  über  den  Inhalt  dieser  Schulschriften  folgendes 
aufstellt:  'Das  Programm  soll  bestehn  a)  aus  einer  Abhandlung  über 
einen  wissenschaftlichen,  dem  Berufe  eines  Schulmanns  nicht  fremden, 
ein  allgemeines  Interesse,  mindestens  der  gebildeten 
Stände,  am  öffentlichen  Unterricht  im  allgemeinen  oder 
an  den  Gymnasien  insonderheit  erweckenden  Gegen- 
stand, dessen  Wahl  innerhalb  dieser  Grenzen  dem  Verfasser 
überlassen  bleibt;  auch  soll  es  gestattet  sein  statt  der  eben  gedachten 
Abhandlung  eine  in  dem  belreffenden  Gymnasium  schon  gehaltene  Rede 
in  dem  Programm  abdrucken  zu  lassen,  wenn  dieselbe  jenem  Zwecke 
entspricht  oder  durch  innern  Werth  sich  besonders  aus- 
zeichnet.' 'Die  Abhandlung  soll  abwechselnd  das  eine  Jahr  in 
lateinischer,  das  andere  in  deutscher  Sprache  geschrieben  werden, 
und  nicht  blos  dem  Director,  sondern  auch  den  sämtlichen  Oberlehrern 
soll  nach  bestimmter  Reihenfolge  die  Verpflichtung  dazu  obliegen.' 
Die  in  diesem  Passus  bestimmten  Grenzen  in  ßelreff  des  Inhalts  zeig- 
ten sich  bald  als  zu  eng  gezogen;  auf  die  Hamannschen  Vorschläge 
erfolgte  eine  Jlinisterialverfiigung  (1827),  welche  gestattete  dasz  'auch 
von  Zeit  zu  Zeit  Abrisse  einzelner  Disciplinen,  die  in  den  Gymnasien 
auf  den  verschiednen  Bildungsstufen  gelehrt  werden,  abgedruckt 
werden  dürfen.'  Doch  wird  hinzugefügt,  dasz  'dergleichen  Abrisse 
stets  etwas  eigentümliches  enthalten  müszen  und  nicht  aus  einer 
bloszen  Compilation  oder  einem  bloszen  Auszuge  aus 
bereits  vorhandenen  Schulbüchern  bestehn  dürfen.'  Eine 
Verfügung  vom  Jahre  1837  verbietet  dann,  wie  es  scheint  in  Folge 
des  Lor  ins  ersehen  Streites,  'alle  einseitige,  das  richtige  Urteil  über 
bestehende  Schuleinrichtungen  verwirrende,  oft  sogar  persönliche  Po- 
lemik' in  den  Abhandlungen.  Am  wichtigsten  für  die  Beurteilung  der 
die  Schulbehörden  leitenden  Anschauung  ist  die  Verfügung  von  1843, 
welche  gestattet  dasz  auch  'andere  als  Oberlehrer  die  Abhandlung 
schreiben  dürfen,  wenn  von  denselben  rnit  voller  Sicherheit  erwartet 
werden  kann,  dasz  ihre  Arbeit,  der  Bestimmung  dieser 
Schulschriften  gemäsz,  von  dem  wissenschaftlichen 
Geiste  und  dem  gesamten  Streben  der  Anstalt  in  ange- 
messener Weise  Zeugnis  ablegen  werde.'  Im  Sinne  dieser 
Verfügung  ist  dann  auch  ein  Erlasz  des  Ministeriums  vom  29.  Juni 


*)  S.  Archiv  für  Philol.  u.  Pädag.  1825  S.  174  ff. 
N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  II.  Abt.  1S61.  Hft  11  u.  12.  35 


546  Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichtungen. 

1848,  in  welchem  der  Antrag  eines  Piovinzialschulcollegiums  auf  Weg- 
lassung der  Abhandlung  zurückgewiesen  wird  und  welcher  als  ersten 
Grund  dafür  ^den  nachteiligen  Einflusz  auf  den  wissen- 
schaftlichen  Sinn  der  Gymnasiallehrer'  anführt. 

Dies  sind  die  hauptsächlichsten  allgemeinen  Bestimmungen  unse- 
res Schulregiments  über  die  Abhandlungen,  mit  denen  wir  uns  zunächst 
zu  beschäftigen  haben.  Die  Absicht,  welche  bei  der  allgemeinen 
Einrichtung  maszgebend  gewesen  ist,  wird  ganz  bestimmt  dahin  for- 
muliert, dasz  Zeugnis  abgelegt  werden  solle  von  dem  wissenschaft- 
lichen Geiste  des  Gymnasiums,  d.  h.  also  in  den  meisten  Fällen  der 
einzelnen  Lehrer.  Aber  wem?  etwa  der  vorgesetzten  Behörde?  Dann 
würde  also  eine  Art  von  fortlaufender  indirecter  Prüfung  eingerichtet 
sein,  um  die  Regierungen  darüber  auf  dem  laufenden  zu  erhallen,  ob 
die  Gymnasiallehrer  auch  ordentlich  studieren;  und  dasz  man  an  etwas 
derartiges  gedacht  hat,  scheint  unter  anderem  auch  die  Bestimmung 
über  das  Lateinschreiben  anzudeuten.  Wir  fürchten  sehr,  die  Resultate 
dieser  Prüfung  würden  nicht  die  erfreulichsten,  aber  auch  namentlich 
nicht  die  richtigsten  werden,  aus  Gründen  die  wir  nachher  erörtern 
wollen.  Jedenfalls  thäten  die  Schulbehörden,  wenn  sie  sonst  keine 
Mittel  hätten  sich  über  das  wissenschaftliche  Streben  ihrer  Lehrer  zu 
unterrichten,  am  allerbesten,  auch  auf  dieses  Mittel  zur  Erwerbung 
derartiger  Kenntnis  ruhig  zu  verzichten.  Oder  soll  das  Zeugnis  abge- 
legt werden  vor  dem  Publicum  —  denn  auch  hieran  scheint  in  der 
Verfügung  von  1824  gedacht  zu  sein  —  oder  etwa  gar  den  Schülern 
gegenüber?  Nichts  könnte  verfehlter  erscheinen  als  dies.  Es  bedarf 
wol  kaum  des  Hinweises  darauf,  nicht  nur  wie  wenige  Stoffe  aus  dem 
Kreise  der  Schule  überhaupt  weitem  Kreisen  zugänglich  gemacht 
werden  können,  als  vor  allem  auf  die  Gefahr,  dasz  urteilsunfähigen 
gleichsam  eine  Aufforderung  in  die  Hand  gegeben  wird,  über  die 
Kenntnisse  der  Lehrer  abzuurteilen.  Und  wer  entsinnt  sich  nicht  noch 
aus  der  eignen  Schülerzeit,  wie  in  den  Programmen  besonders  der 
Jüngern  Lelirer  herumgestöbert  wurde,  um  irgend  etwas  merkwürdiges 
zu  entdecken,  wäre  es  auch  nur  ein  Schreib-  oder  Druckfehler,  und 
wie  dann  das  gefundene  mit  den  unausbleiblichen  Vergröszerungen 
ausposaunt  wurde.  Also  das  einzige  Forum,  wenn  es  sich  wirklich 
um  ein  'Zeugnisablegen' handelt,  das  sind  die  Fachgenossen ;  sie  allein 
werden,  wenn  auch  aus  einer  einzelnen  Arbeit  sich  kein  Schlusz  auf 
ein  ganzes  LeiirercoUegium  machen  läszt,  doch  aus  einer  Reihe  hinter- 
einanderfolgender  Arbeiten  den  Geist  der  Wissenschaftlichkeit  wol 
erkennen  können,  der  an  einer  Anstalt  weht;  ich  brauche  keinen  Na- 
men zu  nennen,  nm  auf  allbekannte  Schulen  hinzuweisen,  deren  Schul- 
schriften durch  Decennien  hindurch  Abhandlungen  enthalten  haben, 
welche  die  Wissenschaft  selbst  förderten  und  ihren  Verfassern  dauernde 
Anerkennung  sicherten.  Aber  es  ist  ja  leider  nur  zu  bekannt,  dasz  an 
Beispielen  entgegengesetzter  Art  auch  kein  Mangel  ist. 

Aber  ist  der  genannte  Gesichtspunkt  der  einzige  gewesen,  welcher 
bei  der  Anordnung  maszgebend  war?    Wie  der  Minister  v.  Laden- 


Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichlungen.  547 

berg  im  Jahre  1848  das  Wegfallen  der  Abhandlung  ablehnte  wegen 
des  Nachteils  für  den  wissenschaftlichen  Geist  der  Lehrer,  so  spricht 
sich  eine  offiziöse  Schrift  aus  einem  Nachbarstaat,  dessen  Gymnasien 
von  einem  allgemein  verehrten  und  auch  in  Preuszen  nicht  vergessenen 
Mann  geleilet  werden,  bestimmter  über  die  Einrichtung  so  aus*): 
'Mancher  Lehrer,  der  in  Gefahr  ist  neben  seiner  täglichen  Arbeit  das 
Weilerstudieren  gar  zu  sehr  zu  verabsäumen,  erhält  einen  neuen  An- 
trieb dazu,  wenn  die  Reihe  des  Programmschreibens  an  ihn  kommt.' 
Es  wird  also  statt  der  indirecten  Prüfung  von  vorn  herein  schon  eine 
directe  Nötigung  hingestellt;  so  gut  auch  die  Absicht  ist,  so  wenig 
läszt  sich  doch  auch  der  geringe  Erfolg  verkennen;  es  wird  uns  nie- 
mand widersprechen,  wenn  wir  das  Mittel  als  ein  mindestens  sehr 
zweifelhaftes,  ja  wol  gewis  wirkungsloses  bezeichnen.  Dasz  eine  so 
grosze  Anzahl  von  Programmabhandlungen  so  gar  geringen  Werth 
haben,  hat  ganz  sicherlich  seinen  hauptsächlichsten  Grund  in  dem  den 
Verfassern  aufgelegten  Zwange;  wer  nicht  in  sich  den  Wissensdrang 
hat,  der  ihn  zum  Weitersludieren  antreibt,  wird  gewis  nicht  durch 
irgend  ein  Nötigungsmittel  dazu  gebracht;  ist  es  doch  auch  gar  zu 
leicht,  ein  Paar  Bogen  ohne  viel  Kopfzerbrechen  zu  füllen;  im  schlimm- 
sten Falle  würde  ja  auch  eine  vor  Jahren  gehaltene  Rede  von  vielleicht 
sehr  zweifelhaftem  Werth  ausreichen  oder  eine  alte  Seminararbeit  von 
der  Universität  her  liesze  sich  zurechtstutzen  und  ähnliches  zur  Aus- 
hülfe gebrauchen. 

Aber  die  eben  citierte  Schrift  stellt  auch  noch  einen  andern, 
höhern  Gesichtspunkt  auf.  'Es  sind  nicht  alles  Goldkörner',  sagt  sie, 
'welche  bei  dieser  Gelegenheit  unter  die  Presse  kommen,  aber  es  sind 
doch  auch  Goldkörner  darunter,  die  sonst  vielleicht  nie  an  das  Tages- 
licht getreten  wären,  und  das  kundige  Auge  wird  sie  aus  der  Masse 
herauszufinden  wissen.  Und,  was  eine  Hauptsache  ist,  der  Lehrer,  der 
bei  seinen  bedeutenden  amtlichen  Geschäften  selten  Zeit  hat  eine  lit- 
terarische Arbeit  zu  unternehmen,  oder  der  einiger  treffender  Gedanken 
wegen  vielleicht  verleitet  worden  wäre  ein  Buch  zu  schreiben,  hat  im 
Programm  die  Gelegenheit,  eine  neue  Ansicht,  die  ihm  bei  der  Inter- 
pretation oder  bei  dem  geschichtlichen  oder  mathematischen  Unterricht 
oder  über  didaktische  und  pädagogische  Fragen  gekommen,  im  Pro- 
gramm in  einigen  Bogen  niederzulegen.'  Mit  diesen  Worten  gibt  der 
verehrte  Herr  Verfasser  jeden  Gedanken  an  irgend  eine  Art  von  Con- 
trole  oder  an  ein  künstliches  Schaffen  oder  Aufrechterhalten  eines 
wissenschaftlichen  Geistes,  der  sich  doch  nun  einmal  nicht  von  auszen 
her  schaffen  läszt,  auf;  er  stellt  sich  rein  auf  den  Boden,  welcher  der 
einzig  würdige  ist,  indem  er  durch  die  Einrichtung  die  Wissenschaft 
fördern  will.  Mag  man  die  Sache  auch  formulieren  wie  man  will, 
mag  man  noch  allerlei  Nebenzwecke  dabei  verfolgen,  es  wird  ganz 
gewis  nimmermehr  etwas  ersprieszliches  zu  Tage  gefördert  werden. 


*)  Das  höhere  Schulwesen    des  Königreichs  Hannover.     Hannover 
1855.  S.  72  f. 

35* 


548  Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichtungen. 

wenn  nicht  dieser  Gesichtspunkt  als  der  wesentliche  vor  allem  anderem 
im  Auge  gehalten  wird.  Die  Programme  sollen  und  müszen  an  ihrem 
Teil  dasselbe  leisten  wie  die  wissenschaftlichen  Zeitschriften,  sie  Kön- 
nen aber  oft  noch  mehr  leisten,  weil  durch  mancherlei  günstige  Ver- 
hältnisse in  denselben  allerlei  Gegenstände  besprochen  werden  kön- 
nen, welche  den  Zeilschriften  ferner  liegen  und  liegen  müszen.  Davon 
nachher  noch  ein  Wort;  jetzt  nur  eine  kurze  Umschau,  wie  die  jetzigen 
Programme  diese  ihre  Bestimmung  erfüllen. 

Jeder  Jahrgang   von   Programmen    bietet    uns  Stoff   genug  eine 
Uebersicht  über  die  Gebiete  zu  gewinnen,  welche  gewöhnlich  behan- 
delt zu  werden  pllegen,  jeder  Jahrgang  hinreichende  Proben  der  Be- 
handlungsweise.    Nicht  die  grösle,  aber  unstreitig  die  wichtigste  und 
werthvollste   Klasse  von   Abhandlungen    sind    die    philologischen   und 
namentlich  die  kritischen.     Die  Zahl   derselben  hat  in   den   letzten  10 
Jahren  in  einem  auffallenden  Masze  abgenommen,  es  sind  andere  Uich- 
tungen,  wie  es  scheint,  beliebter  geworden  ;  namentlich  erscheinen  jetzt 
Programme  pädagogischen    und   theologischen    Inhalts  weit    mehr  als 
früher,  aber  es  ist  gewis  wahr,  dasz  in  den  rein  philologischen  Ab- 
handlungen  noch    immer  am   meisten   von  den  'Goldkörnern'  steckt, 
welche  oben  erwähnt  wurden.    Aber  auch  bei  diesen  Arbeilen  ist  es 
auffallend,  wie  sehr  die  Zahl  der  lateinisch  geschriebenen  Programme 
sich   vermindert  hat,   wogegen  selbst  die  wiederholte  Erneuerung  der 
Vorschrift  des  Wechsels   von  Latein    und  Deutsch  wenig  auszurichten 
scheint.*)     Und  dabei  läszt  sich  auch  nicht  leugnen,  dasz  eine  leider 
nicht  geringe   Zahl   von  Programmen  nicht  gerade    den  Stempel   des 
bedeutenden  an  sich  trägt;  gar  manche  stammen  sichtbar  aus  früherer 
Zeit  und  sind  nur,  als  die  Notwendigkeit  drängte,  für  den  Druck  eben 
zurecht  gemacht,  ganz  ohne  Hücksicht,  ob  sie  auch  wol  des  Druckes 
werth  seien;   an  andern  ist  die  Eile  nicht   zu  verkennen,  mit  welcher 
sie  zur  vorgeschriebnen  Füllung  von  zwei  Bogen  gefertigt  sind,  selbst 
von  Lehrern,  denen  ihre  anderweitigen  Leislungen  einen  guten  Namen 
gesichert  haben,  die  aber  vielleicht  gerade  ganz  andere  Dinge  trieben 
und  deswcizen  die  Verpflichtung,  ein  Programm  zu  schreiben,  nur  als 
unwillkommene    Störung    betrachteten.     Dazu   kommt    nun    norh    die 
penuria    librorum,   die   in  Proviuzialstädten    sich  oft   so  fühlbar  und 
manche  Arbeit  fast  unmöglich  macht,  wenigstens  —  wie  R.  Enger 
in  diesen  Jahrbüchern  einmal  sehr  wahr  dargelegt  hat  —   gar  oft  als 
Entschuldigung  gebraucht  wird.  **) 

Aehnliches  gilt  von  den  historischen  Abhandlungen;  neben  einer 
guten  Anzahl  werthvoller  Monographien  —  und  Monographien  werden 


*)  Im  .Jahre  1859  lieszen  z.  B.  die  acht  evangelischen  Gymnasien 
in  Westphalen  kein  lateinisches  Programm  erscheinen,  die  zwölf  in 
Preuszen  nur  2;  1860  ist  unter  den  acht  westphälischen  1;  so  ähnlich 
aucli   in    andern    Provinzen.  **)    Manches    liesze    sich    wo!    bessern, 

wenn  die  gröszern  Bibliotheken  liberaler  im  Verleihen  nach  auszen  hin 
wären ;  man  begegnet  aber  gar  oft  den  absonderlichsten  Verweigerungen. 
Wolfenbüttel  könnte  allen  zum  Vorbild  dienen! 


Zur  Beiirleiliing  unserer  Programmeneinrichlungeii.  549 

ja  immer  der  rechte  StolF  sein,  besonders  aus  der  Schul-  und  Local- 
«jescliichle  —  linden  sich  nicht  wenige  Darstellungen  ganz  bekannter 
Zeilen  und  Dinge,  die  niclils  neues  bieten  und  meist  nicht  mehr  als 
Compilalionen  sind,  deren  Quellen  zu  linden  nicht  schwer  ist.  Nicht 
viel  anders  stellt  es  mit  den  andern  Disciplinen;  am  wenigsten  beachtet 
und  gelesen  werden  wol  im  allgemeinen  die  Abhandinnffen  über  päda- 
gogische und  didaktische  Fragen.  Und  in  der  That  hat  Die  t seh  auch 
wol  nur  zu  sehr  Hecht,  wenn  er  aus  diesen  'nicht  selten  eine  gewisse 
Disharmonie  mit  dem  Ganzen  der  Schule,  zuweilen  auch  eine  gewisse 
Einseiligkeit  und  Anmaszung'  heraustünen  bort  (a.  a.  0.  S.  59l);  aber 
auch  die  beste,  das  innigste  Verständnis  mit  dem  Collegium  bekun- 
dende Besprechung  oder  Darstellung  derartiger  Fragen  gehört  wol 
nicht  in  ein  Programm,  welches  man  Schülern  in  die  Hände  gibt;  ganz 
anders  malt  sich  doch  in  ihren  Köpfen  die  Welt  der  Schule,  als  in 
denen  ihrer  Lehrer;  würde  wol  ein  Arzt  einem  Patienten  eine  Dar- 
stellung seiner  Kranklieitsgeschichfe  zu  lesen  geben?  Es  gehört  das 
auch  mit  zu  der  Pietät,  die  wir  der  Jugend  schulden,  dasz  wir  sie 
nicht  vor  sich  selbst  darstellen,  vielleicht  gar  als  ein  Object  künst- 
licher Experimente,  mögen  diese  an  sich  auch  noch  so  gut  sein.  Und 
was  etwa  den  Eltern  gesagt  werden  soll,  das  sage  man  ihnen  lieber 
kurz  und  verständlich  unter  den  Schulnachrichten,  die  für  sie  bestimmt 
sind  und  die  sie  lesen,  aber  auch  nur  in  einer  Form,  die  eben  für  sie 
passt;  weitere  Erörterungen  aber  verweise  man,  wohin  sie  gehören, 
in  die  pädagogischen  Zeitscliriften. 

Noch  weniger  werden  wol  meist  geachtet  die  Reden  und  Gedichte, 
welche  nicht  selten  die  Programme  füllen  und  die  vielleicht  auch  an 
und  für  sich  ganz  gut  sind,  auch  zur  rechten  Zeit  am  rechten  Orte 
waren,  aber  in  einem  Programm  durchaus  nicht.  Es  werden  hier 
natürlich  nicht  die  Arbeiten  dieser  Art  gemeint,  welche  etwa  einen 
inonumenlalen  Werlh  haben  ,  die  also  in  die  Schulgeschichte  gehören, 
sondern  die  grosze  Zahl  der  bei  regelmäszig  wiederkehrenden  Ge- 
legenheiten gehaltnen  und  gedruckten  Beden,  unter  denen  die  Gold- 
körner  nicht  gerade  dicht  gesäet  sind  und  die  darum  auch  mehr  als 
alles  andere  dem  bene  vixit,  qui  bene  lotiiit  d.  h.  dem  ungestörten 
Verkommen  in  Bibliolhekstaub  anheimfallen.  Wie  stark  aber  die 
Neigung  verbreitet  ist,  Reden  abdrucken  zu  lassen,  mag  der  Umstand 
beweisen,  dasz  von  den  10  mir  gerade  vorliegenden  Programmen  eines 
einzigen  preuszischen  Regierungsbezirks  (1860)  nicht  weniger  als  5 
blos  Reden  enthalten.  Ist  da  wol  anzunehmen,  dasz  diese  Reden  alle 
durch  ihren  Innern  Werth  so  hervorragend  sind,  dasz  sie  des  Druckes 
werth  wären? —  Und  was  ist  sonst  noch  alles  in  den  Programmen  zu 
finden;  Vorreden,  Empfehlungen  und  Proben  von  Büchern,  die  erschei- 
nen sollen  oder  auch  schon  erschienen  sind,  fehlen  nicht,  ja  sogar 
Bibliothekskataloge*)  werden  verbreitet,  kurz  omnia  scibilia  et  non- 

*)  Ich  meine  natürlich  damit  nicht  .solche,  wie  das  vortreffliche 
Verzeichnis  der  IJonner  Handschriften  von  Dr  Klette,  dem  mau  viele 
Nachahmer  vvüuseheu  möchte. 


550  Zur  Beurteiinng  unserer  Programmeneinrichlungen. 

nuUa  alia  in  reichster  Fülle.  Müszen  doch  allein  in  Preuszen  jährlich 
weit  über  200  Programme  geschrieben  werden.  Und  was  ist  dann  das 
Los  dieser  Programme?  Die  noch  am  glücklichsten  sind,  kommen  in 
die  Bibliotheken,  um  dort  so  lange  zu  schlafen,  bis  nach  Jahren  ein- 
mal eins  aus  der  Menge  herausgesucht  wird  und  dabei  die  andern 
auch  etwas  von  der  Last  des  Slaubes  erleichtert  werden;  wo  die  Mehr- 
zahl der  übrigen  bleibt,  wollen  wir  lieber  nicht  untersuchen,  das  Re- 
sultat würde  zu  unerfreulich  sein;  freilich  ist  ja  das  bene  latere  ein 
Wunsch,  der  gar  vielen  dieser  Arbeiten  von  ihren  Verfassern,  ausge- 
sprochen oder  nicht,  mit  auf  den  Weg  gegeben  wird. 

Wie  ist  nun  da  zu  helfen?  auf  welche  Weise  kann  es  möglich 
gemacht  werden ,  dasz  eine  gröszere  Frucht  von  den  Programmein- 
richtungen erzielt  werde?  welche  Stoffe  sind  am  meisten  zu  empfehlen? 

Das  allererste,  was  wol  nicht  oft  genug  verlangt  werden  kann, 
ist  die  Aufhebung  des  Zwanges,  nicht  nur  für  die  einzelnen  Lehrer, 
sondern  auch  für  die  Anstalten;  nicht  weniger  Aufhebung  der  engen 
Grenzen  des  Umfangs.  Es  wird  manches  Collegium  geben,  welches  in 
seiner  Mitte  ein  oder  das  andere  Mitglied  hat,  das  durch  irgendwelche 
persönliche  Gründe  vielleicht  Jahre  lang  verhindert  worden  ist,  selb- 
ständige Studien  in  irgend  einem  Fach  zu  machen;  wir  wollen  diese 
möglichen  Gründe  hier  nicht  untersuchen,  bei  nicht  wenigen  Anstalten 
mögen  sie  auch  in  einer  Ueberbürdung  mit  den  drückendsten  Schul- 
arbeiten liegen,  gleichviel,  das  Factum  wird  niemand  bestreiten.  Nun 
kommt  die  Zeit  des  Programmschreibens,  was  kann  geleistet  werden? 
Einen  Collegen  bitten,  die  Leistung  zu  übernehmen,  dazu  entschlieszl 
man  sich  doch  nicht  gern;  man  will  sich  kein  testimonium  paupertatis 
geben;  das  Programm  musz  in  möglichster  Eile  fertig  sein;  ist  kein 
alter  Stoff  vorhanden,  so  wird  schnell  ein  argumentum  irgend  einer 
Schrift,  je  nach  den  Umständen  lateinisch  oder  deutsch,  niedergeschrie- 
ben oder  eine  ähnliche  Arbeit  gemacht,  die  auch  nicht  von  besonderem 
Werlhe  ist,  man  gibt  ein  Referat,  was  der  und  der  über  die  und  die 
Sache  meine,  nicht  selten  werden  auch  wol  Dinge  erörtert  und  ge- 
schrieben ,  die  besser  nicht  erörtert  und  geschrieben  wären.  Ist  denn 
eine  solche  Leistung  nicht  auch  ein  testimonium  paupertatis?  *) 
Würde  nicht  viel  besseres  erzielt,  würde  nicht  ein  ganz  anderer  Er- 
folg erreicht  werden,  wenn  man  es  den  Gollegien  überliesze,  selbst 
zu  bestimmen ,  wer  gleichsam  als  ihr  wissenschaftlicher  Vertreter  in 
die  Oeffentlichkeit  treten  solle?  Es  würde  sich  dann  immer  jemand 
finden,  der  in  irgend  einem  Spezialfach  gerade  eine  abgerundete  Studie 
vorlegen  könnte,  und  wenn  sich  zwei  finden,  was  schadet  das?  Musz 
man  erst  auf  eine  Jubiläumsfeier  warten,  um  auch  einmal  eine  Samm- 
lung von  Abhandlungen  zu  erhalten,  wie  vor  kurzem  die  Danz-iger 
Festgabe  war?    Ist  der  Zwang  nur  erst  fort,   so  wird  das  Schreiben 


*)  Einige  Anstalten  haben  die  P^inrichtung,  dasz  jeder  neu  ankom- 
mende das  nächste  Programm  schreiben  musz ;  die  Absicht  mag  dabei 
ganz  löblich  sein,  der  Zwang  kann  aber  gerade  in  diesem  Falle  doppelt 
drückend   werden. 


Zur  Beurloilung  unserer  Programmeneinrichtungen.  551 

der  Abhandlungen  nicht  mehr,  wie  es  jetzt  so  oft  geschieht,  als  eine 
möglichst  rasch  abzuwerfende  Last  angesehn  werden;  weil  es  freu- 
digere Arbeit  ist,  wird  es  auch  bessere  Arbeit  sein.  Aber  freilich, 
das  beschränkende  Masz  von  zwei  Bogen  musz  auch  überall  fallen,  wie 
es  schon  an  vielen  Anstalten  gefallen  ist;  wird  es  nicht  jedermann  für 
Jauunerschade  halten  Untersuchungen,  die  vielleicht  gar  nicht  aus- 
einandergerissen werden  können,  in  eine  lieihe  von  Partikeln  zerlegt 
zu  sehn,  die  in  ihrem  Erscheinen  im  günstigsten  Falle  nur  durch  die 
Zeit  eines  Jahrs  getrennt  sind,  oft  aber  sich  nie  wieder  zusammen- 
finden?*) Lasse  man  doch  lieber,  wenn  man  kein  Geld  hat,  ein  Jahr 
einmal  die  Abhandlung  ausfallen,  aber  zerreisze  man  nicht  zusammen- 
gehöriges ;  gerade  die  besten  Arbeiten  tragen  gar  oft  das  'Fortsetzung 
folgt'  an  ihrem  Schlusz,  und  was  wird  wol  nicht  gerade  deshalb  zu- 
rückgehalten, weil  der  Verfasser  es  nicht  zerstückt  sehn  wollte.  Und 
wenn  die  Programme  am  liebsten  geöffnet  werden  sollen  der  Darstel- 
lung von  neugefundenem  und  erarbeitetem,  wenn  sie  so  ihrerseits  mit- 
arbeiten sollen  an  der  Förderung  der  Wissenschaft,  warum  soll  dann 
in  dieser  Art  vom  Sprechsaal  nicht  auch  die  Gelegenheit  und  Möglich- 
keit geboten  werden ,  dasz  auf  die  eine  Abhandlung  hier  eine  andere 
anknüpfende,  verbessernde,  weiterführende  dort  erscheine,  «ärend 
jetzt  den  gleiches  erstrebenden  nur  die  Möglichkeit  gelassen  ist,  den 
ursprünglichen  Boden  des  Wettkampfes  zu  verlassen  und  in  die  Zeit- 
schriften zu  flüchten. 

Je  mehr  nun  aber  den  Abhandlungen  ihr  rein  wissenschaftlicher 
Charakter  zu  wahren  ist,  um  so  weniger  ist  auch  nur  der  mindeste 
Grund  dafür  vorhanden,  dasz  sie  untrennbar  mit  den  Schulnachrichten 
verbunden  sein  sollten.  Nicht  wenige  Gymnasien  sind  schon  hin  und 
wieder  von  dieser  Regel  abgewichen  und  haben  die  Abhandlung  ge- 
sondert erscheinen  lassen;  der  Betrag,  der  durch  die  verminderte  Zahl 
alsdann  nötiger  Exemplare  gewonnen  wird  —  denn  es  musz  ja  leider 
im  Schulfach  jede  Ausgabe  auf  das  minimum  reduciert  werden,  so  lange 
noch  das  Ennianische  horridus  miles  amatus  in  Deutschland  gilt  — , 
erlaubt  dann  schon  eher  eine  gröszere  Ausdehnung  der  Abhandlung; 
nimmt  man  dann  namentlich  ein  Octavformat ,  welches  sich  aus  mehr 
als  einem  Grunde  empfiehlt,  so  würde  es  auch  leichter  sein  eine  An- 
zahl Exemplare  buchhändlerisch  vertreiben  zu  lassen  und  so  Arbeiten 
der  Kritik  näher  zu  bringen,  die  sich  ihr  bis  jetzt  fast  stets  entzogen 
haben  und  der  Natur  der  Sache  nach  auch  entziehn  musten-    Es  wird 


*)  Der  von  Dietsch  (a.  a.  O.  S.  598)  als  möglich  gesetzte  Fall, 
dasz  jemand  genötigt  sein  sollte  die  überschieszende  Seitenzahl  selbst 
zu  bezahlen,  erscheint  doch  so  unglaublich,  dasz  es  im  liöchsten  Grade 
wünschensvverth  wäre,  ein  praktisches  Beispiel  solcher  Illiberalität  ein- 
mal veröffentlicht  zu  sehn.  Welchen  Unterschied  es  aber  macht,  ob  die 
Verfasser  Aussicht  haben,  wenigstens  die  p:ehabten  Kosten  sich  ersetzt 
zu  sehn  oder  nicht,  lehrt  auch  nur  ein  flüchtiger  Blick  auf  die  Pro- 
gramme von  Schulpforte  und  andern  Schulen  (s.  Dietsch),  welche  ihren 
Lehrern  eine  Entschädigung  zu  bieten  vermögen. 


552  Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichtungen. 

aber  ganz  anderes  geleistet,  wenn  nicht  von  vorn  herein  ein  si  leclo- 
rem  invenerim  oder  älinliclies  an  der  Spitze  steht.  Daneben  mögen 
andere  Verbesserungen  nicht  ausgeschlossen  sein;  vor  allem  wäre 
freilich  zu  wünschen,  dasz  die  Regierungsbehörden  in  den  Stand  ge- 
setzt würden,  solchen  Lehrern,  die  durch  Arbeiten  von  hervorragen- 
dem VVerlhe  —  und  deren  kommen  ja  doch  auch  jetzt  nicht  selten  vor 
—  ein  mehr  als  gewöhnliches  specimen  eruditionis  abgelegt  haben, 
Mittel  und  Musze  zu  verschalTen,  um  mehr  ihren  Studien  zu  leben,  als 
24  wöchentliche  Lehrstunden  bei  einem  Gehalte  von  vielleicht  wenigen 
hundert  Thalern  ihnen  gestatten.  Hoffen  wir  auch  in  diesem  Funkle 
von  dem  neuen  Unterrichtsgesetz  für  Preuszen  das  beste;  jedenfalls 
werden  ja  doch  bald  aus  den  Programmen  solche  Dinge  verschwinden, 
dasz  z.  B.  vor  einigen  Jahren  ein  Gymnasiallehrer  den  geringen  Werth 
seiner  Arbeit  damit  zu  entschuldigen  sich  nicht  scheute,  dasz  er  zu 
viel  Privatstunden  geben  müsze  und  also  nicht  arbeiten  könne.  Hätte 
man  den  Herrn  doch  lieber  ganz  von  der  Arbeit  entbunden  statt  ihn 
in  die  Gefahr  einer  solchen  Entschuldigung  zu  bringen;  der  wissen- 
schaftliche Geist  des  betreffenden  Gymnasiums  gewann  durch  dieses 
Geständnis  gewis  keine  Bewunderer. 

Nicht  minder  aber  ist  es  die  Sache  der  Schulbehörden,  da  diese 
sich  ja  die  Aufsicht  vorbehalten  haben,  dafür  zu  sorgen,  dasz  die 
Stoffe,  welche  als  oder  statt  der  Programmabhandlungen  veröffent- 
licht werden  sollen,  auch  ihrem  Zweck  entsprechen.  Vor  allen  Dingen 
sind  wol  auszuschlieszen  gehaltene  oder  nicht  gehaltene  Festreden, 
Gedichte,  Bibliothekskataloge,  Büclierempfehlungen  und  ähnliches,  was 
entweder  nur  Lückenbüszer  sein  soll  oder  wodurch  ein  an  sich  viel- 
leicht ganz  löblicher  Zweck,  der  aber  mit  der  Aufgabe  der  Programme 
nichts  zu  thun  hat,  auf  Kosten  dieser  erreicht  werden  soll.  Dagegen 
würden  auszer  den  Stoffen,  deren  sich  die  Programme  im  übrigen 
schon  bemächtigt  haben,  ganz  besonderer  Berücksichtigung  zu  em- 
pfehlen sein  unter  anderm  die  Herausgabe  noch  unedierter  kleinerer 
Schriften,  welche  des  geringen  Publicums  wegen  sonst  sich  der  Ver- 
öffentlichung entzögen  —  ich  denke  z.  B.  an  die  werthvollen  Aus- 
gaben der  kleineren  griechischen  Mathematiker  vonNizzein  Stral- 
sund — ,  Bekanntmachung  neuer  Collationen,  wichtiger  Codices,  auch 
Abdruck  von  Urkunden,  die  historischen  Werth  haben,  und  ähnliches. 
Ueberhaupt  ist  das  Monographische,  besonders  auch  über  Local-  und 
Schulgeschichte,  auch  locale  Fauna  und  Flora,  immer  das  beste  Ma- 
terial,  und  es  gibt  ja  der  Gebiete,  die  eines  sorgfältigen  Bearbeiters 
harren ,  noch  immer  eine  grosze  .Menge. 

Wenn  wir  nun  schlieszlich  noch  einmal  auf  die  Vorteile  hin- 
weisen, die  aus  einem  ganz  gleichen  Format  entspringen  würden,  so 
wollen  wir  auch  den  Wunscli  nicht  unterdrücken,  dasz  von  Seiten  der 
Schulbehörden  von  Zeit  zu  Zeit,  etwa  von  5  zu  5  Jahren,  für  Ver- 
öffentlichung eines  Katalogs  gesjrgt  werde,  der  nach  Art  des  Wi- 
niewski''schen  die  Abhandlungen  des  verflossenen  Zeitraums  um- 
faszte.    Ein  solcher  Katalog  lieszc  sich  ohne  grosze  Kosten  —  etwa 


Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinriclitungen.  553  * 

auch  als  Programmbeilag-e  ■ —  herstellen,  und  ein  Bibliothekar  fände 
sich  auch  gevvis,  der  die  Arbeit  übernähme. 

n.  Die  Schulnachrichten, 

welche  in  den  Programmen  vor  1824  sich  meistenteils  nur  auf  die  An- 
gabe der  zur  Universität  abgeltenden  Schüler  beschränkten,  haben 
nach  und  nach  eine  immer  gröszere  Ausdehnung  gewonnen  und  sind 
bei  mehreren  Schulen  jetzt  fast  der  Hanptteil  der  Programme  gewor- 
den. Die  Verfügung  von  1824  hat  die  einzelnen  Abteilungen  ange- 
geben, welche  noch  jetzt  innegehalten  zu  werden  pflegen,  und  so  eine 
Gleichmäszigkeit  hervorgerufen,  welche  das  Hervortreten  dessen,  was 
eine  Anstalt  individuelles  hat,  sehr  erschwert.  Auch  wenn  von  den 
jetzigen  Bestimmungen  abgesehn  würde,  läszt  sich  im  allgemeinen 
'.icht  annehmen,  dasz  sogleich  eine  individuellere  Färbung  in  die 
Schulnachricbten  kommen  würde,  aber  es  würde  doch  Raum  gegeben 
werden  zu  mancherlei  Mitteilungen,  die  —  obwol  vielleicht  geeignet 
ein  allgemeines  Interesse  zu  erwecken  —  jetzt  zurückgehalten  wer- 
den müszen.  Die  Forderungen  der  Behörden  an  den  Inhalt  der  Schul- 
nachrichten müsten  sich  auf  das  allernotwendigste  beschränken,  im 
übrigen  aber  diese  Teile  der  Programme  ihrer  Bestimmung  in  gröszerer 
Freiheit  zurückgegeben  werden,  die  als  eine  doppelte  erscheint.  Die 
Schulnachrichten  sollen  nemlich  erstens  wirkliche  Annalen  der  Anstalt 
sein,  also  alles  enthalten,  was  der  Vergessenheit  entrissen  zu  werden 
verdient,  zweitens  aber  sollen  sie  die  Eltern  mit  dem  bekannt  machen, 
was  für  sie,  resp.  für  ihre  Söhne  zu  wissen  wünschenswerth  ist;  denn 
das  darf  wol  als  allgemein  richtig  angenommen  werden,  dasz  die 
Schulnachrichten  von  den  Schülern  und  ihren  Angehörigen  gelesen  zu 
werden  pflegen.  Prüfen  wir  nun  nach  diesen  beiden  Gesichtspunkten 
die  jetzt  gebräuchlichen  Einrichtungen;  denn  was  gewöhnlich  als 
idealer  Zweck  dieser  Nachrichten  hingestellt  zu  werden  pflegt,  dasz 
sie  nemlich  einen  Einblick  in  das  innere  Leben  der  Schule  gewähren 
sollen,  kann  unmöglich  erreicht  werden  ,  entzieht  sich  also  auch  jeder 
Beurteilung. 

Den  Anfang  macht  meist  eine  Uebersichl  der  im  Laufe  des  ver- 
flossenen Schuljahrs  durchgearbeiteten  Pensa,  oft  in  bogenlanger  Aus- 
dehnung. Für  wen  diese  Uebersichten  bestimmt  sind,  ist  schwer  zu! 
sagen;  fast  scheint  es,  als  sollten  dieselben  nur  für  die  Schulbehörden 
zur  Controle  dienen,  ob  die  im  Anfange  des  Schuljahrs  eingereichten 
Pensa  auch  wirklich  absolviert  seien;  denn  für  das  Publicum  —  und 
unter  diesem  sollen  hier  auch  die  Fachgenossen  mitgedacht  werden  — 
sind  sie  doch  meist  von  nur  geringem  Interesse.  Namentlich  darf  man 
nicht  vergessen,  dasz  für  die  meisten  Fächer  Jahr  aus  Jahr  ein  der- 
selbe Inhalt  und  gar  oft  mit  denselben  Worten  in  den  betreffenden 
Rubriken  erscheint  und  auch  nach  der  Natur  der  Dinge  erscheinen 
musz.  Die  allgemeinen  Pensa  sind  ja  auch  derartig  von  oben  herab 
festgestellt,  dasz  eine  irgend  bedeutende  Abweichung  geradezu  un- 
möglich ist.     Die  einzige  Abwechslung  kann  nur  erscheinen   in  der 


*    554  Zur  Beurteilung  unserer  Programraeneinrichlungen. 

Angabe  der  gelesenen  Schriftsteller  und  der  Themata  für  die  lateini- 
schen und  deutschen  Aufsätze.  Man  hat  eingeworfen,  es  sei  wün- 
schenswerlh  in  jedem  Jahr  eine  Uebersicht  des  Lehrgangs  für  jedes 
einzelne  Fach  zu  besitzen;  aber  um  einen  solchen  Ueberblick  zu  ge- 
währen, dazu  sind  wieder  die  jetzigen  Notizen  zu  dürftig,  auch  ihre 
absolute  llichtigkeit  vorausgesetzt;  denn  es  wird  ja  vielfach  behaup- 
tet —  ob  mit  Recht  oder  Unrecht,  wollen  wir  hier  nicht  untersuchen 
— ,  dasz  gerade  in  diesen  Mitteilungen  die  Geduld  des  Papiers  man- 
ches zu  tragen  hat.  Wollte  man  ferner  stehenden  einen  Einblick  in 
das  wissenschaftliche  Leben  verschaffen,  so  bedürfte  es  der  Mitteilung 
ausführlicher  Lehr-  und  Unterrichtspläne,  wie  freilich  wol  nicht  sehr 
viele  Gymnasien  sie  in  wahrhaft  fruchtbringender  Weise  sich  erarbei- 
tet haben;  man  darf  aber  auch  dabei  nicht  vergessen,  dasz  solche  in- 
terna doch  am  besten  interna  bleiben  und  dasz  für  ein  Collegium  ein 
Lehrplan  meist  nur  dann  den  rechten  Werth  hat,  wenn  es  selbst 
denselben  sich  geschaffen  hat.  Es  genügt  also  vollständig,  dasz  eine 
Tabelle,  wie  sie  jetzt  für  die  preuszischen  Programme  vorgeschrieben 
ist,  kurz  angibt,  wie  die  einzelnen  Lehrer  beschäftigt  gewesen  sind, 
etwa  mit  einer  zweiten  Tabelle  über  den  allgemeinen  Lehrplan  ver- 
bunden; diese  letztere  könnte  dann  freilich  etwas  ausführlicher  sein, 
als  sie  bis  jetzt  gewöhnlich  ist,  also  etwa  auch  angeben,  wie  viele 
Stunden  in  jedem  Fach  auf  Lektüre  usf.  verwendet  worden  sind. 
Fügt  man  nun  noch  für  die  Oberklassen  hinzu,  was  gelesen  worden 
ist,  und  führt  man  die  bearbeiteten  Themata  auf,  so  ist  alles  ge- 
schehen, um  das  zu  ersetzen,  was  jetzt  unter  dem  Titel  'Lehrverfas- 
sung' in  den  Programmen  steht.  Eins  sollte  freilich  nicht  fehlen, 
nemlich  in  jedem  Jahr  eine  Uebersicht  der  im  nächsten  zu  gebrau- 
chenden Schulbücher  und  Texte,  wie  z.  B.  einige  hannoverische  Schu- 
len solche  wirkliche  programmata  herausgeben.  Diese  Art  von  Notizen 
ist  gerade  das,  was  für  das  beteiligte  Publicum  das  gröste  Interesse 
gewährt. 

Einen  zweiten  Abschnitt  bilden  die  Verfügungen  der  Behörden. 
Wärend  einige  Gymnasien  wirklich  nur  die  aufführen,  welche  den 
Schülern,  resp.  den  Eltern  bekannt  gemacht  werden  sollen,  so  sind 
nicht  wenige  Programme  reichlich  besetzt  mit  Aufzählungen  von 
allerlei  unbedeutenden  Dingen,  Lectionsplansgenolimigungen,  Bücher- 
empfehlungen und  ähnlichem.  Die  Provinzialschulcollegien  haben  hier- 
gegen eine  grosze  Anzahl  von  Verfügungen  erlassen  und  ausdrücklich 
eine  ganze  Reihe  von  Gegenständen  als  auszuschlieszende  bezeichnet, 
indes,  wie  es  scheint,  nicht  gerade  mit  dem  grösten  Erfolg.  Erst  vor 
einigen  Jahren  muste  ausdrücklich  untersagt  werden,  dasz  Unter- 
stützungen, welche  einzelne  Lehrer  erhalten,  aufgeführt  würden;  jetzt 
gibt  man  zwar  die  Summen  nicht  mehr  an,  aber  die  Namen  der  betref- 
fenden paradieren  noch  in  gar  vielen  Programmen.  Welchen  Eindruck 
musz  so  etwas  auf  die  Schüler  machen !  —  Auch  in  der  Art  der  Auf- 
nahme herscht  grosze  Verschiedenheit;  wärend  einige  Gymnasien  sich 
auf    kurze   Notizen    beschränken,    führen    andere    die  Verfügungen 


Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichtungen.  555 

vollständig  an,  wol  gar  mit  Angabe  von  Nummer,  Unterschrift  und 
Addresse.  Wollen  die  Behörden  einmal  diesen  Weg  der  Bekannt- 
machung für  ihre  Anordnungen  wählen,  so  würde  es  am  meisten  sach- 
gemäsz  sein,  dasz  sie  die  aufzunehmenden  Verfügungen  auch  als 
solche  bezeichnen  und  dadurch  der  VerölTentlichung  von  solchen 
vorbeugen,  die  nur  interna  betreffen,  also  für  Fremde  interesse- 
los sind. 

Ungleich  wichtiger  als  die  erwähnten  beiden  Abschnitte  er- 
scheint der  unter  der  Rubrik  'Chronik'  auftretende.  Denn  hier  ist 
der  Ort,  an  welchem  alles  niedergelegt  werden  soll,  was  der  Schule 
gutes  und  böses  widerfahren,  hier  musz  auch  das  Material  gesammelt 
werden  für  eine  spätere  Geschichte  der  Schule.  Meistenteils  freilich 
sind  die  Schulchroniken  ziemlich  dürftig  und  enthalten  fast  nichts  als 
die  kurze  Anführung  der  Schulfeste,  der  angekommenen  und  abge- 
gangenen Lehrer  und  ähnliches.  Zwar  ist  durch  die  Verfügung  von 
1824  noch  vorgeschrieben,  dasz  'durch  öffentliche  Erwähnung  des 
geleisteten  auch  dem  Fleisze  und  Eifer  derjenigen  Lehrer,  die  sich 
ausgezeichnet  haben,  die  verdiente  Gerechligkeit  widerfahren  soll, 
weshalb  die  denselben  zuteil  gewordenen  Belobungen  und  Anerken- 
nungen aufzuführen  sind',  auch  sollen  die  gemachten  Stiftungen  be- 
kannt gemacht  werden  (Verfügung  vom  2.  November  1841),  indessen 
wie  meist  die  Gelegenheit,  von  Stiftungen  zu  sprechen,  eine  gar  sel- 
tene ist,  so  unterlassen  es  auch  die  meisten  Directoren  mit  richtigem 
Takt,  von  den  Leistungen  der  Lehrer  zu  sprechen.  Freilich  begegnen 
wir  in  einer  noch  immer  nicht  geringen  Zahl  von  Programmen  voll- 
ständigen Zeugnissen  über  neu  angekommene  Lehrer;  nachdem  ihre 
ganze  Lebensgeschichte  erzählt  worden  ist,  wird  dann  noch  ein  Urteil 
über  sie  gefällt,  welches  zwar  stets  ein  günstiges  sein  musz,  aber 
doch  auch  nicht  selten  zwischen  den  Zeilen  allerlei  zu  lesen  erlaubt. 
Es  spricht  zwar  manches  dafür,  die  vita  eines  Lehrers  einmal  in  das 
Programm  aufzunehmen,  aber  es  empfiehlt  sich  mehr,  einige  Notizen 
bei  seinem  Abgange  von  der  Schule  zu  veröffentlichen,  als  bei  der 
Ankunft;  jedenfalls  gewinnt  man  dann  schon  das,  dasz  nicht  mehr 
dem  Misbrauch  des  Geburtstags-  und  Namenslagsfeiern,  der  an  so 
vielen  Schulen  noch  spukt,  in  die  Hände  gearbeitet  wird. 

Das  auffallendste  sind  die  Nachrufe,  welche  die  meisten  Directo- 
ren scheidenden  Collegen  zu  widmen  pflegen.  Nur  einige  wenige 
Schulen  beschränken  sich  auf  die  kurze  Angabe,  wer  abgegangen  und 
wohin,  ein  rheinisches  Gymnasium  führt  auch  die  pensionierten  und 
gestorbenen  nur  einfach  als  abgegangen  auf,  in  den  meisten  Program- 
men, welche  Lehrerwechsel  zu  melden  haben,  finden  wir  mehr  oder 
weniger  ausführliche  Worte  des  Abschieds.  Machen  dieselben  hier 
den  Eindruck,  als  seien  sie  wirklich  hervorgegangen  aus  wohlwollen- 
der und  freundlich  teilnehmender  Gesinnung,  so  erscheinen  sie  dort 
in  Gestalt  von  vollständigen  Abgangszeugnissen.  Wir  wollen  hier 
den  Eindruck  nicht  untersuchen,  den  es  auf  Schüler  machen  musz, 
wenn  einem  Lehrer  nachgesagt  wird,  er  habe  *mit  Eifer  und  Lehr- 


556  Zur  ßeiirleilung  unserer  Proffratnmeneinrichlungen. 


Q         Ull-^iUI    V^>  .      •    VTQI    UllllllVIIUItll    >UlIlUilgX 


gcscliicli'  unlcrriclilel,  das  ist  am  Ende  doch  noch  harmlos  gemeint; 
aber  es  ist  bekannt  genug,  dasz  nicht  seilen  diese  Abgangsbemerkiin- 
gen  dazu  benutzt  werden,  einem  scheidenden  noch  einmal  eine  bittere 
Pille  zu  geben.  Oder  wie  soll  man  das  nennen,  wenn  in  einem  Pro- 
gramm zusammen  als  abgehend  verzeichnet  werden  ein  Hülfslehrer 
und  ein  Oberlehrer,  und  von  dem  erstem  wird  gesagt,  er  habe  sich 
den  reichen  Dank  der  Anstalt  verdient,  und  der  andere  geht  ohne  ein 
Wort  des  Abschieds  aus.  Selbst  in  dem  Falle,  dasz  Grund  zu  einem 
solchen  Verfahren  vorgelegen  hätte,  was  ein  fern  stehender  natürlich 
nicht  wissen  kann,  so  fällt  der  Stein  doch  immer  auf  den  werfenden 
zurück.  Oder  kann  es  gebilligt  werden,  wenn  von  einem  abgehenden 
gesagt  wird,  er  habe  sich  'durch  sein  wissenschaftliches  Streben  bei 
seinen  Collegen  Anerkennung  erworben '^,  wozu  jedermann  sich  den 
Gegensatz  sogleich  selbst  bilden  musz?  Doch  wozu  der  Beispiele 
mehr;  selbst  in  dem  Falle,  dasz  jemand  annehmen  wollte,  die  Directo- 
ren  hätten  stets  ein  absolut  richtiges  Urteil  über  ihre  Lehrer,  so  wird 
man  es  doch  nicht  gulheiszen  können,  dasz  Urteile  irgendwelcher 
Art  vor  Schülern  gefällt  werden.  Was  soll  man  nun  gar  zu  so  man- 
chen Abschiedsworten  sagen,  in  denen  von  der  Liebe  der  Schüler  ge- 
sprochen wird?  Wer  wagt  es,  darüber  ein  Urteil  sich  anzumaszen? 
Und  wie  grosz  die  Gefahr  wäre,  wenn  diese  Worte  als  blosze  Kedens- 
art  gebraucht  würden,  bedarf  eben  nur  der  Andeutung.  Also  Beschrän- 
kung auf  das  factische  ist  es,  was  wir  verlangen;  dasz  wir  bei  ge- 
storbenen oder  pensionierten  Lehrern  ein  Wort  der  Erinnerung  am 
Platze  finden,  versteht  sich  von  selbst.  —  In  der  Chronik  mögen  dann 
auch  Schulreden  —  ganz  oder  in  Auszügen  —  ihren  Platz  finden, 
wenn  die  Gelegenheit,  der  sie  galten,  oder  ihr  Werlh  sie  dazu  be- 
rechtigen gedruckt  zu  werden,  kurz  alles,  was  der  Schule  wider- 
fahren; möge  man  aber  niemals  Schule  und  Lehrer  verwechseln! 

Die  dürftigste  aller  Rubriken  ist  die  Statistik.  Man  beschränkt 
sich  meist  auf  kurze  Angaben  über  Frequenz,  Ab-  und  Zugang,  welche 
nicht  geeignet  sind  in  Verhältnisse  einen  Einblick  zu  gewähren,  welche 
statistischer  Behandlung  wol  zugänglich  sind.  In  Folge  davon  ist  man 
denn  auch  in  der  allgemeinen  Schulstatislik  über  Zusammenstellung 
von  einfachen  Frequenzlisten  nicht  weit  hinausgekommen.  Die  hanno- 
verischen Programme  geben  etwas  reicheres  Material,  z.  B.  die  Durch- 
schnittsalter der  einzelnen  Klassen,  woraus  sich  sehr  belehrende 
Schlüsse  ergeben;  es  lieszen  sich  aber  noch  eine  Menge  anderer  Ge- 
sichtspunkte angeben,  welche  der  Beachtung  sich  empfehlen,  z.  B. 
Zusammenstellung  von  Versetzungslisfen,  Uebersichlen  des  Standes 
der  Eltern,  des  künftigen  Berufs  der  abgehenden,  genaue  Altersan- 
gaben, auch  mit  Berücksichtigung  der  Confessionen ,  der  Heimatsver- 
hältnisse u.  dgl.  mehr.  Kurz  ein  ganzer  Schatz  von  Material,  der  jetzt 
nicht  gehoben  wird,  liesze  sich  leicht  publici  iuris  machen.  Es  käme 
nur  darauf  an,  dasz  die  Schulbehörden  von  sachkundiger  Hand  die 
nötigen  Formalitäten  ordnen  lieszen,  da  ja  gerade  Statistik  nicht  jeder- 
manns Sache  ist.    Dann  würden  auch  durch  vergleichende  Zusammen- 


Zur  Beurlciliing  unserer  Programmencinrichfiingen.  557 

slellung-en  die  Programmiibersiclilen  in  den  wissenschaftlichen  Zeit- 
schrif(en  noch  reichern  Gewinn  bringen  können.  —  Dabei  möge  auch 
der  Wiiriscli  liier  wieder  ausgesprochen  sein,  dasz  die  Programme 
durch  Aufführung  der  Schüler  zu  wirklichen  Gedenkbüchern  gemacht 
werden;  vor  allem  aber  sei  das  Beispiel,  welches  die  Programme  von 
Schwerin,  von  Schulpforte  u.  a.  in  ihren  Nekrologen  geben,  der  Nach- 
ahmung warm  empfohlen,  vielleicht  in  der  Beschränkung  auf  die  frü- 
liern  Schüler,  welche  die  obern  Klassen  besuchten.  —  Die  Rubrik 
'Lehrapparat'  lasse  man  dagegen  lieber  ganz  weg  oder  beschränke 
sie  auf  das  allerwichfigsle. 

Einige  wenige  Programme  tragen  an  der  Spitze  ihrer  Schulnach- 
richten kurze  einleitende  Bemerkungen  für  die  Eltern,  in  denen  allerlei 
Erfahrungen  aus  dem  letzten  Schuljahr  niedergelegt,  Wünsche  und 
Bedürfnisse  offen  ausgesprochen  sind.  Möchte  doch  diese  Einrich- 
tung recht  viele  Nachfolge  finden!  solche  Ansprachen  sind  gewis  von 
gröszerem  Nutzen  als  noch  so  lange  Reden  beim  Schulschlusz  oder 
andern  Gelegenheiten,  bei  denen  sich  doch  immer  nur  ein  kleines 
Publicum  einfindet,  und  meist  gerade  das  nicht,  für  welches  die  Re- 
den bestimmt  sind.  Dorthin  würden  auch  eine  Reihe  von  disciplinari- 
schen  Bestimmungen ,  welche  die  Eltern  kennen  müszen  und  die  also 
jährlich  zu  wiederholen  sind,  am  besten  zu  stellen  sein. 

Die  vorstehenden  Bemerkungen  haben  nur  den  Zweck  gehabt, 
zur  erneuten  Besprechung  der  so  wichtigen  Programmfrage  anzuregen; 
mögen  sie  auch  nur  in  diesem  Sinne  aufgenommen  und  der  gute  Wille 
und  das  Interesse  für  die  Sache  nicht  ganz  verkannt  werden,  dem  sie 
allein  entsprungen  sindl 

W.  R.  H. 


Kurze  Anzeigen  und   Miscellen. 


XXVII. 

Xenophons  Anabasis.  Für  den  Schulgebrauch  erklärt  von  F.  Voll- 
brecht.  Erstes  Bändchen.  Buch  I — ///.  31  it  einem  durch 
Holzschnitte  und  drei  Figurentafeln  erläuterten  Excnrs  über 
das  Heerwesen  der  Söldner  und  mit  einer  Uebersichlsharte. 
Zweite  verbesserte  und  vermehrte  Auflage.  Leipzig,  Teubner. 
1861.    VIII  u.  188  S.    8. 

Selbstanzeige. 

Schneller  als  ich  es  bei  der  Zahl  der  vorhandnen  tref3flichjn  Schul- 
ausgaben der  Anabasis  erwarten  konnte,  ist  eine  zweite  Auflage  des 
ersten  Bändchens  nötig  geworden  und  in  diesen  Tagen  in  verbesserter 
und  vermehrter  Auflage  erschienen.  Dieser  Beweis,  dasz  meine  Arbeit 
in  vielen  Schulen  eine  freundliche  Aufnahme  gefunden,  muste  es  mir 
zur  Pfliclit  machen  die  Ausstellungen ,  Vielehe  in  Recensionen  gemacht 
waren,  zu  prüfen  und  namentlich  zu  untersuchen,  ob  die  beiden  Grund- 
sätze  der  Bearbeitung,    durch  deren  Befolgung   meine  Arbeit  von  allen 


558  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Schulausgaben  wesentlich  abweicht  und  gleichsam  ihre  eignen  Wege 
geht,  die  aber  Professor  Schenkl  in  der  Eecension  in  der  Zeitschrift 
für  die  österreichischen  Gymnasien  1857  Heft  XI.  S.  714- — 720  entschie- 
den bekämpft  hat,  geändert  und  zum  Teil  aufgegeben  werden  müsten. 
Die  sorgfältige  Prüfung  hat  mich  jedoch  bestimmt,  meinen  Grundsätzen 
treu  zu  bleiben  und  sie  in  diesen  Jahrbüchern  weiter  zu  entwickeln  und 
ihre  Notwendigkeit  für  die  Schule  zu  begründen. 

Es  ist  hierbei  nicht  nötig  ausführlicher  über  die  Aufgabe  der  Leetüre 
der  alten  Klassiker  zu  handeln;  diese  ist  durch  die  Untersuchungen  er- 
fahrener und  bewährter  Schulmänner  wie  Krüger,  Dietsch,  Ameis, 
Rauchenstein,  Bäumlein  und  anderer  teils  in  Programmen  und 
Monographien  teils  in  Zeitschriften  hinlänglich  besprochen,  und  es  steht 
wol  unbestritten  fest  dasz  'nicht  philologische  Gründlichkeit,  sondern 
pädagogische  Gewandtheit  und  Sicherheit  im  Verständnis  der  Alten  zu 
erzielen  ist'  (Ameis);  dasz  die  Frucht  einer  gründlichen  Interpretation 
eine  gute,  echt  deutsche  Uebersetzung  sein  musz  (Heilmann  und  Dietsch) 
und  dasz  sich  diese  Uebersetzung  auf  eine  treue,  wörtliche  stützen  musz. 
Es  steht  ferner  fest,  dasz  durch  und  bei  der  Uebersetzung  die  Eigen- 
tümlichkeit der  fremden  Sprache  von  dem  Schüler  erfaszt ,  dasz  ihm 
die  Denk-  und  Anschauungsweise  der  Alten  klar,  dasz  die  Form  der 
Gedanken  ihm  zur  Erkenntnis  gebracht  werden  und  er  sich  bewust  sein 
musz,  dasz  und  warum  diese  deutsche  Uebersetzung  in  den  Worten  des 
Schriftstellers  enthalten  ist. 

Dieses  Ziel  haben  sich  auch  alle  Schulausgaben  gesteckt ,  haben  es 
aber,  was  schon  Dietsch  in  diesen  Jahrbüchern  Band  LXII  S.  428  ff. 
mit  Recht  gerügt  hat,  darin  versehn,  dasz  sie  durch  Uebersetzung  eine 
zu  grosze  Erleichterung  geben.  Da  nun  meine  Erfahrung  bei  der  Lei- 
tung der  Leetüre  des  Homer  und  der  Anabasis ,  wie  ich  das  schon  in 
der  Recension  der  Anabasis  des  Arrian  von  Hartmann  (Jahrb.  Band 
LXXIV  S.  485  ff.)  erörtert  habe,  es  bestätigte,  dasz  diese  Praxis  der 
Schulausgaben  den  Schüler  wenig  fördert,  dasz  er  sich  mit  seltnen  Aus- 
nahmen begnügt  gegebenes  hinzunehmen  und  die  Noten  oft  so  gedanken- 
los zu  lesen ,  dasz  er  nicht  mehr  zwischen  Uebersetzung  und  Erklärung 
unterscheidet  und  sich  nicht  die  Mühe  gibt  das  Lexikon  nachzuschla- 
gen ,  sondern  die  Bedeutung  der  Wörter  aus  den  Bemerkungen  so  zu 
errathen  sucht ,  dasz  er  geradezu  falsches  produciert  und  sich  zur 
Flüchtigkeit  und  Oberflächlichkeit  wendet*),  so  fieng  ich  schon  vor 
vielen  Jahren  an,  den  Schüler  trotz  der  Uebersetzung  bietenden  Be- 
merkungen zum  Selbstfinden  des  richtigen  deutschen  Ausdrucks  und  zu 
einer  Uebersetzung  anzuleiten  ,  in  der  alle  der  deutschen  Sprache  frem- 
den Ausdrucksweisen,  Wendungen,  Bilder  und  Verbindungen  durch  der- 
selben angemessene  ersetzt  waren,  und  ihn  anzuhalten,  sich  den  Unter- 
schied klar  zu  machen.  So  sind  meine  Bemerkungen  ein  Produkt  der 
Schulpraxis  ,  und  gerade  weil  ich  das  fördernde  derselben  bei  meinen 
Schülern  beobachtete,  entschlosz  ich  mich  dieselben  in  einer  Schulaus- 
gabe zu  verarbeiten. 

Herr  Schenkl  erklärt  nun:  'Im  Ganzen  kann  man  aber  mit  der 
Fassung  dieser  Bemerkungen  nicht  einverstanden  sein;  denn  wenn  man', 
so  heiszt  es  weiter  unten  bei  ihm  ,  'dem  Schüler  die  Uebersetzung  ge- 
wissermaszen  in  den  Mund  legt,  wenn  man  ihn  überall  an  der  Hand 
führt,  damit  er  selbst  auf  dem  ebensten  Wege  nicht  strauchle,   so  ver- 


*)  Ich  könnte  aus  Faesis  Ausgabe  des  Homer  und  den  Schul- 
ausgaben der  Anabasis  eine  grosze  Anzahl  solcher  Stellen  anführen, 
wenn  ein  Beweis  für  diese  auch  von  Dietsch  bestätigte  Thatsache 
nötig  wäre.  —  Auch  die  Frage:  'Warum  gerade  so  übersetzt?'  wurde 
in  der  Regel  dahin  beantwortet:  'Es  steht  so  in  der  Note.' 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen, 


559 


niclitet  man  seine  ganze  Selbständigkeit,  man  benimmt  ihm  die  Lust, 
welche  sich  in  der  Ueberwindung  von  Scliwierigkeiten  äuszert,  und 
bringt  es  dahin,  dasz  der  scliwiicher  talentierte  wie  der  begabtere  Schü- 
ler gleichmäszig  ihre  Uebersetzung  hersagen.' 

Ich  konnte  diesem  Urteil  nicht  beistimmen,  hoffte  aber  dasz  Herr 
Schenk]  in  seiner  Chrestomathie  einen  neuen  Weg  betreten  habe. 
Dem  ist  aber  nicht  so,  seine  Bemerkungen  unterscheiden  sich  in  der 
hier  in  Betracht  kommenden  Hinsicht  nicht  von  denen  der  Schulaus- 
gaben, und  es  musz  also  durch  Vergleichung  festgestellt  werden,  welche 
"Weise  in  der  Fassung  der  Noten  dem  Schüler  die  Uebersetzung  in  den 
Mund  legt  und  ihn  so  an  der  Hand  führt  dasz  er  nicht  strauchle.  Ich 
wähle  zu  dieser  Vergleichung  das  erste  Kapitel  der  Anabasis  und  setze 
die  Noten,  in  denen  Sehen  kl  und  ich  dem  Schüler  Anleitung  zur  rich- 
tigen Uebersetzung  geben,  nebeneinander: 


S  chenkl. 

11,2  xat  GTQCcrriyov  8b  kvtov 
ccns8sii,8  iiüvxoiv.  Nach  der  Bemer- 
kung über  den  selbständigen  Satz 
heiszt  es  im  D.:  'und  auch  zum 
....  hatte  er   ihn  gemacht.' 

mg  cpilov.  'als  einen  Freund' 
ratus  eum  sibi  amicum  esse.  Kr. 
60,  63,  3. 


coff  .  .  .  KTtOKTSvwv:  in  der  Ab- 
sicht ihn  zu  tödten;  s.  Cyr.  II  13 
(tos  •  .  .  aniovaa). 

§  3.  ini  rfjv  dgx'^v:  'in  seine 
Statthalterschaft';    s.  Cyr.  II  1. 

§  4.  inl  T<ö  aSsXcpäi:  in  fratris 
potestate.  C.  463  A  c'  K.  107,  3 
B.  Kr.  68,  41,  9. 

§  6.  (og  STtLßovXsvovTOs:  unter 
dem  Vorgeben,  dasz  .  .  C.  588.  K. 
176  Anm.  2  b.  K.     69,  63,  3. 

§  7.  TrQoaLa&ojiBvog  .  .  .  ßov- 
Isvoiiävoi^g:  'da  er  vorher  n\erkte, 
dasz  Leute  (eine  Partei)  dasselbe 
beabsichtigten':  s.  VIII  1. 


Vollbrecht. 
Nach  einer  ähnlichen  Bemerkung : 
Im  D.  verbinde    diesen  Satz    durch 
'sowie   —  auch'   mit  dem  Relativ- 
satze. 

0)5  (waneQ)  vor  Adject.  u.  Partie, 
bezeichnet  das  durch  das  Adj.  oder 
Partie,  ausgesagte  als  subjective  An- 
sicht ,  Annahme ,  Vorstellung  des 
Handelnden  oder  des  Redenden  (des 
Hauptsubjects)  und  wird  übersetzt: 
'als  ob;  in  der  Meinung,  Voraus- 
setzung, dasz;  indem  er  sagte,  mein- 
te '  u.  dgl. 

cpLloVy  im  D.  ein  Relativsatz,  in 
welchem  aig  durch  'halten'  auszu- 
drücken ist. 

tag  mit  dem  Part.  fut.  bezeichnet 
die  Absicht  als  in  der  Seele  des  Han- 
delnden liegend;  Partie,  fut.  ohne  ag 
gibt  den  Zweck  blos  erzählend  an. 

Die  im  Artikel  liegende  nähere 
Bestimmung  wird  im  D.  oft  durch 
das  Pron.  poss.  ausgedrückt. 

£TtC  ZIVI  slvai  in  jemandes  Ge- 
walt sein.  Dagegen  vno  xivi  rrr 
einem  unterwürfig  sein. 

cög  hat  beim  Genet.  abs.  dieselbe 
Bedeutung  wie  beim  Partie,  relat., 
s.  §  2  z.  d.  W. 

TiQoaia96!J,.  übers,  nach  §  6  z. 
iniß.  3.  (XLa&dv.  wird  von  eigner 
Wahrnehmung,  Beobachtung  und 
Erkenntnis  gebraucht.  Was  liegt 
in  7iq6? 

ßovXsvofi.  Die  Verb.  sent.  wer- 
den meistens  mit  dem  Particip  (vgl. 
jedoch  I  4,  16  z.  Sicißsß.)  verbun- 
den, welches  wir  wie  den  Acc.  c. 
Inf.  übersetzen.  Das  Subj.  liegt, 
weil  es  unbestimmt  ist  (Leute,  eine 
Partei) ,  schon  im  Particip. 


5G0 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen, 


Seil  en kl. 

Tovg  (pFvyovtag:  'die  Vertriebe- 
nen', exules  (s.  §  1  und  C.  486 
Anm.    Kr.  53,  1,  3). 

§  9.  Tovös  xov  TQonov :  'auf  fol- 
gende Weise'  (Acc.  der  Beziehung, 
s.  Cyr.  11).^ 

§  11.  v,ccl  Tovzovq:  'gleichfalls' 
(die  gleich  falls  seine  Gastfreunde 
waren).   Kr.  51,  7,  12. 


V  o  1 1  b  r  c  c  h  t. 

inßdlXsLV  t=:  verbannen;  iy.->ti- 
Tir^LV  =  verbannt  werden;  cpevyBLV 
■=  verbannt  sein. 

Acc.  adverbialis. 


xa^  ovtoq  steht  bei  einem  No- 
men ,  von  dem  dasselbe  ausgesagt 
wird,  was  schon  von  einem  andern 
ausgesagt  ist.  Wir  übersetzen  ein- 
fach durch:  'auch,  gleichfalls.' 


Die  Vergleichung  lehrt ,  dasz  der  Schüler  die  Noten  oder  richtiger 
gesagt  die  in  denselben  gegebene  Uebersetzung  von  Schenkl  unmittel- 
bar verwenden  kann,  wärend  er  bei  den  meinigen  immer  etwas  zu  thun 
hat  und  sich  von  seinem  Thun  und  Lassen  Rechenschaft  geben  musz, 
und  zwar  nach  beiden  Seiten  der  Uebersetzung.  Denn  für  eine  wört- 
liche Uebersetzung,  die  ihm  zugleich  die  Denk-  und  Anschauungsweise 
der  Griechen  klar  machen  soll,  sind  die  Bemerkungen,  die  auf  gründ- 
liche Auffassung  der  Grundbedeutung  dringen,  die  den  Schüler  anleiten 
und  anhalten,  sich  zu  diesem  Zweck  z.  B.  die  Bedeutung  der  Präposi- 
tionen in  der  Zusammensetzung  oder  sonstigen  Verbindungen  (z.  B. 
ava  jtparog  und  Marä  xpaxros)  deutlicli  zu  machen.  Um  ihm  aber  auch 
zu  zeigen,  dasz  es  für  uns  Deutsche  oft  sehr  schwierig  ist,  dasz  es  oft, 
um  Schenkls  Ausdrücke  zu  adoptieren,  'einer  gewissen  Künstelei  und 
Verschrobenheit  bedarf,  sich  die  Anschauungsweise  der  Griechen  nur 
annähernd  zum  Bewustsein  zu  bringen ,  habe  ich  die  Note  zu  I  9 ,  7 
über  TTEQt  nlaiarov  noista&ai  xl  gegeben ;  in  allen  andern  Fällen  habe 
ich  in  der  Regel  nur  die  passende  Bedeutung  gegeben .  aber  durch  den 
Zusatz  'frei'  oder  die  Frage:  'wie  heiszts  wörtlich'  darauf  hingedeutet, 
dasz  der  Schüler  selbst  noch  etwas  zu  thun  hat. 

Für  eine  vollendete,  gute  Uebersetzung  sind  alle  übrigen  Bemer- 
kungen, welche  eine  Anleitung  dazu  geben,  wärend  die  meisten  Schul- 
ausgaben auch  da  oft  Uebersetzung  geben  oder  sich  mit  rein  gramma- 
tischen Bemerkungen  begnügen.  Zu  solchen  Stellen  gehört  die  von 
Schenkl  zum  Beweise  seiner  Ansicht  hervorgezogene  19,  1,  in  der 
für  eine  wörtliche  Uebersetzung  keine  Schwierigkeiten  sind,  deren  Satz- 
bau aber,  wie  wiederholte  Leetüre  in  der  Schule  bewiesen  hat,  für  eine 
dem  Genius  der  deiitschen  Sprache  angemessene  Uebertragung  nicht  so 
leicht  ist.  —  Kurz  nach  meiner  Ueberzeugung  gebe  ich  überall  Aufgaben 
und  verlange  deren  Lösung  für  eine  gute  Uebersetzung  schon  wärend  der 
Präparation,  wärend  Schenkl  sich  begnügt  die  Uebersetzung  in  den 
Bemerkungen  bald  ganz,  bald  halb,  bald  in  lateinischer  Sprache  zu  geben, 
die  er  nachsprechen  kann,  ohne  sich  des  Grundes  bewust  zu  sein.  In 
stilistisch  schwierigen  Stellen  will  Schenkl  das,  was  ich  von  der  Prä- 
paration verlange,  in  der  Schule  unter  der  Anleitung  des  Lehrers  vor- 
nehmen lassen  5  dasz  dadurch  aber  ein  rasclfer  Fortschritt  in  der  Leetüre, 
bei  der  allein  es  uiöglich  ist  die  Anabasis  in  zwei  Jahren  mit  Schülern 
durchzulesen,  aufgehalten  wird,  bedarf  keines  Beweises. 

Daneben  haben  meine  Bemerkungen  den  gewis  sehr  groszen  Vorteil, 
dasz  die  in  ihnen  gestellte  Aufgabe  da,  wo  es  nötig  ist  und  sich  mit  der 
Kürze  verträgt,  zugleich  die  grammatische  Regel  enthält,  wodurch  das 
eitleren  der  Grammatik  und  die  daraus  folgende  lästige,  zeitraubende 
Manipulation  vermieden  wird.  *) 


*)  Mehr  habe   ich  über  diesen  Punkt  schon  gesagt  in  der  oben  er- 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  561 

Der  zweite  Punkt,  welcher  einer  Rechtfertigung  bedarf,  ist,  dasz 
in  meinen  Bemerkungen  die  rhetorisclie  Seite  mehr  als  gewölinlich  her- 
vortritt, indem  diese  durch  das  ganze  Buch  durchgeführt  ist,  wärend 
andere  Herausgeber  dergleichen  Bemerkungen  nur  gelegentlich  und  spo- 
radisch geben.  Sehen  kl  tadelt  mein  A'erfahren  eatscliieden;  was  aber 
tadelnswerth  ist,  musz  unter  jeder  Bedingung  vermieden  werden,  und 
durften  also,  wäre  der  Tadel  gerecht,  alle  dergleichen  Bemerkungen 
von  keinem  Herausgeber  gegeben  werden.  Dasz  das  aber  Schenkls 
Meinung  nicht  ist  beweist  schon  dessen  Chrestomatliie,  in  der  er  in  den 
aus  der  Anabasis  entlehnten  Abschnitten,  namentlich  von  Seite  134  an 
über  Anaphora,  Asyndeton,  Wortstellung,  Epanalepsis  usw.  reichlich 
eben  so  viele  Bemerkungen  als  ich  bringt,  dann  wieder  spärlicher  damit 
wird.  Er  tadelt  also  die  consequente  Durchführung,  obwol  er  mit  etwas 
starker  Uebertreibung  behauptet,  dasz  der  Schüler  auf  'jeder'  Seite 
fortwärend  bemerkt  finde:  Chiasmus,  Paronomasie,  Anaphora  usw. 
Statt  solcher  Uebertreibung  wäre  es  mir  angenehmer  gewesen,  wenn 
Schenkl  an  den  Stellen,  wo  ich  dergleichen  neu,  somit  als  mein  FJi- 
gentum  erwähne,  irgend  einen  Irtum  nachgewiesen  hätte;  denn  für  die 
consequente  Durchführung  habe  ich  einen  wichtigen  Grund  angegeben, 
den  nemlich,  dasz  der  Schüler  durch  die  rhetorischen  Bemerkungen 
veranlaszt  werden  soll,  bei  den  schriftlichen  Uebersetzungen,  die  f für 
ihn  die  wesentlichste  Stilübung  bleiben,  auch  auf  die  Form  seine  Auf- 
merksamkeit zu  richten.  Bekanntlich  besteht,  wie  das  auch  Hoff- 
mann in  der  Vorrede  der  Rhetorik  ausspricht,  für  den  Schüler,  nament- 
lich für  den  Tertianer,  die  Originalität  der  deutschen  Arbeiten  in  der 
guten  Satzbildung  und  Gedankenverbindung,  d.  h.  in  der  Form.  Der 
Tertianer  liefert  Reproductionen  von  Erzählungen,  Beschreibungen  usw. 
und  macht  sich  dabei  erfahrungsmäszig  die  Form  so  leicht  als  möglich. 
Um  ihn  aber  zu  zwingen ,  sich  in  seine  Muttersprache  zu  vertiefen  und 
mit  der  Form  zu  ringen,  ist  es  angemessen,  ihm  recht  oft  schrift- 
liche Uebersetzungen  aufzugeben  und  zu  verlangen ,  dasz  er  die  Vor- 
züge des  Grundtextes  iu  Wort-  und  Satzstellung,  im  Gebrauch  der 
Tropen  und  formalen  Figuren  dem  deutschen  Sprachgeiste  angemessen 
wiedergebe.  Er  wird  dergleichen  aber  nicht  anders  beachten ,  als  wenn 
er  darauf  aufmerksam  gemacht  wird.  Aus  diesem  Grunde  niuste  ich, 
da  die  Schüler  je  nach  dem  Eintritt  in  die  Klasse  bald  bei  diesem,  bald 
bei  jenem  Buche  der  Anabasis  die  Leetüre  beginnen,  diese  Bemerkungen 
consequent  durchführen;  nicht  in  der  Absicht,  dasz  der  Lehrer  jedesmal 
eine  lange  Auseinandersetzung  darüber  vortrage,  sondern  dasz  der  Schü- 
ler, dem  die  Besonderheit  der  Form  im  Anfange  des  Schuljahrs  einmal 
oder  zweimal  genau  erklärt  ist,  an  der  kurzen  Andeutung  für  seine 
Arbeit  genug  habe  und  danach  seine  Aufgabe  löse.  Ich  habe  deshalb 
von  den  Chiasmen  selbst  die  unbedeutenden  angemerkt,  damit  der  Schüler 
überlege,  ob  auch  er  diese  bei  seiner  Uebersetzung  zu  beobachten  habe, 
und  so  sein  Urteil  schärfe. 


wähnten  Recension  von  Arrians  Anabasis,  kann  jedoch  hier,  da  mir 
einmal  Schenkls  Chrestomathie  vorliegt,  die  Bemerkung  nicht  unter- 
drücken, dasz  die  Art  und  Weise,  wie  iu  derselben  auf  frühere  Noten 
zurückverwiesen  wird,  für  den  Schüler  die  allerlästigste  ist.  Die  Chresto- 
mathie enthält  zunächst  14  Abschnitte  aus  der  Kyropädie,  es  fehlen 
ihr  aber  die  Columnentitel ,  die  doch  sonst  in  den  Ausgaben  der  Klas- 
siker und  in  den  Grammatiken  zur  Erleichterung  des  Nachschlagens 
stehn.  Gleichwol  citiert  Schenkl  immer  einfach  den  Abschnitt  und 
Paragraphen,  oft  ohne  Stichwort.  In  einer  neuen  Auflage  möchten 
vor  allen  Dingen  die  Columnentitel  anzuwenden  sein,  damit  ein  nutz- 
loses Suchen,   ein  geisttödendes  Hin-  und  Herblättern  vermieden  wird. 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  n.  Päd.  11.  Abt.  1861,  Hft  11  u.  12.  36 


562  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

Ich  habe  aber  noch  einen  zweiten  Grund,  weshalb  ich  diese  rheto- 
rischen Bemerkungeu  für  notwendig  und  wichtig  halte,  der  zwar  in  der 
Vorrede  nicht  angedeutet  ist,  sich  aber  gewis  des  Beifalls  der  Lehrer 
erfreuen  wird. 

Im  Organismus  der  Schule  musz ,  wo  es  nur  irgend  angeht ,  der  Zu- 
sammenhang zwischen  den  einzelnen  Lectionen  hervortreten,  indem  alle 
Lehrer  das  Ganze  der  Schulbildung  im  Auge  haben  und  auf  dieses 
Ziel  hinarbeiten.  Deshalb  sollen  namentlich  im  sprachlichen  Unter- 
richt sich  die  Lehrer  gegenseitig  stützen  und  heben ;  was  der  eine 
lehrt,  soll  der  andere  mit  einprägen,  einüben  und  anwenden  und  dazu 
nicht  nur  die  speciell  grammatischen  Stunden,  sondern  auch  die  Lectüre 
benutzen.  Diese  Sätze,  die  wol  keines  Beweises  bedürfen,  dienen  auf 
die  Tertia  angewandt  zur  Keehtfertigung  meines  Verfahrens.  Die  Tertia 
hat  im  deutschen  Unterricht  die  Aufgabe,  die  Schüler  mit  einigen  Teilen 
der  Rhetorik  bekannt  zu  maclien,  und  ich  stimme  ganz  mit  Hoff  mann 
überein,  der  in  seiner  Klietorik  (Abteilung  I  S.  IV)  die  Lehre  vom  Stil, 
von  den  engern  Tropen  und  den  formalen  Figuren  dieser  Klasse  zu- 
weist. Dasz  die  Lernenden  an  der  Beschäftigung  mit  diesen  Lehren  eine 
tüchtige  Geistesgymnastik  finden  ist  bekannt ,  aber  die  wenigen  deut- 
schen Stunden  reichen  zur  vollständigen  Durchdringung  nicht  aus  und 
musz  also  dieser  Unterricht  bei  der  Lectüre  des  Ovid,  Homer,  Caesar 
und  Xenophon  eingeübt  und  unterstützt  werden. 

Im  Lateinischen  hat  der  Tertianer  zusammenhängende  Stücke  als 
Exercitien  zu  liefern.  Hauptzweck  dieser  Compositionen  ist,  dasz  der 
Lernende  sich  des  Unterschieds  der  beiden  Sprachen  und  somit  des 
Charakteristischen,  das  jede  liat,  bewust  werde.  Da  nun  das  Grund- 
princip  des  antiken  Stils  (Nägelsbachs  Stilistik  S.  461  ff.)  beiden  Spra- 
chen gemein  ist,  die  lateinische  vor  allem  den  Chiasmus  und  die  Ana- 
phora ausgebildet,  die  griechische  Sprache  diese  Stellung,  wenn  auch 
weniger  ausgebildet,  auch  hat,  so  musz  in  allen  Stunden,  welche  daz)i 
Gelegenheit  bieten ,  auf  den  Charakter  des  antiken  Stils  hingewiesen 
und  das  Grundgesetz  der  Periodengestaltung,  wo  es  sich  im  Griechischen 
findet ,  7Air  Unterstützung  des  lateinischen  Unterrichts  klar  gemacht 
werden.  *) 

Noch  notwendiger  sind  die  rhetorischen  Bemerkungen  auf  solchen 
Schulen,  auf  denen  weitergehende  griechische  Compositionen,  etwa  nach 
dem  Uebungsbuche  von  Bau  ml  ein,  Holz  er  und  Riec  klier,  von  den 
Schülern  verlangt  werden.  Aber  auch  dann  ,  wenn  man  der  Ansicht  ist, 
dasz  in  Tertia  an  der  Stelle  der  griechischen  Exercitia  ein  Retrovertie- 
ren der  übersetzten  Pensa  genüge,  sind  dergleichen  Bemerkungen  uner- 
läszlich,  wenn  der  Schüler  die  Stellen  nicht  mechanisch  auswendig 
lernen  ,  sondern  als  mündliche  Exercitia  betrachten  und  somit  den  ge- 
gebenen Stoff   auf   dem  Wege   der  Reproduction   mit  Bewustsein    in   ein 


*)  Mit  der  Frage:  'wollte  man  in  der  Alltagssprache  nach  Figuren 
fischen,  würde  nicht  auch  da  jede  gewöhnliche  Rede  voll  solcher  Figuren 
stecken,  die  sich  natürlich  ergeben,  ohne  dasz  man  sie  künstlich  anzu- 
bringen sucht?'  hat  mich  Sehen  kl  nicht  widerlegt,  weil  ich  niclit  be- 
hauptet habe ,  dasz  Xenophon  ein  rhetorisierender  Schriftsteller  sei. 
Dagegen  bin  ich  der  Ansicht,  dasz  man,  wenn  die  Volks-  und  Alltags- 
sprache dem  Schüler  im  Unterricht  entgegentritt,  auch  in  dieser  ihm 
die  Figuren  zum  Bewustsein  bringen  miisz,  damit  er  das  Kernhafte  der 
Volkssprache  begreife.  So  z.  B.  im  Sprichwort:  ''Glück  und  Glas'  die 
Allitteration  usw.  —  Bei  der  Lectüre  des  'Armen  Heinrich'  V.  412  den 
Cliiasmus  mit  allitterierendem  Gegensatz: 

Nu  versmaehent  mich  die  boesen 
Die  biderben  ruochent  min  nicht. 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  563 

griecliiscbes  Gewand  kleiden  soll ,  weil  die  Schüler  auch  hei  diesen 
Uebungen  den  Unterschied  und  Gegensatz  in  dem  Charakter  der  beiden 
Sprachen  erkannt  haben  njüszen. 

Xenophon  hat  allerdings  nicht  daran  gedacht,  dasz  sein  Stil  in  der 
Schule  so  verwandt  werde ,  aber  Homer  hat  auch  nicht  daran  gedacht, 
dasz  die  deutsche  Jugend  von  ihm  griechische  Sprache  lernen  solle, 
dennoch  zerfetzen  und  zersägen  wir  ihn  zu  diesem  Zweck  und  fürchten 
nicht,  dasz  der  Schüler  das  langweilig  finde.  Ebensowenig  fürchte  ich, 
dasz  der  Schüler  den  Xenophon  für  einen  rhetorisierenden  Schriftsteller 
hält;  denn  die  kurzen  Bemerkungen  sollen  ihn  nicht  lange  aufhalten, 
und  wenn  dann  nach  Beendigung  eines  Kapitels  die  Schüler  angehalten 
werden  dasselbe  so  zu  repetieren,  dasz  sie  im  Stande  sind  dasselbe  so- 
gleich deutsch  vom  Blatte  zu  lesen,  oder  wenn  der  Lehrer  ihnen  das 
Kapitel  in  gutem  Deutsch  vorliest,  so  drängt  sich  der  Jugend  ''das  Bild 
der  natürlichsten,  einfachsten  und  doch  so  anmutigen  Darstellung'  durch 
den  Gesamteindruck  wieder  vollkommen  auf.  Er  hat  aber  zugleich  die 
unschätzbare  Einsicht  gewonnen,  dasz  ein  Schriftsteller  bei  aller  Ein- 
fachheit und  Anmut  auch  an  geeigneten  Stellen  ohne  Künstelei  die  for- 
malen Figuren  mit  Kraft  anwenden  kann ,  wie  denn  gewis  nicht  zu 
leugnen  ist,  dasz  ein  groszer  Teil  der  von  mir  nachgewiesenen  Chias- 
men nicht  ohne  bedeutende  Wirkung  ist,  namentlich  in  den  Reden,  was 
mir  der  feine  Kenner  des  antiken  Stils ,  der  leider  zu  früh  verstorbene 
Nägelsbach,  freudig  einräumte. 

Diese  rhetorischen  Beobachtungen  müszen  ferner  für  das  Verständ- 
nis der  Schriftsteller  in  den  obern  Klassen  geübt  werden;  ohne  sie  ist 
namentlich  kein  Verständnis  des  Deraosthenes  möglich ,  und  wer  nicht 
schon  Jahre  lang  sein  geistiges  Auge  dafür  geschärft  hat ,  wird  am 
wenigsten  die  Schulausgabe  von  Rehdantz,  welche  überall  auf  die 
Schwierigkeiten  des  wirklichen  Verständnisses  mit  groszer  Kürze  hin- 
weist, gebrauchen  können. 

Somit  habe  ich  bei  der  Bearbeitung  der  zweiten  Auflage  nichts  von 
meinen  Grundsätzen  aufgeben ,  sondern  nur  dahin  streben  können ,  die 
Arbeit  zu  verbessern  und  zu  vermehren.  Dasz  dieses  nach  Kräften 
geschehn,  davon  wird  sich  jeder  beim  ersten  Blick  überzeugen.  — 
Möge  sich  die  neue  Auflage  die  alten  Freunde  erhalten  und  viel 
neue  erwerben ,  mögen  alle  meine  am  Schlusz  der  neuen  Vorrede 
ausgesprochene  Bitte  beherzigen  und  mich  bei  meiner  Arbeit  unter- 
stützen ! 

Otterndorf.  F-  VoUbrecht. 


XXVIII. 

Hebräisches  Schulbuch  von  Lic.  Dr  W.  Hollenberg,  Oberlehrer 
am  königlichen  Joachimsthalschen  Gymnasium.  2.  Aufl.  Berlin 
1861.    95  S.    20  Sgr. 

Der  Verfasser  liesz  vor  mehreren  Jahren  die  erste  Ausgabe  dieses 
Compendiums  als  Manuscript  für  seine  Schüler  drucken.  Da  die  Ein- 
richtung des  Büchleins  durch  den  Gebrauch  sich  hinlänglich  bewährte, 
so  wurde  er  dadurch  veranlaszt  dasselbe  jetzt  in  verbesserter  Gestalt 
dem  weitern  Gebrauch  zugänglich  zu  machen.  Von  der  Ueberzeugung 
ausgehend,  dasz  das  Streben  nach  Vollständigkeit  tinsere  Lehrmittel 
fast  unausbleiblich  verdirbt  und  dasz  man  der  vorgeblichen  Wissen- 
schaftlichkeit und  Systematik  unserer  gewöhnlichen  Schulbücher  sich 
entschieden  entgegenstellen  müsze,  will  er  mit  diesem  Büchlein  und 
dem  Codex  sacer  den  ganzen  hebräischen  Unterricht  bestreiten,  und  ist 

36* 


564  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

der  Meinung,  dasz  erst  im  letzten  Halbjahr  für  die  akademischen  Be- 
dürfnisse eine  gröszere  wissenschaftlich  gehaltene  Grammatik  von  dem 
Scliüler  angeschafft  werde. 

Da  die  erste  Auflage  des  hebräischen  Scliulbiichs  nicht  in  den  Buch- 
handel gekommen  ist,  so  erscheint  es  dem  Keferenten,  um  die  Lehrer 
des  Hebräischen  an  den  Gymnasien  mit  dem  Buche  bekannt  zu  machen, 
zweckmäszig ,  zunächst  die  Einrichtung  des  Büchleins,  so  viel  mög- 
lich mit  des  Verfassers  eignen  Worten ,  anzugeben. 

Das  Büchlein  zerfällt  in  4  Teile.  Das  V  o  cabul  ar  ium  (13  Seiten), 
welches  den  Anfang  macht,  befolgt  nicht  die  sachliche  Anordnung ,  son- 
dern die  alphabetische  Folge,  doch  ist  innerhalb  dieser  die  Onomatik 
nicht  unberücksichtigt  geblieben. 

Der  zweite  Teil,  Grammatisches,  enthält  von  S.  14—61  in  mög- 
lichster Kürze  nur  das  wichtigste ,  indem  Erörterungen  allgemeiner  und 
philosophischer  Art ,  die  in  Kürze  nicht  wol  gegeben  werden  können, 
dem  mündlichen  Unterricht  des  Lehrers  anheim  gegeben  werden,  der 
für  die  Verdeutlichung  und  Aneignung  des  fragmentarischen  Stoffs  das 
meiste  thun  musz. 

Der  dritte  Abschnitt  (S.  Ö2 — 71)  enthält  29  deutsche  Uebungs- 
stücke,  die  vorzugsweise  zur  mündlichen  Verwendung  und  zur  Ein- 
übung der  Formen  der  regelmäszigen  und  unregelmäszigen  Verba  und 
Nomina  bestimmt  sind. 

Der  vierte  Abschnitt  (S.  72 — 05)  enthält  zum  Teil  die  gewöhnlichen 
Lesestücke,  die  Schöpfung,  die  Schöpfung  des  Menschen,  den  Sünden- 
fall, Isaaks  Opferung,  den  Decalog.  Die  Psalmen  (1.  2.  8.  13.  15.  16. 
23.  24.  42.  43.  46.  110.  121.  130  und  137)  und  die  Stellen  aus  dem 
Jesaias  (Kap.  6.  9.  35.  40.  42.  53)  sind  nicht  durchweg  mit  Rücksicht 
auf  die  progressive  sprachliche  Schwierigkeit  ausgewählt  worden.  Auf 
die  hebräischen  Lesestücke  folgt  die  hebräische  U eher  s  et  zu ng  von 
Lucas  15  ohne  Vocale. 

Nachdem  ich  im  vorhergehenden  den  Plan  des  Werkchens  meist  mit 
des  Verfassers  eignen  Worten  angegeben  habe,  will  ich  nun  noch  einige 
Bemerkungen ,  die  sich  mir  bei  der  Durchsicht  desselben  aufgedrängt 
haben,  hinzufügen. 

Das  Vocabularium  enthält  nicht  sämtliche  Wörter,  die  in  den 
Lesestücken  vorkommen;  unter  jedem  Lesestück  sind  noch  bald  mehr, 
bald  weniger  Wörter  mit  ihrer  Bedeutung  angegeben.  Nach  welchem 
Princip  der  Verfasser  dabei  verfahren,  hat  Referent  nicht  gefunden. 

Der  zweite  Abschnitt  (Grammatisches)  enthält  auf  S.  14 — 36  das 
für  den  ersten  Unterricht  allernotwendigste  aus  der  Formenlehre ;  von 
S.  37 — 61  folgen  die  Paradigmen  der  regelmäszigen  und  unregelmäszigen 
Zeitwörter,  des  regelmäszigen  Zeitworts  mit  Suffixen,  die  Uebersicht  der 
Stammbildungen  der  Nomina,  der  Nominalflexion  und  der  Nominalflexion 
vor  Suffixen.  Der  Verfasser  schlieszt  sich  in  der  Darstellung,  was  sehr 
zu  billigen  ist,  an  Seffer  und  Nägelsbach  an.  Schon  aus  der  Seiten- 
zahl ergibt  sich ,  dasz  manches  nur  eben  ganz  kurz  angedeutet  sein 
kann,  die  Erklärung  aber  dem  Lehrer  in  der  Klasse  überlassen  ist, 
z.  B.  die  Finales  YtVi2'3.  Eben  so:  Dilatabiles.  Mutae.  Scriptio  plena, 
defectiva.  Die  festen  unverdrängbaren  Vocale,  Einfache  oder  offene 
Silben.  Zusammengesetzte  oder  geschlossene  Silben.  Vom  Makkeph. 
Vom  Metheg  als  Nebenton  usw.  Alles  ohne  nähere  Erklärung.  Aus 
diesen  wenigen  Anführungen  ergibt  sich  schon,  wie  sehr  der  Verfasser 
bestrebt  gewesen  ist,  den  für  den  ersten  Unterricht  bestimmten  Stoff 
recht  kurz  zusammenzudrängen,  und  dasz  das  Büchlein  ohne  Hülfe 
des  erklärenden  und  ergänzenden  Lehrers  gar  nicht  gebraucht  werden 
kann.     Ref.  macht  hiebei  auf  ein  ähnliches ,   schon  vor  70  Jahren  ,   von 


Kurze  Anzeigen  und  Miscellen.  565 

dem  als  tüchtigen  Didaktiker  bekannten  J.  H.  P.  Seidenstücker 
(Leitfaden  für  den  ersten  Unterricht  in  der  hebräischen  Sprache.  16  S. 
Helmstedt  1791)  aufmerksam.  Was  die  Ausführung  des  Planes  an- 
betrifft, so  wird  die  Ansicht  der  Lehrer  über  das,  was  nur  angedeutet 
zu  werden  braucht,  und  das,  was  der  weitern  Ausführung  bedarf,  gewis 
verschieden  sein.  Der  eine  wird  dies,  der  andere  jenes  vermissen  oder 
zu  kurz  dargestellt  rinden.  Eigentlich  fehlerhaftes  ist  Referenten  bei 
der  Durchsicht  des  grammatischen  Teils  nicht  aufgestoszen. 

Der  dritte  Abschnitt  (Uebungsstücke)  enthält  in  29  Stücken  zu 
10  bis  12  Zeilen  kleine  deutsche  Sätze  zur  Einübung  der  Verbal-  und 
Nominalformeu;  z.  B.  78  Zeilen  zur  Einübung  der  Formen  des  regel- 
mäszigen  Zeitworts,  75  Zeilen  zur  Einübung  der  Formen  der  Nomina. 
Die  zum  Uebersetzen  bestimmten  Sätze,  welche  teils  wörtlich  teils  etwas 
verändert  der  Schrift  entlehnt,  teils  vom  Verfasser  selbst  gebildet,  teils, 
wie  der  Verfasser  selbst  in  der  Vorrede  bemerkt,  dem  sehr  reichhaltigen 
Buche  des  Prof.  Uhlemann  entnommen  sind,  sind  zweckmäszig  und 
dem  Standpunkt  der  Schüler  angemessen.  Die  noch  nicht  vorgekomme- 
nen Wörter  sind  in  Klammer  dem  betreffenden  deutschen  Worte  nach- 
gesetzt, doch  scheint  der  Verfasser  in  dieser  Hinsicht  nicht  consequent 
gewesen  zu  sein.  So  steht  in  der  dritten  Zeile  auf  Seite  62  hinter  'Land' 
nichts,  Zeile  5  dagegen  hinter  'Erde'  (■^IN),  obgleich  im  Vocabularium 
beide  Bedeutungen  angegeben  sind.  Zeile  19  auf  derselben  Seite  fehlt 
hinter  'verkaufen'  das  hebräische  Wort,  obgleich  es  im  vorhergehenden 
noch   nicht  vorgekommen  ist. 

Der  vierte  Abschnitt  (Lesestücke)  enthält  gleich  gröszere  Lese- 
stücke. Referent  würde  im  Interesse  der  Schüler  es  vorziehn  einige 
wenige  Seiten  mit  kleineren  Sätzen,  in  denen  nur  regelmäszige  Formen 
vorkommen,  wie  Brückner  in  seinem  hebräischen  Lesebuche  gethan, 
vorherzuschicken.  Die  Zahl  der  prosaischen  Stücke  (9  Seiten)  steht  in 
keinem  Verhältnis  zu  den  poetischen  (13  Seiten),  zumal  da  der  Ver- 
fasser, wie  er  selbst  in  der  Vorrede  gesteht,  in  den  aus  den  Psalmen 
und  dem  Jesaias  entlehnten  Stücken  nicht  durchweg  mit  Rücksicht  auf 
die  progressive  sprachliche  Schwierigkeit  ausgewählt  hat.  Die  Auswahl 
der  Psalmen  ist  zweckmäszig,  auch  sind  die  verschiednen  Arten  der 
Psalmen  vertreten. 

Ob  nach  des  Verfassers  Ansicht  diese  Stücke  für  3%  Jahre  aus- 
reichen sollen,  so  dasz  erst  im  letzten  halben  Jahre  der  Codex  sacer  in 
den  Händen  der  Schüler  zu  sein  braucht ,  ist  aus  den  Worten  des  Ver- 
fassers in  der  Vorrede  nicht  zu  entnehmen.  Referent  würde  in  Secunda 
blos  prosaische  Stücke  zum  Uebersetzen  vorschlagen ,  die  poetischen  für 
Prima  aufsparen. 

Mit  dem  Princip  des  Verfassers,  dasz  wir  bei  unserem  Unterricht 
und  den  demselben  zu  Grunde  zu  legenden  Schulbüchern  die  wissen- 
schaftlichen Anforderungen  herabstimmen  müszeu,  dasz  wir  aus  der 
didaktischen  Sitte  des  vorigen  Jahrhunderts  Nutzen  ziehn  können ,  ist 
Referent  durchaus  einverstanden.  Einzelne  unserer  neueren  hebräischen 
Grammatiken  sind  vor  lauter  Wissenschaftliclikeit  fast  ganz  unbrauch- 
bar geworden,  wie  diejenigen  Collegen ,  welche  sich  derselben  beim 
Unterricht  in  der  Klasse  bedient  haben,  sattsam  erfahren  haben  werden. 

Mit  der  Verbindung  von  Grammatik,  Lesebuch  und  Ue- 
bungsbuch,  wie  der  Verfasser  sie  angestrebt  hat,  ist  Referent  mehr 
einverstanden  als  mit  der  Art  imd  Weise,  wie  Seffer  denselben  Zweck 
in  seinem  Elementarbuch  der  hebräischen  Sprache  zu  erreichen  versucht 
hat.  Referent  hat  nur  zweierlei  Bedenken  gegen  den  Gebrauch  des 
Buchs;  er  fürchtet  erstens  dasz  der  Verfasser  dem  Schüler  zu  wenig 
gibt,  was  er  ohne  Hülfe  des  Lehrers  zu  seinem  festen  Eigentum  machen 


566  Kurze  Anzeigen  und  Miscellen. 

kann,  dasz  er  in  dem  grammatischen  Abschnitt  der  verdeutlichenden 
Thätigkeit  des  Lehrers  zu  viel  überläszt,  und  dann,  dasz  der  Gebrauch 
einer  gröszern  wissenschaftlich  gelialtenen  Grammatik,  der  im  letzten 
Halbjahr  für  die  akademischen  Bedürfnisse  notwendig  ist,  den  Schüler 
eher  verwirren  als  fördern  wird.  Vielleicht  wird  der  Verfasser ,  der 
schon  seit  einigen  Jahren  Versuche  mit  dieser  Methode  gemacht  hat, 
aus  eigner  Erfahi'ung  diese  Bedenken  als  uugegründet  zurückweisen 
können. 

Der  Druck  ist  namentlich  in  den  Lesestücken,  weniger  in  den 
Tabellen  im  Ganzen  correct  und  deutlich;  doch  sind  zuweilen  die  Vo- 
cale  nicht  ganz  deutlich  ausgedruckt ;  z.  B.  S.  25  Z.  5  N'^UJS ,  wo  das 
Chirek  fehlt,  eben  so  S.  53  ^S^C^or^P,  wo  das  Chirek  fehlt ,  S.  59  Dib.n 
statt  5,  S.  56  by,  S.  60  ^b.l  statt' iKn;    in  ^'nl^'H  fehlt  das  Metheg  usw. 

Der  Preis  ist  für  ein  Schulbuch,  das  Grammatik,  Lesebuch  und 
Uebungsbuch  zugleich  ist ,  nicht  zu  hoch. 

Essen.  Buddeberg. 

XXIX. 

Scherz  und  Ernst. 


1 

Als  man  beim  Philologenverein  zu  Jena  im  Herbst  1847  noch  heiter 
beim  Nachtisch  zusammensasz ,  fühlte  ich  mich  auf  die  Schulter  geklopft. 
Der  unvergeszliche  fünf  und  siebenzigjährige  Gottfried  Hermann  stand 
hinter  mir:  'sagen  Sie  mir  doch  — Sie  sind  ja  ein  Jenenser  und  wollen 
ein  Etymolog  sein  —  wo  kömmt  Jena  her?'  Ich:  ''Sie  wollen  mir  die 
Laune  verderben,  Herr  Comthur,  indem  Sie  mich  gerade  nach  dem 
allereinzigen  Wort  fragen,  dessen  Etymon  ich  nicht  zu  kennen  ge- 
stehn  musz."  Er:  'nun,  so  lernen  Sie's  von  mir:  Jena  von  irivail  Sie 
hören  und  sehen  ja  ringsum,  cos  '^^ccg  nävzag  tccLvei.^ 


Wer  hat  nicht  mehr  als  hundertmal  gesungen 
Edite,  bibite,  collegiales! 
Post  multa  saecula  pocula  nulla. 
So   oft  ich  bisher  wie  Graf  Isolan  fragte  :  das  klingt  wie  ein  lateinischer 
Spruch;    Herr  Bruder  wie  heiszts  auf  deutsch?    erhielt   ich  die  Dolmet- 
schung:   'esst  und  trinkt,  ihr  Brüder!  nach  vielen  Jahrhunderten  gibts 
keine  Becher  mehr.'     Unmöglich   richtig!    der    zweite  Satz  würde  einen 
unverzeihlichen  Fehler  gegen   die   Rhetorik  und   Poetik   enthalten,  nem- 
lich  ein  contrarium.     Denn  als  Motiv    der    Aufforderung  zum  Lebensge- 
nusz  taugt  nur  der  Spruch:  'lasset  uns  essen  und  trinken,  denn  morgen 
sind  wir  todt.'     Morgen,  das  heiszt:    sehr  bald,  post  paucos  annos, 
aber  nimmermehr  post  multa  saecula;  denn  das  wäre,  von  der  Unmög- 
lichkeit eines   so   langen   Lebens   abgesehn,   vielmehr  eine  Aufforderung 
mit  dem  carpe  diem !  sich  nicht   etwa  zu  beeilen;    also  ein  contrarium. 

Nach  manchem  Hin-  und  Herreden  machte  ein  Anwesender,  den  ich 
aus  Bescheidenheit  nicht  nenne ,  den  Vorschlag  zu  einer  bessern  Inter- 
punction,  Construction  und  Interpretation. 

Edite,  bibite,  collegiales! 
Post  multa  saecula,  pociila  nulla. 
Nemlich  post  steht  adverbialisch  für  postea.     Der  Sinn  ist:    'esset    und 
trinket ,  ihr  Brüder !    Später  [wenn  wir  im  Grab  ruhn]  gibt  es  zwar  noch 
viele  .lahrhunderte   [bis  zu  unserer  Auferstehung] ,  aber  [wenigstens  für 
die  Todten]   keine  Becher.' 


Kurze  Anzeigen  und  iMiscelleu.  567 

3. 

Der  bekannte  Spriicli  des  Komüdiendichters  Epichiirmus 
vccq)S  Kai  fistivaG  anicvsCv '  txQ^Qa  rccvTa  zäg  tpQevog. 
nimmt  sich  in  dieser  Isolierung-  ganz  gut  aus  als  Princip  des  gemein- 
sten Weltverstandes,  der  fast  in  jedem  Drama  seinen  Repräsen- 
tanten findet;  ein  Princij) ,  zu  dem  sich  kürzlich  auch  ein  hoher  Staats- 
beamter mit  den  denkwürdigen  Worten  bekannte:  'ich  traue  niemandem, 
verlange  aber  auch  von  niemand  dasz  er  mir  traue.' 

Will  sich  aber  jemand  daraufsetzen,  jenen  Vers  zu  einem  annehm- 
baren ethischen  Spruch  zu  machen,  so  niusz  er  q)QBv6g  betonen  als 
den  blosen  Vers  t  and ,  im  Gegensatz  des  Gemüts,  und  einen  antithe- 
tischen Vers  hinzudichten,  etwa  in  folgender  Art: 

fjii  da  jiac'vov  v.aTiLnioT8v  •  agO'Qa  xoo  &v^ov  rads. 
Dann  besagt  das  Verspaar  folgendes: 

Nüchtern   sei   und    übe    Mistrauen;     das   ist    des    Geistes   Hand 

und  Fusz ; 
Sollst    jedoch    auch    schwärmen,    trauen;    das    ist    des  Herzens 

Hand  und  Fusz. 
4. 
Man  hört  oft  eine  vermeintliche  Anspielung  auf  Schillers  Wallenstein  : 
O  ich  kenne  meine  Pappenlieimer! 
Allein  meine  philologische   a'HQißfia  und  meine  svaißsia  gegen  alles  was 
Schiller  heiszt,  zwingen  mich,   so  oft  ich  es  höre,  zu  einer  Verwahrung 
und  Berichtigung.     Zwar  sagt  Walleustein  zu  den  Gefreiten: 

Daran  erkenn'  ich  meine  Pappenheimer! 
zwar  rühmt  sich  der  zweite  Jäger: 

Sie  kennen  das  holkische  Jägerhorn! 
aber   nirgend   findet   sich    bei  Schiller,  was  man  aus  diesen  zwei  Remi- 
uisceuzen  zusammenzuschweiszen  pflegt: 

Ich  kenne  meine  Pappenheimer. 
Erlangen  den  12.  August  1861.  L.  Döderlein. 


XXX. 

Ein  Schulzeugnis  von  Voss  ausgestellt. 


Wenn  es  jedem  guten  Manne  eine  Freude  ist,  Talente  mit  Recht- 
schafifenheit  vereint  aufblühen  zu  sehen,  so  hat  diese  Betrachtung  ge- 
wis  etwas  vorzüglich  reizendes  für  den  Lehrer,  der  ein  Zeuge  von  der 
allmählichen  Entwickelung  des  ersten  Keimes  war,  und  von  dem  Wachs- 
tum unter  seiner  Aufsicht  und  \\artung  am  sichersten  auf  die  künftigen 
Früchte  schlieszen  kann.  Dies  ist  der  Fall ,  worin  ich  mich  bei  dem 
jungen  Donner ,  einem  Pflegesohn  des  Herrn  Adv.  Hebel  in  Neuhaus, 
befinde.  Seit  drei  Jahren,  so  lange  er  meines  Eaths  und  Unterrichts 
genossen  hat,  kenne  und  liebe  ich  ihn  als  einen  Jüngling  von  seltenen 
Naturgaben,  feinem  Gefühle,  lebhaftem  Verstände,  ausdauernder  Thä- 
tigkeit,  und  besonders  von  nicht  gemeiner  Wärme  für  Tugend  und  Re- 
ligion. Seine  Kenntnisse  zu  rühmen,  würde  mir  nicht  anstehn.  Aber 
das  darf  ich  wenigstens  sagen,  dasz  er,  statt  mit  unzeitigem  Eifer  zur 
Akademie  zu  eilen,  nicht  nur  meine  Genehmigung,  sondern  sogar  mei- 
nen Antrieb  abgewartet  hat.  Ich  bin  überzeugt,  dasz  er  künftig,  als 
ein  einsichtsvoller  und  redlicher  Diener  der  Gerechtigkeit ,  seinem  Va- 
terlande Ehre  und  Nutzen  bringen  kann ,  und  empfehle  ihn  deshalb  der 
Aufmerksamkeit  und  Unterstützung  der  Edlen ,  denen  die  Ausbildung 
geistvoller  Jünglinge  zum  Besten  des  Staats  am  Herzen  liegt. 

Otterndorf,  den  28.  Jun.  1782.  J.  H-   Voss,  Rector. 


568  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statistische 
Notizen,  Anzeigen  von  Programmen. 


Oesterreich.]  Haben  diese  Blätter  der  seit  dem  J.  1848  begonne- 
nen neuen  Organisation  des  Unterrichtswesens  in  Oesterreich  die  teil- 
nehmendste Aufmerksamkeit  gewidmet,  haben  sie  die  tiefe  Einsicht  in 
der  klaren  Aufstellung  richtiger  Principien  und  in  der  bei  aller  Conse- 
quenz  doch  allen  praktischen  Forderungen  Rechnung  tragenden  Durch- 
führung gebürend  gewürdigt,  der  energischen  Thätigkeit  mit  welcher 
die  Reform  ins  Leben  geführt  ward,  und  den  Männern  welche  bei  dem 
schwierigen  Werke  unter  Kampf,  Sorgen  und  Mühen  mit  unbeugsamem 
Mut  und  echter  Humanität  ausharrten,  den  wolverdienten  Beifall  nicht 
versagt,  hat  endlich  in  ilinen  die  Anerkennung,  dasz  durch  diese  Be- 
strebungen echte  Bildung  in  den  so  reich  gesegneten  südwestlichen 
Ländern  Deutschlands  verbreitet  und  das  Licht  der  Wissenschaft  in 
Gegenden  getragen  wurde,  welche  fast  aller  Cultur  gänzlich  verschlos- 
sen schienen ,  freudigen  Ausdruck  gefunden ,  so  können  sie  sich  auch 
der  freilich  schweren  Pflicht  nicht  entziehn,  über  die  Schritte  und 
Handlungen  zu  berichten ,  durch  welche  das  mit  so  vielen  Kosten  und 
Mühen  errichtete  Werk  erschüttert  und  in  Frage  gestellt ,  teilweise  ver- 
nichtet worden  ist ,  um  so  weniger  als  dadurch  die  wahre  Natur  jener 
Bestrebungen,  von  dem  schön  tönenden  Phrasenklang  schmeichelnder 
Vernunftprincipien,  namentlich  des  Nationalitätsprincips  entkleidet,  ans 
Licht  gezogen  wird,  andererseits  aber  sich  daran  die  Hoffnung  knüpft, 
dasz  das  Aussprechen  liebevoller  Teilnahme  vielleicht  zur  Ermutigung 
im  ausharrenden  Kampfe  etwas  beitragen  könne.  Nach  Ungarn  freilich 
werden  unsere  Worte  nicht  dringen;  bei  denen  welche  im  blindesten 
Nationaleifer  so  weit  gehen,  dasz  ihnen  nur  etwas  mit  dem  Namen 
Deutsch  bezeichnet  werden  darf  um  es  zum  verhasztesten  und  ge- 
fährlichsten Dinge  zu  machen,  werden  sie  nichts  ausrichten;  aber 
wenn  wir  nur  e'inen  ,  der  sich  dem  Parteistreben  unbesonnen  beigesellt, 
zum  besonnenen  Nachdenken  vermögen,  wenn  wir  nur  in  einigen  von 
denen  in  Deutschland,  welche  jenen  Agitationen  Beifall  klatschten,  ein 
richtigeres  Urteil  und  die  Erkenntnis,  was  denn  eigentlich  im  Hinter- 
gründe davon  laure  und  schlieszlich  siegreiches  Hervortreten  befürchten 
lasse ,  zu  erzeugen  helfen ,  so  werden  wir  die  Mühe  nicht  für  unverloren 
erachten. 

Viele  unsrer  Leser  haben  gewis  aus  Zeitungen  erfahren,  welche 
himmelschreiende  Ungerechtigkeit  die  Deutschen,  welche  in  Ungarn 
das  Licht  der  Wissenschaft  durch  Unterricht  der  Jugend  zu  entzün- 
den sich  bereit  finden  lieszen,  von  dem  in  Barbarei  trunkenen  Ma- 
gyarentum  zu  erdulden  gehabt  haben ;  gleichwol  scheint  es  nicht  un- 
zweckmäszig,  dies  an  der  Geschichte  einer  Anstalt  aufzuzeigen.  Dazu 
bietet  uns  Stoff  eine  kleine  Schrift:  die  Pester  städtische  deutsche  Oher- 
reahchide  und  ihr  Ende  (Vv'^ien  1861.  Druck  von  Fr.  Förster  u.  Bräder. 
20  S.  8) ,  da  dieselbe  vollständig  und  aktenmäszig  die  Thatsachen  zu- 
sammenstellt und  weit  entfernt  von  eignen  Reflexionen  darüber  bei  dem 
Leser  ein  sicheres  Urteil  ermöglicht  und  vermittelt.  Im  Jahre  1854  be- 
schlosz  der  Gemeinderath  von  Pest  die  Errichtung  einer  sechsklassigen 
Oberrealschule  mit  deutscher  Unterrichtssprache,  ganz  mit  den  im  Or- 
ganisationsentwurf für  diejenigen  Realschulen  aufgestellten  Einrichtun- 
gen, welche  das  Recht  der  Oeffentlichkeit ,  d.  h.  der  Ausstellung  in  der 
ganzen  Monarchie  gültiger  Zeugnisse  erlangen  wollten.  Wir  müszen 
hier  sogleich  darauf  aufmerksam  machen,  dasz  der  erwähnte  Entwurf 
§  17   die  Wahl   der  Unterrichtssprache   frei    stellte,   demnach  zur  Wahl 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen,  569 

der  deutschen  kein  gesetzlicher  Zwansr  vorlag.     Wenn  wir   sehen,   dasz 
für   die  zwei  untern  Klassen  Parallelabteilungen  mit  ungarischer  Unter- 
richtssprache errichtet  wurden ,  so  erscheinen  folgende  Schlüsse  gerecht- 
fertigt:   es    war   mindestens    die   gleiche   Zahl   von    Schülern    deutscher, 
wie  von  solchen  ungarischer  Nationalität  zu  erwarten ,  man  muste  aber 
für    die   letztern   vollständige   Aneignung  der   deutschen  Sprache  als  ein 
unabweisbares  Bedürfnis   betrachten,  und    da  diese  doch  wol   durch  Er- 
teilung von  Unterricht  zu  erzielen  gewesen  sein  würde,  man  überzeugte 
sich,    dasz  die  ungarische   Sprache    zur  Mitteilung   der  in  der  Oberreal- 
schule zu  lehrenden  Wissenschaften  weniger  geeignet  sei.     Das  Vorwal- 
ten  des  letzLen   Motivs  wird    dadurch   bestätigt,    dasz    als   Lehrer    auch 
befähigte    Männer   ungarischer   Nationalität    angestellt ,    ja   solchen   vor 
Deutschen    bei    gleicher   Befähigung   der   Vorzug    gegeben    wurde ,    also 
doch   die   Möglichkeit   dasz   einzelne  Lehrfächer   in  ungarischer  Sprache 
vorgetragen  würden   hätte  vorhanden  sein  müszen,  wenn  diese  nur  von 
den  Lehrern  abgehangen  hätte.    Es  kann  nicht  Verwunderung  erwecken, 
dasz  in  Ungarn  geeignete  Lehrer  für  die   zu  gründende    Oberrealschule 
nicht  in  genügender  Zahl  vorhanden  sich  fanden ,   da  die  Schulen  dieser 
Gattung   im   Magyarenlande    gänzlich   unbekannt  waren.     Zum  Director 
erbat    sich   der  Gemeinderath    den  Dir.  der    kk.  Oberrealschule    auf  der 
Landstrasze    zu   Wien    Dr   Jos.  Weiser    und    forderte   in  öffentlichen 
Blättern   Bewerber    aus    allen    Ländern    der    österreichischen  Monarchie 
zur  Anmeldung  auf.    Die  gewählten  wurden  vom  Gemeinderath  vereidigt 
und  später  mit  Genehmigung  des  Ministeriums  definitiv  angestellt.     Die 
Organisation  ward  von  dem  genannten  aus  Wien  berufenen  Director  so 
vollständig    den    Forderungen    des    Organisationsentwurfs    entsprechend 
durchgeführt,    dasz  der  Anstalt  das  Recht  der  Oeffentlichkeit  zugestan- 
den ward.     Mehr  als  die  mehrmals  von  der  Stadtbehörde  dem  Lehrkör- 
per   zugefertigten    Anerkennungsdecrete   und    das    dem    Director  erteilte 
Ehrenbürgerrecht   spricht   für    die  Leistungen  das  gewaltige  Steigen  der 
Frequenz.     Schon  im  zweiten  Schuljahre  war  dieselbe  in  den  vier  obern 
Klassen,    in    denen    die    deutsche    Sprache    die    Unterrichtssprache   war, 
300,  wovon  ungefähr  die  Hälfte  der  ungarischen  Nationalität  angehörte, 
später  überstieg  die  Schülerzahl  600.     Dagegen  giengen  die  ungarischen 
Parallelklassen  gänzlich  ein ,    weil  die  drei  angestellten  Piaristenordens- 
priester  für  die  Lehrfächer  der  Realschule   nicht   vorbereitet  waren  und 
trotz    wiederholter  Aufforderungen    keine   Prüfungen   bestanden.     Es  ist 
aktenkundig,  dasz  der  Mangel  an  Schülern ,  welche  sich  zu  diesen  Klas- 
sen meldeten,  das  Eingehn  bewirkten.     Die  Leistungen  der  Schule  fan- 
den   also    im    Publicum    die    ehrendste   Anerkennung,   ja   sie   ward  das 
Muster  für   ähnliche  in   Ungarn.     Die  Lehrer  bewiesen  ihre  edle  Begei- 
sterung, indem  sie  1855  eine  Sonntagsgewerbschule  für  Handwerker  un- 
entgeltlich errichteten  und   ebenso    unentgeltlich    1856   einen    Lehramts- 
candidatencursus  für  Unterrealschulen  eröffneten,    aus  dem  mehrere  un- 
garische Städte  Lehrer,    die    sich   bald    allgemeine  Anerkennung    erwar- 
ben, beriefen.    Wenn  so  die  deutschen  Lehrer  im  Publicum  nur  Beweise 
von  Achtung  und  Liebe,  von  ihren  Schülern   die  Kundgebungen  rühren- 
der herzlicher  Dankbarkeit,   von   der  Stadtbehörde,    welche  durch  zwei 
eigene    Realschulcommissäre    Dr    Burkhart    und    Effenberger    die 
Patronatsrechte  fort  und  fort  ausübte,  nur  Anerkennung  erhalten  hatten, 
wenn    ihr    Einvernehmen    mit    ihren    Collegen    ungarischer   Nationalität 
durch    nichts    gestört    und    nie    an    sie    die    Forderung    die    ungarische 
Sprache    zu   erlernen   gestellt   worden   war ,    so  erscheint  nun    die  Reihe 
von  Mishandlungen,  welche  sie  seit  1860  zu  erdulden  hatten,  im  grell- 
sten Lichte.     Verdächtigungen   und   Verhöhnungen    in    der    ungarischen 
Tagespresse  waren   das  Vorspiel.     Die   Stadtbehörde  war  ganz  in  ihrem 
Rechte ,   wenn   sie  neben  der   deutschen  im  Sept.  1860  eine  ungarische 


570  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slalist.  Notizen. 

Oberrealschule  zu  errichten  beschlosz,  ja  man  kann  zngestehn,  dasz 
sie  damit  vielleicht  ein  früher  begangnes  Versäumnis  gut  machte.  Dasz 
die  ungarische  Realschule  in  dasselbe  Gebäude  mit  der  deutsclien  ver- 
legt Avurde,  mag  mit  dem  augenblicklichen  Zwange  der  Not  entschuldigt 
werden,  beweist  aber  mindestens  Unkenntnis  der  bestehenden  Zustände 
im  Volke  und  den  Mangel  aller  pädagogischen  Weisheit.  Und  hätte 
nicht  wenigstens  der  wirklich  greuliche  Vorgang,  dasz  bei  der  Eröffnung 
der  ungarischen  Realschule  noch  in  Anwesenheit  des  Bürgermeisters 
und  der  Vertreter  der  Stadt  die  Schuljugend  für  das  Magyarentum 
tunuiltuierte ,  die  Augen  öffnen  müszen ,  wenn  wirkliche  Sorge  für 
das  geistige  und  sittliche  Gedeilm  der  ungarischen  Jugend  die  Veran- 
lassung zu  jener  Maszregel  gewesen  war?  Auch  das  beweist  nicht  pä- 
dagogische Einsicht,  dasz  die  ungarische  Schule  sich  nicht  von  unten 
auferbauen  sollte,  sondern  sofort  mit  den  beiden  extremen  Klassen  I 
und  IV  begann.  Wir  wollen  nicht  den  Stab  brechen  über  Männer, 
welche  in  Zeiten  der  politischen  Aufregung  die  besonnene  Umsiclit  und 
ruhige  allseitige  Erwägung  nicht  zu  bewähren  vermögen  und  wider 
Willen  der  Gährung  und  dem  Unverstand  Nahrung  bieten,  allein  die 
Thatsache  dasz  der  zum  Directnr  der  ungarischen  Schule  ernannte 
Lehrer  seine  Stellung  als  Lehrer  der  ungarischen  Sprache  an  der  deut- 
schen behielt,  dagegen  der  bewährte  Director  der  deutschen  als  Hülfs- 
lehrer  des  Zeichnens  an  der  ungarischen  jenem  untergeordnet  wurde, 
beweist,  dasz  der  Parteihasz  ein  Hebel  gewesen  war.  Ein  neuer  Beweis 
von  Tyrannei,  die  selbst  des  Herzen  Heiligstes  zu  stören  sich  niclit 
scheut,  war  der  Befehl  des  Erzbischofs,  dasz  die  deutschen  Lehrer  auch 
mit  ihren  deutschen  Schülern  ungarisch  beten  und  singen  müsten.  Allein 
viel  schlimmeres  war  noch  vorbehalten.  Die  auf  Grund  der  Gesetze 
von  1848  am  4.  Jan.  18()1  constituierte  städtische  Repräsentanz  bildete 
sofort  eine  Section  für  die  Schulangelegenheiten  unter  Vorsitz  des  Ba- 
ron von  Eötvös.  Die  Frage  wegen  der  Unterrichtssprache  war  schon 
vorher  aufgetaucht  und  darüber  von  der  k.  Hofkanzlei  Bericht  erfordert 
worden.  Der  Lehrkörper  der  städtischen  Realschule  hatte  sich  dahin 
ausgesprochen,  dasz  bei  den  Bevölkerungsverliältnissen  der  Stadt  das 
Bestehen  einer  ungarischen  und  einer  deutschen  Oberrealschule  möglich 
und  gerecht,  die  Errichtung  einer  einzigen  mit  gemischter  Unterrichts- 
sprache dagegen  von  Uebel  sein  werde:  gewis  eine  eben  so  den  Ver- 
hältnissen gebürend  Rechnung  tragende ,  wie  von  pädagogischer  Ein- 
sicht zeugende  Erklärung.  Durch  die  Eröffnung  der  ungarischen  Ober- 
realschulklassen war  bereits  dem  Bedürfnis  der  Magyaren  genügt  und 
die  Möglichkeit,  ihre  Wünsche  erfüllt  zu  sehen,  vollständig  geboten. 
Aber  die  Magyaren  wollten  keine  deutsche  Schule  in  ihrer  Mitte,  die 
deutsche  Bevölkerung  sollte  in  ihrer  Sprache  keinen  Unterricht  mehr 
finden  können.  Und  wie  verfuhr  die  Section  für  Schulangelegenheiten, 
die  Behörde  in  deren  Hand  das  heiligste  Kleinod,  die  religiöse,  sittliche 
und  geistige  Erziehung  der  Jugend,  gelegt  war.  Zwei  Coramissäre  er- 
schienen Sonnabend  den  12.  Jan.  in  der  Schule  und  gaben  jedem  Kna- 
ben einen  Zettel,  den  sie  am  14.  mit  der  Unterschrift  ihrer  Eltern  wie- 
der abliefei-n  sollten:  'in  welcher  Sprache  sie  den  Unterricht  ihres  Soh- 
nes erteilt  zu  sehen  wünschten'.  Hätte  man  dem  vielleicht  verhaltnen 
oder  noch  nicht  zur  Einsicht  gekommenen  Magyarentum  eine  Förderung 
geben  wollen,  es  hätte  die  Aufforderung  genügt,  dasz  doch  die  unga- 
rischen Schüler,  welche  noch  in  den  deutschen  Klassen  sich  befänden, 
in  die  ungarischen  übergehn  möchten;  die  Furcht  vor  der  Parteiwut 
hätte  gewis  jeden  säumigen  zu  eiliger  Flucht  aus  jenen  Klassen  getrie- 
ben;  allein  man  hätte  dann  warten  müszen  bis  die  deutschen  Klassen 
sich  entleerten  und  wie  wenn  die  deutsche  Bevölkerung  hartnäckig  bei' 
ihren   Lehrern   blieb?     Man  wollte  zur  Deckung  des  zu  übenden  Terro- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen.    571 

rismiis  einen  Volksbesclilusz  und  legte  die  Abstimmungszettel  in  die 
Hände  der  Schüler,  selbst  der  zehnjährigen  Knaben,  Es  mag  wunder- 
lich mit  jener  Abstimmung  zugegangen  sein.  Viele  Knaben  meldeten 
freudestrahlend  ihrem  deutschen  Director,  sie  hätten  für  ihn  gestimmt, 
sie  hatten  die  Wahl  der  Unterrichtssprache  mit  der  Wahl  der  Lehrer 
verwechselt 5  manche  Väter  meldeten  schriftlich,  ihr  Sohn  werde  bei 
der  Abstimmung  nicht  erscheinen ,  weil  er  nicht  für  die  Ungarn  stim- 
men könne  und  er  dann  fürchterliche  Prügel  fürchte.  Wir  wissen  nicht, 
ob  man  Schüler  von  auswärtigen  Aeltern  hatte  und  um  deren  Abstim- 
mung zu  erlangen  hätte  den  Termin  der  Zettelablieferung  verlängern 
müszen.  *)  Die  deutsche  Realschule  hatte  385  Schüler,  ungefähr  ein 
Drittel  schlosz  sich  vom  Abstimmen  aus.  Viele  Zettel  müszen  ein  gänz- 
liches Misverstehn  der  Frage  zu  erkennen  gegeben  haben  und  man  hätte 
sie  wol  für  ungiltig  erklären  sollen.  Es  handelte  sich  nur  um  das  Fort- 
bestehen der  deutschen  Realschule;  die  Schüler  der  ungarischen  hatten 
doch  gewis  nicht  über  diese  mitzustimmen.  Man  wird  darnach  das  Re- 
sultat beurteilen  können,  welches  man  herausbrachte:  '340  für  die  un- 
garische, 104  für  die  deutsche  Sprache."  Auf  Grund  dieser  ungemeinen 
Maiorität  erhob  die  Repräsentanz  am  8  Febr.  folgende  Anträge  ihrer 
Schulcommission  zum  Beschlusz :  1)  obgleich  es  wünschenswerth  wäre, 
die  deutsche  Anstalt  in  eine  ungarische  zu  verwandeln,  so  ist  dies  doch 
im  Momente  nicht  durchführbar  und  wird  die  Schule  vom  Beginn  des 
Schuljahrs  1860/Gi  an  ganz  ungarisch  eingerichtet.  2)  Die  Kommune 
übernimmt  die  Leitung  der  Anstalt,  die  übrigens  eine  öffentliche  bleiben 
musz,  selbst,  unter  einer  eigenen  Realschulcommission,  welche  den 
Lehrplan,  die  Stundeneinteiluug  usw.  modificieren  soll,  und  hat  der 
Director  keine  anderen  Befehle  und  Verfügungen  als  die  städtischen 
anzunehmen  und  zu  respectieren,  d.  h.  mit  der  k.  Statthalterei  den 
Verkehr  abzubrechen,  ihr  keine  Protokolle  einzusenden  usw.  3)  Die 
deutschen  der  ungarischen  Sprache  unkundigen  Lehrer  haben  bis  zu 
Ende  des  laufenden  Schuljahrs  1860/61  ihren  Schuldienst  zu  thun  und 
sind  am  Ende  des  laufenden  Schuljahrs  mit  i/^jähriger  Gehaltsabferti- 
gung zu  entlassen.  4)  Der  Lehrer  der  deutschen  Sprache  und  Littera- 
tur,  als  der  ungarischen  Sprache  am  wenigsten  gewachsen,  ist  sogleich 
seines  Postens  zu  entheben,  —  Ohne  ihr  Erscheinen  vorher  angemeldet 
zu  haben ,  erschienen  am  9.  Febr.  die  Schulcoramissäre ,  der  Baron  von 
Eötvös  an  der  Spitze,  in  der  deutschen  Realschule,  wo  sie  den  Lehr- 
körper zufällig  versammelt  trafen.  Nach  eingehender  Belobung  und 
Würdigung  desselben  —  man  möchte  darin  einen  entsetzlichen  Hohn 
finden  —  wurden  die  Beschlüsse  verkündet.  Der  Protest  des  Directors 
gegen  2)  als  mit  den  Gesetzen  nicht  übereinstimmend ,  ward  abgewie- 
sen, weil  die  Stadt  auf  Grund  der  Gesetze  von  1848  handle.  Als  sämt- 
liche Lehrer  auf  Punct  3  erklärten ,  sie  seien  nicht  von  der  Regierung^ 
nach  Pest  gesendet,  sondern  von  der  Gemeinde  berufen,  hätten  mit 
dieser  also  einen  legalen  Dienstcontract  und  müsten  deshalb  eine  an- 
ständigere Abfertigung  beanspruchen,  erklärten  die  meisten  Commissäre,, 
der  Contract  sei  illegal,  weil  in  den  12  Jahren  geschlossen;  es  finde 
sich  im  Stadtarchiv  nichts  davon  und  man  habe  in  der  Stadt  gespro- 
chen, die  Regierung  habe  die  fremden  Lehrer  octroyiert.  Nur  der  Prä- 
ses war  so  freundlich,  die  Lehrer  zu  einer  motivierten  Eingabe  an  die 
Stadt  aufzufordern,  welche  er  seinerseits  jedesfalls  zu  unterstützen  ver- 
spreche —  aber  diese  Unterstützung  ist  unterblieben  — .  Bei  dem,  was 
Punkt   4   betraf,    möchte    man    lachen,    wenn    die    Sache    nicht    gar    zu 

*)  Die  besprochne  Schrift  spricht  dafür  S,  14:  ^Samstag  waren  die 
Zettel  ausgefolgt  und  Montag  den  14.  eingefordert!!  Wie  hätten  da 
auch  die  entfernt  wohnenden  Aeltern  ihr  Votum  abgeben  sollen?' 


572  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

ernsthaft  wäre.  Wüste  doch  nur  e'in  Commissar  darum ,  dasz  dieser 
Punkt  wirklich  stipuliert  worden  sei  —  und  auf  die  Frage  des  Directors, 
welchen  von  den  beiden  Lehrern  des  Deutschen,  die  der  ungarischen 
Sprache  gleich  unkundig  seien,  denn  der  Beschlusz  meine,  bezeichnete 
wieder  nur  derselbe  e'ine  Commissar  den  Inculpaten  —  und  dieser  blieb 
bis  zum  Ende  des  Jahres  unangefochten  auf  seinem  Posten.  Man  be- 
eilte sich,  natürlich  ohne  an  die  k.  Behörde  etwas  mitzuteilen,  mit  der 
Zerstörung  der  Anstalt.  Die  beiden  untersten  Klassen  wurden  sofort 
ungarisch  eingerichtet  und  dem  Director  der  ungarischen  Realschule 
untergeordnet.  Man  maclite  ferner  schnell  einen  Unterrichtsplan  für  die 
neue  Realschule  fertig,  unter  deren  Lehrfächern  auch  die  Metaphysik 
eine  breite  Stelle  einnimmt.  Vergeblich  remonstrierten  die  Lehrer;  am 
31.  April  fa.szte  die  Repräsentanz  den  Beschlusz,  dasz  der  hochherzige 
Beschlusz  vom  8.  Febr.  aufrecht  zu  erhalten  sei,  und  erklärte  dabei  in 
der  Sitzung:  vom  Standpunkte  der  Humanität  habe  man  für  die  Lehrer 
alles  gethan,  vom  Standpunkte  des  Rechts  hätten  sie  nichts  zu  fordern. 
Und  worin  bqstand  das  ^  alles  vom  Standpunkt  der  Humanität.'  Die 
Stadtkasse  erhielt  den  Befehl  den  Lehrern  für  August  und  September 
keine  Gehalte  auszuzahlen  und  auf  seinen  Bericht  empfieng  der  Director 
den  mit  1  fi.  5  xr.  zu  bezahlenden  Bescheid,  das  Schuljahr  habe  in 
Ungarn  nur  zehn  Monate  und  schliesze  mit  dem  letzten  Juli.  Zwei 
Monate  Gehalt  den  verabschiedeten  Lehrern  entzogen,  und  da  zwei  Mo- 
nate vom  Jahre  abgezogen  wurden,  87  fl.   50  xr.  Abfertigung! 

Die  Römer  wiesen  die  griechischen  Philosophen,  die  kein  Gemeinde- 
rath  berufen  hatte,  aus  Rom,  aber  noch  e'in  Jahrhundert  später,  wel- 
chen Einflusz  erringen  sie  beim  Herschervolk!  Nun  wenn  die  erwähnte 
Schrift  mit  den  Worten  schlieszen  kann:  ^das  einzig  erfreuliche  war  die 
Anhänglichkeit  der  Schüler  und  die  Liebe,  die  sie  den  Lehrern  bis  zur 
letzten  Stunde  bezeigten'  und  wenn  S.  8  f.  die  talentvollen  Ungarn,  die 
in  der  deutschen  Oberrealschule  ihre  Bildung  gefunden  und  ihren  deut- 
schen Lehrern  unvergeszliche  Beweise  ihrer  Achtung  und  Liebe  gegeben 
haben  ,  genannt  stehn ,  so  können  wir  ja  von  der  heranwachsenden  un- 
garischen Generation  —  so  verzweifelt  die  Aussichten  scheinen  —  im- 
mer noch  etwas  hoffen.  Die  Deutschen  werden  aber  dann  doch  wol 
nicht  in  Ungarn  als  Graeculi  auftreten  wollen  ? 

Das  neu  eingeführte  constitntionelle  Leben  in  Oesterreich  hat  auch 
auszerhalb  Ungarns  die  schon  längst  von  uns  gekennzeichneten  Bestre- 
bungen gegen  die  Organisation  der  Gymnasien  wach  gerufen.  ^Dies 
bekundet  die  Begründung,  welche  der  Abgeordnete  Dr  Franz  Cupr 
aus  Böhmen  in  der  Reichsraths- Sitzung  vom  2.  August  1861  —  der 
letzten  vor  dem  Auseinandergehn  zu  Ferien  —  zu  seinem  Antrag  auf 
Revision  des  dermaligen  Unterrichtswesens  der  Mittelschulen  gegeben 
hat  (der  Antrag  wurde  ohne  Debatte  an  die  bereits  bestehende  ständige 
Commission  für  Unterricht  und  Wissenschaft  gewiesen).  Die  Donau- 
zeitung bringt  in  ihrer  Nummer  vom  4.  Aug.  darüber  folgenden  Artikel: 
'Dasz  in  diesen  Tagen ,  wo  alle  Welt  zum  Wanderstabe  greift ,  auch 
unser  Reichsrath  sich  und  uns  eine  kleine  Erholung  verordnete,  sind  wir 
weit  entfernt  ihm  zu  verübeln.  Als  in  der  letzten  Sitzung  Dr  Cupr 
für  unsere  viel  geplagte  Jugend  eine  Lanze  brach,  welche  täglich  5 — 6 
Stunden  in  geschlossenem  Raum  arbeiten  müsze,  wählte  er  in  der  That 
für  seine  Motion  den  rechten  Augenblick;  denn,  wenn  niemals  zuvor, 
fühlte  es  der  Abgeordnete  an  diesem  Tage,  was  es  heiszt,  auf  Bänken 
(gleichviel  ob  harte  Schulbänke  oder  behäbige  Reichsraths -Fauteuils) 
schwitzen  zu  müszen.  Kein  Wunder,  wenn  bei  der  Rede  dieses  men- 
schenfreundlichen Schulmanns  sich  jeder  wie  ein  Kind  fühlte  und  bald 
rechts,  bald  links  so  recht  aus  tiefstem  Herzen  sich  ein  sympathetisches 
Bravo!  oder  Sehr  i-ichtig!  vernehmen  liesz.     Welchen  begeisterten  Wider- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.    573 

liall  wird  diese  Rede  aber  erst  in  allen  Unterrichtsanstalten  der  Monarchie 
finden !  Wenn  die  österreichischen  Gymnasien  Ehrenbürgerrechte  zu  ver- 
geben hätten,  wie  bald  würde  Hr  Cupr  mit  der  Zahl  der  empfangnen 
Diplome  seine  sämtlichen  ungetreuen  tschechischen  Collegen  beschämen, 
welchen  doch  der  Briefträger  täglich  die  Civität  einer  andern  bölimischen 
Capitale  überbringt!  Eine  Standrede  gegen  das  Abiturientenexamen, 
nicht  etwa  zur  Unterhaltung  in  den  Eespirien,  sondern  ganz  ernsthaft 
von  einer  sella  curulis  im  Abgeordnetenhause  vorgetragen,  —  das  wird 
unsern  Gymnasiasten  einen  namenlosen  Respect  vor  den  neuen  constitu- 
tionellen  Einrichtungen  einflöszen,  und  sie  werden  ein  unermeszliches 
Vertrauen  gewinnen  zu  diesem  Hause,  wo  jeder  Staatsbürger  sans  gene 
heraussagen  kann,  was  ihm  so  lange  das  Herz  gedrückt  hat.  Und  die 
würdigen  Vertreter  des  Reiches,  auch  sie  fühlten  ein  menschliches  Rüh- 
ren; sie  hörten  Hrn  Cupr  aufmerksam  bis  zu  Ende  an  und  beschlossen 
—  zehn  Tage  auf  Ferien  zu  gehn.'  —  Um  des  österreichischen  Reichs- 
raths  willen  bedauern  wir  aufs  herzlichste,  dasz  die  Rede  des  Abgeord- 
neten keine  Erwiderung  in  der  Sitzung  mehr  finden  konnte.  Denn  unter 
den  Abgeordneten  haben  doch  wol  gewis  viele  das  Gemisch  von  ent- 
weder Unwissenheit  oder  wissentlicher  Entstellung  der  Wahrheit  mit 
Parteischlagwörtern  und  von  scheinbarem  Eifer  für  eine  gute  Sache  mit 
Einsichtslosigkeit  durchschaut ,  und  es  hätte  ihnen  weder  an  Mut  noch 
an  Geschick  gefehlt  dagegen  zu  protestieren.  Welches  Schicksal  der 
Antrag  in  der  ständigen  Commission,  an  die  er  verwiesen  wurde,  gehabt 
hat,  ist  uns  bis  jetzt  unbekannt  geblieben,  um  so  mehr  freuen  wir  uns 
dasz  er  zwei  sehr  ernste  und  würdige  Entgegnungen  in  Schriften*)  er- 
fahren hat.  Die  erste  rührt  von  dem  Professor  Dr  H.  Bonitz  her, 
erschien  zuerst  in  der  Ztschr.  für  österr.  Gymn.  1861  Heft  IX  S.  669  if. 
und  wurde  in  einem  besondern  Abdruck  (Wien,  Verlag  von  C.  Gerolds 
Sohn.  48  S.  8)  weiter  verbreitet.  Können  wir  den  hervorragenden  An- 
teil, den  Bonitz  an  dem  Organisationsentwurf  gehabt,  als  Verdienst 
kaum  genug  rühmen ,  so  verdient  doch  noch  höhere  Anerkennung  die 
wahrhaft  heroische  Unermüdlicbkeit,  mit  welcher  dieser  Mann  für  die 
Aufrechterhaltung  und  praktische  Durchführung  der  darin  enthaltnen  Prin- 
cipien  und  Einrichtungen  belehrend,  berichtigend,  widerlegend  kämpft. 
Keine  Verdächtigungen  —  wird  doch  auch  in  Cuprs  Rede  gegen  ihn 
als  'Professor  aus  Preuszen'  die  Nationalantipathie  aufgerufen  — ,  keine 
widrigen  Erfahrungen ,  keine  trüben  Aussichten  vermögen  seinen  Mut 
und  seine  Kraft  zu  brechen.  Wie  wenigen  steht  die  Ruhe,  mit  welcher 
er  bei  aller  Schärfe  der  Discussion  doch  nie  die  Würde  verliert,  nie 
sich  zu  persönlicher  Gereiztheit  fortreiszen  läszt,  zu  Gebote!  Schon  in 
der  Einleitung  bezeichnet  er  aufs  treft'Iichste  das  Wesen  der  Cupr  sehen 
Rede.  Nachdem  er  zuerst  dargethan,  wie  man  sich  nur  freuen  Icönne, 
wenn  der  Reichsrath  das  Unterrichtswesen  mit  ins  Auge  fasse,  weil  ohne 
die  warme  Teilnahme  in  allen  Kreisen  des  Lebens  auch  die  trefflichsten 
Schuleinrichtunoen  nicht  gedeihen  können ,  legt  er  in  Betreff  der  Art 
wie  dies  von  Cupr  geschehen,  nicht  darauf  das  gröszte  Gewicht,  dasz 
die  beantragte  Revision  nur  ein  Euphemismus  für  gänzliche  Aufhebung 
und  den  Urhebern  der  Organisation  so  wie  dem  gesamten  Lehrerstande 
kein  einziges  Wort  der  Beistimmung  oder  des  Lobes  zu  Teil  geworden 
sei,  sondern  vielmehr  darauf,  dasz  nur  längst  widerlegtes  mit  dem  An- 
spruch auf  Neuheit  und  vollständige  Richtigkeit  vorgetragen  werde. 
Sogleich  in  der  Einleitung  seiner  Rede  hat  Cupr  eine  ganz  falsche 
Darstellung,   indem   er  aus   der  k.  Verordnung   vom  9.  December  1854 

*)  Dasz  auch  in  politischen  Zeitschriften  tüchtige  Erwiederungen 
erfolgt  sind,  wie  sie  Bonitz  in  der  zu  besprechenden  Schrift  S.  4  Aura, 
aufzählt,  trägt  nicht  wenig  zur  Ermutigung  bei. 


574  Berichte  über  gelehrte  Anslallen,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

nur  den  4n  Absatz  vorliest  und  so  die  Sanction  der  bestehenden  Ein- 
richtungen beseitigt,  dagegen  die  vorbehaltnen  Veränderungen,  welche 
sich  durch  die  beabsiclitigte  Revision  im  J.  1858  ergeben  würden,  in  die 
Möglichkeit  einer  gänzlichen  Umstoszung  jener  verwandelt.  Sodann 
folgt  eine  zweite  Irrung,  indem  Cupr  die  1857  auf  Aufforderung  des 
Ministeriums  eingegangnen  "Verbesserungsvorschläge  mit  den  von  der 
Revision  1858  aufzustellenden  Anträgen  verwechselt  und  das  Unterbleiben 
der  letztern  nicht  auf  die  allgemein  bekannten  politischen  Verhältnisse, 
sondern  auf  die  heftigen  Angriffe,  welche  die  Redaction  der  österreichi- 
schen Gymnasialzeitschrift,  der  Professor  Bonitz  aus  Preuszen,  gegen 
die  Vorschläge  gemacht  habe,  schiebt.  Der  Abgeordnete  kann  jene  Zeit- 
schrift gar  nicht  angesehen  haben,  da  er  sonst  die  mit  ihren  vollen  Namen 
unterzeichneten  Männer,  welche  auszer  Bonitz  die  Vorschläge  einer  von 
der  Schärfe  der  Wahrheit,  aber  durchaus  iiicht  der  Leidenschaftlichkeit 
oder  nur  Parteilichkeit  getragnen  Kritik  unterzogen  haben,  kennen  würde.*) 
Obgleich  der  Dr  Cupr  nur  auf  Revision  seinen  Antrag  gestellt  hat,  ist 
er  doch  naiv  genug  die  Punkte  ausführlich  darzustellen ,  in  welchen  er 
Aenderungen  wünscht,  und  so  was  er  doch  verbergen  zu  wollen  scheint, 
selbst  zu  verrathen,  nemlich  seine  Absicht  einer  gänzlichen  Beseitigung 
der  Organisation.  Der  erste  Punkt  ist  Umgestaltung  der  Unter- 
gymnasien zu  Bürgerschulen.  Hier  finden  wir  sogleich  einen 
Satz,  von  dem  man  sich  nur  wundern  kann,  wie  ihn  jemand  zu  denken, 
geschweige  denn  öffentlich  auszusprechen  vermag:  'Die  Seele  des  ganzen 
Unterrichts  in  den  Gymnasien  ist  eben  das  Studium  der  griechischen 
und  lateinischen  Sprache.'  Hätte  der  Redner  den  Organisationse)itwurf 
nicht  studiert,  sondern  nur  flüchtig  gelesen  —  doch  wol  das  geringste, 
was  man  von  dem ,  welcher  auf  etwas  bestehendes  einen  parlamentari- 
schen Angriff  macht,  verlangen  kann  — ,  so  hätte  er  doch  wol  die  Stelle 
finden  müszen:  'Der  vorliegende  Lehrplan  verschmäht  in  dieser  Bezie- 
hung jeden  falschen  Schein;  sein  Schwerpunkt  liegt  nicht  in  der  klas- 
sischen Litteratur,  noch  in  dieser  zusammen  mit  der  vaterländischen, 
obwol  beiden  Gegenständen  ungefähr  die  Hälfte  der  gesamten  Unter- 
richtszeit zugeteilt  ist,  sondern  in  der  wechselseitigen  Beziehung  aller 
Unterrichtsgegenstände',  so  hätte  er  doch  in  dem  Lectionsschema  sehen 
müszen,  wie  viele  Lehrgegenstände  und  mit  welcher  Stundenzahl  sie 
neben  dem  Lateinischen  und  Griechischen  angesetzt  seien ,  und  hätte  er 
dann  den  Beweis  zu  führen  gesucht,  dasz  das  Princip  nicht  vollständig 
genug  erfaszt  oder  nicht  consequent  genug  durchgeführt  sei,  dasz  trotz- 
dem das  Lateinische  iind  Griechische  noch  die  Seele  der  österreichischen 
Gymnasien  geblieben  sei,  —  welches  auch  der  Erfolg  solchen  Unternehmens 
gewesen  wäre,  kein  Gegner  hätte  ihm  die  Anerkennung,  dasz  er  gewis- 
senhaft in  den  Kampf  gegangen  sei,  versagen  können.  Man  könnte  den 
Urhebern  und  Vertheidigern  des  Organisationsentwurfs  gratulieren,  dasz 
sie  einen  solchen  Angreifer  haben,  den  sie  mit  der  bloszen  Hinweisung 
auf  die  Kritiken,  welche  in  ihrem  Plane  das  Lateinische  und  Griechische 
zu  beschränkt  finden,  und  auf  den  bekannten  Brief  des  Jestiiten- Or- 
densgenerals P.  Bekx**),  der  die  lateinische  Schule  wieder  hergestellt 
wissen  will,  aus  dem  Felde  schlagen  können,  wäre  nicht  eben  die  Mög- 
lichkeit eines  solchen  Angriffs  und  die  Notwendigkeit  seiner  Abwehr  eine 
zu  traurige  Thatsache.  Bei  so  gewissenlosem  Zuwerkegehn  werden  un- 
sere Leser  nicht  verlangen ,  dasz  wir  ihnen  sonst  noch  Proben  von  der 
mit  grenzenloser  Dreistigkeit  gemischten  Unklarheit  und  Unkenntnis, 
welche  Herr  Cupr  in  der  Begründung  dieses  seines  ersten  Antrags  an 
den  Tag  legt,  vorführen,   auch  nicht  dasz  wir  ihnen  die  Unbestimmtheit, 


•*)  S.  diese  Jahrb.  Bd  LXXVIII  S.  381  ff.         **)  Jahrb.  Bd  LXXX 
S.  319. 


Berichte  über  gelehrte  Ansfalfen,  V^erordnung-en ,  sfatisl.  Notizen.   575 

mit  welcher  in  wenig:en  Zeilen  ein  Lehij)lan  für  die  projectierte  Bürger- 
schule entworfen  ist,  kennzeichnen;  wir  wollen  vielmehr  um  derer  in 
Oesterreich  willen,  welchen  diese  Zeilen  zu  Gesicht  kommen,  auf  ^Vor- 
gänge im  übrigen  Deutschland  hinweisen,  da  so  sehr  Herr  Dr  Cupr 
auch  allenthalben  die  Verschiedenheit  der  österreichischen  Verhältnisse 
und  Bedürfnisse  von  denen  in  Preuszen  betont,  doch  bei  politischen 
Agitationen  erfahrungsmäszig  die  Taktik  nicht  ausgeschlossen  ist ,  sich 
auf  eben  das,  was  man  verworfen  hat,  wieder  zu  berufen.  Wo  nur 
immer  im  nichtösterreichischen  Deutschland  die  Frage  über  die  Mög- 
lichkeit einer  gemeinsamen  Grundlage  für  die  verschiedneu  mittlem 
Bildungsanstalten  discutiert  worden  ist,  hat  man  dabei  nie  die  Ueber- 
zeugung  aufgegeben,  dasz  die  inöglichst  frühe  Vorbereitung  auf  den  später 
einzuschlagenden  Bildungsgang  das  wünscheuswertheste  sei,  wobei  natür- 
lich niemand  die  gleiche  Notwendigkeit  gewisser  Kenntnisse  für  allo 
leugnete,  aber  für  die  dazu  befähigten  eben  so  die  Möglichkeit  einer 
schnellern  Aneignung  dieser  in  Ansjiruch  genommen  ward :  überall 
waren  lokale  Bedürfnisse  und  materielle  Schwierigkeiten  diese  zu  be- 
friedigen die  Veranlassung.  Die  Errichtung  von  Realklassen  bei  den 
Gymnasien  hat  keiu  Mensch ,  dessen  Stimme  in  pädagogischen  Fragen 
ins  Gewicht  fallen  kann,  jemals  aus  Principien ,  sondern  nur  aus  dem 
Gebote  der  Not,  aus  dem  Fehlen  der  Mittel  für  Errichtung  selbständiger 
Anstalten  gerechtfertigt.  Wo  solche  Anstalten  in  gruszern  Städten  be- 
stehn,  haben  sie  immer  entweder  in  dem  Bedürfnisse  besonderer  Districte 
ihren  Grund  oder  sie  musten  in  der  Weise  gelassen  werden ,  in  welcher 
sie  zu  einer  Zeit,  wo  das  Verhältnis  ein  anderes  war  als  jetzt,  gestiftet 
wurden.  Ja  wenn  dabei  der  Erziehungsgrundsatz:  man  müsze  dem 
jungen  Menschen  längere  Zeit  lassen,  um  sich  seinen  Beruf  zu  wählen, 
man  dürfe  ihn  nicht  in  einen  bestimmten  Bildungsgang  hineinzwingen, 
zur  Besprechung  gekommen  ist,  so  hat  man  ihn  nicht  so  gedeutet,  als 
müsze  die  gesamte  Jugend  etwa  bis  zum  vollendeten  14n  Jahre  den 
gleichen  Unterrichtsgang  durchmachen,  man  glaubte  ihm  nicht  weiter 
Rechnung  tragen  zu  dürfen,  als  insoweit  dem  einzelnen  die  Möglichkeit 
nicht  ganz  zu  verschlieszen  sei ,  sich  einem  andern  AVege  der  Bildung 
zuzuwenden.  Was  daher  auch  den  Uebergang  aus  der  Schule  in  das 
praktische  Leben  anbetrifi't,  so  hat  noch  niemand  daran  gedacht  um  des- 
sen willen  den  Charakter  und  das  Wesen  einer  Schulanstalt  zu  ändern, 
nirgends  Progymnasialklassen  deshalb  in  Bürgerschulen  verwandelt.  Wo 
endlich  für  Gj'mnasium  und  Realschule  gemeinsame  Unterklassen  be- 
stehn.  haben  diese  vielmehr  die  Gymnasial-  als  die  Realschulbildung 
zum  Zweck ,  indem  man  für  die  letztere  die  Uebung  und  Weckung  der 
Geisteskräfte,  wie  sie  das  Gymnasium  gibt,  als  eine  zweckmäszige  Grund- 
lage erkannte,  auf  der  sich  eben  so  sicher  die  logisch -sprachliche  wie 
die  reale  Seite  der  Realschulbildung  auferbauen  lasse,  und  wo  in  Städten 
wegen  überwiegender  gewerblicher  Bevölkerung  nur  vollständige  Real- 
schulen errichtet  werden  konnten,  hat  man  die  Freiheit  derer,  welche 
den  Wissenschaften  sich  widmen  wollen,  dadurch  gewahrt,  dasz  man 
besondere  Progymnasialklassen  hinzufügte.  Dasz  man  übrigens  eine 
frühzeitigere  Scheidung  der  Bildungswege  allgemein  für  notwendig  hält, 
erweist  sich  auch  dadurch,  dasz  nirgends  die  Zeit  gemeinsamer  Bil- 
dung, wie  Hr  Cupr  verlangt,  auf  die  Zeit  vom  10. — 15.  Leben.sjahre  sich 
erstreckt,  sondern  höchstens  uuf  die  vom  10. — 12.  Dasz  die  Gymna- 
sialbildung  auch  für  die  höhere  Gewerbthätigkeit,  namentlich  den  Han- 
del, einen  Schatz  des  Könnens  und  Wissens  gewährt,  der  schnell  die 
schönsten  Früchte  trägt,  dafür  können  wir  zahlreiche  Geschäftsleute 
Norddeutschlands,  ja  Handelskammern  anführen,  welche  den  Gymnasial- 
schülern selbst  vor  den  Realschülern  bei  dem  Erlernen  und  dem  Ein- 
richten in  ihren  Berufskreisen  den  Vorzug  zusprechen.     Constatiert  nun 


576  Berichte  über  gelehrte  Anstalten ,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

die  Erfahrung  von  ganz  Deutschland,  das'?  die  Vorbildung  in  den  untern 
Klassen  der  Gymnasien  weder  für  den  Eintritt  ins  praktische  Leben, 
noch  für  den  Uebergang  zur  Realschule  ein  Hindernis  bildet,  so  wird 
niemand  an  der  Wahrheit  dessen  zweifeln,  was  Hr  Prof.  Bonitz  (S.  17) 
über  Oesterreich  versichert:  ''Aus  den  mittleren  und  oberen  Klassen  der 
Gymnasien  treten  viele  Schüler  mit  Aufgeben  der  weiteren  Studien  un- 
mittelbar in  verschiedene  Gebiete  des  praktischen  Lebens  über  und  zei- 
gen sich  denselben  gehörig  gewachsen ;  erfahrene  Directoren  von  Real- 
schulen versichern,  dasz  Schüler,  die  nach  Absolvierung  des  Untergym- 
uasiums  mit  guten  Zeugnissen  zur  Realschule  übergehn,  wenn  sie  nur 
zum  Zeichnen  Neigung,  Geschick  und  Fleisz  besitzen,  dem  Unterrichte 
in  der  Oberrealschule  leicht  folgen  und  Gutes  in  derselben  leisten.'  Es 
wäre  demnach  preradezu  Unverstand,  um  nicht  ein  wol  angemessnes 
noch  stärkeres  Wort  zu  gebrauchen,  wenn  man  unter  dem  Vor  wände: 
man  müsze  den  Uebertritt  von  den  Gymnasien  ins  praktische  Leben 
erleichtern ,  die  Untergymnasien  in  Bürgerschulen  verwandeln  wollte, 
auf  welchen  die  künftigen  Studierenden  nichts  gewinnen  würden  —  denn 
bei  dem  Bisschen  Latein  und  Griechisch ,  für  welches  hier  Raum  bliebe, 
würde  die  Erlernung  der  Elemente  dieser  Sprachen  in  ein  Lebensalter 
fallen,  welches  nach  der  pädagogischen  Erfahrung  aller  Zeiten  und  aller 
Länder  weniger  dazu  geeignet  ist  —  die  Nichtstudierenden  aber  etwas 
ganz  überflüssiges  und  deshalb  schädliches  mittreiben  müsten  —  denn 
wie  soll  das  Bisschen  klassischer  Sprachen  einen  Gewinn  für  Bildung 
abwerfen?  Den  Volksvertretern  Oesterreichs  wird  also,  wenn  sie  anders 
es  mit  der  Bildung  ernst  meinen  wollen  und  können,  vielmehr  die  Pflicht 
obliegen,  für  Ausgiebigkeit  der  Mittel  zu  sorgen,  damit  die  Untergyra- 
nasien  ihrem  Zweck  erhalten  bleiben,  nicht  um  lokaler^  Verhältnisse 
willen  Aenderungen  erfahren  müszen.  Der  zweite  Antrag  Cuprs:  Klas- 
senlehrer statt  der  Fachlehrer  im  Untergymnasium,  beweist 
ebenfalls  gänzliche  pädagogische  Unwissenheit,  die  sich  gleichwol  mit 
Schlagwörtern  wie  'viele  Köche  verderben  den  Brei'  und  'eine  Reihe 
von  Fachlehrern  auf  dieser  Stufe  der  Bildung  zerstört  notwendig  diesen 
Eindruck  [die  Hingebung  der  Jugend  für  das  von  ihr  selbst  idealisierte 
Verhältnis  zum  patriarchalischen  Klassenlehrer]  und  kann  selbst  Ver- 
heerungen anrichten,  die  durchaus  niclit  im  AVillen  und  der  Absicht  der 
Eltern  lagen  [So  wörtlich  in  den  stenographischen  Berichten.  Ja  wol, 
Verheerungen  liegen  wol  nie  in  der  Absicht  der  Eltern!]',  spreizt.  Der 
Organisationsentwurf  hatte  aufs  gründlichste  die  Motive  angegeben,  aus 
welchen  er  Fachlehrer  notwendig  befand ,  er  hatte  zugleich  aber  auch 
die  durch  den  Klassenlehrer  zu  vermittelnde  Einheit  betont ;  die  öster- 
reichische Gymnasialzeitung  brachte  ausgezeichnete  Belehrungen  über 
die  Frage;  sie  verdeckte  nicht  die  Schwierigkeit,  welche  die  Forderung 
der  Einheit  hat ,  namentlich  wo  ein  zahlreicherer  Lehrerstand  noch  in  der 
Entwicklung  liege,  sie  wies  aber  aufs  deutlichste  die  Möglichkeit  ihrer 
Erfüllung  nach.  Und  nun  nach  diesen  schlagenden  und  jeden  nur  sehen 
wollenden  überzeugenden  Auseinandersetzungen  hält  es  Hr  Cupr  doch  für 
möglich  dasz  in  den  untersten  Klassen  seiner  projectierten  Bürgerschule 
Religion,  Muttersprache,  die  deutsche  oder  eine  Landessprache,  Latein, 
Geographie  (noch  in  ausgedehnterem  Masze  als  nach  dem  Organisations- 
entwurf), Rechnen,  geometrische  Anschauungslehre,  Naturgeschichte  und 
dazu  ausgedehnter  Zeichnenunterricht  mit  Ausschlusz  des  Fachlehrer- 
systems durch  Klassenlehrer  gelehrt  werden  können.  Was  ist  hier  des 
Pudels  Kern?  Nicht  etwa  Gründlichkeit  und  bildende,  erzieherische 
Kraft  des  Unterrichts,  nein  die  Zurückführung  jener  alten  von  allen 
Einsichtsvollen  in  Oesterreich  längst  verdammten  Methode,  nach  wel- 
cher der  Lehrer  aus  dem  Compendium  ihm  selbst  unlösbare  Aufgaben 
und    unverstandne  Fragen    stellt    und    die    Schüler    unverstandnes    und 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  slatisf.  Notizen.  577 

unverdautes  nach  demselben  Compendium  atiswendig-  g'elernt  hersagen: 
ein  Gebahren,  das  wahrlieh  nicht  edle  und  in  sich  freie  Geistesbildung, 
sondern  ganz  andere  Zwecke  zum  Ziele  hat!  Die  für  seinen  dritten 
Autrag:  der  Ueberbündung  unserer  (der  österreichischen)  Ju- 
gend musz  A^b hülfe  geschafft  werden,  vorgetragne  Begründung 
wird  Hrn  Dr  Cupr  gewis  mit  dorn  Stolze  vollständigster  Genugthuung 
erfüllt  haben;  denn  laute  Bravos  haben  ja  seine  tiefen  Gedanken  und 
seine  lebendige  Begeisterung  für  das  physische  und  psychische  Wohl  der 
Jugend,  haben  namentlich  seinen  Haupttrumpf:  'dasz  die  Väter  selbst 
für  das  Theuerste,  was  sie  hinieden  besitzen,  für  ihre  Kinder,  ihren 
[ein  guter  Deutscher  hätte  deren  sagen  müszen,  damit  nicht  die  Väter 
auch  noch  Unterricht  gebrauchen]  Unterricht  sorgen  und  dasz  sie  sich 
nicht  den  Lehrplan  für  das  ganze  Reich  von  irgend  einem  in  seine 
Wissenschaftlichkeit  verrannten  Professor  ausarbeiten  lassen',  begleitet; 
und  mit  den  abgerisznen  Sätzen  von  Alexander  von  Humboldt 
glaubt  er  gewis  wie  mit  Donnerkeulen  alle  Gegner  zum  ^^erstummen 
gebracht  zu  haben!  Ja,  ja  die  Väter  mögen  für  ihrer  Kinder  Unterricht 
selbst  sorgen,  aber  dann  auch  für  ihr  Fortkommen  in  der  Welt?  Nein, 
der  Staat  musz  sie  versorgen ,  sie  mögen  gebildet  sein  wie  sie  wollen, 
sie  mögen  Befähigung  zu  Aemtern  haben  wie  sie  wollen;  ihr  andern 
Leute  müst  euch  von  Advocaten  Processe  führen  lassen,  wenn  sie  auch 
vielleicht  die  Sprache  nicht  verstehn ,  in  denen  die  Urkunden  abgefaszt 
sind,  müst  euch  Aerzten  zur  Cur  anvertrauen,  die  nicht  einmal  die 
Eeceptzeichen  zu  deuten  wissen !  Besser  da  geht  ein  wichtiges  Geld- 
iuteresse  verloren,  besser  da  geht  ein  Menschenleben  darauf,  wenn  nur 
die  lieben  Kinder  nicht  durch  Viellernen  Gefahr  laufen!  Ach  kämen 
wir  doch  in  jene  herlichen  Naturzustände  zurück,  wo  noch  gar  nichts 
gelernt  wurde;  dann  wären  allen  Vätern,  dann  wäre  auch  dem  Herrn 
Abgeordneten  aus  Böhmen  alle  Sorge  wegen  der  Ueberbürdung  der 
Jugend  erspart.  Freilich  es  wird  lange  dauern ,  ehe  es  dahin  kommt ; 
denn  nach  den  von  Herrn  Dr  Cupr  angeführten  Worten  des  groszen 
Humboldt  gehören  ja  in  Deutschland  netto  zwei  Jahrhu.nderte  dazu, 
um  eine  Dummheit  abzuschaffen;  nemlich  eines  um  sie  einzusehn,  das 
andere  aber  um  sie  zu  beseitigen.  Das  Jahrhundert  der  Einsicht  ist 
vielleicht  schon  vorüber,  aber  das  der  Beseitigung  wol  noch  kaum  an- 
gebrochen! Wir  wollen  nicht  die  Geschicklichkeit  hervorheben,  mit  der 
die  täglichen  4—5  Unterrichtsstunden  S.  752  der  stenogr.  Berichte  Z.  9 
von  unten  linker  Columne ,  drei  Zeilen  weiter  in  einen  fünf-  bis  sechs- 
stündigen Unterricht  verwandelt  werden;  wir  wollen  nicht  geltend  ma- 
chen, dasz  die  Unterrichtsstunden,  die  im  Hause  in  modernen  Sprachen 
[natürlich  zur  Ergänzung  des  Schulunterrichts!  Was  soll  aus  diesem 
vielleicht  heraus  um  den  modernen  Sprachen  Platz  zu  machen ,  oder 
sollen  diese  zu  dem  fünf-  bis  sechsstündigen  Unterricht  noch  hinzu?] 
gegeben  werden,  doch  gewis  der  Schule  nicht  angerechnet  werden  dür- 
fen ;  wir  fragen  einfach :  ist  auch  nur  eine  Spur  von  Gerechtigkeit  vor- 
handen ,  wenn  alle  Erscheinungen  an  unserer  Jugend  der  Schule  aufge- 
bürdet, wenn  die  Gewöhnungen,  welche  längst  eingewurzelt  sind,  ehe  der 
Knabe  in  die  Schule  tritt ,  alle  die  bösen  Einflüsse ,  welche  trotz  der 
Schule  das  Leben  übt,  gänzlich  unberücksichtigt  gelassen,  wenn  alle 
andern  Ursachen  vom  Schwächerwerden  unsers  Geschlechts  mit  Still- 
schweigen übergangen  werden?  wir  fragen,  ob  man  da  auch  nur  einen 
Zug  von  Billigkeit  findet,  wenn  alle  die  Bemühungen  der  Leiter  unsers 
Schulwesens  und  der  Lehrer  selbst,  alle  die  Anstalten  zur  Kräftigung 
des  Körpers  und  Verhinderung  der  nachteiligen  Folgen  der  Schulstun- 
den, alle  die  Bestrebungen  durch  gute  Methode  die  Zeit  der  geforderten 
Arbeit  zu  verkürzen  und  der  freieren  Selbstthätigkeit  Raum  zu  schaffen, 
ignoriert  werden?    Ach  ja,  wir  Lehrer  seufzen  über  die  grosze  Stunden- 

N.  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  11.  AM.  1861.  Hftllu.  12.  37 


578  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  sfalisl.  Notizen. 

zahl  und  verkennen  deren  Nachteile  gar  nicht.  Aber  wir  wissen  auch, 
dasz  alle  unsere  Bemühungen  um  deren  Minderung  bisher  an  den  For- 
derungen, welche  das  Leben  stellt,  gescheitert  sind.  Kein  Vater  will 
dasz  sein  Sohn  weniger  lernen  soll,  und  stellen  wir  ihm  die  vernünftig- 
sten Gründe  vor,  beschwören  wir  ihn,  um  des  Wohls  seines  Sohnes  willen, 
ihn  langsamer  fortschreiten  zu  lassen,  so  nimmt  er  ihn  von  der  Schule, 
um  anderwärts  ihn  noch  schneller  mit  noch  mehr  Stunden  trillen  zu 
lassen.  Verwundernswerth  ist  endlich  geradezu,  wenn  ein  Oesterreicher 
nicht  so  viel  Patriotismus  besitzt ,  dasz  er  in  der  Reichsversammluug 
kein  Wort  anerkennender  Genugthuung  hat ,  weil  in  seinem  Vaterlande 
das  Beispiel  für  ganz  Deutschland  gegeben  ist ,  mit  geringerer  Zahl 
wöchentlicher  Unterrichtsstunden  die  verschiednen  Gegenstände  zu  leh- 
ren. Will  Hr  Cupr  jedes  Fach  in  seiner  Bürgerschule  nur  mit  2  Stun- 
den bedenken,  dann  kommen  freilich  nur  16  Stunden  wöchentlich,  können 
4  Tage  mit  3,  2  mit  nur  2  Stunden  angesetzt  werden,  aber  welche 
Summe  von  Privatstunden  wird  dann  der  Vater  geben  lassen  müszen, 
der  will  dasz  sein  Sohn  etwas  lerne.  Das  Unwesen,  gegen  welches  die 
Organisation  so  entschieden  auftrat,  die  Privatstunden  der  Lehrer,  soll 
eben  jvieder  frei  hergestellt  werden.  Ueber  den  vierten  Antrag  des  Hm 
Dr  Cupr:  die  Maturitätsprüfungen  müszen  abgeschafft 
werden,  können  wir  uns  kurz  fassen.  Trifft  doch  jedes  Wort  zur 
Begründung  desselben  nur  eine  dem  klar  und  entschieden  ausgesproch- 
nen  Willen  des  Organisationsentwurfs  schnurstracks  öntgegenlaufende 
Praxis  oder  Versäumnisse  durch  das  Lehrercollegium ,  welche  der  un- 
glückliche Schüler  durch  eilfertiges,  angestrengtes  Nacharbeiten  gut  zu 
machen  streben  musz.  Davon  wie  der  Staat  nicht  blos  ein  Recht,  son- 
dern auch  die  Pflicht  habe  zu  verhüten,  dasz  nicht  schlecht  vorbereitete 
die  Universitäten  beziehen,  sich  Kenntnis  davon  zu  verschaffen,  wie  die 
einzelnen  Anstalten  das  Ziel  erreichen ,  und  dasz  das  am  wenigsten 
drückende  und  am  sichersten  den  Zweck  erreichende  Mittel  dazu  die 
Maturitätsprüfung  ist,  dasz  ein  nochmaliges  ordnendes  Zusammenfassen 
der  erworbnen  Kenntnisse  pädagogisch  zweckmäszig  und  keine  die  Kräfte 
aufreibende  Aufgabe  ist,  wenn  nur  die  Bedingungen  zu  ihrer  Erfüllung 
gehörig  beschafft  sind,  findet  sich  kein  Wort.  Die  Maturitätsprüfungen 
tödten  der  Jugend  Kraft  und  Lust  zum  Studieren  und  sind  unnötig, 
weil  ja  jedes  Jahr  die  Promotion  stattgefunden  hat,  d.  h.  eben  die 
Lehrer  sollen  machen  können  was  sie  wollen ,  oder  wünscht  Herr  Dr 
Cupr  bei  jedem  Schuljahr  Commissäre,  welche  über  die  gerechte  und 
pflichtmäszige  Promotion  wachen?  Er  ist  Gymnasiallehrer  gewesen. 
Nun  endlich  im  fünften  Antrag  kommt  Hr  Cupr  auf  einzelne  Lelir- 
gegenstände.  Wenn  wir  da  dem  Latein  eine  ausgedehntere  Stellung 
neben  dem  Griechischen  vindiciert  finden,  so  könnten  wir  vielleicht 
glauben  dasz  dies  geschehen  müsze,  um  an  dieser  Sprache,  wozu  sie  be- 
sonders geeignet  ist,  die  Erkenntnis  sprachlicher  und  logischer  Gesetze 
zu  üben ;  aber  man  traut  seinen  Augen  nicht.  Wir  würden ,  wenn  der 
confessionelle  Standpunkt  geltend  gemacht,  wenn  behauptet  würde,  um 
der  katholischen  Kirchenlehre  willen  sei  gröszere  Fertigkeit  im  Latein 
zu  wünschen,  kein  anderes  Wort  dagegen  sagen,  als  dasz  dann  die 
Gymnasien  ihren  Charakter  als  allgemeine  Bjldungsanstalten  verlieren 
würden;  aber  diese  Rücksicht  bezeichnet  Hr  Cupr  nicht  als  die  wich- 
tigste. 'Hauptsächlich'  sagt  er  'darum ,  weil  das  Latein  die  Gelehrten- 
sprache, die  Sprache  der  Welt  war.'  Also  Hr  Cupr  erkennt  an,  dasz 
das  Latein  dies  nicht  mehr  ist,  aber  zu  dem  Schlüsse,  den  alle  Logik 
fordert,  dasz  es  deshalb  auch  als  etwas  anderes  jetzt  gelehrt  werden 
müsze,  kommt  er  nicht!  Will  er  dasz  das  Latein  wieder  Gelehrten- 
sprache,  wieder  die  Sprache  der  Welt  werde?  Nun  lassen  wir  die 
Macht  der  Thatsachen   wirken;  wir  werden  ja  sehn,  ob  vor  ihr  Decia- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen.  579 

mationeu  der  Art  bestebn  können.  Um  dieses  Lateins  willen  soll  aber 
das  Griechische  mehr  in  die  obern  Klassen  verlegt  und  der  eigentliche 
Schwerpunkt  dieses  Studiums  auf  die  Universität  verlegt  werden,  damit 
derjenige,  welcher  die  Begabung  und  Vorliebe  dazu  besitzt,  dort  seinen 
Studien  nach  Herzenslust  obliegen  könne.  So  spricht  ein  gewesner 
Gymnasiallehrer!  Wie  lästig  ist  ihm  das  Griechische!  Wie  viel  ver- 
steht vvol  er  davon?  Ja  zurück  in  das  Mittelalter!  Das  ist  sein  wah- 
res Losungswort.  Höre  es ,  Oesterreich ,  höret  es ,  ihr  Völker  die  es  in 
sich  begreift,  damit  ihr  erfahrt,  was  euch  die  Leute  mit  ihrem  Natio- 
nalitätsgeschrei bringen  wollen.  Sollen  wir  unsere  Leser  noch  lange 
mit  den  Tiraden  behelligen  ,  mit  denen  die  Philosophie  statt  der  philo- 
sophischen Propädeutik  gefordert,  mit  welchen  die  Verbindung  der  Geo- 
graphie mit  der  Geschichte  als  eine  Herabwürdigung  der  erstem  zu 
einer  Magd  der  letztern  bezeichnet,  ein  ausgedehnter  volkswirtschaft- 
licher Katechismus  in  Vorschlag  gebracht ,  die  eifrige  Cultivierung  des 
mündlichen  Vortrags  und  der  Stenographie  in  den  Mittelschulen,  endlich 
körperliche  Uebungen ,  die  Gymnastik,  selbst  militärisches  Exercieren 
schulmäszig  betrieben  gewünscht  werden?  Da  werdeji  ja  gewis  die 
Zöglinge  befähigt  werden,  Reden  wie  die  des  Hrn  Dr  Cupr  im  Reichs- 
rath  zu  halten  —  denn  logische  Schnitzer  und  verdächtigende  Phrasen 
statt  beweisender  Gründe  wird  der  mündliche  Vortrag  geben  und  die 
unverdaute  Philosophie  — ,  sie  werden  ebenso  wenig  zur  Frage  kommen, 
ob  denn  mit  dem  Verlangen  so  vieler  Lehrgegenstände  eine  geringe 
Stundenzahl  vereinbar  sei,  sie  werden  nicht  merken,  wie, sie  sich  selbst 
ins  Gesicht  schlagen.  Den  ganzen  Charakter  von  Hrn  Cuprs  Antrag 
kennzeichnet  der  sechste  Punkt:  Gleichberechtigung  der  Natio- 
nalitäten in  den  mittleren  und  höheren  Unterrichtsan- 
stalten. Diese  Gleichberechtigung  soll  der  Kitt  werden,  der  Oester- 
reich grosz  und  mächtig,  ^stark  und  fest  machen  soll.  Wie  sie  durchzu- 
führen sei,  sagt  Hr  Dr  Cupr  nicht,  und  wir  Deutsche  werden  wol  so 
lange  Mistrauen  hegen  dürfen,  bis  der  oben  beispielsAveise  berich^^ete 
Fall  mit  der  Pester  Realschule,  bis  die  aus  den  Zeitungen  bekannten 
Vorgänge  mit  den  Schulen  in  Prag  wieder  gut  gemacht  und  uns  be- 
wiesen wird,  dasz  man  der  deutschen  Nationalität  die  Gleichberechtigung 
voll  und  wahr  zugestanden  hat.  Nur  eins  können  wir  vermuten,  dasz 
er,  der  1853  abgesetzt  wurde,  weil  er  gegen  den  Organisationsentwurf, 
sich  auf  ein  älteres  Gesetz  stützend,  böhmisch  vorgetragen  hatte,  wenn 
er  darnach  rehabilitiert  wird,  die  deutschen  Schüler  seine  böhmischen 
Worte  zu  hören  zwingen  wird.  Auch  das  können  wir  uns  ersparen,  die 
so  grundfalsche  Behauptung ,  dasz  die  österreichische  Organisation  nur 
eine  Copie  der  preuszischen  sei,  zu  widerlegen,  da  unsere  Leser  aus 
unsern  frühern  Beurteilungen  hinlänglich  die  Möglichkeit  besitzen,  die 
Unverschämtheit  und  Boshaftigkeit  derselben  zu  sehätzen.  Nichts  end- 
lich gibt  über  das  Wesen  des  Antragstellers  ein  helleres  Licht,  als  die 
Gehässigkeit,  mit  welcher  er  die  Wissenschaftlichkeit  zum  Gegenstande 
des  Hasses  und  zum  Grunde  schwerer  Anklage  macht:  ein  Beweis  nicht 
allein  dasz  sie  ihm  gänzlich  fehlt,  sondern  auch  dasz  er  sie  nicht  ein- 
mal zu  schätzen  weisz,  ja  sich  vor  ihr  wie  vor  dem  Feuer  fürchtet.  — 
Indem  wir  eine  Schrift  von  Hrn  Professor  Dr  Bonitz  zu  besprechen 
vorhatten,  sind  wir  dahin  gekommen  nur  die  Beschaffenheit  und  die  Ge- 
danken seines  Gegners  ans:  Licht  zu  stellen ;  wir  hoffen  aber  gerade 
dadurch  unsern  Zweck  erreicht  zu  haben,  nemlich  die  unermüdliche  und 
aufopfernde  Geduld,  mit  welcher  der  in  der  Wissenschaft  so  bedeutende 
Mann  über  solche  Angriffe  auf  eine  Organisation ,  der  er  seine  beste 
Kraft  gewidmet  hat,  zwar  ernste  aber  nie  leidenschaftliche  Belehrungeu 
gibt,  ins  hellste  Licht  zu  stellen.  Wir  hätten  nichts  mehr  bedauert,  als 
wenn  er  damit  allein  stehn  geblieben  wäre,  —  denn  die  Gegner  können 

37' 


580  Bericlife  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  stallst.  Notizen. 

ihm  immer  die  Parteinahme  für  sein  eignes  Werk  schuldgeben  und  die  Rein- 
heit seines  Wesens,  die  überzeugende  Kraft  seiner  Argumente  wird  ihm  bei 
denen  nichts  helfen,  welche  seine  Schriften  nicht  lesen  oder  nicht  verstehn 
können.  Glücklicherweise  aber  erhalten  wir  eine  zweite  Schrift:  Die  Un- 
terrichtsfrage vor  dem  Reichsratlie.  Ein  Beitrag  zur  Verständiguiig  von  einem 
Schulmanne  aus  Tirol  (Wien,  Gerold.  1801.  62  S.  8).  Der  unge- 
nannte •  Herr  Verfasser  gibt  sich  überall  als  einen  mit  dem  Gegen- 
stand innigst  vertrauten,  ernst  und  ruhig  denkenden,  die  Wahrheit 
ganz  und  ungeschminkt  auszusprechen  den  Mut  besitzenden  Mann  zu 
erkennen.  Dasz  er  nicht  blinder  Bewunderer  der  Organisation  ist, 
wird  dadurch  bewiesen,  dasz  er  die  bis  jetzt  getroffene  'Sprachregelung' 
noch  nicht  für  den  gerechten  Anforderungen  genügend  erklärt.  Dies 
erkennt  auch  Herr  Professor  Bonitz  an  und  fordert  nur  bestimmte 
und  ausführbare  Vorschläge  zur  Aenderung,  und  so  wird  er  sich  gewis 
auch  mit  dem  von  unserem  Verfasser  bezeichneten  Wege  einverstanden 
erklären.  Auf  eine  höchst  schlagende  Thatsache  hat  der  letztere  in 
seiner  Schrift  S.  6'  f.  von  neuem  hingewiesen*),  dasz  nemlich,  als  im 
J.  1838  durch  Allerhöchste  Entschlieszung  vom  13.  Mai  an  sämtliche 
Studiendirectorate  die  Aufforderung  ergangen  war,  'jene  Hauptpunkte 
in  Antrag  zu  bringen,  welche  bei  einer  vorhabenden  Verbesserung  der 
gegenwärtigen  Gymnasialeinrichtung  zur  Grundlage  und  möglichen  Rück- 
sicht dienen  können',  in  den  Eingängen  sämtlicher  Länderstellen  und 
Studiendirectorate  an  die  damalige  Studien-Hofcommission  in  mehr  oder 
minder  scharfer  Weise  alle  die  Klagen  über  die  frühern  Einrichtungen 
und  alle  die  Forderungen  und  Vorschläge  zu  deren  Abstellung  enthalten 
waien ,  welche  die  ganz  wesentliche  Grundlage  des  Organisationsent- 
wurfs bilden.  Dazu  liefert  er  durch  Vergleichung  der  Lehrpläne  den 
klarsten  Beweis,  dasz  der  Organisationsentwurf  nicht  nur  nicht  eine 
Copie  der  preuszischen  Reglements  sei,  sondern  gegen  die  Lehreinrich- 
tungen aller  andern  Länder,  selbst  Frankreichs  und  Englands,  unab- 
hängige Selbständigkeit  in  Anspruch  zu  nehmen  das  vollste  Recht  habe, 
dasz  derselbe  zwar  nichts  durch  die  Erfahrung  anderer  Länder  als  not- 
wendig und  brauchbar  bewiesenes  von  sich  ausgeschlossen,  dagegen  aber 
auch  mit  sicherer  und  entschloszner  Hand  die  Richtungen  ergriffen  habe, 
zu  denen  das  Zeitalter  drängt  und  denen  sich ,  wenn  auch  mit  kluger 
Mäszigung,  vollständigere  Rechnung  zu  tragen  man  anderwärts  noch 
immer  sich  gescheut  habe.  Mit  scharfer  Kritik  zeichnet  er  ferner  die 
Bestrebungen  gegen  den  Organisationsentwurf  und  zeigt,  wie  der  katho- 
lische Klerus  hier  in  dem  Adel  und  Beamtentum  einen  Genossen  ge- 
funden habe.  Leider  finden  wir  S.  27,  dasz  auch  der  protestantische 
Klerus  sich  den  Gegnern  beigesellt  hat.  Wir  haben  allerdings  That- 
sachen  erfahren,  welche  die  Verwandlung  gewisser  protestantischer  Gym- 
nasien Ungarns  in  Bürgerschulen  uns  nur  insofern  beklagen  lieszen,  als 
bei  unsern  Glaubensbrüdern  sich  keine  innere  Möglichkeit  besserer 
Leistungen  fand,  dagegen  haben  wir  doch  auch  Beweise,  dasz  pro- 
testantische Lehranstalten  mit  vollster  Hingebung  den  neuen  Lehr- 
plan durchführten  und  die  segensreichsten  Früchte  erzielten.  Wir 
haben  schon  oben  auf  die  Verwandtschaft  der  Cupr sehen  Anklagen 
und  Anträge  mit  denen  des  Jesuiten -Ordensgenerals  P.  Bekx  hin- 
gedeutet, wir  können  uns  nicht  versagen  aus  der  Schrift  die  bündige 
Darlegung  des  Verfassers  mitzuteilen  (S.  40):  'Man  klagt  über  die 
Vernachlässigung  der  lateinischen  Sprache ,   die   doch  Gelehrtensprache, 


*)  Die  aktenmäszige  Begründung  findet  sich  in  L.  von  Heufler: 
Fragmente  über  Unterrichtswesen  in  Oesterreich  (Wien  1853)  S.  48 — 60  und 
rücksichtlich  des  naturwissenschaftlichen  Unterrichts  in  der  Abhandlung 
von  Kunzek  Zeitschrift  f.  d.  ö.  G.   1858  S.  196  ff. 


Berichte  über  gelehrte  Ansl;ilten,  Verurdiiiiiigen,  slatist.  Nolizeii.   581 

Sprache   der    Welt   gewesen.     Pater  Bekx   thut   dasselbe  und    erklärt: 
'^der   lateinischen   Sprache    als  der  Sprache  der  Kirche,    der  christlichen 
Uoberlieferiing,  der  Wissenschaften  aller  Völker  und  aller  Zeiten  wende 
die  Gesellschaft  Jesu    besondere  Vorliebe    zu  —    und    bediene    sich    der- 
selben deshalb    zum  Vortrag   in  der  Schule,    weil  sonst  ein  gedeihlicher 
Unterricht  in  diesem  Fache  nicht  zu  erwarten  sei.'     Man  klagt  über  die 
Lehrgegenstände  und  die    dadurch  verursachte  Ueberladung   der  Jugend, 
die  hinwieder  'Oberflächlichkeit,  Verflachung,  Eigendünkel,  Blasiertheit, 
körperliches  und  geistiges  Siechthum'  zur  Folge  habe:  Pater  Bekx  thut 
dasselbe   und  erklärt,    'dasz  die  Idee,    der  Jugend   in    kurzer  Zeit  mög- 
lichst viele  Kenntnisse  beizubringen,  dem  Scheine  nach  wol  eine  herliche 
sei  und  viel  Bestechendes  habe,  dasz  aber  auf  diese  Weise  nicht  gründ- 
liche  Geistesbildung,    sondern    oberflächliche    Vielwisserei,  Eigendünkel 
und  Anmaszung  erzeugt  und  auf  Herz   und  Geist  der  verderblichste  Ein- 
flusz  ausgeübt  werde.'     Man  klagt  über  das  Fachlehrersystem,  nament- 
lich in  den  untern  Klassen,  ''weil  das  zarte  Knabenalter  nicht  blos  Un- 
terricht   sondern   auch  Erziehung    brauche.'     Pater  Bekx  thut  dasselbe 
und  erklärt,    ''bei  dem  System  der  Fachlehrer   sei  jede  eigentlich  päda- 
gogische Einwirkung   von  Seite   der  Lehrer  auf  die  Jugend  unmöglich.'' 
Man  klagt  über  Verkürzung  des  Studiums  der  Philosophie  an  den  Gym- 
nasien: Pater  Bek.x  thut  dasselbe  und  erklärt,  'die  philosophische  Pro- 
pädeutik werde  entschieden  mangelhaft  und  ohne  Einblick  in  das  Wesen 
der   Philosophie   behandelt.'      Nachdem    sodann   der    Verfasser    erläutert 
hat,  wie  alle  die  Angrifle  auf  die  Organisation  der  Gymnasien  von   der 
Presse  allgemein  bekämpft  worden  seien,  weil  man  in  ihnen  dieselbe  For- 
derung: 'Umkehr  zum  erprobten  System    der  Ratio  siudiorum''  zu  hören 
vermeint,  fährt  er  S.  42  fort:  'Goluchowski  gieng,  Schmerling  kam  und 
mit  ihm  der  Reichsrath.    Und  sieh  da!  eines  schönen  Tags  erhebt  unter 
gespannter  Aufmerksamkeit  der  hohen  Versammlung  ein  Schulmann  den 
Ruf:  'Revision  des  Unterrichtsplans  für  Mittelschulen!'     Wir  haben  uns 
erlaubt  kurz  zuvor  anzudeuten,  welche  wunderbare  Familienähnlichkeit 
die   Stimme   dieses   Rufenden    mit    der    Stimme    des    ehrwürdigen  Pater 
Bekx    hat.     Wir   wiederholen   deshalb   hier  nochmals    die    Frage:    Will 
der  hohe  Reichsrath  dieser  Stimme  folgen?'     Nachdem  endlich  der  Ver- 
fasser überzeugend  dargethan  hat,  wie  der  Reichsrath  gar  nicht  berufen 
sei  Lectionspläne    zu  entwerfen,    faszt   er    seine  Ansicht  (S.  50)  in  fol- 
genden Worten    zusammen:   'Somit    wiederholen    wir    nochmals    die  be- 
stimmte Forderung  :  Autonomie   auch    für  die  Schule   in  ihren  innersten 
Angelegenheiten.     Man  schaffe  im  Mittelpunkt  des  Reichs  endlich  einen 
obersten    Rath    des    öffentlichen  Unterrichts,    zusammengesetzt 
aus   Fachmännern    von    gründlicher  Wissenschaft    und    er- 
probter  Erfahrung;    diesem  trage  man  auf,  die  bestehenden  Lehr- 
einrichtungen   zu   prüfen   und    wo    es  uotthut  Vorschläge  zu  deren  Aen- 
derung  vorzulegen.     Man  berufe  dann  Landes -Schulconferenzen  in  den 
einzelnen  Königreichen  und   Ländern,    um    die    allgemeine   Gesetz- 
gebung für  das  Unterrichtswesen  im  ganzen  Reiche  den  speciellen 
Bedürfnissen     der    einzelnen   Teile    anzupassen.      Auf   diese 
Weise   wird    ein   glückliches  Ergebnis  zu  erzielen  sein,  auf  eine  andere 
schwerlich.     Und  so  schlieszen  wir  mit  dem  Wunsche,  der  hohe  Reichs- 
rath   möge    sich    der   Sache    des    öff"eutlichen    Unterrichts    warm   anneh- 
men; denn  wahrlich!  eine  schönere  Aufgabe  als  die,  für  die  Erziehung 
und   Bildung   der   Nation   zu   sorgen,    kann   er   sich   nicht  stellen.     Wir 
nähren    aber    zugleich   auch    die    sichere    Hoß"nung,    er  werde    sein    Ohr 
jener   Sirenenstimme  'des  Orakels    in  Rom'  verschlieszen  ,   die   in  allen 
möglichen  Tonarten  doch  immer  wieder  dasselbe  bezaubernde,  aber  ver- 
derbliche Lied  singt:  'von  der  seligen  guten  alten  Zeit'.     Denn 
Wer  verblendeten  Sinns  hinstaunt  und  der  hellen  Sirenen 
Stimme  horcht,   nie  wird   ihn  das  Weib   und  die  lallenden  Kinder, 


582  Berichte  über  gelehrte  Anstallen,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

Wieder  zur  Heimat  gekehrt,  mit  Freud'  umstehn  und  begrüszeu! 
Nein,  mit  hellem  Gesänge  bezaubern  ihn  dort  die  Sirenen, 
Sitzend  am  grünen  Gestad',  und  modernder  Männer  Gebeine 
Liegen  da  rings  gehäuft  und  herum  verwittern  die  Häute  — 
wie  der  greise  Dichterfürst  weissagt.    Noch  nie  hatte  Oesterreich  Segen, 
wo  es  dieser  Stimme  horchte!' 

Wir  hoffen  unsern  Lesern  hinreichend  den  Kampf  gezeichnet  zu 
haben,  welcher  dem  österreichischen  Unterrichtswesen  droht.  Hoffen 
wir,  dasz  das  Gute  gerettet  werde!  Zollen  wir  unsern  Dank  den  Män- 
nern, Avelche  dort  so  eifrig  und  unverdrossen  für  das  heilige  Werk  der 
Erziehung,  für  die  Verbreitung  echter  wissenschaftlicher  Bildung  strei- 
ten und  wirken  und  Oesterreich  nicht  rückwärts,  sondern  vorwärts  zu 
bringen  trachten.  Vielleicht  trägt  unsere  Stimme  doch  etwas  zu  ihrer 
Ermutigung  bei ,  vielleicht  bringt  sie  ihnen  doch  einige  Hülfe.  Wir 
können  mit  der  Nachricht  schlieszen ,  dasz  der  Unterrichts- Ausschusz 
des  Reichsraths  beschlossen  hat,  über  die  Frage  einer  Revision  des 
gegenwärtigen  Lehrplans  das  Gutachten  von  Fachmännern  zu  verneh- 
men. Möge  er  sich  an  die  rechten  wenden  und  ihre  Stimmen  gewissen- 
haft hören  und  beachten!*)  R.  D. 

Kurfürstentum  Hessen  1861. 

Ueber  die  Gymnasien  Kurhessens  berichten  wir  aus  den  zu  Ostern 
1861  erschienenen  Programmen,  wie  folgt: 

1.  Fulda.]  In  dem  LehrercoUegium  ist  in  dem  verflossnen  Schul- 
jahre keine  weitere  Veränderung  eingetreten,  als  dasz  der  Lehrer  Rath- 
mann  von  Volkmarsen  mit  dem  Anfange  des  Schuljahrs  als  beauftrag- 
tragter  Schreiblehrer  eingetreten  ist;  derselbe  besorgt  auch  das  Orgel- 
spielen bei  dem  Gottesdienst  für  die  katholischen  Schüler,  sowie  den 
geographischen  und  Rechenunterricht  in  der  Sexta.  Der  Candidat  des 
Gymnasiallehreramts  Auth  wurde  behufs  Erstehung  des  Probejahrs  dem 
hiesigen  Gymnasium  zugewiesen.  Bestand  des  Lehrercollegiuras :  Dir. 
Dr  Wesen  er,  die  ordentlichen  Lehrer  Dr  Weismann,  Dr  Gies, 
Hahn,  Dr  Lotz,  Bormann,  Donner,  Gegenbaur,  Dr  Oster- 
mann, Schnittdiel,  evang.  Religionslehrer  geistl.  Inspector  Roll- 
mann, beauftr.  Lehrer  Körb  er,  Gesanglehrer  Henkel,  Zeichenlehrer 
Binder,  Schreiblehrer  Rathmann,  Praktikant  Auth.  Schülerzahl 
196  (I  21,  II  25,  III^  22,  III ^  31,  IV  27,  V  35,  VI  35),  und  zwar  123 
katholische,  72  evangelische,  1  israelitischer.  Abiturienten  9.  Den 
Schulnachrichten  ist  vorausgeschickt  eine  Abhandlung  von  dem  Gym- 
nasiallehrer J.  Gegenbaur:  Geschichte  der  religiösen  Bewegung  ijn  Hoch- 
stifte Fulda  wärend  des  16.  Jahrhunderts  (40  S.  4).  Der  Verfasser  liefert 
in  dieser  Abhandlung  einen  Beitrag  zur  Reformationsgeschichte ,  indem 

*)  Nachdem  dieser  Bericht  bereits  abgesetzt  war,  finden  wir  in  dem 
neusten  (lOten)  Hefte  der  österreichischen  Zeitschrift  S.  827  f.  die  No- 
tiz ,  dasz  der  unter  dem  Namen  ^  die  Mittelschule'  in  Wien  gegründete 
Verein  in  Bezug  auf  die  dem  Abgeordnetenbause  vorgetragnen  entstel- 
lenden Angaben  über  die  gegenwärtige  Lehreinrichtung  am  2.  Nov.  den 
Antrag  des  Prof.  Egger:  'der  Verein  möge  eine  Denkschrift  abfassen, 
in  welcher  darzulegen  wäre,  was  sich  vom  dermal  bestehenden  Unter- 
richtssysteme bewährt  hat  und  welche  Aenderungen  vom  Standpunkt 
der  Schule  zu  beantragen  wären',  zum  Beschlusz  erhoben  hat.  In  die 
dazu  bestimmte  Commission  wurden  auszer  dem  Präsidenten  und  Vice- 
präsidenten  des  Vereins,  den  Directoren  Hochegger  und  Engel  ge- 
wählt die  Professoren  DrBonitz,  Egg  er,  DrPick,DrPokorny, 
Tomasch ek  zur  Vertretung  der  Interessen  der  Gymnasien,  die  Pro- 
fessoren Dr  Kluu,  Dr  Krist,  Pisko,  Vernaleken,  Warhanek 
für  die  Realschulen. 


Beticlilo  über  gelehrlo  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.  583 

er  aus  den  Archiven  der  städtischen  Behörde  sowie  der  Regierung  und 
aus  den  Sammlungen  der  Landesbibliothek  eine  Schilderung  der  religiö- 
sen Bewegung  im  Hochstifte  Fulda  wärend  des  sechszehnten  Jahrhun- 
derts entwirft,  die  Erzählung  mit  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhun- 
dert beginnt  und  dieselbe  bis  zum  westphäli.schen  Frieden  fortführt. 
Diese  Arbeit  füllt  eine  wesentliche  Lücke  in  der  Geschichtschreibung 
des  Hochstiftes  aus  ,  indem  die  früheren  Geschichtschreiber  wie  Brower 
und  Schannat  nur  ganz  lückenhafte  Andeutungen  über  diese  Zeitperiode 
geben.  Der  Verfasser  weist  zuerst  nach  wie  in  den  ersten  Zeiten  der 
Reformation  nur  ganz  wenige  vereinzelte  Anhänger  derselben  aus  dem 
Stifte  hervorgiengen,  dahin  gehören  Adam  Kraft,  später  Supei'intendent 
von  Marburg,  Balthasar  Raid,  später  Stadtpfarrer  von  Grosfeld,  Georg 
AVitzel ,  der  durch  seinen  späteren  Rücktritt  zur  katholischen  Lehre, 
durch  seine  Schriften  und  Streitigkeiten  mit  den  Wittenberger  Refor- 
matoren in  weiteren  Kreisen  bekannt  wurde,  und  einige  andere.  Wärend 
so  in  der  Stadt  Fulda  selbst  die  ersten  Spuren  der  Reformation  nur 
als  vereinzelte  erscheinen ,  setzte  sich  dagegen  in  Hamelburg  dieselbe 
freilich  unter  verschiedenen  Hindernissen  und  Widersprüchen  fest.  Kai- 
ser Karl  V  erliesz  deshalb  ein  Edict  an  den  Abt,  worin  er  befahl,  dasz 
er  die  Prediger  nach  lutherischem  Gebrauch  in  das  Stift  nicht  einkom- 
men  lasse.  Der  Verfasser  schildert  sodann  die  Bemühungen  Karls  V 
auf  dem  Reichstage  zu  Regensburg,  um  eine  Einigung  herbeizuführen. 
In  dieser  Zeit  regierte  in  Fulda  Philipp  Schenk  von  Schweinsberg;  der- 
selbe erliesz  1541  einige  Edicte,  welche  die  Religion  und  den  Cultus 
betrafen,  sie  heiszen  die  reformatio  Philippi;  auch  nur  ein  flüchtiger 
Blick  in  diese  Decrete  zeigt,  dasz  der  Abt  damit  den  katholischen  Bo- 
den nicht  verliesz,  ja  nicht  einmal  die  Priesterehe  zugab,  welche  doch 
später  das  Interim,  das  1548  in  Fulda  verkündigt  wurde,  gestattete. 
Der  Verfasser  weist  im  einzelnen  an  jenen  Edicten  nach,  dasz  man  in 
denselben  durchaus  das  nicht  finden  konnte,  was  man  30  Jahre  später, 
um  den  Beweis  des  rechtmäszigen  verjährten  Besitzstandes  zu  begrün- 
den, dahinter  suchte;  er  führt  deshalb  Urteile  damaliger  protestantischer 
Fürsten  an ,  welche  als  völlig  zweifellos  darstellen ,  dasz  diese  Refor- 
matio Philippi  mit  der  eigentlichen  Reformation  nichts  gemein  hatte. 
Der  Verfasser  weist  dann  ferner  nach,  wie  allerdings  in  Folge  dieser 
Edicte  und  des  Interims  ein  groszer  Teil  der  Einwohner  Fuldas  sich 
dem  Augsburger  Glaubensbekenntnisse  zuwandte ,  ohne  dasz  jedoch 
seitens  der  Aebte  die  rechtliche  Anerkennung  erfolgt  sei.  In  dieser  Lage 
blieben  die  Verhältnisse  unter  der  Regierung  von  fünf  Aebten ,  bis  1570 
Balthasar  von  Dernbach  gewählt  wurde.  Der  Verfasser  liefert  nun  aus 
den  vorhandenen  Quellen  ein  umfassenderes  Bild  der  ganzen  Bewegung, 
des  Kampfes  und  Gegenkampfes  zwischen  dem  regierenden  Fürsten  und 
der  Gemeinde.  Es  fallen  da  manche  Streiflichter  auf  die  Zustände  des 
Adels,  der  Geistlichkeit  und  des  gesamten  damaligen  öffentlichen  Lebens. 
Balthasar  von  Dernbach  wird  von  seinen  Gegnern  in  Hamelburg  ge- 
zwungen, der  Regierung  zu  entsagen,  allein  frei  wiederruft  er  diesen 
Act  und  es  entspinnt  sich  nun  ein  langer  Kampf,  der  endlich  1603  mit 
der  völligen  Restitution  des  Abtes  und  der  katholischen  Religion  endigt. 
Wie  spurlos  selbst  die  Erinnerung  an  diese  frühere  Zeit  verschwunden 
war,  dafür  führt  der  Verfasser  noch  am  Schlüsse  einige  Ereignisse  aus 
der  Zeit  des  30jährigen  Krieges  an.  Gustav  Adolf  hatte  bekanntlich 
dem  Landgrafen  Wilhelm  V  v.  Hessen  die  Abtei  Fulda  erb-  und  eigen- 
tümlich überwiesen.  Die  Coramissare  des  Landgrafen  wollten  nun  auch 
alsbald  die  evangelische  Religion  wiedereinführen,  aber  der  Widerstand 
in  der  gesamten  Bürgerschaft  war  allgemein  und  als  Wilhelm  V  in  Folge 
der  für  die  kaiserlichen  Waffen  glücklichen  Schlacht  bei  Nördlingen 
Fulda  wieder  räumen  muste ,  vertrieb  das  Volk  in  Fulda  die  kleine  neu 
gebildete  Gemeinde  samt  ihrem  Prediger  aus  der  Stadt. 


584  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  statist.  Notizen-- 

2.  Cassel.]  Die  Gymnasial -Praktikanten  Ernst  und  Petri  wur- 
den zu  Hülfslelirern  ernannt.  Der  dem  Dr  Kellner  erteilte  Auftrag, 
beim  hiesigen  Gymnasium  Aushülfe  im  Unterricht  zu  leisten  ,  wurde  auf 
Ansuchen  des  genannten  Lehrers  zurückgezogen.  An  die  Stelle  des  Dr 
Kellner  trat,  zunächst  gleichfalls  in  der  Eigenschaft  eines  beauftrag- 
ten Lehrers,  der  bisherige  Conrector  an  der  Stadtschule  zu  Witzenhau- 
sen  0.  Witzel,  welcher  jedoch,  bald  darauf  zum  Hülfslehrer  ernannt, 
gegen  Ende  des  Schuljahrs  aus  dieser  Stellung  schied,  nachdem  er  zum 
Lehrer  beim  hiesigen  Cadettencorps  ernannt  worden  war.  Der  Candidat 
Zuschlag  wurde  zur  Erstehung  seines  Probejahrs  als  Praktikant  beim 
hiesigen  Gymnasium  zugelassen.  Beim  Schlusz  des  Schuljahrs  gehörten 
zum  Lehrerpersonal:  Director  Dr  Mattliias,  Dr  Flügel,  Dr  Kiesz, 
DrSchimmelpfeng,Dr  Klingender,  Schorre,  Dr  Weber,  Dr 
Grosz,  Dr  Lindenkohl,  die  Hülfslehrer  Eiedel,  Dr  Preime,  Dr 
Auth,  Ernst,  Petri,  der  beauftragte  Lehrer  Breidenbach  (kath. 
Kelig),  Praktikant  Zuschlag,  die  auszerordentlichen  Lehrer  Geyer 
(Schreiben  und  Rechnen),  Schwarz  (Zeichnen),  Temrae  (Gesang); 
der  Turnunterricht  wurde  von  dem  G.-L.  Schorre  und  dem  Hülfslehrer 
Ernst  geleitet.  Schülerzahl  279  (I  23,  II  29,  III  ^  27,  III  b  36,  IV  i  25, 
IV^  25,  IV3  26,  VI  27,  V^  29,  VI  31).  Abiturienten  13.  Den  Schul- 
nachrichten geht  voraus ;  statistische  Rückblicke  auf  die  Geschichte  des 
Gymnasiums.     Von  Dr  Grosz   (76  S.  8). 

Hanau.]  Der  beauftragte  Lehrer  F.  Münscher  verliesz  mit  dem 
Schlusz  des  Sommersemesters  seine  hiesige  Stellung,  um  als  ordentlicher 
Lehrer  an  das  preusz.  Gymnasium  zu  Guben  überzugehen.  Der  bishe- 
rige ordentliche  Lehrer  am  Gymnasium  zu  Hersfeld  Spange nberg 
wurde  im  Laufe  des  Winterhalbjahrs  an  das  hiesige  Gymnasium  ver- 
setzt. Lehrerpersonal:  Director  Dr  Piderit,  Lichtenberg,  Dr 
Fürstenau,  Dr  Fliedner,  Cassel  mann,  Dr  Suchier,  Spangen- 
berg, die  beauftragten  Lehrer  Pfarrer  Fuchs,  Gundlach,  Krause, 
die  auszerordentlichen  Lehrer  Zimmermann  (Schreiben  und  Rechnen), 
Eichenberg  (Singen).  Schülerzahl  100  (I  17,  II  20,  III  19,  IV  13, 
V  19,  VI  12).  Abiturienten  5.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus: 
quaestiones  Procopianae  von  W.  Gundlach  (28  S.  4).  Der  Verfasser 
behandelt  hauptsächlich  folgende  Fragen:  I.  Num  Procopius  re  vera 
Anecdotorum  sit  scriptor.  II.  Quo  tempore  Aneedota  sint  conscripta, 
ßive  quando  Procopius  diem  obierit  supremum.  III.  Quaenam  tides  sit 
Anecdotis  habenda,  et  quae  ratio  intercedat  inter  Aneedota  ceterosque 
Procopii  libros.  IV.  Num  Procopius  odio  ac  malivolentia  ductus  hunc 
librum  composuerit.  jV.  Quisnam  Anecdotorum  esse  debeat  usus  in 
historia  illius  temporis  conscribenda. 

4.  Hersfeld.]  An  die  Stelle  des  an  das  Gymnasium  zu  Hanau 
versetzten  ordentlichen  Lehrers  Spangenberg  trat  als  beauftragter 
Lehrer  Pfarrer  Vial,  bisher  Rector  der  Bürgerschule  zu  Neukirchen. 
Lehrerpersonal:  Director  Dr  W.  Münscher,  Dr  Deich  mann,  Pfarrer 
Wigand,  Dr  Wiskemann,  Dr  Dieter  ich,  Dr  Ritz,  Heer  mann, 
die  beauftragten  Lehrer  Pfarrer  Vial,  Praktikant  ]5uderus  (zugleich 
Turnlehrer),  Praktikant  Birkenstamm,  die  auszerordentlichen  Lehrer 
Anacker  (Singen),  Mutzbauer  (Zeichnen  u.  Schönschreiben).  Schü- 
lerzahl 141  (I  21,  II  34,  III  39,  IV  12,  V  21,  VI  14).  Abiturienten  19. 
Den  Schulnachrichten  geht  voraus  eine  Abhandlung  von  dem  Gymna- 
siallehrer Dr  D  i  e  t  e  r  i  c  h  :  von  der  Vollmacht  der  Apostel  Jesu  Christi 
(50  S.  4).  Der  Verfasser  gibt  als  Resultat  seiner  Untersuchung  folgen- 
des: 'Fassen  wir  nun  alle  diese  Vollmachten  der- Apostel  übersichtlich 
zusammen,  so  waren  ihnen  1)  die  Sacramente  übergeben  mit  dem  Be- 
fehl, dieselben  zu  spenden  und  zwar  a)  die  Taufe  zu  vollziehen,  b)  das 
Abendmahl  unter  sich  und  mit  den  durch  ihr  Wort  gläubig  gewordenen 
zu  feiern ;  2)  war  ihnen  das  Wort  übergeben  und  zwar   a)   zum  KrjQva- 


Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen.   585 

GFLV ,   b)  zum  didäcKSiv  rrjQScv  und  c)  zum  Vergeben  und  Behalten  der 
feiiuden  mittelst  desselben.     Die  Apostel  hatten  in  Bezug  auf  das  Wort 
a)  die  Lehrvollmacht,   vermöge    welcher   sie  das    ihnen  vertraute  Evan- 
gelium rein  und   lauter  zu  verkünden  und    darzubieten   hatten,    wie  sie 
vom  Herrn  gelehrt  und    durch  den  heiligen  Geist  hineingeführt  wurden. 
Das  ist  ein  Teil  der  Schlüsselge\valt,  da  sie  den  Schlüssel  der  Erkennt- 
nis hatten.     Im  Besitz   dieses  Schlüssels  der  Erkenntnis  konnten  sie  die 
Schätze  des  Himmelreichs,  konnten  sie  die  Thür  zu   denselben    aufthun 
und  als   die  getreuen  Knechte  die  Speise  dem  Hausgesinde  recht  teilen. 
Darin  übten  sie  ein  Ivtiv  und  dsiv,  ein  Ivfiv  durch  Oeönung  der  Thür, 
durch  Darreichung  und  Speisung  mit  diesen  Schätzen  des  Himmelreichs, 
ein  diiv ,  so  sie  den  Säuen  die   Thüre  verschlieszen  und  die  Perlen  ih- 
nen vorenthalten  musten ,    das  aber  alles  in  Kraft  des   heiligen  Geistes. 
Auszer  der  Lehrvollmacht  hatten  die  Apostel  b)  die  Vollmacht  der  Lei- 
tung und  Aufsicht  über  die  Glieder  des  Hauses  Gottes.     Sie  hatten  dem 
Evangelium  entsprechende  Lebensordnungen  zu  verlangen  und  anzuord- 
nen und  widerstrebende  zu  beseitigen    und  zu  verhindern :    auch  wieder 
ein  Iviiv   und    dtCv    in    besonderer  Weise,    indem    die    FriedestÖrer    im 
Havise  müszen  gebunden  und  in  enger  Zucht  gehalten  werden,  die  treuen 
Glieder  des  Hauses  aber  in  der  rechten  Freiheit  der  Kinder  Gottes  fort 
und  fort  gefördert  werden,     c)  Es  hatten  die  Apostel  mittelst  des  Worts 
die  potestas   clavium  im   engern  Sinn  zu  üben  oder  die  geistliche  Rich- 
tergewalt, welche  in  der  ^^ollmacht  bestand ,  die  .Sünden  zu  erlassen  und 
zu  behalten.     Diese  Vollmacht  ist,  wie  die  zweite,  die  Anwendung  der 
Predigt  des  Evangeliums    und    zwar    die   tröstende    und    strafende,    wie 
jenes  die  gesetzgebende.     Vergeblich  wird  es  sein,  alle  richterliche  Ge- 
walt dieser  letzten  Vollmacht  zu  leugnen,   da  schon  in  der  Entscheidung, 
ob  zum  Vergeben  oder  zum   Behalten   der  Sünde  das  Wort   anzuwenden 
sei,  ein  richterliches  L^rteil  enthalten  ist.     Alle  diese  Vollmachten  aber 
übten  sie  nicht  als  Herrn  und  Herscher  der  Gemeinde,  als  Gebieter  über 
ihren    Glauben,    sondern    als    Diener    Sicc/.ovol   und    zwar    zunächst   als 
Diener  Gottes  und  Christi  im  neuen  Bunde.     Diesen  Dienst  der  Apostel, 
welchen  sie  an  der  Gemeinde  haben,  nennt  man  als  die  Bestätigung  ih- 
rer Vollmachten    ihr   Amt.     Haben    nun    die   Apostel   als  Inbegriff  ihres 
Amtes  alle  jene  Vollmachten ,  so  ist  die  Frage  nicht  schwer    zu   beant- 
worten, was  für  eine  Stellung  die  Gemeinde  diesen  Vollmachten  gegen- 
über einzunehmen  hat.     Sie   hat    sich   ihnen    gegenüber   wesentlich   em- 
pfangend zu  verhalten  und  mit  eifriger    Betiiätigung   in    die  Lebensord- 
nungeu  einzugehen,  welche  mit  apostolischer  Vollmacht  in  ihr  geordnet 
werden.     Aber  auf  Grund  von  1  Petr.  2,  9  werden  häufig  für  sie  Rechte 
in  Anspruch  genommen,  welche  jenen  apostolischen  Vollmachten  gleich 
sein,  ja  über  dieselben    hinausragen    sollen.     Soviel  bleibt   sicher,    das 
Amt  der  Apostel  hat  sie  nicht,  oder  hat  es  nur  so,  dasz  sie  es  in  den 
Aposteln  hat.'  —  Der  Verfasser  hat  selbst  im  voraus  bemerkt,  dasz  er 
auf  volle  Beistimmung  auch  nur  der  nächsten  Kreise  seiner  Amtsgenos- 
sen nicht  rechne. 

5  Rinteln.]  Im  Lehrercollegium  hat  im  Laufe  des  Schuljahrs 
keine  Veränderung  stattgefunden.  Dasselbe  besteht  aus  folgenden  Mit- 
gliedern: Director  Dr  Schick,  Dr  Feuszner,  Dr  Eysell,  Pfarrer 
Meurer,  Dr  Hart  mann,  Dr  Stacke,  Kutsch,  Dr  Suchier,  be- 
auftragte Lehrer  Dr  Braun  und  Berkenbusch,  auszerordentlicher 
Lehrer  Storck  (Schönschreiben  und  Zeichnen),  Cantor  Kapmeier 
(Gesang).  Den  Turnunterricht  leiteten  Berkenbusch  und  Storck.  Schü- 
lerzahl 108  (I  19,  II  12,  Illg.  12.  III  r.  14,  IV g.  14,  IV r.  14,  V  2.3). 
Abiturienten  8.  Den  Schulnachrichten  gehl  voraus  eine  Abhandlung  des 
Gymnasiallehrers  Kut  seh :  über  die  Behandlung  der  geometrischen  Grund- 
begriffe (23  S.  4). 


586  Berichte  über  gelehrte  Anstalten,  Verordnungen,  Statist.  Notizen. 

6.  Makburg.]  Der  beauftragte  Lehrer  Dr  Schim  melp  fang  wurde 
zum  Hülfslehrer  ernannt.  Die  Candidaten  des  Gymnasiallehramts  Eich- 
1er  und  Rothfuchs  traten  ihr  Probejahr  an.  Lehrerpersonal:  Director 
Dr  F.  Münscher,  Dr  Sold  an,  Dr  Ritter,  Pfarrer  Fenner,  Dr 
Collmann,  Pfarrer  Dithmar,  Fürstenau,  die  Hülfslehrer  Dr  Bu- 
chenau,  Krause,  Dr  Schimmelpfeng,  Pfarrer  Will  (kath.  Reh), 
Conrector  Kutsch  (Schreiblehrer),  Peter  (Gesangl.),  die  Praktikanten 
Eichler  und  Roth  fuchs.  Schülerzahl  183  (I  18,  II  30,  III  55,  IV  35, 
V  30,  VI  15).  Abiturienten  12.  Den  Schulnachrichten  geht  voraus 
eine  Abhandlung  des  G.-L.  Pfarrer  Dithmar:  zur  Eiiileitung  in  die  Ge- 
schichte der  neuhochdeutschen  Grammatik  (40  S.  4).  Die  Arbeit  hat  die 
Entstehungsgeschichte  des  Neuhochdeutschen  vor  Luther 
zum  Gegenstand.  Die  einzelnen  Abschnitte  führen  folgende  Ueberschrif- 
ten:  die  Gestalt  der  deutschen  Sprache  im  14n  und  15n  Jahrhundert. 
Deutsche  Rechtsprosa  vom  I3n — 15n  Jahrhundert.  Die  deutsche  Sprache 
der  kaiserlichen  Kanzlei.  Die  deutsche  Sprache  der  kursächsischen 
Kanzlei.  Meisznisclie,  herzoglich  und  kurfürstlich  sächsische  Urkunden. 
Litteratur  der  neuhochdeutschen  Grammatik  vor  Gottsched. 

Fulda.  Dr  Osterinann. 

Neustadt  in  Westpreuszen.]  Königl.  katholisches  Gymna- 
sium. Die  langjährigen  Bemühungen  des  verdienstvollen  Schulraths  Dr 
DiUenburger  sind  in  diesen  Tagen  mit  vollem  Erfolg  gekrönt  worden. 
In  der  Provinz  Preuszen  bestanden  bis  jetzt  vier  katholische  Gymna- 
sien: Braunsberg,  Conitz ,  Culm  und  Deutsch -Krone,  von  denen  das 
erstere  um  Pringsten  d.  J.  die  Jubelfeier  des  50jährigen  Bestehens  be- 
gieng,  das  letztere  aber  erst  vor  einigen  Jahren  von  einem  Progymna- 
sium zu  einem  vollständigen  Gymnasium  erweitert  wurde.  Um  diese 
Zeit  wurde  auch  nach  langen  und  mühevollen,  oft  gekreuzten  Bestre- 
bungen ein  Progymnasium  am  hiesigen  Orte  gegründet  mit  der  Tendenz, 
dasselbe  ebenfalls  zu  vervollständigen,  sofern  nur  die  geltend  gemachten 
Voraussetzungen  sich  als  richtig  bewähren  würden.  Schulrath  D  illen- 
burger  fand  in  Neustadt  weniger  als  nichts,  um  seine  Schöpfung  ins 
Leben  zu  rufen;  ein  kühner  Griff  durchschnitt  indes  alle  Zweifel  und 
Erwägungen,  und  jetzt  nach  vier  Jahren  des  Bestehens  unter  allerdings 
schwierigen  Verhältnissen  ist  einem  groszen ,  weiten  Landstrich,  der 
kaum  die  Anfänge  der  Cultur  und  Civilisation  kennen  gelernt  hatte, 
durch  die  Schöpfung  eines  vollständigen  Gymnasiums  eine  dauernde 
Pflanzstätte  der  Bildung  gegeben  worden.  Möge  dem  unermüdlich  thä- 
tigen  Manne,  dem  tüchtigen  Gelehrten  und  bewährten  Schulpfleger  auch 
recht  bald  die  Freude  erblühn ,  Rössel,  das  letzte  und  einzige  katho- 
lische Progymnasium  der  Provinz ,  zu  einer  vollständigen  Anstalt  er 
hoben  zu  sehn!  —  An  unserer  Anstalt  tinterrichten  zur  Zeit:  Director 
Dr  Seemann,  Oberlehrer  F  ah le,  Religionslelirer  Warmke,  Gymnasial- 
lehrer Maroncki,  Samland  und  Dr  Thomazewski,  technischer 
Lehrer  Prengel,  Cand.  prob,  von  Marlowski,  evangel.  Religions- 
lehrer Prediger  Lebermann.  Auszerdem  sind  drei  neue  Lehrerstellen 
gegründet  worden,  für  welche  die  Berufungen  noch  nicht  erfolgt  sind, 
und  soll  mit  Beginn  des  neuen  Schuljahrs  eine  Septima  als  Vorberei- 
tungsklasse versuchsweise  eingerichtet  werden.  Als  Programme  erschie- 
nen: I)  Die  atomistische  Hypothese  vom  Oberlehrer  Fahle.  1858.  2)  De 
angui'ibus  romanis  pars  prior  vom  Gymnasiallehrer  Maroncki.  185'*, 
3)  Die  Franziskanerkirche  zu  Culm  vom  Director  Seemann.  1860,  und 
wird  jetzt  ausgegeben  werden.  4)  De  significatione  praepositio7m  tiarcc  in 
compositis  quatenus  ex  Thucydidis  historia  coynosci  possit. 

Neustadt,  den  29,  Juli  1861.  Fahle,  Oberlehrer. 


Register. 


I.   Verzeichnis  der  besproclinen  Gegenstände 

und  Sclii'iften. 


aSco,  ccG^ia  und  ZQayovSco ,  xQayovSicc.    XIX.     S.  374 — 376. 

Ahrens:   der  griechische  Unterricht   am  Lyceum  zu  Hannover.     S.  484. 

Zur  albanesischen  Sprachfrago.    XIV.     S.  291—295. 

Altdeutsch,   s.  Schülerpräparation. 

Aphorismen,  pädagogische.    XVI.     S.  332  ff. 

ArabanÜ7ios :  XQOvoyQacpia  rrjg  'HneiQOV.     S.  37. 

Aufgaben  für  die  bairischen  Abiturientenprüfungen.    VII.    S.  186 — 189. 

Axt:  coniectanea  Homerica.     S.  303  ff. 

Bachmann:  die  Geschichte  der  groszen  Rostocker  Stadtschule.     S.  90. 

Baumgartner:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 

Bayer:  Armin,  Deutschlands  Befreier.     1.  Abt.     S.  243  f. 

Bequerel:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 

Bergemann:  zum  Verständnis  von  Soph.  Antig.  bes.  925  —  928.  S.  308 
—400. 

Biedermann:  der  Geschichtsunterricht  in  der  Schule.    4.     S.   161   ff. 

Böhringer:   der  phijosophische  Standpunkt  des  Sokrates.     S.  204. 

Bonitz:  über  den  Cuprschen  Antrag  auf  Revision  des  dermaligen  Unter- 
richtswesens der  österreichischen  Mittelschulen.     S.  f>73  ff. 

Breitner :  Leitfaden  für  den   Unterricht  in  der  Physik.     S.  401  ff. 

Brunner:  die  Markgrafen  von  Ronsberg.     S.  238. 

Bücher:  griechische  Vorschule.    X.     S.  196. 

Campe:  Beiträge  zur  Kritik  des  Cicero.     S.  305 — 397. 

coeptus  sum.     S.  470  f. 

Colombel:  Einleitung   zur   Geschichte   der   vier  Grafen    von   Nassau   auf 

dem  Erzstuhl  von  Mainz.     S.  478. 
Concentration  und  Decentration  des  Unterrichts.     S.  316 — 326.  353  ff. 
Conrad:  gradus  ad  Parnassum.  ed.  II.     Is  Heft.    XL     S.  196—200. 
Crecelius:  über  die  Wurzeln   MA  und  MAN.     S.  302. 
Curtius,  Ge.,  griech.  Schulgrammatik.    Bemerkungen  aus  der  Praxis  dazu. 

10.     S.  362—370. 

Decentration,  s.  Concentration. 

Deimling :  Beiträge  zur  Methodik.     S.  205. 

Demosthenes  ausgewählte  Reden.    Erklärt  von  Hehdantz.  Ir  T.  5.   S.  171 

—186. 
Dieterich:  von  der  Vollmacht  der  Apostel  Jesu  Christi.     S.  584  ff.    -^.j 
Directoreuconferenz  ,  westphälische ,  v.  J.  1860.     S.  488 — 496. 


588      Verzeichnis  der  besprochnen  Gegenstände  und  Schriften. 

Dilhinar:  zur  Einleitung  in  die  Geschichte  der  neuhochdeutschen  Gram- 
matik.    S.  586. 

Döderlein:  öffentliche  Reden.  2.  S.  12—20.  XIII.  S.  3:32  —  344.  — 
Rede  über  Humanität.     15.     S.  518 — 525. 

Dörry :  de  locis  aliq.  Quintil.  emendaadis.     S.  386. 

Dondorff:  die  louier  auf  Euböa.     S.  387—391. 

Dorfmüller :  die  Grundidee  des  Gottes  Hermes.     S.  2.38. 

Dove  usw.:  physikalisch -chemisches  Lexikon.     S.  401  ff. 

Dressel:  die  englische  Conjugation.     IX.     S.   195- 

Edite,  bibite  usw.     XXIX.     S.  566. 

EicJmer :  über  den  Gebrauch  des  lateinischen  Reflexivs.      Ir  T.     S.  379. 

Eisenlohr :  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 

Elmert:    quaestiones    et    observationes    ad     philologiara    sacram.      XII, 

S.  23;j— 236. 
Englmann:  Probe  einer  Ausgabe  von,  Caes.  comm,  de  b.  Gall.     S.  248. 
Epicharmiis .     XXIX.     S.   567. 
Euler:  Erzbischof  Willigis  von  Mainz.     S.  386. 

Fasbender:    Anfangsgründe     der    beschreibenden    Geometrie     usw.      12. 

S.  423  f. 
Fertig:  Magnus  Felix  Ennodius   und  seine  Zeit.     S.  244, 
Fischer- August:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 
Forberg:  zur  Erklärung  des  Thukydides.     4s  H.     S.  481  f. 
Frick:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ö'. 
Friedrich:   de  differentiis   aliquot  vocabulorvim  Homericorum.     S.  442  f. 

Guiszer:  Charakteristik  des  Bischofs  und  Chronisten  Otto  von  Frei- 
singen.    S.  298.  , 

Gausz:   quaestiones  Euhemereae.     S.   348. 

Gebauer:  die  Bedeutung  des  Lateinischen  und  Griechischen  für  das  Gym- 
nasium der  Gegenwart.    III.     S.  73 — 80. 

Gegenbaur:  Gescliichte  der  religiösen  Bewegung  im  Hochstift  Fulda 
wärend  des   16n  Jahrhunderts.     S.  583. 

Georges:  deut.sch-lateinisches  Handwörterbuch.     XXII.     S.  464  f. 

Gerheuser :  Jesu  leibliche  und  geistige  Verklärung  aus  Vida's  Christiade. 
S.  244. 

Gerlach:  das  Auge  und  das  Sehen.     S.  89. 

Gesenius:  hebräisches  Elementarbuch.  Ir  T.  18e  Aufl.  von  Rödiger.  2r 
T.  9e  Aufl.  von  Heiligstedt.     XVII.     S.  370—372. 

Die  Göschenstiftung  an  der  königl.  Landesschule  zu  Grimma.  S.  37 — 42. 

Des  Guiot  von  Provins  bis  jetzt  bekannte  Dichtungen.  Von  Wolfart 
und  Scoi  Marie.     VIII.     S.   189—195. 

Gundlach  :  quaestiones  Procopiauae.     S.   584. 

Habenicht:    die   Grundzüge    der   lateinischen   Prosodie   und    Metrik.     IV. 

S.  80—83. 
Hainehach:  die  Wurzeln  F^s  und  fg.     S.   86. 
Hofraths  Hautz  40jähr.  LehrerjubiUium.     S.  42  f. 
Heenvagen:  zur  Geschichte  der  Nürnberger  Gelehrtenschule   1485 — 1526. 

S.  252. 
Heidelberg :   in   conscribenda   avium   fabula    quod    sit   secutus  consilium 

Aristophane."!.     S.  483. 
Heinrichs:  de  ablativi  apud  Terentium  usu.     P.   II.     S.  440. 
Helferich:  Untersuchungen  aus  dem  klassischen  Altertum.     S.  205. 
Hetzel:  de  carminis  Hesiodei,  Opp.  et  Di.,  compositione  et  interpolutio- 

nibus.     S.  202. 


Verzeichnis  der  besprochiien  Gegenstände  und  Schriflen.      589 

Heumann:  Beiträge  zur  Kenntnis  der  mustergilligen  latein.  Prosa.    S.  249. 
Heiissi:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 
Zur  Historik.     4.     S.   161—171. 
Hü/finann:  der  Ameisenstaat.     S.  241. 

— ;  die  Tmesis  in  der  Ilias.    3e  Abt.     S.  485  f. 

Hollenheuj:  hebräisches  Schulbuch.     XXVIII.     S.  563—566. 
Hülsten:  der  Inhalt  und  Gedankengang  des  Briefes  an  die  Galater.    S.  90. 
Houhen:  qualem  Homerus  in  Odyssea  finxerit  Ulixem.     P.  II.     S.  345  f. 
Humanität.     S.  518—525. 

Hutler:  die  Hauptmomente  der  Geschichte  des  Wilbelms-Gymnasiums  in 
München.     S.  250. 

Jena.     Etymologie.     XXIX.     S.  566. 

Kallenbach:  über  T.  Livius   im  Verhältnis  zu  seinem  Werke  und  seiner 

Zeit.     S.  385. 
Kayser:  Bemerkungen  zu  Liv.  XXI  und  XXII.     S.  85. 
Keller:  einige  Worte  über  Belohnung.     S.  87. 

;  monumentum  pietatis.     S.  251- 

Kessler :  de  verbis  eundi  Homericis.     S.  482  f. 

Kopetsch:  de  verbalibus  in  ro'g  et  xäog  Platonicis.     S.  442  ff. 

Koppe:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 

Kugler:  über  das  Sttidium  der  Geschichte.     S.  242  f. 

Lasaulx:  des  Sokrates  Leben,  Lehre  und  Tod.     XIII.     S.  281 — 291. 

Lazarus  und  Steintluil:  Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprach- 
wissenschaft.    Ir  Jahrg.    7.     S.  257—280. 

Lexikalisches.     XXI.     S.  429—431. 

Livadas:  aTqauvxiMÖzTqq.     XVIII.     S.  373. 

Lüdecking :  zur  Geschichte  der  Negation  in  der  französischen  Sprache. 
S.  479—481. 

Märker:   die   Stellung   der   drei   Pastoralbriefe   im    Leben   des    Apostels 

Paulus.     S.  482. 
Malina :   de    consilio ,    quod  Tacitus    in  Germania    conscribenda  secutus 

videatur.     S.  439.  » 

Maturitätsprüfung.    Ueber  die  dabei  zu  verleihenden  Prädicate.  9.   Nr  17. 

S.  358. 
Meister :  die  Temperatur  des  Erdbodens  und  der  Erde  überhaupt.    S.  243. 
Melas:  rsQoarä&rjg.     S.  367. 
memorabilis  mit  Supinum.     S.  470. 
Milarch:   die  Auferstehung   Jesu  Christi  im  Verhältnis   zu  unserer  nach 

Pauliuischem  Lehrbegriff.     S.   89. 
Miitermüller :  Winke  und  Erinnerungen  zum  Studium  der  Geschichte  für 

Gymnasialschüler.     S.  245—248. 
Mohr:  les  empereurs  Romains  de'puis  Jules  Ce'sar  insqu'au  Grand  Con- 

stantin.     S.  344. 
Müller:  Lehrbuch   für  den  Eeligionsunterricht.    Ir  T.     S.  37. 
Müller -Pouillet:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 
Müller:  coniecturae  Tullianae.     S.  441  f. 

.-  skenische  Fragen  zu  Euripides  AIcestis.     S.  483  f. 

.•  de  Antisthene  Cynico.     S.  486. 

Muttersprache.  Der  Unterricht  in  der  Muttersprache,  s.  Sprachver- 
gleichung. 

Das  Neugriechische  in  seiner  Bedeutung  für  das  Altgriechische.    XVIII 
S.  373  f. 


590      Verzeichnis  der  besproclinen  Gegenstände  und  Schriften. 

Niemeyer:  Beiträge  zur  Erklärung  und  Kritik  des  Thukydides.    S.  394  f. 
Nikel:  kurze  Darstellung  der  Fehler  und  Gebrechen,  wodurch  Athen  ins 

Verderben  gestürzt  wurde.     S.  252. 
Nitzsch:  de  prooeraio  Herodoteo.     S.  397  f. 
Nölting:  das  lateinische  Deponens.     S.  200  f. 

Die  störenden  Einflüsse  der  OefFentlichkeit  und  deren  Vermeidung.     1. 

S.   1—4. 
Oelschläger :  Beiträge  zur  Erklärung  der  Satiren  des  Horaz.     S.  295. 
Ofterdinger:  Beiträge  zur  Geschichte  der  griechischen  Mathematik.  S.  45  ff. 
Osann,  s.  Wigand. 
Ostermann:  Vocabularien  und  Uebungsbücher  für  Sexta  und  Quinta.    V. 

S.  83—85. 

Ich  kenne  meine  Pappenheimer.     XXIX.     S.  567. 

Die  Pester  städtische  deutsche  Oberrealschule.     S.  568 — 573. 

Die  neuesten  Enthüllungen  über  die  Landesschule  Pforte.     6.     S.  209 

—232. 
Die  Philologenversammlung  in  Braunschweig.     S.  132 — 160. 
Physikalische  Lehrbücher.     11.     S.  401—423. 
Plutarchs  ausgewählte  Biographieen.     Ausgaben  von  Sintenis  und  0.  Sie- 

fert.     XXIV.     S.  467  f. 
Zur  Beurteilung  unserer  Programmeneinrichtungen.     18.     S.  544—557. 
Ist  dem  propädeutischen  Unterricht  auf  den  Gymnasien  seine  Stelle  zu 

erhalten?     14,     S.  457—463. 

Quossek:  Uebungsbuch  der  griechischen  Sprachelemente.  Ir  T.  XXV. 
S.  469. 

Der  Kallis'sche  Preis  in  Griechenland.     S.  32  f. 

Rangawi :    SiccipOQcc    öirjyrjiiaxcc  xat   noLiifiKza.     S.  35.    —    dramatische 

Paraphrasen.     S.  36. 
Kurzgefaszte  Grundzüge   einer  lautlich -geschichtlichen  Rechtschreibung 

des  Neuhochdeutschen  als  Schriftsprache.     17.     S.  529 — 544. 
Rehdaniz,  s.  Demosthenes. 

Richter:  de  supinis  linguae  latinae.     P.  V.     S.  441  f. 
Riechebnami:  zu  Eichard  II.     Shakespeare  und  Holynshed.     S.  487. 
Rost:  deutsch -griechisches  Wörterbuch.     XXI.     S.  429  ff. 

Saage:  de  locis  quibusdam  Piatonis  et  Xenophontis  emendandis.   S.  438  f. 

San  Marte,  s.  Guiot. 

Sartorius :  quaestiunculae  Livianae.     S.  240  f. 

Scherz  und  Ernst.     XXIX.     S.  566  f. 

Schiess:  das  Lateinische  als  Unterstützung  zur  Erlernung  neuerer  Spra- 
chen.     S.  30. 

Schleicher:  die  deutsche  Sprache.  8.  S.  304 — 316.  :  zur  Mor- 
phologie  der  Sprache.     13.     S.  449—456.    497—518. 

Schmidt:  loci  Plat.  Gorgiae  accuratius  explicati.     S.  387. 

Schneeberger :  quaestiones  duae.     S.  251  f. 

Schneider:  Lehrbuch  der  Religion  für  obere  Klassen  evangelischer  Gym- 
nasien.    II.     S.  26—30. 

;  praktische  Bemerkungen  über  den  griechischen  Elementar- 
unterricht.    S.  482. 

Schnitzer:  das  Griechische  auf  dem  Gymnasium.     S.  297. 

Schreiher:  commentatio  de  scriptiunculis   scholasticis.     S.  237. 

Schülerpräparation.  Die  Verschiedenheit  der  Schülerpräparation  für  die 
altdeutsche  und  für  die  antik  klassische  Lektüre.    16.   S.  525 — 528, 


Verzeichnis  der  besprochnon  Gegenstände  und  Schriften.      591 

Schtilcommunion.     1,     S.  10 — 12. 

Schulfragen.     1.     S.  1  —  12.     9.     S.  316—326.  353—362. 

Schulgrammatik.     S.   Curtius.   —  Miscellen   über   die  Fassung  gewisser 

Regeln  in  den  lateinischen  Schulgrammatiken  und  Elementarbüchern. 

XXVII.     S.  470  f. 
Schultz:  Philoctetearum  emendationum  decas.     S.  349. 
,  Ferd.:  Aufgabensammlung  zur  Einübung  der  lateinischen  Sprache. 

XXIII.     S.  465  f. 
Sengebusch:  deutsch  -  griechisches  Wörterbuch.     XXL     S.  429  ff. 

J.,     .  >  s.  Plutarch. 
Smtenis) 

Sörgel:  de  Tiberio  et  Gaio  Gracchis  p.  I.     S.  243. 

Spandau:  zur  Kritik  und  Interpretation  von  Shakespeares  Othello.   S.253. 

Spiller:  Lehrbuch  der  Physik,     S.  401  ff. 

Sprachvergleichung.  Die  Ergebnisse  der  historischen  Sprachverglei- 
chung und  der  Unterricht  in  der  Muttersprache.  3.  S.  49  —  73. 
97—132. 

Statistik  der  preuszischen  Gj-mnasien  und  Realschulen  im  Sommer  1860. 
S.  471—477. 

Steinthal,    s.    Lazarus.     ;    Charakteristik    der    hauptsächlichsten 

Typen   des   Sprachbaus.     13.     S.  449—456.   497—518. 

Stelkens:  über  den  Brief  an  Diognet.     S.  350. 

Stall:  animadversiones  in  hymnos  Homericos.     S.  478  ff. 

Das  Tanzen.     1.     S.  8—10. 
TQayovdco,  TQccyovdicc.     XIX.     S.  374—376. 
Trappe:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 
Typaldos,  Julios.     S.  33. 

Die  Uniformität  in  den  Gymnasien.     1.     S.  4 — 8. 

Die  Universität   in  Athen.     S.  30 — 32.     Die  Frequenz  der  preuszischen 

1859—60.     S.  43  f. 
Die  Unterrichtsfrage  vor  dem  Reichsrath.     S.  578  ff. 
Uschold:  Einleitung  in  die  Philosophie.     S.  236. 

Valaoritis ,  Aristoteles.     S.  33  f. 

V.  Velsen:  observationes  criticae  in  Aristophanem.     S.  344  f. 

Versammlung  der  mittelrheinischen  Gymnasiallehrer.     XX.     S.  425  ff, 

Vollhrecht,  s.  Xenophon. 

Vorschläge  zur  Einrichtung  von  lateinischen  Vocabularien  in  Verbindung 

mit  entsprechenden  Uebungsbüchern.     V.     S.  83 — 85. 
Voss,  Joh.  Heinr.:  Vorschläge  zur  Einrichtung  der  Lehrstunden  für  die 

erste  Klasse.    XV.     S.  326 — 332.    Ein  Schulzeugnis  von  J,  H.  Voss, 

XXX.     S.  567. 

Wackernagel:    die  Umdeutschung  fremder  Wörter.     S.  445  ff. 

Weller:  symbolae  criticae  et  exegeticae  ad  Herodotura  et  Thucydidem. 
S.  482  f. 

Wigand:  Friedrich  Osann  im  Leben  und  Wirken  das  Bild  eines  Huma- 
nisten.    I.     S.  20—26, 

Wild:  über  Stenographie,     S,  253  f. 

Witzschel:  Lehrbuch  der  Physik.     S.  401  ff. 

Wolfart,  s,  Guiot. 

Xenophons  Anabasis.  Erkl.  von  Frdr.  VoUbrecJU.  2e  Aufl.  Is  Bdchn. 
Selbstanzeige.     XXVII.     S,  557—563. 


592  Verzeichnis  der  Mitarbeiter. 

Zampelios,    Spyridon:    yiad'Ldqvaig    TtQOrqsaQXsiov    iv'P(aiaia.     S.   34  f. 

-•'  ^ö^^v  V  y.oivr]  Af'ltg  TQaYoväcö.     XIX.     S.  374—37(3. 

Zerlang:   Beiträge    zu    einer   genetischen   Entwicklung    der   Planimetrie. 

S.  305.  ^ 


IL    Verzeiclmis  der  Mitarbeiter, 
welche  zu  diesem  Bande  Beiträge  geliefert  haben. 


Bäumlein,  Ephorus  in  Maulbronn. 

Becker,  Dr  /.,  Professor  in  Frankfurt  a.  M. 

Buddeberg,  Dr,  Oberlehrer  in  Essen. 

Campe,  Dr ,  Professor  und  Director  zu  Greiffenberg  in  Pommern. 

Corssen,   Dr   W.,  Professor  in  Schulpforte. 

Döderlein,  Dr  L. ,  Hofrath,  Studienrector  und  Professor  in  Erlangen. 

Eggert,  Dr,  Professor  und  Sehulrath  in  Neustrelitz. 

Fahle,  Dr ,  Oberlehrer  zu  Neustadt  in  Westpreuszen. 

Fischer  ;'I)r ,  Professor  in  Elberfeld. 

Freiidenherg ,  Dr  J.,   Oberlehrer  in  Bonn. 

Frohherger ,  Dr,  Oberlehrer  an  der  königl.  Landesschule  in  Grimma. 

Hahenicht,   Gymnasiallehrer  in  Zittau. 

Hartmann,  Dr,  Professor  in  Sondershausen. 

Roche,  Dr  R.,  Oberlehrer  in  Wetzlar. 

Hölscher,  Dr,  Professor  in  Herford. 

Hoffmann,  Karl,  Lehrer  an  der  In  Bürgerschule  zu  Leipzig. 

Jensch,  Dr,  Oberlehrer  an  der  Handelsschule  zu  Magdeburg. 

Kind,  Dr ,  Justizrath  in  Leipzig. 

Lübicer ,  Dr ,   Director  in  Parchim. 

Mühlberg,   Dr,  Conr.  emer.  zu  Mühlhausen  in  Thüringen. 

Nickel,  Dr,  Gymnasiallehrer  in  Güstrow. 

Olawsky  ,  Dr  Ed. ,  Professor  in  Lissa. 

Ostermann,  Dr ,  Gymnasiallehrer  in  Fulda, 

V.  Raumer,  Dr,  Professor  in  Erlangen. 

Roth  ,  K.  L. ,  Prälat  in  Tübingen. 

Schmidt,  Dr ,  Prorector  in  Schweidnitz. 

Schmitz,  Dr,  Oberlehrer  in  Coblenz 

Schweizer-Sidler ,  Dr ,  Professor  in  Zürich. 

Tobler,  Dr,  Professor  in  Zürich. 

Vogel,  Dr   Theod.,  Gymnasiallehrer  in  Zwickau. 

Vollbrecht  ^  Rector  in  Otterndorf. 

Wesener  ^  Dr ,  Gymnasialdirector  in  Fulda. 


Verzeichnis  der  Orte,  von  denen  Bericlife  gegeben  sind. 


593 


III.    Vcrzeiclmis  der  Orte,  von  denen  Berichte 

gegeben  sind. 


Aivcheu  299. 
Aarau  30. 
Amberg  236. 
Ansbach  2.'}7, 
Anclam  394. 
Arnsberg  346. 
Aschaffenburg-  237. 
Augsburg-  238. 
Baden  204—207. 
Bamberg  241. 
Basel  445. 
Bayern  236  —  254.  295 

—  297. 
Bayreuth  240. 
Bedburg  299. 
Berlin  387  ff. 
Bielefeld  346. 
Bischufsbeim  a.T.  206. 
Bonn  21)9. 
Brandenburg  391. 
Braunsberg  438. 
Breslau  377. 
Brieg  378. 
Brilon  346. 
Broraberg  443. 
Bruchsal  206. 
Budissin  486. 
Büdingen  85. 
Burgsteinfurt  346. 
Carlsruhe  204. 
Cassel  583. 
Celle  488. 
Cleve  300. 
Coblenz  300. 
Coburg  488. 
Coesfeld  347. 
Cöslin  395. 
Colberg  395. 
Constanz  204  f. 
Cottbus  392. 
Culm  439. 
Banzig  439. 
Darmstadt  85. 
Deutsch- Crone  439. 
Dillingen  242. 
Donaueschingen  207. 
Dortmund  347. 
Dresden  486. 
Düren  301. 
Düsseldorf  301. 
Duisburg  300. 
Ehingen  297. 
Eichstätt  242. 


Eisleben  382. 
Elberfeld  302. 
Ellwangen  297. 
Emden  483. 
Emmerich  302. 
Erfurt  382. 
Erlangen  243. 
Essen  .302. 
Frankfurt  a.  O.  393. 
Freiberg  487. 
Freiburg  i.Br.  205. 
Freising  243. 
Friedland  88. 
Fulda  582. 
Gera  85. 
Gieszen  86. 
Glatz  379, 
Gleiwitz  379. 
Görlitz  379. 
Göttingen  483. 
Greitfenberg  395. 
Greifswald  397. 
Griechenland  30 — 37. 
Grimma  37  —  42. 
Groszglogau  379. 
Guben  392. 
Güstrow  89. 
Gütersloh  347. 
Gumbinnen  440. 
Hadamar  202.  478. 
Halberstadt  382. 
Halle  388. 
Hamm  348. 
Hanau  584. 
Hannover  482 — 486. 

,  Stadt,  483. 

Hedingen  394. 
Heidelberg  42.  205. 
Heilbronn  298. 
Heiligenstadt  388. 
Herford  348. 
Hersfeld  584. 
Hessen,  Kurf.  582—586. 

,  Groszh.  8.5—88. 

Hildburgbausen  482. 
Hildesheim  484. 
Hirschberg  380. 
Hof  243. 
Hohnstein  44!. 
Ilfeld  484. 
Kempen  848. 
Kempten  344. 
Köln  302. 


N.  Jalub.  f.  Phil.  u.  Päd.  H.Abt.  18G1.  Hft  11  u.  i>. 


Königsberg  in  d.  N.  393. 

in  Pr.  441. 

Konitz  442. 

Kreuznach  303. 

Krotoschin  443. 

liahr  207. 

LanJsberg  a.  d.  W.  3U3. 

Landshut  244. 

Lauban  380. 

Leipzig  487, 

Leobschütz  380. 

Liegnitz  380. 

Lissa  444. 

Luckau  393. 

Lüneburg  485. 

Lyck  442. 

Magdeburg  384. 

Mainz  87, 

Mannheim  205. 

Älarburg  585. 

Marienwerder  442. 

Mecklenburg  88  —  92, 
200  —  2U2, 

Meiniugen  482. 

Meiszen  487. 

Merseburg  384. 

Metten  245. 

Minden  348. 

Mühlhausen  384. 
München  248. 
Münnerstadt  251. 
Münster  349. 
Münstereifel  344. 
Sassau  202  —  204.  477 

—  481. 
Naumburg  385. 
Neisze  381. 
Neubrandenburg  202. 
Neuburg  a.  D.  252. 
Neuruppin  393. 
Neustadt  i.  W.  586. 
Neustettin  39S. 
Neustrelitz  89. 
Neusz  344. 
Nordhausen  385. 
Nürnberg  253. 
©eis  381. 

Oesterreich    568—582. 
Oifenburg  207. 
Oppeln  381. 
Osnabrück  486. 
Ostrowo  444. 
P.-.derborn  349. 

38 


594     Verzeichnis  der  in  den  Personalno  izen  vorkommenden  Namen. 


Parchim  89. 
Passau  253. 
Pforte  386. 
Plauen  487. 
Posen  444. 
Potsdam  393. 
Prenzlau  393. 
Preuszen43  f.299— 304. 

344—350.    377—400. 

437—445.   471-477, 
Putbus  398. 
Pyritz  398. 
^Quedlinburg  385. 
Rastatt  206. 
Eastenburg  442. 
Eatibor  381. 
Eatzeburg  92. 
Eecklinghausen  350, 
Eegensburg  253. 
Einteln  585. 
Eostock  90. 
Eoszleben  385. 


Eottweil  298. 
Sachsen  486  —  488. 
Sagan  382. 
Salzwedel  386. 
Schaflthausen  44. 
Schleiz  203. 
Schleusingen  386. 
Schweidnitz  44.  382. 
Schweinfurt  295. 
Schwerin  91. 
Soest  377. 
Sorau  394. 
Speier  296. 
Stargardt  398. 
Stendal  386. 
Stettin  398. 
Stolp  437. 
Stralsund  438. 
Straubing  296. 
Stuttgart  298. 
Thorn  443. 
Tilsit  443. 


Torgau  385. 
Treptow  a.  R.  438. 
Trier  345. 
Trzemeszno  445. 
Ulm  45. 
^Varendorf  377. 
Weilburg  293.  478. 
Wertheim  206. 
Wesel  345. 
Westphalen  488  fif. 
Wetzlar  345. 
Wiesbaden  203.  478. 
Wismar  200—202. 
Wittenberg  387. 
Würtoemberg  297—299. 
Würzburg  296. 
Worms  88. 
Zeitz  387. 
Zittau  487. 
Züllichau  394 
Zweibrücken  296. 
Zwickau  487, 


IV.    Verzeichnis  der  in  den  Personalnotizen  vor- 
kommenden Namen. 


Adler  254. 
Ahlwardt  207. 
Ampferer  92. 
Andrlik  f  96, 
Angeli  350. 
Aust  207. 
Balcaczyk  254. 
Barb  446. 
Barthel  f  208. 
Baumgärtl  f   95. 
V.  Baur  f  48. 
Becker  254  (zweimal). 

350.  t  352. 
Behrns  350. 
Beisert  254. 
Benary  f  48. 
Benelli  92. 
Bercht  f  448. 
Berger  254. 
Berghaus  207. 
Berner  496. 
Bernhardt  350. 
Berthold  f  208. 
Bertram  254. 
Besoler  92. 
Beurlin  205. 
Biedermann  92. 


Biehl  92. 
Biot  95. 
Bischoff  t  256. 
Bodin  496. 
Bonaldi  254. 
Bopp  95. 

Brackenhöft  f  448. 
Bröse  48. 
Brühl  446. 
Bruns  350. 
Bryk  92. 
Budalowski  95. 
Buddensieg  f  448. 
Büdinger  350. 
V.  Bunsen  f  48. 
Bursian  207. 
Castellini  f  256. 
Christ  92. 
Chytil  t  256. 
Cicogna  95. 
Concina  92. 
Conrad  254. 
Csausz  f  96. 
Czerinak  95. 
SJahlmanii  f  48. 
Dämmert  92. 
Dauber  f  256. 


Deimling  92.  93. 
Deiters  f  256. 
Deuschle  f  496. 
Dieckhoff  93. 
Diefenbach  208. 
Dietsch  400. 
Diez  447. 
Dihle  350. 
Donaldson  f  256. 
Drenckhahn  406. 
Drenckmann  93. 
Duden  350. 
Dume'ril  f  95. 
Eder  t  448. 
Etfenberger  9r. 
Eitelberger  v.  Edelberg 

95. 
Erhardt  254. 
Erler  255. 
Ettensperger  255. 
Eysel  t  256. 
Fallmerayer   f  250. 
Feller  496. 
Fellows  t  96. 
Ficker  95. 
Fiedler  446. 
Filippi  t  96. 


Verzeichnis  der  in  den  Personalnolizcn  vorkommenden  Namen.     595 


Firmenich  05. 
Firnliaber  f  95. 
Fischer  207. 
Fleckeisen  446. 
Fleuriet  f  448. 
Flock  35  t. 
Foregg  446. 
Foss  255. 
Franck  496. 
Frodl  93. 
Frohberger  4C0. 
Fuk  254. 
Funck  350. 
CJjulke  254. 
Galleukamp  496. 
Gand  93. 
Gaszner  446. 
Gatscher  350. 
Gebhardt  93. 
Gerhard  255. 
Gerhardt  208. 
Gerkrath  350. 
Germar  446. 
Gersdorf  f  48. 
Gherardini  f  96. 
Giudely  447. 
Glaser  93. 
Gleditsch  350. 
Gnesotto  93. 
Goriiis  93. 
Graschitsch  f  96. 
Grautoff  256. 
Grosch  350. 
Grüter  207. 
Guyet  t  256. 
Haacke  254. 
Hacker  254. 
Häuser  208. 
Hahn  207. 
v.Hahu  350. 
Halbeisen  351. 
Halm  93. 
Hamann  446. 
Hanka  f  96. 
Hanne  496. 
Hanow  496. 
Hanslik  254. 
Harnischmacher  254. 
Harrer  93. 
Harries  446. 
Hassan  446. 
Hattala  416. 
V.  Hauer  95. 
Haupt  256. 
Haustein  208. 
Heerhaber  446. 
Heidrich  496. 


Heinzc  351. 
Helferstorfer  351. 
Henslow  f  448. 
Herbst  f  96. 
Hermann  93. 
Herzig  93. 
Heyzmaun  93. 
Hilgers  254. 
Hillebrand  93. 
Hitzig  208. 
Hlasiwetz  95. 
Hochegger  93. 
Hernes  95. 
Hofmann   93.    f  96. 
Hoffmann  400. 
Holzinger  254. 
V.  Holtzendorff  208. 
Holtzmann  351. 
Homicsko  93. 
Hoppe  48. 
Hultsch  496. 
Hundt  351. 
Jachimovvski  446. 
Jacobs  254. 
Jahne  496. 
Jahner  446. 
Jarz  447. 
Jaspe  93. 
Jasper  447. 
Jendrassik  93. 
Ilgen  351. 

Joachimsthal  j-  256. 
Jomlk  93. 

Jordan  496.  f  448. 
Jost  t  96. 
Jüngken  447. 
Jürgens  f  48. 
Jungklausen  93. 
Jnrkovic  93- 
Rämpf  351. 
V.  Kaisersiegg  f  448. 
Kaltenbäck   f  352. 
Karpinski  93. 
Keferstein  254. 
Kern  496. 
Kirchner  f  96. 
Kleemann  03. 
Klein  f  448. 
Kleine  447. 
Klimscha  93. 
Klosterraann  351. 
Kner  95. 

Koch  t  256.  418. 
Köchly  208. 
Köne  t  96. 
Kopcynski  93. 
Kopp  254. 


Korioth  93.  208. 
Kostis  t  352. 
Kotschy  448. 
Kovarik  93. 
Krdl  95. 
Krasper  256. 
Krehl  254. 
Kretschmer  351. 
Kreuzer  255. 
Kfiz  93. 
Kfizeck  93. 
Krynicki  95. 
liaas  351. 
Lamprecht  -j-  90. 
Lanfranchi  f  95. 
Lange  447. 
Langethal  93. 
V.  Lasaulx  -J-  256. 
Laublieimer  93. 
Laukotsky  94. 
Laves  351. 
Lehmann  255. 
Lelewel  f  352. 
Lesinski  j-  48. 
Leyendecker  351. 
Lieberkühn  f  256. 
Liebig   256. 
Liep  255. 
Liersemanu  351. 
Linzbauer  447. 
Lipsius  t  352.400.447. 
Löschner  447. 
Lorenz  208.  447. 
Lorentz  f  256. 
Lott  95. 
Lünemann  351. 
Maaszen  94. 
Märcker  256. 
Mainardi  94. 
Marbach  255. 
Margo  94. 
Markfy  f  448. 
Marquardsen  351. 
Martiny  208. 
Maschka  94. 
Maywald  447. 
Meckbach  496. 
Meins  447. 
V.  Menin  f  95. 
v.Mersi  f  448. 
Menzel  447. 
Middeldorp  f  96. 
Mihelic  255. 
v.Minutoli  f  48. 
Mitscherlich  447. 
Mornik  94. 
Mooyer  f  448. 


596     Verzeichnis  der  in  den  Personalnotizcn  vorkommenden  Namen. 


Moriggl  t  448. 

Moritz  t  96. 

Müller  94.   f  208.  255. 
351.  t  352.400.447. 

Muuk  256. 

Mussafia  94. 

^fadermann  f  96. 

Neithardt  f  448. 

Neumann  94. 

Nieländer  255. 

Nitzsch  t  447. 

Nöldecben  351. 

NovAk  94. 

Nowakowski  255. 

Obbarius  f  96. 

Uskard  94. 

Owen  f  48. 

Palm  351.  4f0. 

Passow  208 

Paulsen  255. 
Pauly  208. 

Pavissich  94. 

Pecho  94. 
Pertz  208. 
Peter  496. 
Peters  2,i5.  448. 
Pfarrius  208. 
Pfaundler  f  352. 
Pfeiffer  CS. 
Pfretzschner  f  256. 
Pfuhl  447. 
Pitann  351. 
Planck  94. 
Platz  94, 
Polle  447.^ 
Pongracic   351. 
Prammer  94. 
Prantl  94. 
Preller  f  352. 
Prikil  t  96. 
Prill  208. 
Purkyne  95. 
lladebold  496. 
Kangen  255. 
Kauclienstein  256. 
Eegentke  208. 
Kelulantz  208. 
Keidt  351. 
Kepler  352. 
Riehm  351. 
Röder  255. 
Roseck  351. 
Roth  208. 
Ryszowski  447. 
Rytz  2.'i6. 
Saage  95. 


Sack  255. 

.•^afaflk  t  448. 

Sanio  255. 

Sauppe  28.  352. 

V.  Savigny  f  496. 

Schäffer  496. 

Schaumann  208. 

Scheibe  447. 

Schell  351. 

Schiavi  447. 

Schibier  255. 

Schickedanz  447. 

Schillbach  351. 

Schindler  351. 

Schlottmüller  208. 

Schmidt  255  (zweimal). 
351.   t  352. 

Schmölders  48. 

Schneider  496. 

Schnelle  255. 

Schnorbusch  351. 
Schön  94. 

Schopenhauer  f  96. 
V. Schrader  f  95. 
Schubart  447. 
Schütz  352. 
Schultzen  256. 
Schumann  94. 
Schwarz  94. 
Schwarzlose  255. 
Schwarzmann  255. 
Schwerdt  255. 
Seemann  447. 
Selling  94. 
Serf  496. 
Siebert  255. 
V.  Siebold  f  496. 
Sigwart  208. 
Simpson  f  96. 
Solecki  94. 
Spengel  94. 
Stählin  t  352. 
Stahl  t  448. 
Stallbaura  f  96. 
Stark  447. 
Steger  94. 
Stein  447. 
Steinliausen  208. 
Stephan  95.  496. 
Stibohar  255. 
Stier   255. 
Stöckhardt  94. 
Störmer  351. 
Storch  255. 
Streer  94. 


Strerath  94. 

Stumpf  94. 

Süsz  95. 

Tabeau  94. 

Temme  351. 

Graf  V.  Thun  95. 

Tiedemann  f  96. 

Tillman.s  255. 

Tomek  94. 

Tschackert  208. 

Tüllmann  351.       J 

Uebert  208. 

Uhlif  94. 

Ullmann  48. 

Usener  255. 

Vaclena  94. 

v.Velsen  f  96. 

Viditz  95. 

Viefhaus  94. 

V.  Vintschgau  94. 

Vitz  496. 

Vogel  496. 

Volckmar  351. 

Volkmann  447. 

Vorreiter  255. 

Vulpi  94. 

IVagemann  255. 
Wahlberg  95. 
vorm  Walde  255. 
Waldhaner  255. 
Wanderoth  f  352. 
Wartinger  f  448. 
Weber  351.  496.  f  496. 
Welirenpfennig  351. 
Weinhold  351. 
Weiszäcker  255. 
Weldert  351. 
AViederhold  208. 
Wieszner  48. 
Wilhelm  94. 
Winckler  447. 
Witt  351. 
Witzel  208. 
Woldfich  94. 
V.   Wüllersdorff- Urbar 

95. 
Herz.   V.  Württemberg 

t  48. 
Wunder  447. 
Wurm  t  496. 
Wuttke  351. 
Zahradnik  95. 
Zegestowski  95. 
Zerich  95. 
Zons  95. 


^<.  • ■ ■ — ■ ^ 


Geordnete    Uebersicht 

aller  auf  dem  Gebiete  der  classischen 

ALTEETHUMSWISSENSCHAFT 

wie  der  alleren  und  neueren 

SPRACHWISSENSCHAFT 

von  JuH  bis  December  1860 

in  Deutschland  und   dem  Ausland    neu  erschienenen  Bücher 
(Mit  einem  alphabi>tiichcn  Register). 


Besonderer  Altdruck    aus  der 

BIBLIOTHECA  PHILOLOGICA 


von 


Dr.    Gustav   Schmidt. 


^ 


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Inhalt. 


Classische    Altcrthuinswisscnschaft. 

I.  Zeitschriften.    Schriften  der  Akademien  und  gelehrten   Ge- 

sellschaften.    Encyclopädien.     Gemischte  Schriften.     .     .  pag.  53 

II.  Alte  Geographie,  (ieschichle  ,    Culturgeschichte  und  Anti- 

quitäten   —    58 

III.  Mythologie  und   Reirgionsgcschichte —    6t 

IV.  Archaeologie   und  Epigraphik —    6t 

V.  Griechische  und   römische  Literaturgeschichte.  Philosophie.  —    65 

VI.  LexJcographie.    Metrik.     .......     j.J -'f-i  l 'J  'T  —    65 

VII.  Griechische  und   I^atcinische  Gi-ammalik.*   .i.1..  I..'i4.k..|  .|  —    07 

Griechische  Classiker  n.  Erklärung^sschriften.  —    72 

liateinische  Classiker  n.  Sürklärungrsschriften.  —    80 

t  '  ',  '»■»■•;■■ 

J.  Xxi.         Sprachwissenschaft. /:LJ.i  X^'J 

I.  Zeitschriften.     Philosophische  u.  vergleichende  Grammatik. 

AllgemeJnie  Schrifleo.      .     .     .>ii».J    iltiU -ii«»'    •     ...  ^    87 

II.  Ostasiatische  Sprachen —    90 

III.  Westasialische  Sprachen, —    91 

IV.  Afrikanische  und  Amerikanische  Sprachen.  ' —     93 

V.  Ungarisch —    93 

VI.  Slavische  Sprachen —    93 

Vil.     Bretonsch -     94 

VIII.  Germanische  Sprachen. 

1.  Deutsch —    94 

(Zur  Schillerlileratnr) —     96 

2.  Angelsächsisch —  lOO 

3.  Englisch —  100 

4.  Niederländisch.     Vlämisrh.     .     .     .     ,,,....*,.     .     .  —  105 

0.  Altnordisch.     Schwedisch.     Dänisch —  lUb 

IX.  Romanischo  Sprachen. 

1.  Französisch —  107 

2.  Italienisch —  111 

3.  Spanisch —  113 

4.  Portugiesisch —  114 

5.  Romanisch —  115 

Wörterbücher  und  Conversalionsbi'icher ,  welche  mehrere  Spra- 
chen   umfassen —  115 

Alphabetisches  Register —  116 


Drurk    <lci    Dictiricli'iclicn    Univ.    Kticliiliiickerei. 
(W.     FR.     KAEiTMiR.) 


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Classische  Altertliiimswissenschaft 


I.     Zeitschriften.      Schriften    der  Akademien  und  gelehrten 
Geseiischafteu.     Encyclopädien.      Gemischte  Schriften. 

«ffahrbiicher,  neue,  für  Philologie  und  Pädagogik.  Begründet  von 
M.  Job.  Chrn.  Jahn.  Gegenwärtig  herausg.  von  Prof.  Rud.  D  i  e  t  s  c  h 
u.  Prof.  Alfr.  Fleckeisen.  1.  Ahlh.:  für  classische  Philologie, 
herausg.  von  Alfr.  Fleckeisen.  Neue  Folge  der  Supplemente.  3.  Bd. 
6.   Hell.     Leipzig,    Teubner.     S.  711—894.     gr.  8.  n.  24  ngt 

(l-ill.  n.  9   ^.  22  ngr) 

Inhalt:      Friedländer,  zwei  homerische  Wörterverzeichnisse  S.   711  — 

830.      Düntzer,    die  Interpolationen    im    11.  Buche    der  Uias   S.   831 

—  73.      Matthiessen,     ein  Beitrag    zur  Würdigung    des    Ephoros   S. 
875-94. 

Philoiog'ns.  Zeitschrift  für  das  klassische  Alterthum.  Herausge- 
geben von  Ernst  v.  Leutsch.  XVH.  Jahrg.  4  Hefte.  Göttingen, 
Dieterich.     gr.  8.  n.   5   ^. 

Inhalt  von  XVI,   2  —  4.  XVII,   1:  Dindorf,  Aesch.   Sept.  v.  369  —  719 
S.    193 — 233.     Fechner,    zur  Erklärung    von    Cic.   in  Verr.   I,   c.   50 

—  56  S.  234—69.  M.  Schmidt,  zu  Hesychius  S.  269;  zu  Soteri- 
chos  S.  352.  359 — 61.  Herbst,  Jahresbericht  über  Thukydides  S. 
270—352.  Miscellen  S.  353  —  84  (Dressel,  Brief  des  Aristoteles 
S.  353  —  54.  Dehler,  Persephone  in  Alexandria  S.  354 — 55;  zur 
lateinischen  Anthologie  S.  355  —  56.  Enger,  zu  Aesch.  Agani.  929. 
1060.  1465.  S.  355  —  59.  Putsche,  zur  Texteskritik  des  Sallust 
S.  361  —  64.  Telfy,  das  nQo^xaTÜßXtjfxa  S.  365  —  68.  —  Auszüge 
aus  Zeitschr.  etc.  S.  368  —  84).  —  Forchhammer,  der  Ursprung 
der  Mythen  S.  385  —411.  Oehler,  Cic.  pro  Sestio  c.  32.  25.  41. 
49.  S.  411.  Häckermann,  der  pithöanische  Codex  Juvenals  S. 
412  —  49.  Christ,  Beiträge  zur  Kritik  der  Bücher  Varro's  de  lingua 
Latina  S.  450 — 64,  B  endixen,  Jahresbericht  über  die  aristoteli- 
sche Ethik  und  Politik  S.  465  —  522.  M.  Schmidt,  zu  Hipponax 
S.  522.  Miscellen  S.  523  —  76  (Wolff,  aus  unedirten  Scholien  zu 
Aristoteles  de  partibus  animalium  S.  523.  Linder,  mgl  ruif  iöt-wy 
fig  6  nknTioy  kiytt,  ex  cod.  Upsal.  S.  523 — 26.  Wolff,  kritische 
Bemerkungen  S.  527  —  30.  La  Roche,  über  die  Homerischen  Ver- 
gleiche S.  531—32.  Fr ohb  erger,  zu  Demosthenes  XXVII,  5.  H. 
18.  LV,  6.  S.  532  —  37.  Wagner,  leetiones  Vergilianae  S.  537 — 
42.  —  Auszüge  aus  Zeitschr.  etc.  S.  543  —  76).  —  Bergk,  kriti- 
sche Analekten  S.  577  —  647.  Goram,  Pseudo-Phocyl.  v.  104  S. 
647.  Arist.  Nubb.  266  S.  717.  Wachsmuth,  Beiträge  zu  den 
griechischen  Nationalgrammatikern  (I.  der  Metriker  Heliodorus.  II. 
die  pinakographische   Thätigkeit  des   Callimachus.      III.   eine  nachtriig- 

,  liehe  Bemerkung  über  Krates)  S.   648—66.     Weber,  Uebersicht  der 

^^i^. . _ __ _ 


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^^. . — _»^ 

^     54     Classlsclie  Alletlliumswissenscliaft.  —  I.  Zcitscliriftcii.      ^ 


neuesten  Leistungen  für  homerische  Sprache  S.  667  —  717.  Miscel- 
len  S.  718  —  61.  (Fröhner,  metrische  Inschrift  aus  Oestreich;  eine 
ältere  Inschriftensammlung  S.  718 — 20.  T.  Mommseu,  Accentcho- 
liamben  und  prosodische   Choliamben.     I.   Aesop.    II.  Babrius  S.    721 

—  27.  Piccolos,  zu  Strabon.  S.  727  — 30.  M.Schmidt,  zum  Ar- 
cadius  S.  730—31.  Heller,  Hör.  Od.  I,  28  S.  731  —  36.  —  Aus- 
züge aus  Zeitschriften  etc.  S.   737—61).  —     Index  auctorum  S.   762 

—  67. 

XVII,  1:  Nitzseh,  die  Angriffe  auf  die  belobte  Einheitlichkeit  der 
Odyssee  S.  1—28.  Enger,  Eur.  Heracl.  594  S.  28;  299  S.  58; 
Cic.  de  invent.  1,  6  S.  110;  Aesch.  Ag.  427  S.  120.  Schenkl, 
Beiträge  zur  Kritik  und  Erklärung  des  Sophokleischen  Oedipus  auf 
Kolonos  S.  29  —  37.  Bergk,  Plautinische  Studien  S,  38  —  58. 
Christ,  Beiträge  zur  Kritik  der  Bücher  Varro's  de  Lingua  Latina 
S.  59  —  63.  Röper,  Varronische  Vindicien  II.  S.  64 — 102.  Fröh- 
ner, zu  Licinianus  S.  102.  C.  F.  W.  Müller,  zu  Cicero  S.  103  — 
10.  Zumpt,  Fragen  über  Latinität  S.  111  —  20.  Merkel,  Jahres- 
bericht über  die  Gedichte  des  Hesiodus  I.  II.  S.  121  —  48.  Goram, 
Arist.  Nub.  315  S.  148.  Miscellen  S.  149—92  (Sauppe,  zu  Dio- 
dorus,  dem  Philosophen  Secundus  und  anderen  S.  14  9 — 54.  Wölff- 
lin,  handschriftliches  zu  Sallust  S.  154 — 59.  Oehler,  lateinische 
Glossarien  S.  159.  Schäfer,  das  Ehrendecret  für  Phanokritos  von 
Parion  S.  160— 63.  Weber,  das  Wort  tyfioQog  S.  163— 67.  Struve, 
Bemerkungen  zu  den  späteren  Epikern  S.  167  —  69.  Linder,  Eur. 
liippol.  515  S.  169-70.  Wagner,  lectiones  Vergilianae  S.  170— 
72.  Fröhner,  Hör.  Od.  I,  14  keine  Allegorie  S.  172— 73.  Mähly, 
zu  Horaz  Sermonen  S.  173 — 75.  Roth,  zu  Tarro  de  lingua  Latina 
S.  175  —  76.  Mähly,  zu  Fronto  S.  176—78.  Hertz,  zu  Apuiejua 
S.  178—79.  —  Auszüge  aus  Zeitschriften  etc.  S-  179 — 92). 
Phtlolo^us.  Zeitschrift  lür  das  klassische  Altcrlhum.  Htratisgpg. 
von  Ernst  v.  L{>utsch.  1.  Suppl.-Bd.  5.  u,  6.  Heft.  Götlingcn, 
Dieterich.     III  S.   u.  S.  535-787.     gr.  8.  d.   P/j  4- 

(I.  Bd.  cplt.  n.  4Vj   4.) 
Inhalt:      Ähren  s,   Studien   zum   Agamemnon  des   Aeschylus.   3.  Artikel 
S.   535 — 640.      Lentz,   pneumatologiae   elementa   ex  veterum  gramma- 
ticorum    reliquiis    adumbrata  S.    641    —    77  6.    —       Index  auctorum  S, 
777  —  87. 


Abhandliing-en  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Ber- 
lin. Aus  dem  J.  1859.  Berlin  (Dümmler).  XXXil  u.  I26S)  S.  m. 
ü  Stein-  u.  4  Kpfrtaf.     gr.  4.     geh.  d.    13   4. 

Hieraus   einzeln: 
—     philologische  und   historische,  der  K.  Akademie  der  Wissenschaf- 
ten zu  Herlin.     Aus  dem  J.  1859.     Ehd.  lil  u.  626  S.  m.  4  Kpfrtaf. 
gr.  4.     geh.  n.  6  nf , 

Lepsius,  über  einige  Berührungspuncte  der  ägyptischen,  griechischen 
und  römischen  Chronologie  S.  1  —  82.  Homeyer,  die  Genealogie 
des  Sachsenspiegels  S.  83  —  204.  Weber,  über  die  Vajrasüci  (De- 
mantnadel) des  A9vaghosha  S.  205 — 64.  Mommsen,  codic.  Vatic. 
5766  in  quo  insunt  juris  antejustinianei  fragmenta  quae  dicnntur  Va- 
ticana  exemplum  addita  transcriptiöne  notisque  criticis  S.  265  —  408. 
Gerhard,  über  die  Metallspiegel  der  Etrusker.  II.  S.  409—82.  623 
—  26.  W.  Grimm,  Bruchstücke  aus  einem  unbekannten  Gedicht 
vom  Rosengarten  S.  483— 500.  Buschmann,  systematische  Wort- 
,  tufel  des  athapaskischen  Sprachstammes  S  501  —  86.     Schott,  Alta- 

Z<i<<-. . ->^ 


^. 


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<^    Class.  Älterthiimsw.  ^  I.  Schnft.  d.  Akail.   u.  gel.  Ges.     55     :? 


jische  Studien    oder  Uutersuchungeu    auf   dem  Gebiete    der  Altai-Spra- 
chen S.   587-621. 
Abhandlung'cn  der  philosophisch-philologischen  Classe  der  König!. 
Bayerischen     Akademie    der    Wissenschaflon.     IX.   Bd.     1.  Ablh. 
[In    der    Reihe    der    Denkschriften    der    XXXVI.    Band]     München 
(Franz'.     V  u.  276  S.  gr.  4.   mit  9   Steintal.     geh.  nn.  27,    4'. 

Inkalt:  Spengel,  über  die  ycc&a^avg  rwv  nci^tj/ucirwi' ,  ein  Beitrag 
zur  Poetik  des  Aristoteles  ;  die  JtjiurjyoQicu  des  Demosthenes.  H  a- 
ueberg,  Erörterungen  über  Pseudo-Wakidi's  Geschichte  der  Erobe- 
rung Syriens.  Streber,  über  die  sogenannten  Regeubogen-Schüssel- 
chen.  I.  Abth.  Von  der  Heimath  und  dem  Alter  der  sogenannten 
Regenbogen  -  Schüsselchen. 

Acta,  nova,  regiae  societatis  scientiarum  üpsaliensis.  Seriei  ter- 
tiae  vol.  IL  Fase.  2.  Upsaliae  1858.  S.  257-405,  XXVII  u.  18  S. 
4.  m.    II  Taf.  4  ^. 

Darin:  üpp  ström,  de  lapide  runico  Tunensi.  S.  382  —  91. 
Annales  de  la  Sociele  acad6mique  de  Nantes  et  du  deparlement  de 
la  Loire-Inf6rieiire.  1S60.  ler  semestre.  T.  31.  Nantes,  AJellinet. 
368  S.  8. 
Atti  deir  I.  R.  Istituto  Veneto  di  scicnze,  lettere  ed  arti  dal  no- 
vembre  1859  all'  ottobre  1860.  Tomo  V.  Serie  III.  Disp.  4—7. 
Venezia.     8.  flor.  2,60. 

Berichte  über  die  Verhandlungen  der  Kön.  Sächsischen  Gesellschaft 
der  Wissenschaften  zu  Leipzig.  Philologisch-historische  Classe. 
12.  Bd.  od.  .lahrg.  1860.  I  — IV.  Hft.  Leipzig,  Hirzel.  232  S.  gr.  8. 
m.  9  Sleintaf. ,  wovon  5  in  Tondr.  in  gr.  8.   u.  4.  ä  n,  ^'J   »^. 

Philol.  Inhalt:  Stark,  über  Antiken  in  dem  Museum  Meermanno-We- 
streenianum  im  Haag  S.  1  —  45  ;  über  unedirte  Venusstatuen  und  das 
Venusideal  seit  Praxiteles  S.  46 — 100.  Br  o  c  kh  au  s,  über  eine  Ana- 
lyse des  6.  Buches  von  Somadeva's  Mährchensammlung  S.  101  —  62. 
Overbeck,  über  ein  in  Eleusis  gefundenes  Relief,  welches  des  Tri- 
ptolemus  Aussendung  darstellt  S.  163  —  94.  Bursian,  archäologisch- 
epigraphische  Nachlese  aus  Griechenland  S.    195 — 232. 

Bulletin  de  l'Acadömie  imperiale  des  sciences  de  St.  -  Peter  s- 
bourg.  Tome  I.  .\vcc  9  planches  et  3  Supplements.  St.-Pe- 
tersbourg.     Leipzig,  Voss.     XI   u.  675  S.     lmp.-4.  n.  3  »f. 

Phil.   Inhalt:      Stephani,    parerga    archaeologina.    XXIH.   S.   244 — 55. 
Dorn,    les     monnaies    mahometanes    offertes   au  Musee   asiatique  par 
Goussef  S.   338 — 39.      Böhtlingk,   quelques  mots   sur  l'antiquite  de 
l'ecriture   chez   les  Hindous   S.   347 — 53.      Dorn,   sur  la  collection  de 
raanuscrits   orientaux  recueillis  par    le  prince  Dolgorouki  S.  357 — 64. 
Bruun,    l'aucienne  Hyk'e   et  ses   diverses   denominations   S.  367  —  73. 
Schiefner,   un   ouvrage  indien,  traitant  des  pronostics  fournis  par  la 
Corneille   S.   438  —  48.       Veli  aminof-Zer  nof ,    description    de  deux 
monnaies  inedites    appartenant    ä  la  dynastie    des   Nasrides   d'Espagne 
S.   473 — 78.     Dorn,    etudes    sur  la  uumismatique  pehlevie  S.  478  — 
80.     Lerch,    sur  une  ballade  kourde ,   publice  dans  le  Journal  asia- 
tique S.   480—82.     Dorn,    rapport    sur    des    monnaies   et  manucrits 
orientaux,    envoyes   au  Musee  asiatique,     par  Khanykof  S.   513  —  36. 
llminski,    la  langue   des   Tourkmenes   S.  563—71. 
Denkschriften    der   kaiserl.  .Akademie  der  Wissenschaften.       Phi- 
losophisch-historische Classe.     \.  Bd.      Wien  (Gerold's   Sohn).  V  u. 
331    S    gr.  4.  m.  eingedr.   Holzschn.  u.  4  Chromolith.  in  qu.  gr.  Fol. 
geh.  n.  6%  ^. 

Phil.    Inhalt:       Lange,    über    die    Bildung    des    lateinischen    Infinitivus 
Praesentis   Passivi  S.    1—58.      Miklosich,  zum  Glagolita  Clozianus 
,  S.  195—214,  die  Bildung  der  slavischen  Personennamen  S.  215      330.      ' 

1^ ___,.»io| 


^    56     Ciass.  Alterthiimsw.  —  I.  Schrift,  d.  Akad.  u.  gel.  Ges.     '^ 

Forhandling-er   i  Videnskabs-Selskabet  i  C  h  ri  s  ti.?  nia  Aar  1859. 
Med   fire  lilhographerede  plader.     Christiania  (Dybwad).  271  S.  gr.  8. 
Darin:     Welhaven,    tvende    antike  gravkamre  i  omegnen  af  Rom  S. 
86  —  90. 
Handlingrar ,    Rongl.    Svenska    Velenskaps-Akademiens.      Ny  följd. 
Andra  bandet,  andra  haftet.     1858.     Stockholm.     4. 
Ohne  philol.   Inhalt. 
üdelang'es  gröco-romains  tires    du   »Bulletin    historico-philologique« 
et  du  »Bulletin«    de  l'Academie    imperiale    des    sciences    de  St.-P6- 
tersbourg.     Tome   II.  '^e  livr.     St.-Petersbourg  1859.    Leipzig,  Voss. 
ms.  u.   S.  93— 216.   Le5.-8.  geh.  nn.   12  ngr  (i  — II,  2.  nn.  3^.   ITngt) 
Memoires  de  l'Academie  d'Arras.     T.  32.     Arras.     352  S.     8. 

—  —  des  sciences,  arts  et  belles-Ieltres  de  Caen  1860.  Caen, 
Hardel.     567  S.     8. 

—  —  des  sciences  morales  et  politiques  de  Tlnstitut  imperial  de 
la  France.     T.  X.     Paris,  Didot.     XiX  u.  1140  S.     4. 

_     _     du  Gard.  1858— 1859.     Nimes.     342  S.  8.  ra.  Kpfrn. 

—  —  imperiale  des  sciences,  helles -lettres  et  arts  de  Lyon. 
Classe  des  lettres.  Nouvelle  Serie.  Tome  8.  Lyon,  Brun.  1859  — 
60.     334  S.  8. 

—  —  imperiale  de  Metz.  41e  ann6e.  1859 — 60.  2e  s6rie.  8e  ann^e. 
Lettres.  Sciences.  Arts.  Agriculture.  Metz ,  Rousseau-Pallez.  568 
S.  8.  m.  2  Kpfrn. 

_  —  imperiale  des  sciences  de  S  t. -Pe  t  e  rs  b  o  ti  rg.  6e  serie. 
Sciences  politiques,  histoire  et  philologie.  Tome  IX  et  dernier. 
St.-Petersbourg.     Leipzig,  Voss.   1859.     V  u.  508  S.     Imp.-4.     geh. 

n.n.  4%   ^. 
Darin:     Schiefner,    Versuch    über  die  Thusch-Sprache  oder  die  Khi- 
stische  Mundart  in  Thuschetien.      Stephani,    Nimbus  und  Strahlen- 
kranz in  den  Werken  der  alten  Kunst. 

—  —  les  mömes  7e  serie.  Tome  II.  Nr.  7.  Tome  fll.  Nr.  1 — 4. 
Ebd.     lmp.-4.     geh.  nn.  4  4.  9^/2  »gt 

Ohne  philologischen  Inhalt. 

—  —  deStanislas,  1859.  Tomes  1  et  2.  Nancy.  LXXIX  u.  883 
S.  8.  m.  5  Kpfrn. 

—  couronnes  et  autres  mömoires  publi6s  par  l'Academie  royale  des 
sciences,  des  lettres  et  des  beaux-arts  de  Belgique.  Tome  X. 
Bruxelles.     8.  5  fr. 

Ohne  philol.   Inhalt. 

—  presentes  ä  l'Acadömie  imperiale  des  sciences  de  St.-Peters- 
bourg par  divers  savants  et  lus  dans  les  assemblöes.  Tome  IX  et 
dernier.  Avec  12  planches  lith.,  1  carte  chromolith.,  une  table  des 
maliöres  et  une  liste  alphabetique  des  auteurs  pour  tous  les  volu- 
mes.  St.-Petersbourg.  Leipzig,  Voss  1859.  V  u.  599  S.  Imp.-4. 
geh.  nn.  6  «f.  17  nji 

Ohne  philol.    Inhalt. 
meinorie  dell'  I.  R.    Istituto    Veneto    di    scienze ,    lettere    ed    arti. 
Vol.   VIII.  parte   1.     Venezia   1859.     4. 
Ohne   philol.   Inhalt. 

—  della  reale  Accademia  delle  scienze  di  Torino.  Serie  seconda. 
Tomo  XVIII.     Torino  lS.i9.     LXXV,   548  u.  227  S.     4.     m.   Kpfrn. 

Darin  unter  ,, Classe  delle   scienze  morali,    storiche  e  filologiche"  :     Ca- 
pellina,    considerazioni    intorno    alla    commedia    greca    S.    19 — 56. 
Peyron,     dei  governi  federativi  della  Grecia  S.   73  — 152. 
iTlonatsbcricht    der  Kön.  Preussischen  Akademie    der    Wissen- 
schaften zu  Berlin.    Register  zu  den  J.   1836-1858.  Berlin  (Dümm- 
ler).     364  S.     gr.  8.     geh.  n.  2   J^. 

Ofvcrsig^t    af  Kongl.    Velenskaps-Akademiens    förhandlingar.     Sei- 

'%^— — — -^^ 


*      Classisclie  Altcitliiiins^\issciiscli.  —    I.   Encyclopädlen.     57    ^ 

tonde  ärgängen.  1859.  Stockholm,  Norsledl  &  Söner  1860.  477 
S.  gr.  8.  m.  4  Taf. 
Ohne  philol.  Inhalt. 
Oversig-1  over  dcl  Kongelige  danskc  V'idenskabernes  Seiskabs  for- 
handliiiger  og  dels  luedlemmeis  arbeidor  i  aarel  1859.  Af  Prof.  (j. 
Forchhammer,  Selskabets  Secrelair.  Med  fire  lavler.  Kjöben- 
havn.     208  S.     gr.  8. 

Darin:  Ussing,  bemaerkninger  over  nogle  endnu  ikke  udgivne  grave 
ved   det  gamle   Caere  S.   1  —  13;    yderligere  bemaerkninger  om  tracta- 

ten    imellen    de    lokriske    staeder  Chalion    og  Oeanthea  S.   14   18. 

M  a  d  V  i  g  ,    bemaerkninger    om     to    huller    og  nogle  forvanskninger   i 
texten  af  Livius'  romerske  historie  S.   21  —  24. 
Sitzung-sberichte  der  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschafteo.     Phi- 
lologisch-historische Classe.     XXXFIl.  Bd.    [Jhrg.   186()].    '2.  Hfl.   — 
XXXIV.   Bd.  [Jhrg.   1860].     Wien  (Gerold's  Sohn).      V  S.  u.  S.  339 
—  586,    VI  u.  447  S.     Lex.-8.  n.  s/g  ^.   u.  n.   I    ,$.  12  ngt 

Phil.  Inhalt:  XXXIII,  2:  F.  Müller,  das  grammatische  Geschlecht 
(Genus);  ein  sprachwissenschaftlicher  Versuch  S.  373  —  96.  Lud- 
wig, zur  Kritik  des  Äeschylus  S.  397  —  470.  Pfizmaier,  der  Red- 
ner Tschang-I  und   einige   seiner  Zeitgenossen  S.  525  —  83. 

XXXIV:  F.  Müller,  einiges  über  das  y  tifiky.van/.öv  im  Grie- 
chischen ,  vom  sprachwissenschaftlichen  Standpunkte  S.  3  —  7  ;  zur 
Sufüxlehre  des  indogermanischen  Verbums  S.  8—16.  Wolf,  Dom 
Antonio  Jose  da  Silva,  der  Verfasser  der  sogenannten  ,, Opern  der 
Juden"  S.  249  —  78.  Haupt,  Beiträge  zur  Kunde  deutscher  Sprach- 
denkmäler in  Handschriften  S.  279  —  306.  Brücke,  Beiträge  zur 
Lautlehre  der  arabischen  Sprache  S.  307  —  56. 
—  der  König!.  Bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu 
München.     1860.      l   —  3.  Heft.      München  (Franz).      347  S.     gr.  8. 

ä  n.    16  njjt 
Darin:     Mordtmann,  Gordium ,  Pessinus,  Sivri  Hissar  S.    169 — 200. 
M.  J.  Müller,    drei  Moriscogedichte  S.    201  —  53. 
Skrifter,    det  kongelige  Morske  Videnskabcrs-Selskabs,     i  det   19de 
aarhundrede.      4de   bind.      2det    hefte.     Throndhjem,    Höeg    1*^59. 
S.  97—278.     4.     m.  2  Tafeln. 
Ohne   philol.   Inhalt. 
Terslaffen  en    mededeelinsen    der  Kon.  Akademie  van  wetenschap- 
pen.     Afdeeling    ietterkunde.      5e    deel  (in  4  stuk).      Amsterdam, 
V.  d.   Post.     401   S.     gr.  8.  f.  3,60. 

Philol.  Inhalt:  Boot,  over  eene  plaats  van  den  rhetor  Seneca,  in  ver- 
band tot  de  vraag  naar  de  echtheid  of  ouechtheid  der  eerste  Catili- 
naria  S.  93  — 105.  Leemans,  over  eenige  in  den  laatsten  tijd  in 
Nederland  ontdekte  oudheden  S.  106—24.  —  Rapport  der  commissie 
van  toezigt  over  de  philologische  nasporingen  in  de  Spaansche  biblio- 
theken  S.  181  —  200.  v.  Heusde,  over  enkele  huwelijksplegtigheden 
bij  de  Romeinen  S.  283  —  301.  Bake,  over  eea  financieel  incident 
bij  den  Atheenschen  Staat ,  na  de  opheffing  van  het  schrikbewind  der 
XXX  tyrannen  S.  302 — 06.  v.  Heusde,  over  eene  vermoedelijke 
oorzaak  van  het  grootendeels  verloren  gaan  der  annalen  van  T.  Li- 
vius S.  374 — 87.  Millies,  onderzoek  van  eene  verzameling  Ooster- 
sche  munten  S.  388  —  401   (m.    1   Kpfr.). 


Reallexikon  des  classischen  Alterlhums  für  Gymnasien.  Im  Vei- 
eine  mit  mehreren  Schulmännern  hersg.  von  Gymn.-Dir.  Dr.  Frdr. 
Lübker.  2.,  durchgängig  verb.  Aufl.  Mit  zahlreichen  Abbiidgn. 
in  eingedr.  Holzschn.     Leipzig,   Teubner.     XU  u.   1084  S.     Lcx.-S. 

ge*»-  n.  avs  4. 


^^  — . __ —       -       ■  -         --» 

^    58     Classjsclie  Alterthumswlss.   —  I,   Gemischte  Schriften. 


Dinder^  Dr.  Wilh.,  Novus  thesaiirus  adagiorum  latinorum.  Laleini- 
scher  Sprichwörterschalz.  Die  bis  jetzt  reichhalligsle  Sammig.  voa 
latein.  Sprichwörtern  und  sprichwörll.  Redensarten,  aus  den  class. 
Schriftstellern  der  Römer  u.  den  Werken  der  bedeutenderen  neue- 
ren l-alinisten,  mit  möglichst  genauer  Angabe  der  Quellen  u.  durch- 
gängiger Beifügung  der  sinnenlfprechenden  deutschen  Sprichwörter. 
Stuttgart,  Fischhaber   1861.     XV   u.  403   S.     8.     geh.  n.  2  ^. 

Crain,  Rect.  Prof.  Dr.  C.  F.,  'Enükkia  Foifhlov  dvo.  Addita  sunt  car- 
mina  Laiina  quatuor.     (jymn.-Pr.     Wismar.      19  S.     4. 

Heindl,  Dr.  J.  B. ,  Biographieen  der  berühmfesten  und  verdienst- 
vollsten Pädagogen  und  Schulmänner  aus  der  Vergangenheit.  Augs- 
burg, Schlosser.     X  u.   .MO  S.     gr.  8.     geh.  P/z   »f- 

Kletie,  A.,  Catalogi  chirographorum  in  bibliotheca  academica  ßon- 
nensi  servatorum  fasc.  ill  liltcrarum  theologicarum  partem  II  com- 
plectens.     Progr.  acad.  Bonn.     S.  77—100.     4. 

liCSSmann,  I^rof.  Dr.,  Literae  Nicolai  Ileinsii,  quas  sua  manu  scri- 
psit  misiti]ue  ad  Ferdinandnm  Furstenbergium,  episcopum  et  princi- 
pem  PaiJerbornensem.     (lymn.-Pr.     Paderborn    1859.     24  S.     4. 

mcicrif  prof.  iVlaurit.  Herrn.  Ed.,  Opuscula  academica.  Ediderunt 
Frid.  Aug.  Eckstein  et  Frid.  Kaase.  Vol.  I.  Halle,  Buchh.  d. 
Waisenhauses   iSfil.     III   u.  343  S.     gr.  8.     geh.  2   4. 

Palermo,  Fr.,  I  manoscritti  Palatini  di  Firenze  ordinati  ed  esposti. 
Vol.   II.     Firenze.     4. 

PassoiTi,  Gymn.-Dir.  Dr.  W.  A.  ,  Zur  Erinnerung  an  Johann  Wil- 
helm Süvern.     Thorn,   Lambeck.     34  S.     gr.  8.     geh.  n.   12  ngi 


II.     Alte    Geographie,     Geschichte,    Cultnrgcschichte    und 

Antiquitäten. 

Geographie. 

Arnd,  Landbaumstr.  Karl,  Der  Pfahlgraben,  nach  den  neuesten  For- 
schungen und  Entdeckungen.  Nebst  Beiträgen  zur  Erforschung  der 
übrigen  römischen,  wie  auch  der  germanischen  Baudenkmalc  in  der 
unteren  Maingegend.  Mit  1  lith.  illum.  Karte  in  Imp.-Fol.  2.  verm. 
Ausg.  Frankfurta.M.,   Brönrier  18«!.  XIII  u.  7!  S.  gr.  8.  geh.  n.  27  ngr 

Aschbach,  Prof.  J.,  Üeber  die  römischen  Militairslalionen  im  Ufer- 
Noricum  zwischen  Lauriacum  und  Vindobona  nebst  einer  Untersu- 
chung über  die  Lage  der  norischen  Stadt  Faviana.  [Aus  den  Si- 
tzungsber.  1860  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.]  Wien  (Gerold's  Sohn).  32  S. 
Lex.-L^.     geh.  n.  4  n^t 

Beeskow,  Die  Insel  Cephalonia.  Progr.  d.  Werdcr-Gymn.  Berlin. 
34  S.     4. 

Beule,  Em.,  Fouilles  ä  Carthage.  Paris  (Klincksieck)  1861.  143  S. 
gr.  4.     m.  6  Kpfrn.  }^k   -f- 

Jflarvejouls,  Emile,  Agrigente  et  Girgente,  ou  la  Sicile  ancienne  et 
moderne,  souvenirs  et  impressions  d'un  voyage  fait  en  juin  18.57. 
Paris,    Poulet-Malassis   et  de   Broise.     83  S.      12.  1    fr. 

Saal,  Dr.  N.,  De  Demorum  Atticae  per  tribus  distributione.  Partie.  I., 
demos  tribus  Erechtheidis  lenens.  Cöln  (Boisseree),  39  S.  gr.  4. 
geh.  "•  ^/ä  *r' 

AucapKaine,  Henri,  Esquisse  de  la  haute  Kabj-lie  sous  la  domina- 
lion    romainc,    dressee    d'aprds    la    carte    du    depöl  de  la  gucrre  de 


(>,p>^(- 


-■»i»! 


i^     Class.  Alfertliiiinsw.  —  H.  Geogr.,  Gcsoli,,  Ciiltnrgescli.     59     ^ 

1857,  les  documcnts  de  Carello,  Daumas,  Bcrltniggcr,  Mac-Carlhy 
et  les  ilincraires  de  l'auleur,  gravee  chcz  Erhard.  Paris,  impr.  de 
Hedin. 

mcnke^  Th. ,  Orhis  antiqui  descriplio.  In  nsum  scholarum.  Edilio 
111.  Gotha,  J.  Perthes.  18  color.  Karten  iii  Kplrst.  M.  10  S.  Text 
in  Lex. -8.     qu.  Fol.     geh.  n.   1 '/e   «f- 

Rcichard  ^  Ciirn.  Theoph.,  Orhis  terrarum  anliqiius,  quondani  in 
usum  juvenlutis  doscriptus.  Edilio  VI.  Denuo  delineavit  et  com- 
menlario  illustravil  Alb.  Forhiger.  Nürnberg,  Lotzhcck.  20  co- 
lor. Kpfrlaf.     Mit   II  u.  20  S.  Text.     gr.  Fol.     geh.  n.    IV2   4- 

Toig-t,  Prof.  F.,  Schiil-Allas  der  allen  Geographie.  2.  verb.  u.  verm. 
Aufl.     Herlin,     Nicolai.      16    lith.    u.  color.    Hlälter.    qu.  gr.  4.      geh. 


n.  17+   4- 


Geschichte  und  CuUurgeschichle. 


'Aßii;  OS^wy ,  17  /uex(>i'  4>ilin7iov  ag^ala  IotoqIu  rT/g  Mccxtdoylag.  Mtra- 
(f (iceaf^üott  vno  MaQyagirov  T.  Jtjfiirda.  Leipzig  (Teubner).  XX 
u.   317  S.     gr.  8.     geh.  V/^  ^f, 

Bause.,  Oberl.,  De  Polycrate,  Samioruni  tyranno.  Gynin.-Pr.  Wa- 
rendorf 1859.     24  S.     4. 

Bernouüli ,  Dr.  J.  J.,  Ueber  den  Charakter  des  Kaisers  Tiberius. 
Gymn.-Pr.     Basel   18.^9.     29  S.     8 

Bode.,  Dr.  G. ,  Bemerkungen  über  die  älteste  Geschichte  Roms. 
Gymn.-Pr.     Neu-Uuppin   1859.     23  S.     4. 

Bro§rlie,  Albert  de,  L'6gllse  et  l'empire  roniain  au  qualrieme  siecle. 
3e  edilion,  revue  el  augment^e.  Ire  partie.  R^gne  de  Constantin. 
2  vols.     Paris,  Didier  et  Ce.     XV   u.  931   S.     8.  14  fr. 

L'ouvrage  forme  4  vols. 

Cloiig-h  ,  A.  H. ,  (jreek  history  from  Themislocles  to  Alexander,  in 
a  series  of  lives  from  Plutar(  h.     London,   Longman.  481  S.    12.  6  sh. 

Donaldson,  John  William,  Varronianns:  a  critical  and  historical  in- 
Iroduclion  to  the  elhnography  of  ancient  Italy.  3d  edit.  London, 
Parker.     540  S.     8.  16  sh. 

Dondorff.  H.,  Die  lonier  auf  Euboea.  Ein  Beilrag  zur  Geschichte 
der  griechischen   Stämme.  Progr.   d.  .loach.  Gymn.     Berlin.  (iO  S.  4. 

Flor,  Prof.  Dr.  Carlmann,  Ethnographische  Untersuchung  über  die 
Pelasger.     Klagenfurl  (Leon).      133  S.     gr.  8.     geh.  n.  24  r.gt 

Gerhard,  O.,  Der  Streit  um  den  Altar  der  Victoria.  Eine  Episode 
aus  der  Geschichte  des  Kampfes  des  Heidenihums  mit  dem  Chri- 
stenthum  in  Rom.     Gymn.-Pr.     Siegen.     27   S.     4. 

Gerlarh,  Fr,  Dor. ,  Sage  und  Forschung.  Ein  Vortrag.  Basel, 
Bahnmaier.     32  S.     gr.  8.     geh.  n.  9  1131 

Gibbon,  E.,  Decline  and  fall  of  the  Roman  empire.  Wilh  memoir 
by  Youngman.     New  edit.     London,    Tegg.     8.  18  sh. 

GieferSf  Dr.  Wilh.  Engelbert,  Chronologische  üebersicht  der  Ge- 
schichte des  Alterlhums.     Soest,  Nasse.  (jO  S.  gr.   16.   geh.  n.^/\  4. 

Grote,  G.,  Sloria  dclla  Grecia  antica,  recata  in  italiano  con  aggicnla 
di  note  ed  appendici  da  Olimpia  Colonna  della  Valle.  Fase. 
1-26.     Napoli.     8.  ä  fior.  0,60. 

Korziliiis,  Ph.,  Der  Usurpator  Maximus,  seine  Empörung  und  seine 
Friodensunterhandlungen  mit  den  Kaisern  Valenlinian  II.  und  Theo- 
dosius  d.   Gr.  (382— {^'8  n.  Chr.)     Gymn.-Pr.     Trier   1859.     34  S.     4. 

Noel  d<*8  Verg-ers,  Essai  sur  Marc-Aureie,  d'apres  les  monuments 
(ipigraphiques,  precedc  d'une  nolice  sur  le  comte  B.  Borghesi.  Pa- 
ris, Didot.     XXXII  u.  158  S.     8. 

Rocckerath ,  Pol.  Jos.,  Focdera  Romanorum  et  Carthaginiensiiim 
conlroversa  critica  ratione  illuslraiitur.  Diss.  inang.  Münster.  74  S. 
"r    8 

\ri/^^ vSVx^. 


^    60.     ClassJsche  Älterthumswissenschaft.  —  II.   Antiquitäten. 


Schürmann,    Dr.  H.,    Die  hellenische  Bildung  und  ihr  Verhältniss 

zur  christlichen  nach  der  Darstellung  des  Clemens  von  Alcxandrien. 

Gjmn.-Pr.     Munster  1859.     32  S.     4. 
Stacke,  Dr.  Ludw. ,     Verlellingen  uit  de  geschiedenis  Tan  Grieken- 

land,  in  levensschetsen.      Naar  den  3en  druk,    uit  het  Hoogd.     Met 

platen.      le  stuk.     Amsterdam,  Loman.     S.   l — 43.     gr.  8.       f.  0,50. 
Compl.  in  5  afl. 
Sfranber^,  Gustaf,  Hannibals  tag  Tran  Karlhagena  tili  Turin  öfwer 

Alperna.     Akadcmisk  afhandling.     üpsala.     58  S.     8.     m.   1    K. 
Folkmufh,  Prof.  Dr.   F.,  Die   Pelasger  als  Semiten.     Geschichtsphi- 

losophische  Untersuchungen.     Schafi'hausen,  Hurter.     VIII   u.  324  S. 

gr.  8.     geh.  n.   1   «f.   18  nji 


Antiquitäten. 

Besse,  Petr.,  Eupatridea.     Gymn.-Pr.     Conitz   I8ö8.     20  S.     4. 

Eg-g-er,  E.,  Des  honneurs  publics  chcz  les  Atheniens,  ä  propos  d'un 
döcrel  inedit  de  l'orateur  Lycuigue.     Paris.      15  S.     8. 
Extr.   du  Journal  general  de  l'instniction   publique. 

Eichhoff,  Gjmn.-Dir.  Dr.  Carol.,  De  consecralionis  dcdicalionisque 
apud  Komanos  generibus  variis.  Partie.  I.  Duisburg  (Ewich).  23  S. 
gr.  4.     geh.  n.   Vs  "f  • 

Fischer,  Privatdoc.  Dr.  Theod.,  Griechische  Mythologie  und  Anti- 
quitäten, nebst  dem  Kapitel  über  Homer  und  auserwählten  Abschnit- 
ten über  die  Chronologie,  Literatur,  Kunsl,  Mu.sik  etc.,  übersetzt  aus 
Geo.  Grote's  Griechischer  Geschichte.  4.  Bd.  Leipzig,  Teubner. 
550  S.     gr.  8.     geh.  n.  3   4.  (cpll.:   n.  9^/,  4.) 

Franke,  Dr.  A.,  De  curialibus  Romanis  qui  fuerint  rcgum  tempore, 
commentationis  pari.  II.     G^-mn.-Pr,     Glogau    1859.      17   S.     4. 

drafüttröm,  Car.  Alb.,  De  tribunis  plebis  apud  Romanos  quaeslioncs. 
Upsaliae.     15  S.     4. 

Guhl,  Ernst,  und  Wilh.  Honer,  Das  Leben  der  Griechen  und  Rö- 
mer nach  antiken  Bildwerken  dargestellt.  1.  Hälfte:  Griechen.  Mit 
317  in  den  Text  gedr.  Holzschn.  Zeichnung  u.  Schnitt  v.  K.  Baum. 
Berlin,    Weidmann.     XV  u.  324  S.     Lex.-8.     geh.  n.  2  4. 

Uartmann,  Prof.  Dr.  Otto  Ernst,  Zum  römischen  Kalender.  Eine 
Entgegnung  auf  Th.  Mommseii's  Angriffe.  Göttingen,  Vandenhoeck 
6i  Ruprecht.     31   S.     gr.  8.     geh.  n.  %  4- 

Holm,  E.,  De  graeske  undersaatlers  politiske  slilling  under  de  ro- 
merske  keisere  indtil  Caracalla.      Kjöbenhavn,    Reitzel.     304  S.     8. 

1   Rd.  24  sk. 

lOag-erstedt ,  Pfr.  Konsist. -R.  Dr.  Adph.  Frdr. ,  Bilder  aus  der  rö- 
mischen Landwirlhschaft.  Für  Archäologen  und  wissenschaftlich 
gebildete  Landwirthe  nach  den  Quellen  bearb.  und  hersg.  3.  Heft. 
A.  u.  d.  T.:  Die  N'iehzucbt  der  Römer.  2.  Abth. :  Das  Pferd,  der 
Esel,  der  Halbesel,  das  Schwein.  Sondershausen.  Eupel.  VH  u. 
228  S.   gr.  8.     geh.  1%   4.  (I;-III.:  3   4.   19  ngt) 

Jüaronski,  De  auguribus  Romanis,  pars  prior.  Schul-Pr.  Neustadt 
(Weslpr.)   1859.     26  S.     4. 

iTlenn,  Dir.  Dr.  Carl,  De  interilu  quaestionum  perpetuarum  sive  de 
abrogato  vel  ademlo  civibus  Romanis  jure  ac  munere  judicandi  in 
publicis  judiciis.     Gjmn.-Pr.     Neuss   18.59.     28  S.     4. 

Rieh,  Anthony,  Dictionary  of  Roman  and  Greek  anliquilies:  being  a 
second  edition  of  illustraled  companion  to  Latin  dictionary  and 
Greek   lexicon.     London,    Longman.     760  S.     8.  12  sh. 

Sunden,    J.   M.,    De    lege  Licinia  de    modo  agrorum  quaestio. 
saliae   1858.     66  S.     8. 


^<<- 


Class.  Alterlluimswtss.  —  II?.  5Iylliöl.  ii.  Relljjiousg'csch.     CI     '^ 

liVallinder,  Joannes,  De  statu  plebejorum  Romanorum  ante  primam 
in  montem   sacrum  secessionem  quaestiones.     Upsaliae.     25  S.     8. 

Anhang:     Aegyplen.     Babylon. 

Bansen,  Egjpt's  place  in  universal  hislory  translated  from  ihe  Ger- 
man   by  C.  H.  C  o  t  te  r  ill.   Vol.  4.   London,   Longman.  698  S.  8.  25  sh. 

Ch'kV'olson  i,  D.  A. ,  üeber  Tammüz  und  die  Menschenverehrung  bei 
den  alten  ßabyloniern.  Petersburg.  (Leipzig,  N'oss).  112  S.  Lex. -8. 
geh.  n.   24  ngr 

Hnötel,  Aug.,  Cheops  der  Pyramidenerbauer  und  seine  Nachfolger. 
Nochmalige,  gründliche  und  allseilige  Erörterung  der  Fragen:  was 
es  mit  dem  Einfalle  der  Hirten  in  Aegyplen,  dem  Pyramidenbau, 
der  (ilaubwürdigkeit  Manelho's  etc.  für  eine  Bewandniss  habe. 
Leipzig,    Dyk    1861.     X  u.    130  S.     gr.  8.     geh.  n.  27  ngt 

SSoug-c,  vicomte  Emmanuel  de,  Etudes  sur  le  rituel  funeraire  des 
anciens  Egypliens.     Paris ,    Didier.     83  S.     8.     m.  3  Kpfrn. 

Zimmermann,  Dr.  Carl  ,  Babylon,  historisch-topographische  Mit- 
Iheilungen.     Schul-Pr.     Basel   1859.     46  S.     8.     m.  2  K. 


III.     Mylliologle  und  Reliyionsgeschichte.    ' 

."'Mi 

Baumeister,    Aug.,    De  Atye    et    Adraslo.     Commentatio.     Leipzig 

(Teubner),     16  S.     gr.  4.     geh.  n.  6  nc(t 

Dorfmüller,  C.  F.,  Ucber  die  Grundidee  des  Gottes  Hermes.  2. 
Abth.     Gymii  -Pr.     Augsburg.     44  S.     4. 

Fedde,  F.,  De  Perseo  et  Andromeda.  Diss.  inaug.  Berlin.  8Ü  S. 
gr.  M. 

Furiwäng-ler,  Prof.  Wilh.,  Die  Idee  des  Todes  in  den  Mythen  und 
Kunsldenkmälern  der  Griechen.  i.  verm.  Ausg.  Mit  eicem  Anh.  : 
Die  wichtigsten  Norstellung^n  der  Griechen  über  den  Zustand  der 
Seele  nach  dem  Tode  im  Verhältniss  zum  Wissen  und  Glauben  der 
Gegenwart.  In  3  Thin.  2.  u.  3.  Tbl.  Freiburg  im  Br.  ,  Wagner. 
S.   165—5(10.     gr.  8.     geh.  ä  21   ngr 

Gaedcchens,  R.,  Glaukos  der  Meergott.  Göltingen,  Vandenhoeck 
&  Ruprecht.     216   S.     gr.  8.     geh.  n.    1   »f. 

Preller,  L. ,  Griechische  Mythologie.  2.  Aufl.  In  2  Bdn.  1.  Bd.: 
Theogonie  und  Götter.  Berlin,  Weidmann.  XU  u.  673  S.  gr.  8. 
geh.  n.    1   ^.   14  ngt 

Sloll,  Gymn.-Prof.  Heinr.  Wilh.,  Handbuch  der  Religion  und  My- 
thologie der  Griechen  und  Römer.  Für  Gymnasien.  Mit  32  Abbil- 
dgu.  auf  28  Hoizschntaf.  4.  verb.  Aufl.  Leipzig,  Teubner.  X  u. 
350  S.     br.  8.     geh.  1    4. 

Welcker,  F.  G.,  Griechische  (jöttcriehre.  2.  Bd.  2.  Lfg.  Götlin- 
gen,    Dieterich.     IV  S.  u.  S.  385-817.     gr.  8.     geh.  n.  2  4. 

(cplt.:    n.  72/3  ^.} 


IV.      Ärciläolojjie  und  Epig^raphik. 

Zeitschriften. 

Denkmäler,  Fcrschung-en  und  Berichte,  al.s  Fortsetzung 
der  arcliäülügischen  Zeitung  herausgegeben  von  Eduard  (ierhard, 
Mildirector  des    archäologischen   Instituts    zu  Rom.     4G.  u.  47.  Lfg.,      , 


^     62     Glass.  AltertliuniswisS;  X-   IV.   Ärchäol.  u.  Epl'g^iapliik. 

I  cnlhaUend  Dcnkm.  u.  Forsrhgn.  N.'t3fi— 41,  Taf.  CXXXVI'-CXJ.I, 

Anr.   N.   136—41.     Berlin,  Reimer,     gr.  4.  '  ' 

Preis  des  Jhrg.  von  4  Heften  :    u.  4  ^f. 

i  Inhalt:     Denkmäler:     Friedländer,    der    Erzkoloss    von    Barletta. 

'  Curtius,   zur  Symbolik   der  alten  Kunst   (geweihte  Stiere;   Maus  und 

Heuschrecke;   der  Helm  d,es  Perikles).     Jahn,   die  Dareiosvase:    der 

I  Tod    des   Aigisthos.       St'ephani,     der    Göttinnen    Streit    um    Adonis. 

'"  Gerhard,   zur  Vase    des  Xcnophantos.      Bursian,  Gnathon, , der  Wal- 

ker.    Fr iedländer,  Monogramm   des   Theodosiüs.     Bötticheij,   die 

i  3   Theorien   des    Orest    nach   Delphi.       Gaedechens,    Glaukos   Sohn 

des  Minos.  Bot t icher,  der  goldene  Plint^os.  —  47:  Jahn,  Ruve- 
ser  Prachtamphora  der  Vasensammlung  König  Ludwigs  in  München. 
Ruhl,  Beiträge  zur  Frage  über  die  künstlerische  Darstellbarkeit  der 
Pliilostratischen   Gemälde.     Jahn,    Dionysos,    Ariadne    und    Hypnos. 

i  Mercklin,     die  Aufschriften    des    Kypseloskastcns.       Wachslnuth, 

I  a^r  Agonaltempeltheorie.      Curtius,,  der  Kunstheros  Diopos ;   Orestes 

und  Elektra.  Wolff,  zur  Beurtheiluiig  des  Myrou;  ]3athylla.  v. 
Erdmann,  Erklärung  der  in  der  Antiken-Sammlung  des  Grafen  S. 
Stroganow  betindlichen  merkwürdigen  Silbergefässe. 

|,  Anzeiger:      Sitzungen     des     archäolog.    Instituts    27.   Jan.,    ,3.    10.    17. 

24.  Febr.,  2.  9.  IG.  23.  30.  März,  13.  10.  27.  April.  —  Sitzungen 
der  arehäol.  Gesellschaft  in  Berlip,  6.  März,  3- April,  I.Mai.  Bergk, 
altarkadische  Inschrift  aus  Tegea.'  Bö  ttrcher,  über  ^nidi^ia,-  Birch, 
Gräberfunde  aus  Kanieiros.  Pervanoglu,  neuestes  aus  Athen. 
Mommsen,  römische  Inschrift  aus  Rottenburg.  Neigebaur,  sardi- 
''  'Sehe  Ausgrabungen.  Gerhard,  Antikensammlung  von  Thiersch.  — 
47:  Sitzungen  der  arehäol.  Ges.  in  Berlin,  5.  Juni;  3.  Juli.  Det- 
lefs en,  Praenestinische  Fun<le.  Gerhard,  aus  Halik^rnafes  und 
Knidos;   griechische  Epigraimme.  <i/i.  .'  -■ 

Revn«'  archcolog-iqi:e  ou  recucil  de  dociiments  et  de  membires 
rt'lalifs  A  l'etude  des  iiiodumenls,  ä  la  nuniismatique  et  ä  la  philo- 
logie  de  l'anliquite  et  du  moyeQ  äge ,  publies  par  les  principaux 
arcii6ologuos  frarifais  et  etrahgers  et  accornpagii6s  de  planches  gra- 
vees  d'apres  les  dociiments  originaux.  Nouveile  Serie.  2e  annee. 
Paris,  Didier  et  Ce.     gr.  S.  25  fr. 

Parait  mensuellemeiit.  > 

Inhalt  aus  Jahrg.  I.   (l860),    das   classische  Alterthum  betreffend: 

1.  de  Saulcy,  les  expeditions  de  Cesar  en  Grande-Bretagne,  etude  de 
geographie  ancienne  S.  1  — 25.  101  — 10.  133  —  40.  Viollet  le  Duo,' 
ruines  de  Champlieu  (Oise)  S.  44 — 54.  Perrot,  de  l'etude  et  de  l'u- 
sage  du  modele  vivant  chez  les  artistes  grecs  S.  55 — 57.  Maury,, 
de  TApoUon  gaulois  S.  58 — 61.  de  Eouge,  ötudes,  sur^  le  rituel  fu- 
neraire  dep  anciens  Egyptiens  §■.  69— 100.  ,230— 49.^  337-r-65.  Eg- 
ger, inscription  grecque  rapportee  du  Sörapcum  de  Memphis  par  Aug. 
Mariette  S.  111—25.  Loriquet,  le  tombeau  de  Jovin  k  Reims  S» 
,140  —  57.  216  —  29.  275—84.  Ruelle,  le  philosophe  Damascius : 
etude  archeologique  et  historique  sur  sa  via  et  ses  ouvrages  S.  158 
—  66.297  —  306;  notice  preliminaire  sur  les  morceaux  inedits  de  Da- 
mascius S.  180  —  82;  exeerpta  e  Damascii  libro  unogicu  xcd  Arffftf 
TiiQl  TT^coTojf  dQXOjy  S.  250  —  54.  307 —  11.  Maury,  des  etudes 
6trusques  en  Italie  S.  167  —  77.  Perrot,,  legende  populaire  sur  la  V6- 
nus  Corinthienne  S.  178 — 79.  Creuly,  sur  une  inscription  geogra- 
phique  du  musee  d'Autun  S.  183 — 88.  Maury,  la  Minerve  de  Phi- 
dias  S.  188  —  89.  de  Saulcy,  sur  la  numismatique  gauloise  ä  pro- 
pos  de  la  question  d'Alesia  S.  261—74.  Comte  deMarcellus, 
sur  les  Perses  d'Eschyle  S.  285  —  88.  Beule,  sur  un  plan  d'Athfe- 
nes,  public  en  1687  S.  294 — 96.  Dosjardins,  notice  historique  et 
bibliograpliique     sur  M.   le   comte  B.  Borghesi   S.   319  —  24.   405 — 10. 

> 

«-. . __ „_ s^yyk. 


* 

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J^«,_ . —  ^y^ 

\     Clae.s.  Alleitlimnswlss,   —  IV.   Arcliäol.   u.    E|jigra|)liik.      03     ^ 


Castan,  les  tombelles  et  les  ruiiaes  du  massif  et  du  pourtour  d'A- 
laise  ,  ,3e  rapport  S.  325 — 36.  Chaudruc  d  e  Graz  annes  ,  sur 
l'Apollon  gaulois   S.   391  —  94. 

II,  du  Meril,  de  l'usage  non  interrompu  jusqu'ä  nos  jours  des 
tablettes  en  cire  S.  1—16.  91  —  100.  Mariette,  sur  les  resnltats 
des  fouilles  entreprises  par  ordre  du  vice-roi  d'Egypte  S.  17  —  35. 
206  —  07.      Perrot,    Daten,   Neopolis,   les   ruines   de   Philippes   S.  45 

—  52.  67  —  77,  Martin,  opinion  de  Manethon  sur  la  duree  totale  de 
ses  trente  dynastles  egyptiennes  S.  78—90.  131  — 49.  Creuly,  sur 
uue  inscription  latine  de  Suevres  S.  101  — 104.  Beule,  les  Muses 
llissiades  S.  105  — IOC.  Euelle,  le  philosophe  Damascius  etc.  S. 
107  —  20.  193 — 99.  260 — 74.  417  —  27.  deSaulcy,  guerre  des 
Helvetes,  premiere  oampagne  de  Cesar  S.  165  —  86.  242  —  59.  313 — 
44.     Penguilly  I'Haridon,   tumulus   gaulois   de  Suriauville  S.    200 

—  205.  Goodwiu,  sur  les  papyrus  hieratiques  S.  223  —  41.  de 
Rouge,  notice  de  quelques  fragments  de  l'inscription  de  Karnak,  S. 
287 — 312.  Le  Blant  et  Renan,  sur  une  inscription  trilingue  de- 
couverte  a  Tortose  S.  345 — 50.  Thurot,  quelques  observations 
philologiques  h  propos  des  Choephores  d'Eschyle  et  de  la  nouvelle 
editiou ,  qu'en  vient  de  donner  M.  Weil  S.  351  — 58.  Cerquand, 
les  Harpyies  I.  S.  367 — 82.  de  Koutorga,  les  villes  de  Cyrtones 
et  de  Corsia,  les  ruines  d'Halae  S.  390 — 95.,  ,Lacour,  Ventia  et  So- 
lonion  S.  393-416.  ' ' 

Archäofogie. 

Denkmäler  der  alten  Kunst.  Nach  der  Auswahl  und  Anordnung 
von  C.  O.  Müller.  Zwiite  Bearbeitung  durch  Frdr.  Wiese  1er. 
2.  Bd.   1.  Hfl.     Göltingen,  Dieterich.     76  S.  m.   15  Kpfrtal.  qu.  Fol. 

n.   P/s   4- 

Falkener,  Edward,  Daedalus;  or  the  causes  and  principlcs  of  the 
excellencc  of  Greek  scuipture.     London,  Longman.  320  S.  8.  42  sh. 

—  The  rauseum  of  classical  anliquities,  being  a  series  of  essays  on 
ancient  art.     Ebd.     gr.  8.  42  sh. 

Gerhard,  Ed.,  Ueber  die  Metallspiege!  der  Etrusker.  2.  Tbl.  [Aus 
den  Abhandign.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin  1859].  Mit  4  Kpfr.- 
laf.     Berlin  (l)ümmler).     80  S.     gr.  4.     oarl.  n.    IV5   «#. 

—  Ueber  archäologische  Sammlungen  und  Studien.  Zur  Jubelfeier 
der  Universität  Berlin.     Berlin,  G.  Reimer.     36  S.    gr.  8.  geh.   6  ngt 

Kenner,  Dr.  Frdr.,  Beiträge  zu  einer  Chronik  der  archäologischen 
Funde  in  der  österreichischen  Monarchie  [1^56—1858].  [Aus  dem 
Archiv  f.  Kunde  Österreich.  Geschichlsquellen  abgedr.J  Wien  (Ge- 
rold's  Sohn).     199  S.  m.  eingedr.  Holzschn.     Lex. -8.    geh.    n.   1   »f. 

fyambeck,  H.,  De  Mercurii  statua  vuigo  Jasonis  habita.  Thorum» 
29  S.     4. 

I^anza,  Prof.  Dir.  Dr.  Franc.  ,  Dell*  anlico  palazzo  di  niocleziano  in 
Spalato.  Illuslrazione  con  12  tavoie  tratte  dall'  originale  per  ser- 
vire  di  guida  al  viaggiatore  che  ne  visita  le  roVine  superstiti.  Triest 
(Schubait)  1855.  32  S.  Imp.-4.  m,  12  Sleintaf.  in  lmp.-4.  u.  qu. 
gr.  Ful.  nn.  3   »$. 

Jflenxel,  Univ.-Bauinsp.  Prof.  Dr.  C.  A.,  Die  Kunstwerke  vom  Al- 
tertbum  bis  auf  die  Gegenwart.  Ein  Wegweiser  durch  das  ganze 
Gebiet  der  bildenden  Kunst.  3.  Aufl.  21— 30.  Lfg.  (Schluss).  Triest, 
Direction  des  Österreich.  Lloyd.  2.  Bd.  S.  41-203  m.  40  Stahlst. 
gr.  4.     geh.  ä  .n.  8  ngt 

michacliSi,  K.  G. ,  Zur  Niobe-Gruppe ,  archaeologisch-aestheti»che 
Andeutungen.  1.  Ablh.  Gymn.-Pr.  Neu-Strelitz.  23  S.  4.  m. 
1   Kpfr. 


— ÄfcA 


^     6i     Class.   Alterthiimsvviss.  —  IV.   Arcliäol.   u.    Epigraplilk.     ^ 


Hiccolini,  Fauslo  e  Feiice,  Le  case  ed  i  monumenli  di  Poin'pei  di- 
segnati  e  descritti.     Fase.    19 — 24.     Napoli,  Richter  e  C.     Fol. 

ä  3  duc.  60  gr. 

Bogrer,  Joseph,  Catalogue  du  miisöe  archöologique  de  Philippeville 
(Algerie) ,  conlenant  le  detail  esplicatif  des  objets  d'antiquile,  avec 
notice  historique  de  chaque  ohjet.  Philippeville.  (Paris,  Chaliamei). 
64  S.     12.  1   fr.  50  c. 

1.  la  numismatique ,    ceramique ,     toreutique ,     objets  divers. 

2.  l'architecture ,    epigraphes    et  öpitaphes. 

Stephan!.,  Ludolf,  Apollon  Boedromios,  Bronze-Statue  im  Besitz  des 
Grafen  Sergei  Stroganoff,  erläutert.  Mit  4  Kpfrlaf.  St.  Petersburg. 
(Leipzig,   V'oss).   III  u.  55  S.  u.  4  Blatt  Erläutergn.  Fol.  geh.  nn.  2  i^. 

Tadot,  Edmond,  Collection  de  figurines  en  argile  de  l'epoque  gallo- 
romaine ,  avec  les  noms  des  ceramistes  qui  les  onl  executees;  re- 
cueillies,  dessinees  et  decrites.     Paris,  Kollin.    107  S.  4.  m.  54  Kpf. 

Weerth,  Dr.  Ernst  aus'm,  Die  Bronce-Slatue  von  Xanten,  gefunden 
am  16.  Februar  1858.  Berlin,  Besser.  16  S.  ra.  1  Steintaf.  lmp.-4. 
geh.  n.  Vj   4  . 

Wieseler ,  Frid.,  Disputatio  de  loco,  quo  ante  theatrum  Bacchi  la- 
pideum  exstructuni  Athenis  acti  sint  ludi  scenici.  Göttingen,  (Van— 
denhoeck  &  Ruprecht).     22  S.     gr.  4.     geh.  nn.  ^/g  «f. 

Woltmann,  Alfr. ,  Das  königl.  alle  Museum  zu  Berlin.  Vollständi- 
ges Verzeichniss  der  Galerien,  der  Bildhauerwerke  und  Gemälde, 
nebst  einer  üebersicht  der  antiquarischen  Sammlungen  [Grieben's 
Reise-Bibl.  N.  15].  2.  u.  3.  Aufl.  Berlin.  Grieben.  VI  u.  90  S. 
8.     geh.  '  n.  Vfi  4. 

Numismatik. 

Cohen ,  Henry,  Description  historique  des  monnaies  fiappees  sous 
l'empire  romain  ,  commun6ment  appelees  medailles  imperiales.  T.  3. 
Paris,    Rollin.     572   S.  m.  20  Kpfrn.     gr.  8.  20  fr. 

IWonimsen,  Th.,  Geschichte  des  römischen  Miinzwesens.  Berlin, 
Weidmann.  XXXII  u.  900  S.  Lex. -8.  m.  1  Tab.  in  qu.  gr.  Fol. 
geh.  n.  6   vf  . 

müller^  Dr.  Alois,  Vier  sidonische  Münzen  aus  der  römischen  Kai- 
serzeit. Eine  numismalisch-phönizische  Studie  als  Beilrag  zur  phö- 
nizischen  Geschichte.  [Aus  den  Sitzungsber.  1860  d.  k.  Akad.  der 
Wiss.].  Wien  (Gerold's  Sehn).  20  S.  m.  eingedr.  Holzschn.  Lcx.-8. 
geh.  3  ngr 

Numismatique  de  l'ancienne  Afrique.  Ouvrage  prepare  et  com- 
menc6  par  C.  T.  Falbe  et  J.  C.  Lindberg,  refait,  acheve  et  publik 
par  L.  Müller.  Premier  volume.  Les  monnaies  de  la  Cyrönaique. 
Kopenhagen,  Host.     194  S.     4.  5  Kd. 

Epigraphik. 

Ktt  iYQ  nrpal'EXXtjvixal  xarcc  t6  nkilaroy  KuixdoToi, ,  IxdKföfifpai,  danävp 
Ttjg  fV  ^A^tivuvg  KQxaiokoyixtjg  haiQvag.  ^Pvkküdtoy  «'.  Athen  ,  Wil- 
berg.     II  u.  34  S.  m.  9  Tafeln,     gr.  4.  n.  «/j  •#• 

Ritschi,  Prof.  Frider.,  In  leges  Viselliam,  Antoniam,  Corneliam  ob- 
servatioiies  epigraphicae.  Cum  exemplo  lith.  lapidis  Tolosani.  Ber- 
lin, Gullentag.      16  S.   lrap.-4.   m.  1  Tab.   in  qu,  gr.  Fol.  geh.  n.  I8ngi 


^< 


<^- 


^     Class.  Allcithiiinsw. —  V,  Gr  n.  Ron»  Lit.-Gcscli.  Plnlos.     G5 


^ 


V.'    Griechische  und  Römische  Literaturgeschichte. 

Philosopliic. 

Chassan^^  A.,  Des  romans  dans  l'antiquite  grecque  et  latine  et  de 
leurs  rapports  avec  l'hislüire  chcz  les  anciens.  Paris,  Duponl. 
56  S.     8. 

Elvenichi,  De  generibus  et  aetatibus  poesis  Graecorum.  Gjmn.-Pr. 
Düren   1859.     HS.     4. 

I^ysander^  A.  Th.,  Romerska  litlcralurcns  historia ,  med  särsluldt 
afseende  pä  stilens  utwecliliog.  Efter  källorna  bearbelad  och  fram- 
slälld.     Malmö,  Wcndt   1858.     337  S.     8.  4  Rdr.  50  öre. 

JUarcowitz,  De  sunimo  deo  quid  exislimavcrint  clarissimi  Graeco- 
rum  poetae.     Gymn,-Pr.     Düsseldorf  1859.      19  S.     4 

JVlenard,  Ludov.,  De  sacra  poesi   Graecorum.     Paris,  Didot.  88  S.  8. 

müller,  C.  0.,  Isloria  della  letteratura  Greca.  Precedula  da  un  proe- 
mio  sulle  condizioni  della  fisiologia  e  sulla  vita  e  le  opere  delP  au- 
fore ,  per  C.  Müller  ed.  E.  Ferrari.  Vol.  I.  II.  Prima  traduzione 
Italiana.     Firenze   18r)8.  59.      18.  ä   fior.   1,  25. 

niure,  William,  A  critical  history  of  the  language  and  literaturc  of 
ancient  Greece.  Vol.  4.  2d  edit.   London,  I.ongman.  560  S.  8.    15  sli. 

Seemann.,  Otto,  De  primis  sex  bibliolhecae  Alexandrinae  custodibus. 
Gymn.-Pr.     Essen   1859.     18  S.     4. 

Rrandis,  Chrn.  Aug.,  Handbuch  der  Geschiebte  der  Griecbisch-Rö- 
mischen  Philosophie.  3.  Tbl.  1.  Ablh.  A.  u.  d.  T.  :  Uebersicht 
über  das  Aristotelische  Lehrgebäude  und  Erörterung  der  Lehren 
seiner  nächsten  Nachfolger,  als  üebersang  zur  drillen  Entwicke- 
lungS|)eriode  der  Griechischen  Philosophie.  Berlin,  G.  Reimer.  XII 
u.  411   S.     gr.  8.     geh.  P/s  ^-  (I-HF,   1.;  14  ^.   11%  ngt) 

Heinze,  Max.,  Stoicorum  de  affectibus  doclrina.  Diss.  inaug.  ße- 
rolini.     7'2   S.     gr.  8. 

Hildebrand,  Prof.  Dr.  Karl,  Geschichte  und  System  der  Rechts- 
und Staatsphilosophie.  Erster  Band:  Das  klassische  Alterlhum. 
Leipzig,    Engeluiann.      XX  u    642  S.     gr.  8.     geh.  n.  3V4.  4'- 

liaferriere.  F.,  Memoire  concernant  l'influence  du  stoicisme  sur  la 
doctrine  des  jurisconsulles  romains.     Paris,  Didot.      109  S.     4. 

Schniidti,  Dr.  Herm.,  Sokrates.  Ein  zu  Wittenberg  gehaltener  Vor- 
trag.    Halle,  Buchh.  d.  Waisenhauses.   III  u.  3fi  S.  gr.  8.  geh.n.Vg,f. 

Seydel,  Privatdoc.  Dr.  Rud.,  Der  Forlschritt  der  Metaphysik  unter 
den  ältesten  ionischen  Philosophen.  Eine  geschichtphilosophische 
Studie.  Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel  1861.  VII  u.  68  S.  gr.  8. 
geh.  V,  4'- 

Hachsmnfh,  Curt,  Die  Ansichten  der  Stoiker  über  Mantik  und  Dä- 
monen.    Berlin,  Nicolai.     39  S.     gr.  8.     geh.  1/^   .^, 


VI.     Lexicographie.      Metrik. 

Lexicographie. 

Alexandre,  C.^  Dictionnaire  grcc-francais  compose  sur  un  nouveau 
plan  oü  sont  reunis  et  coordonnes  les  travaux  de  Henri  Esticnne, 
de  Schneider,  de  Passow  et  des  meilleurs  lexicographes  etc.  IJe 
edilion,  enti^rement  refondue  et  considörablement  augmentee.  8e 
tirage.     Paris,    Hachelte  &  Ce.     XVI   u.    1632  S.     gr.  8.  15  fr. 

Arnold,  T.  R.,  and  H.  Brown,  Phraseological  English-Greek  le-      j 
xicoo,  founded  on  FrädersdorlT.  2d  edit.  London,  Rivingtons.  8.  '21  sh. 

«r A.Si>A 


r^  — _ _- . — ______ _»j»^ 
^     66     Class.  Aitcrlliumswiss.  —  VI.   Lexicographle.    Metrik.     ^ 


I 


BazKarini.)  A.,  Vocal)o1ario  universale  Latino-Italiano  e  Italiann- 
Lalino  compilato  od  in  nuovo  ordine  disposto  colla  scorte  de'  mi- 
gliori  e  piu  recenti  lessici  e  vocabolarü  pubblicalisi  fin  qui  nell'  iiiia 
e  neir  allra  lingua  in  Alemagna,  Francia ,  Inghilterra  ed  Itajia. 
Opera  riveduta  per  cura  del  cav,  T.  VaUauri.  2  vol.  Torino 
1854-59.     4.  fior.  41. 

Boinvilliers ,  J.  F.,  Dictionnaire  des  commen^ants  francais-lalin, 
compose  sur  Ic  plan  des  meilleurs  dictionnaires.  12e  edition.  Pa- 
ris, Delalain.     VI  u.  460  S.     8.  3  fr. 

Suttinann,  Dr.  Phil.,  I.exilogus,  oder  Beiträge  zur  griechischen 
Wort-Erklärung,  hauptsächlich  für  Homer  und  Hesiod.  2.  Bd.  2. 
Aufl.     Berlin,    Mylius.     VI   u.  250  S.     8.  P/s   ^'. 

Dübner,  Fred.,  Lexique  franpais-grec,  ä  I'usage  des  classes  elemen - 
taires,  redig6  sur  le  plan  du  lexique  francais-latin,  extrait  du  grand 
dictionnaire  de  L.  Qui  che  rat.  Paris,  Hachette  et  Ce.  XVl  u. 
526  S.  8.  ä  2  Sp.  ^  6  fr. 

Fabrefti^  Ariod.,  Glossarium  Italicum  in  quo  omnia  vocabula  conli- 
nentur  ex  Urnbiicis,  Sahinis,  Oscis,  Volscis,  Etruscis  ceterisque  mo- 
numentis  quae  supersunt  collecla  et  cum  interpretationibus  variorum 
explicantur.  Fase.  2-  5.  Aug.  Taurinorum.  (Miinchen,  Franz.  — 
Venedig,  Libreria  alla  Fenice).  Sp.  161 — 768  m.  cingcdr.  Uolzscbn. 
u.  15  Steintaf.     gr.  4.  .r*   B!  ä  n.n.   1%  4'. 

Facciolati.,  J.,  Aeg.  Forcellini  et  h  Fnrlanctfi .,  Lexicon  to- 
tius  laiinilalis.  Nunc  demum  juxta  opera  R.  Klotz,  G.  Freund,  L. 
Döderlein  aliorumque  recentiorum  auctius,  emendatius  melioremqne 
in  formani  redactum  curante  Dr.  Franc.  Corradini.  Fase.  VI. 
Patavii.  (N'enedig,  Libreria  alla  Fenice.  —  Münster).  1.  Bd.  S. 
XXXVn-LI!  u.^369— 432.     gr.  4.  a.n.  ^/,4. 

iir&vSfie^  Hofrath  Dir.  Dr.  J.  G.  Th.,  Orbis  latinus  oder  Verzeioh- 
niss  der  lateinischen  Benennungen  der  bekanntesten  Städte  etc., 
Meere,  Seen,  Berge  und  Flüsse  in  allyn  Theilen  der  Erde  nebst  ei- 
nem deutsch-lateinischen  Register  derselben.  Ein  Suppl.  zu  jedem 
iatein.  u.  geograph.  Wörterbuche.  Dresden,  Schönfeld  1861.  IV 
u    287  S.     gr.  8.     geh.  n.   IV2  4. 

Gruves,  John,  A  Greek  and  English  diclionarj.  14th  edit.  Lon- 
don, Mozley.     680  S.     8.  12  sh. 

liecliisOi,  Fl.,  Lexique  fran^ais-grec,  avec  l'explicalion  latine,  ä  I'u- 
sage des  classes  de  grammaire  et  d'humanites.  8e  edition.  Paris, 
Delalain.     XVI  u,  568  S.     8.  6  fr. 

I^e  t^orney,  Nouveau  dictionnaire  de  poche  frangais-latin.  Limoges, 
Barbou.     254  S.     32.  1   fr.  2b  c. 

Iffiehlcr.,    Dr.  E.  ,    Grieksch    woordenboek   voor  schoolgebruik.       Vrij 

bevi'erkt  naar  de  werken  van  Schenkl,    Benseier,    Pape  en  Jacobitz. 

le  afl.     Schoonhoven,  v.  Nooten.     Vlil  S.  u.  S.  1  —  192  ä  2  Sp.  [A 

—  ytlffoi').     gr.  8.  f»   1,25. 

Cornpl.  in   6  afl. 

ITIühlnianii.,  Lehr.  Dr.  Gust. ,  Lateinisch-deutsches  und  deutsch-la- 
teinisches Handwörterbuch  zjm  Gel)rauch  für  Gymnasien,  lateinische 
Schulen  und  Ljceen  und  für  Real-  und  höhere  Bürgerschulen.  La- 
teinisch-deutscher Tbl.  5.  Aufl.  Leipzig,  Ph.  Reclam  1861.  IV  u. 
710  S.     8.     geh.  _    n.  %  ^.. 

Paoli,  P.  de,  Vocabolario  tascabile  italiano-latino  e  latino-italiano. 
Milano   1859.     16.  fior.   1,75. 

fitiiicherat,  L. ,  Dictionnaire  franfais-Iatin  ,    compose  sur  le  plan  du 
.,    dictionnaire  latin-francais   et   tire    des  auleurs  classiques  latins  pour 
la  langue  commune,  des  auteurs  sp6ciaux  pour  la  langue  technique, 
etc.     4e  tirage.     Paris,  Hacheitc  et  Ce.     XX  u.    1683  S.  gr.  8.  9  fr. 
—     Thesaurus  linguae  lalinae  in    quo  universa  vocabula  a  poelis  lali- 


p^ — — -_ — -..       ^^>^ 

^     Class.  Allciihmiiswlss.   —    VI.   Lc\ico{jra|»liie      Metrik.      G7     ^ 

nTs  usurpala  coHcgit,  digessil,  explicavit.  9e  tirage.  Paris,  lla- 
chette  et  Ce.     XWU  u.   1342  S.     ä '^  Sp,'  |8!  ,  ','     .   '.' 

Rost,  Dr.  V'alent.  Christ.  Frdr. ,  Doulsch-giiechisches  Wörlerbnch. 
8.  rechlmäss.,  viellnch  verb.  Aufl.  (jöllingen ,  \  andenlioock  Ä  Ru- 
precht.    XV  u.  963  S.     Lex.-8.     geh.  '  n.  SVs   4- 

Sotniiicr,  E.,  Lexique  franfais-Ialin,  ä  l'usagc  des  classes  elenicnlai- 
ics,  extrait  du  dielionnaire  frarn-nis-latiii  de  M.  Quicheial.  Paris, 
Hachelte  et  Ce.     II i   u.  .54.S  S.     8.  3  fr.  50  c. 

Sophocies,  E.  A.,  A  glossary  of  laier  and  Hvzantine  Greek.  Cani- 
luidge,  AJassachusells.     624-  S.     4.  (London:   42  sh.) 

Thesaurus  graecae  linguae  ab  H  e  n  r.  Stephano  construclns. 
Terlio  e<lidd.  Carl  ßened.  Hase,  Guil.  Dindorfius  et  fiUd. 
Dindorfius.  [Nr.  60].  Vol.  Vill.  Fase.  7.  Paris,  Didot  freres, 
fils  &.  Co.  Sp.  IC2I — 2152  u.  »de  atlicae  linguao  seu  dialecti  idio- 
uiatis  commenlarius  H  e  n  r.  Slephani.o   Sp.  1-8'^.  Fol.  n.  S^/g   «f. 

■%^'ailly,  Alfred  de,  Nouveau  dictionnaire  frangais-latin ,  etc.  Nou- 
velle  edition,  enliörement  refondue  et  tres-auginentee.  Paris,  De- 
zobry,  Magdeleine  et  Ce.     XVIII  u.    1032  S.  ä   3  Sp.     gr.  8. 

—  Nouveau  dictionnaire  latin-fran^ais,  etc.  Nouvelle  edition,  cntie- 
rement  refondue  et  augnienlee  de  plus  d'un  tiers.  Ebd.  LXXVI  u. 
1012  S.     gr.  8.     ä  3  Sp. 

Metrik  und   Prosodik. 

Conrad,  Rect.  Dr.  Jul.,  (iradus  ad  Parnassuni  sive  thesaurus  latinae 
lingnae  prosodiacus.  Editio  piane  altera,  quam  e\  aureae  aetatis 
fonlihus  recenti  studio  auxit,  emendavit  et  oniui  ad  versus  pangondos 
supclleclili  studiosae  juventuti  necessaria  accurate  instruxil  autor. 
2  Fase.     Leipzig,  Arnold.     Lex.-h^.     geh.  2^/^  ^. 

Gradns  ad  Parndssum  sive  thesaurus  latinae  lingnae  poellcus  et  pro- 
sodiacus. Post  curas  C.  H.  Sintenisii,  0.  M.  Muelleri.  F.  T.  Frie- 
demanni  in  usum  scholarum  recognovil  Geo.  Aenotheus  Koch. 
Edit.  V.  Accedit  index  verboruni  gtirmauicus.  Vol.  II.  Leipzig, 
Jlahn.     460  S.     gr.  8.     geh.  P/^  4. 

Habcnirht,  Gynm.-Lehr.  Rieh,,  Die  Grundzüge  der  lateinischen  Pro- 
soHie  und  Metrik  in  gänzlich  umgearlieiteter ,  berichliglor  und  ver- 
vnllsländigler  Fassung  kurz  dargestellt  und  mit  neu  ausgewählten 
Beispielen   erläutert.      Leipzig,  Teubner.     39  S.     gr.  8.     geh.      6  ngr 

I<e  Chevalier,  Prosodie  latine,  ou  Methode  ponr  approndre  les  prin- 
cipos  de  la  quantile  et  de  ia  prosodie  latine.  Nouvelle  edition,  re- 
vuc  et  augmentee  par  L.  Quicherat.  Paris,  HacheKe  et  Ce.  X 
u.  60  S.     12.  '50  c. 

Qliiicherat,  L. ,  Nouvelie  prosodie  latine.  14e  edition.  Paris,  Ha- 
chelte et  Ce.      JOS  S.      12.  1    fr. 

Rainsaj«  William,  An  elementary  manual  of  Latin  prp^ody.  Lon- 
don, Griffin.     140  S.     8.  '-'{'7^"  ,:'       2  sh. 


VII.     Griechische  und  lateinische  Grammatik. 

;.  .!5:;{(ijno.')  ■ 

FrKsch,    Oberl.   Dr.,    Nam,    enim,    etenira,    dgcc,  yäQ.      Gymn.-Pr. 
Wetzlar  1859.     17  S.     4. 

Griechische  Grammatik  und  Schulbücher. 

Crecelius,  W.,  Uober  die  Wurzeln  MA  und  MAN.     Gymn.-Pr.     El- 
berfeld.     6  S.     4. 


^ 


Jof«  ___ _— . . . . -5^»^ 


$     68     Class.   Alleithumsuviss.  —   VII.  Griech.  ii.  lat.  Graruin.     ^ 


^ 

1^«^ 


Goodirin^    W.   W, ,    Syntax    of   ihc    moods  and  tenses  of  ihe   Greek 

verb.     Cambridge,    Mass.     XV  u.  312  S.     8. 
Jansen,   Prof.  i)r.  Geo.  Lndov.,  De  Graeci  sermoiiis  paullo  post  fu- 

turi  forma  atque  usu.     Thorn,  Lambeck.     19   S.    gr.  8.  geh.  n.  8  ngi 
Liicberkühn.,    E.,    De  negalionibus  fxi)  ov  cum  infinitiyis  et  parsici- 

piis  conjunclis.     Gymn.-Pr.     Weimar.     15  S.     4.^    i 

Müller,  Dr.  Frdr.  ,  Einiges  über  das  v  iqikxvanxöy  im  Griechischen 
vom  sprachwissenschadlichen  Standpunkte.  [Aus  den  Silzungsber. 
1860  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.]  Wien  (Gerold's  Sohn).  7  S.  Lex.-8. 
f;eh.  n.  2  iigi 

Säg'crt,  Carl  Alb.,  De  usu  pronomiuis  relalivi  epexegelico.  Diss. 
iuaug.     Greifswald.     50   S.     8. 

Scheuerlein,  Oberlehr.  Prof.  Fr.  W,  A. ,  Die  Norm  des  griechi- 
schen Modusgebrauchs  besonders  im  Nebensalze.  Anhang  zur  grie- 
chischen S^-ntax  lür  die  Prima  der  Gymnasien.  Halle,  ßuchh.  des 
Waisenhauses.     IV  u.  48  S.     gr.  8.     geh.  6  119t 

Schröder,  Dr.  G.  A. ,  De  Graecorum  juramentis  interjective  positi« 
dissertatio  prima.     Gymn.-Pr.     Marienwerder   1859.     25  S.     4. 

Wieseler,  Frid.,  De  linguae  graecae  nominibus  propriis  et  adjectivis, 
quorum  prior  pars  est  to.  Göttingen,  (Vandenhoeck  &  RuprechlJ. 
18  S.     gr.  4.     geh.  nn.  8  ngi 


Andrezel,  L.  d',  Excerpta  e  scriptoribus  graecis.  Morceaux  choisis 
des  poetes  et  prosateurs  grccs,  avec  des  sommaires  et  des  notes. 
Paris,  Delalain.      172  S.     12.  3  fr.  50   c. 

Bucher,  Dr.  Jord.,  Griechische  Vorschule  oder  kurzgefassle  griechi- 
sche Grammatik  in  übersichtlicher  Darstellung.  Für  die  untern  Gym- 
nasialklassen bearb.  2  Thie.  Tuttlingen,  Kling  1861.  gr.  4.  geh.  I8ngt 
Inhalt:  1.  Griechische  Formenlehre.  44  S.  12  ngt  —  2.  Griechische 
Syntax.      24  S.     6  ngc 

Burnouf,  J.  L. ,  Premiers  principes  de  la  grammaire  grecque,  ex- 
Iraits  de  la  methode  pour  etudier  la  langue  grecque.  Paris,  Dela- 
lain.    176  S.     8.  I    fr.  50  c. 

Chabert,  E.  A.,  Grammaire  grecque,  ou  Nouvelle  methode  pour 
faire    des    themes    grecs.      12e    edition.       Lons-Ie-Saunier,     Escalle. 

"330  S.      12. 

C'urtius,  G. ,  Btknopt  leerboek  der  Grieksche  syntaxis,  Naar  bet 
Hoogduitsch  bewerkt  door  Dr.  E.  Mehler.  Gorinchem,  Noorduvn 
&  Zoon.     VII   u.   196  S.     8.  f.   I,f5. 

Detiiner,  Prof.  Dr.  Carl,  Vocabularium  für  den  griechischen  Ele- 
mentarunterricht. 2  ,  umgearb  Auil.  Braunschweig,  Schwetschke  & 
Sohn.     IV  u.  96  S.     8.     geh.  n.  7  iigi 

Doiuinicns,  Gymn.-Dir.  AI.,  Griechisches  Elementarbuch.  3.  Aufl. 
Coblenz,  Hölscher.     VIII  u    264  S.     gr.  8.     geh.  n.  ^/^   4. 

Es,  Dr.  A.  H.  G.  P.  v.  d.,  Opstellen  ter  verlaling  in  het  Grieksch. 
le  stuk.     Leiden,  Brill   1859.     32  S.     gr.  8.  f.  0,40. 

Fesenniair,  Gymn.-Lehr.  .1.  D.,  Uebungsbuch  zum  üebersetzen  aus 
dem  Deutschen  in  das  (iriechische.  l.Thl.:  Deklination  und  regel- 
mässige Conjugation.  München,  Lentner  1861.  VI  u.  169  S.  gr.  8. 
geh.  n«   Vs.  "^* 

Fraucken,  Dr.  C.  M.,  Grieksche  rudimenta.  Naar  Krüger's  Griek- 
sche spraakleer  bewerkt,  en  met  ecn  vergelijkend  overzigt  van  het 
Episch  en  Jonisch  dialekt  voorzien.  Amsterdam,  Müller.  VIII  u. 
2.32  S.     gr.  8.  f-  2,15. 

Friedlein,  Dr.  G.,  (iriechisches  Lesebuch  für  Lateinschulen.  2.  ThI. 
Bamberg,    Buchner.     VI   u.  204  S.     gr.  8.     geh.  n.  22  ngr 


'^  -^^ 


h<M^ — . — ■ — ^-^- —  — —  ■  -  ->>t 

^     Class.  Alterlhuius^Jss. —   VII.    Griccli.   ii.  lat.   Grainni.      69 


Hall,  W. ,  The  principal  roots  of  ihe  Greek  tongue.  3d  edh.  Lon- 
don,    Lon^man.     174  S.      12.  5  sh. 

Kühner.,  Dr.  R. ,  Beginsclcn  der  Grieksohe  taal  voor  schulen,  ver- 
laald  door  J.  A.  Stamkart.  Amsterdam,  Sulpke  1861.  X  u.  270 
S.     gr.  8.  f.  2,50. 

liCclair,  L.  ,  et  L.  Jeuillel,  Grammaire  de  la  langue  grecque  ra- 
menee  aux  principes  les  plus  simples.     Paris,  Belin.     404  S.  8.  2  fr. 

LiOCOiufe,  Em.,  elMenötrier,  Grammaire  greccjue.  4e  edjlion,  re- 
vue,  corrigee  et  augmentee  d'iin  tableau  des  verbes  deleclifs  et  ir- 
reguliers.     Paris,  LecofTre.     Xl[  u.  360  S.     8.  3  fr. 

ülaunourj,  A.  B.,  Giammaire  de  la  langue  grecque.  7e  Edition, 
premiere  partie.      Paris ,    Dezobry ,    Magdcleine    et  Ce.      135  S.     8. 

1   fr.  50  c. 

Pluyg:ers,  Dr.  W.  G.,  Leerboek  der  Grieksohe  taal,  hoofdzakelijk 
Tan  het  Attische  taaleigen  voor  scholen  ,  volgens  het  leerboek  van 
Dr.  J.  C.  H.  de  Gaay  Fortman  en  de  syntaxis  van  Dr.  J.  N.  iVladvig 
bewerkt.     2c  uitgaaf.     Amsterdam,    Sulpke.     360  S.     gr.  8.     f.  3,50. 

Schenkl ,  Dr.  Karl,  Chrestomathie  aus  Xenophon,  aus  der  Kyropä- 
die,  der  Anabasis  ,  den  Erinnerungen  an  Sokrates  zusamraengeslellt 
und  mit  erklärenden  Anmerkungen  und  einem  VVörterbuche  verse- 
hen. 3.  verb.  Aufl.  Wien,  Gerold's  Sohn.  XX  u.  292  S.  gr.  8. 
geh.  n.  27  ngt 

StoJl,  H.  W. ,  Anthologie  uit  Grieksohe  lierdichters,  met  biographi- 
sche inleidingen  en  ophelderende  aanteekeningen.  Naar  het  Hoogd. 
Toor  Ned.  gymnasien  bewerkt  door  E.  Mehler.  2e  stuk.  Melische, 
chorisohe  en  bucolische  poezy.  Groningen,  v.  Bolhuis  Hoitsema. 
VIII  u.  206  S.     gr.  8.  f.  1,95. 

Taylor.  H.  J.,  The  rudiments  of  Greek  graramar.  New  edit.  Lon- 
don, Sinipkin.     12.  4  sh. 

Valpy,  F.,  The  etymology  of  the  words  of  the  Greek  languagc  in 
alphabetical  order.     London,    Longman.     196  S.     qu,  8.  4  sh. 

Lateinische  Grammatik  und  Schulbücher. 

Broman,  A.  T.,  Läran  om  Conseoutio  Temporum  i  Latinska  spraket. 
Upsala  ,    Arrhenius   1859.     53  S.     8.  75  öre. 

Gninaclius,  Otto  Joel,  Om  Latinska  sprakets  orthoepi.  Orebro, 
Lindh.     32  S.     4. 

Hildobrand,  Dir.  Dr.  G.  F.,  lieber  einige  Zeitwörter,  welche  bei 
Cicero,  Cäsar  und  Livius  mit  dem  blossen  Ablativ  und  den  Präposi- 
tionen a,  de,  ex  verbunden  werden.  2.  Abtblg.  Gymn.-Pr.  Dort- 
mund  1859.     22  S.     4. 

Hoflinann,  Prof.  Dr.  Eman.,  Die  Conslruction  der  lateinischen  Zeit- 
partikeln. [Abgedr.  aus  der  Zeitschrift  f.  d.  öslerr.  Gymn.  1860]. 
Wien,    Gerold's  Sohn.     103  S.     gr.  8.     geh.  n.   )6  na,i 

Hütlner,  F.,  Ueber  den  Gebrauch  von  sponte  und  ultro.  Th.  I. 
I'rogr.  des  franz.   Gymn.     Berlin   1859.     38  S.     4. 

L.ilien<hal,  Dir.  Dr.,  De  genere  quodam  Irajeclionis  apud  scriptores 
Lalinos.     Schul-Pr.     Rössel    1859.      12  S.     4. 

Pätz,  Ueber  einen  Mangel  der  bisherigen  lateinischen  Grammatik. 
Gymn.-Pr.     Ilolzminden.     19  S.     4. 

Richter,  Dr.,  De  supinis  Latinae  linguae.  Part.  IV.  Gymn.-Pr. 
Königsberg  (altst.  Gymn.)   1859.     18  S.     4. 

Schaefer,  Subr. ,  lieber  den  Gebrauch  der  Derivaten  auf  -tor  und 
-trix.     Partie.   L     Gymn.-Pr.     Prenzlau    1859.      18  S,     4. 

Schmits,  W.,  Studia  orthoepica  et  orthographica  Latina  (de  1  ge- 
minata  et  I  longa).     Gymn.-Pr.     Düren.     16  S.     4. 

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«x<<^-- — — — ■ ^^ 

^    70     Class.  Altor!]ujmsw!ss.  —   VII.   Griecb,  u.  lat.   Gramm.     ^ 


Sichert,  Dir.  Dr.  Georg,  Ueber  hislorisch-continuative  üebergänge 
im  Lateinischen.     1.  Theil.     Gymn.-Pr.     Guben  1859.     56  S.     4. 

Bauer,  W. ,  u.  L.  Engel  mann,  Gjmn.-Proff. ,  üebungsbuch  zum 
IJebersetzen  aus  dem  Deutschen  ins  Lateinische  füi  die  oberen  Klas- 
sen der  Gymnasien  [Prima].  JJamberg,  Buchner.  I!l  u.  '204  S. 
gr.  8.     geh.  n.  24  ngt 

Blume,  Dr.  Wilh.  Herrn.,  Kleine  lateinische  Schulgrammatik  oder 
kurzgefasste  Fcrmenlehre  der  lateinischen  Sprache.  Des  vollsländ. 
lalein.  Elementarbuchs  3.  Tbl.  5.  ,  verb.  u.  verm.  Aufl.  Göttingen, 
Vandenhoeck  &  Ruprecht.     VIII  n.    108  S.     gr.  8.     geh.         n.  8  ngt 

—  Vorhbungen  zum  lateinischen  Elementarbuche.  3.  unveränd.  Aufl. 
Ebd.      IV  u.  52.  S.     gr.  8.     cart.  n.  4  ngt 

Boinvilliers,  J.  E.  J.  F.,  Manuel  laiin,  ou  Compositions  fran^aises, 
suivies  de  fahles  et  d'histoires  latines.  Nouvelle  editiou.  Paris,  De- 
lalain.     438  S.     12.  3  fr. 

Cohbeii,   V/.,   Latin   grammar.     New  edit.    London,  Griffin.   12.  2  sh. 

Ellendt,  Gymn.-Dir,  Dr.  Frdr. ,  Lateinisches  Lesebuch  für  die  un- 
tersten Klassen  der  Gymnasien.  14.  genau  revid.  u.  corrig.  Aufl. 
Königsberg,  Gebr.  Bornträger   1861.     VIII  u.  192   S.     8.       n.  Vz  '^• 

Feldba(i«ch,  Geh.  Hofrath  Fei.  Sebast. ,  Lateinische  Schulgramma- 
tik für  Gymnasien  und  höhere  Bürgerschulen.  6.  Aufl.  Heidelberg, 
J.  Groos   1858.     XVI   u.  407  S.     gr.  8.     geh.  n.  28  ngt 

—  lateinisches  Üebungsbuch.  Ein  Anhang  zur  lateinischen  Schul- 
grammalik.     2  Thie.     6.  Aufl.     Ebd.   18.i8.     gr.  8.     geh.  ä  n,   14  ngt 

Inhalt:      1.  Einübung    der  Formenlehre    u.   der    ersten   syntakt.   Grundre- 
geln   nebst    leichten    latein.    Lesestücken    f.   Anfänger      VII  u.    175   S. 
—    2.  Einübung  der  syntakt.  Regeln.     IV  u.    166   S. 
GenuS-Reg^eln,  die,   der  lateinischen   Sprache  in  gereimten  Versen 
für   den   Anfangs- Unterricht.      2.    verb.    Aufl.      Mannheim,   Löfi'ler. 
16  S.     16.     geh.  n.  2  ngr 

Geschlcchi^ireg'eln,  die,  der  lateinischen  Grammatik.  Anhang: 
Einige  Cabusendungen  der  dritten  Declination  und  die  Präpositionen. 
Lüneburg,  Herold  &  Wahlstab  1858.  15  S.  gr.  8.  geh.  n.  2  ngi 
Cirnber,  (iymn.-Lehr.  Dr.  Jobs.  v. ,  üebungsbuch  zum  Uebersetzen 
aus  dem  Deutschen  in  das  Lateinische  für  Tertia  in  zusammenhän- 
genden Stücken  nach  der  Folge  der  syntaktischen  Regeln  in  Zumpts 
(irammatik.     4.  verb.  Aufl.     Stralsund,  Hingst.   VIII   u.   148  S.   gr.  8. 

I2V2  ngt 
Cünörard  et  JIEoncourt,  Exerciccs  latins  adapt^s  ä  la  grammaire 
latine  d'apres  Lhomond.  Ire  parlie,  etc.  Nouvelle  edilion,  entiere- 
raent  refondue  et  augmentee.  Paris.  Dezobry,  Magdeleine  &  Ce. 
188  S.  12. 
Harris,  W.  H.,  A  bandbook  of  Latin  syntax  with  short  exercises. 
London,  Lewis.     8.  3  sh. 

Henrichsen,  R.  J.  F.,  Opgaver  til  Latinske  stile.  Ny  samling. 
Fjerde  samling.     Kjöbenhavn.  Reitzel.     164  S.     8.     geb.  80  sk. 

Her,  Gymn.-Lehr.  Ed.  Sig. ,  Tiro  der  Anfänger  im  Latein,  eine  For- 
menlehre der   lateinischen   Sprache    mit  Expositions-    und  Composi- 
lionsstoff"  bearbeitet.     Stuttgart,  NefT.   VII  u.  278  S.  gr.  8.  geh.  27  ngt 
Jacobs,  F.,  u.  F.   W.  Döring,  Lateinisches  Elementarbuch  zum  öf- 
fentlichen   und    Privat-Gebrauche.      1.  u.  2.  Bdchn.      Neu    bearb.  v. 
Gymn.-Dir.  Dr.  Jobs.  Classen.     .Tena,  Frommann.     8.         17Vz  "B'^ 
Inhalt:      1.  Lateinisches   Lesebuch  f.   die  ersten  Anf.änger  v.  Frdr.   Ja- 
cobs.     16.   Aufl.    XIV  u.    177   S.   V+   «f-    —    2.  Alte  Weltgeschichte 
I  u.   Auszüge  aus   Cicero.- 11.   Aufl.  VI  u.   194  S.   Vs    »f- 

Jordan,    Rect.  W.,  Ausgewählte  Stücke  aus  der  dritten   Decade  des 

;^- . _— _ . »^ 


^^ 


ass.  Allertlimnsw'iss.  —  VII.  Griecli.   u.    lat,   Giamiii.     71     :^ 


f^CÜ 


Livius  mit  Anmerkungen  für  den  Schulgebrauch.  Stuttgart,  Neff. 
XVI  u.   174  S.     8.     geh.  12  ngt 

Krebs,  weil.  Oh.-Schulrath  Dr.  Joh,  Phil.,  Anleitung  zum  Lateinisch- 
schreiben in  Hegeln  und  Heispielen  zur  Uebung.  Zum  Gebrauche 
der  Jugend.  11.  verb.  u.  verm.  Aufl.  (Hrsg.  v.  E.  Franc  ke  u. 
R.  Krebs).  Frankfurt  a.  M.,  Brönner.   VIII  u.  842  S.  8.  geh.  n.  1  ^. 

Kühnier,  Dr.  Uaph.,  Lecrboek  der  Lalijnsche  taal ,  met  tusschenge- 
voegde  opstellen  ter  verlaiing  voor  cerstbeginnenden.  Bewerkt  naar 
de  19e  Hoogd.  uilg.  door  Dr.  R.  J.  Lambrechts.  Sneek,  v.  Dru- 
ten  &  ßleeker.     XIV  u.  364  S.     8.  f.  2,50. 

—  voorbereidende  Latijnsche  grammatica  met  tusschengevoegde  ver- 
talingen  en  tiiemata;  en  zijn  Latijnsch  leesboek.  Alles  met  de  daar- 
bij  behoorende  woordenlijsten.  Üit  het  Hoogd.  in  het  Nederlandsch 
bewerkt  door  B.  ten  Brink.  Utrecht,  v.  d.  Post.  VlII  u.  233  S. 
gr.  8.  f.   1,90. 

Kuhr,  A. ,  Uebungsbuch  für  den  ersten  Unterricht  im  Lateinischen. 
Zunächst  zum  Gebrauch  der  Stettiner  Realschule  [Friodrich-VVil- 
helms-Schule]  bearb.  3.  veränd.  Aufl.  Berlin ,  G.  Reimer.  53  S. 
gr.  8.     cart.  4  ngt 

Hüttner,  Dr.  Ferd.,  Syntaxe  de  la  langue  latine  ä  l'usage  des  clas- 
ses  mojennes  du  coll6ge  ro_yal  fran^ais.  Leipzig,  \  iolet  1861.  IV 
u.   !84  S.     gr.  8.     geh.  ^  n.  24  ngc 

Lattmann,  Subconrect.  Dr.  J. ,  Lateinische  Regeln  für  Quarta  zu- 
gleich als  Grundlage  des  grammatischen  Unterrichts  in  Tertia.  [Als 
Mscr.  gedr.]  Götlingen ,  Vandenhoeck  &  Ruprecht  1859.  18  S. 
gr.  8.     geh.  n.  3  ngt 

I<ebaig'ue.,  Ch.,  Recueil  gradue  de  themes  latins,  ä  l'usage  des  clas- 
ses  sup6rieures.     Paris,  Belin.     iV  u.   139  S.      12. 

—  et  Th.  Caublot,  Recueil  gradue  de  ihömcs  latins,  ä  l'usage  des 
classes  superieures.  Choix  de  morceaux  extrails  des  meilleurs  ecri- 
vains  francais.     Ebd.     VlII  u.  276   S.     12. 

Lhoniond,  Elements  de  grammaire  latine,  Nouyelle  Edition.  Paris, 
Delalain.     VlII  u.  216  S.     12.  75  c. 

IHoisziwstxig',  Prof.  Dr.  H.,  Lateinische  Vorschule.  Berlin,  Gaert- 
ner.     104  S.     8.     cart.  n.  8  ngt 

Ostcrinann ,  Gjmn.-Hauptlehr.  Dr.  Chrn.,  Lateinisches  V^ocabula- 
rium  für  Anfänger  gramniatisch,  sachlich  und  etymologisch  geordnet 
in  Verbindung  mit  entsprechenden  Uebungsbüchern  zum  Ueberse- 
Izen  ans  dem  Lateinischen  ins  Deutsche  und  aus  dem  Deutschen  ins 
Lateinische.  2.  Abth.  Für  Quinta.  Leipzig,  Teubner.  23  S.  gr.  8. 
cart.  .   ,  3  ngt 

—  Uebungsbuch  zum  Ueberselzen  aus  dem  Lateinischen  ins  Deutsche 
und  aus  dem  Deutsehen  ins  Lateinische,  im  Anschluss  an  ein  gram- 
matisch, sachlich  und  etymologisch  geordnetes  Vocabularium.  2. 
Abth.     Für  Quinta.     Ebd.     IV  u.   140  S.     gr.  8.     geh.  9  ngt 

(1.  2.:    I6V2  W) 

Pfuhl 4  Gymn.-Lehr.  Dr.,  Lateinische  Dichterschule  für  Gymnasien 
und  Realschulen  mit  Anmerkungen  und  V^'örterbuch.  Leipzig, 
Baumgärtner.     VIII  u.  200   S.     gr.  8.     geh.  18  ngr 

Putsche,  Gymn.-Prof.  Dr.  Carl  Ed.,  Lateinische  Grammatik  für  un- 
tere und  mittlere  Gymnasialklassen  sowie  für  höhere  Bürger-  und 
Realschulen.  Zum  Behufe  eines  stufenweis  fortschreitenden  Lehr- 
ganges ausgearbeitet  und  mit  einer  reichen  Auswahl  classischer 
Beispiele  versehen.     Jena,  JVlauke.     XXIV  u.  372  S.     gr.  8.     '/+  »«^. 

Roth,  Prälat  Dr.  Carl  Ludw. ,  Anthologie  lateinischer  Gedächtnissü- 
bungen in  Stellen  aus  Dichtern.  2.  verb.  Aufl.  Leipzig,  Schräg. 
XV  u.  158  S.     8.    geh.  _  V2  4. 

Rozek,  Gymn.-Lehr.  J.  A.,  Lateinisches  Lesebuch  für  die  erste  und 

<v^ .^ — ■-    .,  ■ -»5»<5> 


^^4^ _— . — _ ~"^^ 

^    72     Class.  Aiterthumswiss.  —  VII.   Grlech.  u.   lat.   Gramm.     ^ 


zweite  Classe  der   k.  k.  Gymnasien  des  österreichischen  Kaiserstaa- 
tes. 2  Thle.  Wien,  Gerold's  Sohn.  XU  u.  196  S.  gr.  8.  geh.  n.^)^  ^. 
1.   Tbl.  n.   8   ngr;    2.  Tbl.  n.  12   ngt 

Rn%ek,  Gymn.-Lehr.  J.  A. .  Kurze  Chrestomathie  aus  lateinischen 
Dichtern.     Hermannstadt,   Steinhaussen.     \l  u.  92  S.     8.     geh.  6  ngi 

Schultz.,  Gymn.-Dir.  Dr.  Ferd.,  Kleine  lateinische  Sprachlehre  zu- 
nächst für  die  untern  und  mililern  Klassen  der  Gymnasien  bearbei- 
tet. 6.  verb.  Ausg.  Paderborn,  Schöningh.  VIII  u.  248  S.  gr.  8. 
geh.  _  n.   ISVa  W 

—  Uebungsbuch  zur  lateinischen  Sprachlehre  zunächst  für  die  unte- 
ren Klassen  der  Gymnasien  bearbeitet.  4.  verb.  Ausg.  Ebd.  IV 
u.   307  S.     gr.  8.     geh.  n.  2/5   4. 

Siedler,  Dr.  H.,  Das  Wichtigste  aus  der  Lehre  von  dem  durch  Con- 
junctionen  und  Relaliva  erweiterten  Salze  und  von  der  Constriiclion 
der  Verba  im  Lateinischen  zur  Einübung  und  Repetilion  übersicht- 
lich dargestellt.  Lissa,  Günther.  2.  verb.  Aufl.  43  S.  8.  geh.  n.  ^/g  *^. 

Spiess,  Gymn.-Prof.  F.,  Uebungsbuch  zum  üebersetzen  aus  dem  La- 
teinischen in's  Deutsche  und  aus  dem  Deutschen  in's  Lateinische  für 
die  untersten  Gymnasialklasseu  bearbeitet.  1.  Abth.:  für  Sexta. 
13.,  verb.  u.  verm.  Aufl.     Essen,  Bädeker  1861.     87  S.    gr.  8.    geh. 

n.  ^/4  4. 

Süpfle,  K.  F.,  Opstellen  ter  vertaling  in  het  Latijn  voor  de  onderste 
en  middelste  klassen  der  gymnasien.  Naar  de  lOe  veel  verb.  en 
verm.  uilgave  uit  het  Hoogd.  overgezet  door  Dr.  H.  J.  Matthes. 
Zutphen,    Willemsen.     VI   u.  324  S.     8.  f.   1,90. 

Teipel,  Gymn.-Oberl.  Dr.  Frdr,,  Praktische  Anleitung  zum  Üeberse- 
tzen aus  dem  Deutschen  in's  Lateinische.  1.  ThI.  Aufgaben  für 
Tertia  und  Seciinda.  2.  verb.  Aufl.  Paderborn,  Schöningh.  XII  u. 
348  S.     gr.  8.     geh.  n.  24  ngr 

VKringa,  Dr.  A.  J. ,  Lalijnsch  leesboek  voor  de  laagste  klasse  der 
gymnasien,  tot  oefening  in  de  declinatien  en  conjiigatien,  levens  tot 
voorbereiding  vonr  de  sludie  der  syntaxis ;  ten  gebruike  bij  de  spraak— 
leeren  van  Dr.  Boot,  Capelle,  Engelbregt  en  Burger,  Hecker,  de 
Klerck  en  Mehler.     Arnhem,  Thieme.     VllI  u.   120  S.  gr.  8.  f. jl,60. 


^■ 


Grieclilselie  ClassikcT  und  Erkläniiigs- 

scliriiteii* 

Claiisiker  des  Allerlhums.  Eine  Auswahl  der  bedeutendsten  Schrift- 
steiler  der  Griechen  und  Römer  in  neubearbeiteten  Uebcrsetzun^en. 
133      138.  Lfg.     Stuttgart,  Metzler.     gr.   16.     geh.  ä  4  ngt 

Inhalt:  133.  136.  Ausgewählte  Schriften  d.  M.  Tullius  Cicero. 
2.  Abth.:  Ausgewählte  Reden  übers,  v.  Gymn.-Dir.  Gust.  Wen  dt. 
5.  u.  6.  Lfg.  2.  Hälfte  S.  487  —  675.  Schluss.  —  134.  Homer's 
Odyssee,  im  Versmass  der  Urschrift  übers,  v.  Prof.  E.  Wiedasch. 
S.  225 — 403.  Schluss.  —  135.  Die  griechischen  Lyriker  u.  Elegiker, 
Jambographen  u.  Meliker.  Ausgewählte  Proben ,  im  Versmass  der 
Urschrift  übers,  u.  durch  Einlcitgn.  u.  Anmerkgn.  erläutert  v.  Ober- 
studienrath  Gymn.-Dir.  Dr.  G.  Thudichum.  S.  257—459.  Schluss. 
—  137.  Des  P.  Cornel.  Tacitus  Werke.  2.  Abth.:  Die  Jahrbücher, 
übers,   v.   Gymn.-Prof.   G.   F.   Strodtbeck.    S.    257—384.   —      138. 

K^ ——^^ 


^- 


Griechische  Classiker  und   Eikläiungsschriftcn.        73 


^n 


Livius,   römische  Geschichte,   üliers.   v.   C.   F.  Klaiber.      Neue  um- 
gearb.     Ausg.,    besorgt    v.    W.    S.  Teuffei.      4.  Bd.      S.   257-420. 
Schluss. 
Saininliing-i,  neiu'Sle,  ausgowählter  Griechischer  und  Römischer  Clas- 
siker verdeutsclil  von   den  berufenslen  Ueberselzern.      105 — 110.   Lfg. 
Stnltgart,  Krais  &   Uoffmann.     gr.    16.     geh.  1    «f.  '24  ngi 

Inhalt:  105.  Die  Dramen  des  Euripides.  Verdeutscht  v.  Jobs. 
Minckwitz.  7.  Bdchn. :  Hippolytoa  od.  Phädra.  XX  u.  105  S. 
1/^  »I'.  —  106.  Katulls  ausgewälilte  Gedichte.  Verdeutscht  in  den 
Versmassen  der  Urschrift  v.  Dr.  Frdr.  Pressel.  XVIII  u.  122  S. 
'A  "f"  —  lö^'  Livius'  römische  Geschichte.  Deutscli  v.  Fr.  Dor. 
Gerlach.  6.  Bdchn.  21.  Buch  sammt  den  Suppl.  der  Bücher  11  — 
20.  2.  Bd.  S.  283  —  570.  Schluss.  Vs  'S-  —  108.  Xeuophon's 
Anabasis  od.  Feldzug  d.  Jüngern  Cyrus.  Uebers.  u.  durch  Anmer- 
kgn.  erläut.  v.  Conrect.  Dr.  A.  Forbiger.  1.  Bdchn.:  Buch  1  —  3. 
IV  u.  103  S.  V+  ■4-—  109.  110.  Q.  Curtius  Rufus  v.  den  Tha- 
ten    Alexanders    d.    Grossen.       Verdeutscht    v.    Dr.    Jobs.    Siebeiis. 


2.   Bdchn.   317    S.   k  ^/j    4<. 


Prosaiker,  griechische,  in  neuen  üeberselzungen.  Hernusg.  von 
C.  N.  V.  Osiander  u.  G.  Schwab.  305—312.  Bdchn.  Stuttgart, 
Metzler.     gr.   16.     geh.  ä  3^/4  ngi ;    einzeln  Ve  •^• 

InhaU:  305.  306.  Plutarch's  Werke.  42.  u.  43.  Bdchn.  II.  Mora- 
lische Schriften.  18.  Bdchn.,  übers,  v.  Präcept.  Wilh.  Rösch,  u. 
19.   Bdchn.,  übers,   v.   Gymn.-Prof.  Dr.   C.   Fr.   Schnitzer.     S.   2226 

—  2460.  —  307.  308.  311.  312.  Aristoteles  Werke.  V.  Schrif- 
ten zur  theoret.  Philosophie.  1 — 4.  Bdchn.  Metaphysik  in  14  Bü- 
chern, übers,  v.   Gymn.-Prof.   Dr.   J.   Rieckher.      4  Bdchn.     430   S. 

—  309.  310.  Platon's  Werke.  2.  Gruppe:  Gespräche  prakt.  In- 
halts. 4.  Bdchn.:  Menon,  u.  5.  Bdchn.:  Laches  u.  Charmides,  übers. 
V.  Dekan  L.  Georgii.   S.  406  —  623. 


Aeschines*  Reden.  Griechisch  und  deutsch.  Ueberselzt  u.  erklärt 
von  Gust.  Ed.  Benseier.  3.  Bdchn.  A.  u.  d.  T.:  Rede  gegen 
Ktesiphon.     Leipzig,  Engelmann.     198  S.     gr.   12.     geh.  ^/^  of#. 

(1-3.:     1    4.   12  ngt) 

Aeschylus  ex  novissima  recensione  Frederici  A.  Paley.     Acces- 

sit  verborum  quae   j^raecipuc  nolanda  sunt  et  nominum  index.     New 

York.     (Philadelphia,   Schäfer  &  KoradiJ.      VIll  u.  272  S.      16.     In 
I     I7;„k  _     9;       rfi 


engl.  Einb. 


V,  ^. 


tragedies,  construed  literally  ,  and  word  for  word  ,  bj  Dr.  Giles. 
Vol.  I.  conlaining  Prometheus,  Suppliants,  Seven  champions  at  The- 
bes,  and  ihe  Persians.     London,    Cornish.     260  S.     18.  3  sh. 

—  les  Eumenides,  traduites  en  vers,  accompagnees  de  nolices,  de  re- 
marques et  de  rapprochements  litleraires,  par  LöonHalevy.  Paris, 
Hachelte  et  Ce.   )h61.     100  S.     8. 

—  fabula  quae  Persae  inscribitur,  in  Suelhicum  conversa  cum  prooe- 
mio  comnienlariisque,  a  J.  Johansson.  Disserlatio  academica. 
üpsaliae.     32  S.     8. 

—  der  gefesselte  Prometheus.  Uebersetzt  und  erklärt  v.  Aug.  Ar- 
nold.    Halle,    Pfeffer.     76  S.     gr.  16.     geh.  n.  8  iu]t 

—  Sieben  gegen  Thebai.  Deutsch  v.  A.  Salom.  Voegelin.  Zü- 
rich,   Höhr.     52  S.     gr.  8.     geh.  n.   11   n^i 

—  —  expliques,  annotös  et  revus  pour  la  traduclion  franpaise  par 
Ma  lerne.     Paris,  Hachelte  el  Ce.     123  S.     12.«  1  fr.  50  c. 


Vr 


^<. 

^    74         Grlcchisclie  Classlfcer  uud  Erklärungssclulfteii. 


Haupt,  M.,  Observationes  Aeschyleae.     Ind.  lectl.     Berolini   1860— 

61.     7  S.     4. 
Kupfer,    Dr.,    Adnotaliones  ad    Aeschyli  Persas    inde    a    vers.  854 

usque  ad  910.  ex  edit.  Herrn.     Gymn.-Pr.     Cöslin  1859.    10  S.   4. 
Ludwig,    Privaldoc.  Aifr. ,    Zur  Kritik  des  Aeschjlos.     Eine  Reihe 

V.  Abhandlgn.     [Aus  den  Sitzungsber.   1860  d.  k.  Akad.  d.   Wiss.l 

Wien  (Gerold's  Sohn).     76  S.     Lex. -8.     geh.  n.   12  Rgt 

AesopiiS.  Fahles  choisics.  Nouvcile  öditiou,  accompagn^e  des  imi- 
tations  de  La  Fontaine  et  d'un  lexique  avec  des  notes  en  fran^ais, 
par  E.  Sommer.     Paris,    Hachette  et  Ce.     131  S.     12.  90  c. 

Antiphon. 

Pahle,    Collabor.   F.,  Die  Reden  des  Antiphon,     Eine  krit.  ünter- 
suchg.     Jever,  Metlcker  &  Söhne.     16  S.     4.     geh.  n.  ^^4  *^. 

Apollonins. 

Schömann,    (i.  F.,    Emendationes    aliquot  locorum  corruptorum  in 

Apollonii    libro    de    adverhiis.      lud.  leclt.   1860—61.      Greifswald, 

Koch.      16  S.     gr.  4.  n.  6  ngi 

Aristophanis  comoediae.      Edidit  Aug.  Meineke.     2  Voll.     Edit. 

ster.     Leipzig,    B.  Tauchnitz.     CVHI  u.  654  S.     8.     geh.         27  ngt; 

Pracht-Ausg.  in  gr.  8.  21/3   ^. 

Die  8. -Ausg.  wird  auch  in   11   einzelnen  Nrn.  k  i^/^  ngt  ausgegeben. 

~     pax.     Edidit  Dr.  Jul.  Richter.     Berlin,    Nicolai.     VII  u.  312  S. 

gr.  8.     geh.  n.  2  ^f. 

Fritzsche,  F.  V.,    De   nova  Aristophanis   recensione  specimen  IL 

Rostock.     (Leipzig,  H.  Fritzsche).     8  S.     4.     geh.  nn.  4  ngi 

Aristoteles'  Werke.     Griechisch  und  deutsch  und  mit  sacherklären- 
den  Anm»»kungen.     3.   Bd.     Leipzig,  Engelmann.  gr.   12.  geh.  2  yf. 
Inhalt:     Fünf  Bücher  v,    der  Zeugung  u.  Entwickelung  4er  Thiere  übers, 
u.  erläut,  v.  Privatdoc.  Dr.  H.  Aubert  u.  Gymn.-Dir.  Dr.  Fr.  Wim- 
mer.    XXXVI  u.  440  S. 
—     Organon.     Gast   1.     Prag  (Rziwnatz).     8.     geh.  n.   16  ngt 

Inhalt:      Kategorie.      Z    reckeho    prevedl    a    vylozil    Ant.    Jaroslav 
Vrt'ätko.     XVI  u.   100  S. 
Spengel,    Leonh. ,    Ueber  die  xciS^agaig  iiSy  na9^)]/uäTiüy,  ein   Beitrag 
zur    Poetik    des    Aristoteles.      [Aus    den   Abhandlgn.  d.   k.  bajer. 
''       Akad.  d.  Wiss.]  München  (Franz)  1859.  50  S.   gr.  4.  geh.  nn.  ^/^  ,f. 
Thurot,    Charles,  De  la    melhode    d'exposition  suivie  par  Aristote. 
Paris,    Dupont.     21   S.     8. 
Arfstoxenns. 

Hirsch,    Dr.,    Aristoxenus    und     seine   Grundzüge    der    Rhvthmik. 
Gjmn.-Pr.     Thorn   1859.     30  S.     4. 
Arrians  Anabasis.      Erklärt  von  C.  Sintenis.      1.   Bdchn.:     I  —  III. 
Buch.     2.  Aufl.     Berlin,    Weidmann.     219  S.     gr.  8.     geh.      V2  *f. 
Athenaens. 

Paessens,    Dr.,    De  nonnuUis    parodiarum    scriptoribus  Graecis  ad 

Athen,  libr.  XV,  698  sq.  adnotaliones.     Gyinn.-Pr.     Kempen  1859. 

18  S.     4. 

Babrii  fabulae.     In  two  parts,  translated  into  English  vcrse  from  the 

lext  of  Sir  G.  C.  Lewis,    by  James  Dayies.      London,    Lockwood. 

2-10  S.     12.  6  sh. 

CaHiniachns. 

Göttling,  K. ,    Commenlariolum   de  Callimachi  epigrammatc  XXV. 

Ind.  lectt.     Jena   1860—61.     7  S.     4. 
Pohl,  G.,    Ad  Callimachi  hymnos  et  ad  Graeca  illorum  scholia  Pa- 
risiensium  codicura  duorum  variae   Icctioncs  enotatac.     Gymn.-Pr, 
Posen.     24  S.     4. 
j      Demosthenes'  W^erke.     Griechisch  und  deutsch  mit  kritischen  und 

^<<-  — ■ ^>^ 


^  Giiorlilsclie  Classilicr  niid   Frlilärnn{jspcl)rif(en.         75     "^ 

erklärenden  Anmerkungen.  '  8.  ThT."' Äv  a.  rf.  T. :     Rede  gegen  Le- 
ptines.     Leipzig,  Engelmann.     162  S.     gr.  12.     geh.  18  ngi 

Domosthcnes,    ausgewählle  Reden.      Erklärt    von    Ant.  Wcsler- 
mann.     1.  ßdchn.    4.   Aull.     IJorlin,  Weidmann.     XXXII  u.    189  S 
gr.  8.     geh.  14  n^i 

—  —  2.  ßdchn.  [XVIII.]  Rede  vom  Kranze.  [XX.]  Rede  gegen 
Leplines.     3.  Aufl.     Ehd.     240  S.     gr.  8.     geh.  \'z  4- 

—  discoiirs  sur  la  couronne.  Edilion  classiquc,  rcvue  siir  les  meil- 
leurs  tcxles ,  accompagn6e  d'argunienls  el  de  nolcs  grammalirales, 
philologiques ,  liUeraires  et  historiques,  par  J.  A.  Marion.  Paris, 
Delalain.     X  u.    IGO  S.      12.  1   fr.   10  c. 

—  discours  de  Ctesiphon,  ou  sur  la  rouronne,  explique  litldralemenl, 
annole  et  revu  pour  la  traduclion  francaise,  par  Sommer.  Paris, 
Kachelte  et  Ce.     39.5  S.     12.  3  fr.  50  c. 

—  the  Olynthiacs.  Edited  by  Henry  Musgrave  Wilkins.  London, 
Parker.      170  S.     8.  4  sli.  6  d. 

—  Seconde  Oijnihicnne.  Texte  grec  avec  argumenl,  sommaires  et 
notes  en  frangais,  par  un  professeur  de  l'universile.  Nouvelle  edi- 
tion,  revue  par  Fr.   Dübner.     Paris,  Lecoffrc  et  Ce.     20   S.      12. 

—  les  Philippiques.  Nouvelle  ödilion,  puhliee  avec  des  argumenis 
et  des  notes  en  franpais  par  A.  Materne.  Paris,  Kachelte  et  Ce. 
114  S.     12.  ^  70  c. 

—  -  by  T.  K.  Arnold,  wilh  English  notes.  2d  edit.  London, 
Rivingtons,  160  S.  12.  4  sh. 
Haupt,    Dr.  0.,    Das   Lehen  und  staalsmännische  Wirken   des  De- 

mosthenes,  nach  den   Quellen  dargestelll.     Mit  dem  lilh.  Portr.  d. 

Demosthenes.      Posen,    Merzbach    1861.      Vlli   u.   192   S.      gr.  8. 

geh.  1V+  4- 

Löfstedt,   Einar,    In   illa  Demoslhenis  et  Aeschinis  de  Philocralea 

pace    contenlione    uler    utrum    melioribus    rationihus  impugnaverit. 

Diss.  acad.     Upsaliae.     35  S.     8. 
Spengel,   Leonh.,   Die  d^jutjyoQUa  des  Demosthenes.     1.  Abth.   [Aus 

den    Abhandign.    d.    k.    bayer.  Akad.    d.  Wiss.]     München  (Franz). 

74  S.     gr.  4.     geh.  nn.  26V3  W 

]>ion.ysii  ßyzantii  Anaplum  Bospori  ex  Gillio  excerplum  edidit  et 
illiistravit  Ouo  Frick.  Accedit  tabula  geographica.  Gymn.-Pr. 
Wesel.     38  S.     4. 

—  Kalicarnasensis  antiquitatum  Romanarum  quae  suporsunl  recensuil 
Adolph.  Kiessling.  Vol.  I.  Leipzig,  Teubner.  XLVIII  u.  318  S. 
8.     geh.  24  iigr  ;    Velinp.    1    4-  ^  "ö^ 

Duripidis  tragoediae.  Recensuil  et  commenlariis  instruxit  Reinh. 
Klotz.  Vol  IIL  sect.  3.  continens  fphigeniam  Aulidensem.  [Et.  s. 
t.:  Bibliotheca  graeca  curanlibus  Frid.  Jacobs  et  \  al.  Chr.  Fr.  Rost. 
Ä.  poetarcm  vol.  XII].     Gotha,  Hennings.     191   S.  gr.  8.  geh.   18  ngr 

—  ex  recensione  Fred.  A.  Pal  ey  ;  accessit  verborum  et  nominum  in- 
dex.    Vol.  3.     Cambridge,  Rell.     303  S.     18.  3  sh.  6  d. 

—  Alcestis,  chiefly  from  the  lext  of  Dindorf.  With  English  notes, 
critical  and  explanalory,  for  the  use  of  schools,  by  J.  Milner. 
2d  edit.  London,  Weale.  100  S.  12.  1  sh. 
Braut,    Aem.  Arm.,    Euripides    mulicrum    osor    num  rccte  dicatur. 

Diss.  inaug.     Berolini    1859.     38  S.     gr.  8. 
Jan,  Prof.  L.  v.,    Anmerkungen  zu  Euripides  Iphlgenia   in  Taurien, 

zur    Förderung    einer    gründlichen    Vorbereitung.      Gymn.-Progr. 

Schweinfurl,    Giegler.     34  S.     4.     geb.  n.   Ve  "f- 

Ra  u  c  h  en  s  t  e  i  n,    Rect.  Rud.,   Dispulatio  de  locis  aliquot  Euripidis 

Iphigeniae  Tauricae.      Aarau,   (Sauerländer).      18  S.      gr.   Lex. -8. 

geb.  n.  8  ngr 


^     76        Griechische  Ciasslker  iiuil   Erkläruiigsscliriftt'ii, 

Reuscher,    Dr.,    Annotationes    ad    locos    aliquot  lonis  £uri[)idcae. 
Gymn.-Pr.     Potsdam   1859.      16  S.     4. 
'Hq  (ü(fi((yov    inirofAt}    rtj?     xuO^ohx^g    ngoccüdiag.       Rncognovit    Mauric. 
Scljmidt.     Jena,   Mauke.  VII  u.  300  S.  br.  8.  geh.  n.   1    4.   18  ngn 
llcrodote^  premier  livre.     Nonvelle  edilion,   publice  avec  des  argii- 
guments  et  des  notes  en  franfais,  par  E.  Som  m  e  r.     Paris,   Hachetle 
et  Ce.   1861.     197  S.     12. 
Hosiodiis. 

Koechly,  Prof.  Dr.  Herrn.,  De  diversis  Hesiodeae  Theogoniac  par- 
tibus  dissertatio.      Zürich,    (Moyer  &  Zeller).     38  S.     gr.  4.     geh. 

n.   18  Hgt 

Hesychii  Alexandrini  lexicon  post  Joanncni  Albcrlum  recensiiil  JVIaur. 

Schmidt.  Vol.  III.  Fase.  1—2.     Jena,  Mauke.     S.   1  —  144.  hoch  4. 

geh.  a  n.  %,  4. 

Historie!. 

Herwerden,  M.  Dr.  Henr.  van,  Spicilegium  valicanum  continens 
novas  lecliones  in  historicorum  graecorum  excerpta,  quae  primus 
edidit  Ang.  Mains,  prolalas  e  palimpsesto  vaticano  denuo  excusso 
addilis  commentariis  crilicis  cum  in  reliquoium  tum  in  Diodori, 
etiam  quae  alibi  exstant,  excerpta.  Leiden,  Brill.  Xll  u.  "232  S. 
gr.   8.     geh.  nn.   ly,    4. 

BSoineri,  works  according  fo  the  text  cf  Baeumlein,  wilh  English  no- 
tes, critical  and  explanatory,  &c.  by  T.  H.  L.  Leary.  London, 
Lockwood.     8.  12  sh.  6  d. 

—  Ilias  juxta  VVoIfianam  et  Hoynianam  edd.,  latinas  notas  ex  Hey- 
nii  commentario  plerumque  desumplas  addidit  L.  Quicherat.  6 
vols.     Paris,    Hachelte  et  Ce.     .^80  S.     12.  6  fr.  .50  c. 

—  —  chant  4e,  expiique  lillcralemenf,  Iraduit  en  franpais  et  annole 
par  H.  C.  Prevost.     Paris,    Hachette  et  Ce.     76   S.      12.  1   fr. 

—     texte    grec.     Chant  6.      Nouvelle   edition,    avec    un    choix    de 

notes  en  fran^ais,    par  N.  Theii.     Paris,     Dezobry,    Magdeieine  et 
Ce.     29  S.     li. 

—  _  chant  18e.  Texte  revu,  avec  sommaires  et  notes  en  fran^ais, 
par  Fr.  Dübner.     Paris,    Lecoffre  et  Ce.     32  S.  12. 

—  Odyssee.  Erklärt  von  J.  Ü.  Faesi.  I.  Bd.  4.  Aufl.  Berlin, 
Weidmann.     329  S.     gr.  8.     geh.  2/3    4. 

_  —  texte  grec  revu  sur  les  meilleurs  editions,  et  accompagne  do 
notes  en  franpais  par  E.Sommer.  Chanls  ö  ä  3.  Paris,  Hachette 
et  Ce.     88  S.     12.  75  c 

—  —  epitome.  In  usum  scholarum  edid.  Franc.  Pauly.  Pars  iL 
(Schluss).  Odysseae  üb.  XIII— XXIV.  Prag,  Tenipsky  1861.  IM 
u.   192  S.     8.     geh.  _  V2  "^• 

—  Hymni.  Recensuit,  apparalum  criticum  rollegit,  adnotationem  cum 
suam  tum  seleclam  variorum  subjunxit  Aug.  Baumeister.  Leip- 
zig, Teubner.  VII  u.  376  S.  gr.  8.  geh.  2  4.  12  njt 
Bertrand,   A.,    Essai  sur  les  dieux  protccteurs  des  heros  grecs  et 

troyens  dans  IMIiade.     Rennes   1859.     184  S.     gr.  8. 

Butt  mann,    Lexilogus  s.   S.  66. 

Funk,  Ueber  den  Gebrauch  der  Pronomina  oviog  und  ocTf  bei  Ho- 
mer.'    Gymn.-Pr.     Friedland.     22  S.     4. 

Hiecke,  Dir.  Dr.,  Ueber  Lachmann's  10.  Lied  der  Ilias.  Gymn.- 
Pr.     Greilswald   18.Ö9.     20  S.     4. 

Köchly,  H.,  De  Iliadis  carminibus  dissertatio  V,  VI,  V!L  Indd. 
lertt.   1858—59.   1859.   1859-60.     Zürich.     26,    13  u.  3S  S.     4. 

La  Roche,  J.,  lieber  den  Hiatus  und  die  Elision  in  der  Caesur 
des  dritten  Fusses  und  der  bukolischen  Diaerese  bei  Homer. 
[Abgedr.  aus  der  Zeitschrift  f.  d.  österr.  Gymn.  1860].  Wien, 
Gerold's  Sohn.     31    S.     gr.  8.     geh.  n.  8  ngt      ^ 

Xd(,-  — ^ — — »^ 


^ 


<^4^- ^^ 

Griecliisclie  Classikcr  und  Eivklärunjfsscliriftcn.         77     §: 

Schürmann,    Dr.  .1. ,    De    genero    dicendi    atque    aefate  hymni  in 
Apollinem  Homerici.     Gymn.-Pr.     Arnsberg  1859.     12  S.     4. 
Uyperides. 

Weslermann,  Prof.  Ant. ,    Indicis  graecitatis  Hyperideae  pars  al- 
tera.    Leipzig,  Dürr.     17  S.     gr.  4.     geh.   4^12  ngi:  (I.  2.:  ISVj  ngr) 
Isocrates,  ausgewählte  Reden.     Für  den  Schulgebrauch  erklärt  von 
Gyinn.-Prof.  Dr.  Otto  Schneider.     2.   Bdchn.  Panegyricus  u.  Phi- 
lippus.     Leipzig,   Teubner.     Vlli   u.   163  S.     gr.  8.     geh.  12  ngt 

(I.  2.:    21   ngr) 

liUCianns    Samosatensis.      Franc.    Fritzschius    recensuit.      Vol.    1. 

Pars  1.     Rostock,  Leopold.     XVI  u.  152  S.  gr.  8.     geh.  n.  P/g  »f. 

—  ausgewählte  Schriften.  Erklärt  von  Julius  Sommerbrodt. 
1.  Bdchn.:  üeber  Lucians  Leben  und  Schriften.  Lucians  Traum. 
Charon.  Timon.  Berlin,  Weidmann.  XXXV  u.  100  S.  gr.  8. 
geh-  .  n.  ^/3  '^. 
Guttentag,  Isid.,  De  subdito  qui  inter  Lucianeos  legi  solel  dialogo 

Toxaride.     Berlin,  G.  Reimer.     III  u.   106  S.     gr.  8.     geh.  Vz  «$• 
liycnrg^us. 
Jacob,  JH.,  Specimen  emendationum  [Lycurgus, — Ampelius].  Gvmn.- 
Pr.     Cleve.     17  S.     4. 
Eiysias. 

Meutzner,    Gotthold,    Commentatio    de   Lysiae    oralione    tkqI  tov 

otjxov.     Plauen.     (Lipsiae,     Teubner).     26  S.     4. 

Pansaniae    descriptio    arcis    Athenarum    in    usum    scholarum    edidit 

Otto    Jahn.      Accedit   forma    arcis    ab    Adolfo    Michaelis    descripta. 

Bonn,  Marcus.    54  S.  gr.  8.  m.  2  Steintaf.  in  qu.  Fol.  geh.  n.   18  ngr 

Philosophorum  graecorura  fragmenta  collegit,  recensuit,  vertit,  an- 

notationibus  et  prolegomenis  illustravit,  indicibus  insiruxit  Fr.  Guil. 

Aug.  Mullacbius.  —    Poeseos    philosophicae    caeterorumque    ante 

Socratem  philosophorum  quae  supersunt.     Paris,    Didot.     XXVll  u. 

579  S.    gr.  8.    ä  2  Sp.     geh.  15  fr. 

Bibliotheca  scriptorum  graecorum.    Vol.  L. 

Pindar,    ödes.     Part  I:  the  Olympics  and  Pythians,    construed  lite- 

rally  by  Dr.  Giles.     London,  Cornish.     170  S.      18.  2  sh. 

Scholia  Gerraani   in  Pindari  Olympia    e  codice  Caesareo  Vindobo- 

nensi    edidit,    aliorum    scholiorum    specimina   adjecit,    epistolarum 

criticarum    triadem    praemisit  Tycho  Mommsen.      Kiel,    Homan 

1861.     XXVIII  u.  70   S.     gr.  8.     geh.  n.  24  ngr 

Plato,  apologie  de  Socrate.     Nouvelle  ödition,  publice  avec  des  ar- 

guments  et  des  notes  en  franpais,  par  E.  Tal  bot.     Paris,  Hachette 

et  Ce.     74  S.     12.  65  c. 

—  Eutidemo  e  Protagora;  traduzione  da  R.  Bonghi.  Milano  I8r>9. 
8.  fior.  3,3.'). 

—  Philebos,  oversat  af  det  graeske  og  oplyst  ved  anmaerkninger  af  C. 
J.  Heise.  Efter  oversaetternes  död  udgivet  af  F.  C.  Sibbern, 
med  en  fortale,  indeholdende  en  skildring  af  den  afdöde.  Kjöben- 
havn,  Reilzel.  106  S.  8.  1  Rd.  12  sk. 
Bonitz,  H.,    Platonische  Studien.     II.  Hft.     [Aus  den  Sitzungsber. 

1860  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.]     Wien  (Gerold's  Sohn).  89  S.    Lex.-8. 

nn.  14  ngr 
Grote,  George,   Plato's  doctrine  respecting  the  rotation  of  the  earth, 

and    Aristotle's  comments    upon    that   doctrine.      London,    Murray. 

40  S.     8.  1  sh.  6  d. 

Janet,  Paul,    Etudes  sur  la  dialectique  dans  Piaton  et  dans  Hegel. 

Paris,  Ladrange.     LVI  u.  400  S.     8.  7  fr. 

Kranichfeld,  Wilh.  Rud.,  Piatonis  et  Aristotelis  de  ^doy^  senten- 

tiae    quomodo    tum    consentiant    tum  dissentiant  perquirendo  inter 

sese  comparatae.     Diss.  inaug.     ßerolini  1859.     52  S.     gr.  8. 


Z<i^. ^ 


-^iifc<vS 


^ 


<^— ^ — — ^ • — ■  -^^ 

78        Griechische  Classlker  und  Erhläningsschriften.  ^ 


Michelis,  Pfr.  Dr.  Fr.,  Die  Philosoplile  Piatons  in  ihrer  inneren 
Beziehung  zur  geoffcnbarten  Wahrheit  kritisch  aus  den  Quellen 
dargestellt  ?.  Ablh.,  die  Üebergangs-Diaioge ,  die  constructiven 
Dialoge  und  die  das  Resultat  zusammenfassenden  Abhandlungen 
enlhalleud.     Münster,    Aschendorff.     III  u.  360  S.     gr.  8.     geh. 

n.    IVe   4.  (cplt.:    n.  2^/,   4.) 

Schmidt,  H.,  Difficiliores  aliquot  Gorgiae  Platonici  loci  accuratius 
explicati.     Gymn.-Pr.     Wittenberg.      12  S.     4. 

Schnitze,  Rudolf,  De  dialogi  Plalonici  qui  inscribitur  Lysis  argu- 
mento  et  consilio.     Progr.  d.  Ritter-Ak.    Brandenburg.     18  S.     4. 

Schwanitz,  Gust.,  Am  Meere.  Platonische  Skizzen.  Jena,  Mauke. 
82  S.     gr.  8.     geh.  12  ngc 

Susemi  hl,  Prof.  Dr.  Frz.,  Die  genetische  Entwickelung  der  Pla- 
tonischen Philosophie  einleitend  dargestellt.  2.  ThI.  2.  Hälfte. 
Leipzig,    Teubner.     XXVlil   S.  u.  S.  313—696.     gr.  8.     geh. 

n.  2  ^.  (cplt.:    n.  7  4.) 
Plolin,    les  Enneades,    traduites   pour   la    premi^re  fois  en  fran^ais, 

accompagnees  de  sommaires,  de  notes  et  d'eciaircissements,  et  pre- 

cedees    de    la    vie    de    Plolin    avec    des    fragments    de  Porphyre,    de 

Simplicius,  d'Olympiodore,  de  saint  Basile,  etc.;  par  N.   Bouillet. 

Tome  3e  et  dernier.      Paris,    Hachette  et  Ce.   1861.     LH  u.  700  S. 

8.  7  fr.  50  c. 

Pliitarco,    vite    parallele    volgarizzate    da    M,    Adriani    il    giovane. 

Vol.  H.     Firenze.     18.  Bor.  1,25. 

—     udvalgte  biographier.     Til  skolebrug  udgivne  af  C.Berg.     Anden 

afdeling  :  Agis,   Kleomenes,  Tib.  Gracchus,    G.  Gracchus,  Philopoi- 

men.     Kjöbenhavn,    Steen.     128  S.     8.  1   Rd.  72  sk. 

—  vie  d'Alexandre.  Edition  publice  sur  le  texte  de  Coray,  avec  des 
sommaires  et  des  notes  en  franpais  par  V.  ßetolaud.  Paris,  Ha- 
chette et  Ce.     144  S.     12.  90  c. 

—  —  Texte  grec  avec  sommaires  et  notes  en  franpais  par  l'abbe  J. 
Kercos.     Paris  et  Lyon,    Perisse  fr.     111  u.   116  S.     12. 

—  vie  de  Jules  C^sar.  Texte  grec,  accompagne  de  notes  philologi- 
ques,  historiques  et  critiques,  par  l'abbö  Cognat.     Ebd.     96  S.   12. 

—  —  expliquee  litteralemenl ,  annotöe  et  revue  pour  la  traduction 
franpaise,    par  Matern  e.     Paris,  Hachette  et  Ce.     268  S.   12.  2  fr. 

—  vie  de  Cicöron.  Nouvelle  Edition  ,  publice  avec  des  arguments  et 
des  notes  en  franpais,  par  E.  Talbot.  Paris,  Hachette  et  Ce. 
110  S.     12.  90  0. 

—  —  Edition  classique,  accompagnee  de  notes  et  de  remarques, 
par  C.   Cuvillier.     Paris,   Delalain.     92  S.     12.  90  c. 

—  vie  de  Dömoslhene ,  avec  un  sommaire  et  des  notes  en  francais, 
par  Ch.  Galuski.  Paris,   Dezobry,  Magdeleine  et  Ce.  IV  u.  96  S.  12. 

Porphyrii,     philosophi    Platonici ,     opuscula     tria    recognovit   Aug. 

Nauck.     Leipzig,    Teubner.     XLIV  u.  223  S.     8.     geh.  18  ngi ; 

Velinp.  1  «f*. 
Sophoelis  tragoediae  superstites   et  perditarum  fragmenta  ex  recen- 

sione    et   cum    commentariis  G.  Dindorfii.      Editio  tertia.      2  voll. 

London,  Parker.     12.  21   sh. 

—  tragoediae  superstites  ex  recensione  G.  Dindorfii.     Ebd.     12. 

3  sh.  6  d. 

—  erklärt  von  F.  W.  Schneidewin.  4.  ßdchn.:  Antigene.  4.  Aufl. 
besorgt  v.  Aug.  Nauck.     Berlin,  Weidmann.     164  S.     gr.  8.     geh. 

n.   V,   4' 

—  Ajax.  Tragödie.  Im  Versmasse  der  Urschrift  übersetzt  v.  Gymn.- 
Dir.  Dr.  Jul.  Zastra.     Neisse,    Graveur.     59  S.     8.     geh.     n.  8  ngt 

—  Antigene:  with  annotations,  introduction,  &c.,  by  Edw.  Wunder. 
2d  edit.     London,    Williams  and  N.     8.  3  sh. 

^^^. — . ^yp^ 


^^^  ä'y      *  I    '  1  ^^  1*1  I       T^     1    ■  ••  1        •  »  "f^ 


^ 


Gricchisclic  Classifcer  und  Erklärung^sschriflcn.         79     ^ 


Sophoclis  Electra  secundum  editionem  Boissonadii.  Varfetatem  lect. 
et    adnolationeiii   adjecit   L.    de    Sinn  er.      Paris,    Hachetle    et    Ce 
121   S.     12.  1   fr* 

—  Oedipus     Rex:     wilh     annotations,     introduction,     &c.     by    Edw. 
Wunder.     2d   edit.     Paris,  Hachette  et  Ce.     8.  3  g),] 

—  ~     Texte  grec,  revu  et  corrige,  d'apr^s  Ics  manuscrits,  par  L.  de 
Sinner,  avec  un  argument,  des  notes  en  francais  et  des  extrails  de 
rOedipe    de   Voltaire,    par   C.  Delzons.      Paris,    Hachette    et  Ce 
144  S.     12.  1  fr! 

—  Oedipe  ä  Colone  (texte  grec).  Edition  annot^e  par  Croiset 
Paris,  Dezobry,  Magdeleine  et  Ce.     333  S.     12. 

Geyer,  Phil.  Jos.,  Studien  über  tragische  Kunst.  I.  Leipzig,  T.  0. 
Weigel.     8.     geh.  '     9  „gj 

Inhalt:  Die  aristotelische  Katharsis,  erklärt  u.  auf  Shakspeare  u.  So- 
phokles  angewandt.     48  S. 

Lange,  Ludovicus,  De  locis  nonnullis  Sophocieis  emendandis  com- 
mentatio.     Prour.  acad.     Giessen.     30  S.     4. 

Lindner,  Albert,  Cothurnus  Sophocleus.  Diss.  inaug.  Berlin,  Vo- 
gel.    XII  u.  96  S.     8.     geh.  n.  12  „gt 

Lipsius,  J.  H.,  De  Sophoclis  emendandi  praesidiis  disputatio. 
Gyran.-Pr.     Meisscn.     Leipzig,    Dürr.     27  S.     gr.  4.     geh.  V4  «$. 

Schmidt,  Dir.  Dr.,  Bemerkungen  zu  einigen  Stellen  des  Sopho- 
kles.    Gymn.-Pr.     Herford  1859.     6  S.     4. 

Theocritus. 

Fritzsche,    Prof.    Herrn.,    Zu    Theokrit    und    Virgil.     L     Leipzig, 

(Teubner).     35  S.     gr.  8.     geh.  n,  ji  ^„i 

Gebauer,  Gust.  Adolph,  De  poetarum  graecorum  bucolicorura  in- 

primis  Theocriti     carminibus    in    eclogis    a   Vergilio  expressis  libri 

duo.     2  Voll.     Leipzig,  Mendelssohn.     Lex.-8.     geh.     n.  2%  ^.; 

Velinp.  n.  32/3   ^[ 
Theophra<(tDS. 

Hanow,  F.,  In  Theophrasti  characteres  symbolae  criticae.     Gymn - 
Pr.     Züllichau.     2Ö  S.     4. 
Thucydide  et  Xeuophon,  oeuvres  compl^tes,    avec  notices  bio- 
graphiques  par  J.  A.  C.  Buchon.     Paris,  Pantheon  litteraire.     XVI 
u.  818  S.     gr.  8.     ik  2  Sp. 

—  guerre  du  P6loponese.  Edition  classique  precedee  d'une  notice 
litteraire  par  T.  Bude.  Tome  1er.  Livres  1  ä  4.  Paris,  Delalain. 
XX  u.  391  S.     18.  1   fr.  75  c. 

—  coiloquium  Atheniensium  et  Meliorum  V,  85  —  113  latine  redditum 
et    adnotationibus    instructum.      Diss.    academica  C.  Henr.   Brandt 
üpsaiiae.     29  S.     8. 

Girard,   Jules,    Essai  sur  Thucydide.     Paris,   Charpentier.     332  S. 

18.  3  fr.  50  c. 

Kirchhoff,  Diterich,  Thucydides  Graecorum  ingeniosus  rerum  ge- 

starum  scriptor  atque  inter  omnes   qui  similes  exstiterunt  antiqui- 

tatis  historicos  princeps.     Diss.  inaug.     Freiburg  (Brilon).  22  S.  4. 
Tragrici. 

Hoppe,    Dr.,    De    comparationum    et    metaphorarum  apud  tragicos 

Graecos  usu„  Progr.  des  Gymn.  zum  gr.  Kl.  Berlin   1859.  32  S.  4. 

Xenophons    Cyropädie.     Erklärt   von   K.    F.  Hertleiu.      2.  Aufl. 

2.   Bdchn.     Berlin,  Weidmann.     235  S.     gr.  8.     geh.  1/2  '^« 

—  —  livre  I.  Texte  grec  accompagne  de  sommaires,  de  notes, 
d'une  table  historique  et  geographique  et  d'un  lexique  ,  par  L. 
Passerat.     Paris,    Dezobry,   Magdeleine  et  Ce.     173  S.     12. 

—  -  —  Texte  revu  avec  nolice,  sommaires  et  notes  en  franpais, 
par  Fr.  Dübner  et  Lefranc.     Paris,    Lecoffre  et  Ce.     76  S.     I2! 


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80        Griechische  Glasslher  und  Erklärung^sschriften.  ^ 

Xenophon,  Cyropedie,  premier  livre.  Nouvelle  Edition,  publice  avec 
des  argumenls  et  des  notes  en  fraiifais  par  C.  Huret.  Paris,  Ha- 
chelte  et  Cc.     104  S.     12.  65  c. 

griechische  Geschichte.     Für  den  Schulgebrauch  erklärt  von  Gymn.- 

Oberlehr.  Dr.  B.  Büchsenschütz.     2.  Hft.:  Buch   V — VII.     Leip- 
zig, Teubner.     172  S.     gr.  8.     geh.  12  ngt 

apologia  Socratis  in  Latinum  conversa,  a  Petro  Olao  Eden,     üp- 

saliae.     15  S.     8. 

Bogren,  A.  G.,  Prodici  fabula  de  Hercule  in  Latinum  conversa  com- 

raentariisque  illustrata.     Oerebro,   Lindh  1859.     15  S.     8. 
Kvnoiäi'ov,   'A.,    thqI    twv 'EXXtjvixüiy  tov  Sivotf^yrog.      'Ey  'A9i^yais 
1858.     138  S.     8. 

Analektcn    der    mittel-  und  neugriechischen  Literatur.     Hrsg.  v.  A. 
Ellissen.     4.  Tbl.:  Byzantinische  Paralipomena.  2  Abthign.     Leip- 
zig,   0.  Wigand.     gr.  16.     geh.     n.  2V5   4-  ('-4.:  n.  7  4.  28  ngt) 
Inhalt:     Timarion's  u.  Mazaris'  Fahrten  in  den  Hades.     Nach  Ha- 
se's    u.   Boissonade's   Recension    u.    1.   Ausg.    d.   Textes   griechisch  u. 
deutsch,    m.   Eiuleitg.  u.   Anmerkgn.    hrsg.  v.  A.   Ellissen.   —   Geor- 
gius  Gemistus  Plethon's  Denkschriften    üb.    die  Angelegenheiten 
des    Peloponnes.      Nach  W.  Canter's  Edition  [Antverp.   1575]    u.  der 
florentin.   Handschrift  zum  ersten  Male  vollständig  hrsg.  u.  übers,  m. 
Einleitg.  u.  Anmerkgn.  v.  Ellissen.     XIV  u.   521  S. 
Carmina^    popularia,    Graeciae  recentioris    edid.   Arnold.  Passow. 
Leipzig,    Teubner.     XI  u.  650  S.     gr.  8.     geh.  n.  4%  »f. 


%^<^ 


Lateinische  Classilier  und  Erldärungs- 

scliriften. 

Prosaiker,  römische,  in  neuen  üebersetzungen.  Herausgegeben  von 

C.  N.  v.  Oslander  und  G.  Schwab.     224.  u.  225.  Bdchn.     Stutt- 

garf,    Metzler.     16.     geh.  ä  3%  ngr;    einzeln  ä  V«  «#• 

Inhalt:      Cicero's  Werke.       71.  und  72.   Bdchn.       Briefe.    21.   u.   22. 

Bdchn.      Vermischte  Briefe ,    übers,   u.   durch  Einleitgn.   u.  Anmerkgn. 

erläutert.     7.  Bdchn.     Von    Prof.   Frdr.  Eauchenstein.     8.  Bdchn. 

Von  Gymn.-Prof.  Dr.  Ferd.  Frdr.  Baur.     S.   2625—2820. 

Ampelins. 

Jacob,   s.  Lycurgus  S.  77. 

Caesaris,  C.  Julii,  commentarii  de  hello  gallico.  Zum  Schulge- 
brauch mit  Anmerkungen  herausgegeben  von  Gymn.-Prof.  Ch.  Stü- 
ber  und  H.  Rheinhard.  Mit  in  den  Text  gedr.  Holzschn.  u.  1 
lith.  Kärtchen  v.  Gallien.  Stuttgart,  Oetinger.  IV  u.  264  S.  gr.  8. 
geh.  ^'  28  ngi 

and  the  first  book  of  the  greek  paraphrase;  with  english  no- 
tes, critical  and  explanatory,  plans  of  battles,  sieges,  etc.,  and  histo- 
rical  geographica!,  and  archaeological  Indexes.  By  Prof.  Charles 
Ant'hon.  Nevr  York  1859.  (Philadelphia,  Schäfer  &  Koradi).  XIX 
u.  493  S.  12.  m.  Portr.  in  Kpfrst.,  1  lith.  Karte  in  Fol.  u.  12  Holz- 
gchntaf.     geb.  n«  l'^/s  4' 


^^ 


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^                  Latciulseiic  Classlker  und  Erklüi'unjj^ssclulften.        81     * 

Caesaris^  C.  Julii,    commenlarii  de  hello  Gallico,   in  usum  schola-      | 

rum  recensuit  Andreas   Fr  i  gell.     Upsaliae   1858.  72  S.  8.       50  öre. 

—  —  expliques  lilteralement ,  traduits  en  fran^ais  et  annoles  par 
Sommer.     Livres  I  h  IV.     Paris,  Hachelte  et  Ce.  392  S.  12.  4  fr. 

—  —  Nouvelle  edition,  avec  sommaires  et  notes  en  fran(;ais,  par 
C.  Ozaneaux,  suivie  d'iin  lexique  de  geographie  comparee,  par  ü. 
Mac  Carthy.     Paris,  Dezobry  ,  Magdeleine  et  Ce.     238  S.     12. 

—  commentarii  de  hello  civili.     Texte  revu  avec  notices,  argumenta, 
notes  et  un  index  g6ographique,    par  Fr.  Dühner.     Paris,  Lecoffre 
et  Ce.     245  S.     18. 
Frigell,    A. ,    Kommentarier  tili  Caesar.     Första  och  andra  haftet. 

üpsala  1858.     40  S.     8.  45  öre. 

Göler,  Gen.-Major  Frhr.  Aug.  v. ,  Cäsars  gallischer  Krieg  in  dem 
Jahr  52  \.  Ch.  Avaricum,  Gergovia,  Alesia.  Nach  Cäsars  bell, 
gall.  üb.  VII.  bearb.  Mit  3  lith.  Taf.  in  Fol.  Carlsruhe,  Braun 
1859.     VII  u.  92  S.     Lex.-8.     geh.  n.  24  ngr 

—  Cäsar's  gallischer  Krieg  im  Jahr  51  v,  Chr.  Nach  des  Hirtius 
hell.  gall.  lib.  Vlll.  bearbeitet,  nebst  Erläuterungen  über  das  rö- 
mische Kriegswesen  zu  Cäsars  Zeit.  Mit  l  chromolith.  Karte  u. 
1  lith.  Plane  in  gr.  Fol.  Heidelberg,  J.  C.  ß.  Mohr.  VII  u.  80 
S.     Lex.-8.     geh.  n.  ^g  ^. 

—  üebersichtskarte  zu  Cäsars  gallischem  Kriege.  Chromolilh. 
Ebd.     gr.  Fol.     In  Couvert.  n.  7  ngt 

Kindscher,  Franc,  Emendationes  Caesarianae.  Zerbst,  (Luppe). 
18  S.     gr.  4.     geh.  n.  8  ng: 

Saulcy,  F,  de,  Les  expeditions  de  Cesar  en  Grande-Bretagne. 
Paris,    Didier  et  Ce.     42  S.     gr.  8. 

Catonis.,  M.,.  praeter  librum  de  re  rustica  quae  extant.  Henr.  Jor- 
dan recensuit  et  prolegomena  scripsit.  Leipzig,  Teubner.  CIX  u. 
135  S.     gr.  8.     geh.  n.  1%  4. 

Catnlli«  Q.  Valerii,  liher.  Recognovit  August.  Rossbach.  Editio 
IL  Leipzig,  Teubner.  XXIII  u.  76  S.  8.  geh.  4V2  ngt ;  Velinp.  7^  »^. 

Ciceronis  de  amicitia  dialogus,  explique  lilteralement,  traduit  cn 
frangais  et  annote  par  Legouez.      Paris,    Hachette  et  Ce.     164  S. 

12.  ...  vi  fr-  25  c! 

—  —  Nouvelle  edition,  publiee  avec  un  argument  et  des  notes  en 
franpais  par  A.  Legouez.     Paris,  Hachette  et  Ce.     51  S.   12.  25  c. 

—  Cato  der  Aeltere  vom  Greisenalter.  Lateinisch  mit  deutscher  Ue- 
bersetzung,  Einleitung  und  erläuternden  Anmerkungen.  Leipzi", 
Engelmann.     S8  S.     8.     geh.  i/     ^ 

—  —  Laelius  sive  de  amicitia,  et  epistolae  selectae.  Recensuit  G. 
Long.     Cambridge,   Bell.     112  S.     18.  1   sh.  6  d. 

—  —  Edition  classique  accompagnee  de  remarques  et  de  notes 
grammaticales,  philologiques  et  bistoriques,  par  J.Genouille.  Pa- 
ris, Delalaio.     48  S.     12.  25  c. 

—  de  ofGciis.  Traduit  en  franQais,  avec  le  texte  latin  en  regard 
et  des  notes  par  E.  Sommer.  Paris,  Hachette  1861.  286  S. 
12.  2  fr.  50  c' 

—  —  Nouvelle  edition,  publice  avec  des  sommaires  et  des  notes  en 
francais;  par  H.  Marc  hand.  Paris,  Hachelte  et  Ce.  206  S.  12.  90  c. 

—  disputationes  Tusculanae  editae  a  S.  G.Cava  11  in.  Liher  primus. 
Lundae,  Gleerup.     VIII  u.  79  S.     8.  75  öre. 

—  Somnium  Scipionis  edidit  Jo.  Aug.  Forslund.  Upsaliae  Xx' 
u.  9  S.     8. 

—  Reden.  Lateinisch,  mit  deutschon  üeberselzungen,  Einleitungen 
und  erklärenden  Anmerkungen.     Leipzig,   Engelmann.  8.  geh.  V.   ^. 

Inhalt:     Reden  f.  Marcus  Marcellus   und  Quintus  Ligarius.       Lateiniscli 
m.  deutscher  Uebersetzg.  etc.  v.  Dr.  Ed.  Je  nicke.     84  S. 


x^<^_ — _ .^ 

^    82         Lateinische  Classiker  und  Erkläriingsschriften. 


%i^ 


Ciceronis  in  L.  Calilinam  oraliones  quatuor.  Edition  class-ique,  ac- 
compagnee  de  remarques  et  notes  granimaticales,  philologiques  et 
hisloriques,  par  A.   F  engere.     Paris,    Delalain.     58  S.     12.     40  c. 

—  —  avec  des  notcs  en  fran^ais  ä  I'usage  des  classes,  par  J.  Gi- 
rard.     Paris,    Dezobry,  Magdeleine   et  Ce.     139  S.     12. 

—  —  expliqu6es  litteralement,  traduites  en  fran^ais  et  annotöes  par 
J.  Thibault.     Paris,    Hachelte  et  Ce.     256  S.     12.  2  fr. 

—  oratio  pro  Milone,  cum  nolis  ad  calcem  rejeclis  quibus  omnes  vo- 
cum  et  locutionum  difficullates  enodantur.  Ad  usum  scholarum. 
Lyon  et  Paris,    Pörisse  fr.     43  S.     18. 

—  ausgewählte  Briefe.  Herausg.  von  Frdr.  Hofmaun.  1.  Bdchn. 
Berlin,    Weidmann.     IV  u.  256  S.     gr.  8.     geh.  18  ngi 

—  epistolae  selectae.  Edition  classique,  accompagnee  de  remarques 
et  notes  granimaticales,  philologiques  et  historiques,  par  D.  Marie. 
Paris,    Delalain.     108  S.     12.  60  c. 

epistolae  et  historiae  selectae    pro  classibus  grammaticae.     3  voll. 

Paris,  Le  Clere  et  Ce.     302  S.     18. 

Berger  de  Xivrey,  sur  !es  relations  litteraires  entre  Ciceron  et 
Cesar.     Paris,  Didot.     20  S.     4. 

Engstrand,  Cax.  Je.  Henr. ,  De  libris  Ciceronis  Academicis. 
Dissertatio  academica.     Upsaliae.     32  S.     8. 

Frank  el,  (iymn. -Oberlehr.  Dr.  C. ,  Nachträge  und  Berichtigungen 
zu  Frdr.  Eilendt's  Commentar  über  Cic.  de  oratore  libr.  I.  Schluss, 
II.  2.  Fortsetzung.  Dorpat,  (Gläser)  1856.  S.  51  —  128.  gr.  8. 
geh.  n.  12  ngt 

—  Dasselbe  libr.  III.  cap.  21—35.  [Zugleich  als  Kritik  des  be- 
zeichneten Abschnittes  der  Schrift  in  der  Schulausgabe  von  Pide- 
rit.  18591.  3.  Fortsetzg.     Ebd.  1859.     103  S.  gr.  8.  geh.  n.  18  nßt 

(1-3.:    n.   1   4.  8  ngt) 

Funck,  Wilhelm,  lieber  den  Gehalt  von  Gicero's  Character  und 
Schriften.     Schul-Pr.     Züllichau   1859.     12  S.     4. 

Jeep,  J.,  Aliquot  loci  e\  oralionibus  Ciceronis  in  usum  scholarum 
editis.     Woifenbütlel.     15  S.     4. 

Müller,  C.  F.  W.,  Conjecturae  Tullianae.  Gymn.-Pr.  (Friedr.- 
Coll.)     Königsberg.     26  S.     gr.  4. 

Schulz,    Beruh.  August.,    De  Ciceronis  consolatione.     Diss.  inaug. 
Greifswald.     102  S.     gr.  8. 
Cornelii  Wepotis    opera    quae    supersunt.     Nouvelle  Edition,    avec 

des   soramaires    et    des    notes    en    frangais  par  Pour marin.     Paris, 

Dezobry ,   Magdeleine  et  Ce.     166  S.     12. 

—  —  ad  optiraarum  editionum  fidem  recensuit  gallicasque  notas 
subjunxit  L.  Qu  ich  erat.  Paris,  Hachette  et  Ce.  X  u.  156  S. 
12.  80  c. 

—  Mit  Anmerkungen  und  einem  vollständigen  Wörlerbuche  von 
Gymn-Prof.  F.  W.  Hinzpeter.  Bielefeld,  Velhagen  &  Klasing. 
V  u.  226  S.     gr.  8.     geh.  I2V2  ngt 

—  vitae  excellentium  imperatorum.  In  usum  scholarum  ed.  Dr.  O. 
Eichert.  Editio  IV.  casligata.  Breslau,  Kern.  103  S.  gr.  16. 
geh.  4  ngi 

—  —  Texte  revu,  avec  notice,  arguments,  notes  en  frangais  et  les 
principaux  fragments  des  ouvrages  perdus,  par  F.  Dübner.  Paris, 
Lecoffre  et  Ce.     IV  u.  217  S.     18. 

—  —  expliquees  litteralement,  traduites  en  fran^ais  et  annotöes  par 
Sommer.     Paris,  Hachette  et  Ce.     541   S.     12.  5  fr. 

Grammaiici  latini  ex  recensione  Henr.  Kcilii.  Vol.  III.  Fase.  II. 
Leipzig,  Teubner.     Lcx.-8.     geh.  n.  27;   ^.  (I— HI. :  n.   19  4^) 

Inhalt:     Prisciani,    grammatici  Caesariensis  ,     de    figuris  numerorum, 
de  metris  Terentü ,  de  praeexercitamentis  rhetoricis  libri ,  institutio  de      ' 

^ . ___-  ^^ 


^  Laleuiisclie   Classiker  iintl   JErkläriingsscIiriffeii.         83    ^ 

nomine  et   pronomine    et    vei-bo ,    partitiones  XII    versuum    Aeneidos 

principalium ,     accedit  Prisciani   qui  dicitur  über  de  accentibus,   ex  re- 

censione  Henr.   Keilii.    S.    385  —  602. 

Heg-esippus ,    qui  dicilur  sive  E^esippus,    de  bcllo  Jiidaico  ope  co- 

dicis    Cassellani     recognitus.       Edidit     Prof.    Carol,    Frid.    Weber, 

Fase.  4.     Marburg,    Elwert.     S.   169-22U.     Imp.-4.     geh.       ^j^  4>. 

(1—4.:  2  xf .  6  ngt) 

Horalii  Flacci,    Q.,    opera   omnia.     Recognovit  et  commenlariis  in 

Hsum    scholarum    instruxit    Dr.    Guii.     Dillen  burger.       Edi(.    IV. 

Addita    est    tabula     lith.   villae    Iloratianae.     Bonn,  Marcus.     XX  u. 

63.5  S.     gr.  8.     geli.  n.   t^/^   .4. 

—  —  ex  recensione  A.  J.  Macleane,  New  York.  (Philadelphia, 
Schäfer  &  Koradi).     VI  u.  211  S.     16.     In  engl.  Einb.        n.  2/3   4. 

—  —  Nouvelle  edilion,  d'apr^s  les  meilleurs  textes,  avec  des  argu- 
menls  analytiques  et  historiques  et  un  commentaire  en  fran^ais; 
precedee  d'une  notice  sur  les  m6tres  d'Horace,  par  A.  Cartelier. 
Paris,  Dezobry,  Magdeleine  et  Ce.     XXIV  u.  378  S.     12. 

—  —  ad  optimorum  codd.  et  edd.  fidem  recensuit  et  variorum  suis- 
que  notis  illuslravit  L.  Quicherat.  Paris,  Hachette  et  Ce.  XXIV 
u.  358  S.     12.  1  fr.  .50  c. 

—  —  Nouvelle  edilion,  pubüee  avec  des  arguments  et  des  notes 
en  franpais,  et  precedee  d'un  precis  sur  les  m^lres  employes  par 
Horace ,  par  E.  Sommer.  Paris,  Hachette  et  Ce.  XN'l  u.  426  S. 
12.^  1  fr.  80  c> 

—  Gedichte  in  versgetreuer  (Jebcrselzung  nebst  einem  Excurs 
über  das  Versmass  der  Ode  l!l.  12  von  Dr.  J.  S.  Strodtmann. 
2.  vielfach  verbesserte  Ausgabe  ,  ohne  lateinischen  Text  und  An- 
merkungen.    Leipzig,  Engelinann.     X!V  u.  316  S.     8.     geh.      1   ^. 

—  Oeuvres  compl^tes,  traduites  en  frangais  par  les  traducteurs  de  la 
colleclion  Panckoucke.  Nouvelle  edition,  enrichie  de  notes  expli- 
catives ,  acconipagnee  du  texte  laiin  et  precedee  d'une  elude  sur 
Horace  par  H.  Riga  u lt.     Paris,    Garnier  fr.    XLIX  u.  423  S.     18. 

3  fr.  50  c. 

—     Ödes,  satires,  epitres ,  arl  poetique.     Traduction  nouvelle  par 

Jules  Janin.  Paris,  Hachelle  et  Ce.  XXIV  u.  380  S.   12.  3fr.  .50  c. 

—  works.from  the  texl  of  Orcilius,  with  copious  English  noles  by  Jo- 
sephe Currie,  and  a  biographical  mcmoir  by  Henry  Ihompson. 
lUustrated  with  engravings  froni  aulhentic  sources.  London,  Griffin. 
620  S.     8.  8  sh.  6  d. 

—  carmina  expurgala,  cum  adnolalionibus.  Paris  et  Lyon,  Pölagaud. 
XV  u.  357  S.     16. 

—  le  odi  ad  uso  delle  scuole  spiegate  secondo  il  nuovo  metodo. 
Con  due  traduzioni  italiane.     Vol.  L     Venezia   18.59.    18.    fior.  0,52. 

—  ödes,  commenl^es  et  expliquees  en  vers  hexametres  lalins,  par  J. 
B.  Cayron.  Livies  1  et  2.  Ire  livraison.  Lyon,  Vingtrinier. 
84  S.     12. 

—  Ödes,  epodes,  poeme  seculaire,  traduit  par  Emmanuel  Worms  de 
Romilly.     Paris,    Didol.     453  S.     gr.    18. 

—  Satiren.  Lateinisch  und  deutsch  mit  Erläuterungen  von  Dr.  Ludv?. 
Döderlein.  Leipzig,  Teubner.  XX  u.  298  S.  gr.  8.  geh.  n.  2V,  k^. 

—  Episteln.  Lateinisch  und  deutsch  mit  Erläuterungen  von  F.  S. 
Feldbausch.  2  Bdchn.  Leipzig,  C.  F.  Winter.  XII  u.  540  S. 
gr.  8.     geh.  n.  22/,  ^. 

—  die  Dichtkunst  oder  der  Brief  an  die  Pisoncn.  Urschrift,  üeber- 
setzung,  Erklärung  von  Aug.  Ar  no  Id.  2.,verb.  Ausg.  Halle,  Pfef- 
fer.    83  S.     gr.  8.     geh.  n.    12  naji 

—  —  explique  lillöralement ,  traduit  en  franpais  et  annote  par  E. 
Taillefert.     Paris,    Hachette  et  Ce.     76  S.     12.  75  c. 


^<^ 


-v\fe^ 


^     8i         Lateinische  Ciassiker  und  Erkläriing'sselii'Ifteu. 

Scholia  Horatlana  quae  feruntur  Acronis  et  Porphyrionis  post 
Geo.  Fabricium  nunc  priraum  emendatiora  edid.  Prof.  Dr.  Franc. 
Pauly.  Editio  II.  In  6  Fascc.  Fase.  1.  Prag,  ßellmann  1861. 
1.  Bd.  VI  S.  u.  S.  1  —  144.     gr.  8.     geh.  n.  ^/^   ^. 

Currie,  Joseph,  Notes  on  Horace,  explanatory,  critical,  and  gram- 
matical,  from  the  best  commentators ,  ancient  and  modern,  with 
original  matter.     London,  Griffin.     12.  4  sh. 

Garcke,  Prof.  Dr.  Henr.  Herrn.,  Q.  Horalii  Flacci  carminum  li- 
brum  I.  collatione  scriplorum  graecorum  illustravit.  Adjecti  sunt 
escursus  de  coronis  convivalibus  et  conspectus  scriplorum  grae- 
corum cum  Horatio  coUatorura.  Quaeslionum  de  graecismo  Ho- 
ratiano  pars  I.  Halle,  Buchh.  d.  Waisenhauses.  XXX  u.  240  S. 
gr.  8.     geh.  n.  IVj  »f. 

Horaz  als  Aesthetiker  in  seinem  Brief  an  die  Pisouen,  mit  Be- 
rücksichtigung seiner  übrif;en  Gedichte  und  der  Poetica  des  Hie- 
ron. Vida.     Einsiedeln ,    Gebr.  Benziger.     gr.  4.     geh.  6  ngt 

Martin,  F.,    De  Horatii  epodorum  ratione  antistrophica  et  inlerpo- 

lationibus,     Gymn.-Pr.     Posen.     20  S.     4. 
Wink  1er,    Rob. ,     De    primo    Carmine    Horatii.      Progr.  des  kath. 

Gymn.     Breslau   1859.     16  S.     4. 

■fordanis    de  Getarum    sive  Gothorum  origine  et  rebus  gestis.     Re- 
cognovit,  adnotatione  eritica   instruxit  et  cum  rarietate  lectionis  edid. 
Carol.  Aug.  Glos  s.  2  Hfle.    Stuttgart,  Fischhaber  1861.  8.  n.  IVj  .#• 
Jurisconsulti. 

Fitting,  Prof.  Dr.  Herrn.  Heinr. ,  üeber  das  Alter  der  Schriften 
römischer  Juristen  von  Hadrian  bis  Alexander.  Basel  (Schweig- 
hauser).  IV  u.  55  S.  gr.  4.  m.  1  Tab.  in  Imp.-Fol.  geh.  n.  18  nji 

Juvenal  et  Perse,  oeuvres  completes,  suivies  des  fragments  de  Tur- 
nus et  de  Sulpicia.  Traductions  par  Dusaulx,  Pierrot  et  Parreau. 
Nouvelle  Edition,  revue  avec  le  plus  grand  soin,  par  F6lix  Lemaistre. 
Paris,    Garnier  fr.     XLVHI   u.  38  5  S.     gr.    18.  3  fr.  50  c. 

Göbel,  Dir,  Dr.  Anton,  Juvenaliana  und  Persiana  aus  einer  Wie- 
ner Pergament-Handschrift  des  10.  Jahrb.  Gymn.-Pr.  Conitz 
1859.     18  S.     4. 

liivii)  Titi,  ab  urbe  condita  libri.  Edidit  Martin  Hertz.  Vol.  II. 
2  Partes.  Editio  stereot.  Leipzig,  B.  Tauchnitz.  XCVIII  u.  530  S. 
8.     geh.  18  ngt 

—  dasselbe.  Pracht-Ausg.  Vol.  II.  Ebd.  XCVIII  u.  530  S.  gr.  8. 
geh.  2V4  x^. 

—  book  21 — 24;    with   short  English    notes    for    the    use  of  schools. 
Oxford,  Parker.     380  S.     18.  4  sh.  6  d. 
Koch,  Adolf,  Emendationes  Liviauae  (Zum  Jubil.  von  Berlin).  Bran- 
denburg.    IV  u.  19  S.     4. 

Madvigii,  Prof.  Jo.  Nie,  Emendationes  Livianae.  Hauniae.  (Leip- 
zig ,    T.  O.  Weigel).     638  S.     gr.  8.     geh.  n.  31/3  4- 

Sarlorius,  F.,  Quaestiunculae  Livianae.  Gymn.-Pr.  Bayreuth. 
20  S.     4. 

Till  manns,  Ludw. ,  Disputationis  qua  ratione  Livius  Polybi   histo- 
riis  usus  sit  part.  1.     Diss.  inaug.     Boun.     64  S.     8. 
liucanus. 

Gen  the,  Herm.,  DeM.  Annaei  Lucani  vita  et  scriptis.  Diss.  inaug. 
Berolini   1859.     88  S.     gr.  8. 

Weber,  C.  F.,  De  duplici  Pharsaliae  Lucaneae  exordio.     Ind.  lectt. 
Marburg   1860.     26  S.     4. 
ninucius  Felix. 

Roeren,  Dir.  C. ,  Minuciana,  i.  e.  annotationes  criticae  ad  M.  Mi- 
nucii  Felicis  dialogum,     qui  inscribitur  Octavius,    praemissa  com- 


Nr 


^P< 


Latcinisclic  Glasslkcr  und  Erklärung^ssclirifton.         85    ^^ 

menlalione  de  ipsius  scriptoris  aelate.    Gymii.-Pr.     Bedburg  1859. 
26  S.     4. 
Naeviiis. 'T;''V;  n^-vnui'w 

Berchcm,    t)r.  Max.  Jos.,    De  Gv.  Nacvii    poetae    Tita  et  scriptis. 
Münster,  Coppenralh   1861.     III   u.   112  S.     gr    8.     geh.   n.  ^/^   ^. 
Petronius^    oouvres  compleles,    avec    la    traduction    francaise  de  la 
collection  Panckoucke,    par  Hegiiin  de  (juerte,  et  piec6dee  des  re- 
cherchos  sceptiqucs  snr  le  Salyricon  et  son  auteur,  par  J.  M.  M.  de 
Gueite.     Nouvelle  edition,  Irös-soigneusement  revue.      Paris,    Gar- 
nier fr.     XI.V  u    40  >  S.     gr.  18.  3  fr.  50  c. 
Phaedri  fabularum  libri  quinque.     Nouvelle  ^ditiou,  d'apr^s  les  meil- 
leurs  texles,   avec  une  vie  de   Ph^dre  et  des  notes  en   francais  ,  etc. 
par  L.  W.  Rinn.     Paris,   Dezobry,  Magdeleine  et  Ce.      158  S.     12. 

—  —     cum   fahellis  novis.     Nouvelle  edilion  ,  publiee  avec  des  notes 
en  francais,  par  E.  T  a  l  be  r  t.  Paris,  Hachette  et  Ce.   170  S.   12.  75  c. 

Plautns. 

Umpfenbach,    Dr.  Franc. ,    M  elfte  mala    Plaulina.     Dissertatio  in- 

auguralis.     Giessen ,   (Ricker).     111  u.  67  S.     gr.  8,     geh.      ^/^  «f. 

Plini  Secundi,    C,    naturalis  historiae  libri  XXXVII.     Recognovit 

atque  indicibus  iiislruxit  Ludov.  Janus.     Vol.  V.    Libb.   XXXIII   — 

XXXVII.     Leipzig,    Teubner.     CX  u.  180  S.     8.     geh.  18  ngr ; 

V^elinp.  1   ^. 

Keller,  Frid.  Ludov.,    Ad  C.  Plinii  Secundi  nat.  hist.  XIV,  4  [de 

foenore  vinario]    disputalio    critica.      Accedunt  pauca  ad  Gaii  iV, 

152  et  ad  I.   10.  ff.  Si  pars  her.     Berlin,  (Hertz)  1859.  9  S.  gr.  4. 

geh.      ./'■"/■""   ;''  n.  6  ngt 

Vorhausef,  0'.,  Die  religiös-sittliche  Weltanschauung  des  älteren 

Pliuius.     Gyrhn.-Pr.     Innsbruck.     32  S.     4.  '''!■  i'iTaf^f 

duintilianus. 

Törnebladh,  Ragnar,  De  elocutione  M.  Fabii  Quiutiliani  quaeslio- 
-.;     nes.     Upsaliae,    Wahlström  1858.     34  S.     8.  lyunj^     —     -- 

'    ünger,    Robert,    Sollemnia    quibus  in  aula  gymnasii  Friedlandeiisis 
subrector    desigoatus    munus   auspicaturus  est.     Gymn.-Pr.     1859. 
4  S.     4. 
Havonnatis    anonymi     cosmographia    et  Guidonis    geographica.      Ex 
libris  manu  scriptis  edidd.  M.  Pin  der  et  G.  Parlhev.     Accedit  ta- 
bula chromolith.   Berlin,  Nicolai.  XXlil  u.  677  S.  8.  geh.  n.  SVg   4. 
l^allnstii,    C.  Crispi ,     Calilina  et  Jugurtha,    cum  seleclis  fragmentis. 
Nouvelle  edilion  publiee    avec    des  sommaires  et  des  notes  en  fran- 
cais par  P.  Croiset.     Paris,  Hachette  et  Ce.     209  S.   12.         90  c. 

—  Calilina,   explique   lillöralement ,     traduit  en  frangais  et  annote  par 
Cr'öiset.     Ebd.     12.  >;^'6     .^..i.nMj  j   fr.  50  c. 

Senecae    philosophi  opcra.      Avec  la  tradticfion  franfaise  de  la  col- 
lection Panckoucke.     Nouvelle  edition,  tres-soigneusement  revue  par 
'Charpen  tier  et  Felix  Lemaistre,    et  pr6ced6e  d'une  uotice  sur 
Seneque  et  d'une    preface    par  Charpenlier.     Tome  3.     Paris,    Gar- 
nSer  fr.     414  S.      12.  in.i-jKi  ,^1  , v  3  fr.  50  c. 

{[«talius. 

Imhof,  Alb.,  De  Silvarum  Statianarum  condieione  critica.     Pr.  der 

lat.  Hauptsch.     Halle  1859.     44  S.     4.  ^^     .?'-'>i«'i 

'Volckmar,     C.    H. ,     Specimen    novae    Silvarum     Statu    editionis. 

-'■■■    Gymn.-Pr.     llfeld.     18  S.     4.  j 

Snetoni  Tranquilli,    C,    praeter  Caesarum    libros  reliquiae  edid.      1 

August.  Rei  f  f  e  rsc  hei  d.     Inest  vita  Terenti  a  Frider.  Ritschelio      j 

emeudata  atque  enarrala.     Leipzig,    Teubner.     XX   u.  566  S.  gr.  8. 

Mit   1    Steinlaf.  in  qu.  Fol.     geh.  n.  4^/,  «^.      | 

Taciti  ab  excessu  divi  Augusti  annalium  libri  XVI.     Nouvelle  edition,      j 

etc.,  par  J.  Naudet.     Paris,  Dezobry,  Magdeleine  et  Ce.  108  S.  12.      | 


i<<- 


86         Lafelnisclie  Classlljcr  und   Erklärnngssclirifloi». 


5^ 


Taciti  annalium  über  primus,  notis  selectis  illustrayit  A.  Beyerle. 
Paris;  üelalain.     38  S.     12.  40  c. 

—  Germania.  Ex  Hauptii  recensione  recognovit  et  perpetua  anno- 
tatione  illustravit  Prof.  Frid.  Kritzius.  Beriin,  F.  Scliueider.  XII 
u.    1  19  S.     gr.  8.     geh.  n.   Vz  '<f- 

—  vie  d'AgricoIa  expliqu6e,  annotöe  et  revue,  pour  l,a  traduction  Iran- 
Caise,  par  H.  Nepveu.  Paris,  Hachetle  et  Ce.   132  S    12.   1  fr.  75  c. 

—  dialogus    de    oratoribus.      Nouvelle    Edition,    d'apres    les    meilleurs 
textes  ,  avec  des  somniaires  et  des  noles  cd  francais,  par  Alex.  Ni- 
colas.    Paris,   Dezobry,  Magdeieine  el  Ce.     48  S.     12. 
Heiniscb,  Prof.  Dr.,  De  nonnuliis  Taciti  locis  disputatio.     Gymn.- 

Pr.     Glatz   lh59.      14  S.     4. 
S  ch  w  eizer-S  i  dler,    H.,     BemerkuDgen     zu    Tacitus     Germania. 

Schul-Pr.     Zürich.     24  S.     4. 
Weinkauff,  Dr,  Fr.,   De  Taciti  dialogi,  qui  de  Oratoribus  ioscri- 
bitur,    aiiclore.     Parlicula  II.     Gyma.-Pr.     Köln   1859.     30  S.     4. 
Terentius. 

Fritzsche,  F.  V.,  Lectiones  Terentianae.     Rostock  (Leipzig,  Frilz- 

sche).     26  S.     4.     geh.  »f^ili-.,    ""•  ^  "9'^ 

Hurabert,    Dr.  C.  H.,     Le  Phormion  de  T^rence  et  les  fourberies 

de  Scapin  de  Molitre.  Elberfeld  1859.  Progr.  d.  Realsch.   18  S.  4. 

TibniliiN. 

Ocstling,  Nicolaus,    De  Albii  Tibulli  vila   el  ca^minihus  ,quaeslio- 
nes.     Dissertatio  academica.     Upsaliae.  ,  2J    S.;,,P|.,  .  ; ,   .,,,,,.,,. 
Varro. 

Lii  tigert,  Dr.,    Theologumcna   V'arroniana  a  S.  Augustino  in  Judi- 
cium vocala.     Pars   II.     Gymn.-Pr.     Sorau   1859.     30  S.     4. 
Terg-ili  JTIaronisii,  P. ,    opera    recensuil    Ollo    Rihbeck,      Vol.  II. 
Aeneidos  libri  I — VI.     Leipzig,    Teubner.     435   S.     gr.  8.     geh. 
-.,,,,,.    ,       .,i\ü!H.'-.  n.  22/3   4.  (I.   II.:  n.  4  4».  8  nßi) 

—  —  Edition  classique,  pr6c6dee  d'une  notice  litt^raire  par  D.  T  u  r- 
,;fl,ebe.  Paris,  Deialain.  XVI  u.  176  S.  18.  1  fr. 
-T»-t.,-p-     from    the    Icxl    of  Heyne    and  Wagner;    with    English    noles, 

a  metrical  index,   and  an  epitome  of  Wagnor's  quaesliones  Virgilia- 

nae,    by  Arch.  Harn.  Bruce;    and    biographical    mempir   by  Henry 

.Thompson.     London,  Griffin.     400  S.     8.  .,,  10  sh.   6  d. 

—  —  Texte  revu  avec  coinnientaire  et  un  traitö  siir  les  principales 
parliculariles  de  la  syntaxe  po6tique,  par  Fr.  Dgbner.  Paris,  Le- 
coffre  et  Ce.     XVIII  u.  570  S.     18. 

—  —     traduction  de   l'abbe  D  e  sfon  tain  e  s.     Paris,    Renault  et  Ce. 
..XV  u.  224  S.     8.  .f.,!<Ix./.,M;,; 

—  Nouvelle  cdition,  publice  avec  des  arguments  et'  des  notes  en 
frangais  par  E.  Sommer.  Paris,  Hachetle  et  Ce.  IV  u.  554  S. 
12.  2  fr. 

—  with  English  notes,  explanalory  and  crilical;  also  a  metrical  analysis 
of  the.Aeneid,    by  Roscoe  iVlongan.     Dublin,  Simpkin.     8.     3  sh. 

—  Bucolica,  Georgica,  Aeneis,  breviariis  et  notis  hispanicis  illustrata, 
ad   usum  scholarum.     Paris,    Garnier  fr.     VIII  u.  532  S.     18. 

—  Bucoliques.  Essai  de,  traduction  en  vers ,  par  S.  A.  ßerville. 
Amiens.     67  S.     8.  ,i 

TT-  Georgiques  expliquöes  litt^ralement  par  Sommer,  traduites  en 
francais  el  annotöes  par  A.  Desportes.  1er  livre.  Paris,  Ha- 
chetle et  Ce.     68  S.     12.  60  c, 

—  Aeneis.  Sixiemo  et  neuvi^me  livres,  expliqu6s  littöralement  par 
f-,  S  o  IT)  ni  er,    traduils    en    fran^ais     et    annoles     par    A.    Desportes. 

Paris,   Hachetle  et  Ce.     104  u.    116  S.     12.  ä   l    fr.  50  c. 

Fritzsche,    s.  Theocrit  S.  79. 

Geh  au  er,   s.  Theocrit  8.   79.  bUb/i 

:<^-  — r-     — r— -»t 


Ä<^ -^ — — —  -»*»<» 

^  Spiaclnvissenscliaft.    —    I.  Zeilscliriflen.  87    ^ 

Kalmus,  Dr.,  Quaeslione»  Vergilianae.     Gymn.-Pr.     Puttbus  1859. 
I  20  S.     4. 

Victor,  Sext.  Aurel.,  De  viris  illustribus  urbis  Romae.  Mit  Anmer- 
kungen und  einem  vollständigen  Wörlerverzeiclniisse  für  Schulen 
hrsg.  von  weil.  (iymn.-Dir,  Dr.  Karl  Frdr.  Aug.  Brohm,  3.  durch- 
gängig bericht.  Ausg.  Leipzig,   N'eit&Co.  IV  u.  124  S.  8.  geh.  n.  12  ngt 


Sprachwissenschaft. 


1.     Zeitschriften.      Philosophische  und  vergleichende  Gram- 
matik.    Allg'emeine  Schriften. 

Abhandlnnj^en  für  die  Kunde  des  Morgenlandes  herausg.  von  der 
Deutschen  Morgenländiscben  Gesellscbalt  unter  der  Red.  des  Prof. 
Dr.  Herrn.  Brock  haus.  II.  ßd.  Ni.  1.  Leipzig  (Rrockhaus).  gr.  8. 
geh.  n.  2  4.    (i-ll,    1.:    n.  S^/^  ^.) 

Inhalt:     Hermae  pastor.     Aethiopice    primum    edidit  et  aethiopica  latine 
vertit  Anton.  d'Abbadie.     Vll  u.    183   S. 
Archiv    für    das    Studium    der    neueren    Sprachen    und    Literaturen. 
Herausgegeben  von  Ludwig  Herrig.     28.  Band.    4  Hefte.     Braun- 
schweig,   Westerniann.     gr.  8  n.  2   ^. 
Inhalt  von  XXVII,    3.4.      XXVIII,    1:      Mahn,  über  den  Ursprung  und 
die  Bedeutung    des   Namens    der  Stadt  Berlin  S.    241  —  60.     Wollen- 
berg,   3   vieux  poemes   en   l'honneur  de  la  Saiute-Vierge  S.  261 — 68. 
Jung,    Hamlet,    eine    Schicksalstragödie  S.    269    —    94.      Wentrup, 
Giovanni  Meli  und   die  sicilianiscbe  Poesie  S.  295  —  316.     Boltz,   über 
LomonossoflfS.  317 — 30.     Lateudorff,  Miseellen  (Seb.   Franck,  He- 
nisch,    Tappius ,   Schiller)   S.   347  —  50.      Schröder,    das   Lesen    und 
Declamiren    S.   353 — 90.       Gesenius,     Sir    John    Maundevylle ,    ein 
Beitrag    zur  Geschichte    der    englischen  Literatur  und  Sprache  S.   391 
—  428.     Kann  e  gie  s  s  er ,    Leben  und  Schriften   des  neuereu  italieni- 
schen   Dichters    Benedetti  S.   429 — 46.       Wollenberg,    die  Vulgata 
und  die  romanischen  Sprachen  S.    469-71.     K  ann  egies  s  er,  Jesus 
und  die  Samariterin  (nach  dem  Italien.)  S.  471  —  76.      Jost,    sprach- 
liche Fragen  S.   476 — 77. 

XXVIII,   1:     Kannegies  ser,  Proben  baskischer  Dichtkunst  S. 
1 — 20.     Hermann-Twiste,     über   Amadis   von   Gallien  und  die  be- 
deutendsten Ritterromane  der  Spanier  S.  21 — 52.     Haupt,  über  Was 
und  Welches   S.  53  —  74.     W.,  6pitre  de  St.  Paul  aux  Ephesiens   et  hi- 
stoire  de  Ste.  Susanne  cn  proven9al  S.  75  —  88.     Miseellen  (Weigand, 
fragments   d'un  traite  de  versitication  franr^aise.      Sanders,    über  die 
Fügung  von  lehren  mit  dem  Dativ  oder  Accusativ  der  Person.      Lan- 
gensiepen,    die  Vorsilbe   sa  im  Französischen)   S.    107  —  26. 
Jahrbuch  für  romanische  und   englische  Literatur,  unter  besonderer 
Mitwirkung  von  Ferdinand  Wolf  herausgegeben  von  Prof   Dr.  Adolf 
Ebert.     Dritter  Band.     Octobcr   1860   -    September  1861.     Berlin, 
Dümniler,  Asher  &  Co.     In  4  Heften,     gr.  8.  n.  3  xf. 

Inhalt  von  H,   2 — 4  u.  III,    1:     Liebrecht,    ein    weiterer  Beitrag  zur 
Geschichte  der  romantischen  Poesie   S.  121  —  38.     v.  Müuch,  Virues' 
i        ■••:'•'•   'Leben  und  Werke  S,    139  — 63.      Wolf,   der  erste  histöi-ischö  Roman 
'  '   "    im  spanischen  Süd-Amerika  S.    164 — 82.      Heller,    das    neueste  zur 

,$^<^ . ____ . 1 ^>j, 


^     88  Sprachwissenschaft.   —    I.  Zeitschritten. 

Ossian-Frage  S.    183-203.    —      Kritische  Anzeigen  S.   204-40.   3,58 

—  65.     Ebert,     zur  Geschichte    der  catalanischen  Literatur  S.    241 

—  79.  Bartsch,  der  eatalonische  Can9oner  d'amor  der  Pariser 
Bibliothek  S.  280  92.  Cornet,  Guicciardini's  uncdirte  Werke.  I. 
considerazioni  und  ricordi  S.  293  -  313.  Liebrecht,  die  Quellen  des 
,,Barlaam  u.  Josaphat"  S.  314 — 34.  Sachs,  inedita  aus  dem  bre- 
viari  d'amor  S.  335 — 57.  Holland,  über  den  Roman  de  la  Poire 
S.  365 — 68.  Beta,  die  englische  Nationalliteratur  im  J.  1859 
S.  369  —  92.  March,  die  Nationalliteratur  der  Vereinigten  Staaten 
von  Nordamerika  in  den  J.  1858  u.  1859  S.  393—404.  Grion, 
die  italienische  Nationalliteratur  im  J.  1859  S.  404 — 12.  Amador 
de  los  Rios,  die  spanische  NationaUiteratur  in  den  J.  1858  u.  1859 
S.  412  —  35.  Ebert,  Bibliographie  des  J.  1859  S.  436  —  86.  Re- 
gister S.   487  —  92. 

III,    1:      Paris,    die    französische    Nationalliteratur    im  J.    1859 
S.   1 — 31.     Le  Roy,  die  französische  Literatur  Belgiens  iip.  J,   1859 
''  S.  S2 — 55.     Köhler,""zu  Wolfs  Proben  portugiesischer  uBd  catala- 

nischer  Volksromanzen  S.  56  —  63  (mit  Nachwort  von  V^'^olf  S.  63  — 
73).  Liebrecht,  zum  Pantschatantra  S.  74  —  89.  Brunet,  les 
proverbii  de  Cintio  S.  89  —  91.  —      Kritische  Anzeigen   S.   92 — 124. 

Journal  of  ihe  American   Oriental  Society.     Sixth  volume  number 

11.     New  Haven.     S.  269-613.     gr.  8.  21/2  Dollar. 

Inhalt:  Burgess,  translation  of  the  Surya-Siddhänta ,  a  text-book 
of  Hindu  astronomy ;  with  notes  ,  and  an  appendix  (Schluss)  S.  269 
- — 498.  Hall,  two  Sanskrit  inscriptions  engraven  on  stone  S.  499  — 
537  ;  three  Sanskrit  inscriptions  relating  to  grants  of  land  S.  538-^ 
49.  Hadley,  a  Greek  inscription  from  Daphne ,  near  Antioeh  ,  in 
Syria  S.  550  —  55.  Hall,  on  the  fArya-Siddhänta  S.  556  —  64.  — 
Miscellanies  (Riggs,  inverted  construction  of  modern  Armenian. 
Macy,  on  William's  Cliinese  dictionary.  Moffat,  on  the  natural  li- 
mits  of  ancient  Oriental  history.  — •  Extracts  from  correspondence) 
S.   565-76.     Meetings  andc.  S.   577—613.  'i    .«:-.  U 

—  of  ihe  Royal  Asiatic  Society  nf  Great  Brilain  and  Iferaüd.  Vol. 
XVIII  part  1.  London,  Parker  &  Son.  219,  \XX  u.  16  S.  gr.  8. 
Inhalt:  Rawlinson,  on  the  birs  Nimrud,  or  the  great  temple  of  Bor- 
sippa  S.  1-34.  Talbot,  translation  of  some  Assyrian  inscriptions 
S.  35  — 105.  Tyrwhitt,  Ptolemy's  chronology  of  Babylonian  reigns 
conclusively  vindicated ;  and  the  date  of  the  fall  of  Nineveh  ascer- 
tained ;  with  elucidations  of  connected  points  in  Assyrian,  Median, 
Lydian  and  Israelite  history  S.  106 — 49.  Talbo't,  Hin  cks  ,  Op- 
pert,  Rawlinson,  comparative  trauslations  of  the  inscription  of 
Tiglath  Pileser  I.  S.  150  —  219.  —  Proceedings  XXX,  S.  —  List  of 
members,,16/S.  \t  "  a- 

Orient  und  Occidcnt    insbesondere  in  ihren  gegenseitigen  Bezie- 
,,  hungcn.     Forschungen    und  Miltbeilungen.      Eine   Vierteljahrsschrift 
[,  herausg.    von    Theodor    Benfey.      1.  Jahrg.     4  Hefte.      Göttingen, 
';  Dieterich.     gr.  8.  n.  5  ^. 

Inhalt  von  I,  1:  Benfey,  Einleitung  S.  1  —  8;  Uebersetzung  des  Rig- 
Weda,  Hymnus  1—35  S.  9  —  54.  Leo  Meyer,  die  griechisch-lateini- 
schen Vocale  S.  55  — 116.  Liebrecht,  Beiträge  zum  Zusammenhang 
indischer  und  europäischer  Märchen  und  Sagen  S.  116  —  36.  Ben- 
fey, Nachtrag  zu  p.  117  S.  136  —  38;  über  die  alte  deutsche  auf 
Befehl  des  Grafen  Eberhard  von  Würtenberg  abgefasste  Uebersetzung 
des  Kalilah  und  Dimnah ,  insbesondre  deren  ältsten  Druck  und  des- 
sen Verhältniss  zu  der  spanischen  Uebersetzung  S.  138 — 87.  — 
,,,  Miscellen  (Benfey,    iO-gi-s,    oO-gt-g  =   sskr.   vädhri-s  ;    äng ;    vnijft}, 

.,,j  (int]i'iis,  ngogijyrjg,  ngtjvijg,  pronus,     Holland,    die  neun  Höhlen  des 

^*^ ^y^ 


^    Sjuacliwiss.  —  I.  Pliilos.  u.  vcigl.  Gramm.  Allgem.  Sclir.     üd    ^ 

,,  ,i,^l  ,,;Körpers.     L.Meyer,    cervus-    x6()«o?-  hirsch.      Marietta,    Entde- 

.,.,;.     ,,,  pkungeu  in  Aegypten.     Berifey,    scintilla,    CTUv^fjo)  S.    187  —  200. 

Revue  orioniale  el  anierirainc,  puhliöe  avcc  le  cnncours  de 
meiiibres  de  I'lnsliliit,  de  di[)lomalcs,  de  savanls,  de  voyageurs,  d'o- 
rienlalislcs  et  d'indiislriels ,  par  Leoa  de  Rosny.  T.  4.  Paris, 
Challamel.     486  S.  8.  m.  Kpfrn.  12  fr.  50  c. 

Zeitsrhrift  für  vergleichende  Sprachforschung  auf  dem  Gebiete  des 
Deutschen,  Griechischen  und  Lateinischen,  herausgegeben  von 
Gymn.-Prof.  Dr.  Adalb^it  K.u|?n.  ^0.  Bd.  6  Hefte.    Berlin,  Diimm- 

•■      I  Q  -iJ.  )....!  i      ,1  i.,^,,üi^         .Uiir.  .     i'J     .1»     .li  Ij;;- 'tili      .,         „ 

,     ler.     gr.  8.  ,_  ^    j    -^  n.  3  «f. 

Inhalt  von   IX,    2—6   und  X,    1:      Benfey,     sind    Wiirzeln    oder    Verba 

die  Grundlage  der  indogermanischen  Sprachen V    S.   81  —  132.       Cors- 

\  sen,    zum   sabellischen  Dialekt  S.    133—70.      Pott,    mytiio-etymolo- 

gica  (Personennamen   auf -f  jJ?)  S.  171 — 216.     Förstemann,   der  ahd. 
Diphthong  ao  S.  217 — 24.     Aufrecht,   vibrare;  histrio;   mentiri,  men- 
dax,  mendum ;   mentula,   cunnus  ;   inrio,  inritare  S.  231 — 33.      Weber 
näga,   snake  S.   233  —  34.     Bühler,  hliumunt   S.    235 — 38.      Walter 
die  latein.   Adverbia  auf  -tim  S.    238  —  40.     Kuhn,    (üxtccvög  S.    240. 
Toble.r,    die  Anomalien    der    mehrstämmigen  Comparation    und  Tem- 
pusbildung S.  241  —  75.      Förstemann,    die  Wurzel   sru  in  Flussna- 
men S.    276—89.     M.   Schmidt,    der  kyprische  Dialekt  und   Euklos 
der   Chresmologe  S.    290    —    307.   361  —  69,     Lottner,    Auge;   der 
griech.    Relativstamm    S.   319—20.       Curtius,    das    Dreisilbengesetz 
der  griechischen  und  lateinischen  Betonung  S.    321  —  38.      Pott,    my- 
tho-etymologica  (Personennamen  nach   dem   Berge  Ida ;    Phineus  •  Pan- 
dion;   Eigennamen  mit  ö'^')   S,  330— 60.  401  —  22.      Walter,   zur  De- 
clination    der   u-Stämme    im  Lateinischen    S.   370 — 72.      Schleicher 
ou  =  eu    im  Lateinischen   S.    372.       Leo  Meyer,    die    homerischen 
Formen    des    Zeitworts    tlyuv    S.  373      89.   423 — 31.       M.   Schmidt 
(iiTUQoy  S.  .399— 400.     Leo  Meyer,  #|,     pf|  S.  432  —  36.     West- 
phal,    zur    vergleichenden    Metrik    der    indogermanischen    Völker    S. 
437—58.   —      Anzeigen  S.    225-31.    308  —  19.   390—99. 

X,   1:      Corssen,    zum   sabellischen  Dialekt  S.    1    —   44.     Leo 

Meyer,    Vocalvorschlag ,    Vocalzerdehnung ,    Distraction    S.   35 58. 

Ähren  s,   ixänQog,  iy.nßTog  S.   59  —  68.   —   Anzeigen  S.    69   —    74. 
Savelsberg,    der    griech.   Relr.tivstamm    S.    75  —  76.      Kuhn,    fre- 
quens  S.    77.      Walter,   über;   vibix  S.  77  —  78.      Schleicher,   Grü- 
serich;  der  goth.  gen.   sing,  der  u-  und  i-Stämme  S.  79  —  80.     Kuhn 
grüse   S.    80. 

Böttcher,  Dr.  F.,  Unseres  Alphabetes  Ursprünge,  geraeinfasslich  dar- 
gelegt.    Dresden,  Kunize.     85  S.     gr.  8.     geh.  n.   16  n^i 

Ciaeson,    K.,    Om    sprakets    Ursprung    och    wäsende.      Upsala   1858 
121   S.     8. 

Diefenbach,  Lor. ,  Origines  europaeae.  Die  alten  Völker  Europas 
mit  ihren  Sippen  und  Nachbarn.  Studien,  Frankfurt  a.  M.,  J.  Baer 
1861.     III   u.  451  S.     gr.  8.     geh.  n.  31/5  ^. 

Farrar,    F.  W. ,    An  essay  on  the  origin  of  language  based  on  mö- 

^  dem    researches,    and  especially  on  ihe   works  of   Renan.      London 

•    230  S.     12.  5  sh! 

jnülleri,  Dr.  Fr.,  Das  grammalische  Geschlecht  [Genus].  Ein  sprach- 
wissenschaftlicher Versuch.     [Aus  den  Silzungsber.   1860  d.   k.  Akad. 

j^d.  .Wiss.]     Wien  (Gerold's  Sohn).     26  S.    Lex.-8.     geh.  n.  4  ngt 

rr-<f  Zur  Suffixlehre  des  indogermanischen  Verbums.  [Aus  den  Si- 
tzungsber.    1860  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.]  Ebd.   II  S.   Les.-8.  geh.  n.  2  ngt      1 

—     Der    Dual    im    indogermanischen    und     semitischen    Sprachgebiete. 
[Aus  den  Sitzungsber.    1860  d.  k,  Akad.  d.  Wiss.]  Ebd.   19  S.  Lex.-«.      \ 
geh.  3  nj*      I 

;aK^— — __^ ^^ 


(^«-^ r  -—         ^K 

^    90     Spraclnvissenschaft.   —  II.   Ostasiatisclie  Sj)raclicn.  -^ 

Steinthal  ()  Privaldoc.  Dr.  H.,  Gharaklerislik  der  hauptsächlichsten 
Typen  des  Sprachbaues.  2.  Bearbeitung  seiner  Classification  der 
Sprachen.     Berlin,  Diimniler.     XI  u.  336   S.     Lex.-8.     geh.   n.  2  *^. 

Weber,  Dr.  Hugo,  Etymologische  Untersuchungen.  I.     Halle,  Bucbh. 

d.  Waisenhauses  1861.     XIV  u.  120  S.     gr.  8.     geh.  n...V8,  «^. 

Scherr,  Johs.,  Aligemeine  Geschichte  der  Literatur.     Ein  Handbuch. 

2.,  umgearb.   u.  erweiterte  Aufl.     Stuttgart,    Franckh    1861.     VIII  u. 

583  S.     Lcx.-8.     geh.  2  ^.  6  ngr 

Schmitz  i,    Dr.    ßernh.,    Encyclopädie    des    philologischen    Studiums 

der  neueren  Sprachen.  1.  Suppl.     Greifswald  (Koch).  XIV  u.  135  S. 

gr.  8.     geh.  n.  1  «f.  (cplt.  m.  Suppl.  1.:  n.  S^/j  ,^.) 


n.     Ostasiatisclie  Sprachen. 

Sanskrit.     Persisch.     Afghanisch.     Kurdisch.     Altai-Sprachen. 
Malaiisch.     Makassarisch. 

Böhfling-k,  Otto,  u.  Rud.  Roth,  Sanskrit- Wörterbuch ,  hersg.  von 
der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften.  18.  Lfg.  oder  3, 
Tbl.  4.  Lfg.  St.  Petersburg.  Leipzig,  Voss.  Sp.  481—640.  lrop.-4. 
geh.  nn.  1    ^. 

Knault,  Louis,  De  la  litterature  des  Indous.  Paris,  Durand.  137  S. 
gr.  8. 

Goldstürker,  Prof.  Dr.  Thdr.,  A  dictionarj,  sanskrit  and  english, 
extended  and  improved  from  ihe  2.  edition  of  the  diclionary  of  Prof. 
H.  H.  Wilson,  with  bis  sanction  and  concnrrence;  together  with  a 
Supplement,  grammalical  appendices  and  an  index,  serving  as  an  eng- 
lish-sanskrit  vocabularj.  Part  4.  Berlin,  Asher  &  Co.  1.  Bd.  S. 
241-320.     Fol.     geh.  n.  2  «f. 

Muir.,  John,  Original  Sanskrit  texts  on  the  origin  and  history  of  the 
people  of  India:  thcir  religion  and  institntions:  collected,  translated 
into  English,  and  iilustrated  by  remarks.  Vol.  2.  The  Trans-Ili- 
malayan  origin  of  ihe  Hindus,  and  their  affinity  with  the  Western 
branches  of  the  Asian  race.     London,    Williams  Si  N.     8.  18  sh. 

ülüller,  Max,  A  history  of  ancient  Sanskrit  literature.  2d  edition. 
London,  Williams  and  N.     8.  21   sh. 

Kerioseng-h's  Sanskrit-Ueberselzung  des  Yapna.  Hrsg.  und  erläu- 
tert von  Dr.  Frdr.  Spiegel.  Leipzig,  Engelmann  1861.  242  S. 
gr.  8.     geh.     ->"'8Rv  ^    22)^  ^ 

llodt'i,  Leon,  Grammaire  abregöe  de  la  langue  sanscrite.  2e  partie, 
Conjugaisons,  indeclinables ,  derives  et  composes,  analyse.  Paris, 
Challamel.     S.  77-171.     8.  1   fr.  25  c. 

Weber,  A. ,  Die  vedischen  Nachrichten  von  den  naxatra  [Mnndsta- 
tionen].  [Aus  den  Abbandign.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin  1860]. 
1.  Thl.  Historische  Einleitung.  Berlin  (Dümmler).  52  S.  gr.  4. 
geh.  n.  Va  4- 

Dorn.,  B.,  u.  Mirsa  Muhammed  Schafy,  Beiträge  zur  Kenntniss  der 
iranischen  Sprachen.  1.  Tbl.  Masanderaniscbe  Sprache.  St.  Pe- 
tersburg.    Leipzig,    Voss.     VI!   u.   164  S.     Lex. -8.     geh.     nn.  23  ngt 

Hafis,  Lieder.  Persisch  mit  dem  Commentare  des  Sudi  herausg.  von 
Herrn.  Brockhaus.  3.  Bd.  1.  Heft.  Leipzig,  Brockhaus.  S.  1  — 
80.     gr.  4.  n.  22/3  ^.  (I  — III,   1.:  n.  24  4.) 

i<^-  . —  ~^^$ 


^  Spraclmlasciiscliaft.   —   II.   Ostasialisclie  Sprachen.     91     ^ 


Spieeel  ,  Fr.,  Einleitung  iu  die  traditionellen  Schriften  der  Parsen. 
2.  Thl.  A.  u.  d.  T.:  Die  traditionelle  Literatur  der  Parsen  in  ih- 
rem Zusammenhange  mit  den  angränzen'len  Literaturen  dargestellt. 
Leipzig,  Engelmann.     XII  u.  472  S.     Lex. -8.     geh.  n.  4^/3   4''' 

(1.  2.:     n.  7%  «#.) 


Raverly,    H.  G, ,  A  diclionary  of  the  Pukhto  Pushto:  er.  Language 
of  ihe  Afghans.     London,   Longman.     4,  84  sh. 

—  a   grammar  of  the   Pukhto   Pushto;    or    Language    of  the  Afghans, 
with   examples   from   the  best   writers.     Ebd.     4.  '21    sh. 

—  the   Gulshan     1   Roh:    being    selcctions    prose    and   poetical    in    the 
Pushto  or  Afghan  language.     Ebd.     4.  42  sh. 


Jabai,  consul  Alex.,  Recueil  de  notices  et  recits  Kourdes  servant  ä 
la  connaissance  de  la  langue,  de  la  lilteralure  et  des  tribus  du  Kour- 
distan,  reunis  et  traduiles  en  fran^ais.  St.-Pctersbourg.  Leipzig, 
Voss.     X  u.  240  S.     Lex. -8.     geh.  nn.   1   ^.  3  ngt 


Schott^  Wilh.,  Allajische  Studien  oder  Untersuchungen  auf  dem  Ge- 
biete der  Altai-Sprachen.  [Aus  d.  Abhandign.  d.  k.  Akad,  d.  Wiss. 
2u   Berlin   lb59J.     Berlin  (Diimmlerj.     37  S.     gr.  4.     geh.     n.   12  1191; 


Dissel,  J.  A.  V.,  en  H.  G.  Lucard  ie,  Nieuw  Hollandsch-Laag  Ma- 
leisch  woordenboekje ,  bevattende  eenige  duizende  woorden,  bene- 
vens  de  \erklaring  van  onderscheidene  spreekwijzen.  Leiden,  Sijt- 
hoff.     XVI  u,  495  S.     12.  f.  1,80. 


inaHheSi,  Dr.  B.  F.,  Makassaarsch-Flollandsch  woordenboek,  met 
Hollandsch-Makassaarsche  woordenlijst ,  opgave  van  Makassaarsche 
plantennainen ,  en  verklaring  van  een  tot  opheldering  bijgevoegden 
ethnographischen  atlas.  Amsterdam,  iVJuIler  1859.  VUi  u.  943  S. 
gr.  8.  m.  Atlas  v.   17  lith.  K.  qu.   Fol.  f.  22,50. 

—  Makassaarsche  Chrestomathie,  oorspronkelijke  Makassarsche  ge- 
schriften,  in  proza  rn  poezy  uitgegeven,  van  aanlekeningen  voorzien, 
en  ten  deele  vertaald.     Ebd.     IX  u.  683  S.     gr.  8.  f.   10. 


III.      Westasiatisclie  Sprachen. 

Assyrisch.     Arabisch.     Syrisch.     Hebräisch.     Phönicisch. 

Oppert,  Jules,  Elements  de  la  grammaire  assyrienne.     Paris,  Challa- 
mel.     99  S.     8.  3  fr.  50   c. 


Abu  no'ivas,  Divan,  nach  der  Wiener  und  Berliner  Handschrift,  mit 
Benutzung  anderer  Handschriften  herausg.  v.  Wilh.  Ahlwardt.  L 
Die   Weinlieder.     Greilswald,  Koch   1861.     83  S.  4.  geh.  n.    P/j   4>. 

Barb.,  Prof.  H.  A.,  Das  System  der  Hamze-Orthographie  in  der  ara- 
bischen Schrift.     Wien,    Helf.     37  S.     gr.   8.     geh.  n.  ^/^   ^. 

—  Die  Transcription  des  arabischen  Alphabetes.  Wien,  Gerold's 
Sohn.     89  S.     gr.  8.     geh.  n.   l   wf. 

^- — -— »^ 


man    a 


^. 


uf  Cypern  ,    Malta  und   öicilien   gefunden.     Tübingen,    (Fues). 
53  S.  gr.  4.   m.   1   Sleintaf.  in  gr.   Fol.     geh.    '""'"';         n.  Vs  »?. 

^<^ ^— ■  ' ^! 


<* "-    -77--V  _  -^ 

^     92     SpiachwJsscuscliaft.  —  III.  Weslasiatlsche  Spraclicia.        ^ 

I      Itfl'ücke,    Ernst,     Beiträge    zur   Lautlehre  ,  der   arabischen    SpcacheT 

~  [Aus    den  Sitzungsber.  1860    d.  t.  Akad.  d.  Wiss.]     Wien  (Qerold's 

■^So'hn).     .52  S.     Lex.-8.     geh.  '  n.  6  nji 

Castillo  y  Olivas,  Pedro  Maria  del ,  Dialoges  espanoles-ärabes  ö 
guia  de.  la  conversacion  mogharbi.   Madrid,  Moro.   1  12  S.  gr.  8.   10  rs. 

Dieterici,  Prof.  Dr.  Fr.,  Die  Naturanschauung  und  Naturphilosophie 
der  Araber  im  10.  Jahrhundert.  Aus  den  Schriften  der  lautern  Brü- 
der übers.     Berlin,  Nicolai  18G1.  XVI  u.  2!6  S.  gr.  8.  geh.  n.  IV,  »f- 

Flüg'el,  G. ,    Die  Classen     der    Hanefilischen    Rechtsgelehrten.     [Aus 

■'^den  Abhandlgn.  d.  k.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.]  Leipzig,  Hirzel.  92  S. 
gr.  Lex. -8.     geb.  n.  24  113t 

Hanol^'au,  A.,  Essai  de  granmiaire  de  la  langue  Tamachek',  ren- 
■  fermant  les  principe«  du  langage  parle  par  les  Imoucbar'  ou  Toua- 
reg,  des  conversations  en  Tamachek'  etc.  Paris,  Challamel.  XXXI 
u.  299  S.   m.  7   Tafeln.     8.^ 

Inscripciones  Grabes  de  Granada,  precedidas  de  una  resenha  hi- 
slörica   y    de    la   genealogia    detaüada    de  los  Reyes  Alahmares.     Por 

••^D.  Emilio  La  f  u  en  te  A  Ica  n  tar  a.     Madrid.     244  S.     gr.  4. 

Koran.)  de,  voorafgegaan  door  het  leven  van  Mahomet,  eene  inlei- 
ding  omtrent  de  godsdienstgebruiken  der  Mahomedanen,  enz.  Met 
opbelderende  aanmerkingen  en  historische  aanteekeningen  van,  M. 
Kasimirski,  Dr.  L.  Ullmann,  Dr.  G.  Weil  en  R.  Säle.  Bij  liet  Ne- 
derlandsche  pubiiek  ingeleid  door  eene  voorrede,  van  Dr.  S.  Keyzer. 
7e  en''3e  afl.     Haarlem,    v.  ßrederode.     S.  721-876.     8.       f.  0,60. 

cplt.  f.   5. 

Nöldeke,  Thdr. ,  Geschichte  des  Qoräns.  Preisschrifl.  Götlingen, 
Dieterich.     XXXII  u.  359  S.     gr.  8.     geh.    '   •  ^      ,'  ■  ."     '    «•  2-  4. 

Paulinier,  Ad.,  Dictionnaire  frangais-arabe.  2e  tirage.  Paris,  Ha- 
cbette  et  Ce.     XX  u.  91!    S.     18.  7  fr.  50  c. 

'%f  üsienfeld,  Ferd.,  Geschichte  der  Stadt  Medina.  Im  Auszuge  aus 
dem  Arabischen  des  Samhüdi.  [Aus  den  Abhandlgn.  d.  K.  Ges.  d. 
Wiss.  zu  Göttingen.  Mit  einem  Register  verm.]  Göltiogen  ,  Diete- 
rich.    162  S.     gr.  4.     geh.  •  .^R.iWä  •€ - 

Geoponicon  in  sermonem  syriacum  versorum  quae  supersunt.  P. 
Lagardius  edidit.  Leipzig,  Teubner.   VI  u,   120  S.  gr.  8.  nn.  4  ^. 

•  fj    ti  i 

Jashar.  Fragmenta  archetypa  carminum  hebraicoruni  in  Masorelhico 
veteris  testamenti  textu  passim  tessellata  collegil,  ordinavit,  rcstiluit, 
in  unum  corpus  redegit,  latine  exhibuit,  commentario  instruxit  Dr. 
Joann.  Guil.  Donaldson.  Edilio  IL  aucta  atquu  emendata.  Lon- 
don, Williams  &  Norgale.     XXVIII  u.  392  S.  gr.  8.     In  engl.  Einb. 

n.   3%   .f. 

^osen.,  Dr.  C.   H.,    Rodimenta  linguae  hebraicae  schnlis  et  domesti- 

cae  disciplinae   brevissime  accommodata.     Freiburg  im  Br. ,    Herder. 

^^  V  u.   129  S.     gr.  8.     geh.  n.  Va  4. 

1^  aterniann,  J.,  Beredeneerd  Hebreeuwsch-  en  Chaldecuwsch-Ne- 
derduitsch  woordenboek ,  bewerkt  naar  de  granimaticale  en  lexicale 
werken  van  Fürst,  Gcsenius,  V^ater,  Landau  en  anderen.  Sc  afl. 
Rotterdam,  Nijgh.     S.   129— 192.     gr.  Ö^,,,.  ^  .xVü.rf^^- 

Jfl«'ier,  Prof.  Dr.  Ernst,  Erklärung  phönikischer  Sprachdenkmale,  die 


■^ 


r 


1^ ^ — . ^ ^^ 

Sprachwlss. —  IV.  Afvik.  ii.  Aineiik.  Spr.   V.  Ungarisch.     93     ^ 


■f 


IV.      Afrikanische  und  Amerikanische  Sprachen. 

BaHch,  CIcm.  Aug.,  Speciincn  doctrinae   de  Copticae  linguae  praepo- 
siliunibus  ac  parliculis.     Diss.  inaug.      Beroliai  1859.     28  S.     gr.  8. 


Buschmann,  Joh.  Carl  Ed.,  Das  Apache  als  eine  alhapaskische 
Sprache  erwiesen;  in  Verbindung  mit  einer  systematischen  Wortta- 
fel des  athapaskischen  Sprachstamms.  1.  Abth.  [Aus  den  Abhand- 
lungen d.  K.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin  18601.  Berlin  (Dümmler). 
98  S.     gr.  4.     cart.  n.   1    4. 

—  Systematische  Worltafel  des  athapaskischen  Sprachstammes.  3. 
Abth.  des  Apache,  [Aus  den  Abhandlgn.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu 
Berlin  1859].     Ebd.     88  S.     gr.  4.     cart.  n.  28  ngc 


V.     Ungarisch. 

Saint-Rene-Taillandier,  Die  ungarische  Poesie  im  19.  Jahrhun- 
derte. [Abdr.  aus  »Die  Wissenschaften«].  Sondershausen,  Ncuse. 
30  S.     Lex.-8.     geh.  n.  ^/\  4*- 


VI.     Slavische  Sprachen. 

Jezbcrai,    F.  J. ,    0    pismenech    vsech    sloranskych  näroduv.     Prag, 

Rziwnatz.     68  S.     8.     m.   1   Tabelle.  n.   16  ngr 
Von  den  Buchstaben  aller  slavischen  Völker. 

ffltklosich,   Dr.  Frz.,    Die    Bildung    der   slavischen  Personennamen. 

[Aus  den   Denkschriften  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.]    Wien  (Gerold's  Sohn). 

118  S.     Imp.-4.     geh.  n.   l^/^   4- 
—     zum  Glagolita  Clozianus.     fAus    den  Denkschriften    d.  k.  Akad.  d. 

Wiss.]     Ebd.     22  S.     Imp.-4.     geh.  n.n.  Vs  4. 

Slovenisch.     Böhmisch.      Polnisch.     Russisch.      Kroatisch.     Wendisch. 

Illyrisch. 

Nestoris  chronica.  Textura  rtissico-slovenicum,  versionem  latinam, 
glossarium  edid.  Fr.  Miklosicb.  Vol.  I.,  textum  continens.  Wien, 
Braumüller.     XIX  u.  223  S.     gr.  8.     geh.  n.  2  ^. 


Feifalik,  Jul.,  Ueber  die  Königinhofer  Handschrift.  Wien  (Gerold's 
Sohn).     128  S.     gr.  8.     geh.  n.  27  ngr 

—  Studien  zur  Geschichte  der  altböhmischen  Literatur.  IV.  Heft. 
[Aus    den  Sitzungsber.  1860    der  k.  Akad.    der  Wiss.]     Ebd.      16  S. 

Lex.- 8.  3  ng: 


Biblioieka  pisarzy  polskich.     Tom  2.  3.     Pisraa  Jul.  Sfo  wa  ckiego. 

Tom   1.  2.     Leipzig,  Brockhaus.  VII  u.  327:    V  u.  273  S.     8.     geb. 

ä  D.  l  4. 
EiUkaszew^icz,  Leslaw,  Rys  dziejöw  pismiennictwa  polskicgo.     Wy- 

danie  drugie,  wieksze,  doprowadzone  do  1860  roku.     Poznan.  834  S. 

8.  3  «f. 


i4^ 


>^¥fr — ■ ■ — -$?^ 

4 


94     Sprachwiss.  —    VI.  Slavisclie  Sprachen.    VII.  Breton.    * 


Ah* 


Abriss  der  polnischen  Literaturgeschichte.     2.,  vermehrte  Ausgabe,    bis 
zum  J.   1860  fortgesetzt. 
Pla^iO^Twlii,    Ignacy,    Slownik    podreczny    polski  i  wloski.     2  tomy. 
Warszaw,     332  u.  398  S.     8.  47^  «f. 

Handwörterbuch  der  polnischen  u.  Italien.  Sprache. 


HoloTarkij  ^  \\hn  F.,  Russisches  Lesebuch.  Poetischer  Theil.  Mit 
besonderer  Rücksicht  auf  Betonung  und  Aussprache.  Ein  Beitrag 
zur  darstellenden  Ünterrichls-Melhode.  Wien,  (Rospini).  XVill  u. 
211   S.     gr.  8.     geh.  n.   1   «f. 

Ollen dorfi 's,  H.-  G.,  Neue  Methode,  in  sechs  Monaten  eine  Sprache 
lesen,  schreiben  und  sprechen  zu  lernen.  —  Anleitung  zur  Erler- 
nung der  russischen  Sprache  nach  einem  neuen  und  vollständigeren 
Plane  liir  den  Schul-  und  Privatunterricht  verl'asst  von  Lehr.  M. 
.loel.  2.  Aufl.,  durchgeseh,,  verni.  u.  verb.  v.  Prof.  Paul  Fuchs. 
Frankfurt  a.  M.,  Jügel.     XXiH,  559  u.   1    lith.  S.  8.     cart.   IV3   4.; 

Schlüssel  dazu  IV  u.  139  S.  8.  cart.  V2  *f • 


Snlrk,  Bogoslav,  Deutsch -kroatisches  Wörterbuch.  —  Nemacko- 
hrval  ki  recnik.  2  Bde.  Agram,  Suppan  1854—60.  VIII  u.  1712  S. 
gr.  8.     geh.  n.  8  «^. 


Tzschirner,  Dir.  Dr.,  Jo.  Choinani  linguae  Riphaticae  ad  artis  ri~ 
tus  directae  et  a  dialectis  secretae  aliqualis  conatus.  Part.  1.  ex  li- 
bro  ms.  edita.     Gymn.-Pr.     Cottbus   1859.     18  S.     4. 


Fröhlich,  R.  A.,  Theoretisch-praktische  Grammatik  der  illirischen 
Sprache,  wie  solche  in  Dalmatien,  Kroatien,  Slavoniec,  Bosnien  etc. 
gesprochen  wird.  Mit  vielen  Gesprächen,  Uebungsstücken  zum  Ue- 
berselzen  und  einem  Wörterverzeichnisse.  3.  verb.  Aufl.  Wien, 
Wenedikt  1861.     IV  u.  316  S.     8.     geh.  1   4. 


VIL      BretonJsch. 

lie  isonidec,  Vocabulaire  franfais-breton,  revu  par  Troude.     Saint- 
ßrieuc.     Vil  u.  242  S.     18. 


VIII,      GerinaiHscbe  Sprachen. 
1.     Deutsch. 

Zeitschriften. 

Zeitschrift    für   deutsches    Alterthum,    herausg.    von   Moriz  Haupt. 
12.  Bd.    1.  u.  2.   Hfl.     Berlin,   Weidmann.   S.   1—400.  gr.  8.  n.  2^. 

Inhalt:  Kelle,  Otfrids  VerbalÜexion ,  ausführlich  erläutert  S.  1  — 184. 
W.  Grimm,  die  Sage  von  Athis  u.  Prophilias  S.  185  —  203;  die 
mythische  Bedeutung  des  Wolfes  S.  203—28;  über  eine' Thierfabel 
des  Babrius  S.  229— 31.  Dietrich,  die  Räthsel  des  Exeterbuches 
S.   232—52.      Mülleuhoff,  Wolf  und  Wölfin  S.  252;  Zeugnisse  und 


i^— . ^■i 


; ^>^ 

^        Spracliwissenscliaft.  —  VlII.   Gcrnjanische  Sprachen.     95    ^ 

Escurse  zur  deutschen  Heldensage  S.  253  —  386.  E.  H.  Meyer, 
über  das  Alter  des  Orendel  und  Oswalt  S.  387  —  95.  Müllenhöff, 
Iddja  S.  396 — 97:  angebliehe  Aoriste  oder  Perfecta  auf  r  im  Alt- 
nordischen und  Althochdeutschen  S.  397 — 99.  Mannhardt,  Angang 
der  Vögel  im  Frühling  S.  400. 

Literaturgeschichte  und  Erklärungsschriften. 

Blancheti,  F.,  Le  Faust  de  (loethe  explique  d'apres  les  principaux 
commcntaires  allcmands.     Strasbourg,    Derivaux.     '237  S.     12. 

Bünfxeri,  Heinr. ,  Neue  Goethesludien.  Nürnberg,  Bauer  &  Raspe 
1861.     XI   u.  359  S.     8.     geh.  l^/,  ^. 

—  Goethe  und  Karl  August  während  der  ersten  fünfzehn  Jahre  ihrer 
Verbindung.  Studien  zu  Goethes  Leben.  Leipzig.  Dvk  1861.  VlII 
u.  347   S.     gr.  8.     geh.  n.  2^/4  «f. 

Frläntcrun^en  zu  den  deutschen  Klassikern.  4.  Abth. :  Erläute- 
rungen zu  Herders  Werken  von  Heinr.  Düntzer.  1.  u.  2.  ßdchn. 
Wenigen-Jena ,    Hochhausen.     gr.   16.     geh.  ä  Bdchn.  n.  4  ngt 

Inhalt:      1.   Cid.    128   Si^^^^   2.  Legenden   108   S. 

Fschr.nhaj^eni,  H.,  Zur  plattdeutschen  Sprache  und  deren  neue  Li- 
teraturbewegung.    Berlin,  Schotte  &  Co.     64  S.     8.     geh.  n.  V3   x^. 

Franko  Paul,  Handbüchlein  der  deutschen  Liieraturgeschichle.  In 
leicht  fassl.,  gedrängter  Darstellung  herausg.  Leipzig,  Merseburger. 
VIII  u.  253  S.     16.     geh.  n.  V,  4. 

Gof  tschalU  Rud,,  Die  deutsche  Nationalliteratur  in  der  ersten  Hälfte 
des  19.  Jahrhunderts.  Literarhistorisch  und  kritisch  dargestellt.  2. 
verm.  u.  verb.  Aufl.  1 — 4.  Aufl.  Breslau,  E.  Trewendt.  1.  Bd. 
XXXII  u.  496  S.  u.  2.   Bd.  S.   1      160.     gr.  8.     geh.         ä  n.   12  ngt 

Haas^  Heinr.,  Die  Nibelungen  in  ihren  Beziehungen  zur  Geschichte 
des  Mittelalters.     Erlangen,  Blaesing.     Xlil  u.  114  S.     gr.  8.     geh. 

n.  %   »f. 

Hoffmann  von  Fallersleben,  Die  deutschen  Gesellschaftslieder  des 
16.  und  17.  Jahrhunderts.  Aus  gleichzeitigen  Quellen  gesammelt. 
2  Thle.     2.  Aufl.     Leipzig,  Engelmann.  XX  u.  650  S.  S.  geh.  2  ^. 

Murz,  Dr.  Heinr.,  Geschichte  der  deutschen  Literatur  mit  ausgewähl- 
ten Stücken  aus  den  Werken  der  vorzüglichsten  Schriftsteller.  Mit 
vielen  nach  den  besten  Orig.  u.  Zeichngn.  ausgeführten  lilui^tr.  in 
eingedr.  Holzschn.  3.  Aufl.  6—10.  18 — 23.  Lfg.  Leipzig,  Teubner. 
1.  Bd.  S.  241-496.  2.  Bd.  S.   1—288.     gr.  Lex.-8.     geh.     ä  V+  4. 

liüben^  Aug.,  u.  weil.  Lehr.  Carl  Nacke,  Einführung  in  die  deut- 
sche Literatur,  vermittelt  durch  Erläuterung  von  Musterstucken  aus 
den  Werken  der  vorzüglichsten  Schriftsteller.  Für  den  Schul-  und 
Selbstunterricht.  Zugleich  als  Commentar  zu  dem  Lesebuch  f.  Bür- 
gerschulen V.  denselben  Hrsg.  2.,  verb.  Aufl.  Mit  den  Bildnissen 
Goethe's  u.  Schiller's  nach  Rietschel.  In  8— 9Lfgn.  1.  Lfg,  Leip- 
zig,   Brandstetler.     1.  Bd.  S.   1  —  160.     gr.  8.     geh.  2/,   ^. 

JWörikofer,  J.  C,  Die  schweizerische  Literatur  des  18.  Jahrhunderts. 
Leipzig,  Hirzel  1861.     XIV  u.  537  S.     gr.  8.     geb.  n.  22/,  4. 

Odebrecht,  Kreisger.-Dir.  K.  Th. ,  Hans  Sachs,  ein  Mahner  und 
Warner  der  Deutschen.  Ein  Vortrag  auf  V^eranlassg.  d.  Hülfs-Ver- 
eins  f.  das  German.  National-Museum  zu  Nürnberg  gehalten  Berlin 
am  7.  März   1860.     Berlin,  Schröder.     46  S.     gr.  8.     geh.  n.  Vj   4. 

Opel,  Lehr.  J.  O.,  Mio  guoter  kiösenaere.  Ein  Erklärungsversuch. 
[Aus  Mützell's  Zeitschrift  f.  Gymnasialwesen  abgedr.].  Halle,  Buchh. 
d.  Waisenhauses.     40  S.     gr.  8.     geh.  6  ngt 

Pütz  4  Gvmn. -Oberlehr.  Wilh.,  üebersicht  der  Geschichte  der  deut- 
schen Literatur  für  höhere  Lehranstalten.  2.,  verb.  Aufl.  Coblenz. 
Baedeker.     VI  u.  81   S.     gr.  8.     geh.  6  ngt 

*  i 

(V>e(<*— - — — — . __^s*J?! 


96     Sprachwissenschaft.  —  VIII.  Germaulsche  Sprachen. 


^ 


San-Marte,  [Reg.-R.  A.  Schulz],  Parcival-Studien.  1.  u.  2.  Hft. 
Halle,   Buchh.  d.  Waisenhauses   1861.     gr.  8.     geh.  n.  ö  »f*' 

Inhalt:      1.    Des    Guiot    v.    Provins    bis    jetzt    bekannte    Dichtungen, 
altfranzösisch  u.  in   deutscher  metr.   Uebersetzg.   m.   Einleitg. ,  Anmer- 
kgn    u.  vollständ.   erklärendem  Wörterbuche  hrsg.  v.  Gymn.-Prof.  Joh. 
Friedr.   Wolfavt  u.   San-Marte    [A.   Schulz].   XII   u.   402   S.   n.   3  «f .  — 
2.  Ueber  das  Religiöse  in  den  Werken  Wolframs  v.  Eschenbach   und 
die  Bedeutung  des  heil.   Grals  in  dessen  ,,Parcival."    XVI  u.   278  S. 
n.   2    4*. 
SchaeffT,  J.  W. ,   Literaturbilder.     Darstellungen    deutscher  Litera- 
tur aus  den  Werken    der   vorzüglichsten    Literarhistoriker.     Zur  Be- 
lebung des  Unterrichts  u.  zur  Privatlectüre  hrsg.   2  Thie.  in   1   Bde. 
Mit    dem  Bildnisse  G.  E.  Lessing's    nach  May    in    Stahlst.      Leipzig, 
Brandstetter  1861.     XX  u.  785  S.     gr.  8.     geh.  2V2  4'. 

Tilmar,  Gyran.-Lehr.  Dr.  Otto,  Zum  Verstandnisse  Göthes.  V^or- 
träge  vor  einem  kleinen  Kreis  christl.  Freunde  gehalten,  l.u.2.  Aufl. 
Marburg,  Elwert  1861.     Vlll  u.  345  S.  gr.  8.     geh.  1   „f. 

Weinholdi,  Dr.  Karl,  Ueber  den  Antheil  Steiermarks  an  der  deut- 
schen Dichtkunst  des  13.  Jahrh.  Ein  Vortrag  gehalten  in  der  feierl. 
Sitzg.  der  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  am  30.  Mai  1860. 
Wien,  (Gerold's  Sohn).     35  S.     gr.  8.     geh.  nn.  Vs  »f- 

Zur  Schiller -Literatur. 

Bartsch,  Oberlehr,  Dr.  J. ,  Schiller's  Glaube  an  die  Unsterblichkeil 
der  Seele.  Zum  101.  Geburtstage  des  Dichters,  10.  Novbr.  1860. 
Berlin,  Uthemann.     III  u.   16  S.     8.     geh.  n.  ''/^  ^. 

Dcinhardt,  Heinr.,  Beiträge  zur  Würdigung  und  zum  Verständnisse 
Schillers.     1.  Bd.     Stuttgart,  Cotta   1861.     XXIX  u.  362  S.  8.     geh. 

l    ^.   12  ngt 

Keller,  Prof.  Adelb.  v.,  Nachlese  zur  Schillerlitteratur  als  Feslgruss 
der  Universität  Tübingen  zum  400.  Jahrestag  der  Stiftung  der  Uni- 
versität Basel  hrsg.     Tubingen,  (Fues).     28  S.     gr.  4.     geh.  n.  9  ngt 

niarcas,  E.,  Schiller,  ein  Welt-Dichter.  Ein  Vortrag.  Amsterdam, 
Gebr.   Binger.     24  S.     Lex. -8.     geh.  n.  8  ngr 

Scherr,  Jobs.,  Schiller  und  seine  Zeit.  Pracht-Ausg.  2.  Aufl.  In 
10  Lfgn.  1.  u.  2.  Lfg.  Leipzig,  O.  Wigand.  S.  1  —  144  m.  eingedr. 
Holzschn.  u.   11   Holzschntaf.     4.     geh.  ä   n.   l   ^'. 

~  dasselbe.  In  3  Büchern.  2.  Aufl.  Ebd.  XII  u.  632  S.  gr.  16. 
geh.  IV5   4- 

Schiller,  Frdr.,  des  deutschen  Dichters,  Leben  und  Wirken.  Ein 
biograph.  Abriss  dem  deutschen  Volke  gewidmet  als  kleine  Festgabe 
zu  Schiller's  lOOjähr.  Geburtsfeier  am  10.  Novbr.  1859.  Nebst  Anh.: 
Das  Lied  von  der  Glocke.     Mittweida.     32  S.     16.     geh.  2  ngt 

Schiller-Denkmal.  4— 14.  Lfg.  Berlin,  Riegel.  1.  Bd.  S.  337 
-800.  2.  Bd.  S.  1-798.     (Schluss).     gr.   16.  an.  V,  4.; 

Festausg.  in  br,  8.  ä  n.  %  <x^. 

Schulze,  Prof.  Dr.  Herm.,  Rede  zur  Vorfeier  des  lOOjähr.  Geburts- 
festes Fr.  von  Schillers,  gehalten  izu  Stralsund  am  9.  Novbr.  1859. 
Stralsund,  (Hingst)  1859.     14  S.     gr.  8.     geh.  n.  Ve  *^- 

Lexicographie. 

HofTinann,  Dr.  Wilh.,  Vollständigstes  Wörterbuch  der  deutschen 
Sprache,  wie  sie  in  der  allgemeinen  Literatur,  der  Poesie,  den  Wis- 
senschaften etc.  gebräuchlich  ist,  mit  Angabe  der  Abstammung,  der 
Rechtschreibung,  der  Woriformen  etc.,  nebst  einer  kurzen  Sprach- 

l>^«- -»^ 


f      Sprachwissenschaft.   —  VIII.   Germanische  Sprachen.      97    * 

lehre  etc.  58-61.  Ilft.  Leipzig,  Dürr.  6.  Bd.  S.  561-880.  Lex.- 
8.  ^  V4   4- 

Hoffinann,  P.  F.  L. ,  Neuestes  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache, 
nach  dem  Standpunlite  ihrer  heutigen  Ausbildung.  Mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  Schwierigkeilen  in  dir  Beugung,  Fiigung  etc.  der 
VV^örter  u.  m.  vielen  erläut.  Beispielen  aus  dem  prakt.  Leben,  Nach 
Adelung,  Campe,  Grimm,  Sanders  u.  A.  bearb.  Leipzig,  Brandslä- 
ter.     IV  u.  615  S.     br.  8.     geh.  I    4.;  cart.  ly«  ,rf. 

Sanders,  Dr.  Dan.,  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache.  Mit  Bele- 
gen von  Luther  bis  auf  die  Gegenwart.  12.  u.  13.  Lfg.  Leipzig, 
O.  Wigaad.      I.  Bd.     S.  881  —  1065.     gr.  8.     geh.  ä  a.^^4. 

Wenig-'s,  Chr.,  Handwörterbuch  der  deutschen  Sprache,  mit  Bezeich- 
nung der  Aussprache  und  Betonung,  nebst  Angabe  der  nächsten 
sinnverwandten  und  der  gebräuchlichsten  Fremdwörter  und  Eigen- 
namen. 4.,  sorgfältig  durchgeseh. ,  verb.  u.  verm.  Aufl.,  bearb.  von 
Reg.-  u.  Schul-R.  L.  Keller.  Köln,  Du  Mont-Schauberg  1861. 
Vlll  u.  1006  S.     gr.  8.     geh.  2V2  4- 

l^örterbuch,  mittelhochdeutsches,  mit  Benutzung  des  Nachlasses 
von  Geo.  Fr.  Benecke  ausgearbeitet  von  Prof.  Wilh.  Muller  und 
Prof.  Friedr.  Zarncke.  3.  Bd.  bearbeitet  von  Wilh.  Müller.  5.  Lfg. 
Leipzig,  Hirzel.  3.  Bd.  Vlll  S.  u.  S.  769-9G3  (Schluss).  Lex.-8. 
geh.  n.   1    4.  (I-Il,  3.  u.  III.  n.  iV/^  4.) 

Hoseg:arten,  Job.  Gfried.  Ludw. ,  Wörterbuch  der  Niederdeutschen 
Sprache  älterer  und  neuerer  Zeit.  I.  Bd.  3.  Lfg.  Greifswald,  Koch. 
S.  337—440.     4.     geh.  n.  '28  ngt  (1—3.:  n.  3  «f.  28  iigt) 

Grammatik. 

Olze«  Thdr. ,  Die  deutschen  Familien  -  Namen  in  befehlender  Form. 
[Abdr.  aus  dem  Laibacher  Taschen-Kalenderj.  Laibach,  v.  Klein- 
mayr  Si  Bamberg.     10   S.      16.     geh.  n.  2  ngr 

Glossarinin  zu  Reichel's  mittelhochdeutschem  Lesebuch.  Wien,  Ge- 
rold's  Sohn   1861.     19   S.     gr.  8,     geh.  6  ngt 

PfeflFerkorn,  Oberl.  Dr.,  Üeber  deutsche  Orthographie.  Gymn.-Pr. 
Neustettin    1S.t9.     25  S.     4. 

Bninpeit,  Privatdoc.  Dr.  H.  B.,  Deutsche  Grammatik.  Mit  Rücksicht 
auf  vergleichende  Sprachforschg.  l.Thl.:  Lautlehre.  Berlin,  Dümm- 
1er.     XXIII  u.  328  S.     gr.  8.     geh.  n.   l^/j  «f. 

Schade,  Osk.,  Paradigmen  zur  deutbchen  Grammatik.  Gothisch,  alt- 
hochdeutsch, mittelhochdeutsch,  neuhochdeutsch.  Für  Vorlesungen, 
ilalle,  ßuchh.  d.   Waisenhauses.     VI  u.   98  S.     gr.  8.    geh.  n.   12  ngi 

ll'einhold,  Dr.  Karl,  lieber  den  Beilaut  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  den  alemannischen  Vokalismi's.  [Aus  den  Sitzungsber.  1860  d. 
k.  Akad.  d.   Wiss.]     Wien  (Gerold's  Sohn).   19  S.  Lex. -8.  geh.  3   ngr 

Wöber,  Frz.  Xav. ,  Wort-  und  Sachverzeichnis  zu  Jac.  Grimm's 
deutscher  Grammatik  und  Geschichte  der  deutschen  Sprache.  1  Thl.: 
Wortverzeichnis,  2,  Hälfte.  Wien,  Wenedikt.  S.  291— 604.  4. 
geh.  3  4'  6  W 

Bährens,  Pfr.  Schulinsp.  Aug.,  Kleine  leichtfassliche  deutsche  Sprach- 
lehre für  Schulen  und  den  Selbstunterricht.  Münster,  Brunn.  79  S. 
gr.  8.     geh.  n.  ^/^  4' 

Bräsicke,  Konrekt.  E.  D.,  Der  ausführliche  deutsche  Sprachmeister 
oder  die  Kunst,  in  96  Stunden  alle  Ge.selze ,  Regeln,  Ausnahmen 
und  Gebräuche  der  deutschen  Sprache  kennen    und  anwenden,    und 


TV     98     Sprachwissenscliaft.   —     VIII.   Germanische  Sprachen.     ^ 

alle  Arten  von  freundschaftlichen,  Familien-  und  Geschäftsbriefen, 
Bitlschriften ,    Vorstellungen  etc.  ohne  Sprachfehler  und    in  muster- 

.j'hafter  Form  verfassen  zu  lernen.     Zum  Selbst-Unterrichte  und  zum 

1"  Nachschlafjen,  insbesondere  auch  als  Leitfaden  für  den  Unterricht  in 
allen  Gattungen  des  deutschen  Stils  nach  den  vorzüglichsten  Quel- 
len bearb.  3.,  verb.  u.  verm.  Aufl.  Berlin,  C.  Hejmann  1861.  XL 
u.  680  S.     8.     geh.  n.   1    4.   14  ngr 

Kruck.,  R.,  Die  deutschen  Nennwörter  «nd  ihre  Flexionen,  in  alpha- 
betischer Folge  tabellarisch  dargestellt.  Deventer,  ter  Gunne.  VC 
u.  100  S.      12.  f.  0,60. 

Fricke,  Dr.  Wilh.,  Deutsche  Grammatik.  l.Thl.  Für  untere  Klas- 
sen.    Mainz,  Kunze.     XVllI  u.   122  S.     gr.  8.     geh.  11   ngt 

CSrüne\rald,  Sem.-Präfekt  Chr.,  Deutsche  Sprachlehre  für  die  Leh- 
rer an  deutschen  Schulen,  insbesondere  für  S^orbereitungs-  und  Se- 
minarlehrer und  deren  Zöglinge.  Kaiserslautern,  Tascher.  XVI  u. 
196  S.     gr.  8.     geh.  n.    18  ngr 

Heyne,  Pastor  F. ,  Deutsche  Sprachlehre.  Magdeburg,  Heinrichsho- 
fcn.     48  S.     12.     cart.  nn.  2^2  "91^ 

Holri«*r-Eg"g''Pr,  Frz.,  Neueste  kleine  deutsche  Sprachlehre  mit  beson- 
derer Hinweisung  auf  die  richtige  Anwendung  der  Verhältnissfälle. 
Zum  Gebrauche  f.  Volksschulen,  wie  auch  zum  Selbstunterricht.  2. 
Aufl.     Berlin,  A.  Abelsdorff.     III  u.  52  S.     8.     geh.  n.  Vg  -f  ■ 

HossaDi,  Carl  Simon,  Leitfaden  beim  Unterricht  in  der  deutschen 
Sprache.  Ein  Uebungsbuch  für  Schüler  der  Volksschule.  2.  Aufl. 
nebst  einem  Anh.     Königsberg,  (Sfriese).     96  S.     8.     geh.       V4  ^• 

I^ang'e,  Prof.  Dr.  Otto,  Grundriss  der  deutschen  Sprachlehre.  6. 
Aufl.  v.  Neumann,  Das  Wissenswertheste  aus  der  deutschen  Sprach- 
lehre.    Berlin,  Gaertner.     34  S.     8.     cart.  n.  2^/2  nji 

Schulze,  Pastor  Otto,  Kurzgefassie  deutsche  Sprachlehre  nach  drei 
Stufen  geordnet.     Ein  Lehr-    u.  Lernbuch    f.  die  Jugend.     2.  Ster.- 

..    Abdr.     Wolfenbuttel,  HoUe  1859.     102  S.     8.     geh.  3'/+  ngi 

/%dler-inesnard,  Premieres  lectures  allemandes,  etc.  7e  Edition. 
Paris,  Hingray-     360  S.      18. 

Ahn,  F.,  A  new,    practical    and    easy  method  of  learning  the  german 

language.     3.  Course.     Conlaining  a  seleclion  of  pieces  from  modern 

aulhors,    with   explanatory  notes.      3.  Edition.      Leipzig,    Brockhaus 

1  1861.     IV  u.  91    S.     8.     geh.  n.  V5  4- 

-^  A  key  to  the  exercises  of  the  new  method  of  learning  ihe  ger- 
man language.  1.  and  2.  Course.  7.  Edition.  Ebd.  40  S.  8. 
geh.  n.  Vg  ^. 

—  Praktisk  laerebog  i  det  tyske  sprog  tilligemed  en  kortfattet  tydsk 
grammatik.  Anden  udgave,  forbedret  og  udvidet  ved  J.  Töpfer. 
Kjöbeuhavn,  Erslev.     200  S.     8.     geb.  1   Rd. 

Bruun,  C.  F.,  Tydsk  grammatik  lil  skolebrug.  Anden  forögede  ud- 
gave.    Kjöbenhavn,  Holm.      14S  S.     8.     geb.  72  sk. 

Exercices  pratiques  de  traduction  d'apr^s  la  methode  de  Seiden- 
slücker.  Par  un  ancien  instituteur.  8.  fidition.  ^-  Praktische  Ue- 
bungsstücke  zum  Uebersetzen  nach  Sei>ienstücker's  Methode.  Von 
einem  ehemal.  Schullehrer.  8.  Aufl.  Strassburg,  Wwe.  Berger-Le- 
vrault  &  Sohn.     132  S.     gr    12.     cart.  V*   4- 

fcrxonka,  Deutsche  Sprachlehre  für  utraquistische  Schuleu.  Oppeln, 
dar.     IV  u.   1.58  S.     8.     geb.  n.  6  ngt 

•Inst,  W.  H.,  The  German  reading  book:  consisting  of  German  tales, 
fables,  anecdotes,  and  poelry;  wilh  a  complete  vocabulary  at  the 
foot  of  the  pages.     London,  Longraan.     168  S.      12.  3  sh.  6  d. 

Kahleis,  Wolfgang,  Tysk  spräklära,  tili  bruk  för  sä  wäl  skolor  och 

<>^-«- -»l><J> 


<^<^' — »^ 


^ 


Spracliwisseuseliafh   —  VJII.    Gcrniaitische   Spraclion.      99     ^ 


högre  läroanstaller  som  för  sjelfstudium.  Stockholm,  Huldberg  iL 
Komp.   1859.     154  S.     8.  1   Rdr.  25  öre. 

üainienski,  A.,  Nouveau  cours  raisonue  el  pratique  de  la  langue 
allemande.     2t  edition.     Paris,  Derache.     XVII  u.  267  S.    12.    4  fr. 

Kotschula,  Ant,  Theoretische  und  praktische  deutsche  Sprachlehre, 
in  welcher  die  Kegeln  deutsch  und  polnisch  erklärt  und  durch  Bei- 
spiele in  diesen  beiden  Sprachen  erläutert  sind,  mit  deutschen  und 
polnischen  Aufgaben  nebst  Gesprächen  und  Aufsätzen  aus  den  be- 
sten deutschen  Schriftstellern  etc.  zum  (lebrauch  der  Polen  ,  die 
entweder  mit  Hülfe  eines  Lehrers  oder  allein  die  deutsche  Sprache 
leicht  und  in  kurzer  Zeit  zu  erlernen  wünschen,  und  nach  welcher 
Deutsche  auf  diese  Art  polnisch  lernen  können.  Neue  verb,  Orig.- 
Ausg.     Breslau,  Korn.     XX  u.  380  S.     3.  1    4. 

Eia»isen,  H.  C.  F.,  Tjdsk  laesebcg  i  to  parallele  afdelninger  for  sko- 
lernes  lavere  klasser.     Odense,  Henipel.  276  S.  8.  geb.   1  Rd.  48  sk. 

Ijulg^en,  B.,  Nouvelle  methode  pralique  de  langue  allemande,  2e  edi- 
tion.    Paris,  Truchy.     VHl   u.  339  S.     12.  3  fr. 

OttOi,  Dr.  Emil,  German  conversation-grammar ,  a  new  and  practical 
method  of  learning  ihe  german  language.  3.  edit.  Heidelberg,  J. 
Groos.     XII,  498  u.  2  lith.  S.     8.     In   engl.  Einb.  n.   P/j   4. 

—  Key  to  the  german  conrersation-grammar.  With  specimens  of 
letter  wriling.     New  edil.     Ebd.     IV  u.   131   S.     8.     cart.      n.   16  ngi 

Stahli  H.  W.,  Grundzüge  der  deutschen  Sprachlehre  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  schwedischen  Sprache  für  Schulen  und  zum 
Privatunterricht.     Stockholm  (Maass).     Vlll  u.  86  S.     gr.  8.     geb. 

n.   I2V2  ngt 

Weifisei,  T.  Heinrich,  Grammar  of  the  German  language.  London, 
Williams  &  N.     12.  3  sh. 

'^Wolfram,  Ludw. ,  Deutsches  Echo,  die  tägliche  Umgangssprache 
gebildeter  Deutschen.  —  Nouveau  cours  de  conversation  allemande. 
Avec  un  vocabulaire  complet  arrange  par  Dr.  F.  B  o  o  c  h-A  r  k  ossy. 
Leipzig,    Violet.     IV  u.  220  S.     8.     geh.       n.   16  ngi;  geb.  n.  ^/^   4. 

Graeser^  Charles,  A  thesaurus  of  german  poetry;  consisting  of  450 
select  pieces  by  the  most  celebrated  aulhors  from  the  classical  pe— 
riod  to  the  present  day.  With  explanalory  notes.  Preceded  by  a 
short  history  of  german  poetry.  Forming  a  library  of  the  modern 
poets  of  Germany,  especially  adapted  for  the  use  of  schools,  for 
self-instruction  and  for  private  reading.  Berlin,  Asher  &  Co.  XL 
u.  440  S.     Lex.-8.     geh.  a.  2  «^. 

Sprachdenkmäler. 

Bartsch^  Karl,  lieber  Karlmeinet.  Ein  Beitrag  zur  Karlssage.  Nürn- 
berg,   Bauer  &.  Raspe   186i.     VHl   u.  391   S.     gr.  8.     geh.     2^/3   ^. 
Biblioiht'k    der   gesammten    deutschen    National-Literatur    von    der 
ältesten    bis    auf  die  neuere  Zeil.     1.  Abth.     39.   Bd.     Quedlinburg, 
Basse,     gr.  8.  IVs  ^.;    Velinp.  27,  4. 

(I,   1  —  12.   13C-37.  U.39.  H,  1-3.  UM.:  91^/^4.;   Velinp.  1 125/g  ,^.) 
Inhalt:     Heinrich    u.  Kunegunde  von  Ebernand  v.  Erfurt.     Zum  er- 
sten Male  nach  der  einzigen  Handschrift  hrsg.   v.  Dr.  Reinhold  Bech- 
stein.     XXXV  u.    207   S. 
Freidank.       Von  Wilh.  Grimm.      2.  Ausg.     Göttingen,    Dieterich. 
XXIV  u.  316  S.     gr.  8.     geh.  n.  2V3   4- 

—  Bescheidenheit.  Spruchsammlnng  aus  dem  13.  Jahrh.  Neudeutsch 
bearb.  v.  Adf.  Bacmeister.  Reutlingen,  Palm  I8öl.  VHl  u.  112 
S.     gr.  16.     geh.  16  ngt 

y,  .\t^ 


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^    100     SpracliT^issenschaft    —    VIfl.  Germanische  Sprachen. 

GabelentZi)  Dr.  H.  C.  v.  d.,  u.  Dr.  J.  Lobe,  Uppsliöms  codex  ar- 
jrenleus.  Eine  Nachschrift  zu  der  Ausg.  d.  Ulfilas.  Leipzig,  ßrock- 
haus.     20  S.     gr.  4.     geh.  n,  Vz   »■?•;    Velinp.  n.  ^/^   ^^ 

Grimm  ^  Wilh.,  Bruckslücke  aus  einem  unbekannten  Gedicht  vom 
Rosengarten.  [Aus  den  Abhandign.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin 
1859].     Berlin   (Diimmler).     20  S.     gr.  4.     geh.  n.  8  ngt 

Haupt,,  Jos.,  Beiträge  zur  Kunde  deutscher  Sprachdenkmäler  in  Hand- 
schriften. L  Die  Legende  von  der  heilig.  Maria  Magdalena.  [Aus 
den  Sitzungsber.  1860  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.]  Wien  (Gerolds  Sohn). 
30  S.     Lei.-8.     geh.  n.  4  ngt 

I^undgfren ,  Jakob,  Skeireins  aivnggeljons  {)airh  Johannen  eller  för- 
klaring  öfwer  Johannis  evangelium,  fran  Mösogötskan  ölwersalt  med 
anmärkningar.     üpsala.     35  S.     8. 

^ammlun^    deutscher    Rechtsquellen.      2.    Bd,      Jena,    Frommann. 

gr.  8.     geb.  n.  l^/,  «^. 

Inhalt:  Das  Rechtsbuch  Jobs.  Purgol d  ts  nebst  statutarischen  Rechten 
von  Gotha  und  Eisenach.  Hrsg.  v.  Ob.-Appell.-Ger.-Präs.  Dr.  Frdr. 
Ortloff.     VI  u.   377   S. 

Sandvoss,  Frz.,  So  spricht  das  Volk.  Volksthümliche  Redensarten 
und  Sprichwörter.  2.  billige  Volks-Ausg.  Berlin,  Schotte  &  Co. 
1S61.     VH  u.  70  S.     gr.   16.     cart.  V*  «f. 

Wernher,  Priest.,    Driu  Liet   von    der   Maget.     Nach  einer  Wiener 

Handschrift  mit  den  Lesarten    der  Uebrigen   hrsg.  v.  Jul.  Feifalik. 

,^Wien,  Gerold's  Sohn.     XXXI  u.  199  S.     gr.  8.     geh.       n.  1%  4. 

2.     Angelsächsisch. 

4>ötzin$rcr,  Ernst,  lieber  die  Dichtungen  des  Angelsachsen  Caedmon 
und  deren  Verfasser.  Inaugural-Dissertation.  Göttingen,  (Vanden- 
hoeck  &  Ruprecht).     51    S.     gr.  8.  an.  8  ngi 


3.     Englisch. 

in  : 

Literaturgeschichte. 

SSodenstedt,,  Frdr.,  Shakspeare's  Zeitgenossen  und  ihre  Werke.     In 

Charakteristiken  und  üeberselzgn.     3.  Bd.      Berlin,    Decker,     gr.  8. 

geh.  IV2  «f. 

Inhalt:     Lilly,    Greene  und  Marlowe,    die    drei  bedeutendsten  Vorläufer 

Shakespeare's  u.  ihre  dramat.   Dichtgn.     VIII  u.   373  S. 

Clarke .,  Mrs.  Cowdea ,  The  complete  concordance  to  Shakspeare. 
New  edit.     London,    Kent.     850  S.     gr.  8.  31  sh.  6  d. 

Collier,  Coleridge,  and  Shakspeare:  a  review.  By  ihe  author  of 
»literary  Cookery.«     London,  Longman.     150  S.     8.  5  sh. 

llül«mann ,  Ed.,  Shakspeare.  Sein  Geist  und  seine  Werke.  Ein 
Führer  für  die  Leser  und  Freunde  des  Dichters.  3.  Aufl.  Leipzig, 
O.  Wigand.     Vlll   u.  243  S.     gr.   16.     geh.  ^/^  4- 

liicbert,  Gust.,  Milton.  Studien  zur  Geschichte  des  englischen  Gei- 
stes.    Hamburg,  O.  Meissner.     VH   u.  396  S.     gr.  8.     geh.   l'/z  "f- 

liOfheissen,  Ferd.,  Studien  über  John  Milton's  poetische  Werke. 
Büdingen.     (Giessen,    Heyer).     37  S.     gr.  4.     geh.  n.  6  ngr 

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^^  _ ___ _ _____ .  ^y^  ^ 

Spraoliwissenscliaft.    —    VIII.    GtMMnanische  Spraclien.      iOl 


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Lexicographie. 

ßarretH*S  new  dictionary  of  ihe  Italian  and  English  languages.  New 
edit.     2  vols.     London,    Whittakcr.     8.  30  sh. 

Elwoll  (,  Wm.  Odell,  A  nvw  and  complete  dictionary  of  the  english 
and  gerrnan  languages.  Wilh  ihe  pronunciation  and  accentualion 
according  to  the  melhod  of  Websler  and  Heinsius.  For  general 
use.  Containing  a  concise  grainmar  of  either  language,  diaIof;ues 
wilh  reference  to  grammatical  forms  and  ruies  on  pronnnciation. 
8.  Ster.-edit.  2  Parts.  [English  and  gernian.  —  (lerman  aod  english]. 
A.  H.  d.  T. :  Neuestes  Yollständiges  Wörterbuch  der  Englischen  u.  Deut- 
schen Sprache.  Mit  Bczeichng.  der  Aussprache  u  Betong.  etc.  8. 
Ster.-Ausg.  2  Thle.  [Englisch-deutsch. —  Deutsch-englisch]  Braun- 
schweig,   Weslermann  1859.     XXXV  u.  819  S.     8.     geh.      IV2   *f. 

Elwell,  Allred,  Nouveau  diclionnaire  francais-anglais.  Paris,  Dela- 
lain.     623  S.     12.  4  fr. 

BlaiÜ^rell,  J.  O.,  Dictionary  of  archaic  and  provincial  words,  obso- 
lete phrases,  proverbs,  and  aocient  custoi/is,  Irom  the  reign  of  Edward 
I.     2  vols.     London,  Smith.     lOOO  S.     8.  15  sh. 

James ^  William,  A  complete  dictionary  of  the  english  and  german 
languages  for  general  use.  Compilcd  with  especial  regard  to  the 
elucidalion  01  moderne  lileralure  ,  the  pronunciation  and  accentua- 
lion after  the  principles  of  Walker  and  fleinsius.  12.  Ster.  Edition. 
2  Parts.  [English  and  German.  —  German  and  Engiishl.  —  Voll- 
ständiges Wörterbuch  der  englischen  u.  deutschen  Spracne  zum  Ge- 
brauch f.  alle  Stände.  2  Thle.  12.  Ster.-Aufl.  Leipzig,  B.  Tauch- 
nitz.     X  u.  880  S.     8.     geh.  IV3   4- 

Höhler,  Dr.  Frdr. ,  A  dictionary  of  the  german  and  english  langua- 
ges. Vollständigstes  englisch-deutsches  u.  deutsch-englisches  Hand- 
wörterbuch. II.  Deulsch-engl.  Tbl.  (Schlussj.  Leipzig,  Ph.  Reclarn 
jun.   18bl.     594  S.     Lex.-8.     geh.  1  ^. 

liOtrer,  M.  A.,  Patronyraica  Britannica:  a  dictionary  of  the  family 
names  of  the  united  kingdom.     London,  Smith.   486  S.  gr.  8.  25  sh. 

i^nrenne,  G.,  Dictionary  of  the  French  and  English  languages. 
3d  edit.     Edinburgh,  Longman.     18.  3  sh.  6  d.  (12.  7  sh.  6  d.) 

Oehl^chlägrer ,  Prof.  J.  C,  Englisch-deutsches  und  deutsch-engli- 
sches Taschen-Wörierbuch,  nebst  Angabe  der  englischen  Aussprache 
mit  deutschen  Buchslaben  und  deutschen  Tönen.  —  English-ger- 
man  and  german-english  pocket-dictionary.  16.  Aufl.  Philadelphia 
1859.     (Leipzig,    Gerhard).     X  u.  713  S.     12.     geb.  n.  V/^  4. 

JSadler,  Percy,  Nouveau  diclionnaire  portatif  anglais-francais  et  fran- 
Cai.s-anglais,  etc.  2  tomes  en  1  vol.  6e  edition.  Paris,  Truchv. 
XVI  u.   1330  S.      18.  6  fr. 

Spiers  I)  A.,  Dictionnaire  gönöral  frangais-anglais,  nouvellcment  re- 
dige d'apres  les  diclionnaires  de  l'Academie  etc.  13e  edition.  Pa- 
ris,   Baudry.     632  S.  8.  ä  3  Sp.  7  fr.  50  c. 

Thieme,  Dr.  F.  W.,  A  new  and  complete  english  and  german  dic- 
tionary, in  which  are  introduced  the  genitives,  plurals  and  irregula- 
rities  of  substantiyes,  the  comparative  degrees  of  adjeclives,  and  the 
irregularities  of  verbs,  arranged  in  the  aiphabet  as  well  as  under 
their  roots;  also  the  pronunciation  and  construction  of  words  through- 
out  the  language.  2  Parts.  [English-german.  —  German-english]. 
7.  Ster.-edit.  —  Neues  u.  vollständiges  Hand-Wörterbuch  der  eng- 
lischen u.  deutschen  Sprache.  2  Thle.  7.  Ster.-Ausg.  ßraunschweig, 
Vieweg  &  Sohn.     X  u.  804  S.     8.     geh.  2    4'. 

^^alker,  J.,  Pronouncing  dictionary  of  the  English  language,  by  B. 
IL  Smart.     fUh  edit.     London,   Whiltakcr.     8.  12  sh. 

—  —     By  lt.  A.  Da  V  e  nport.  New  edit.  London,  Tegg.   18.  3  sb.  6  d. 


4' 


<^>c^ .— _ --_. _- .^^^ 

102     Spracliwissenscliaft.  —    VIII.    Gcnuatiische  Spraclien.     "^ 

Webster.  Noah,  Critical  pronouncing  diclionary,  bj  C.  A.  Goodrich. 
London,  Tcgg.     520  S.     8.  3  sh.  6  d. 

Grammatik  und   Unterrichlsschriflen. 

BahtSi,  Bemerkungen  über  den  Gebrauch  der  englischen  Participien 
auf  ing.     (jjmn.-Pr.     Raslenburg   1859.     17  S.     4. 

Degrenhardt,  Dr.  Rud.,  Naturgemässer  Lehrgang  zur  schnellen  und 
gründlichen  Erlernung  der  englischen  Sprache.  Eleraentarkursus. 
2.  verb.  Aufl.  Bremen,  Kühtmann  6i  Co.  VJll  u.  232  S.  gr.  8. 
geh.  n.   16  ng: 

Xdgreworlh.,  Maria,  Early  lessons.  Vol.  1.  4.  cdit.  —  Erster  Un- 
terricht für  die  Jugend.  Mit  erläut.  Anmerkgn.  von  einem  Freunde 
der  Engl.  Sprache.  1.  ßdchn,  4.  Aufl.  Stuttgart,  S.  G.  Liesching 
1861.     VIII  u.   184  S.     gr.   16.     geh.  Vz   *^- 

doldsmithi,  Oliver,  The  vicar  of  Wakefield.  A  tale.  Nach  Walter 
Scott's  verbessertem  Texte  durchgängig  accentuirl.  Nebst  sacher- 
klärenden Noten  und  einem  vollsländ.  Wörterbuche  mit  der  Aus- 
sprache nach  J.  Walker,  Stephen  Jones  und  William  Perry.  Bearb. 
von  Chrn.  Heinr.  Plessner.  10.  Aufl.  Braunschweig,  Westermann. 
X\IV  u.  272  S.     8.     geh.  Vs  4- 

Uakbijl,  L.,  Gemeenzame  brieven  ter  vertaling  in  het  Engelsch.  2e 
verb.  druk.     Amsterdam,  v.  Heteren   1859.     XM   u.  208  S.  8.  f.  0,75. 

Hcdiey,  J.  H.,  Praktischer  Lehrgang  zur  schnellen,  leichten  und 
doch  gründlichen  Erlernung  der  englischen  Sprache,  nach  Dr.  Fr. 
Ahn'«  bekannter  Lehrmethode  unter  Hinzufügung  einer  kurzen  Gram- 
matik. Für  die  Jugend,  als  auch  zum  Selbstunterrichte  f.  Erwach- 
sene und  vorzüglich  für  Schulen  und  Lehr-Institute.  8.  sorgfältig 
verb.  Aufl.     Wien,    F.  Manz.     VIII  u.   192  S.     gr.  8.     geh.        18  ngt 

Holzamer,  Lehr.  Dr.  Jos.,  Englisches  Lesebuch  für  Handels-,  Real- 
und  Gewerbeschulen.  Mit  einem  Vorworte  von  Dir.  Carl  Arenz. 
Prag,  Credner.     IV  u.  432  S.     Lex.-8.     geh.  n.  i\'^  4- 

Kennedy,  Grace,  Anna  Ross,  the  orphan  of  W^aterloo.  A  slory 
for  childrcn.  Zum  Schul-  und  Privatgebrauche  mit  einem  vollsländ. 
Wörlerbuche  versehen  v.  Aug.  Bauer.  5.  Aufl.  Celle,  Schulze 
1861.     IV  u.   131  S.     8.     geh.  n.  Vs   '^• 

Kölle,  Lehr.  Fr.  Ludw. ,  Englisches  Sprachbuch.  Naturgemässe  Au- 
Icituug  zur  vollständigen  Erlernung  des  Englischen.  Das  Lesen  und 
N  erstehen.  In  3  Abthlgn.  1.  Orthoepie  mit  Vorschule.  2.  Etymo- 
logie. 3.  Leseschule.  Neue  Ausg.  Stuttgart,  Beck.  XVHI  u.  346 
S.     gr.   8.     geb.  18  ngt 

jMänneli,  Lehr.  Fr.  Alb.,  Classical  letters.  Eine  Auswahl  von  Brie- 
fen der  berühmtesten  englischen  Briefschreiber,  für  Schulen  und  zum 
Selbstunterrichte  hrsg.  2,,  umgearb.  und  mit  Anmerkgn.  verm.  Aufl. 
Leipzig,    Gräbner.     IV  u.   126  S.     gr,  8.     geh.  n.  Vz  '^• 

Ideiford,  Lector  Or.  H.  M. ,  Englisches  Lesebuch,  enthaltend  eine 
zweckmässige  zur  Beförderung  der  Forlschritte  in  dieser  Sprache 
besonders  dienliche  Sammlung  von  Lese-  und  Uebersetzungsstücken 
aus  den  besten  neueren  englischen  Prosaisten  und  Dichtern  gezo- 
gen, nach  stulenweiser  Schwierigkeil  geordnet,  n)it  zahlreichen,  un- 
ter dem  Texte  angebrachten  Bedeutungen  der  Wörter  etc.  versehen, 
als  auch  mit  Hinweisung  auf  des  Verf.  Synonym.  Handwörterbuch 
etc.  Mit  einem  N'orworte  vom  Geh.  Hofralh  Prof.  Dr.  K.  F.  Ch. 
Wagner.  5.  verm.  u.  verb.  Aufl.  Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn. 
XVIII  u.  308  S.     gr.  8.     geh.  n.  24  ngt 

ÄEurray,  Lindley,  English  gramn)ar,  adapted   lo   the  difTerent  classes 


<V^^i/V- . 


^^ ■ ->»^<v> 

jj     Sprachwissenschaft.  —    VIII.  Germanische  Sprachen.     103 


/N 


of  learners  ;  with  an  appendix,  containing  ruies  and  observations  for 
assisting  ihe  more  advanced  students  to  write  with  perspicuity  and 
accuracy.  A  cew  edition.  Leipzig,  Fr.  Fleischer.  XU  u.  313  S. 
8.     cart.  1    ^. 

Füssen,  Rect.  J. ,  Leitfaden  für  den  Unterricht  in  der  englischen 
Sprache.     1.  u.  2.  Ciirsus.     Hamburg,  Nolte   &  Köhler,     gr,  8.     geh. 

a  n.  Vs    4. 
Inhalt:     Die  Formen  der   englischen  Sprache.   IV  u.  67  S.      2.  Die  Eigen- 
thümlichkeiten   d.   engl.  Sprachgebrauchs,      64   S. 
Ollendorff,  Dr.  H.  G.,     Neue  Methode  eine  Sprache  in  sechs  Mo- 
naten lesen,  schreiben  und  sprechen  zu  lernen.     Für  das  Englische 
zum  Gebrauche  der  Deutscheu  bearb.      2.  verb.  Orig.-Ausg.     Leip- 
zig, Voigt  &  Günther.     V  u.  525   S.     gr.  8.     Fn  engl.  Einb.   P/j   4*. 

—  Nouyelle  methode  pour  apprendre  ä  lire,  ä  ecrire  et  ä  parier  une 
langne  en  six  mois,  appliquee  ä  l'anglais.  8e  edition,  revue,  corri- 
gee   et  augmentee.     Paris,  chez  l'auleur.     564  S.     8. 

Pcdcmont,  Prof.  Vict.  Amad.,  Theoretisch -praktische  Grammatik 
der  englischen  Sprache.  Nach  einer  neuen  Methode  mit  einer  be- 
deutenden Anzahl  accentuirter  Uebungen  und  Beispiele.  Wien, 
ßraumüller.     XV  u.  348  S.     gr.  8.     geh.  1   ^.   12  ngt 

Peissner,  Prof.  Elias,  Elemente  der  englischen  Sprache  und  Con- 
versation  mit  Rücksichtnahme  auf  die  Verwandtschaft  des  Englischen 
und  Deutschen.  Schenektadj.  (Philadelphia,  Schäfer  &  Koradi). 
VlII  u.  111   S.     16.     geh.  n.  %  ^. 

PIa<e,  Prof.  H. ,  Cours  gradu6  de  langue  anglaise.  Ouvrage  traduit 
de  l'allemand  et  mis  ä  l'usage  des  franpais  par  Dr.  Rob.  Koenig. 
(En  3  Parties).  L  Cours  elementaire.  [D'apres  la  7.  edit.  ailemande]. 
Dresden,   Ehlermann   1861.     VIU  u.  232  S.     gr.  8.     geh.     n.  ^^g   4- 

—  Vollständiger  Lehrgang  zur  leichten,  schnellen  und  grundlichen 
Erlernung  der  englischen  Sprache,  i,  Elementarstufe.  7.  verb.  Aufl. 
[2.  Ster.-Ausg.]     Ebd.     XII   u.  234  S.     gr.  8.  n.  Vz  4>' 

—  dasselbe.  II.  Mittelstufe.  7.  verb.  Aufl.  [2.  Sler.-Ausg.l  Ebd. 
Vi   u.  346  S.     gr.  8.  n.  2/^   4. 

Reinhardt,  L.,  Englisch-deutsche  IJandels-Gespräche  über  die  wich- 
tigsten Gegenstände  des  Handels,  der  Nalional-Oekonomie,  der  Con- 
lorwissenschaften,  der  Moral  etc.,  nach  den  besten  engl.  etc.  Han- 
dels-Autoren. 2.,  mit  Aufgaben  etc.  zur  Ausarbeitung  von  drei  Lon- 
doner Geschäften  in  der  Buchführg.  u.  zum  üebersctzen  derselben 
aus  der  deutschen  in  die  engl,  Sprache  und  mit  einem  deulsch-engl. 
Wörterbuche  der  Buchhaltungsausdrücke  versehene  Ausg.  Gotha. 
296  S.     gr.  8.     geh.  2/,  4. 

Schinick,  Dr.  J.  H. ,  Sketches  from  english  history,  a  manual  for 
the  pupils  in  the  higher  classes  of  commercial  schools.  Bremen, 
Müller   1861.     IV  u.   143  S.     8.     geh.  n.  8  ngt 

Schoolboy's,  the,  first  story-book.  A  preparation  for  speaking  and 
writing  the  english  language.  Being  a  collection  of  easy  tales  and 
anecdotes.  3.  edition,  revised  and  enlarged.  Bremen,  Geisler.  VIII 
n.  92  S.     8.     geh.  n.  8  ngt 

Sheridan,  R.  B.,  The  school  for  scandal.  A  comedy  in  5  acls. 
With  a  complele  vocabulary  and  explanatoiy  notes  for  the  use  of 
schools.  4.  edit.     Berlin,  Renger.   Vli  u.  143  S.  gr.   16.  geh.  V3  ^f- 

ohne   Wörterbuch  96  S.  V4,  *f  • 

Stoddart,  Lady,  [Mrs.  Blackford],  The  Eskdale  herd-boy.  Zum  Ue- 
bersetzen  in  das  Deutsche  bearb.  v.  Lelir.  J.  Morris.  Berlin,  Ni- 
colai.    161  S.     gr.  8.     geh.  Vz  4- 

Zimmermann,  Lehr.  Dr.  W.,  Schul-Grammatik  der  englischen  Spra- 
che. Ein  Lehrbuch  in  2  Lehrgängen  für  Realschulen,  Ilandels-Lehr- 
anstalten    und    höhere  Töchterschulen  ,    sowie    für    den  Privalunter- 


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A^<- — — ■ — ->^ 

f     104     Sprachwissenschaft.   —     VIII.   Germanische  Sprachen.    ^ 


rieht.     1.  Lehrgang.-  5.  Aufl.     Halle,  Schwetschke  1859.   XII  u.  227 
S.     gr.  8.     geh.  n.  %  ^. 

In   Deutschland  gedruckte  Ausgaben  englischer  Autoren. 

B;^ron^  Lord,  Pootical  works.  CoUected  and  arranged  "with  notes 
by  Sir  Walter  Scott,  Lord  Jeffrey,  Prof.  Wilson,  Thomas 
Moore,  Will.  Gilford  etc.  New  and  complele  edilion.  With 
Portrait.     London.      Leipzig,    B.  Tauchnitz.      X  u.  828  S.      Lex.-8. 

geh.  '  n.  2%  4. 

Collection  of  British  authors.  Copyright  edilion.  Vol.  .511.  512. 
522  — :'.6.     Leipzig,  Tauchnitz.     gr.   16.     geh.  ä  n.  ^/^  ^. 

Inhalt:      511.     Walter  Scott,  the  abbot.   451    S. 

512.  S.  T.  Coleridge,  poems  ,  edited  by  Derwent  &  Sara  Cole- 
ridge.  With  a  biographical  memoir  by  F.  Freiligrath.  XLVI  u. 
344  S. 

522.  W.  H.  Ainsworth,  Ovingdean  Grauge,  a  tale  of  the  South 
Downs.   VIII  u.   328   S. 

523.  C.  J.  White  Melville,  Kate  Coventry,  an  autobiography.  299  S. 

524.  A.  Trollope,  the  West  Indians  and  the  Spanish  main.  V  u. 
320    S. 

525.  26.     W.   Collins,  the  woman  in  white.     2   vols.    X  u.    693   S. 
527.   28.      C.   J.   White    Melville,     Holmby    house,     a    tale    of    old 

Northamptonshire.    2  vols.   XII  u.    626  S. 
529.   30.     Walter  Scott,    Peveril  of  the  peak.  2  vols.   731   S. 
531.   32.     Edw.  Bulwer  Lytton,     dramatic  works.    2  vols.   559  S. 
533.  34.     Ch.  Lever,    one  of  them.    Vol.  I.  11.  VI  u.   346,    VI  u. 

378   S. 

535.  Agatha's  husband ,  a  novel.  By  tlie  author  of  ,,John  Halifax, 
gentleman."   V  u.   368   S. 

536.  Ch.  Dickens,  Hunted  down,  a  stoiy.  The  uncommercial  tra- 
veller,   a  series   of  occasional  papers.      V  u.    290   S. 

BJürr's  collection    of  Standard   American  and   British  authors.     Edited 

by  William  E.  Drugulin.      Vol.  51  —  56.     Leipzig,    Dürr  1860.  61. 

8.     geh.  ä  Vz  X?- 

Inhalt:      51.   52.     Grace    Kennedy,    select    works.       Vol.  I.  IL  VI  u. 

244  u.   243   S. 

53.  54.     G.  A.  Sala,  the  Baddington  peerage:    who  won,    and  who 

\/ore  it;   a   story  of  the  best  and  the  worst  society.  XX  u.  558  S. 

55.  56.      G.   P.   R.   James,    Pequinillo ,     a  tale.    529   S. 

i^ibrary  of  british  poels.     Part  4—7.     Leipzig,   Brockhaus.     8.     S[eh, 

ä   n.  Vs   -i". 

Inhalt:      4  —  6.   The  poetieal  works   of  Sir  Walter  Scott.    Part    1  —  3. 

Vol.  I.    V  u.   528  S.  —     7.  The    poetieal    works    of    Lord  Byron. 

Part.   4.      Vol.   II.     S.    1  —  160. 

Samiinlung-  englischer  Schauspiele    der    neuesten  Zeit.     Zum  Schul- 

und  Privalgebrauche  hrsg.  und   mit  Anmerkungen  versehen  von  Lehr. 

Frz.  Ilr.  Stra  ih  mann.  4.  Bdchn.  Arnsberg,  Ritter,  gr.  16.  geh.  6kiji; 

Inhalt:      Money.      A   comedy  by  E.   Bulwer  Lytton.       2.  Aufl.      117   S. 

Series   for   the    young.      Copyright  edilion.     Vol.    1—4.     Leipzig,    ß. 

Tauchnitz.     gr.   16.     geh.  a  n.  Va   4' 

Inhalt:      1.  Kenneth;    or,    the  rear-guard    of    the  grand   army.       By  the 

author  of  ,,the  heir  of  Redclifife."     327   S.  m.    1   Holzschntaf. 

2.  Ruth  and  her  frieuds.  A  story  for  girls.  300  S.  m.  1  Holz- 
schntaf. 

3.  Ouryear:  a  child's  book,  in  pro se  and  verse.  By  the  author  of 
„Johu  Halifax,  gentleman".  Illustrated  by  Cl.  Dobell.  IX  u. 
227  S.  m.  eiugedr.  Holzschu.  u.   13  Holzschntaf. 

^x^ — __ ^ 


■^     Sprachwissenschaft.   —   YIII.   Germanische  Sprachen.      105 

4.     M.  L.  Charle  s  worth,    ministering  children.    VIII  u.  352  S. 
m.    1   Holzschntaf. 
iShakspere's  Werke.     Hcrausg.  und   erklärt  von   Dr.  Nicol.  Deliu  s. 
6.   !?d.     Comedies.  3—7.  Stück.      7.   Bd.     I.  u.  2.  Stück.     Elbcrfeld, 
Friderichs.     Lex.-8.     geh.     4  ^.  8  ngt    (I— VII,  2:  n.  21    ,.f.   18  ngi) 
Inhalt:      VI,   3.   Twelft-night ,    or ,    what  you  will.   89   S.   —     4.   As   you 
like  it.    102   S.    —    5.   Measure  for  measure.    103   S.   —    6.  The  win- 
ters tale.   122  S.    —   7.  The  tempest.   87  S. 

VII,   1.     Pericles.    100  S.    —      2.   Poems.    227   S. 

—  .Julius  Caesar.     Erklärt  von  Lehr.  Thdr.  .J  an  oke.     Köln,  Du  Mont 
Schauberg   ISfil.     IV  u.  96  S.     gr.  8.     geh.  n.   12  iigt 

—  —      Eine    historische    Tragödie.       Uebersetzt   von    Adph.    Kolb. 
Stuttgart,  Schaber  1861.      IV  u.   126  S.      16.     cart.  »/^   »f. 

Theatr«,  the  modern  english  comic.     W^ith  notes  in  german  by  Dr. 

A.  Dieztnann.     Nr.  61.     Leipzig,  Härtung.      16.     geh.  3  n^t 

Inhalt:     A  lesson  for  gentlemen:   or,  the  city  wives.     A  comedietta.    In 

1  act.     By  John  Fred.  Smith.   31  S. 

—  dasselbe.     Scr.  I.    Vol.  9.  and  Ser.  IL    Vol.  9.     3.  Edition.     Ebd. 
16.     geh.  ä  3  ngt 

Inhalt:     I.   9.    Why    did    you    die?       A  petite  comedy ,    in    1   act.       By 
Charles  Mathews.  47   S.       II.   9.  Snakes  in  the  grass.       A  farce  in 

2  acts.     By  J.  B.  Buckstone.     64  S. 


4.     Niederländisch.     Vlämiscli. 

Harrebompe,  P.  J.,  Spreekwoordenboek  der  Nederlandsche  taal,  of 
verzameling  van  Nederlandschen  spreekwoorden  en  spreekwoordelijke 
uitdrukkingen  van  vroegeren  en  lateren  tijd.  2e  deel,  all.  6  en  7. 
Utrecht,   Kemink  &  Z.  S.  XLI  —  LXIV  u.  241—336.  gr.  8.  f.  1,75. 

Kern,  Dr.  H.,  Handleiding  bij  het  ondervvijs  der  Nederlandsche  taal, 
ten  gebruike  van  inrichlingen  voor  raiddelbaar  onderwijs.  2e  stukje. 
Zutphen,    Thieme.     151  S.     8.  f.  0,90. 

Rramers,  J  J. ,  Nieuw  Nederduitsch-Fransch  woordenboek.  7c  — 
lOe  afl.  Gouda  ,  v.  Goor.  (Inlaag  —  Oongelijktijdig).  S.  577  — 
960.  gr.  8.  ä  f.  0,45. 

Änyper,  H.  G.,  Beginselen  der  Nederlandsche  spraakleer  voor  school- 
gebruik.     6e  druk.     Utrecht,  Broese   1859.     VIII  u.  176S.  8.  f.  1,80. 

Tisscher,  L.  G. ,  Leiddraad  tot  de  geschiedenis  der  Nederlandsche 
leiterkunde.  2e  uitg.  4  deelen.  Utrecht,  Dannenfelser.  163,  206, 
188  u.  183  S.     8.  f.  3. 

—  Körte  schets  tot  de  geschiedenis  der  Nederlandsche  letterkundf. 
2e  uitg.     4  stukken.     Ebd.     79,  92,  72  u.  78  S.     8.  f.  t,80. 

Winkel,  Dr.  L,  A.  te ,  De  Nederlandsche  speliing  onder  beknopte 
regeis  gebragt.  2.  verbet.  en  verm.  uitgave.  Leiden,  D.  Noothoven 
van  Goor.     XH  u.  67  S.     gr.  8.  f.  0,75. 

Düringfsfeld ,  Ida  v. ,  Von  der  Scheide  bis  zur  Maas.  Das  geisti'^e 
Leben  der  Viamingen  seit  dem  Wiederaufblühen  der  Literatur.  Bio- 
graphien und  Proben.  3  Bde.  Leipzig,  Lehmann  1861.  XXXIl  u. 
1130  S.     8.     geh.  4  ^, 

Sleeckx  et  Vandevelde,  Dictionnaire  complet  franfais-flamand  et 

.flamand-francais.     2  vols.     Bruxelles,    Greuse.     gr.  8.  ä  3  Sp. 
^  26  fr.  50  c. 

^0«Ä- __ . .^ 


^^- — . . ^i>A 

106     Sprachwissenscliaft.  —  VIII.   Germanisclie  Sprachen.     ^ 

5.      Allnordisch.     Schwedisch.     Dänisch. 

Bardarsag-a  Snaefellsäss,  Viglundarsaga,  fordarsaga,  Drauma  vitra- 
nir,  V^ölsa{)äUr,  ved  G.  Vigfusson.  üdgivet  af  det  nordiske  lite- 
ralur-samlund.     Kjöbenhavn,    Gjldeüdal.     196  S.     8.  1   Rd. 

Fornsögrur.  Vatnsdaelasaga,  Hallfredarsaga ,  Flöamannasaga.  Hrsg. 
von  (iudbrandr  Vigfusson  und  Thdr.  M  öbi  u  s.  Leipzig,  Hinrichs. 
XXXII  u.  239  S.     gr.  8.     geh.  n.  l^/j  ^. 

Gislason,  Kr.,  Fire  og  fyrretj'Te  for  en  stör  deel  forhen  utrykle 
prörer  af  oldnordisk  sprog  og  literatur.    Kjöbenhavn.  XI  u.  560  S.  8. 


Fineman,  C.  0.,  Förberedande  Swensk  spraklara.  Stockholm  1858. 
105  S.     8. 

Fryxell,  And.,  Bidrag  tili  Swerges  litteratur-hisloria.  Försla  haftet: 
Leopoldska  lidehwarfwet  1795 — 1810.  Andra  haftet:  Allerbom,  stri- 
den  mellan  Akademismen  och  fosforismen  1810  —  1816.  Stockholm, 
Hjerta.     50  u.  109  S.     8.  1   Rdr.  60  öre. 

Ollendorff,  H.  G. ,  Neue  Methode,  in  sechs  Monaten  eine  Sprache 
lesen,  schreiben  und  sprechen  zu  lernen.  —  Anleitung  zur  Erler- 
nung der  schwedischen  Sprache  nach  einem  erweiterten  Plane  für 
den  Schul-  und  Privatunterricht  eingerichtet  von  Chrn.  Schmitt. 
Frankfurt  a.  M.,  Jügel   1861.     XII  u.  496  S.     8.     cart.  IV4  «?•; 

Schlüssel  dazu  170  S.  cart.  14  ngt 

Rääf ,  Leonh.  Fr. ,  Ydre-malet  eller  folkdialeklen  i  ydre  härad  af 
Ostergöthland.  Ordbok  samt  förteckning  pä  alla  oregelbundna  och 
starka  verber,  som  i  jdre  begagnas,  jcmte  gamla  dopnamn.  Orebro, 
Lindh  1859.     126  S.     8  l  Rdr.  50  öre. 

Schiller,  A.  L.,  Swensk  spraklara.  Andra  upplagan,  omarbelad  och 
tillökt.     Göteborg,  Lamm  1859.     221   S.     8.  1   Rdr.  50  öre. 

Sjüström^  K.  F.,  och  J.  F.  Ehrn ström,  Swensk  spraklara  för  ny- 
bcgynnare.  Fjerde  upplagan.  Stockholm,  Haeggslröm.  87  S.  8. 75  öre. 

Borringr,  L.  S. ,  Fransk-dansk  haand-ordbog,  udarbeidet  efter  de 
bedste  aeldre  og  nyere  vaerker.  Anden  forbedrede  og  forögede  ud- 
gave.     Anden  deel.     L  —  Z.     Kjöbenhavn,  Soldenfeldt.     644  S.     8. 

2  Rd.  32  sk.  cpit.  5  Rd. 

Fistaine,  G.,  Dansk-tydsk  tolk.  En  veiledning  for  enhver,  der  i 
kort  tid  ved  seivsludium  önsker  at  tilegne  sig  den  fornödne  sprog- 
faerdighed  for  at  kunne  gjöre  sig  foorslaaelig  i  Tydsk.  Kjöbenhavn, 
Philipsen.     136  S.     8.  72  sk. 

Flor,  C,  Haandbog  i  den  Danske  litteratur.  Samlel  og  udarbeidet. 
Femte  forögede  udgave.  Kjöbenhavn,  Gyldendal.  672  S.  8.   1  Rd.  92sk. 

Eievin ,  J. ,  Til  polemiken  om  det  synonyme  i  Dansk.  Kjöbenhavn, 
Pio.     32  S.     8.  24  sk. 

Selmcr,  H.  P.,  Om  de  i  det  danske  sprog  forekommende  ord,  samt 
tyskagtigheder,  andre  ufuldkummcnheder  og  sprogs-  og  retskrivnings- 
feil.  Et  blik  paa  modersmaalels  naer  vaerende  tilstand  og  mulighe- 
den  af  dels  fuldkomnere  udvikling  bereiter.  4de  hefde.  Kjöbenhavn, 
Wroblewsky.     160  S.     8.  1  Rd.  24  sk. 

IX.     Romanische  Sprachen. 


Diez,  Frdr.,  Grammatik  der  romanischen  Sprachen.     3.  Tbl.  Schluss 
2.  Ausg.     Bonn,    Weber.     VI  u.  476  S.     gr.  8.     geh.  2V2   4 


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Sprachwissenschaft.  —  IX.   Roinanisclie  Sprachen.     107     "5' 


1.      rranzosiscli. 

Literaturgeschichte. 

Clavier,  A.,  Precis  de  Thistoire  de  la  litterature  franfaise  ä  l'usage 
des  gymnases.     Leeuwardcn,    Suringar.     94  S.     8.  f.  0,60. 

liUce,  Simeon,  De  Gaidone  carrnine  gallico  velustiore  disquisitio  cri— 
tica.     Paris,    Viewieg.      115  S.     8. 

Nnire,  Louis,  R6sume  de  l'hisloire  de  la  litterature  francaise,  redige 
d'apres  les  ouvragos  de  Baron  Demogeol,  Villemain.  Mainz,  v.  Za- 
bern.     64  S.     gr,   16.     geh.  n.  hg  ^. 

^Visnie^rshi^  Jules,  Etüde  sur  leg  poetes  dramatiques  de  la  France 
au   19e  siecle.     Paris,  Denlu.     326  S.     8. 

Lexicographie. 

Barberi,  J.  Ph. ,  Dictionnaire  fraofais-italien  et  italien-francais, 
conipose  sur  les  meilleurs  dicfionnaires  fran^ais  et  italiens,  etc.,  re- 
Tu  et  augmenle  d'explications  gramuiaticales ,  par  A.  Ron  na.  Pa- 
ris, Baudry.     Vill   u.  774  S.     32.  3  fr. 

Dclanneau,  P.  A  ,  Dictionnaire  de  poche  de  la  langue  franfaise. 
Edition  revue  et  augnientee.     JJmoges,  ßarbou.     IV  u.  458  S.     32. 

Dictionnaire i,  petit,  francais-allemand  et  allemand-lrancais  ä  l'u- 
sage des  deui  nalious.  —  Fianzösisch-deutsches  und  deutsch-fran- 
zösisches Taschen- Wörterbuch  zum  Gebrauche  beider  Nationen. 
2  Abtheilgn.  18.  verm.  u.  verb,  Aufl.  Strassburg,  Wwe.  Herger- 
Levrault  &  Sohn.     XVI II   u.  784  S.      18.     geh.     %  k^.;  cart.  27  ngi 

iHoie^  A.,  Nouveau  dictionnaire  de  poche  francais-allemand  et  alle- 
mand-franfais  ä  l'usage  des  6coles.  2  Vols.  18.  Edition  ster.  — 
Neues  Taschenwörterbuch  der  französischen  und  deutschen  Sprache, 
zum  Schulgtbrauche.  2  Thle.  18.  Ster.-Ausg.  ßraunschweig,  We- 
slermann.     XII  u.  728  S.     S.     geh.  1    4*. 

Grammatik  und   ünlerrichtsschiiften. 

Eiinele^  F.,  Les  difficuites  principales  de  la  syntaxe  des  temps  pas- 
ses dans  la  langue  francaise.     Gothenburg.     35   S.     8. 


Aesop's  Fabeln  in  französischer  Ucbersetzung.  Mit  erklärenden  No- 
ten der  Gallicismen  und  einem  W^örterbuche  versehen,  nebst  Ab- 
wandlung der  regelmässigen  und  unregelmässigen  Zeitwörter.  Von 
Gymn.-Lehr.  Dr.  Sigism.  Wallace.  Wien,  Lechner  1861.  VII  u. 
116  S.     gr.  8.     geh.  n.    18  ngt 

Albrechf,  A.,  Neuer  Deutsch-Franzos.  Enthaltend  Wörtersammlung, 
kurze  Gespräche,  Redensarten,  Germanismen  etc.  2.  durchweg  verb. 
u.  verm.  Ausg.     Leipzig,  H.  Fritzsche.  IV  u.   164  S.   16.  geh.  V4*f'J 

cart.  ^'3   ^. 

Bercf,  G.  van  den,  Praktische  französische  Sprachlehre  für  Schulen 
und  zum  Selbstunterricht.  4.  unveränd.  Aufl.  Leipzig,  Schuberlh 
&  Co.     IV  u.   376  S.     gr.  8.     geh.  n.  ^/^   .f.;   geb.  n.  =/+  ^. 

Bouffier 4  Lehr.  Fr.,  Theoretisch-praktischer  Lehrgang  für  den  Un- 
terricht in  der  französischen  Sprache  zum  Gebrauche  für  Mittel-, 
Bürger-  und  Realschulen.  Wiesbaden,  Limbarlh.  VIll  u.  64  S.  S. 
geh.  6  1131 

Boxzi*8  Conversations-Taschenbuch  der  französischen  und  deutschen 
I  Sprache.     Ein  Mittel    durch    prakt.  Anleitung  Anfängern    in    beiden      , 

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^     108     Sprachwissenschaft.   —    IX.   Komaüisclte  Sprachen. 

Sprachen  das  Sprechen  zu  erleichtern.  Nach  J.  Perrin ,  Mad.  de 
Genlis  und  Duvez.  Durchgesehen  und  mit  Anmerkgn.  und  Gesprä- 
chen etc.  erweitert  von  Lehr.  J.  Grüner.  19.  Aufl.  Wien,  Lech- 
ner 1861.     XXIi  u.  436  S.     12.     cart.  %  4- 

ISruey^i,  l'avocat  Patelin.  Comödie  en  3  actes  et  en  prose.  Mit  ei- 
ner iiterarhistor,  Einleitung  und  mit  Anmerkgn.  versehen  v.  Gymn.- 
übcrlehr.  H,  Schütz.  Arnsberg,  Grote.  VJll  u.  48  S.  gr.  16. 
geh.  ^  _      33/4  "31: 

Surkhard^  J.  A.  Chr.,  Systematische  Darstellung  der  EigenlLüm- 
lichkeiten  der  französischen  Sprache.  Ein  fassl.  Handbuch  für  jene, 
die  sich  mit  dieser  Sprache  vertraut  machen  wollen.  I.Th!.:  Haupt- 
wort —  Zahlwort.  Teschen  ,  Prothaska.  XIV  u.  197  S.  gr.  l-. 
geh.  _  %   4. 

Contes  I,  petits,  pour  les  enfants  par  l'auleur  des  oeufs  de  päques 
(Chrph.  V.  Schmid).  Mit  Sprcchübgn.  und  Wortregister  versehen 
V.  Lehr.  Fr.  W.  Steup.  4.  Aufl.  Bochum.  (Wesel,  Hülsemann). 
IV  u.   139  S.     8.     geh.  ~  n.  V3  "f- 

Dumas,  Alex.,  Jeanne  d'Arc.  Mit  grammatischen  Anmerkungen,  ei- 
nem vollständ.  Wörterbuche  und  1  lith.  Charte  in  qu.  4.  über  die 
Reisen  der  Jungfrau  von  Orleans  versehen  von  Gymn. -Oberlehr. 
H.  Schütz,     Arnsberg,  Grote.     VIII  u,  240  S.   gr.   16.   geh.  V2  4- 

Fenclon,  les  aventures  de  Telemaque,  fils  d'ülysse.  Avec  des  no- 
tes  grammalicales  et  un  vocabulaire  par  Dr.  Ed.  Hoc  he.  A  l'u- 
sage  des  ecoles.     12.  Edition.     Leipzig,  E.  Fleischer.  367  S.  gr.    16. 

geh.  _  .  .         Va  -f  • 

Filli ,  Giov. ,  Corso  pratico  ossieno  tenii  graduali  per  imparare  in 
un  modo  facile  e  celere  la  lingua  francese  secondo  il  metodo  »Ahn.« 
2.  Edizione,  riveduta,  corretta  ed  ampliata.  Laibach,  v.  Kleinmayr 
&  Bamberg.      136  S.     gr.  8.     geh.  n.   12  ngt 

Florian,  Fahles.  Mit  grammatischen,  historisch-geographischen  und 
mythologischen  Bemerkungen  und  einem  Wörlerbuche  neu  hrsg.  v. 
Prof.  Dr.  Ed.  Ho  che.  5.  Aufl.  Leipzig,  E.  Fleischer.  Hl  u.  197 
S.     gr.   16.     geh.  _      V3   4- 

—  Guillaume  Teil  ou  la  Suisse  libre.  Mit  grammat.  und  hislorisch- 
geograph.  Bemerkgn.  und  eine.n  erweiterten  Wörterbuche  neu  hrsg. 
von  Prof.  Dr.  Ed.  Ho  che.  14.  Aufl.  Ebd.  !V  u.  105  S.  gr.  13. 
geh.  6  ngt 

Franzose,  der  beredte.  Eine  Anleitung,  in  sehr  kurzer  Zeit,  ohne 
Hülfe  eines  Lehrer.«!,  leicht  und  richtig  französisch  sprechen  zu 
lernen.  Praktisches  Hülfsbuch  für  Alle,  welche  in  der  französischen 
Umgangssprache  schnelle  und  sichere  Fortschritte  machen  wollen. 
4.,  verb.  u.  verm.  Aufl.     Bern,  Heuberger.      120  S.      12.     geh.   6  ngt 

—  der  geschickte,  oder  die  Kunst,  ohne  Lehrer,  in  zehn  Lektionen 
französisch  lesen  ,  schreiben  und  sprechen  zu  lernen.  Von  einem 
prakt.  Schulmanne.  6.  Aufl.  Leipzig,  E.  H.  Mayer.  63  S.  16. 
geh.  n.  Vs   "-?• 

Gatt,  Prof.  Dr.  A.,  Der  perfccte  Franzose,  oder  Anleitung  ohne  Hilfe 
eines  Lehrers  binnen  kürzester  Zeit  vollkommen  französisch  lesen, 
schreiben  und  sprechen  zu  lernen.  1.  u.  2.  Aufl.  Neuwied,  Heu- 
ser.    Hl  u.   138  S.     16.     geh.  ^  V*  '^f- 

Georg-,  Gymn. -Hauptlehr.  Dr.  L.,  Systematische  Grammatik  der  fran- 
zösischen Sprache  mit  eingeflochtenen  Uebersetzungsaulgaben  und 
Konversalionsiibungen  zum  Schul-  und  Privatgebrauch.  2.  verb.  u. 
durch  2  vollständ.  aiphabet.  Wörter-Verzeichnisse  verm.  Aufl.  Ba- 
sel, Georg.     XVI   u.  573  S.     gr.  8.     geh.  n.   IV3   4'- 

Gros-Claude,  Prof.  A. ,  Secretaire  universel.  Trail6  complet  et 
gradue  de  correspondance   ä  l'usage  des  ecoles,  ou  recueil  des  meil- 


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Spracliwisscnseliafl.  —    IX.   RouMiuische  Spraclien.      100     ^ 


leures  lellres  parues  jusqu'ii  cc  jour.  3  Paities.  2.  fidition  Leip- 
zig, Ueicheiibach.  W.  geh.  %  ^-l  einzeln  ä  ^/^  »f. 
Inhalt:  1.  Pour  la  jeunesse.  VI  u.  121  S.  —  2.  Pour  Tage  mur.  VII 
u.    144   S.   —   3.   Pour  le  coiumeice.  VII  u.    136  S. 

Haas 4  flofialh  Lehr.  F.,  3a)  Ke^a>ln  üher  die  Sjntax  der  Französi- 
schen Sprache  als  Anhang  zur  Formenlehre  der  ElenienlargrarnnKi- 
tik  der  Französischen  Spraciie.  Oppenheim  a.  R.,  Kern.  123  S. 
gr.  8.     geh,  1/3    «:f- 

d*llarg-ucs  ,  Fr.,  Methodischer  Lehrgang  für  den  Unterricht  in  der 
französischen  Sprache.  Eine  auf  die  Mullersprache  sich  gründende 
Darslellg.  Nebst  einem  Anh.  über  die  Aussprache.  Für  l^ehrende 
und  Lernende.  1.  Cursus.  L  3.  Aufl.  Uerlin,  F.  Schneider.  X!i 
u.    1 15  S.     8.     geh.  n.  8  uji 

IBenriques.,  Remarques  sur  Temploi  du  subjonctif  dans  la  langiio 
francaise.     Gothenburg,      16  S.     8. 

lIof!»le<ter ,  ehem.  Prof.  .loh.  Hapt. ,  Conversalions- Panorama  der 
französischen  Sprache.  Ein  vollsland.  Wörterbuch  aller  G.iliicis- 
men,  Proverbien  und  Fa^ons  de  parier.  Unentbehrlich  zur  Ausbil- 
dung in  der  französ.  Umgangssprache  u.  zum  leichten  \  ersländnisse 
französ.  SchrHisleller,  2.  Ausg.  Wien,  Leo.  VI  u.  432  S.  12. 
geh.  _  2/3   4. 

IBülfsbuch  für  den  ersten  Unterricht  in  der  französischen  Spraclic. 
2  Thie.     Leipzig,  F'ritzsche.     8.     geh.  1 '.    4. 

Inhalt:  1.  Abecedaire  fran9ais  par  G.  A.  Eberhard.  4.  edit.  Gl  S. 
geh.  4  ngi ;  cart.  n.  \/g  *|^.  —  2.  Belehrende  Unterhaltungen,  moral. 
Erzählgn.  u.  Poesien,  m.  e.  Verzeicliniss  v.  Wörtern  nach  den  Sätzen 
geordnet.  A.  u.  d.  T. :  Les  jeunes  enfants.  Entretiens  instructifs  et 
contes  moraux  et  amiisauts  suivis  de  poesies  melees  par  Aug.  Al- 
brecht.     2.    edit.      V   u.    119   S.   6   iigi  ;   cart.  n.   ^4.    4- 

Ing'ersleVf  C.  F.,  Fransk  grammatik  til  skolebrug.  Kjöbenhavn, 
Gyldendal.      112  S.     8.     geb  68  sk. 

£,a  Fruston^  Prof.  Fr.  de,  Echo  fran^ais,  ou  nouveau  cours  grad'ie 
de  conversation  franfaise.  Leipzig,  V'iolet  1861.  IV  u.  194  S.  8. 
geb.  n.  7g  ^. 

I^ainartine^  Voyage  en  Orient  1832 — 1833.  Auszug  in  1  Bde.  mit 
erläuternden  Noten,  einem  Wörlerbuche  und  einem  Register.  8.  Aufl. 
[Mit  Stereot.  gedr.]  Leipzig,  Baumgärlner  1861.  VI  u.  317  S.  8. 
geh.  18  ngr 

E<ectare8,  premi^res,  fran^aises,  pour  les  ecoles  primaires  ,  avec  un 
vocabulaire  fiancais-allemand.  (Von  J.  Wilm).  Trie&t,  Coen.  \l!l 
u.   184  S.     8.     geh.  n.  Vs   4- 

—  premi^res,  frangaises,  accompagnöes  de  notes  italienncs  qui  ser- 
vent  ä  expliquer  les  principales  difficultes  que  peuvent  oflVir  les 
mots  et  les  tournures  par  L.  Scher.  Ebd.  Vi II  u.  144  S.  8. 
geh.  n.  8  njr 

Noirei,  Dr.  L.,  Aufgaben  zu  französischen  Stilübungen  in  vier  Stu- 
fen, mit  Hinweisuni^en  auf  die  französische  Grammatik  von  Albrecht- 
Noire.  1.  u.  2.  Tbl.  Für  mittlere  und  obere  Klassen.  Mainz,  v. 
Zabern.     VI  u.   129,   120  S.     gr.   12.     geh.  n.  Vö   •#•   »•    '2  ngt 

Oppenheim.,  J.,  Die  französische  Sfirache  in  140  Lectionen.  Unter 
Zugrundelegung  des  Testes  v.  T.  Robertson  und  mit  dessen  Auto- 
risation  für  Deutsche  bearb.  1.  Tbl.  1.  Bd.  Frankfurt  a.  M.,  Her- 
mann'sche   B.   1861.     XV  u.   144  S.     gr.  8.     geh.  n.  V2  ,«?• 

Oito,  Dr.  Emil,  Kleines  deutsch-französisches  Gesprächbuch  zum  Ge- 
brauch für  die  Jugend.  24.  darchgeseh.  u.  verm.  Aufl.  —  Petit  livre 
de  conversation  allemand-francais,  ä  l'usage  de  la  jeunesse.  24.  edi- 
tion,  levue  el  augmentee.  Slrassburg,  Wwe.  Berger-Levrault  &  Solm. 
195  S.     18.     cart.  V4  4- 


MO     Spraclnvissenseliafl.  —    IX.   Romanische  Sprachen. 

Otio,  Dr.  Emil,  Nouveau  manuel  de  conrersalion  allemand-francais  ä 
l'usage  de  la  jeunesse.  3.  fidilion.  —  Neues  deutsch-französisches 
Gesprächbuch  zum  Schul-  und  Privalgebrauch.  3.  Aufl.  Slutlgarl, 
Melzler   1861.     XV  u.   124  S.      12.     carl.  n.  Vj   4. 

Pcschier,  Prof.  Dr.  A.,  Entieliens  familiers  h  l'usage  des  ecoles  et 
des  personnes  qui  etudient  le  fran^ais,  servant  d'introduclion  aux 
Causeries  Parisiennes.  Avec  des  notes  en  allennand.  Stuttgart, 
Neff  1861.     VIII  u.   115  S.     8.     geh.  12  nßi 

Ploe^z,  Prof.  Dr.  C,  Cours  gradu6  de  langue  fran^aise  en  six  par- 
ties.     A  l'usage  des  ecoles.     1  —  4.  Partie.     Berlin,  Herbig.     8. 

n.  2  4.  13\'2  ngi- 
Inhalt:  1.  Lehrbuch  der  französischen  Sprache.  1.  Cursus  oder  Ele- 
mentarbuch. Mit  besond.  Berücksicht.  der  Aussprache  ,  nach  Seiden- 
stücker's  stufenweise  fortschreitender  Methode  bearb.  18.  unveränd. 
Auti.  Mit  e.  Uebersicht  der  grammat.  Elemente  nach  dem  Schema  der 
Redetheile,  u.  e.  Lesebuche  f.  Anfänger.  VIII  u.  168  S.  n.  V4  »f- 
—  1.  [B.]  Lehrbuch  der  französischen  Sprache,  1.  Cursus  oder  Ele- 
mentar-Grammatik.  Enth. :  e.  systemat.  Grammatik  nach  den  Rede- 
theilen  und  e.  method.  Elementarbuch  nach  Soidenstücker's  Methode. 
Für  Gymnasien  und  Realschulen  bearb.  XII  u.  180  S.  n.  ^/j  ^.  — 
2.  Lehrbuch  der  französischen  Sprache.  2.  Cursus  od.  Schulgramma- 
tik. Enth. :  e.  systemat.  Grammatik  nach  den  Redetheilen  u.  e.  me- 
tliod.  Grammatik  mit  französ.  und  deutschen  LTebersetzungsstücken. 
13.  Aufl.  Xll  u.  436  S.  n.  %  4.  —  3.  Lectures  choisies.  Franzö- 
sische Chrestomathie.  Mit  kurzen  biograph.  Notizen,  erklärenden  An- 
merkgn.  in  französ.  Sprache  u.  e.  Wörterverzeichniss.  8.  unveränd. 
Aufl.  VIII  u.  376  S.  n.  18  ujr  —  4.  Vocabulaire  systematique  et 
guide  de  conversation  fran9aise.  Methodische  Anleitung  zum  fraTizö- 
sisch  Sprechen  f.  obere  Klassen  höherer  Schulen  und  zum  Privatge- 
brauche. Enth. :  Vocabular ,  Phraseologie,  Dialoge  etc.  7.  Aufl.  VIII 
u.   376   S.  n.    18   tiijr 

—  S_yllabaire  fran^ais.  Französische  Vorschule.  1,  Stufe.  Für  Töch- 
terschulen und  den  Privatunterricht  nach  Seidenslückers  slufenMcise 
fortschreitender  Methode  bearb.  3.  mit  der  2.  wörtlich  gleichlau- 
tende Aufl.     Ebd.     IV  u.  124  S.     16.     cart.  n.  6  itgi 

—  Petit  vocabulaire  fratiQais.  Kleines  Vocabelbuch  und  erste  An- 
leitung zum  französisch  Sprechen.  9.  mit  der  8.  gleichlautende  Aufl. 
Ebd.     64  S.      16.     geh.  n.  3  nijr;    cart.  n.  4  ngt 

Principj  di  lingua  francese  ad  uso  dei  Studiosi  di  detta  lingua,  os- 
sia  raccolla  di  veci,  frasi  e  dialoghi  famigliari  ed  elementari  ed  una 
scelta  di  termini  risguardanti  la  navigazionc  e  le  strade  ferrate  etc. 
Triest,^  Coen   1861.     136  S.     12.     geh.  n.  8  1191 

Puschkin,  Gymn.-Lehr.  Alex.,  Französischer  Repetitor.  Eine  ge- 
drängte Zusammenstellung  der  wesentlichsten  Regeln  der  französ. 
Sprache.  Zum  ßehufe  erleichterter  Uebersicht  und  Wiederholung 
des  grammatikal.  Lehrstofl'es  verfasst.  Bayreuth,  Giessel.  IM  u.  48 
S.     gr.  8.     geh.  n.  V*  '^• 

Badelli,  C.  A.,  Kleine  französische  Sprachlehre  nach  einer  neuen 
praktischen  Methodt;.  Für  Schulen,  sowie  zum  Privat-  u.  Selbstun- 
terricht.    Leipzig,  Reichenbach.     V  u.   178  S.     8.     geh.  Vz  -#• 

Ricard^  Prof.  Dr.  Anselme,  Französische  Sprachlehre.  Prag,  Cred- 
ner.     IV  u.  528  S.     Lex.-8.     geh.  n.   1   4-   18  "^"^ 

Senerhaute,  Gymn.-Lehr.  Dr.  P.,  Tabellarische  Uebersicht  der  Zeit- 
wörter der  französischen  Sprache.  Behufs  eines  leichteren  Auswen- 
diglernens zusammengest.  Düren,  Gislason.  66  S.  gr.  8.  geh.  V+  '^ ■ 

Seycrlen,  Hauptlehr.  Präceptor  J.,  Elementarbuch  der  französischen 
Sprache  nach  Seidenslücker  [Ahnjschen  Grundsätzen  als  Votschule 
zu  der  französischen  Chrestomathie  von  Giuner  und  Wüdermuth  be- 


*         S[)raclnvisseiischafl.    —     IX.   Roiiiaiii»cliü   Sprachen.      III     ^ 


arb.  7.  unveränd.  Aufl.  Slutlgait,  Mctzler  1859.  X  u.  278  S.  gr.  8. 
geh.  n.   16  ngt 

Siipfle^  Lyc.-Lehr.  Dr.  I^. ,  Französisches  Lesebuch  für  die  unteren 
und  minieren  Klassen  der  Gymnasien  und  höheren  Bürgerschulen. 
Mit  einem  ausführl.  erklärenden  Wörlerbuche.  4.  Aufl.  Heidel- 
berg, J.  Groos.     XXIV   u.  360  S.     gr.  8.     geh.  n.  ^y,  ^, 

Winel^  A. .  Franscbe  chrestomalio  ol  hloemlezing  uit  de  beste  fran- 
sche  schrijvers,  van  aantcekeningen  voorzien  cn  irigerigl  ten  gebruike 
Toor  Instituten  en  gymnasien  in  Nedcriand  door  A.  v.  I.ee.  3e 
verm.  en  verb.  druk.  le  stuk.  Ams'erdam,  Brinkman.  VIII  S.  u. 
S.   1  —  128.     8.  cplt,  f.    1,80. 

Toltairc,  la  Henriade.  Po^nie.  Mit  grammat.,  historisch-geograph. 
und  mylholog.  Bemerkgn.  und  einem  Wörterbuche  neu  hersg.  von 
Prof.  Dr.  Ed.  Ho  che.  4.  Aufl.  Leipzig,  E.  Fleischer.  216  S. 
gr.    16.     geh.  ^  _  ^  _  V.   4*- 

—  Hisloire  de  Charles  XII.,  roi  de  Su^de.  Enrichie  de  notes  gram- 
maticales  et  d'un  vocaliulaire  süffisant  par  A.  Tb  i  baut.  A  l'usage 
des  ecoles.    16.  edit.     Berlin,   Kenger.    VI   u.  240  S.   12.  geh.   Vj   «f- 

%9  allace.  Lehr.  Dr.  Sigism.,  Praktischer  Lehrgang  der  französischen 
Sprache  nebst  Leseslücken.  Zum  Gebrauche  für  Realschulen  und 
Unter-Gymnasien.  l.  Kursus.  Wien,  Leo  1861.  VI  u.  135  S. 
gr.  8.     geh.  12  ngt 

In   Deutschland  gedruckte  Ausgaben   französischer  Autoren. 

Anthologrie  de  litterature  fran^aise  ä  l'usage  des  classes  superieu- 
res,   publice  par  A.  G.  Lundehn.   I.     Stolp,  Koelling   18Gi.  gr.    16. 


ffi» 


o 


^^ 


h.  V4  4- 

Inhalt:      Cinna  ou  la  cleraence  d'Auguste,    tragedie    par  P.  Corneille. 
Avec  les    variantes    de    la    1.  edition  et  des  notes  explicatives.  V  u. 
112   S. 
Bibliothek  gediegener  und  interessanter  französischer  Werke.     Zuna 
Gebrauche   höherer  Bildungsanstallen    ausgewählt  und  mit  don   Bio- 
graphien der  betreffenden  Classiker  ausgestattet  v.  Gymn. -Oberlehr. 
Dr.  Ant.   Goebel.  25.   Bdchn.  Münster,  Theissing.  32.  geh.  n.  8  ngt 

(1—23.  u.  25.:    n.  42/5   4.] 
Inhalt:      Tableaux  historiques   du    moyen    äge   tires   des   oeuvres   de  Thi- 
IV        erry,    Capefigiie ,    Vertot,   Chateaubriand.     Avec  un  vocabulaire  histo- 
rique  et  geographique.      XI  u.    208   S. 
Bibliotheque,  nouvelle,  illustree   pour  la  jeuoesse  et  la  famille.     1. 
Sect.    Le  livre  d'or.  V^ol.  I.     Leipzig,  Spamer.  gr.  8.   cart.  n.  2/,   ^. 
Inhalt:      Abecedaire  fran9ais  illustre  pour    les   petits   enfants.       Nouvelle 
metliode    de    lecture  ä  developper  l'intelligence  et  la  memofire  des  en- 
fants  et  k  les  instruireen    les    amüsant.       Par  Louise  Bouc.      Avec 
preface  de  Ch.  Vogel,  Dir.   et  Dr.,   et  F.  Flügel,  Dr.   2.  Edition,   aug- 
meutee  et  corrigee.      Avec  un   suppl.      La  boite  typographique.      VIII 
u.    108   S.   m.  eingedr.  Ilolzschn, ,     1   color.   Holzschntaf.   u.   color.   Ti- 
tel in  Holzschn.  nebst   7   Tab. 


2.     Italienisch. 

Blanc^  G. ,  Vocabolario  Danlesco  o  dizionario  critico  e  ragionato 
della  divina  commcdia  di  Dante  Allighieri.  Ora  per  la  prima  volta 
recato  in   Italiano   da  G.   Carbon  e.     Firenze   1859.     8.        fior.    1,60. 

Bu(i,  F.  da,  Commento  sopra  la  dirina  commedia  di  Dante  Alighieri, 
pubblicato  per  cura  di  Crescentino  Giannini.  Vol.  II.  8.  flor.  5,60. 

^   ^ . r- 


(^<-    ^^ 

112     SpracliwJssenscIiaft,     -     IX.   Romanlsclie  Spraclien.         '5J^ 


>> 


fjandoni,  T.  ,  Dichiarazoni  proposlo  d\  alcunc  liioghi  del  Paradiso 
<li  Dante.  Con  un  esamc  della  bellczza  c  de!  riso  di  Beatrice.  '2a 
ediz.     Fircnze   !S59.     3>.  fior.  0,25. 

Albino,  V.  di   S.,   Gran  dizionario  piemontese-italiaiio.     Torino.     4. 

,     fior.   12. 

SSoerio,  Gias.,  Dizionario  del  dialetfo  Veneziano.  Seconda  edizionc 
aiimontata  e  corretla  aggiiintovi  l'indice  italiano-veneto.  Fase.  11  — 
13.     Vt'nezia,  Cccchini    1S59.     4.     ä  3  Sp.  ä  2  1.  a. 

Briccolani,  Nouveau  diclionnaire  fran?ais-italien,  r^dige  d'apr^s  les 
dictionnaires  franfais  et  ilaliens  les  plus  complets ;  augmente  d'un 
grand  nombre  de  mots,  etc  ,  par  Joseph  da  Fonseca.  Paris,  Thie- 
riot.     1247  S.     18.  4  fr. 

glattiira  et  Renzi,  Diclionnaire  general  italien-franfais,  enli^renient 
refait  par  Renzi  sur  un  nouveau  plan,  etc.  2e  edition.  Paris,  Hau- 
dry    1861.     XVI  u.    1279  S.     gr.  8.     h  3   Sp.  12  fr. 

Cheriibini.,  Fr.,  Vocabolario  patronimico  italiano  ,  o  sia  adjetlivario 
itaüano  di  nazionalitä;  opera  postuma  pubblicata  per  cura  di  G.  B. 
de  Capitani  e  preccduta  dalla  vita  dell' autore.  Milano.  gr.  8.  fior.  2,10. 

Ronna,  A.,  Dictionnaire  fran^ais-ilalien  et  italien-franfais,  etc.  Nou- 
relle  ödilion,  angmenlee  d'un  traitö  des  verbes  italiens.  Paris,  Hin- 
gray.    LVl  u.  544  S.     8. 

Albrechf,  A.,  Italienisch-deutscher  Sprachschatz.  Enth.:  Redensar- 
ton und  Gespräche,  mit  einer  Auswahl  von  Idiotismen  der  deutschen 
und  italienischen  Sprache  in  aiphabet.  Ordnung.  2.  Ausg.  Leipzig, 
Fritzsche.      IV  u.   162  S.     16.     geh.  \4.;  geh.  ''/,   4. 

Filippi,  Prof.  P.  A.  v. ,  Theoretisch-praktische  italienische  Sprach- 
lehre nach  den  Anforderungen  des  Zeitgeistes  und  durch  sehr  viele 
Beispiele  erläutert.  Zum  Schul-  und  Privat-Unterricht.  2  Thle. 
3.  Aufl.     Wien,  Gerold's  Sohn   1861.     gr.  H.     geh.  1    .f.  24  ngr 

Inhalt:      1.  Elementarlehre  u.   Grundzüge  der  Formenlehre.    VIII  u.   232 
'S.    24   ngt   —     2.   Formenlehre  u.   Syntax.  Vni  u.   336   S.    1    «^, 

Ife's,  Dr.  Aug.,  Kleiner  Italiener  oder  Sammlung  der  zum  Sprechen 
nöthigsten  Wörter  und  Redensarten,  nebst  einigen  Gesprächen  für 
das  gemeine  Leben.  Italienisch  und  deutsch  begleitet  von  den  noth- 
wendigsten,  die  Regeln  der  Grammatik  betreffenden  Bemerkgn.  4., 
durchweg  verb.  u.  mit  vielen  Gesprächen  etc.  verm.  Aufl.  von  Aug. 
Albrecht.  Leipzig,  Amelang  1861.   VI   u.   195   S.  gr.  16.  cart.  12  ngi 

Ijekliopen,  zwölf,  um  die  italienische  Sprache  nach  praktischer  Me- 
thode ,  auch  ohne  Lehrer,  in  sehr  kurzer  Zeit  lesen,  sprechen  und 
schreiben  zu  lernen.  Von  einem  erfahrenen  Sprachlehrer.  Triest, 
Coen.     IV  u.   108  S.     gr.    16.     geh.  n.  8  119t 

niordax,  Franc,  de,  Piimo  dizionario  e  frasario  di  corrispondenza 
mercantile,  ilaliano-tedesco.  Dispensa  5 — 9.  Triest,  Schubart.  S. 
129     28^.     Lex.-8.  ä  n.  6  ngr 

JHiiSSafia,  Doc.  Adf  ,  Italienische  Sprachlehre  in  Regeln  und  Bei- 
spielen für  den  ersten  Unterricht  bearb.  Wien,  Braumüller.  IV  u. 
248  S.     gr.  8.     geh.  ^   1  ^. 

Ochoa,  D.  E.  de,  y  Ronna,  Guia  de  la  conversacion  espanol-ita- 
liano.     Paris,  Hingray.     360  S.     32. 

OllendorflT,  H.  G.,  Clef  de  la  nouvelle  m6thode  pour  apprendre  d 
Hre,  ä  ^crire  et  h  parier  une  langue  en  six  mois,  appliquee  ä  l'ita- 
lien.     Nouvelle  edition.     Paris,  chez  l'auteur.      155  S.     8. 

ISmith,  L. .  and  A.  Ronna,  Guide  lo  english  and  italian  conversa- 
tion,   containing  andc.     Paris,  Hingray.     366  S.     32.  1    fr.  50  c.      ^ 


^^ -s>^ 


Spracliwissenscliaft.  —    IX.  Romanische  Sprachen.      113 

!$taedler,  Prof.  Dr.  Gus».  Lpop.,  Lehr-  und  üebungsbuch  der  ita- 
lienischen Sprache  /.um  Schul-,  Privat-  und  Sclhsluntcrricht.  Mit 
einem  ilalionisch-deutschon  und  deutsch-italienischen  Wörlerbuchc. 
2.,  TÖliig  umgearb.  u.  verm.  .Aufl.  Berlin,  Haude  &  Spener.  XVI 
u.  370  S.     gr.  8.     geh.  n.   P/s   k#. 

Verg"ani ,  A.,  (Iramniaire  italienne,  simplifiee  et  reduite  h  ringt  le- 
fons.  NouTelle  edition  ,  corrigee  et  auginentee  etc.  par  Gius.  Zi- 
rardioi.     Paris,    Baudry.     VIII   u.   179  S.      12.  1   fr.  50  c. 


Bibliotera  d'autori  italiani.     Tomo   1.     Leipzig,   Broclihaus.     8.   geh. 

n.  1  «f. 
Inhalt :  I  promessi  sposi.  Storia  Milanese  del  secolo  XVII.  scoperta 
e  rifatta  da  Aless.   Manzoni.   VIII  u.   500   S. 

Cassani,  Angelo  C.,  Saggio  di  proverbi  Triestini.  Triest,  (Coen). 
X  u.   110  S.     8.     seh.  n.   12  ngr 

Emporeo  drammatico.  Serie  I.  Dist.  13 — 29.  Triest,  Coen.  IH.  geh. 
Inhalt :  13.  I  pirati  della  Savana.  Dramma  spettacoloso  in  5  atti  e  6 
quadri  dei  signori  Aniceto-Bourgois  e  Ferd.  Dugue.  106  S. 
n.  4  ngt  —  14.  Una  barriora  sociale.  Drnmma  in  4  atti,  e  un  pro- 
logo  di  F.  Jlazzoni.  86  S.  n.  4  nc(L  —  15.  U  naturalista  ovvero  la 
scienza  e  l'amore.  Commedia  in  2  atti  di  Rosier.  Eiduzione  di 
F.  Mazzoni.  —  Eran  due  ,  or  son  tre.  Commedia  in  1  atto  di  M. 
Dumanoir.  91  S.  n.  4  niir  —  16.  II  mal  di  nervi.  Commedia  in 
3  atti  di  T.  Barriere  e  V.  Sardou.  111  S.  n.  4  nf,r  —  17.  L'a- 
more. Dramma  in  7  quadri  di  Paolino  Niboyet.  —  Corinna  o  l'ul- 
timo  giomo  d'una  musa.  Dramma  in  1  atto  di  Mad.  de  Salons. 
Ridotta  dal  francese  da  Fil.  Mazzoni.  124  S.  n.  Vs  •#•  —  18.  Un 
padre  terribile.  Commedia  in  2  atti  di  L.  Lurine  e  R.  Deslan- 
des.  —  Chi  ha  moglie,  ha  guerra.  Commedia  in  1  atto  di  Agostina 
Brohan.  94  S  n.  4  n;ir  —  19.  La  Penelope  Normanna.  Dramma 
in  5  atti  di  Alfonso  Karr.  87  S.  n.  4  nji:  —  20.  La  pulzella  di 
trent'  anni.  Commedia  in  4  atti  di  E.  Scribe  e  E.  de  Najac.  102 
S.  n,  4  ngr  —  21.  Giorgio  Dandin  ovvero  una  lezione  alle  mogli. 
Commedia  in  3  atti  di  Moliere.  Ridotta  per  le  seene  italiane  da 
Filippo  Mazzoni.  46  S.  n.  2  nftr  —  22.  La  vedova  dalle  camelie. 
Farsa  di  Giraudin-Delacour  e  L.  Thiboust.  Riduzione  dal 
francese  di  Filippo  Mazzoni.  —  La  protetta  e  l'artista.  Farsa 
inedita  di  E.  Scribe  7  2  S.  3  r.jr  —  23.  Le  furberie  di  Seapino. 
Commedia  in  3  atti  di  Moliere.  Ridotta  per  le  scene  italiane  da 
Fil.  Mazzoni.  48  S.  n.  2  inir  —  24.  Le  famiglie.  Dramma  in  5  atti. 
Capolavoro  di  Serret.  Libera  traduzione  dal  francese  di  Fil.  Maz- 
zoni. 95  S.  n.  4  njt  —  25.  Aristodemo.  Tragedia  di  Vincenzo 
Monti.  70  S.  3  nof.  —  26.  La  tentazione.  Commedia  in  5  atti  e  6 
quadri  di  Ottavio  Feuillet.  119  S.  n.  \'s  4-  —  27.  28.  11  gen- 
tiluomo  della  moutagna.  Dramma  in  5  atti  e  8  quadri  di  Aless. 
Dumas  [padre]  143  S.  n.  6  n^r  —  29.  Saul.  Tragedia  di  Vittorio 
Alfieri.   62  S.    3   njt 

Zaniboni,  Prof.  Dr.  Fi!.,  Italienische  .Anthologie  nach  Jahrhunderten 
geordnet.  iVJit  hesond  Rücksicht  auf  Handels-,  Real-  u.  Gewerbe- 
Schulen.  2Lfgn.  Wien,  Lechnerl861.   1.  Lfg.  96  S.  gr.  8.  geh.  n.  1  Vj  *f . 

3.     Spanisch. 

Caballero,  Luis  Marty  ,  Vocabulario  de  lodas  las  roces  que  faltan 
ä  los  diccionarios  de  la  lengua  castellana  publicados  por  la  Acade- 
mia,  Doniinguez,  etc.  Segunda  edicion.  Madrid  1859.  338  S.  gr.  4.20rs. 


/s 


114     Sprachwisseuschaft.  —    IX.  Romaiiisclie  Sprachen.         f 

Diccionario  gencral  de  la  Icngua  Castellana;  cl  mas  manejable  y 
complelo  ;  el  mas  inteli^'ible  y  sucinlo  en  sus  definicioncs ;  y  el  mas 
uniforme  en  ortografia.  Contiene  (odas  las  frases  y  locuciones  fa- 
miliäres, etc.  Por  una  sociedad  de  literatos,  bajo  la  direccion  de 
Jose  CaballeroT  Oclava  edicion.  Madrid.  2  vol.  IV,  84  u.  1466 
S.     Fol.  ...  100  rs. 

Jüartines-liOpez,  Diclionnaire  franfais-espagnol  et  espagnol-fran- 
Cais,  par  E.  Orrit  fils  ,  siiivi  d'iin  precis  de  grammaire  espagnole, 
par  E.  de  Ochoa.     Paris,  Hingray.     XXII  u.  432   S.     32. 

j$ain<-IIilairc  Blanc,  Novisimo  diccionario  franc^s-ospanol  v  es- 
panol-frances ,  etc.  Revisla  y  corregida  la  parte  espanola  por  A. 
Jover.  Madrid,  Caspar  y  Hoig.  Tomo  1.   VI  u.   1158  S.  gr.  4.  70  rs. 

Brasch,  Lehr.  M.  W.,  Vollständiges  Handbuch  der  spanischen  Spra- 
che. Enlh. :  Grammatik,  Convcrsations-Uebgn.,  eine  Auswahl  inter- 
essanter Lesestücke  etc.  Hamburg,  Perlhes-ßesser  &  Mauke.  VIII 
u.  551   S.     gr.  8.     geh.  n.  3  ^. 

martinez,  Francisco,  Le  nouveau  Sobrino,  ou  Grammaire  de  la  lan- 
gue  espagnole  reduite  ä  23  lepons.  19e  edilion,  entieremeni  revue 
et  corrig^e.     Paris,     Morizot.     336  S.     8. 

Ollendorif,  Dr.  H.  G.,  Neue  Methode  in  sechs  Monaten  eine  Spra- 
che lesen,  schreiben  und  sprechen  zu  lernen.  Anleitung  zur  Erlcrng. 
der  span.  Sprache,  nach  dem  von  Velasquez  de  la  Cadena  für  Eng- 
länder verfassten  Lehrbuch  deutsch  bearb.  u.  mit  einem  Wörlerbu- 
che  u.  einer  gründl.  Sprachlehre  verm.  von  Frdr.  Funck.  [Orig.- 
Ausg.]  3.  Aufl. ,  durchgesehen  u.  verb,  von  Dr.  Beruh.  Lehmann. 
Frankfurt  a.  M.,  Jügol.     XII.   u.  778  S.     cart.  1   4.  27  ngi 

Schlüssel  dazu.     3.  verb.  Aufl.     211    S.     cart.     ^/^    4. 

Pajcken^  C.  A.,  Grammatik  der  spanischen  Sprache.  1.,  theoret. 
Tbl.     Bremen,  Rühlmann  &  Co.     VII  u.   182  S.  gr.  8.  geh.  n.  24  ngt 

Wiffg'ers,  Dr.  Jul.,  Grammatik  der  spanischen  Sprache.  Leipzig, 
Brockhaus.     XII  u.  334  S.     gr.  8.     geh.  n.   IV^  k^'. 

Coleccion    de  autores  espanoles.     Tom.  I.  V.  VI,     Leipzig,    Brock- 
haus.    8.     geh.  I.  n.    I V2   4.  V.   VI.  ^  n.   \    4. 
Inhalt:     I.  Cantos,  collec9ao  de  poesias  de  A.  Gon^alves  Dias.   3.  edic- 
9ao,  con  0  retrato  do  autor.     XX  u.   424   S. 

V.  F.  Caballero,  la  familia  de  Alvareda.  Novela  original  de 
costumbres  populäres.  Lagriinas.  Novela  de  costumbres 
contemporancas.     VIl  u.   367   S. 

VI.  Ant.   de  Trueba,   el  libro   de  los   cantares.   XVI  u.   248   S 


4.     Portugiesisch. 

Wolf,  Ford,  Dom  Antonio  Jose  da  Silva,  der  Verf.  der  sogenannten 
»Opern  des  Juden«  [Operas  do  Judeu].  [Aus  den  Sitzungsber.  1860 
d.  k.  Akad.  d.  Wiss.]  Wien  (Gerold's  Sohn).  33  S.  Lex.-8.  geh.  n.  4iijt 

Orsey,  J.  d',  CoUoquial  Portuguese.  2d  edit.  London,  Trübner. 
130  S.     12.  3  sh.  6  d. 

—  a  practica!  grammar  of  Portuguese  and  Englisb;  exhibiting,  in  a 
series  of  exercises  in  double  Iranslalion,  the  idiomalic  struclure  of 
both  languages  as  now  writtcn  and  spoken,  adapled  to  Ollendorff's 
System.     Ebd.     310  S.     8.  7  sh. 


f    Suracinviss. —  Wörd'ibiicli.  welclic  mclir.  Spr,  unifass.     115    ^ 


5.     Roiiiäuisch . 

Sehiillcr,  Joh.  Karl,  Kolinda.     Eine  Studie  iilici   romanische  Weih- 

nachlslieder.      Neujahrsgabe.       Hermaunstadl,    Sleinhausseri.  30  S. 

gr.  8.     geh.  Ve   »t« 


Wörici'-  und  ConvprsationsbücJier ,    welche  mehrere 
Sprachen  umfassen. 

Aram,  D.,  DictioiKiairo  abrege  arnienien-lurc-frangais.  Paris,  Wal- 
der.    323  S.     32. 

Castres,  Prof,  G.  W.  F.  de,  Handels-  und  Co-respondenz-Wörlcr- 
biich:  Französisch,  Englisch,  Deutsch.  Zugleich  Supplement  zu  al- 
len französ.  u.  engl,  llandelscorrespondenzen ,  namentlich  denen  v. 
C.  Munde  u.  Fr.  Noback.  Leipzig,  Gumprecht.  VI  u.  184  S.  gr.  8. 
geh.  %   K?. 

Keiff,  Ch.  Ph.,  Neue  Parallel-Wörterbücher  der  russischen,  französi- 
schen, deutschen  und  englischen  Sprache,  in  4  Thln.,  nach  den  Wör- 
terbiichern  der  russ.  Akademie,  der  französ.  Akademie,  von  Adelung, 
ileinsius,  Johnson,  Spiers  u,  A.  3.  Thl.  Deutsches  Wörterbuch. 
Erklärung  der  deutschen  Wörter  durch  das  Russische,  das  Franzö- 
sische und  das  Englische.  4.,  neu  bearb.  u.  sehr  verm.  Aufl.  Karls- 
ruhe  1861.   Leipzig,  Köhler.  LXXX  u.  816  S.  br.  8.  geh.  nn.'l^l^^. 

Heinsins*  deutsch-englisch-französisches  ConversalionsLuch  oder  An- 
weisung sich  im  Umgang  und  auf  der  Reise  in  französischer,  engli- 
scher und  deutscher  Sprache  in  den  gebräuchlichsten  Redensarten 
unterhalten  zu  können.  2.  Aufl.,  durchweg  verb,  u.  m.  einer  Samm- 
lung von  Anglicismen  ,  Gallicismen  und  Germanismen  verm.  v.  Aug. 
Albrecht.     Leipzig,  Gräbner.     206  S.      12.     cart.  ^ja  *^. 

USailouf,  N.,  Guide  en  trois  langues,  fran^aise,  anglaise  et  turque. 
Paris,  Maisonneuve  et  Ce.     XXIll  u.  203   S.     18. 

Ochoa,  D.  E.  de,  y  Ron  na,  Guia  de  la  conversacion  espanol-fran- 
ces-ilaliaco-ingles.     Paris,  Hingray.     711   S.     32.  3  fr. 

Bhode's,  F.  L. ,  Praktisches  Handbuch  der  Handels-Correspondenz 
und  des  Geschäflsstjls  in  deutscher,  französischer,  englischer  und 
italienischer  Sprache.  4.  verb.  u.  verm.  Aufl.  v.  Dr.  ßernh.  Leh- 
mann. 4—6.  Lfg.  (Schluss).  Frankfurt  a.  M.,  Sauerländer  1861. 
IV   S.  u.  S.  465-892.     gr.  8.     geb.  ä    I2V2  ngi 

Selig".,  Lehr.  M.,  Deulsch-französisch-englische  Conversations-Schule. 

Zum  Selbst-Unterricht.  2  Curse.  Berlin,  Selbstverl.  8.  geh.  an.  IV2»f. 

Inhalt:      1.   Praktische   Sprech-  u.  Leseschule.  288   S.  —    2.   Höhere  Con- 

versationsschule.      A.  u.   d.   T. :     Reise   durch  Frankreich,  England  u. 

Amerika,   deutsch,  französisch,  englisch  nebst  durchgäng.   Angabe  der 

Aussprache  u.   grammatikal.   Erläutergu.     VIII  u.    328   S. 

—  Wanderungen  durch  Paris.  Deutsch-französisch-englische  Ge- 
spräche über  Paris,  durchgehends  mit  Angabe  der  Aussprache  und 
grammatikal.  Erläuterungen.  Neueste  Methode  zum  Selbstunterricht 
in  der  heul,  französ.  u.  engl.  Umgangssprache.  Ebd.  X  u.  88  S. 
8.     geh.  n.  V/,   4. 

Taschenbuch  der  Handelscorrespondenz.  Mit  Anmerkgn.  u.  Wort- 
erklärgn.  zum  Selbstunterricht,  sowie  f.  Schulen  u.  Comptoire  bearb. 


#    116 


Alphabetisches  Rcg^ister. 


"1 


II.  Abth.:  Die  Handelscorrespondenz  in  deutscher  und  französischer 
Sprache.  Ursprünglich  bearb.  v.  Dir.  J.  Schantz.  In  '2.  Aufl. 
gänzlich  umgearb.  u.  versehen  mit  einer  Anleitung  zur  leichtern  Er- 
lernung des  kaufmänn.  Briefstils  yon  D.  Kaltbrunner.  2.  Tbl. 
Deutsch-französisch.     Leipzig,  Spanier.     XII  u.   164  S.     gr.  8.     geh. 

n.  Vz   4>-  (cpit. :  n.  2  4.) 


Alphabetisches    Register. 


Abekcn  ,  Phil.  d.  Sophokles.  24 
Abel,  iCTogia  t^?  Maxtdovkcg  59 
Abhandlgn.  d.   Berlin.  Akad.    6.  54 

—  d.   Böhm.  Ges.  d.   Wiss  C 

—  d.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  6 

—  d.  phil.  Gl.  d.  Bayr.Akad.  5"> 

—  f.  Kde.  d.  Morgenlds.  87 
Abu  nowas,  Divan  91 
Acta  soc.  sc.  üpsal.  55 
Adler-iMestiard,  leclures  allem.  98 
Adriani  (Plularch)  73 
Aeschines  20.  73 
Aeschj-Ius  VO.  73 
Aesop                                         20.  74 

—  in  franz.  üebers.  107 
Ahlwardt  (Abu  nowas)  91 
Ahn,  de  Bcntlejo  Miltoni  edit.    43 

—  german  language  42.  98 

—  ilal.  language  50 

—  langue  ilalienne  50 

—  tyske  sprog  98 
Albino,  dizion.  piemontese  112 
Albrecht,  neuer  deutsch-Fran- 

zos  107 

—  ital.  Sprachschatz  112 
Alexandre,  dict.  frang.-grec  15 

—  dict.  grec-frang. 
Ameis  (Homer) 
Ampelius 

Anak'klen  d.  mittelgr.  Liter. 
Andrezel,  excerpta  e  scriptt.  gr.  68 
Annalen  du  comite  flamand  46 

—  de  la  Soc.  acad.  de  Nantes  55 
Annuaire    de  la    Soc.    arch.    de 

Const.  1  1 

Anthologie  de  lilter.  frang.  111 

Antbon  (Caesar)  80 

—  (Cic.)  26 

—  (Com.  Nep.)  27 

—  (JuYenal)  28 
Antiphon  74 
Anton, de  hominis  habitunalurali  20 
Apollouius  74 
Appler,  Hebrew  language  35 
Apulejus                                            25 


65 
22 
80 

80 


Aiam,  dict.  armen.-turc-frang;.  115 
Archiv,    pädagogisches  1 

—  f.  d.  Sind.  d.  neuern  Spr.  30.  87 
Arislophanes  20.  74 
Aristoteles  '  20.  74 
Arisloxenus  74 
Arnd,  der  Pfahlgraben  58 
Aruelh,  archäol.  Funde  in  Cilli  12 
Arnold   (Aeschyl.)                               73 

—  (Corn.   Nep.)  27 

—  (Demosth.)  21.  75 

—  Engl-   Groek  lexicon  65 

—  Henry's  first  Latin  book        17 

—  (älor.)  83 

—  key  to   Greek  compos.  16 

—  Leben  d.  Horaz  27 
Ariian  74 
Arlaud  (Caesar)  25 
Aschbach,  röm.  Miiilärslat.  58 
Allienaeus  74 
Atti  deir  Istit.  Veneto  55 
Aubert  Ü  Wimmer  (Aristol.)  74 
Aucapilaine,  csq.  de  la  Kabyiie  58 
Aus  Hebels  Briefwechsel              37 


SSabrius 

Bäcker ,  langucs  de  la   France 

Bacmeister  (Freidank) 

—  (Gudrun) 
Raena  ,    cancionero 
Bahlmann,    quaeslt.  Quintii. 
Bährens,    deutsche  Sprach!. 
Bake  ,  Cic.   eerste  Calilinaria 
Baltzer,    Schillerrede 
Barao,    dicc.  aragon. 

Barb  ,    Ilamze-Orthogr. 

—  pers.  Verbum 

—  Transcr.  d.  arab.  Alph. 
Barberi,  dict.  franp.-ital. 
Hardarsaga 

Barretti,  diclionary 
Barisch,  Karlmeinet 

—  Schillers   (ilauben 
l'aucr,    lat.   Ilebunpsbuch 
Baumeister,    de  Alye 


74 
33 
99 
43 
51 
29 
97 
27 
39 
51 
9i 
34 
91 
107 
106 
101 
99 
96 
90 
61 


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Alphabetisches  Register. 


117    t 


.i 


Baumeister  (Homer)  76 

Baumgarlen,   Musterstiicke  44 

Baur,    Schilleriede  39 

ßause,  de  Poljcrate  59 

Bazzarini ,  vocab.  Latino-Ital.  66 

Beard,  Laiin  made  easy  17 
Beaussire,  de  tragoed.  e  Plut. 

ductis  43 

Bech,  spicil.  verb.  in  Passionali  41 

Bechard,    droit  municipal  10 

Becbsteio  ;Biblioth.)  99 
Bedeutung    des    lüOj.  Geb.    v. 

Schiller  39 

Beeskow,  Cephaionia  58 

Beiträge  z.  ygl.  Sprachforschg.  31 

Beleze  (Plutarch)  24 

Bellaguet  (Soph.)  24 


Belleaiare,    gramm.  arabe 


35 


Bellenger,   guide  de  convers.  44 

Bendsen,   nordfries.  Sprache  41 

Benseier  (Aeschines'  73 

Bensen,    Hieroglyphen  33 

Berchem  ,  de  Naevio  85 

Berg,    dansk  sprogiaere  47 

—  franz.  Sprachl.  107 

—  (Plutarch)  78 


Berger  de  X.,  Cic.  et  Ges. 


82 


Bergh,    de  annalium  scriptorib.   15 


Bergk,    meletemata  lyrica 


23 


—  de  pervigilio  Veneria  26 

—  quaestt.  Enuian.  27 

—  tragic.  gr.  versus  25 
Bergmann,  les  Scylhes  9 
Bericht  üb.  d.   Vhdign.  d.   Berl. 

Ak.  7 

Berichte  d.  Lei pz.  Ges.  d.  Wiss.  7.55 
Bernouilli,    Tiberius  59 

Bertrand,    dieux  des  höros  76 

Ber?ille  (Verg.)  86 

Besse,    Eupatriden  60 

Betolaud  (Plutarch)  24.  78 

Beule,  fcuilles  ä  Carthage  58 

Beyerle  (Tacit.)  86 

Biblioteca  d'autori  ital.  113 

Biblioteka  pisarzy  polskich  93 

Bibliothek  d.  deutschen  Nat  Lit.  99 

—  fianz.  Werke  111 
Bibliotb^que  franc«  49 

—  illustree  111 
Binder,  adagia  latina  58 
Blakesley  (Herodot)  21 
Blanc,  Stellen  d.  göttl.  Komödie  50 

—  vocab.  Daotesco  111 
Blanchet,  le  Faust  de  Goethe  95 
Blume,   lat.  Gramm.  70 

—  lat.  Vorübungen  70 
ßockemüller,  de  elisione  16 
Bode,  älteste  Gesch.  Roms.         59 


Bodenstcdt,  Sbaksp.  Zeitgenoss.  100 
Boerio,   diz.   Veueziano  112 


Bogren  ,    Prodici  Tabula 


80 


Böhtlingk,  Sanskr.-V\  örterb.  34.  90 
Boinvilliers,    dict.  frauQ.-latin     66 

—  maouel  latin  70 
Bonghi  (Plalo)  77 
Bonitz  ,    piaton.  Stud.  77 

—  Lrspr.  d.  homer.  Ged.  22 
Bonneil,  latein.  \  ocabul.  17 
Booch-Arkossy,  span.  Wörterb.  51 
Bopp,  vglcb.  Gramm.  33 
Borring,  frausk-dansk  ordb.  106 
Böttcher,  d.  Alphab.  Urspr.  89 
Böttger,  engl.  Wörterb.  43 
Bötticher,  Omphalos  des  Zeus  12 
Bouffier,  franz.  Lehrg.  48.  107 
Bouillet  (Piotin)  78 
Bozzi,  franz.  Conyers.  Taschenb.  107 
Hrandis,  Gesch.  d.  gr.  röm.  Pbil.  65 
Brandt  (Thucyd.)  79 
Brasch,  span.  Hdb.  114 
Bräsicke,  dtschr.  Sprachmstr.  42.  97 
Brause,  commentt.  in  Pausanian  23 
Braut,  Eurip.  mulier.  osor  75 
Bräutigam,  deutsche  Si^-achl.  42 
Briccolani,  dict.  franc-  ital.  112 
Brinckmeier,  Glossar,  diplom.  16 
Britzelmayr,  z.  thcsaurus  latiaus  15 
Brockhaus  (Hafis)  34.  90 
Broglie,  l'eglise  et  l'emp.  rom.  59 
ßrohm  (Aurel.  Vict.)  87 
Bromao,  consecutio  tempor.  69 
Bruce  (Verg.)  86 
Brück,  deutsche  Nennwörter  98 
Brücke,  zur  arab.  Lautlehre  92 
ßrueys,  l'avocat  Patelin  108 
Bruun,  tydsk  grammatik  98 
Bucher,  griech  V^orschule  68 
Buchon  (Thucyd.)  79 
ßüchsenschülz  (Xenoph.)  25.  80 
Bude  (Üemosth.)                              21 

—  Thucyd,  ^  79 
Bujack,  de  Sileno  24 
Bulletin  de  l'Acad.  de  Pötersb.  55 
Bunsen,  Egypts  place  61 
Burkhard,  Eigenth.  d.  fr.  Spr.  108 
Burnouf,    grammaire  grecque       68 

—  langue  grecque  17 
Busch,  de  Copticae  ling.  prae- 

pos.  93 

Buschmann,    das  Apache  93 

—  athapask.  Sprachslamm  93 
Buli,  commento  sopra  Dante  112 
Butler  (Sallust)  29 
Butlmaiin,  Lexilogus  66 
Butlura  ,  dict.  italien  112 
Byron,  works                                 104 


x_.. 


* 

T 


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118 


Alpliabetisches  Register, 


^ 


C,  du  stoicisme 

Caballero,  vocabulario 

Caesar  25.  26,  80 

Callimachus 

Campuzano,   dicc.  castell, 

Canel  (Calull) 

Carmina  popularia 

Carteüer  (Hör.) 

Cassani .  proverLi   Trieslini 

Caslillo  ,   dial.  esp.-arabes 

Caslres,    Handelswörlerb. 

Calo 

CatuU 

Cavallin 


15 
113 

81 
74 
51 
26 
80 
83 

113 
92 

115 
81 
81 
81 
29 
83 
26 
6S 
29.  85 


26. 


(Cic.) 
• —     ad  Ovid.  proieg. 
Cayron  (llor.) 
Celsus 

Chab;ert,    gramm.  grecque 
Charpenlier  (Seneca) 
Chase,  Sanscr.  &  Engl,  analog.  33 
Chassang,  des  romans  dans  l'an- 

tiq.  gr.  65 

Cheiubini,    vocab.  ilaüano  112 

Christ,  Kedeutg.  d.Sanskrilslud.  33 
Chwolson,    über  Tammüz  61 

Cicero  •  26.  27.  81.  82 

Claeson,  spräkels  Ursprung  89 

Classiker  des  Alterthunis  19.  72 
Ciarke,  concordance  oT  Shaksp.  100 
Ciavier,    litter.  f'rang.  107 

Clemen,  Hdb.  d.  alten  (lesch.  9 
Clerc ,    sur  Alaise  26 

Clos^s  (Jordanes)  84 

Clougb,   Greek  history  59 

Cobbett,    Latin  grammar  70 

Cognat  (IMularch)  78 

Cohen,  monnaies  imperiales  13.64 
Coleccion  de  aut.  espan.  51.  114 
Collection  of  British  authors  45.  104 
Collier,  Coleridge  and  Shaksp.   100 

—  reply  to  Hamilton  43 
Conrad ,  gradus  ad  Parn.  67 
Conles  petita  pour  1.  enl',  108 
Cornel.  Nepos  27,  82 
Cournol  (Horat.)                      '        27 

—  (Vergil)  30 
Crain ,  tnvXkia  Foi/^lov  58 
Crocelius,  über  d.  Wurzel  fxa  67 
Croisot  (Sallust,)                              85 

—  (Soph.)  79 
Cron  (Plato)  '23 
Croxall  (Aesop.)  20 
Currie  (Hör.)                        .              83 

—  noles  on  Horace  84 
Curlius,  Grieksche  sjnlaxis  68 
Cuvillier  (Plularch)  78 

Dabas,    du  genie  grcc  91 


v* 

f 


Dammann,  knowledge  of  Germ.  42 
Davies  (Babrius)  74 

Occameron  43 

Dederich,  Hdb,  d.  alten  Gesch.  9 
Degenhardt,    engl.  Lehrg.  102 

Deinhardt,  Würdig.  Schillers  96 
Delacroix,  Alesia  26 

Delanneau,    dict.   franc  107 

Delepierre ,  Flemish  litterature  46 
Demmler,  German  exercises  42 
Demoslhenes  20.  21,  74.  75 

Üönervaud,  engl.  Cbrestom.  44 
Denkmäler  der  alten  Kunst  63 

—  Forschgn,  u.  Berichte  11.  61 
Denkschriften  d.  Wien.  Akad.  55 
Desfontaines  (Verg.)  86 
Desjardins,  campagne  de  Rome  13 
Detlmer,  griech.  Vocabularium  68 
Deuschle  (Plato)  23 
Diccion.  castell.  51.  114 
Dictionnaire  fran^ais  107 
DieJenbach,  origines  europ,  89 
Diemer,  de  Prodico  15 
Dieterici,  Naturphil.  d.  Araber  92 
Dietrichs  1.  Ausfahrt  43 
Dietsch  (Sallust.)  29 
Diez,  Gramm  d.  rom.  Spr.  106 
Dihle,    Materialien    zu  griech. 

Exerc.  17 

Dillenburger  (Hör.)  83 

Dindorf  (Soph.)  78 

Dionysius  B)'zantius  75 

—  Halic.  75 
Dirksen  ,  röm.-rechtl.  Mitth.  in 

Tac.  30 

Dissel,  Holl.-Maleisch  woord.  91 
Döderlein,  de  deor.  Homer,  no- 

minn.  22 

—  (Hör.)  83 
Reden  8 

Dominicus,  griech.  Elementarb.  68 
Donaldson  (Jashar)  92 

—  Varronianus  59 
Dondorff,  lonier  auf  Euböa  59 
Donner  (Pindar)  23 
Dorfmüller,  Gott  Hermes  61 
Dorn,  iran.  Sprachen  90 
Dozy,  lilter.  de  l'Espagne  50 
Dräfjer,     Sprachgebr.    d.   röm. 

Histor.  27 

Drake  (Demosth.)  21 

Dressel,  Schillerrede  39 

Drouyn  ,  jardins  zoolog.  10 

Dubb  ,    Franska  spraket  48 

Dübner  (Caesar)  81 

—  (Cic.)  26 

—  (Corn.  N.)  82 

—  (Demosth.)  75 


f 


r 


Al])!ial>efisches  Reg'istci 


II 


Dübner  (Homer)    .  76 

—  lexiqiic  fran^.-grec  66 

—  (Verg.)  86 

—  (Xenoph.)  ^  79 
Dukes,  Salomo  ben  (iabirol  35 
Dumas,  Jeanne  d'Arc  108 
Duncan  (Caesar)  25 
Dünnebier,  griech.  Elementarb.  17 
Düulzer  (Erläutergn.)  95 

—  Göthe  u.  Karl  August  95 

—  Gölhestudien  95 
Duperron  (Cic.)  26 
Düringsfeld,  v.  d.  Scheide  zur 

Maas 
Durozoir  (Sallust) 
Diirr's  collection 


105 
'29 
104 
Dürre,  breviarium  sj'ntaxis  laU   !7 


46. 


Ebhardt,  de  anacoluthis  gr.  16 
Edda   Saemundar  46 

Ed6n  (Xeuoph.)  80 

Edgeworlh,    early  lessons  102 

Egger,  honneurspubl.  desAlh^n.  60 

—  origines  de  la  prose  gr.         15 

—  la  poesie  paslorale  15 
Eichert  (Com.  N.)                           82 

—  Wörterb.  zu  Cäsar  26 
Eichhoff,  de  consecrat.  ap.  Rom.  60 

—  poösie  des  Indiens  34 
Eimele,  syntaxe  des  temps  passös  107 
El-Bekri  35 
Elite  des  class.  frang,  49 
Ellendt,  lat.  Leseb.  70 
EUissen  (Analekten)  80 
Elvenich,  de  geueribuspoesis  Gr.  65 
Elwell,  dict.  franc.-angl.              101 

—  English  dict.  101 
Elze,  deutsche  Familieunamen  97 
Emporen  drammatico  113 
Enault,  liter.  des  Indous  90 
Endler,  quaestt.  Caesar.  26 
Engstrand,  de  Cic.  .Academ.  82 
Ennius  27 
Ephorus  21 
'ErriygeKfctt  "^Ekkrjyiy.ai  64 
Erläutergn.  zu    den  deutschen 

Class.  _  37.  95 

Es,  opstellen  terrertalling  in  Gr.  68 
Eschenhagen,  zur  plattd.  Spr.  95 
Etangs  (Celsus)  26 

Euripides  21.  75 

Exercices  pratiques  98 

Fabretti,    gloss.  Ital.  66 

Facciolati,  lexicon  tot.  laiin.  16.68 
Falkener,    Daedalus  63 

—  museum  of  class.  antiq.  63 
Farrar,    origin  of  language  89 


Fäsi  (Homer)  76 

Fauche,  oeuvres  de  Kalidasa  34 
Fausset  (Homer)  22 

Fedde,    de   Perseo  61 

Feifalik,   über  2  böhm.   Volks- 
bücher 36 

—  z.  Gesch.  d.  altböhm.  Liter. 

36.  93 

—  Königinhofer  Hdschr.  93 

—  (Werner)  100 
Feldbausch  (flor.)  ^3 

—  lat.  Schulgr.  70 

—  lat.  üebungsbuch  70 
Fenölon,  Telemaque  108 
Ferreira,  lex.  latinum  et  lusit.  16 
Fesenmair,  griech.  Uebungsb.  68 
Festreden  auf  Schiller  39 
Feugere  (Cic.)  82 
Feuillatre  (Soph.)  24 
Fiebig  (masterpieces)  46 
Filippi,    ilal.  Elem.-Buch  50 

—  ital.  Sprachl.  50.  1  12 
Filii,  corso  pratico(ling.  franc.)  108 
Fineman,  Swensk  spraklära  106 
Fischer,  griech.  Mjtfi.  u.  Aniiq.  60 

—  Schillerrede  39 
Fistaine,  dansk-tydsk  tolk  106 
Fitling,  Alter  d.  Juristen  84 
Flor,   Danske  litter.                     106 

—  die  Pelasger  59 
Florian,  fables                               108 

—  Tel!  108 
Flügel,  hanef.  Rechtsgel.  92 

—  proped.  ledesca  42 
Forhandlinger    i    Vid.-Selsk,    i 

Christ.  56 

Fornsögur  106 

Forslund  (Cic.)  81 

Francken,  grieksche  rudimenta  68 
Frank,  deutsche  Lit.-Gesch.  95 
Franke  (Aeschines)  20 

—  Chrestom.  aus  röm.  Dichtern  17 

—  de  curialibus   Romanis  60 

—  de  partic.  negantibus  gr.  16 
Fränkel,  zu  Cic.  de  orat.  82 
Franzose,    d.  beredte                    108 

—  d.  geschickte  108 
Frauer,  ahd.  Sprache  u.  Liter.  41 
Freidank  99 
Frick  (Dionys.  Byz.)  75 
Fricke,  deutsche  Grammatik  98 
Friederichs,  die  philoslr.  Cilder  13 
Friedländer,  fab.  Apul.  de  Psyche  25 

—  de  locis  Cicer.  27 
yindic.  Nicanoreae  22 

Friedlein,  griech.  Leseb.  68 

Frigell  (Caesar)  81 

—  komment.  tili  Caesar  81 


f     120 


Aiphabetisclies  Register. 


-^^ 


.A. 


Fritsch,  nam,  enim  67 

Fritze  (Eurip.)  *21 
Fritzsche ,   de  Aristoph.  recens.  74 

—  de  Hjperidis  laudat.   fuii.  22 

—  lectt.  Terent.  86 

—  (Lucian)  77 

—  zu  Theokr.  u.  Virg.  79 
Fröhlich  ,  illirische  Gramm,  94 
Frölich  (Tibull)  30 
Fryxell,  Swensk  litt.  bist.  106 
Funck,  Cic.  Charakter  82 


Funk,  ovTog  bei  Homer 


76 


Furtwängler,  Idee  des  Todes  10.  61 

Cabelenz,  d.  raelanes.  Sprachen  34 

100 
61 

78 
84 
39 
108 
34 


f. 


Uppströms  cod.  arg 
Gaedechcns,  Glaukos 
Ga]uski  (Plutarch) 
Garcke,    Hör.  Hb.    1. 
Gardthausen,  Schillerrede 
Gatt,    d.  perfecte  Franzose 
Gatti,  il   Bhagavad-Gila 

Gebauer,  de  Theoer.  carminn.  79 

Gebhart,  bist,  du  sentim.  poetiq.  15 

—  de  Ulyssis  persona  15 
Gellius  27 
Generat,  les  peuples  du  Rb6ne  9 
Genouille  (Cic.)  81 
Genlbe,  de  Lucani  vita  84 
Genus-Regeln,  lat.  70 
Geoffroj  (Plutarch)  24 
Geoponicon  92 
Georg,  franz.  Elem. -Gramm,  48 

—  franz.  Gramm.  108 
George,  dictionn.  fran?.  47 
Geppert  (Plautus)  29 
Gerhard,  Altar  der  Victoria  59 

—  archäolog.  Sammlgn.  63 

—  Metallspiegel  der  Etrusker  63 
Gerlach,  dict.  frang.  47 

—  de  rer.  Rom    primordiis  9 

—  Sage  u.  Forschung  59 
Germania  37 
Geschlechtsregeln  d.  lat.  Gr.  70 
Geyer,  üb.  trag.  Kunst  79 
Gibbon,  dncline  &  fall  .')9 
Giefers,  cbronol.  üebers.  59 
Gieseke,  videri  Homer,  commem.  22 
Giles  (Aeschyliis)  73 

—  (Pindar)  77 

—  (Plato)  23 
Girard  (Cic)  82 

—  sur  Thucyd.  79 
Gischig,  gramm.  franf,  48 
Gislasou  oldnord.  sprog  106 
Glossarium  zu  Reichel  79 
Göbel  (Bibliothek)                          lU 

Juvcnaliana  84 


Göbel,  depoeticoTac.  stili  colore  30 

Goldbmith,   vicar  of  Wakef,  102 

Goldstücker,  dict,  sanskr.  90 

Göler,    Cäs.  gal!.  Krieg  81 

—  K.  zu  Caesar  81 
Göll ,  de  Rom.  aedilibus  10 
Golotusow,  russ,  Chrestom.  36 
Goodwin,  moods  &  tensea  68 
Götlling,  de  Callim.  XXV.  74 

—  Carmen  Horaeri  fornac.  22 

—  in  Hör.  Od.  HI,  4,  10.  27 
Gotlschall,  deutsche  INal.-Lit.  95 
Götzinger,  Caedmon  100 
Gradus  ad  Parnassum  67 
Grafström,  de  tribunis  plebis  60 
Grammatici  latini  82 
Grasberger,  de  usu  Plin.  29 
Gräser,    engl.  Lehrg.  44 

—  thesaurus  of  poetry  99 
Grässe,  Literärgesch.  33 

—  orbis  latinus  66 
Gredy,  Lit.-Gesch,  37 
Grimm,  Bruchstücke  aus  d.  Ro- 
seng. 100 

—  deutsches  Wörterb.  41 

—  (Freidank)  99 

—  Rede  auf  Schiller  39 
Gros-Claude,  secröt,  univers,  108 
Grote,    Plato's  doctrine  77 

—  storia  della  Grecia  59 
Grout,  the  Isizulu  35 
Groves,  Greek-Engl,  diction.  66 
Gruber,  lat  Uebungsb.  70 
Grün,  Schillerrede  39 
Grünewald,  deutsche  Spracbl.  98 
Grzonka  ,  deutsche  Sprachl.  98 
Gudemann,  Moslih-ed-din  35 
Gudrun  43 
Guerard,   exerc,  latins  70 

gramm,  latine  17 
Guhl  &  Koner,  Leben  d.  Grie- 
chen 60 
Guichet,  Ital,  key  50 
Gumaelius,  om  Lat,  orthoepi  69 
Guttentag,  de  Lucian.  Toxar.  77 
Gwilt  (Vilruv)  30 

Haacke,  lat.  üebers, -Buch  17 
Haas,    Grenzen  d.  roman.  Spr.  47 

—  320  franz.  Regeln  109 

—  die  Nibelungen  95 
Haase,    miscell.  pbilol.  19 

—  ad  Senecam  29 
Habenicht,  Grundz.  d.  lat.  Pro- 

sodie  67 
Hafis                                           34.  90 

Hahn,  deutsche  Lit.-Gesch,  38 
Hainebach,  W urzelo  pEi:  u.  ESS  16 


I 


^^ 


t 


Alpliabetisclies   Register. 


12t 


-n 


Hakbijl,  Engelsch  brieyen  102 
Halevy  (Acschyl.)  73 

—  (JlerocJian)  21 
Hall,  roots  of  ihe  Greek  longiie  69 
Halliwell,  dict.of  archaic  words   101 

—  Engl,  diclionary  43 
Halm  (Cicero)  26 
Hamilton,  inquiry  43 
Handlingar,  Svenska  Vet.  Akad.  56 
Hänei,  corpus  s.  Leges  28 
Hanoteau,  gramm.  Tamachek  92 
Hanow,  in  Thcophr.  chaiact.  79 
Hansing,  latein.  Fabeln  18 
d'Hargues  ,  franz.  Lehrg.  109 
Harrehomöe,  Nedcrl.  woordenb. 

46.   105 
Harris,     Latin  syntax  70 

Harlmano,  zum  röm.  Kalender  60 
Hartwig  (Justin.)  28 

Haupt,    Demostbenes  75 

—  z.Kde.  dtschr.  Sprachdenkm.  1  00 

—  obserTalt.  Aeschyl.  74 

—  de  verss.  Aetnae  28 
Hebels  Briefe  38 
Hedley,  engl.  Lehrg.  102 
Hegesippus  83 
Heidelberg,  in  Arist.  aves  20 
Heimsoeth,  Find.  Pylh.  1.  23 
Heindl,  Biogr.  d.  Pädagogen  5*^ 
Heiniscb,  de  Tariti  locis  86 
Heinrichs,  de  ablat.  ap.  Terent.  30 
Heinsius,  Conversationsb.  115 
Heinze,  de  actorumdiurn.fragm.   10 

—  Stoic.  de  affect.  doctr.  65 
Heise  (Plato) 

Heibig,  zur  Orientirg  in  d.  al- 
ten Num.  13 
Henrirlisen,  Latinske  opgaver  70 
Henriques,  subj.  fran^.  109 
Her,  Tiro  der  Anfänger  70 
Hericault,  epopee  frang.  47 
Herodian  21.  76 
Herodot  21.  76 
Herranz,  gramm.  castell.  51 
Herrig,    British   class.  authors     46 

—  la  France  littöraire  49 
Hertlein  (Xenoph.)  79 
Hertz  (Liv.)  84 
Herlzberg,  Schillerrede  39 
Herwerden,  spicil.  Vatic.  76 
Hesiod  21.  76 
Hesychius  21.  76 
Hetzel,  Hesiodi  op.  et  dies  21 
Heurlin,  de  Lycurgo  oratore  23 
Heuzey,  le  mont  Olympe  9 
Heyne,  deutsche  Sprachl.  98 
Hiecke,  Göthes  Grösse                  38 

—  Lachm.   10.  Lied.  d.  11.  76 


Hibipbrand,   Gesch.  d.  Rechts- 

philos.  65 

—  Zoitw.  m.  d.  bl.  Abi.  69 
Hinzpeter  (Com.  N.)  82 
Hirsch,  Aristoxenus  74 
Historici  lalini  27.  76 
Hobler,  Roman  history  9 
Höchsten,  franz.  Uebungsb.  48 
Hofferichler,  Schillerrede  39 
HolTmann,  catalogue  de  Fontana  13 

—  deutsches  Wörterb.  41 

—  homer.  Untersuchgn.  22 

—  lat.  Zeilpartikeln  69 

—  V.  Fallersl  ,  Findlinge  38 

—  —  dtsche.  Gesellsch.-Lieder  95 

—  Wörterb.  d.  deutschen  Spr. 

96.  97 

Hofmann  (Gic.)  82 
Hofstelter,    franz.  Convers.          109 

Holder-Egger,   dtsche.  Sprachl.  98 


Holm  ,  graeske  undersaatter 


60 


Holovackij,    russ.  Leseb.  94 

Holzamer,  engl.  Leseb.  102 

Homer  22.  76 

Hoppe,  de  tragic.  comparat.  79 
Horatius  27.  83.  84 

Horaz  als  Aesthet.  84 

Hubner,  de  senatus  Rom.  actis  10 
Hiilfsbuch  f.  d.  franz.  Unlerr.  109 
Hülsmann,  Shaksp.  100 

Hultsch  ,    quaestt.  Polyb.  24 

Humbert,  Phorm.  de  Teience  86 
Humboldt,  origine  des  formes 

gramm.  33 

Huret  (Xenoph.)  80 

liüser,  was  hat  Schiller  bedeutet  39 
Hution,  principia  graeca  17 

Hyperides  22.  77 

•Jaba,    notices  Kourdes  91 

Jacob,    greek  grammar  17 

—  specim.  emendat.  77 
Jacobs  ,  lat.  Elementarb.  70 
Jahn,Alterlhumssludienin  Dtschld.8 

—  (Pausanias)  77 

—  Tod  der  Sophoniba  13 
Jahrbücher,    Jahn's               1.  2.  53 

—  f.  roman.  Lit.  87 

—  d.Ver.  V.Alt.  Fr.  im  Rheinl.  12 
.'ames.  Engl,  diction.  101 
Jan,    zu  Eurip.  Iph.  T.  75 

—  (Plinius)  85 
Janet,  dialectique  dans  Piaton  77 
Janezic,  sloven.  Sprachb.  36 
Janin  (Hör.)  83 
.lanson,  de  gr.  paullo  post  futuro  68 
Jashar  92 
Jeep,  aliquot  loci  ex  Cic.  oratt.  82 


i 


t    122 


^ 


Alphabetisches  Reg^ister. 


^ 


Jenicke  (Cic.) 
Jezbera,   pismenech 
!fe  ,   kleiner  Italiener 
Imhof,    de   Silv.   Slat. 
Ingerslev,    fransk  grammalik 
Inscripc.  ärabes 
Johannsson  (Aescbyl.) 
Jordan  (Calo) 


81 
93 

112 
85 

109 
92 
73 

81 
ansgew.  Stücke  aus  Livius  70 
Jordanes  28.  84 

Journal  of  American  Soc.  88 

—  of  Asiatic  Soc.  88 

—  asiatique  31 

—  of  classic,  phil.  2 
Isaeus  2'2 
Isocrates  77 
Italiener,  der  beredte  50 
Jungclaussen,  Schillerrede  39 
Jurisconsulti  84 
Just,  fierman  reading  book  98 
Justi,  ästhet.  Elem.  d.  plat.  Phil.  23 
Justinus  28 
Juvenal                                       28.  84 

Rahleis,  tysk  spraklara  98 

Kalmus,    quaestt.   Verg.  87 

Kamienski,  cours  allemand  99 

Kappes ,  zu  Verg.  Aeneide  30 

Kastein,  Schiller  39 

Kayser  (Horat.)  27 

Keil  (gramm.  lat.)  82 

—  quaestt.  grammaticae  17 
Keller  (Docameron)  43 

—  Grundr.  d.   Institutionen  10 

—  ad  Pliu.  XIV,  4.  85 

—  Schillerlit.  96 
Kemmer,  engl.  Ausspr,  44 
Kennedy,  orphan  of  Waterloo  102 
Kenner,  archäol.  Funde  in  Oe- 

sterr. 
Kercos  (Plutarch) 
Kern  ,    Nederl.  taal 
Kiepert,    Graeciae  tabula 
Kiessling  (Dion.   Hai.) 
Kinkel,  Schillerrede 
Kindscher  ,    emendatt.  Caesar 
KirchhofT,  Thucyd. 
Klette,    catal.  chirogr.  Bonn. 
Kleyn ,    in  Cic.  epp.  ad  famm 


^ 


Klotz  (Euripides)    "  21 

Klügmann,  de  Ephoro 
Knebel,   franz.  Gramm. 
Knorr  (Rein,  vulpes) 
Knötel,  Cheops 
Koch,   deutsche  Elem. -Gramm 

—  deutsche  Gramm. 

—  emendatt.  Liv. 

—  Figuren  u.  Tropen 


63 
78 

105 
9 
75 
39 
81 
79 
58 
27 
75 
21 
48 
43 
61 

.  42 
42 
84 
41 


Ftöchly,    Heklors  Lösg.  22 

—  de  Hesiod.  Theog.  76 

—  de  lliad.  V-Vll.  76 

—  (Onosander)  23 
Köhler,  Engl,  dicfion.  101 
Kölle,  engl.  Sprachb.  102 
Koluthos  22 
Koran  35.  92 
Korzilius,  Maximus  59 
Kosegarten,  niederd.  Wörlerb.  97 
Kossan,  deutscher  Leitf.  98 
Köstlin,  Gölhe's  Faust  38 
Kolschula,  deutsche  Sprachl.  99 
Kramers,  Nederd.  woordenb.  46. 105 
Kraner  (Caesar)  25 
Kranichfeld,  Plat.  de  ^doyfj  senil.  77 
Krebs,  Anitg.  z.  Lat.-Sc'hr.  71 
Kretschmer,  Schillerrede  39.  40 
Kritz  (Tacit.)  S6 
Kroschel,de  Piaton.  Protag.  lemp.23 
Krüger  (Horat.)  27 

—  theolog.  Pausan.  23 

—  (Thucyd.)  25 
Kühner,    lat.  Elementargramm.   18 

—  Grieksche  taal  69 

—  Lat.  taal  71 

—  Lat.  grammatica  71 
Kuhr,  lat.  LTebungsb.  71 
Kupfer,  ad  Aesch.  Persas  74 
Kurz,  Leitf.  d.  Lit. -Gesch.  38 

—  Lit.-Geschichte  38.  95 
Küttner,  sponte  et  ultro  69 

—  syntaxe  latine  71 
Kuyper,  Nederl.  spraakleer  105 
Kyprianos.,   'Ekkrju.  r.  Stvotf.         80 

S^aas,    tvdai/.iovicc  Aristot.  20 

Lachmacn  (Lucret.)  28 

Lacroix,   album  poölique  50 

Ladewig  (Vergil)  30 

Laferriere,   infl.  du  stoicisme  65 

La  Fruston,  echo  fran^ais  109 

Lafuente  (inscr.  arabes)  92 

Lagarde  (Titus  Boslrenus)  35 

Lamartine,    voy.  en  Orient  109 

Lamb,   6   tales  from  Shaksp.  44 

Lambeck,   de  Mercurii  statua  63 

Landoni ,    paradiso  di  Dante  112 

Lange,    deutsche  Sprachl.  98 

—  de  loc.  nonn.  Soph.  79 
Lansac  (Corn.  Nep.)  27 
Lanza ,  palazzo  di  Dioclez.  63 
La  Roche,  Fliatus  &  Elis.  76 
Lassen,  tydsk  lacsebog  99 
Latham,  philological  essays  8 
Lattmann,  lat.  Regeln  71 
Lau,  Leben  des  Dion.  9 
Leake,  suppl.  to  Numism.  Hellen.  13 


i 


r' 


AlpliabetJsches  Register. 


123    I 


71 
67 
40 
26 
69 
18 
66 
69 
66 

109 
28 
94 
81 
44 
47 
25 

1)2 
26 
21 
58 


3( 


Leary  (Homer)  22.  76 

L»'l>ahn,    first  Gcrman  course      42 

Lebaigue,  lliemes  laliiis 

Le   (Jievalicr,   prosodie  laline 

Lechner,    Schiller 

Lcciair  (Cic.) 

—  graniin.  grecque 

—  graniiu.  latine 
Lecluse,    lex.  trang.-grec 
Lecomle,  gramm.  grecque 
Le  Coriiey,  diel.  frang;--lalin 
Leclures,  premieres,  franc. 
Loge« 

Le  Gonidec,  vocab.  breton 
Legouez  (Cicero) 
Lehmann,  engl.  W  örterb. 
Leinburg,  schwed.  Hausschalz 
Lejourdan,  chanls  de  Tyrtee 
Lektionen,  in  d.  ilal.  Spr. 
Lenormant,  sur  l'Alesia 
Leprevost  (Demoslh.) 
Lessmann,  literae  Nie.  Heinsii 
Luvin,  synonyme  i  Dansk  47.  106 
L'Hermile,  corresp.  commerc.  52 
Lhomond,  gramm.  laline  71 

Library  of  British  poets  46.  104 
Lieberkühn,  de  cegalt.  fxtj  ov  68 
Liebert,    Miiton  lOü 

Lilienthal,  de  geneve  trajection.  69 
Linde,   slownik  jezyka   polsk. 
Lindner,  cothurnus  Soph. 
Lipsius,  de  Aristide  Plut. 

—  de  Soph.  emend.  pracs. 
Livius  28. 
Löfsledt,   de  pace  Philocr. 
Long  (Cicero) 

—  (Sallust) 
Lorey,    Schillers  Leben 
Lotheissen,    Milton 
Louandre  (Caesar) 
Lower,    patronym.   ßrilannica 
Lühen,    deutsche  Liter. 
Lübker,    Schillerrede 
Lucae,  de  Parzivalis  locis 
Lucan 

Luce,    de  Gaidone 
Lucian 
Lucilius 
Lizcretius 

Ludwig,    zur  Kritik  d.  Acsch. 
Lukaszewicz  ,    pism.  polskiego 
Lundehn  (Anthologie) 
Lundgren,    skeireins  aivagg. 
Lurenne,     French-Eiigl.  dict. 
Lutgen,    methode  allemande 
Lültgert,    theolog.  V^arron. 
Lycophron 
Lycurgus 


36 

79 

24 

79 

84 

75 

81 

29 

40 

100 

25 

101 

95 

40 

38 

84 

106 

77 

28 

28 

74 

93 

111 

100 

101 

99 

86 

22 

23.  77 


Lyrici  graeci 
Lysander  (Lycophr.) 

—  Romcrska  litt.  bist. 
Lysias 

ITlachat,    franz.  Sprachlehre 
Macleane  (lior.) 
iVladyig,    emendatl.  Liv. 
Magerstedt,  röm.  Landwirlhsch. 
Malloul,    guide  en  3  langues 
iMännell,    classical  leltres 
JVlarbach  (Nibel.  Lied) 

—  (Sophocles) 
Marchand  (Cic.) 

Marcowitz,  de  summo  deo  quid 

exist. 
Marcus,   Schiller  40. 

Marie  (Cic.)  26. 

Marion  (Demoslh.) 
Maronski,   de  auguribus  Rom. 
Marlin  (Horat.) 

—  Hör.  epod. 

Marlinez,    dict.  frang.-espagn. 

—  nouveau   Sobrino 
Maivejouls,    Agrigente 
Maslerpicces  of  Engl,  litter. 
Materne  (Aeschyl.) 

—  (Demosth.) 

—  (Plutarch) 

—  (Tacitus) 
Mathematici  graeci 
Matthes,    Makass.  chreslom. 

—  Makass.   woordenb. 
Maunoury,    gramm.  grecque 
Maury,    la  magie  et  l'aslrol. 
Mohler,  grieksch  woordenb. 
Meier,    opusc.  acad. 

—  phönik.  Sprachdenkm. 
Meineke  (Aristoph.) 

—  (Stobaeus; 
Meister,    quaestt.  Quinlil. 
Melanges  gröco-romains 
Melford,    engl.   Leseb. 
Memoires  de  l'Acad.  d'Arras 

—  —     de  Caen 

—  —     de  Dijon 

—  —     du  Gard 

—  —     de  Lyon 

—  —     de  Marseille 

—  —     de  Metz  7. 

—  —     de   St.   Pelersbourg    7. 

—  —     de   Stanislas 

—  cour.  par  l'Ac.  de  Helg. 

—  de  rinstit.  de  France 

—  presenles    ä  l'Acad.  de  St. 
Petersb. 

Memorie  della  R.  Accad.  di  Napo 

—  —     di  Torino 


23 

22 
65 

77 

48 
83 
84 
60 
115 
102 
43 
24 
81 

65 
96 
82 
75 
60 
27 
84 
114 
114 
58 
46 
73 
75 
78 
29 
23 
91 
91 
69 
10 
66 
58 
92 
74 
25 
29 
56 
102 
56 
56 
7 
56 
56 
7 
56 
56 
56 
56 
56 

56 

li  7 

56 


vVC-_/^ 


#    124 


^ 


Alpliabetisches  Reg'lster. 


Memorie  dell'  Ist.  Veneto  56 

Menant,    iiiscr.  assyriennes  15 

iVleiiard,    de  Sacra  poesi  Graec.  65 

Menke,    orbis  antiquus  59 

Menn,  quaest.  perpetuae  60 

Menzel,    Kunstwerke                13.  63 

Mercklin,  Citiermeth.  d.  Gellius  27 

—  de  Varr.  coron.  Rom.  30 
Merschmaun,  Geist  d.  Eurip.  21 
Methner,  Schiller  40 
Metodo  francese  48 
Meutzner,  de  L_ys.  ntgl  t.  at]7.ov  77 
Michael,  Livius  &  Pelj-b.  28 
Michaelis,  corsin.  Silbergefäss  13 

—  Niobegruppe  63 

—  das  Th  42 
Michel  (Baena)  51 
Michelis,  Philos.  Piatons  78 
Middendorf,  lat.  Grammatik  18 
Miklosich,  Glagoiita  Clozianus  93 

—  (Nestoris  chroii.)  93 

—  slav.  Personennam.  93 
Milner  (Eurip.)  75 
Minckwitz,  neuhochd.  Parnass  38 
Minucius  Felix  84 
Möbius,    deutsche  Lit.-Gesch.  38 

—  (Edda)  46 
Moiszisstzig ,     lat.   Schulgramm.  18 

—  lat.  Uebungsbuch  18 

—  lat.  Vorschule  71 
Moke ,  disccurs  40 
Mole,  dict.  fran^.  107 
Momrasen,  cod.  Vatic.  s.  Le  ges  28 

—  Gesch.  d.  röm.  Münzwesens  64 

—  (schol.  in  Pindar.)  77 
Monatsber.  d.  Berl.  Akad.  56 
Monatsschr.  d.  wiss.  Ver.  in  Zur.  7 
Mongan  (Verg.)  86 
Mont6e,    sur  Lucr^ce  28 

—  Pindar.  moralium  auctor  23 
Monteith,    method  of  learning 

the  Latin  18 

Mordax,  dizion.  ital.  112 

Morel,    les  moralistes  latins  8 

Mörikofer,  schweizer.   IJter.  95 

Mühlmann,    lat.   Handwörlerb.  66 

Muir,  Sanskr.   texts  90 

Mullach  (philos.  gr.  fragm.)  77 

Müller,    de  Antisthene  C^ynico  15 

—  de  casibus  ap.  Justin.  28 

—  conject.  Tüll.  82 

—  Dual  89 

—  franz.  Gramm.  49 

—  geummat.  Geschlecht  89 

—  hisf.  of  Sanscr.  lit.  90 

—  indogerm.  SulGx  89 

—  istoria  della  lett.   Greca  65 

—  (mhd.   Wörtcrb.)  97 


Müller,   V.  iffikxvanxöy  68 

—  origiü  of  the   Engl.  lang.  44 

—  Philostr.  in  Apoll.  Tyan.  23 

—  Seen.  Fragen  z.  Eur.  Alk.  2! 

—  4  sidon.  Alünzen  64 

—  zur  Terminol.  d.  gr.  Math.  23 
Munde,  Handelscorresp.  48 
Mure,  bist,  of  liter.  of  anc.  Gr.  65 
Murraj  ,  Engl,  grammar  102 
Museum,  rheinisches  3 
Mussaßa,    ital.  Sprach!.  112 

ISachrichten  v.  d.  G.  A.  Univers.  8 

Naevius  85 

Mauck  (Horat.)  27 

—  (Porphyr.)  78 
Naudet  (Tacit.)  85 
Nepveu  (Tacit.)  86 
Neriosengh,  Ya^na  im  Sanscr.  90 
Nestoris  chronica  93 
Nibelungen  43 
Niblett,  Schiller  40 
Niccolini,  case  di  Pompei  64 
Nicolai,  de  logicis  Chrysippi  15 
Nicolas  (Tacit.)  86 
Niemeyer,    ßeitr.  z.  Thucyd.  25 

—  deutsche  Metrik  41 

—  Griechld.  nach  Thucyd.  25 
Nissen,  engl.  Leitf.  103 
Nobbe,  Antigonae  carmina  24 
Noel,  der  kleine  Machat  49 

—  lectures  fvanf,  49 

—  des  Vergers,  Marc  Aurele  59 
Noire,  franz.  Stilübgn.  109 

—  litter.  franc.  107 
Nöldeke,  Gesch.  d.  Qoräns  92 
Nonius  29 
Numism.  de  l'ancienne  Afrique  64 

©choa,  convers.  esp.-ital.  112.  115 

Odebrecht,  Hans  Sachs  95 
Oehlschläger ,    engl.  Taschen- 

Wörterb.  101 

Oestling,    de   Tibulli  vila  86 

Olinger,  dict.  flamand  46 

Ollendorff,  clef  ital.  U2 

—  Bngl.  Gramm.  103 

—  franz.  Gramm.  49 

—  gramm.  anglaise  103 

—  gramm.  ital.  50 

—  Italien.  Gramm.  50 

—  russ.  Gramm.  94 

—  schwed.  Gramm.  106 

—  span.  Gramm.  114 
Onderka,  poln.  dtschcs.  Leseb.  36 
Onosander  23 
Opel,  min  guoter  klösenaere  95 
Oppenheim,   franz.  Sprache  109 


-Ovjx 


->Sx> 


Alphabetisches  Register. 


125    ? 


Oppert,  gramm.  assyrienne  91 
Orient  &  Occident  8B 

Orsoy,  colloq.  Portuguese  51.  114 

—  Porlug.  grarnmar.  114 

—  Porliig.  phrases  51 
Orlloff  (Smti.lg.  d.  Rechtsq.)  100 
Ostermann,    lat.   Uobungsb.    18.  71 

—  lat.  Vocabularium  18.  71 
Ollo,   franz.  Gesprächb.      109.   HO 

—  gernian  grammar  99 
Oiivaroff,  antiq.  de  la  Russ.  nierid.  13 
Oversigt  over    het    danske  Vid. 

Seisk.  forh.  57 

Ovid  29 

Owgan  (Caesar)  2n 

—  (Tacitus)  29 
Ozaneaux  (Caesar)  81 

Pahle,    Reden  d.  Antiphon  74 

Pajeken,    span.  Gramm.  114 

Palermo,    manoscr.   Palatini  58 

Paley  (Aeschylus)  73 

—  (Eurip  )  75 
Paoli,  vocab.  ital.-latino  66 
Paparrhegopulus,  taroQ.  nQnyfx.  9 
Pässens,  ad  Athen.  XV,  b98.  74 
Passerat  (Xenoph.)  79 
Passow  fcarniina  popul.)                80 

—  J.  W.  Süvern  53 
Patin,  de  Lncr^ce  29 
Pälz,  Mängel  d.  lat.  Gramm.  69 
Paula-!iisenmann,Begriffd.(ro(7tal5 
Paulmier,  dict.  arabe  92 
Panly  (Homer)  76 

—  (schol.  Hör.)  84 
Pausanias  23.  77 
Payen-Dumoulin ,    anfiq.  gallo- 

rom.  13 

Pedemont,  engl.  Gramm.  103 

Peissner,  Elem.  d.  engl.  Spr.  103 
Pek't,  amphith.  de  Nimes  13 

Permanne,  langucs  romanes  47 
Peschier,    entreliens  110 

Pessonneaux  (Piularch)  24 

—  (Vergil)  30 
Peter,  bist,  script.  bist.  Aug.  29 
Pelermann,  griech.  u.  röm.  Gesch.  9 
Petersen,  danske  liter.  47 

—  engl.  Lehrb.  44 

—  (Theophr.)  25 
Petronius  85 
PfaflF,  Schillerrede  40 
Pfefferkorn,  deutsche  Orthogr.  97 
Pfeiffer,    altnord.  Leseb.  47 

—  W.  y.  d.  Vogelweide  38 
Pfuhl,  lat.  Dichterschule  71 
Phaedrus  29.  85 
Phiiologus                            4.  53.  54 


Philosoph!  gr.  77 

Philostratus  23 

Pihan,   signes  de  num^ration       33 
Pindar  23.  77 

Pinder,    de  IHthyia  10 

—  (Ravennas  anon.) 
Piper,     Göthe's  nalion.  Stellg. 
Piiazzi,  Schillerrede 
Pitschaft,  Schillerrede 
Plasowski,  slownik  polski 
Plaie,  cours  anglais 

—  engl.   Lehrg. 
Plalens  Tagebuch 
Piaton 
Plautus 
Plinius 
Piotin 
Plötz,   cours  francais 

—  syllab.  fran^. 
— ^  vocab.  franf. 
Plutarch 

Phiygers,    Grieksch.  Icerboek     69 
Pohl,    ad  Callim.   hymnos  74 

Poitevin,    dict.  frang. 
Polyaen 
Polybius 
Porphyrius 
Postc  (Plato) 
Pourmarin  (Corn.  N.) 
Prelier,    griech.   iVfythol. 
Preuss,  de  Cilicia 
Prevost  (Homer) 
Principj   di  lingua   franc. 
Prinzinger,    ahd.  Schriftspr. 


85 

38 

40 

40 

94 

103 

103 

38 

23.  77.  78 

29.  85 

29.  85 

78 

110 

110 

110 

24.  78 


Proll,  form.  ant.   Lucret 

Prosaiker,    griech. 

—     röm. 

Prutz,    deutsrhe  Liter. 

Puschkin,   franz.  Repetitor 

Putsche,    lat.  Gramm. 

Pütz,  deutsche  Lit.-Gesch. 


47 
24 
24 
78 
23 
82 
61 
10 

22.  76 

110 

42 

29 

19.  73 
80 
38 
110 
71 
95 


Q.uicherat  (Cic.)  27 

—  (Corn.  N.)  82 

—  dict.   franp.-lat.  66 

—  (Homer)  22.  76 

—  (Hör.)  83 

—  prosodie  latine  67 

—  thes.  ling.  latiuae  66 
Quintiiianus  29.  85 

Bääf,   ydre-malet  106 

Radelli,    franz.  Sprachl.  HO 

Rahls,    engl.   Parlicipia  102 

Ramsay,  Latin  prosody  67 
Rank,  böhm.  Taüchenwörterb.  36 
Rauchenstein,  de   Eur.  Iph.  T.  75 

Ravennas   anonymus  85 


t^ 


126 


Alphabetisches  Register. 


^1 


12. 


26 
76 
62 
13 
13 
32 
32.  87 
52.  115 
21 


.>!'. 


Raverty,  Engl.  &  Hindust,  terms  34 

—  Pukhto  Pushlo  91 
Rawlinson  (Herodot)  21 
Reallexicou  v.  Lübker  57 
Reed  ,  lectures  on  Engl,  liter.  43 
Regnier  (Caesar)  25 
Rehdantz  (Demoslh.)  20 
Reichard,  orbis  terr.  anllquus  59 
ReifT,  Parallel-Wörterb.  52.  Il5 
Reifferscheid ,    quaestt.  Suet.  '29 

—  (Sueton.)  85 
Reinardus  Vulpes  43 
Reinhardt,  engl.  Handelsgespr.  103 

—  Tempora  bei  Caesar 
Reuscher,  ad  Jon.  Eurip 
Revue  archeologique 

—  numismalique 

—  de  la   num.  Beige 

—  de  rOrient 

—  orienlaie 
Rhode,    Ilandelscorresp. 
Ribbeck,    Euripides 

—  (Verg.)  86 
Ricard,     franz.  Sprachl.               110 

—  (Plutarch)  24 
Rieh,  diel,  of  Rom.  &  Gr.  antiq.  60 
Richardson,    Engl,  diction.  44 

—  Roman  orlhoepy  18 
Richter  /Arislcph.)  74 

—  Poljb.  Leben  24 

—  de  supinis  lat.  69 
Rieu,  schedae  Valican.  27 
Rigault  (Hör.)  83 
Rinn  (Phaedrus)  85 
Rinne  (Homer)  22 
Rilschl,  elogium   Scipionis  15 

in  leges  Visell.,  Anton.  64 

Roche,  princ.  ecrivains   franc.  47 

Röckerath,  foed.  Rom.  &  Carlh.  59 

Rodet,  gramm.  Sanscr.  90 
Roger,  calai.  du  musee  de  Phi- 

lippeville  64 

Röbrig  ,    de  Turcar.  lingua  36 

Romeily  (Hör.)  83 

Romlain  (Eurip.)  21 

Ronna  ,    dict.  franc.-ital.  112 

Roquelte  ,    dicc.  portug.  51 

—  J.  Chr.  (iünlher  38 
Rören,  Minuciana  84 
Rosenslein  ,  Abu-Nassr  35 
Rossbach  (Caluü.)  81 

—  de  Eumenid.  parodo  20 
Rössler,  G.  Freylag  38 
Rost,  deulsch-griech.  Wörterb.  67 
Roth,  Anlhol.  lat.  Ged.   Uebgn.  71 

—  Mythus   von    den  5  Men- 
schengeschl.  21 

—  'Oqba  Ibn  Nafi'  35 


Rotteck,    dict.  franQ.  48 

Rouge,  riluel  funer.  des  Egypl.  61 
Ro/ek,    lat.  Chrestom.  72 

—  lat.  Leseb.  71 
Rumpelt,  deutsche  Gramm.  97 

Saal,    de  demis  Atticis  58 

Sabatier,  monnaies  ccntorniates  14 
Sadler,  dict.  angl.  frang.  101 

Sägerl,  de  usu  pronom.  relativi 

lalini  17.  68 

Saint-Hilaire,  dicc.  franc.  esp.  114 
Saint-Hene,  ungar.  Poesie  93 
Saint-Sylvcslre,  chefs-d'oeuvre 

(l'art  13 

Sallustins  29.  85 

Sammlung  deutscher  Rechtsq.    100 

—  engl.   Schausp.  104 

—  griech.  u.  röm.  Class.  19.  73 
Sanders,  deutsches  Wörterb.  41.  97 
Sandvoss,  so  spriclit  d.  Volk  100 
Sanfilippo,  ii'tter.  ital.  50 
San~Marle,  Parzivalsludien  96 
Sarlorius,  quaest.  Liv.  84 
Saulry,  exped.  de  Cesar  81 
Sauppe,    Mysterieninschr.    aus 

Andania  15 

Schade,    monumm.  theotisca  43 

—  Parad.  z.  d.  Gramm.  97 
Schäfer,    Derivaten  auf  lor  69 

—  Liter.  Hilder  96 
Schayes,  la  Belgique  9 
Scheibe  (isaeus)  22 
Schell,  de  Troezene  9 
Schenkl,    Chresl.  aus  Xenoph.    69 

—  griech.  Uebungsbuch  17 
Scherr.    Gesch.  d.  Liter.  90 

—  (Nibelungen)  43 
_  Schiller  96 
Scheuerlein,  griech.  Modusgebr.  68 


40 
40.  96 
40 
96 
40 
106 
49 


Schiller-Album 

—  Denkmal 

—  Gesch.  V.  Würtemb. 

—  Leben 

—  Charlotte  v. 

—  Swensk  spraklära 
Schipper,  franz.  Uebungsb 
Schmick,  sketches  fr.  engl.  bist.  103 
Schmidt,     Hmkgn.  zu  Soph.         79 

—  dict.  frang. 

—  de  glossem.  in  Aeschyl. 

—  (Herodian.) 

—  (Hcsych.)  21 

—  Plat.  Gorgiae  loci 

—  Sokrales 
Schmilz,  Encykl.  d.  phil.  Stud.  90 

-      studia  orlhoep.  lat.  69 

Schneebergcr,  quaestt.  Xenoph.  25 


48 
20 
76 
76 
78 
65 


Alpliabetl?ches  RegisJcr. 


->.^ 


127 


Schneider,  Bcitr.  z.  Gesch.  d. 

Rheinlande  9 

Schneider  (Isokrates)  77 

—  loci  Caesaris  26 
Schneidewin  (Soph.)  24.  78 
Schoiia  Germani  in  Pindar.          77 

—  (Horat.)  84 
Schömann,    de  adrerbiis  16 

—  in  Apollon.  de  adverb.  74 
Schoolboy's  first  story-book  103 
Schott,  allaj.  Studien  91 
Schottky,  engl.  Grammatik           45 

—  engl,  üebungsb.  45 
Schrader,  de  ling.  Aethiop.  35 
Schröder,  de  Graec.  jurainent.  68 
Schröer,Wörlerb.  H.  ungar.  Bergl.41 
Schuiler,  Kolinda                          115 

—  (romän.  Volksl.)  52 
Schultz,  de  codd.  Demosth.         21 

—  lat.  Sprachl.  72 

—  lat.  Uebungsb.  72 
Schnitze,  de  Plat.  Lysi  78 
Schulz,  de  Cic.  consolatione  82 
Schulze,  deutsche  Gramm.  98 

—  Schillerrede  9R 
Schärmann,  die  hellen.   Bildg.     60 

—  hjmn.  in  Apoll. -Hom.  77 
Schütz,  de  fundamentis  reip.  20 
Schwalb  [elite  des  class.  fr.)  47 
Schwaoitz,  plalon.  Skizzen  78 
Schwartz,  Ursprung  d.  ]Vl_ythol.  11 
Schweitzer,   Mitth.  aus  d.  Geb. 

d.  Num.  14 

Schweizer-Sidler,  zu  Tac.  Germ.  86 
Scriptores  bist.  Aug.  29 

Seemann,  de  primis  bibl.  Alex. 

cust.  65 

Selig,    Convers.-Schule  115 

—  Sprache  der  Engl,  45 

—  Wandergn,  durch  Paris  115 
Selmar,  dansk  ord  106 
Sembera,  Gesch.  d.  slav.  Spr.  36 
Seneca  29.  85 
Senechaute,    franz.  Zeilwörter  110 

47 

104 

65 

110 

105 

43 

10 

36 


Sintenis  (Arrian)  74 

—  (Pliilatch)  24 
Sjöström,  Swensk  spraklära  106 
Sitzungsberichte  d.   Bajr.  Akad.  57 

—  d.   Wiener  Akad.  8.  57 

Skrifterd.  Vid.Se!sk.afThrondhi.57 
Slane  (El  Bekri)  35 

Sleeckx,    dict.  flamand  105 

Smith  (Cic.)  26 

—  convers.  franf.-angl.  49 

—  Enjjl.  &  French  convers.       45 

—  —     —     dictionary  44 

—  LatJn-Engl.  dictionary  16 

—  de  locisling.  Baitic.  etSlay.  3:j 

—  principia  Latina  18 
Smith-Ronna,  engl.-ital.  conv.  113 
Sommer  (Acsop)                                74 

—  (Caesar)  25.  81 

—  (9^-)  26.  81 

—  (Corn,  Nep.)  §2 

—  (Demosth.)  75 

—  (ilerodot)  76 

—  (Homer)  7g 

—  (Hör.)  83 

—  lex.  franf.-latin  67 

—  (Vergil)  30.  86 
Sommerbrodt  (Lucian)  77 
Sophocles                           24.  78.  79 

—  glossary  of  later  Greek  67 
Spengel,  (i'^.w'/yoo/fa  d.  Demosth.  75 

—  xäd-agntg  7.  na^tju.  74 
Spiegel  (Neriosengh) '                      90 

—  tradit.  Schriften  d.  Parsen  91 
Spiers,    dict.  fran^.-angl.  lol 

—  french-engl.  dict.  44 

Spiess,    griech.   Uebungsbuch       17 
i_»     ir_i I  °  .„ 


—      lat.   Uebungsb. 


18.  72 


I 


—  litt.  Francogail. 
Series  for  ihe  young 
Seydel,    älteste  ion.   Phil. 
Seyerlen  ,    franz.   Elementarb 
Shakspere,  Werke 

—  question 

Sharpe  ,    hislory  of  Egypt 
Shea,    Onondaga  diel. 
Sheridan,    school  for  scandal     l03 
Siebeiis  (Phaedrus)  29 

Siedler,    erweiterter  Satz  72 

Sievers,  Gesch.  d.  Nero  &  Galba   10 
Silenus  24 

Sinner  (Sophocles)  24.  79 


Stacke,  vertelüngenuitdegesch.  60 
Stadler,    ital.  Lehrb  113 

Stahl,    deutsche  Sprachl.  99 

Stahlberg  (Jordanes)  28 

Stallbaum,  de  usu  vocab.  Plat.  23 
Stark  (Dietrichs   1.  Ausf.)  43 

Statins  85 

Sichres  (Vergil)  39 

Steinthal,  Typen  d.  Sprachbaues  90 
Stephani,  Apollon  Boedromios  62 
Stievenart  (Demosth.)  20 

Stobaeiis  25 

Stoddart,  Eskdale  herd~bog  103 
...   „        ......  g^ 

69 
83 
80 
29.  85 
94 
60 
111 


Stoll,  griech.  Mylho.. 
—     Giieksche   anlhol. 
Strodtmann  (Hör.) 
Slüber  (Caesar) 
Suelonius 

Sulek,    kroat.  Wörterb. 
Sunden,   de  lege  Licinia 
Süpfle,   franz.  Leseb. 


* 


i     128 


-^>: 


Alphabetisches  Register. 


n 


i 


Süpfle,  opstellen  in  het  Latijn  72 
Siisemihl,    plaloii.  Philos.  78 

Swanberg,    Hannibals  tag  60 

Tacilus  29.  85.  86 

TaiUefert  (Hör.)  83 

Taine,  sur  T.  Live  28 

Talbert  (Phaedrus)  85 

Talbot  (Plalo)  78 

—  (Plularch)  78 

—  (Terenz)  30 
Taschenbuch  d.  Handels-Corr.  115 
Taschen-(iramm.,  ital.-deutsch- 

franz.  52 

Taubert,  Paul  Sched.  Melissus  38 
Tayler,    Greek  rudimenls  69 

Teipel  ,  lat.  Anleitg.  72 

Terenlius  30.  86 

Theatre,    engl,  comic  105 

Theil  (Homer)  76 

—  (luslin)  28 
Theocrit.  79 
Theophrast  25.  79 
Thesaurus  graecus  67 
Thibault  (Cic.)  82 
Thieme,  engl,  dictionary  101 
Thomas,  griech.  Eidesformel  10 
Thucydides  25.  79 
Thunot,  dict.  angl.-franc.  44 
Thurot,  m^thode  d'Arislote  74 
Tibull  30.  86 
Tillmanns,  Liv.  et  Polyb.  84 
Titus  Bostrenus  35 
Törnebladh,  de  Quintil.  85 
Torney  (Koluthos)  22 
Tragici  graeci  25.  79 
Transactions  of  the  Irish  Acad.  8 
Traveller's  manual  52 
Tregder,  griech.  Mythologie  11 
Treutier,  moderne  prosa  45 
Tuchmann,  German  grammar  42 
Tudot,  collect,  de  figurines  64 
Tüllmann,  de  Plat.  iVJenex.  23 
Tyrel,  grammar  in  4  lang.  52 
Tyrtaeus  25 
Tzschirner,    lingua  Riphat.  94 

Uhlemann,  altägypt.  Eigenn.  35 
Umpfenbach,  melelt.  Plautt.  85 
Unger,    soUemnia  85 

Vahlen,   anal.  Non.  29 

Valatour  (Catull.)  26 

Valpy,  Greek  etymology  69 
Varro                                          30.  86 

Veitch  (Homer)  22 

Verenet,   gramm.  fran^.  49 

—     leclures  frau^.  49 


Verenet,  röport.  franc.-holl.  49 
Vergani,   gramm.  anglaise  45 

—  gramm.  ital.  1 13 
Verger  (Livius)  28 
Vergil  30.  86.  87 
Verhaodelingen  d.  Amst.  Akad.  8 
Verslagen  en  mededeelingen  8.  57 
Verzeichniss  d.  Schiller-Liter.  40 
Victor  87 
Viehoff,    Hdb.  d.  Nat.-Liler.        38 

—  Vorsch.  d.  Dichtkunst  41 
Vieyra,  dicc.  portug.  e  ingl.  51 
Vilmar,   Lit.-Gesth.  39 

—  z.  Verstdn.  Göthes  96 
Vincent,  l'harmonie  simultanee  10 
Vinet,  fransche  Chreslom.  111 
Vischer,  über  Aesch.  Prometh. 

Trag.  20 

Visscher,  Nederl.  letterkunde  105 
Vitritiga,  latijusch  leesboek  72 
Vilruv  30 

Vivien  de  St.  M.,  göogr.  de  l'Inde  9 
Vogel,   griech.  Schulgramm.  17 

Vögelin  (Aeschyl.)  73 

Vogue,   inscr.  phenicienne  15 

Voigt,  Atlas  d.  alten  Geogr.  "59 
Volckmar,  spec.   Stat.  85 

Volkmann,  antike  Äeslhetik  15 

—  de  Herodiano  21 
Volkmulh,  Pelasger  als  Semitea  60 
Volkslieder,  romanische  \\]t.7tt'b2 
Volquardsen,  Plat.  Idee  d.  pars. 

Geistes  23 

Voltaire,    Charles  XIL  111 

—  Henriade  Hl 
Vorhauser,  Weltansch.  d.  Plin.  85 
Vosen  ,  rudim.  linguae  hehr.  92 
Vrtatko  (Aristot.)  74 

Wachsmuth,    de  Gratete  22 

—  Stoiker  über  Mantik  65 
Wade,    Hsin  Ching  Lu                  34 

Peking  syllabary  34 

Wailiy,  dictionn.  latin  67 

Walesrode,   Schiller  40 

Walker,  Engl,  dictionn.  44.  101 
Wallace,    franz.  Lehrg.  111 

Wallinder,  de  statu  plebej.  Rom.  61 
Watermann,  Hebr.  woordenb. 35. 92 
Weber,    etymolog.  Unterscbgn.  90 

—  (Hegesippus)  83 

—  de  Lucani  exord.  84 

—  die  Vajrasüci  34 

—  die  ved.  Nachrichten  90 
Webster,  engl.  dict.  102 
Weerlh,  Bronze-Statue  v.  Xanten  64 
Weil  (Aeschylus)  20 

—  de  la  compos.  symraetr.  20 


i 


r 


«-- 


Alpliabctisches  Register. 


129    t 


Weinhold,   über  d.  ßeilaut  97 

—  Steiermark  iL  die  Dichtk.  96 
Weinkauff,  de  Tac.  dialogo  86 
Weisse,  Gerraan  grararaar  99 
Weissenborn  (Livius)  28 
Welcker,  griech.  Göllcrlehre  61 
Wenig,  deutsches  Wörterb.  97 
Werner,  driu  liet  100 
Wesener,  periodi  Livian.  28 
Westermann   (Demosth.)  75 

—  index  Hyperid.  22.  77 
Westlej,  engl.  Leseb.  45 
Whewell  (Plalo)  23 
Wiehert,  üeberg.  im  Latein.  70 
Wiel,  observ.  in  Aesch.  20 
Wieseler  (Denkmäler)  63 

—  de  linguae  gr.  nomin.  etc.  68 

—  de  loco  theatri  64 

—  schedae  in  Aesch.  20 
Wiggers,  span.  Gramm.  114 
Wild,  ilal.  Lohrg.  50 
Wildauer,  Festrede  zu  Schiller  40 
Wilkins  (Demosth.)  75 
Williams,  Bagh-0-Bahar  34 

—  Hindüstäni  primer  34 
Wilson,  engl.  Eleraentarb.  45 
Winkel,  Nederl.  speiling  105 
Winkler,  de  Hör.  I,  1.  84 
Winnefeld,  griech.  Praepos.  16 
Winlerstein,  Festrede  10.  Nov. 

1859  41 

Wintzer,  first  Gcrman  book  42 

Wisniewski,    poeles  dramatiq.  107 


Witcomb,  Engl.-Span.  convers.  51 
Wiltenhaus,    franz.  Syntax  49 

Wöber,  Wortvcrz.  zu  Grimm  42.97 
Wocher,  Entwicklg.d.  dtsch.  Spr.  42 

—  lat.  Wortstellung  18 

—  Phonologie  33 
Wolf,  Jose  da  Silva  114 
WolfT,  poetischer  Hausschatz  39 
Wölfflin  (Polyacn)  24 
Wolfram,  deutsches  Echo  99 
Wollmaan,  kön.  Mus.  zu  Berl.  64 
Woordenboek,  Engelsch  44 
Worcester,  Engl,  diction.  44 
Wörterb.  mittelhochd.  97 
Wörterbüchlein,  poln. -deutsches  36 
Wunder  (Soph.)  78.  79 
Wüstenfeld,  Gesch.  d.  St.Medina  42 


Xenophon 


25.  79 


Zamboai,    ital.  Anthol.  113 

Zastra  (Soph.)  78 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterth.  94 

—  d.  dtsch.  morgenl.  Gesellsch.  32 

—  f.  das  Gjmn.-Wesen  5 

—  für  Münzkunde  14 

—  f.  d.  österr.  Gymn.  5 

—  f.  vglch.  Sprachf.  89 
Ziel,  Eicctrae  Soph.  dispositio  24 
Zimmermann,    Babylon  61 

—  engl.   Gramm.  103 

—  Vortrag  über  Schiller  41 
Zur  Erinnrg.  an  Säc.-Feier  Schill. 41 


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PA  Neue  Jahrbücher  für  Philologie 

3  und  Paedagogik 

N65 
Bd. 84. 


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