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Neue
JAHRBÜCHER
für
Philologie und Paedagogik.
Begründet
M. Johann Christian Jahn.
Gegenwärtig herausgegeben
Rudolph Dietsch -."J Alfred Fleckeisen
Dire'ctor in Plauen. Professor in Dresden.
C]IKU^DDRE:ilSZICil§TC]R JAHRGATVG.
Vierundaclitzig-ster Band.
Leipzig 1861
Druck und Yerlao- von B. G. Teubner.
Neue
JAHRBÜCHER
für
Philologie und Paedagogik.
Zweite Abtheiliiug.
Herausgegeben ^
'Lunchen, Ti
Budolph Dietscb.
«lEIBE^IfTE^R JAHRGAIV'C; 1§61
oder
der Jahnsclien Jahrbücher für Philologie und Paedagogik
Vierundachtzigster Band.
Leipzig
Druck und Verlag von B. G. Teubner.
Z\Yeite Abteilung:
für Gymnasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Aussclilusz der classi sehen Philologie,
hcrausgegebeu tod Rudolph Dietsch.
1.
Schulfragen.
(Fortsetzung von Bd LXXXII S. 163 ff.)
9.
Es gab eine Zeit, und diese Zeit liegt noch nicht so weit hinter
uns, wo die Schulen, resp. die Gymnasien, sich einer Verborgenheit
vor der Welt erfreuten, wie sie heutzutage kaum noch irgendwo ge-
funden wird. Der Unterricht und seine Methode, die Handhabung der
Disciplin, das collegialische Leben der Lehrer, ihre Harmonie oder
Disharmonie unter einander, die Prüfungen waren den Blicken des
grossen Publicums entzogen. Wie hätte man, wie jetzt, in «den Zei-
tungen Nachrichten über den Ausfall der Abiturienlenprüfungen , über
Schulfeierlichkeiten u. dgl. gefunden ? Wie hcätlen nicht die allen
Ephorate, Scholarchate oder Patronate sich innerlich geschämt, die
ihnen angehörenden Anstalten in einer so indiscreten, marktschreieri-
schen Weise anzupreisen, wie dies jetzt, namentlich wenn ein neues
Gymnasium seine Geburt ankündigt, so oft geschieht? Was hätten
die alten würdigen Uecloren dazu gesagt, wenn ein Curatorium sich
ihres Namens als eines Ausliängeschildes hätte bedienen wollen , um
möglichst viele Schüler herbeizulocken? Gar nicht davon zu spre-
chen, dasz auch die Christliclikeit oder Confessionalität als ein sehr
erlaubtes und vortheilhaftes Mittel kleinstädtischer Specuiation gilt.
Noch weiter: Verfügungen der Schulbehörden werden, noch ehe sie
officiell publiciert sind, durch die Zeitungen verbreitet und von unbe-
rufenen Personen in Zeitungen kritisiert. In wie ärgerlicher Weise
ist neulich die Nichtbestätigung eines Directors breit getreten wor-
den? Politische Aeuszerungen eines Oberlehrers sind in den Kammern
discutiert worden. Kurz unser Schulleben ist aus seiner Verborgenheit
und Stille herausgerissen und den profanen Blicken wie dem profanen
Urteil preisgegeben, — wie ich nöfliig habe hinzuzusetzen, zum groszen
Schaden und zu groszer Unehre für die Schulen und für die Schüler.
Oeffentlichkeit ist nun einmal das Stichwort des Tages. Mag sie
doch meinetwegen gepflegt und gewahrt werden, wo es sich schickt
und paszt: nur masze sie sich nicht ein Recht auf Verhältnisse an,
N. Jahrb. f. Phil. u. Piifl. II. Abt. isiGl. Hft 1. 1
Scliiilfragcn,
welclie ihrer innersten Nalnr nach der OelTenUichkeit widersirehea
lind diese fürchten nnd meiden niiiszen. Sei das Slaatsleben, die
Rechtspflege ölTenllich; die Familie wird sich, wenn in ihr ein
rechter Familiensinn wohnt, nach ansxen geschlossen zeigen nnd jedes
Eindringen in <iieselbe allen Ernstes zurückweisen. Auch die Schule
mnsz , wie überhaupt alles wns sich mit werdendem und wachsendem
bescluifligt, die Stille und Verborgenheit suchen und sich der OeiTent-
lichkeit nicht weiter, als für ihre Zwecke notwendig ist, bloszge-
stellt zu sehen wünschen. \Vir können diese neugierigen Blicke nicht
ganz ausschlieszen , aber es gibt doch vielleicht Mittel nnd Wege,
siel» diesen Blicken zu entziehen.
Hierüber einige bescheidene Worte.
Das erste und notwendigste ist, dasz sich die Lehrercollegien
selbst der Auszenwelt als in sich eng geschlossene, solidarisch ver-
bundene zeigen un<l jedes Ilineindringen und Hineinreden von Unbe-
rufenen, zumal an ungehöriger Steile, z. B. in Gaststuben, zurück-
weisen.
^^'enn Eltern mit den betreiTenden Lehrern über ihre Kinder
sprechen wollen, so ist das, vorausgesetzt dasz es nicht in Gegen-
wart driller Personen oder an einer unziemlichen Sieile geschieht,
nicht mehr als natürlich; wenn aber Personen, die zu der Schule rn
gar keinem Verliiiltnisse stehen, auch nie factische Beweise von einer
liebevollen Theilnahme an der Schule gegeben haben, über Methode
des Unterrichts oder über Grundsätze der Disciplin, über verhängte
Strafen n. dgl. eine Erörterung beginnen wollen, bei der kein ernster
und sittlicher Zweck abzusehen ist, so ist dies unberechtigt und un-
befugt und eine solche Discnssion abzulehnen. Gröszere Städte haben
gröszere Interessen, als dasz sie die Schulen zum Gegenstände ihrer
Gaststubenuriterhaltungen machen sollten: in kleinen Städten dagegen
ist dies ein stets willkommenes nnd nie zu erschöpfendes Kapitel,
wenn die Lelirer sich irgendwie darauf einlassen. Durch ein tiefes
nnd steliges Stillschweigen über das Innere der Schulen werden sie
dagegen das indiscrete Publicum in gehöriger Ferne und in gehörigem
P»espect erballen können.
Zweitens aber ist in dieser Beziehung auch auf die Schüler zu
wirken und nicht schwer zu wirken.
Die Schüler haben von vorn herein mehr eine Neigung sich mit
der Schule zu identificieren und Ehre und Huf der Schule mit Leiden-
schafllichkeit zu ihrem eigenen zu machen, was in der Schule oder in
einer Klasse Uebles vorgefallen ist geheim zu hallen, nnd denjenigen
der ans der Schule plaudert als einen verächtlichen und gemeinen
Menschen von sich auszumerzen. Wohl der Schule, die diesen Geist
•hat! Ich verzeihe einem Schüler schon manches, wenn er nur auf die
Ehre seiner Schule hält. Die Liebe deckt auch hier eine grosze Mengn
Sünden zu. An diesen Geist hat man sich nun anzuschlieszen , ihn zu
nähren, zu kräftigen und nncli bestem Vermögen sittlich zu veredeln:
hierdurch wird man den Zudringlichen die Kanäle verstopfen, durch
Schiilfrag-en.
wclilio sio iliro Notizen ans dem Innern der Scliule bc/johen. Dio
vScIiiile soll ancli den Scliiilern als eine Welt fiir sicli erscheinen, dio
keine EingrilTe nnd keine neugierigen Blicke in ilir Inneres duldet. Es
maclit dal)ei keinen Unterschied aus, ob das, was verborgen bleiben
soll, gut oder .scliliniin sei, Lob oder Tadel verdiene. 3Ian will über-
haupt nicht, das/, von Schuldingen ausserhalb der Schule gesprochen
wersle. In dir Familie ist es ein gutes Zeichen, wenn die Kinder,
ohne das/, es dazu einer besonderen Ermahnung von Seiten der Ellern
bedarf, von selbst über alles schweigen, was im Kreis der Familie
vorgeht oder am Faiiiilientische gesprochen wird; fiir die Schule ist
dasselbe nihmlich und noch leichter zu bewirken, da der Knabe mehr
als das Mädc hen, und zumal der unverdorbene Schüler, Schweigen für
Ehre hiilt.
3]an sollte daher auch mit Schulfesten unil Schulfeieriichkeiten,
welche in die OetTentÜchkeit hinaiislreten, so sparsam wie irgend mög-
lich sein, um so mehr, da das Publicum, das bei den öffentlichen Prü-
funiren, wo Fleisz und Foitschritle erkannt werden, so Iheiluahmlos
bleibt, wirklich nicht werth ist, dasz man ihm zu f-iebe und zu Ehren
Festliciikeitcn veranstalte, bei denen es meist ganz andere Dinge sind,
welche den Beifall der Menge gewinnen Wo diese Schulacle einmal
traditionell sind, schmeichele mau damit nicht dem Publicrim , sondern
stelle sich über dasselbe , suche bildend auf dasselbe einzuwirken,
führe ihm immer und immer wieder nur das vollendete und ewig-
geltende in Poesie und Gesang vor, strebe überhaupt darnach die
Würde der Schule zu erhöiien. Andere Feierlichkeiten, z. B. die Feier
von dem Geburtstage des Landesfürsten, halle man ganz geschlossen,
schon deshalb, damit die Feier eine Feier für die Schule, nicht aber
für ein buntgemisciites Publicum sei, und damit die Hedenden, es seien
Lehrer oder Schüler, im Kreis der Schule verbleiben. Bis jetzt haben
die Schüler bei solchen (ielegenheiten nicht das erhebende Festgefühl,
sondern das beschämende Bewustsein als Anhängsel der anderweitigen
hochgeehrten Anwesenden zu gelten.
Auch in den Programmen wird viel zu viel vor dem Publicum
und für <las Publicum verhandelt. Dasz man den Lehrplan mitlheilt,
die absolvierten Pensa , die eingeüihrteu Lehrbücher, lasse ich mir
gefallen, allenfalls aucli dasz die betreffenden Lehrer genannt wer-
den; dasz man aber die Themata zu den deutschen und lateinischen
Aufsätzen, welche in der Klasse oder von den Abiturienten angefertigt
sind, abdrucken läszt und der Kritik der Menge preisgibt, ist eine
Profanalion der Schule, d. h. ihres innerlichsten Lebens, und völlig
nut/dos. Das Publicum braucht dergleichen nicht zu wissen, ist
auch unfähig über die Aufgaben zu urteilen, wenn es die Motive nicht
kennt, welche den Lehrer bei seiner Wahl geleilet haben; die Eltern
können sich die angefertigten Arbeiten von ihren Söhnen vorlegen
lassen; für andere Schulen erwächst daraus, so viel ich sehe, auch
keil) Vortheil, da sich alle Schulen wesentlich in einem und demselben
Kreise gangbarer Themata bewegen. Ich habe seit zehn Jahren und
1*
4 Scliiilfragen.
darüber ans den Programmen die Themata zu meinem Gebraiiclio ge-
sammelt, finde aber seil Jahren schon nur selten noch ein Thema, das
icli nicht bereits in meiner Sammlung hülle. Die Behörden endlich
könnten sich, was ich allerdings nicht wiinschen würde, die Auf-
gaben alijährlich von den Direcloren einreichen lassen. Die Schul-
collegien sollten die Sache doch ernstlicher Prüfung würdigen.
Es ist wenig, was ich vorsciilage; Ihue die Schule aber nur das
Wenige getreulich, so wird das Publicum sich von selbst scheuen,
sich zum groszen Schaden für Lehrende und Lernende in die Schulen
hineinzudrängen.
10.
Es ist natürlich notwendig, dasz den gleichartigen Bildungs-
anstalten, wie z. B. den Gymnasien, das gleiche zu ersirebende und
zu erreichende Ziel gesetzt sei, wenn auch einige wenige Anstallen
von vorzüglich günstigen V^erhällnissen, wie z. B. die Schulpforte,
über dies Ziel hinausgehen können. Es ist aber durchaus keine Not-
wendigkeit abzusehen, dasz alle jene Anstalten auf dem gleichen
Wege zu diesem Ziele zu gelangen suchen. Denn es ist vorauszu-
setzen, dasz jene Anstalten, wenn ihnen eine gewisse Freiheit über
die Wahl ihres Weges, über die Stationen welche ihnen notwendig
scheinen, über die Kräfte weiche sie einsetzen wollen, gestattet wird,
nicht mit geringerem Eifer und Ernst jenem Ziele zustreben werden. Viel-
leicht mit gröszerer Freudigkeit, welche stets aus dem Vertrauen ent-
springt, mit dem man sich betrachtet und behandelt sieht, gewis aber
mit sichereren Erfolgen, wenn es ihnen gestattet wird, sich nach ihren
unabänderlichen localen und anderweitigen Verhältnissen zurichten.
Die Unterschiede sind selbst nach den Provinzen nicht zu ver-
kennen.
Ich habe eine Zeit lang in der Provinz Sachsen, dann eine Reihe
von Jahren in der Mark unterrichtet. Es ist nicht zu viel behauptet,
wenn ich sage, dasz dort in Bezug auf allgemeine geistige Tüchtigkeit
und Bildung die Tertia mindestens eben so hoch stand, wie hier die
Secunda. Diese Differenz gieng durch alle Klassen hindurch und war
überdies eine so constante. so von dieser oder jener Lehrerpersönlich-
keit unabhängige, dasz sie von uns durch keine Mittel, keine Kraft-
anslreng-ung' zu überwinden war. Es war uns allen einleuchtend, das/,
dieser Mangel, welcher uns schwer drückte und niederbeugte, nur
durch eine Modification des Lehrplans zu besiegen war, namenilich
durch Verstärkung von denjenigen Lectionen, welche in den untern
Klassen am meisten auf die allgemeine geistige Bildung einwirken und
von dem Stand derselben am meisten Zeugnis ablegen. Ich brauche
nicht zu sagen, dasz wir hierbei besonders an das Deutsche dachten.
Aber wie viel und wie grosz sind die Unterschiede in einer und
derselben Provinz, zwischen gröszeren und kleineren Städten, Uni-
versitäls- und anderen Orten, Alumnaten und anderen Gymnasien. Eine
Stundenzahl, die für Berlin oder für die Pforte völlig ausreichend ist,
ist darum noch nicht für andere Gymnasien eine angemessene. Ver-
Schulfragen
o'
gegenwärtigen wir uns doch nur einmal, was jene grösseren Städle
vor uns armen kleinen l>eiiten voraus liai)en.
Erstens bringen uns unsere Schüler, die wir meist aus kleinen
Slüdten oder vom Lande bekommen, ein Deutsch mit, von dem man in
groszen Städten kaum eine Ahnung iiat: es ist voll sprachlicher Un-
richtigkeiten und voll Provinzialismen. Seit in den vornehmen Häu-
sern die Sitte herscht, dasz die Kinder des Hauses von den Eltern ge-
trennt und mehr im Umgang mit den Dienstboten als mit jenen leben,
sind auch die Schüler aus guten Familien nicht mehr im bevvusllosen
und gewolinlen Besitz einer reinen und gebildeten Ausdrucksweise.
Selbst die Aussprache bleibt uns mit groszer Mühe zu bilden. Es
dauert lange Jahre, ehe es der Schule gelingt, dieses Fehlers einiger-
maszen Herr zu werden. Er steckt so tief in der Natur, dasz er,
kurze Zeit unbeachtet gelassen, wie ein Unkraut wieder hervorbricht
und den Garten rasch aufs neue überwuchert, den man eben gereinigt
zu haben glaubte.
Zweitens haben die Schüler gröszerer Städte unverhällnismäszig
viel mehr gesehen und gehört als die unsern und bringen eine viel
mehr geweckte und geübte Beobachtungsgabe mit.
Man sehe nur in Berlin die Knaben aus der Schule kommen und
man wird sich überzeugen, wie sehr bei ihnen die Lust am Hören und
Sehen rege, ihre Aufmerksamueit nach allen Seilen hin geschäftig,
ihre Beobachtungen scharf und ilire Bemerkungen und Urleile treffend
sind, wenn sie nicht bereits in dem Lebensalter stehen, in dem es
zum vornehmen Tone gehört, mit scheinliarer Gleichgültigkeit an
allem vorüberzugehen, was den natürlichen Sinn reizen könnte. Wie
wichtig aber diese Aufmerksamkeit, diese Kraft der Beobachtung sei,
ist' kaum mit Worten auszusprechen. Vor kurzem ist ein ganz vor-
trelfliches Buch erschienen , dessen Absicht ist auf die Notwendigkeit
hinzuweisen, dasz die Jugend von vorn herein, zunächst durch die
Eltern, dann durch die Schule angehalten und angeleitet werde, je
nach ihrem Lebensalter genau zu sehen und scharf zu hören, aufzu-
merken und zu beobachten.*) Jedermann weisz es, wie Fichte hierüber
geurteilt hat. Es hätte nicht viel gefehlt, dasz er die Zerstreutheit
für die Quelle aller andern Fehler erklärt hätte. Wie wenig bietet
nun eine kleine Stadt hierfür ihren Schülern ! Es ist schon ein Ereig-
nis, wenn ein Panorama, eine Menagerie, eine Kunstreiterbande, ein
Bergwerk u. dgl. bei uns zu sehen ist, und wir müszen es schon als
ein Glück betrachten, wenn die Einförmigkeit ihres Lebens und Denk-
kreises einmal auf kurze Zeit etwas Leben und Manigfaltigkeit be-
kömmt. Wie sehnen wir den Sommer herbei, wo die Knaben wieder
mit ihrem Lehrer in den Wald gehen und die Blumen auf den ihnen
von früher her wohlbekannten Plätzen aufsuchen können! Ich finde
selbst einen Knaben, der auch nur seine Botanik mit Passion treibt,
hierdurch vor andern Knaben bevorzugt. Aber wie viel mehr be-
*) [Ist da.s Bd LXXXII S. 572 besprochene Buch von Schreber
gemeiut? D. ß.]
6 Scluilfragcn.
dürften wir, um unsere Knaben aus ihrem stumpfen Dahingehen heraus-
zubringen und ihnen Auge und Ohr, aber auch das Herz zu öffnen ?
Wie wenige z. B. finden ein Interesse daran, einem Handwerker bei
seiner Arbeit, in seiner Werkstatt zuzusehen, und wie wenige fühlen
einen Trieb in sich, was sie gesehen liabeii naclizumachen ? IJeobach-
Inng und Nachahmung sind aber von einander nicht zu trennen; die
frühe Belebung beider ist eine Sache von höclister Bedeutung. Oder
bilden wir uns ein, dasz das geistige Auge deshalb um so schärfer
sein werde, wenn die Aufmerksamkeit auf Gegenstände der Natur oder
des uns umgebenden Lebens nicht erweckt und gebildet ist? Unsere
Schulmänner, hoch und niedrig, sollten doch i)ei den Philanihropislen
zuweilen in die Lehre gehen; sie würden unter andern auch sehen,
wie wol Leute wie L i e b er k ü h n , C a m pe u. a. diese Seite zu be-
achten vvnslen und mit welcliem Geschick sie dabei verfahren sind.
Von Li eher kühn namcnllich könnte ich und werde ich vielleicht
gelegentlich ein und das andere milliieilen.
Eben so fehlt es unsern Zöglingen drillens an der Darstellungs-
und Mitlheilungsgabe, welche in groszen Slädleu in jedem Stande und
jedem Lebensaller zu finden ist, und eben so in geschlossenen An-
stalten und Alumnuten durch das sielige Zusammenleben so vieler
Zöglinge von selbst entsteht. Ich weisz reclil gut, dasz diese Gabe
auch ihre Schallenseile hat, dasz sie zu einem widerlichen und an-
maszenden Häsonnieren und Schwadronieren werden kann, aber darumi
ist jener Mangel immer ein Mangel, und ein sehr fühlbarer für uns.
Es währt auszerordenllich lange, ehe wir es dabin bringen , unsern
Knaben die Zunge zu lösen und sie zum Sprechen zu noligen. Bei
manchen unserer Schüler erreichen wir dies nie, wie ja, was zur rech-
ten, naturgenuis/,en Zeit versäumt ist, verspätet immer nur kiinimerlieh
gedeiht. In den unteren Klassen sträubt sich der Schiller, in das Detail
einerErzählung oder Ijesciireibnng einzugehen, in den mitlleren und obe-
ren Klassen einem nalüriichen Gefühle einen Ausdruck zu geben, einen
Gedanken zu motivieren oder weiter zu entwickeln und zu verfolgen.
Ein Viertes ist der Bfangel an Gesclimackshildiirig, und dieser tritt
namentlich in den mittleren und oberen Klassen hervor. Es fehlt un-
sern Knaben an dem Gefühle für das Passende und Schickliche, für das
Schöne und Edle, für das Einfache und Natürliche, wie man reichlich
sowol bei ihrer Leclüre wie bei eigenen Composilionen wabnielimen
kann. Wo dieser Sinn frühzeitig belebt und gebildet ist, erfüllt ei-
die Composilion mit einem höheren und edleren Geiste, und befähigt
den .lüngling aus den Klassikern, deren \Verke ja in jedem ihier
Tbeile, ja ihrer Worte von dem Hauche der Schönheil angewehl sind,
in viel höherem Grade die wahrhaft bildenden Kräfle zu gewinnen.
Ich bin weit entfernt das Gute zu verkennen oder zu misachlen,
welches uns durch unsere V^erhältnisse lieschieden ist und allerdiiiiis
zum Tlieil als Entscliädigung für jene NacMheile gellen kann. \N ir
haben, da des Zerstreuenden weniger vorhantieii ist, in der Lehrstunde
mehr Aufmerksamkeif, Sammlung und guten ^^■illen zu lernen, bei der
Schulfragen.
eiiifucliereii Sille eine» hei cilwilligcren Gehorsam und einen stetij^eren
Fleisz , niiiiieiillich wo iiiil dein Gedüchliiis xu arlieilen ist, bei der
«frösiereii Nalnrwiiclisi;.rlu'il iiielir liiltiisivitiit des. \\'illens und der
ThalkraJ't, bei dem eiiiliicheren Sinne mehr Verlrauen /.n dem ^^'ürt des
Lehrers. Aber ist es uns zu veideiiUen , wenn \\ir das Gute, dessen
wir uns dankbar freuen, nicht verlieren, und zugleich jenen Mangeln,
die wir auf das schmerzlichste em[)fiiiiien , abhelfen möchten, zumal
wenn wir glauben, dasz ihnen durch gewisse Modilicaliunen des
Lehrplans und durch die vertrauensvolle Gewahrung einer groszereii
Selbständigkeit und Freiheit begegnet werde« könne?
Einige Vorschlage dazu.
Zunächst reichen w ir mit zu ei doulschen Stunden , auch mit
dreien, nicht ans, wenn wir unsere Schüler aus ihrer Hohheit heraus-
arbeiten sollen. In den untern und mittleren Klassen soll der Lehrer
in einem I4lägigen Cyclus, d. h. in 4 Slunden, Leclüre treiben, decla-
inieren lassen, daneben einen Tbeil der Grammatik durclinehni»n , die
Aufsalze der Klasse zurückgeben und zu dem neuen Aufsalz eine An-
leitung geben. Was soll aus jedem dieser Uiiige werden? Man sagt,
jede Unterrichtsstunde sei eine deutsche. Das ist theoretisch sehr
schön, praktisch und in der \\ irkliclikeil aber unwahr, üer Schüler
iernl das Deutsche mit ßewuslsein nur am Deutschen und in den deut-
schen Lectionen ; gewinnt er hier nicht die Fähigkeit seine Jlutler-
sprache mündlich und schrifliicb mit Cewnslsein zu handhaben, einen
deutschen Aulor mit Nachdenken zu lesen, in den griechischen und
lateinischen Lectionen, in der lieligion und in der Geschichle gewinnt
er sie gewis nicht, weil er hier nur beiiaulig auf das Deutsche achten
und sein ganzes Interesse dem l''achgegenstande der Leclion zuwenden
wird. Ueberdies lehrt uns unsere lirfabrung, dasz unsere im Tliilolo-
gischen besten, im Denken scbiirfsten Schüler im Deulschen oll sehr
millelmäszig sind. Docii dies wird uns noch Anlasz zu einer beson-
dern Erörterung werden müszen.
Zweitens wünschte ich, dasz für die Schärfung und Bildung von
Aug und Ohr in den mittlereti und unteren Klassen noch mehr ge-
schähe. Botanik und Zoologie sind in Sexta und Quinta unerläszlich ;
warum aber fallen in Quarta bei uns diese Slunden aus, so dasz die
Naturbeschreibung in Tertia isoliert dasteht und in dieser isolierten
Stellung unbrauchbar wird? Neben jenen würde Mineralogie und
Krystallügraphie mit Erfolg zu treiben sein; einen äuszerst IrelTlicheti
und anregenden Unterricht habe ich vor .lahreii in diesen Fächern in
Quarta kennen gelernt. AN'eiter hinauf würde die Anthropologie, wie
sie in meiner Jugend in Tertia hier und da gelehrt wurde, ingleiclien
experimentale Physik und Technologie den Schülern fruchfreich sein,
w eiche in die oberen Klassen nicht aufsteii^en. Vor allem aber niüst;^
der Geometrie eine Formenlehre voraufgehen, mit der, uenti sie nicht
geistlos betrieben wird, wenn sie namentlich den Knaben mit. Zirkel
und Lineal etwas machen lehrt, im allerhöchsten Grade anregend und
belebend gewirkt werden kann.
8 Schulfragen.
Noch eine Beobachtung, die vielleicht zu nutzen wäre.
Im Deutschen zeichnen sich oft Knaben vortheilhaft aus, mit
denen es im Lateinischen und Griecliischen nur kümmerlich steht. Es
sind meist Knaben aus guten Häusern, die von auswärts zu uns kom-
men. Sie sieben mit den Ihrigen in lebliaftem Briefwechsel, haben an
den Briefen von Hause ein Vorbild, sind genötigt über sich und ihre
Verhältnisse den Eltern genaue ununterbrocbene Mitlheilungen zu
machen und bleiben so in der stetigsten Uebung im Schreiben. Ich
habe in Folge dessen in den mittleren Klassen stets gern den Briefstil
gepflegt, in Prima auch den lateinischen. Indes glaube ich, dasz den-
kende Lehrer auch noch anderweitig aus dieser Erfahrung Nutzen
ziehen könnten.
Und nun noch einmal die Frage:
*ist es möglich dasz bei so groszen Differenzen, wie sie aufgezeigt
sind, das Princip der Uniformität ohne groszen Schaden aufrecht
erbalten werde?'
11.
Die Frage, ob man den Schülern das Tanzen erlauben oder es
ihnen wehren solle, scheint den oberen Schulbehörden eben so viel
Scrupel zu bereiten, wie den Schulen selber. Man musz dies wenig--
stens aus den Verfügungen entnehmen, welche von ihnen über Tanz-
unterricht und Tanzvergnügungen erlassen w^ordcn sind. Sie erkennen
die Unmuglichkeit , das Tanzen absolut zu hindern ; sie sehen dasz es,
wie sehr man auch dagegen eifern möge, doch von der allgemeinen
Sitte getragen sich erhalten und behaupten werde; sie verhehlen sich
andererseits nicht die groszen Gefabren, in welche es die Jugend
stürzen könne, und die Hindernisse, welche es dem Fleisze und der
sittlichen, zuchtvollen Bildung der Jugend bereite; sie würden es end-
lich doch am liebsten sehen, wenn man das Tanzen ganz und gar be-
seitigen könnte. Es sind dieselben Klippen, zwischen denen auch die
armen Schulen ihr Schilf hindurchlenken müszen, nur dasz sie der
Gefahr anzustoszen und Slisfallen von dieser wie von jener Seile zu
erregen und daher selbst diesen und jenen Schwankungen in ihrem
Curs noch viel mehr als jene ausgesetzt sind.
Es wäre sehr überflüssig, wollte ich die Gründe pro et contra
das Tanzen hier wiederholen: um so überflüssiger, da diese ganze
Sache nicht mehr von Gründen abhängig ist, sondern als ein fait
accompli dasteht. Es fragt sich nicht mehr, ob zu tanzen ist oder
nicht — denn es wird getanzt, nicht ob das Tanzen sündbaft sei oder
nicht — denn die Sitte hat es, wie es denn in der menschlichen
Natur seine Wurzel hat, vollständig sanctioniert; es fragt sich nur,
wie die Schule sich dagegen zu verhalten hat. Ich denke: weder
positiv noch negativ, wol aber bewachend und be-
schränkend.
Wie könnte ein Lehrer positiv zum Tanzen anregen wollen, wenn
ihm bewust ist, in welche Gefahren dasselbe den Jüngling ziehen
Schulfragcn. 9
kann? anregen, ehe bei dem Jüngling der Trieb darnach von selbst
erwacht ist? Es ist ein gewaltiger Unterschiert zwisciien Zulassen
und Provocieren, Die Verantwortung für das letztere könnte ich nicht
übernehmen; dem ersteren kann man Hanm geben, sowol als einem
unvermeidlichen wie als einem Tiiun . das unter gewissen Umstanden
eben so viel Gutes wie Schlechtes mit sich führen kann, das an sich,
wie alles Natürliche, weder gut noch schlecht ist, sondern das eine
oder das andere wird, je nachdem es unter die Herschaft der Sittlich-
keit gestellt wird oder nicht.
Denn auch das Nichttanzen ist nicht ohne Gefahren und der Rigo-
rismus gegen das Tanzen straft sich oft schwer. Wer dem natürlichen
Zuffe widerstrebt, nuisz befiirchten dasz die Natur sich durch unnatür-
liehe Verirrungen räche. Wer den Jüngling aus geselligen Kreisen
verbani.t und ihm einen Umgang nimmt, der ihm naturgemäsz ist,
musz erwarten dasz er sich für das versagte anderswo schadlos halte.
Ich spreche aus eigener Erfahrung. Wir hallen versucht, unsern
Schülern das Tanzen überhaupt abzuschneiden; die Folge davon war,
dasz einerseits die Neigung zu Trinkgelagen und Tabakscollegien
wuchs, andererseits sich Familien fanden, welche sie privatim für das
entschädigten, was ihnen öffentlich versagt war. Wir glaubten den
Baum ausiierottet zu haben, und siehe wie aus den uns unerreichbaren
Wurzeln Zweig auf Zweig wieder aufsehosz. Der Schaden erschien
uns allen so grosz , dasz wir uns entschlossen das Tanzen nicht mehr
zu verbieten, sondern es zu einem Gegenstande unserer erziehenden
Sorge zu machen. Wir haben diesen Entschlusz in der That bis jetzt
nicht zu bereuen gehabt.
Wir beschränkten es nach Zeit und Ort, nach Lebensalter und
Persönlichkeit; wir umgaben es mit Schranken, die weit genug waren
sich darin mit Freiheit und Leichtigkeit zu bewegen und doch der
Ausschweifung wehrten; wir hielten vor allen Dingen stets unser Auge
darauf gerichtet; wir lieszen die Schüler, was sie wünschten, unter
unsern Augen und in unserer Gemeinschaft genieszen. Und so halten
wir es noch.
Wir setzen voraus, dasz das Tanzen dem Jünglingsalter natur-
gemäsz sei, nicht dem des Knaben, und gestatten es daher nur Schü-
lern der beiden obern Klassen, die diese Beschränkung als eine Prae-
rogative für sich betrachten und zu schätzen wissen. Wir gestatten
aber auch diesen das Tanzen nicht ohne weiteres, sondern geben zu
jedem einzelnen Falle jedem einzeln unter gewissen Formen hierzu
die ausdrückliche Erlaubnis. Wer sich dieser durch Unfleisz oder
Zuchtlosigkeit irgendwie unwürdig gemacht hat, dem wird sie ver-
weigert. Auf diese Weise wird uns das Tanzen selbst zu einem
Zuchtmittel und zu einem nicht unwichtigen. Wir gestatten das
Tanzen auch nur in einem geschlossenen Kreise, wie sie in kleineren
Städten immer sich bilden, in einem Kreise, in welchem die Schüler
nur im Gefolge älterer Personen erscheinen, nie selbständig auftreten,
nie die Tonangeber sein können, sondern sich stets als die zugelassenen,
10
Schul fragen.
als Gäslo iiilileii müszen. ^^'i|• fiberwaclieii etidlicli peisonlicli Halliini,'-
jiiui Führung unserer Pllcglinge, und ge\\ innen dadurch die Möglich-
keit, in allen Be7>ieliungen moderierend auf sie einzuwirken.
Unsere Thäligkeit ist also dem Tanzen gogenüber nicht positiv,
nicht negativ, sondern eine liniilierendo, und dies Verfahren ist mir,
ich gestehe es olfen, als das einzig'verstandige erschienen, als das,
welches relativ am wenigsten nachtheilige Folgen gehabt hat.
12.
Ich komme zu einem Punkte im Schulleben, über den, wie ich
sehe, nicht minder dilferierende Ansichlon obwalten, als über die Art
und ^^'eise, wie sich die Schule zu den Vergtiügungen der Schüler
verhallen solle. Es ist die Feier des iieiligen Abendmahles von
Seilen der Schule. Sie wird von der Schule erwartet, ja gefordert,
und ist, wie ich ans den Programmen sehe, überall im Gebrauche:
andererseits würde man es der Schule als religiösen Zwang und der-
gleichen auslegen, wenn sie die Schüler absolut zur Theilnahme an
dieser Feier nötigen wollte. Sie bewegt sich auch hier zwischen
zwei Extremen auf und ab, von denen sie das eine wie das andere
zu vermeiden hat. Sie soll, wie jedermann sieht, Freiheit und Nöti-
gung mit einander in Einklang zu bringen suchen: sie wird es, dünUi
mich, am vollUommensten , wenn alle ihre Zöglinge an dem Genüsse
des heiligen Abendmahles theilnehmen und keiner von allen dabei einert
Zwang zu erleiden glaubt.
Doch so leicht sich diese Formel in der Theorie ergibt , so viel
Schwierigkeilen hat es, sie in der Praxis zur Anwendung zu bringen,
und wohl den Schulen, die bei der Praxis durch einen langjährigen
Usus, durcii eine elirw ürdige Tradition unlerstülzt werden, welche für
Lehrer, Schüler und Publicum eine respectierle Auloritiil ist. Denn
ich kenne Anstalten, an denen, wenn die Schule das Abendmahl genosz,
sich nur einige wenige Schüler um das Lehrercollegium sammelten.
Ja ich kenne eine Schule, wo noch neuerdings, als der Uireclor eine
gemeinsame Conimunion für die Schule veranstalten wollte, selbst die
Lehrer erklärten, dasz sie sich keinem Gewissenszwange unterwerfen
würden. Sehen wir selbst von einer Seite, wo dies am wenigsten zu
erwarten stand, sich Opposilion gegen die gemeinsame Feier des Abend-
mahls erheben, sollte da die Schule nicht besser thun , diese Vereini-
gung ganz aufzugeben und die Communion völlig den einzelnen zu
überliissen? in Anstalten zumal, welche in keiner anderen Beziehung
den Charakler geschlossener Institute tragen?
Die Schule ist nicht blos eine Lehranstalt, ihre Aufgabe nicht
Llos der Unterricht; sie ist cbensowol ein erziehendes Inslilut, und
Gesinnung und Wandel der Schüler sind ihr nicht minder anvertraut,
als deren geistige Entwicklung und Bildung. Wäre sie blos Lihr-
anslall, so halle sie keine Veranlassung sich des religiösen Lebens
ihrer Zöglinge anzunehmen; so aber liegt ihr die Wahrung desselben
als eine ihrer wesentlichen und unabweislichen Aufgaben ob. Hierin
Scliulfragen. 1]
liegt dahfir auch das Hecht der Schule, die Theiluahuie ihrer Schüler
Uli) kirchlichen Lebe» und die Benulzun«; der (jiiadenniillel von Seiten
ihrer Schüler zu fordern. Denn die Verpllichluiiy, über die Sitllich-
Ueil derselben zu waciien. sclilie&zl zugleich die Verjdlichluiiy in sich,
die Sti)ruiit;;cn des silllicheii i^ebetis ins Auf^e zu fassen und iiireii
Schülern zu einem vollen ßeuusiseiii zu bringen, und ebenso diese
Störungen und Trübungen aufzuheben nnil sie zur Versöhnung und
zum iMieden mil CIoll zuriicliziiliiiireii. Eine Schule, der es mit ihrer
Aufgabe Ernst ist, Miiide einen Schüler nicht in ihrer Milte dulde»
können, welcher es beharrlich und i)rinci|)iell verschniäiile, sich auf
diesem ^\'ege vo» ihr führen zu lassen. Nun ist allerdings die Familie
berechtigt die Ihrigen zu einer solchen Feier um sich zu versammeln:
andererseits aber fordert die Schule, dasz ihre Zöglinge mit ihr ge-
ineiHSchaftlich ihre Heue über die Sünde bekennen und das Verlangen
in sich fühlen, immer aufs neue sich in der lebendigen Gemeinschaft
mit dem heiligen und gerechten Goll zu befestigen. Es isl natürlich
und nolwcndig, dasz der Knube und Jüngling in einer dieser Gemein-
schaften, denen er angehört, seine Sünden bekenne und die Versöhnung
mit Gott suche. So lange er der silllichen Führung bedarf, wird er
selbst in sich das Bedürfnis fühlen, an der Hand derer, die über seine
Silllicbkeil wachen, zu der ernsleslen Feier, welche die Erde kennt,
heranzulrelen. Die Familie wird wie die Schule und die Schule wie
die Familie darauf halfen, dasz er in dieser heiligen Stunde nicht von
ihr zurückbleibe.
Und die F'amilie wird, wo es dei; Schule inil ihrer sitilichen Pflege
Ernst ist, gern dieser ihr Anrecht überlassen, wie sie ihr ja ihr An-
recht an der Erziehung überliiszl. Weisz sie doch, dasz es die Mo-
mente sind, in denen auch vcrhiirlete Gemüter weich werden und sich
dem ernsten \\'orle des Lehrers öffnen, der nicht blos als Lehrer, als
Erzieher, sondern als Milerlöster ihnen zur Seile sieht, mil ihnen seine
Schuld bekennt und mit ihnen das Siegel der göttlichen Gnade empfangt.
Sie wird es uin so mehr, da ja, svas in der Gemeinschaft der Schule
und gegen diese Gemeinschafl gefehlt ist, alle Verschuldung, welche
in den Kreis der Schule fällt , bei keiner andern Gelegenheil so sehr
vor die Seele treten, so tief als eine Sünde gegen den heiligen und
gerechten Goll empfunden werden kann als da, wo Lehrer und Schüler
sich zur Feier des Abendmahles vereinen. Denn es sind nicht so nnri
so viel einzelne, welche hier dem Herrn nahen, sondern es ist zugleich
ein sittliches Ganzes, welches sich reinigen lassen will und die erneute
Gemeinschaft n)it Gott sucht, und der einzelne hat das Be\\ usL^ein,
dasz auch seine Schuld gegen die Schule damit hinweggenommen
werde.
Es ist immer schwer zu sagen, was bei dem einzelnen, welcher
sich dennoch von dieser Gemeinschaft ausschliesze, zu Ibun sei. Doch
gibt es geviisse allgemeine Grundsätze, welche einen Halt geben
können.
Wünschen Eltern dasz ihre Kinder mit ihnen zum Abendmahl
12 Schulfragen.
gehen, so lasse ich sie liien'iber sich schriftlich erklären und zugleich
die Versicherung geben, dasz sie in dieser Beziehung in Weise christ-
licher Eltern für die Ihrigen Sorge tiagen wollen.
Treten mir Schüler mit einer unmotivierten Weigerung entgegen,
sei es dasz sie sich in solchen Dingen nicht durch die Schule Ver-
pflichtetglauben, sei es dasz sie sich nicht in der angemessenen Stim-
mung fühlten, so suche ich sie über die Verpflichtung der Schule zu
belehren — nicht über das Recht der Schule — , führe sie, so weit
ich es vermag, auf den Grund ihres Widerstrebens zurücU, trete darüber
mit ihren Eltern in Rücksprache, betrachte sie aber dann einstweilen
als Kranke, an deren Genesung man nicht zu verzweifeln habe. Bei
fortgesetzter Weigerung und bei gefährlicher Einwirkung auf andere
würde ich dahin wirken, dasz sie unserer Schulgemeinschaft ganz ent-
nommen würden.
Vornehmlich aber suche ich das Gemeingefühl in der Schule zu
beleben und zu stärken. Ist dies vorhanden, so wird es den Schüler
von selber ziehen, auch in dieser Stunde seine Gemeinschaft an der
Schule zu bekunden.
Wo es möglich ist, rathe ich die Feier nicht an einem Sonnlage
stattfinden zu lassen, sondern an einem Wochentage, wo auf die Vor-
bereitung unmittelbar das Abendmahl folgen kann, und die übrigen-
Schüler der Anstalt der Feier als Zeugen beiwohnen zu lassen. Es
sind mir herliche Stunden, in denen ich so mit CoUegen und Schülern
aus den Händen eines verehrten Geistlichen das heilige Sacrament
empfangen habe.
Hat sich in dieser Hinsicht erst eine Sitte gebildet, so verschwin-
det die Opposition dagegen bald ganz, es wäre denn, dasz sich von
auszen her störende und feindliche Elemente einmischten , welche je-
doch dem Geist des Ganzen, so lange dieser stark ist, werden unter-
liegen müszen. C. G.
(Fortsetzungen folgen.)
2.
Oeffeniliche Reden. Mit einem Anhange paedagngischer und philo-
logischer Beiträge ron D. Ludwig D öd er lein. Frankfurt
und Erlangen, Zimmer und Heyder. 18(50. 8. VIII u. 446 S.
Diese dem Herrn Geheimen Hofrath Göttling in Jena als ein
Denkmal sechzigjähriger Freundschaft gewidmete Sammlung kleiner
Schriften und Analekten wird zweifelsohne von Philologen und Schul-
männern mit derselben freudigen Anerkennung aufgenommen werden,
wie die 1843 und 1847 von Döderlein herausgegebenen Reden und
Aufsätze. Man wird in den neunzehn vom ,1. 1847 bis 1859 gehalteneu
Reden und in den zehn gröszeru und kleinem Stücken, die im Anhang
Döderloin: öffenllicho Heden. 13
entiialten sind, den Meister der Rede, welcher sich so gut wie Enniiis
der tri;i corda rühmen könnte, wie den gewiegten Didaktiker und Kri-
tiker, und inshesondere in den Gedächtnisreden, deren letzte dem An-
denken Nägelsbachs gewidmet ist, eine Frische der Empfindung
erkennen, welche seilen bis ins höhere Alter ansdanerl. Wenn ich
aber, um dem brieflich ausgesprochenen Wunsche meines allen und
lieben Freundes Döderlein zu entsprechen, mit einer Anzeige dieser
seiner dritten Sammlung vor das Piiblicum der Neuen Jahrbücher treten
soll, so werde ich mich nach der Natur solcher Sammlungen vorzugs-
weise mit wenigen Einzelheiten zu beschäftigen haben, aus welchen
mehr oder weniger der Geist und die Art des Ganzen zu entnehmen
ist; und mich zuerst zu dem Anhang zu wenden veranlaszt mich eine
Anmerkung, womit Döderlein Nr III des Anhangs 'paedagogi-
s ch e und didaktische Aphorismen' beschlieszt: *Es würde mir
schmeicheln, diese Sätze mit den Briefen meines alten Freundes ....
C. L. Roth (kleine Schriften II S. 49— 175) verglichen zu sehen. Mit
ihm habe ich über 20 Jahre freuiulnachbarlich , er am Nürnberger, ich
am Erlanger Gymnasium, in gleicher Thätigkeit gelebt, gute und böse
Zeilen des bayerischen Schulwesens gemeinscliafllich getragen und ge-
nossen, vielfach wol auch wechselseitige Belehrung ausgetauscht. Man
wird bei aller diametralen Verschiedenheit von Form und Ausdrucks-
weise holTenllich doch eine durchgreifende Harmonie der Gesinnung
auch in diesen Sätzen erkennen.' Eine solche Vergleichung anzustel-
len, zumal wenn sie Form und Ausdrucksvveise befrelTen soll, scheint
mir, wenigstens was meine Sachen befrilTt, kaum der Mühe werlh ;
und wenn auch etwas dabei zu erholen wäre, so käme es am wenig-
sten mir zu, die Leser der Neuen Jahrbücher zu einer solchen Betrach-
tung einzuladen. Dagegen finden sich im didaktischen Theile des An-
hangs und mehr noch in den Schulreden allerdings disputable Partien,
in welchen ich eine über die Ausdrucksweise hinausreichende Ver-
schiedenheit unserer Auffassungen und Ansichten erkenne. So sagt
Döderlein S. 297: '^Mancher Lehrer lobt seine Schüler nie und er-
wartet dasz die Negation des Tadels schon als Belobung und Beloh-
nung von ihnen aufgenommen werde. Vortrefflich, wenn der Lehrer
selbst in den Augen seiner Schüler ein Heros und ein fast übermensch-
liches Wesen ist; denn dann kann niemand von ihm etwas höheres als
ein Zeichen der Zufriedenheit erwarten, so wenig als von Gott. Allein
das sind seltene Wundermänner. Ist die Enthaltung vom Lob ein Grund-
satz des Lehrers, etwa um seine Schüler vor Eitelkeit und Hochmut
zu bewahren, so wirkt sie nicht günstig; sie macht den Eindruck der
malignitas , einer kargenden Misgunst. Er gebe so oft er kann seine
Zufriedenheit laut, aber mit ruhigem Flrnst zu erkennen, und wenn er
gar loben kann, lasse er den Schüler die lebhafte Freude, die es ihm
mache, fühlen und mitempfinden. Wenn der Schüler nach dem Lobe
seiner Lehrer innerhalb der Schulwände eifrig trachtet, so ist das
etwas ganz andres, als wenn er nach einer öffentlichen Auszeichnung,
etwa durch ein Preisbuch, geizt. Jenes ist so natürlich, wie dieses
14
Döderlein: ölTentlicho Reden.
unnatürlich ist ... . Mutet man dem Scliiilor zu , mit seinem guten
Bcwustsein und der stillen ZiiFriodenhoit seines Lehrers sich zu be-
gnügen, so ist (las nioialischer Rigorismus.' Mir ist auch das Ver-
langen des Schülers nach tielobung vom J.chrer immer ganz natürlich,
aber das nach öfFentlicher Auszoichnnnü, wo die Gelegenheit dazu ein-
mal vorhanden ist, nicht im mindesten luin^itürlich erschienen. Da-
gegen glaube ich vom lieloben wie von den Prämien in der Regel fast
nur nachtheilige Wirkungen gesehen zu haben: die sitlliche Anstren-
gung wird meist dadurch eher zum Stillstande gebracht als gefördert.
Gar oft, wenn ich gelobt jiatle , kam unmittelbar darauf eine faktische
Wider leffiing des ausgesprocheneu Lobes; ja bisweilen war dieses
schon widerlegt, bevor es ausge.sprochen wurde. Der Lehrer musz
doch wol in seinem ganzen Wesen und Gebahren sich zu dem
Grundsatze bekennen, «lasz er selbst niemals mehr leiste, als was
seine Schuldigkeit ist, und denselben Glauben musz er in den Sciuilern
anznptlanzen bedacht sein. Diese müszen von ihm lernen, dasz, was
der Mensch sich selbst — durch Fleisz und Wohlverhalten — erweist,
niemals ein Verdienst sein könne. Deswegen brauchen wir aber die
Anerkennung eines sittlichen oder intellektuellen Gelingens im ein-
zelnen nicht in uns zu verschlieszen. Gibt es doch überall gutartige
Schüler, welche, durch unrichtige Führung eingeschüchlert oder von
Natur zaghaft, erst zu sich und zu dem Lehrer Zutrauen gewinnen
müszen, um wachsen und gedeihen zu können. Aber aiicli diesen wird
es heilsamer sein, wie den anderen, dasz sie die Anerkennung von
Seiten des Lehrers verspüren, als wenn diese Anerkennung oder gar
ein Lob verkündigt wird.
Auch das erste Stück des Anhangs, didaktische Erfahrun-
gen und Uebungen, enthält neben den treffendsten Bemerkungen
und Winken für den Unterricht, aus welchen der Lehrer viel ler-
nen kann, eines und anderes, was ich im Unterricht kaum an-
wenden möchte. So S. 276 die Behauptung, dasz die Urbedeutung
des Wortes sors sei: der Spruch, Ausspruch, z. B. des Rich-
ters, wie Aen. VI 431, oder häufiger des Orakels, wie ja auch
fatum, von fari, ursprünglich den Spruch bedeute. Denn der Stamm
des Wortes sei serere , sprechen, ein Verbum, welches nur als
Simplex obsolet geworden , dagegen in dem Substantiv sermo und in
den Coiiiposilis asserere und disserere leicht zu erkennen sei. Aber
woran soll ich denn erkennen, dasz das Simplex in asserere und dis-
serere ein obsolet gewordenes und anderes sei, als in conserere und
exserere? Und wenn sors Spruch heiszen soll, wie worden wir beim
Lesen der A. P. das Wort sorlilegus erklären, und was sind dann Liv,
XXI 62 softes extennalae? Zweifeln wir doch ja nicht, dasz der ge-
lehrte und gewissenhafte Anliquarius Ve rg i I uns von der äuszeren
Verfassung, worin die sorles zu Präneste oder sonst wo vorhanden
waren, Aen. Ill 443 ff. ein getreues Bild gegeben habe. Es sind
Sprüche, carmina, auf Blättern geschrieben, und diese Blälter ordnet
die Seherin, digerit in numerum: es kommt nach vs. 451 auf die Reihe
Dödoricin; ölTontliclio IJeden. 15
(lor Bliillor und niif den Ziisammcnliano: an, in welcliem der Fropliet
oder die) Proj)iictin dio einzelnen IMältcr bringt. Vgl. was iXiebuIir
li. G. 1 ö'At iiber dio sortcs von Cäro sagt. Sors koniinl frcilicli von
serero her, aber dieses hciszt und Iiiesx ursprünglich niciit sprechen,
sondern reihen, und sors heiszt ursprünglich nicht S p r u c h. sondern
11 e i li e , oiine Zweifel conlrahiort aus scrics. So ist auch sermo ur-
sprüngiicii das aneinander gercilito , was man an der Af'li, fiooiiir;;
Arist. lihel. III 9 seilen kann. Döderlein selbst im 6n Bd der
Synonymik S. 331 weist auf diese Ableitung hin. Denn jene auch in
die neue griechische Lexikographie übergegangene Unterscheidung
zweier el'oco^ deren eint's sagen, das andere verknüpfen bedeuten
soll, ist eine Ungereimtheit. Vielmehr ist v e r kn ü p fe n die erste und
sagen = reden oder Worte aneinander reihen die zweite Bedeu-
tung. Ich möchte in dem, was ich zur Belehrung meiner Schüler
schreibe (S. -261. 262) und in <len für Lehrer bestimmten Proben So-
kratischer Mäeutik (S. VII der Vorrede) einen Einfall oder eine
Vermutung wie die, dasz serere als Simplex ein in der Sprache obsolet
gewordenes Wort und sors = Spruch sei , nicht als etwas ausge-
machtes oder sicli von selbst verstehendes hinstellen.
Unter den Reden scheinen mir die sieben letzten — Schillerrede,
die zu Ehren K o c h s, C a n s t a 1 1 s, F 1 e i s c h m a n n s, v o n S c h a d e n s,
Kohlrauschs und Nä g e I s b a c h s — bei weitem den Vorzug zu
verdienen durch die darin herschende Empfindung, sowie durch die dem
Vf. eigenthümliche Kunst, das Charakteristische zu fassen und wahr-
heitsgetreu darzustellen. Aber auch die andern, die ErölTiiiingsworte
bei der Philologenversammlung 1851 und die Festrede, in Gegenwart
des Königs 1855 gehalten, wie die zehn Schulreden, bieten eine Fülle
trelTender Gedanken und rednerischer Schönheiten dar, während da-
gegen eben in diesen Schnireden einzelnes vom Standpunkt des Paeda-
gogen aus nicht unangefochten bleiben dürfte. So sagt Döderlein
in der zweiten Rede, womit das Schuljahr 1847/48 geschlossen wurde,
S. 14: MIaben unsere der Universität entgegenreifenden Schüler der
Zeitgeschichte, die keine Aufgabe des Schulunterrichts war, allzu viel
Zeit und Theilnahme zugewendet, so haben sie nur des Guten zuviel
gethan.' Unmittelbar vorher aber heiszt es: 'Was man eigentlichen
Schulfleisz nennt, jtne Sammlung des Geistes und Gemütes für die Be-
schäftigungen, welche das Gymnasium bietet und fordert, das war im
Laufe dieses Jahres zu vermissen, und nicht am wenigsten bei den
Gereiflesten.' Auch noch in der vierten Rede zum Schlüsse des Schiil-
jaitrs 1849/50 S. 42 wird gesagt: 'Zwar mag der Fleisz und das Interesse
auch unserer Schüler für das, was die Schule zunächst zur Aufgai)e
hat, in dieser Zeit der politischen Aufregung Not gelitten haben;
allein die entgegengesetzte Erscheinung würde ein Wunder sein, und
kein Wunder, das wir unbedingt willkommen heiszen dürften.' ....
Das Wunder der entgegengesetzten Erscheinung, welches ohne Zweifel
sich nirgends begeben bat, würde darin bestanden haben, dasz die
Schüler einer Lehranstalt conspiriert hätten, unbekümmert um die
lü Döderlein; öffentliche Reden.
V^eitgeschiclite' ihrem Berufe verdoppelten Fleisz zuzuwenden. Ich
Hcstehe dasz mir das auch als ein Wunder, aber als ein im liöchslen
(irade erfreuliches erschienen wäre. Denn ich würde darin eine ge-
wisse Bürgschaft dafür erliannl haben, dasz meine Zöglinge Männer
werden wollten, ein Ziel, welches Döderlein in der neunten Rede,
besonders S. 126, recht klar und gnt der .lugend vor Augen stellt.
Dasz der "^Sturni, welcher in die Zeit gefahren war', auch die Schul-
jugend geschüttelt hat, war so natürlich als irgend was. Aber in der
Unruhe der Jugend nur einen Ueberschwang des ^Gjilen ', nur zu viele
Theilnahme an der 'Zeilgeschichte' zu erkennen, wäre mir wenigstens
unmöglich gewesen. Ich bekenne mich aufrichtig zu dem Rufe, wel-
chen der Soldatenschulmeister in Wallensteins Lager ergehen läszt,
allerdings nicht ohne Variation je nach Umständen und Altersstufen,
aber für alle, welche nicht oder noch nicht zum Handeln in öffent-
lichen Dingen berufen sind. — Es findet sich ungeachtet der edeln
Gesinnung, welche aus allen Reden Döderleins hervorleuchtet, und
neben vielen schönen Betrachtungen und richtigen Urteilen noch man-
ches andere gerade in den Scluilreden, was ich nicht unterschreiben
möchte. So erscheint mir das Lob des Schulpedantisnuis in der sechsten
Rede, worin das Schulpedant lieiszen und das Schulpedant sein
durchweg nicht genugsam unlerscliieden und auseinander gehalten ist,
geradezu und von vorn herein verfehlt, schon durch die S. 75 gegebene
Definilion, dasz der Pedantismus 'eine Ordnungsliebe sei, die das nö-
tige Masz überschreite und Unwesentliches von sich oder andern
verlange, blos weil es zur Ordnung gehört.' Die Ordnungsliebe, heiszt
es dann weiter, sei unstreitig eine Tugend, ihr Uebermasz also die
Ueberlreibung einer Tugend, und ihre Quelle habe diese Tugend in
der Gewissenhaftigkeit. Aber, die Richtigkeit der Definilion voraus-
gesetzt, erscheint ja der Fedanlismus überall in der Welt, wofern er
nicht bisweilen aus einer gewissen Aengstlichkeit erwächst, lediglich
als Folge der Selbstsucht, nicht der Gewissenhaftigkeit; und wo er
mit der Gewissenhaftigkeit verbunden ist, da ist diese selbst, nicht
der Pedantismus, achtungswürdig (S. 76), und dieser selbst ist niclits
weniger als eine Tugend, sondern eine Schwachheit, welche wegen
ihrer Verbindung mit einer Tugend allerdings Duldung, aber nicht ein
.Iota mehr, ansprechen darf. Denn wie sollte die Uehertreibung einer
Tugend — denken wir z. B. an die Sparsamkeit — noch eine Tugend
heiszen können? Doch vor allem bedenklich erscheint mir das Lob,
welches Döderlein in zweien dieser Reden und auch noch in andern
Stellen dem Stolze zuerkennt. S. 65 heiszt es: * Der Mensch soll
stolz, d. h. seiner Würde sich bewust sein, soll diese Würde selbst
wahren und gegen andere verlheidigen, frei von dem Laster des Hoch-
muts, der die Würde anderer unterschätzt, und von der Schwäche der
Eitelkeit, welche die eigenen Vorzüge selbstsüchtig zur Schau trägt.
Nun, eben dieser edle Stolz soll den Menschen stets mahnen das zu
sein, wozu ihn die ?*atur geschaffen, und das, was er ist und sein soll,
auch zu scheinen. Denn das auch scheinen zu wollen, was man
.• " Döderlein : öfTenlliche Reden. 17
\% irklich ist, zählt weder als Eitelkeit noch alsHoclimul; dagegen
Widerspruch und Unnatur ist es, etwas anderes zu scheinen als was
man ist.' Und S. 97: ^Jedermann sei stolz auf seinen Stand; schämt
er sich das zu sein, was er nach eigener Wahl doch ist, dann wird
er zum geheimen Verräther an der Gemeinschaft, der er angehört, und
spricht sich seihst zugleich sein Urteil .... Dieser rechtverstandene
Stolz kann und soll auch die Qnelle einer Cardinaltugend sein — der
Wahrhaftigkeit. Nur der rechtlose Sklave, meinte man zu allen Zei-
ten, handelt nalurgemäsz, wenn er zu seinem Vorteil, aus Furcht
oder aus Eigennutz, lügt und betrügt; der freie Mann musz zu stolz
wie zur Furcht, so auch zur Lüge sein.' Schillers 'Vom Jlädchen
reiszt sich stolz der Knabe, er stürmt ins Leben wild hinaus' — er-
weckt uns eine ganz hübsche Vorstellung, und auch der Lehrer*) mag
es als ^ein sehr tiefes und sehr wahres Gefühl erkennen, das dem an-
gehenden Sextaner ebensowol wie seinen auszerhalb des Gymnasiums
zurückbleibenden Genossen sich einprägt, dasz es nun mit ihrer Freund-
schaft und Gemeinschaftlichkeit vorbei ist, dasz zwischen denen drin-
nen und denen drauszen sich etwas erhebt wie eine unersteigliche
Mauer.' Aber wie seltsam klänge doch eine Paränese: reiszet euch
mit Stolz los von den Mädchen, meine jungen Freunde! Stürmet wil^
in die Well hinaus! Und mit den Schülern der Volksschule werdet
ihr hoffentlich fortan nicht mehr zusammengehen ! Wir dürfen nicht
nur nicht den Stolz loben, sondern müszen demselben überall ent-
gegentreten, schon darum, weil niemand die Kriterien zu nennen weisz,
wonach der Stolz des Knaben von dem Hochmut des Knaben unter-
schieden werden könnte, oder vielleiclit richtiger, weil der Knabe gar
nicht stolz sein kann in Döderleins Sinne, sondern nur hochmütig.
Denn die Eitelkeit, deren Wesen oben nicht richtig definiert ist, hat
nur weniges mit dem Stolze gemein. Doch angenommen, der Stolz
lasse sich vom Hochmut sondern , und sei , was Döderlein will, das
Bewustsein der eigenen Würde, durch welcherlei geistige Thätigkeit
soll ich meine eigene Würde erkennen? Wie soll ich erfahren, was
ich bin und sein soll? Wie es machen, dasz ich auch scheine was ich
bin? Mir kommt das Ausgehen nicht nur auf das öoksiv, sondern auch
auf das q)aLvea&ai sehr bedenklich vor, und eine Einladung dazu dop-
pelt und dreifach bedenklich. Denn wir dürfen als gewis annehmen
dasz der, welcher scheinen will, sich und andere zu täuschen sucht;
der Stolz, auch der rechtverstandene, wenn's einen solchen gibt, wird
niemals die Quelle der Wahrhaftigkeit sein, sondern vielmehr der
Unwahrhaftigkeit, womit nicht gesagt ist, dasz nicht ein stolzer Mann
ein strenger Wahrheitsfreund sein könne. E. M. Arndt hat gezeigt,
wie des stolzen Freiherrn von Stein strenge Wahrheitsliebe so eng
verbunden gewesen sei mitseinerGottesfurcht. Denn auch dem
heroischen Geiste klebt irgend eine Schwachheit an, irgend eine Ver-
*) So Dr Campe S. 242 seines schönen Buches: Geschichte und
Unterricht in der Geschichte. Leipzig 1859.
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. ISGl. Hft 1. 2
18 Dödorlein: öffentliche Roden.
diinkelung- seines sittlichen \yesens, irgend ein Mangel, der ihn selbst
und seine Bewunderer daran erinnern soll, dasz er ein Mensch sei und
bleibe und der Duldung von Seiten der Nebenniensclien bedürfe. Ist
aber der Stolz eine der Schwachheiten unserer Natur, wie sollten wir
in der Schule darauf ausgehen, diese Schwachheit zu pflegen? naGa
yofQ xiiv)] v,al naiÖBicc xo tcqoöXeItiov ßovXetat rijg g)v(jecog ccvanXfjQovv.
Aristot. Polit. VII 17.
Können wir aber in dem, was zum Lobe des Stolzes gesagt ist,
keinen für die gedeihliche Führung unsers Berufes heilsamen Kath er-
kennen, so werden wir manchen andern Ausführungen D.''s, auch in
den Schulreden, um so freudiger zustimmen. So, wenn er S. 50. 51
dem Lehrer die Verpflichtung zur Liebe vorhält: ^die Schule hat zu-
nächst den Kopf und Geist ihrer Pflegbefohlenen auszubilden durch Un-
terricht, und mancher Lehrer spricht blos und ausschlies.^ilich zu dem
Kopf seines Schülers, als sei das der Mensch. Allein der Schöpfer hat
ja den Menschen nicht aus Kopf und Herz zusammengesetzt, hat nicht
zwei verschiedene Dinge, Geist und Seele, künstlich vereinigt; nein
er hat den Menschen als ein ganzes geschaffen. Daher berührt ja der
blose Unterricht selbst ohne des Lehrers Willen und Zuthnn zugleich
das Gemüt, wenn auch nur dadurch, dasz er, ganz ohne Beteiligung
des Herzens und nur für den Versland oder das Gedächtnis gegeben,
das Gemüt eine Lücke fühlen läszt. Was die Lehrer im allgemeinen
hier thun können und sollen, das hat vor dreihundert Jahren ein deut-
scher Schulmann mit dem glücklichsten Humor in eine Frage eingeklei-
det: Warum ist a7no die erste und doceo die zweite Conjugation?
Antwort: Weil der Lehrer seine Schüler zuvor lieben soll, eh' er
anfänfft sie zu belehren. Er soll seine Liebe aber auch offen-
baren mit Weisheit; besitzt er diese Weisheit, so erscheint seine
Liebe in der Art und der Miene, mit der er tadelt, zürnt und straft,
noch mehr als in den Worten des Lobes und den Handlungen der Nach-
sicht, so wie der Christ Gottes Liebe in seinen Prüfungen noch leich-
ter erkennt als in seinen Segnungen. Was in einem deutschen Nach-
barland ehedem als Hausregel galt: man darf seine Kinder nicht merken
laszen, wie lieb man sie habe, das klingt unsrer reifen Zeit wie ein
harter Spruch, er enthält aber eine tiefe Wahrheit; die unsichtbare
und sich verbergende und dennoch fühlbare Liebe geht am meisten
zum Herzen. Und wer Liebe säet, der erntet Liebe, wenn er nicht auf
ganz dürren, steinigen Boden säet. Und selbst wenn die Liebe be-
harrlich an kalte herzlose Naturen scheinbar verschwendet wird —
kein Mensch verdient, dasz man an ihm verzweifle; das unempfind-
lichste Herz besteht nur aus Eis und nicht aus Stahl und ist der
menschliche Liebesodem nicht warm genuff, das Eis zu schmelzen, so
vermag es ein göttlicher Hauch, selbst ohne ein Wunder. Aber was
der höchste Triumph eines Lehrers, wie eines Vaters ist, wenn in sei-
nen Schülern, seinen Kindern der stille Wunsch lebt, und sich durch
Mienen, Worte oder Handlungen ausspricht: ein solcher Mann möchte
auch ich werden! diesen Triumph erringt nicht die 3Iacht des Geistes
Döderleiu: öfTentliche Reden. 19
und der Lehrgabe, sondern die stille Macht des Gemütes und der
Liebe. Alle Uebun»- aber in der Bewunderung- und Liebe hilft das Ge-
müt veredeln.' Icli hebe unter einer groszen Anzahl von Stellen,
■welche D-'s ungewöhnliche Gewalt über die Sprache beweisen, noch
wenige aus. In der Rede zur Eröffnung der PhilologenversammUing
des J. 1851 sagt er S. 151: ' Bencidenswerlhes Jahrhundert, in wel-
chem das öffentliche Leben noch keine durch die Sitte geheiligten
Widersprüche und Lügen kannte, wo noch keine Verirrung der Höf-
lichkeit das wahre Du in ein erlogenes Sie umwandelte, und noch
nicht der freie 3Iann den freien 3Iann seinen Herrn nannte, wo noch
keine Schmeichelei den Fürsten mit göttlicheren Ehrennamen ehrte,
als die Götter selbst, und so das Wahrheitsgefühl abstumpfte, und es
gewöhnte tagtäglich die Sprache und das eigene Wort Lügen zu stra-
fen! wo die geistigsten Güter der Menschheit noch blos im Glänze ih-
rer Schönheit prangten und nur aufrichtige Verehrer anlockten, ohne
blos den Weg zu angslreichen Staatsprüfungen und kümmerlichen oder
glänzenden Anstellungen bahnen zu sollen I wo noch kein unnatürli-
cher Zwiespalt zwischen Sitte und Sittlichkeit herschte, wo nicht
Sitte und Ehre ein Duell forderte, welches gleichzeitig von der Sitt-
lichkeit verboten, von der Religion verdammt, vom Gesetze bestraft
wird!' So in der Festrede vor dem König Max im J. 1855 S. 163:
'die reine Achtung vor der Wahrheit ist ein besonderes Erbteil der
Völker germanischen Stamms, das wir mehr oder weniger mit unsern
Stammverwandten am Kanal und am Belt und an der Ostsee teilen.
Was dagegen romanisch heiszt, das huldigt in gleichem Grade der
Idee der Schönheit .... Wo eine Wahl zu treffen zwischen Wahr
und Schön, da wird der echte Germane lieber das Schöne dem Wah-
ren, der echte Romane lieber das Wahre dem Schönen zum Opfer
bringen. Denn einem deutschen Herzen erscheint alle Unwahrheit als
ungöttlich, weil Gott die Wahrheit, durch und durch Wahrheit und
Licht ist und die Lüge wie die Finsternis verdammt. Der Romane da-
gegen fühlt sich geneigter, die Unwahrheit mit der Poesie auf gleiche
Stufe zu stellen, die Erdichtung, das Geschöpf des berechnenden
Verstandes, nach gleichem Masze zu messen mit der Dichtung, dem
Himmelskinde der Phantasie, und auf diesem Wege das zu adeln, was
seinem Wesen nach ungöttlich ist. Als ähnelnde Verwandte stehen
der Schönheit zur Seite die Ehre und der Ruhm. Beide strahlen in
schönerer Pracht, als die bescheidene Wahrheit und Gerechtigkeit.
Allein der deutsche und christliche Sinn musz und wird ein christ-
liches Volk beklagen, das nichts höheres auf der Welt kennt als die
Ehre, und sie von einer Idee zu einem Idol erhebt. Die Anbetung'
der Wahrheit ist ihm Gottesdienst, die Anbetung der Ehre aber Götzen-
dienst.' Der Rede zur Schillerfeier und den mehrerwahnlen Gedächt-
nisreden möchte ich auch hinsichtlich der Sprache vor allen andern
den Preis zuerkennen. Wer jene unmittelbar vor oder nach J. Grimms
Festrede liest, der wird, auch wenn er ein leidenschaftlicher Autochthon
ist, nicht in Abrede stellen wollen, dasz wir den Rhythmus und den
2*
20 Kurze Anzeigen und Miscellen.
klaren, schönen Flusz der Rede nicht in solchem Grade in der Be-
schafligung mit den Schriftwerken unseres Volkes gewinnen, wie in
dem Verkehre mit den Klassikern des griechischen und römischen
Altertums.
Tübingen im August. C. L. Roth.
Kurze Anzeieren und Miscellen.
I.
Professor Dr Friedrich Osann ini Lehen wie im Wirken das Bild
€i7ies Humanisteti. Von Dr Wilhelm Wiegand, Gymnasial-
director in Worms. Gieszen 1859 , G. D. BrühPsche Verlags-
handlung. 48 S, 8.
Wie das wohlgetroffene und lebensvolle Portrait eines theuern
Augehörigen oder Freundes uns sowol die geistigen als charakterlichen
Züge desselben für immer treu bewahrt und in jedem Momente des An-
schauens wiedergibt und zurückruft: so tritt nns oft nicht minder leben-
dig das Bild eines lieben Todten aus den Zügen und den Gedanken,
wie aus einem Rahmen, entgegen, welche er als das Füiden und Rin-
gen seiner Seele, die Stimmungen seines Gemütes und alle Erschlieszun-
gen seines innersten Wesens aus der Tiefe des Herzens in der Vertrau-
lichkeit brieflichen Verkehres niedergelegt hat. So manche Momente
eines reichen und segensvollen Lebens, welche früher teils weniger
beachtet , teils oft auch nur halb verstanden oder gewürdigt wurden,
erhalten oft spät erst die rechte Bedeutung, das rechte Verständnis und
eröffnen dem freieren Blicke eine Vollendung des Ganzen , welche bis
dahin unerkannt geblieben war. In diesem Gefühle werden alle Schü-
ler Friedrich Osanns, denen es vergönnt war, den wissen- und
freundschaftlichen Verkehr mit dem geliebten Lehrer über ihre akade-
mische Lehrzeit hinaus in brieflichem Austausche fortzusetzen , dem äl-
testen und berufensten ihrer Commilitonen mehr als alle anderen zum
lebhaftesten Dank dafür verpflichtet bleiben, dasz er die theuern Züge
eines begabten und hochgebildeten Geistes, eines reinen und zarten Ge-
mütes, eines fleckenlosen und pflichttreuen Charakters zu einem Le-
bensbilde vereinigte, in welchem Jeder sicherlich das edle Bild des
Verklärten wiederfindet, wie er es im eigenen Herzen unverwischbar
trägt und vielleicht auch in den vertrauten Ergüssen brieflichen Ge-
dankenaustausches heilig bewahrt. Gestatten ihm diese letzteren durch
einen oder den andern charakteristischen Beitrag das hohe Gesammtbild
allseitig vollendeter vor Augen zu stellen und reicher auszuschmücken:
so darf er sicherlich des dankbaren Beifalls derer gewis sein, welchen
auch die kleinste Erinnerung an den heimgegangen Lehrer und Freund
lieb und werth ist.
Wie fast alle Zweige der Kunst und Wissenschaft hat auch die Phi-
lologie in einer verhältnismäszigen kurzen Reihe von Jahren nicht blos
die Altmeister und Heroen der altern Schule, sondern auch mit die
Koryphäen der neuern Periode hinscheiden sehen, deren Lebensbilder
und Andenken in den kommenden schweren Zeiten allein nur den Epi-
gonen schützend und stärkend zur Seite stehen werden , wenn es gilt
das heilige Erbe über die andrängenden Stürme hinaus einer bessern
Kurze Anzeigen und Misccllon. 21
Zukunft zu bewahren (vgl. S. 5 u. Ü). Zu jenen gehört auch Fried-
rich Osann, dessen Jugendbildung (S. 7 — 17), wie bei so vielen
edeln und gioszen Menschen, unter der segensvollen Leitung einer um-
sichtigen, klugen und cluirakterfesten Mutter, den noch frischen und
unmittelbaren Eindrücken der Glanzperiode der deutschen Litteratur
und ihrer am kunstsinnigen Hofe in seiner Vaterstadt Weimar vereinten
Trilger, sowie endlich unter besonderen äuszeren Begünstigungen einen
Verlauf nahm , der ihn sicher und bewust dem erwählten Berufe
entgegenführte, welcher durch eine mehr als dreiszigjährige ehrenvolle
und erfolgreiche Wirksamkeit als Docent der Philologie an der Univer-
sität zu Gieszen für Wissenschaft und Leben mit dem reichsten Segen
gekrönt wurde. Die beiden Hauptrichtungen dieser seiner Thätigkeit
als L e h r e r wie als S c h r i f t s t e 1 1 e r wie auch Charakter und Geist
desselben hat die bewäbrte Hand des ältesten seiner hessischen Schüler
und Freunde teils mit Liebe gezeichnet, teils auch, insbesondere durch
Zusammenstellung der bezüglicben Druckschriften, skizziert, dasz nur
eine und die andere besondere Seite zu vervollständigen bleibt, welche
für das Leben und die gelehrte Tiiätigkeit des Verklärten von Einflusz
und Bedeutung war. Die hohe, durch nichts irre gemachte und bis
zum letzten Hauche ausharrend bewährte Pflichttreue konnte den Da-
hingeschiedenen vom Beginne seines akademisclien Lehramts an zu kei-
ner Zeit an der vollen Berechtigung zweifeln lassen, dasz ihm vor allen,
als Director des philologischen Seminars und Lehrer der zukünftigen
Gymnasiallehrer, auf die hessischen Gymnasialverhältnisse, insbesondere
die Anstellung der philologischen Lehrer eine P^inwirkung gebüre , welche
allein die Möglichkeit eröffnete, einerseits tüchtige Kräfte an die geeigneten
Stellen zu bringen, andererseits die Leistungen der hessischen Gymnasien
den Anforderungen der Gegenwart und dem Stande auswärtiger huma-
nistischer Lehranstalten entsprechend zu steigern. Osann war zu dem
Ansprüche auf eine solche Einwirkung sicherlich um so mehr berechtigt,
als er aus eigner Erfahrung mit den Resultaten der Maturitätsprüfun-
gen an den hessischen Gymnasien bekannt war und im vollen Gefühle
der auch ihn treffenden Verantwortlichkeit keinen Anstand nahm, das
harte Urteil über die Leistungen jener Anstalten auszusprechen, wel-
ches in seiner 'Beleuchtung der Bemerkungen des Geh. Käthes
Schleier m ach er über den philologischen Theil des Giesziier Studien-
plans ( 1843.) S. 33 ff. ' niedergelegt und näher begründet ist. Diese
von einem so hochstehenden und gelehrten Manne in einer, man möchte
sagen, ganz cavaliermäszigen und dilettantischen Weise gegen Osann
als Verfasser jenes Teils des besagten Studienplans indirect geschleu-
derten ganz ungegründeten Vorwürfe und Angriffe , der in den dreiszi-
ger und vierziger Jahren alles überflutende Andrang des Realismus und
sein Kampf mit dem Humanismus, das zeitweise in Hessen versuchte,
bald aber stillschweigend wieder beseitigte Experiment auch Theologen
zu Gymasiallehrstellen zu befördern: musten einerseits hemmend und
lähmend auf Osanns ganze Thätigkeit in dieser Richtung einwirken,
andererseits sein zartes und leicht zu verletzendes Gemüt um so schmerz-
licher berühren , je weniger es zu einem Hervortreten und zu einer Be-
teiligung an änszern Parteikämpfen geartet war (vgl. S. 26). Es ist
leicht begreiflieh, dasz diese Verhältnisse Osann seine akademische
Wirksamkeit vielfach verleiden und seine sonst so heitere Stimmung in
dem Masze trüben muszten, dass ihm selbst das Land, in welchem er
seine zweite Heimat und den stillen Frieden seines häuslichen Glückes
gefunden hatte, bisweilen minder lieb und werth erscheinen mochte.
Noch im Anfange der fünfziger Jahre sprach er dem Unterzeichneten,
dem sich die Aussicht eines Uebertritts in österreichische Schuldienste
eröffnet hatte, unverholen aus, dass er, wäre er Katholik, sehr gern
22 Kurze Anzeigen und Miscellen.
und mit Vergnügen 'einer Berufung nach Oesterreich folgen würde, da
ihn in Gieszen eigentlich gar nichts fessele' und es immerhin etwas
werth sei, einem groszen Staate anzugehören. Begreiflich wird weiter
auch, dasz wie Osann einesteils in Folge dieser eigentümlichen Ver-
hältnisse sich bezüglich jeden Einflusses bei der Anstellung der künf-
tigen Gymnasiallehrer die Hände gebunden sah, so auch bei ihm von
der Gründung dessen, was man eine 'Schule' zu nennen pflegt, de-
ren Haupt und Meister er gewesen wäre, keine Rede sein konnte:
die wechselnden Geschicke der Universität Gieszen, sowie der precäre
Stand des philologischen Studiums dortselbst machten geradezu die zu
jener Gründung unerlässliche Stetigkeit ungestörter und ungetrübter Wirk-
samkeit in dieser Richtung unmöglich und zerstörten jeden nachhalti-
gen Erfolg. Es war alles dieses im Interesse des hessischen Studien-
wesens um so tiefer zu beklagen, je mehr sich dadurch leider auch hier
wie fast allerwärts in Deutschland die tiefe Kluft immer mehr erwei-
terte, welche zwischen den Anforderungen der Wissenschaft und des
Lebens , d. h. der Universität und dem die Schule vertretenden Staate
bezüglich der CandiJaten des Gymnasiallehramts thatsäclilich besteht
und unter anderni auch bei den Verhandlungen der vierten Versammlung
mitlelrheinischer Gymnasiallehrer zu Frankfurt a. M. am 2S). Mai ISOO
grell genug zu Tage getreten ist: nur das innigste Zusammenwirken
der beiderseitigen Vertreter kann hier wahrhaft das Interesse der hu-
manistischen Bildung fördern , sofern man sie nämlich überhaupt noch
will und als unerlässlichen Factor einer durch Jahrhunderte bewährten
Geistesbildung erkennt und werth hält.
Je trostloser und entmutigender aber die herben Erfahrungen wa-
ren, welche Osann nach der praktischen Seite seiner Berufsthätig-
keit machte, desto inniger und rastloser wandte er sich seinen Studien
und sehr i ft stell er is eben Arbeiten auf fast allen Gebieten der klas-
sischen Philologie zu (vgl. S. 24), wie die zahlreichen kleinen und
gröszern Werke, Abhandlungen, Programme und Aufsätze beurkunden,
welche S. 38 — 46 übersichtlich geordnet und zusammengestellt sind. Es
erscheint darunter die bekannte Sj'lloge inscriptionum als die umfang-
reichste seiner litterarischen Arbeiten, über deren Entstehung und Ge-
schicke S. 15 ff. näheres mitgetheilt wird. Offenbar hat derselbe un-
günstige Stern, welcher bei seiner ersten Ausgabe mit einwirkte, auch
über den spätem Schicksalen des Werkes gewaltet, das, wie auch die
Erstlingsschrift der Analecta critica , viel zu spät und auch da noch
nicht im gebürenden Masze Beachtung und Anerkennung fand. Und
doch war Osann einer der wenigen ersten Gelehrten, welche schon im
jugendlichen Alter auf dem Gebiete der Epigraphik sich einen Namen
erwarben, lange ehe man von dem einstigen Aufschwünge, der Bedeu-
tung und Wichtigkeit dieser Disciplin für die gesamte Altertums-
wissenschaft, wie jetzt allseitig erkannt ist, eine Ahnung hatte. Schon
allein von diesem Gesichtspunkte aus werden Osanns Verdienste als
Epigraphiker um so höher geschätzt und anerkannt bleiben, je mehr
er zudem in seinen zahlreichen epigraphischen Beiträgen und Arbeiten
mit Vorliebe auch die in den Inschriften zu Tage tretenden zahllosen
individuellen Modificationen der Sprachformen zum Gegenstande beson-
derer Betrachtung zu machen pflegte: eine Seite der Ausbeutung des
inschriftlichen Materials, welche fast noch jetzt in ihren ersten An-
fängen steht. Bis in die letzten Tage seines thätigen Lebens hat
Osann diesen Studien die Liebe und Neigung seiner Jugend bewahrt,
und noch der letzte uns bekannt gewordene Ausdruck seiner littera-
rischen Bethätigung war eine durch eine Mittheilung von unserer Seite
veranlaszte Miscelle epigraphischen Inhalts in Fleckeise ns Jahr-
büchern für Philologie und Paedagogik , nachdem er nicht gar lange
Kurze Anzeigen und Miscellen. 23
zuvor uocli weitere Beiträge zu den ^ p La rmaceu tischen Siegel-
st erap ein' im Pliilolotrus XIV S. 631 — 44 gegeben liatte, welche sich
den in der Zusammenstellung S. 45 unter Nr ü7 und 72 erwähnten als
Nachträge anreihen lassen. Auch die unter den Fe.stprograiamen S, 40
— 41 unerwähnt gebliebene 'Coinnientatio de gemma sculpta christiana'
(Ludvvigstagsprogramm im J. 1843) verdient dazu um so mehr besonders
hervorgehoben zu werden, als sie auch auswärts, namentlich in Frank-
reich, eine Verbreitung und Anerkennung fand, welche Progranimab
handlungen der Natur der Sache nach entweder nie oder nur selten zu-
teil zu werden pflegt. Derselben Gattung von Festschriften ist übrigens
auch die in besagter Zusammenstellung a. a. O. verniiszte 'commen-
tatio de columna Maenia' einzureihen, welche Abhandlung kls
Festprogramm zu der am 25. Aiigust 1844 vollzogenen Einweihung des
zu Ehren des Groszherzogs Ludwigs I von Hessen zu Darmstadt er-
richteten Säulenstandbildes erschienen ist. Danach dürfte denn auch
die a. a. O. S. 42 unter n. 5 eingereichte angebliche, uns ebenfalls
ganz unbekannte 'comnientatio de cölumna Alexandrina' auf irtüm-
licher Verwechselung mit obiger Abhandlung beruhen und somit auszu-
scheiden sein. Nicht unerwähnt darf hier endlich auch der in den
Bonner Jahrbüchern III S. 1 — 12 niedergelegte Aufsatz 'Gesonia'
hleiben, welcher bekanntlich von neuem eine so erfolgreiche Anregung
zur vielseitigsten, lebhaftesten und weitgreifendsten Behandlung der be-
kannten, für die rheinische Urgeschichte nicht unwichtigen Stelle des
Florus IV 12, 26 (II 30) gab.
Bei dieser der Epigraphik zugewendeten Thätigkeit Osanns kann
es ebenso wenig auffallend erscheinen wie bei seinen übiigen jihilolo-
gischen Arbeiten, dasz er bei der grammatischen Behandlung der
beiden klassischen Sprachen, wie die meisten andern Vertreter der
altern Schule , auf dem beschränkteren Standpunkte stehen blieb , wel-
cher die Spracherscheinungen beider entweder innerhalb ihrer selbst
oder aber nur in gegenseitiger Beziehung und Vergleichung zu erfassen
und zu erklären strebte. Osann kam dadurch, wie mehr oder weniger
die meisten gleichzeitigen Koryphäen der Philologie, in ein eigenes Ver-
hältnis zur allgemeinen Sprachvergleichung und insbesondere
zur Sanskritphilologie, worüber er sich nach bester Ueberzeugung
öft'entlich auszusprechen keinen Anstand nahm. Zunächst veranlaszte
ihn hierzu die auf seinen Rath erfolgte Aufnahme des Sanskrits in den
philologischen Tlieil des Gieszner Studienplans, da Osann sich der
Ueberzeugung nicht hatte verschlieszen können, dasz bei der Wahl
zwischen dem Hebräischen und dem Sanskrit für den Candidaten des
Gymnasiallehrarats dem letztern ''wegen der unmittelbareren Beziehung
auf die beiden klassischen Sprachen' der Vorzug zu geben sei. Den
auch auf diese Partie des Studienplans gerichteten Angriff des Geheimen
Eathes Sc hleierm acher wies Osann S. 28 der oben angeführten
'Beleuchtung' mit folgendem zurück: 'Mag man nun immer von den
Beziehungen des Sanskrit auf die beiden klassischen Sprachen und sei-
ner Anwendung auf die letzteren denken wie man will (ich für meinen
Teil bekenne den oft so sehr gerühmten Gewinn für die Kenntnis des
uns noch zugänglichen Griechisch und Lateinisch nicht so hoch an-
schlagen zu können, wie dies von vielen Seiten geschieht, und werde
bald Gelegenheit haben mich darüber weiter zu erklären): fest steht
dennoch eine innige Verwandtschaft dieser Sprachidiome und die Wis-
senschaft kann ein näheres Eingehen in die Gründe und Bezüge dieser
Verbindung, ohne einseitig zu werden, nicht von sich weisen, und es
würde einem angehenden Gymnasiallehrer unserer Zeit einige Kenntnis
des Sanskrit wol anzuempfehlen sein, sollte er es auch nur gebrauchen,
um die in so mancher geistreichen Schrift aus dem Gebiete der Sprach-
24 Kurze Anzeigen und Miscelleti.
forschung vorkommenden Bezüge auf dasselbe verstehen und würdigen
zu können. Ich wenigstens bedauere dasz meine Studienzeit in eine
Epoche gefallen , in welcher die Kenntnis des Sanskrit in Deutschland
erst anfieng und in seiner engen Beziehung auf die alten Sprachen sich
noch nicht so dringlich wie jetzt geltend gemacht hatte, und jetzt fühle
ich mich zur Erlernung einer neuen Sprache zu alt.' Wir haben diese
Worte blos darum wiederholt , weil sie das in demselben Bezüge von
Osann später bei der von ihm angedeuteten Gelegenheit bemerkte rich-
tig würdigen und verstehen lassen. In der 1845 erschienenen commen-
tatio gramraatica de pronominis tertiae personae IS , EA , ID formis
nemlich schlägt er p. XX sq. die Bedeutung der Vergieichung des
Sanskrit für die genauere Kenntnis der beiden klassischen Sprachen
einerseits aus dem Grunde gering an, weil das bis jetzt auf diesem
Gebiete erzielte entweder wenig weiter geholfen habe oder wol schon
anderwärts her bekannt oder auch aus der genauem Erforschung jener
beiden Sprachen selbst zu gewinnen gewesen sei, andererseits aber,
weil das Studium des Sanskrit und seiner Litteratur noch zu sehr iu
den ersten Anfängen stehe, als dasz von erklecklichen auf die gram-
matische Erforschung des Griechischen und Lateinischen anzuwendenden
Resultaten ernstlich die Rede sein könne. Wer wollte in Abrede stellen,
dasz Osann in gewisser Beziehung vind namentlich im Angesicht einer
bekannten zeitweilig an der Tagesordnung gewesenen , alle Schranken
durchbrechenden, wilden Etymologisierungswut zu dem von ihm ausge-
sprochenen Urteile berechtigt war ? Andererseits aber ahnte er selbst
wieder viel zu sehr die unermesslichen Fortschritte und die Eröffnung
des Einblickes in den ganzen wundervollen Sprachenbau der indoeuro-
päischen Völker, welche das rastlos fortschreitende Studium von Sprache
und Litteratur des Sanskrit vermittelte, um nicht die ganze Grösze der
Umwälzung zunächst auf dem Gebiete des bis dahin landläufigen etymo-
logischen und weiter auch des syntaktischen Theils der griechischen
und lateinischen Grammatik vorauszusehen. Hat doch selbst auch
der Altmeister G. Hermann noch in seiner letzten Schrift, wenn wir
nicht irren, durch Beiziehung des Sanskrit der unabweisbaren Bedeutung
der allgemeinen Sprachvergleichung seine Anerkennung und Huldigung
beurkundet. In unsern Tagen freilich wird es niemandem mehr ein-
fallen, diese Beziehungen des Sanskrit zu den beiden klassischen Spra-
chen ernstlich in Frage stellen zu wollen, nachdem die riesigen Fort-
schritte in der Erforschung und Kenntnis von Sprache, Mythologie,
Kultur und Leben der indoeuropäischen Völker dieselben als Söhne des-
selben Vaterhauses kennen gelehrt hat, welche bis zu einer gewissen
Zeit- und Kulturstufe vereinigt waren, dann aber, wie die Söhne der-
selben Familie, in alle Welt zerstreut wurden, um, ein jeder nach sei-
nem Genius und seiner eigenen Art , auf eigenen Wegen schneller oder
langsamer eine eigene Lebensstellung sich zu erringen. Durch die um-
fassenden und durchgreifenden, auf dem Gesamtgewinne der wissen-
schaftlichen Forschung über die Vorzeit der groszen Völkerfamilien be-
ruhenden Resultate sind so manche auf dem Gebiete der klassischen
Alterthumskunde lange ventilierte Controverspunkte zum Abschlusze ge-
diehen, wie denn auch die grosze für das Griechenthum so wichtige
Frage über das Verhältnis des Hellenismus zum Orientalismus zumeist
von dieser Seite her ihre Erledigung fand.
Es kann nicht befremden , dasz so gewaltigen Umwälzungen und
Fortschritten auf allen Gebieten der Altertumswissenschaft und der
engsten Wechselwirkung derselben unter einander gegenüber auch die
rüstigsten und frischesten Kämpen der altern Schule allmählich eine
Sehnsucht nach Ruhe ergriff, welche um so gerechtfertigter erscheint,
je mehr sie zugleich der Ausdruck der Ueberzeugung war, dasz man
Kurze Anzeigten und Miscellen. 25
im Hinblicke auf die angebliche Unzulänglichkeit eigener Kraft in die
jetzige Welt nicht mehr passe. In solcher Weise hat sich auch Osann,
zugleich noch durch das Drang- und Wirrsal akademisclier Geschäfte
aller Art in seinen Kräften erschöpft (vgl. S. 32 und 38), mit jener
Offenheit und Grailheit ausgesprochen, welche seinen Charakter aus-
zeichnete. Schon 1850 klagt er nach den Anstrengungen seines Berufes
während des heiszen Sommers 'zum alten Manne' geworden zu sein.
Mit mehr oder weniger Unterbrechung, erneuter Sammlung der Kräfte
und Wiederkehr bessern Betindens dauerten die von ihm öfter beklagten
(vgl. S. 32) Leiden von nun an fort bis zu seinem Hinscheiden. 'Indem
ich gegenwärtig an Sie schreibe (heiszt es in einem Briefe vom 12n Juli
1852), beginne ich seit mehreren Tagen , die mich krank teils in teils
auf dem Bette festgehalten haben, die erste geistige Arbeit wieder, und
trotz der Ungeheuern Glut, welche der aufsteigende Sirius auf den Erd-
ball wirft, fühle ich mich doch wieder so weit gestärkt, dasz die noch
Bcliwache Hand die Feder, wenn auch in schwieriger Bewegung, leiten
kann. Das Leiden, das mich zuweilen heimsucht, und mich an alles,
was menschlich ist und heiszt, erinnert, ist eine zu grosze Reizbarkeit
meiner Nerven, die dann, durch irgend einen Zufall geweckt, sieh in ei-
nem heftigen Fieber ausspricht, das meine Gott Lob! immer noch kräftige
Natur nicht zu eigentlichem Nerventieber werden läszt. Aber freilich
die zu grosze Empfänglichkeit für alle geistigen Eindrücke, die in mir
lebt, ein nicht zu stillender Trieb alles, was mich berührt, auf das
innigste in mir zu verarbeiten, eine nicht ruhende Phantasie, welche
das empfangene Bild zu neuen umgestaltet, eine mimosenartige Be-
schaffenheit meines Gemüts, welches jede unzarte Berührung auf das
nachwirkendste empfindet — alles dieses , was in mir kocht und brütet,
musz am Ende auch die Form zerstören, in welcher sich meine Seele
bewegt, und es wird irgend ein heftiger Sturm, unerwartet, von mir
aber ungefürchtet, diesem unbefriedigten Geiste den Kerker öffnen.'
Wir reihen daran gleich einen weitern Ergusa der zunehmenden in
Folge körperlicher und geistiger Abspannung wachsenden Misstimmung
des edelsten Herzens und Gemütes, zumal diese letztere die lebhafte
und innigste Theilnalime nicht zu mindern vermochte, welche Osann
allezeit für die Lebensschicksale der liebgewordenen Freunde und ihrer
Angehörigen bewahrte und aussprach. Einen in dieser Beziehung recht
herzlichen Brief vom 16n December 1857 schlieszt er mit den Worten:
'Wie es sonst hier in philologicis hergeht, werden Sie von K. oder S.
erfahren können. Ich kann mit dem Geiste der jungen Leute, wie er
namentlich im Seminar herscht, sehr zufrieden sein. Ich sehe vor mir
fast nur Fleisz und eifriges Streben. Mir selbst geht es leidlich : doch
wird mir in einer zweiten Stunde das Sprechen oft so schwer, dasz mir
fast die Stimme ausgeht, so dasz an ein Zurückziehen über lang oder
kurz doch gedacht werden musz. Auszerdem fühle ich auch, dasz ich
für die jetzige Welt nicht mehr passe. Mögen es andere besser machen.'
Noch viel entschiedener sprach sich das Gefühl jener körpeilichen Er-
mattung und trüben Gemütsstimmung zugleich mit der gröszten Sehnsucht
nach Ruhe, ja mit der unzweideutigsten Ahnung baldigen Heimgangs zu
den Sitzen wahrer und ewiger Ruhe in des theuern Lehrers und Freun-
des letztem Briefe vom 5n Juli 1858 in diesen Worten aus: 'Auch ich
habe sehr zu leiden gehabt. Schon vor der groszen Hitze stellte sich
ein Kopfleiden ein, das natürlich durch die Witterung und angestrengte
Arbeit, die ich nicht beseitigen konnte, zunahm und einen Grad er-
reichte, der mich wirklich besorgt machte und mich zeitweilig alle
Bücher wegwerfen hiesz. Gegenwärtig geht es mir leidlicher, aber ich
bin doch noch so angegriffen, dasz ich mich wahrhaft nach Ruhe sehne,
die aber nicht vor Ende August eintreten wird, wo ich, von allen hie-
26 Kurze Änzeis:en und Miscellen
o*
sigen Verhältnissen ausgespannt, mich wieder in Begleitung meiner
auch noch leidenden Frau in den Gewässern der Nordsee , wie in den
zwei letzten Jahren, zu stärken hoffen darf. Ob ich dies erlebe, wer
weisz es? Im 64n Jahre hat man keine weiten Aussichten mehr, und
wenn ich sehe, wie von meinen äqualen Freunden und Bekannten alles
heimgeht, musz ich jeden Tag als einen geschenkten ansehen. Auch
gibt es noch viel bis zu jenem Zeitpunkte zu schaffen. Mir kommt
eigentlich sehr zur Unzeit die unablehnbare Theilnahme an dem Jenai-
schen Jubilaeura , wohin mich die Universität als ihren Deputierten
schickt. Freilich gehöre ich dahin als ehemaliger studiosus Jenensis
und nachheriger auszerordentlicher Professor. Solche anstrengende,
tumultuarische Suiten liebe ich nicht und kann sie auch nicht ver-
tragen. Dies auch der Grund, warum ich mich seit Jahren von allen
Versammlungen der Philologen fern halte. Auch passe ich nicht mehr
für das junge Deutschland.' Selten wol hat ein begabter Geist sein
eigenes Wesen anschaulicher und allseitiger in wenigen Strichen ge-
zeichnet, als es in dem ersten dieser drei Briefe geschehen ist: selten
wol auch Jahre lang voraus den unerwarteten und ungefürchteten Sturm
vorausgefiihlt und vorausgesagt, welcher dem unbefriedigten Geiste sei-
nen Kerker öffnen sollte. Die sichere Todesahnung in der Mitte des
Jahres 1858 hat sich gegen das Ende desselben hin verwirklicht: er ist
gekommen, der unerwartete Sturm, um mitten in dem nach so manig-
fachen Leiden der letzten Jahre wie nie zuvor (vgl. S. 35) wiederge-
kehrten Wohlsein das edelste Geistesleben dieser Erde zu entrufen und
der ersehnten Ruhe zuzuführen. — Möge es Herrn Director Wiegand
recht bald vergönnt sein, durch die von ihm (S. 6) in Aussicht ge'stellte
allseitige und vollständigere Darstellung dieses Lebens für sich und alle
ihm dafür dankbaren Schüler, Freunde und Verehrer Friedrich Osanns
die Schuld der Pietät und Freundschaft ganz abzutragen und dadurch
ein unvergängliches Denkmal der Erinnerung über dem Grabe des Ver-
klärten aufzubauen , auf welches er den ersten unverwelklichen Kranz
der Liebe niedergelegt hat.
Frankfurt a. M. Jacob Becker.
II.
Lehrbuch der christlichen Religion für die Oberhlassen evangelischer
Gymnasien. Von ür K. S chneider^ evangelischem Pfarrer in
Schroda. Bielefeld 1860. 297 S. 1 Thlr 3 Sgr.
Während in den Jahren 1836 — 1858 eine Reihe trefflicher Lehrbücher
für den Religionsunterricht in den oberen Klassen evangelischer Gymna-
sien erschienen sind — Marheineke, Kniewel, Schmieder, Tho-
masius, Fetri, Oslander, Bender, Hülsmann, Hagenbach — ,
haben die letzten Jahre, neue Auflagen früher erschienener Lehrbücher
ausgenommen, soviel dem Ref. bekannt geworden ist, nichts neues auf
diesem Gebiete der paedagogischen Litteratur auszer dem im folgenden
eu besprechenden Lehrbuche von Schneider hervorgebracht. Es hat
dies nicht sowol in einer Abnahme des Interesses für diesen wichtigen
Unterrichtszweig, als vielmehr hauptsächlich wol darin seinen Grund,
dasz dem Bedürfnis der höheren Bildungsanstalten für eine Reihe von
Jahren Genüge geleistet schien.
Durch die seit einer Reihe von Jahren auf diesem Gebiete der
Paedagogik gemachten Erfahrungen, welche vorzugsweise Lan d fer-
ro an n in seinem vortrefflichen Gutachten über den evangelischen Re-
ligionsunterricht in den Gymnasien so klar und treffend zusammenge-
Kurze Anzeigen und Miscellen. 27
stellt hat, hat sich au den meisten Anstalten , so viel Referent aus den
Jahresbericliten zu ersehen Gelegenheit pneliabt hat, die Praxis heraus-
gestellt, dasz in der Kegel in den beiden oberen Klassen neben fort-
laufender Lectiire der heiligen Sclirift ein mehr oder weniger ausführ-
licher Unterricht über die heilige Schrift — eine Art Einleitung in das
alte und neue Testament — , eine kurze systematische Darstellung der
Glaubens- und Sittenlehre und als Schlusz eine kurze IJebersicht der
Geschichte der Entwickelung der christlichen Kirche gegeben wird. Die-
ser Stoff wird in der Regel so verteilt, dasz die Einleitung und die
erste Hälfte der Glaubenslehre in Secunda durchgenommen wird, der
Schlusz der Glaubenslehre, die Sittenlehre und die Kirchengeschichte
Pensum der Prima sind. Referent hat, teils um die Glaubenslehre
nicht zwischen Prima und Secunda zu teilen , teils weil die angehen-
den Secundaner nicht die nötige geistige Entwickelung besitzen , um
einer systematischen Darstellung der Glaubenslehre mit Nutzen zu fol-
gen, seit einer Reihe von Jahren die Glaubens- und Sittenlehre in Prima,
dagegen die Einleitung und Kirchengeschichte in Secunda genommen
und dies als ganz zweckmä.szig erkannt , doch musz er gestehen dasz
einzelne Punkte der Kirchengeschichte, z. B. die Darstellung der Ent-
wicklung der Lehre und der abweichenden Lehrmeinungen, für Secun-
daner ihre groszen Schwierigkeiten haben.
Herr Dr Schneider, früher Religionslehrer am Gymnasium in
Krotoschin, hat in seinem Lehrbuche der christlichen Religion für die
Oberklassen evangelischer Gymnasien, dessen Herausgabe nach dem
Vorworte durch den Provinzial- Schulrath Dr Me bring in Posen ver-
anlaszt zu sein scheint, diesen durch die Erfahrung als zweckmäszig
erwiesenen Weg eingeschlagen und in 3 Teilen von der heiligen Schrill
S. 1 — 174, von der Lehre der evangelischen Kirche S. 175 — 254, von
der Geschichte der christlichen Kirche, S, 255 — 297, gehandelt. Was
die Teilung des Stoffes betrifft, so hafr er blos die Einleitung in die
heilige Schrift für die Secunda, die Lehre und die Geschichte für Prima
bestimmt; daraus erklart sich auch die auffallende Ersciieinung , dasz
die Einleitung 174 Seiten, die beiden anderen Teile zusammen nur
123 Seiten umfassen. Referent kann mit dieser Verteilung des Stoffes
aus dem einfachen Grunde nicht einverstanden sein, weil nach seiner
Erfahrung die für die oberste Klasse bestimmten 2 Stunden für die
Glaubenslehre , die Sittenlehre und die Kirchengeschichte nicht aus-
reichen.
Im ersten Teile geht der Einleitung in die einzelnen Bücher eine
allgemeine Einleitung über Offenbarung, Inspiration, Ansehen der Schrift,
Kanon, Sprache, Text, Uebersetzungen voraus. Die einzelnen Bücher
sind nach der Reihenfolge , die sie im hebräischen Texte einnehmen,
behandelt. Die Einleitung ins alte Testament scheint Referenten, was
den Umfang betrifft, nicht in dem richtigen Verhältnisse zu der des
neuen Testaments zu sein; während die Bücher des alten Testaments
auf 80 Seiten, die Apokryphen auf 24 Sfeiten abgehandelt werden, kom-
men auf die Bücher des neuen Testaments nur 54 Seiten.
Bei jedem Buche wird die Frage nach dem Verfasser und Zweck
beantwortet und der Inhalt ziemlich ausführlich angegeben. Die Re-
sultate der neuesten Kritik werden kurz berührt, die Schwierigkeiten
der Erklärung nicht verschwiegen und ihre Lösung öfter angedeutet,
z. B. die Frage nach der Einheit des Pentateuchs und des Jesaias,
nach der Zuverlässigkeit der Ueberschriften zu den neutestamentlichen
Schriften, die Erklärung einzelner Wunder usw.
Der zweite Teil enthält eine systematische Entwickelung der
christlichen Lehre nach ihrem ethischen und dogmatischen Gehalte.
Der Verfasser hat nach der in neuerer Zeit wieder beliebten Weise die
28 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Glaubens- und Sittenlehre eng mit einander verbunden. Der Einteilung
hat er das apostolische Syrabolum zu Grunde gelegt; nach einer Ein-
leitung über das Wesen und die Eigenschaften Gottes handelt er im
ersten Abschnitt von Gott dem Vater — das Verderben der Schöpfung,
die Erhaltung der Welt, die göttliche Vorsehung und das Gesetz, die
Sehnsucht — , im zweiten von Gott dem Sohne — die Person des Er-
lösers, sein Werk — , im dritten von Gott dem heiligen Geist oder von
der Vollendung der Welt — der heilige Geist, die Kirche, der Weg
zum Herrn, die Gnadenmittel, die Hoffnung des Christen — . Ein Anhang
enthält die Unterscheidungslehren der christlichen Coufessionen.
Der dritte Teil enthält eine kurze Darstellung der Geschichte
der christlichen Kirche in ihrer äuszeren und inneren Entwickelung
nach 3 Perioden bis auf die neueste Zeit, die beiden ersten Perioden
auf 19, die dritte von der Reformation an auf 22 Seiten.
Diesen Stoff hat der Verfasser , was die äuszere Einrichtung der
einzelnen Teile betrifft, in einzelne I'aragraphen verteilt und den
Inhalt dieser durch Anmerkungen und Zusätze näher erläutert und
erweitert
Sehen wir, ehe wir zur Beantwortung der Frage, wie der Verfasser
diesen also gegliederten Stoff behandelt hat, uns wenden, welchen
Zweck der Verfasser bei der Abfassung seines Lehrbuches vor Augen
gehabt hat, so musz Ref. bekennen, dasz ihm nicht ganz klar geworden
ist, ob dasselbe für Schüler oder Lehrer bestimmt ist. Nach einer
Aeuszerung auf der ersten Seite der Vorrede sollte man freilich er-
warten, dasz der Verf. bei seiner Arbeit nur oder wenigstens vorzugs-
weise den Lehrer im Auge gehabt habe, die ganze Behandlung "scheint
aber Ref. dafür zu sprechen, dasz dasselbe für Schüler bestimmt ist.
Ein Schulbuch darf aber, darin sind wol alle Lehrer einig, nur das ent-
halten , was für den Schüler durchaus notwendig ist , und musz sich
durch Klarheit, Einfachheit, Deutlichkeit auszeichnen. Gegen die erste
Forderung hat z. B. der Verf. aber mehr als einmal verstoszen, denn
Bemerkungen wie die auf ^S. 9 N. 2, S. 12 N. 3 u. 4, S. 13 N. 2,
S. 91 N. 6, S. 95 N. 4 und viele andere sind zwar ganz geeignet für
den mündlichen Vortrag oder als Fingerzeige für den Lehrer, gehören
aber nicht in ein für Schüler bestimmtes Lehrbuch. Was soll ferner
der Schüler mit Citaten von Büchern, die er erst auf der Universität
oder , wenn er nicht gerade Theologie studiert , nie in die Hand be-
kömmt? Für jüngere Lehrer mögen dei gleichen und ähnliche Citate
ganz zwecKmäszig sein, für Schüler sind sie nicht geeignet.
Was den religiösen Standpunkt des Verfassers betrifft, so ergibt
eich aus der ganzen Art und Weise der Auffassung, wie auch aus der
Behandlung und Darstellung einzelner Lehren , dasz der Verf. entschie-
den auf dem Boden des positiven Christentums, auf dem Boden der
wahren Union steht, dasz er dem Bekenntnis der lutherischen Kirche
zwar treu ist, aber nicht, wie so manche in der neueren Zeit thun,
einseitig diesen Standpunkt festhält und die Berechtigung anderer Kir-
chen und Coufessionen verkennt. Mit den neueren Ansichten, welche
die gläubig wissenschaftliche Richtung in unseren Tagen hervorgebracht
hat (Schle ier macher, Neander, de Wette, Delitzsch, Dehler,
Stier, Um breit, Lücke, Tholuck,Nitzsch, Müller, Märten -
sen, Hase, Lange usw.), ist er, w^ie sich an vielen Stellen zeigt,
nicht nur bekannt, sondern auch durchweg einverstanden. Ich erinnere
nur an das, was er S. 127 über Einschaltungen im neuen Testament,
über die Echtheit des ersten Briefes an den Timotheus S. 165, über
den Verfasser des Briefes au die Hebräer S. 1(56, über den zweiten
Brief des Petrus S. 171 und anderes sagt. Daraus ergibt sicli auch
schon, dasz der Verf. durchaus kein sogenannter Symbolgläubiger ist,
Kürzte Anzeigen und Miscellen. 29
ilasz er vielmelir den Sj'mboleu die ihnen mit Recht zukommende Be-
deutunfj und Stellung einräumt. S. 7 der Vorrede saj^t der Verfasser:
'Der Schüler will wissen was seine Kirche bekenne, was in ihrem Be-
kenntnis wesentlich, was zufällig' sei, und welcher Sinn, was für eine
Bedeutung der einzelnen Vorstellung im ganzen der Lehre gebühre.'
Und S. 182: 'Bios historische Bedeutung hätten die Symbole,
wären sie uns nur Zeugnisse dessen, was die Nicäner, die Reformatoren
usw. glaubten; kirchliches Ansehen haben sie, wenn sie aus-
drücken was wir glauben. Dabei müszen wir allerdings geltend machen,
dasz wir uns nur in dem wirklichen Bekenntnis wiederfinden können,
nicht in allen Formen und Ausdrücken desselben oder in der zur Be-
gründung, Ausführung und Polemik dienenden theologischen Erörterung.
Da fast sämtliche Bekenntnisschriften einen polemischen Zweck hatten,
so haben sie in diesem auch eine Beschränkung ihrer allgemeinen Auto-
rität, wie denn fast jede derselben wesentliche Lehren der Kirche un-
erörtert Uiszt. Sie fordern daher selbst zu weiterer biblischer Forschung
auf, deren Resultat sie nicht zu fürchten haben.'
'Was die materielle Behandlung anlangt', sagt der Verfasser
S. 8 der Vorrede, 'so genüge die Versicherung, dasz ich mich redlich
bemüht habe die Lehre meiner Kirche treulich wiederzugeben, und ich
freue mich, dasz ich eben damit meinen eigenen Glauben bekennen
konnte; es ist aber auch mein Bestreben gewesen, den anderen Con-
fessionen gerecht zu werden.' Referent freut sich versichern zu können,
dasz er keine Veranlassung gefunden hat, diesen Worten des Verfassers
weder nach der einen , noch nach der anderen Seite hin widersprechen
zu müszen.
Gehen wir nun zur Behandlung der einzelnen Teile über, so
scheint der erste Teil von dem Verf. mit besonderer Vorliebe bearbeitet
zu sein — daher geht er auch wol über die diesem Teile zu bestim-
menden Grenzen hinaus. Dahin gehört teils die zu grosze Ausführ-
lichkeit, teils die Berührung solcher Gegenstände, die für den Lehrer,
nicht für den Schüler bestimmt sind; dahin rechne ich auszer dem
schon früher erwähnten Bemerkungen wie S. 129, 4; 142 Anmerkung;
161, 5; 222, 2; 230, 2; 288, 1.
In der Glaubenslehre, die Ref. etwas ausführlicher behandelt wünschte,
hätte der Schriftbeweis für die Lehre von der Trinität mehr ausgeführt
werden müszen. S. 191 und 194 ist von den bösen Engeln nicht die
Rede, nicht von dem Reiche des Teufels ; S. 214 vermiszt Ref. die mes-
sianischen Weissagungen.
In der Kirchengeschichte vermiszt Ref. eine des Zusammenhangs
wegen notwendige Darstellung der apostolischen Zeit, des Znstandes
der Heidenwelt und des Judentums zur Zeit der Stiftung des Christen-
tums, die Gründe der schnellen Ausbreitung des Christentums, die
Hindernisse die sich derselben entgegenstellten, eine Erklärung von
Scholastik und Synkretismus, nähere Angaben über Wykliffe, das In-
terim, die Verbreitung der Reformation in den Niederlanden, die Streitig-
keiten in der lutherischen Kirche, die Unionsversuche zwischen der
katholischen , griechischen und evangelischen Kirche , eine ganz kurze
Geschichte der griechischen Kirche, eine Erwähnung Swedenborgs usw.
Dagegen ist der Reichstag zu Worms und der zu Augsburg zu aus-
führlich behandelt. — Das könnte besser dem mündlichen Vortrage des
Lehrers überlassen werden.
Im einzelnen hat Ref. zu folgenden Bemerkungen Veranlassung ge-
funden. Der § 76 der Einleitung über die jüdisch -alexandrinische
Religionsphilosophie scheint Ref. für die Schüler der Secunda zu hoch
zu sein. S. 134 A. 3 ist dem Schüler unverständlich. S. 182 ist der
Ausdruck katholische und evangelische Religion wol nur ein Druck-
30 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stalisl. Notizen.
felller, ebenso S. 213 Christus, hebräisch XQiarög, der Augsburger Ee-
ligionsfriede 1553. Die S. 242 stehende 5e Anmerkung hätte wol früher
erwähnt werden miiszen.
Die Darstellung zeichnet sich wie durch Klarheit, Bestimmtheit
und Verständlichkeit (welche Eigenschaften man bei mehreren sonst
trefflichen Lehrbüchern der Religion leider verniiszt) , so auch durch
eine gewisse Frische und wohlthuende Wärme aus. In der Kirchen-
geschichte könnte der Ausdruck zuweilen etwas einfacher und weniger
rhetorisch sein.
Abgesehen von den im vorhergehenden angedeuteten Mängeln steht
Eef. nicht an, das Lehrbuch der christlichen Keligion von Schneider
für eine erfreuliche Erscheinung in der paedagogischen Litteratur zu
erklären , nur möchte sich dasselbe mehr für Lehrer als für Schüler
eignen, teils weil wegen des groszen Umfangs natürlich auch der Preis
über das gewöhnliche Masz hat erhöht werden müszen, theils weil viele
Bemerkungen aufgenommen sind, die nur für den Lehrer bestimmt sind.
Essen. Buddeberg. •
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Aarau, Kantonsschule 1859/60. Dieselbe besteht aus einem Ober-
gymnasiuni mit 4 (I 21 , II 18, III 16 und IV 11) tind einer Gewerb-
schule mit ebenso viel Klassen (I 21, II 17, III 11 und IV 5) und zu-
sammen 119 Schülern. Für die Schüler des Gymnasiums ist von neue-
ren Sprachen nur Französisch obligatorisch, Hebräisch wird in III u. IV
gelehrt. Auszer dem Rector Dr Rud. Rauchen stein wirken an der
Anstalt die Professoren Fr. Rauchens t ein, Roch holz, Dr Kurz,
Mosbrugger, Conrector Rytz, Hagnauer, Holzin ger, Hunzi-
ker, Schibker, Dr Zsckokke, Krig und 7 Hülfslehrer. Das
Programm enthält eine Abhandlung des Hülfslehrer Schiess: das La-
teinische als Unlerslütziing zur Erlernung neuerer Sprachen. Unter diesem
Titel zählt derselbe eine Reihe alphabetisch geordneter Wörter aus der
französischen und italienischen Sprache auf mit Angabe der lateini-
schen Stämme, woraus sich ihm gewisse Analogien ergeben haben, die
er, wie er sich ausdrückt, später als Lautgesetze anerkannte (sie!).
Als seine hauptsächliche Quelle bezeichnet er das etymologische Wör-
terbuch von Diez, bemerkt aber dazu, dasz er manches weggelassen
and einiges berichtigt habe. ^
Griechenland.] Litt e r a r i s ch es u n d Kul turh istor i sches
aus Griechenland, Bekanntlich legte die griechische Regierung den
Kammern des Königreichs im Jahre 1860 einen Gesetzentwurf wegen
Veränderung des Statuts {■aavovLGiioq) der Universität Athen war, wor-
nach die Zahl der ordentlichen und auszerordentlichen Professoren an
derselben auf 51 (4 in der theol., 21 in der philosoph., 14 in der medi-
cin. und 12 in der Jurist.) festgestellt und auszerdem 12 Lehrstühle für
besoldete Privatdocenten errichtet werden sollten; auch sollte künftig
jeder neue Lehrstuhl durch ein von den Kammern genehmigtes Gesetz
festgestellt werden. Bisher bestanden (nach dem Statut von 1837) nur
2 Professuren der Theologie, 17 der Philosophie, 12 der Medicin und
10 der Jurisprudenz, im ganzen also 41. Ueber diesen Gesetzentwurf
erschien (Athen 1860) eine ziemlich ausführliche Schrift eines an der
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stalisl. Notizen. 31
Universität selbst als Professor angestellten, in Deutsehland gebildeten
Grieclien, unter dem Titel: ttsqI rov Vfov %avovia^ov zov navsniarrjfii'ov
Kul TTJg ti'XTjg rcöv iv 'EXlddi öidao'növrcov Kgiasig xiveg, die mit ge-
nauer Kenntnis der Sache und mit Wohlwollen gegen die liegierung
offen und freimütig über den von ihr behandelten Gegenstand sich aus-
spricht. Es wird deutschen Lesern um so mehr von Interesse sein,
einiges von den Ansichten des Verf. und von dem Inhalte der Schrift
kennen zu lernen , da es sich um einen der wichtigsten Gegenstände für
Griechenland und für die gesamte griechische Nation handelt, an dem
auch das gelehrte Ausland Interesse hat. Der Vf. selbst geht in seiner
Kritik des Gesetzvorschlags und des neuen Universitätsstatuts (xaj^o-
vieuog rov ncivsTnatrjLit'ov) von der Anerkennung der darin sich kund-
gebenden Sorge und Freigebigkeit für die Förderung der wahren Inter-
essen der Universität, dieser obersten Unterrichtsanstalt des gesamten
Griechenstammes, aus, und er ist der Meinung, dasz es gerade hierbei
der verständigen Sorge für die Zukunft nothwendig und vorzüglicli be-
dürfe. Er spricht sich daher auch für Vermehrung der Lehrstühle der
theologischen und philosophischen Facultät aus, namentlich auch in Be-
treff der altgriechischen Litteratur, der Geschichte der Kunst und der
physisch-mathematischen Wissenschaften , und erklärt ausdrücklich, dasz
'die Theologie und die altgriecliische Litteratur mit ihren Hülfswissen-
schaften die Grundlage der sittlichen und wissenschaftlichen Wieder-
geburt des griech. Volks ausmache'. Er fordert daher auch als uner-
läszlich die nötige Sorge für 'Bildung eines erleuchteten und unter-
richteten Klerus und wissenschaftlich gebildeter Lehrer der Kirche', für
rechte Verwaltung der letzteren, so wie für angemessene Gestaltung
der gesamten Unterrichtsanstalten, 'damit das griechische Volk die
Stellung wieder einnehme, die es einst unter den Völkern Asiens ein-
nahm'. 'Der Hellenismus', sagt der Verf., 'unterwarf sich durch und
nach Alexander d. Gr. die Völker Asiens, indem er sie durch Verbrei-
tung der Wissenschaften und Künste erleuchtete , befreite und sittlich
bildete. Nicht durch Reichtum , nicht durch die Zahl der Bevölkerung,
nicht durch Armeen und Flotten war das alte Griechenland grosz und
mächtig; nur durch die wahre, sittliche, geistige und künstlerische
Bildung, die es nach Asien brachte, erreichte das alte Griechenland
eben das, was die Griechen der Gegenwart erstreben. Viel, sagt der
Verf., ist seit 30 Jahren dafür geschehen , aber viel bleibt noch übrig,
und manches hätte geschehen können und sollen. Wir kennen die Ur-
sache gar wol. Wir alle haben schuld an den ungesunden Zuständen,
an denen wir leiden und an unserer politischen Ohnmacht ( Mo;;j;f |t'o; xcrt
dägccvsia). Die Fremden rauben uns die griechischen Länder in unserer
Nähe , verachten uns als Schwächlinge , die sich mit kleinlichen und
unbedeutenden Dingen beschäftigen (äSgavirtg, (ii-ngoXoyovg xat y.svo-
GTtovSovg) , und erregen auf jede Weise den Hasz der Nachbarn wider
uns. Um so mehr bedarf es bei der Sorge für die Bildung des griechischen
Volks der verständigen Rücksicht auf dessen Zukunft und auf die not-
wendige Verbesserung seines sittlich-geistigen Zustandes , die nicht nur
dem gegenwärtigen kleinen und armen Königreich Griechenland, sondern
den küiiimenden Geschlechtern gilt und angehört'. Der Verf. kann des-
halb auch , in Hinblick auf die groszen und wichtigen Zwecke des ge-
samten öffentlichen Unterrichts in Griechenland und besonders der Uni-
versität Athen, es nicht unterlassen, über die Unverhältnismäszigkeit
und Geringfügigkeit der Besoldungen an letzterer, so wie überhaupt über
die kümmerliche Lage (ä&liörrjg) der Gelehrten und über die Seltenheit
wissenschaftlicher Schriften in Griechenland zu klagen. Er setzt zu-
gleich die traurigen Wirkungen hiervon auseinander und macht Vor-
schläge zu ihrer Abhülfe. Einer dieser Vorschläge in Betreff der ge-
32 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
rügten Seltenheit wissenschaftlicher Werke geht dahin, dasz, insoweit
es sich um wahrhaft wissenschaftliche Schriften handelt, deren Werth
und Wichtigkeit vorher gehörig entschieden sein müste, die Regierung
die nöthigen Kosten für Papier und Druck übernehme und den Schrift-
stellern die Auslagen dafür gewähre Jedenfalls läszt diese Klage und
der Vorschlag zu ihrer Abhülfe, wie seltsam er auch sein mag, tiefe
Blicke in die diesfallsigen eigentümlichen Zustände des Landes und
Volkes in Betreff der Literatur und des Buchhandels werfen , und wenn
man auch dagegen meinen könnte, dasz doch schon manches wahrhaft
wissenschaftliche Werk der neugriechischen Litteratur ans Licht getreten
sei, so kann man doch den Vorschlag weder deshalb, noch auch darum
etwa als ungerechtfertigt ansehen, weil er aus dem Schosze des Ge-
lehrtenstandes selbst , nemlich von einem Professor der Universität
Athen , nicht von einem Buchhändler ausgegangen ist. Er kann es um
so weniger, da bereits im Interesse der Wissenschaft ein ähnliches
Verhältnis in Griechenland in Ansehung der von Professoren an der
Universität Athen für ihre Vorlesungen verfaszten wissenschaftlichen
Leitfaden bestanden hat, die wenigstens früher die griechische Regie-
rung auf ihre Kosten drucken liesz.
Der, bereits früher von mir erwähnte, von dem reichen Griechen
A. Rallis in Triest eingeführte, in der Regel am 25. März eines jeden
Jahres in Athen durch öffentliche Berichterstattung der Preisrichter zur
Entscheidung gelangende poetische Wettkampf (s. Jahrbücher Bd LXXX
Heft l S. 40 f.) hat auch im Jahre 18(30 statt gefunden. Es waren
dazu theils epische, theils lyrische Dichtungen, auszerdem auch ein
Trauerspiel eingegangen , und der bestimmte Preis von 1000 Drachmen
ward dem epischen Gedichte: 6 'jQpi.ccTcoX6g , von einem Studierenden
der Medicin an der Universität Athen aus Macedonien, zuerkannt. Der
diesjährige Berichterstatter war der Professor der Archaeologie an letz-
terer, der als Gelehrter, namentlich als Kenner des griechischen Alter-
tums , so wie als Dichter geschätzte Alexander Risos Rangawis , der
eich über die eingegangenen Dichtungen im allgemeinen und einzelnen
in einem in der IlavdcÖQa Nr 242 und 243 abgedruckten Berichte aus-
sprach. Er that dies, mit Ausnahme von vier Dichtungen, die ohne
weiteres als keiner Berücksichtigung würdig verworfen worden waren,
in Ansehung der andern, eben so in Betreff der Form, der Sprache und
Versification, als in Bezug auf den Gegenstand, dessen Erfindung, An-
ordnung und Behandlung, und auf den Gehalt der Dichtungen, mit Klar-
heit, kritischer Schärfe und poetischem Verständnisse. Als besonders
erfreulich ward es von ihm anerkannt, dasz von sämtlichen eingegan-
genen Dichtungen sieben ihren Gegenstand aus der Geschichte des grie-
chischen Volks , aus dem Freiheitskampfe oder doch mit Bezug auf den-
selben, entlehnt hatten. Rangawis sagte in dieser Hinsicht: 'ein Volk,
das seit Jahrhunderten in Sklaverei gelebt hat, das als Ruine unter
Ruinen von den Tyrannen niedergetreten und geknechtet, von den frem-
den Nationen wegen seiner Schwäche und Ohnmacht verachtet, und von
der göttlichen Vorsehung scheinbar vergessen war, das sich, aber plötz-
lich erhebt, seine Ketten zu Waffen schmiedet, den Untergang einem
ehrlosen Leben vorzieht, die Welt durch seinen Mut in Erstaunen setzt
und seine Freiheit zur Verwunderung der Nationen erlangt, ein solches
Volk vermag gar wol die Phantasie eines jeden zu begeistern, beson-
ders wenn dieses Volk einst vor allen andern Völkern der Erde ge-
leuchtet, diese selbst zur Freiheit geführt und sie in allem Schönen,
Groszen und Edlen unterwiesen hat, und in einem jeden griechischen
Dichter, der nur einen Funken Talent besitzt, musz dieser Funke zur
höchsten Begeisterung sich entzünden, wenn ersieh anschickt, die Tha-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen. 33
ten und den Ruhm des Vaterlands zu besingen'. Namentlich mit dem
eingegangenen Drama: ot Kvipfli'öat , aus der Geschichte des alten
Korinth, beschäftigte sich der Berichterstatter in einer lungeren Aus-
einandersetzung. Er anerkannte an ihm die Vorzüge einer reinen und
tiieszenden Sprache voll Kraft und Geschmeidigkeit, gefälligen und
leichten Versbau , groszes Talent und vorzüglich tiefe Kenntnis des
Altertums; jedoch tadelte er an ihm Mangel wahrhafter Poesie und
dramatischen Gefühls und dasz die Dialoge, auch bei einer gewissen
Leichtigkeit der Versification , doch nur schöne , bisweilen auch gar zu
lang ausgedehnte Prosa seien, so wie dasz es ihm an Einheit des In-
teresse, an Durchbildung und Darlegung der Charaktere, an genauer
Kenntnis des menschlichen Herzens, Entwicklung und Schilderung der
Leidenschaften, an geschickter Erfindung der dramatisclien Situationen
gefehlt habe. Der Sieg war zwischen diesem Drama und zwei epischen
Dichtungen, dem obgenannten 'AgiiaTcoXog und einem anderen: 6 ayios
Mrjvdg, längere Zeit streitig. Dem letzteren wurden besonders Harmo-
nie der Verse, Schönheit der Gedanken in einer edlen Form, lebhafte
Phantasie, Wahrheit der Uilder und eine gewisse Malerei der Sprache
nachgerühmt, daneben aber eine nicht ganz reine Versification und
Sprache, namentlich eine fehlerhafte Erfindung und Anordnung des Stoffs,
so wie eine nicht glückliche Verwicklung zum Vorwurf gemacht. Zwar
wurden auch an dem ^AQ^araXös eine nicht ganz glückliche Wahl des
Versmaszes (abwechselnd teils Ss'ÄccnBvraavlXaßoL nago^vrovoL, teils
ÖKtaavXlaßoi, o^vrovot) und eine ungleiche Sprache in Betreff' der Me-
trik, eine weniger leichte Versification ^^nd Härte in der Form ge-
tadelt; da jedoch diese Dichtung neben solchen Fehlern durch reine,
tadellose Sprache, die in Wort, Phrase und Geist des Charakters der
altgriechiscben würdig sei, durch geschickte Verwicklung', glückliche
Erfindung und Durchführung und durch treffliche Charakteristik sich
auszeichnete, so ward ihr vor den beiden anderen der Vorzug und der
Preis zuerkannt. Es darf nach solchen wiederholten Beispielen und
Erfahrungen nicht bezweifelt werden , dasz dieser poetische Wettkampf
zur Bereicherung der neugriechischen Litteratur in der a. a. O. bemerk-
ten Masze beitragen müsse , und er verdient daher auch an und für
sich, so wie wegen seiner Ergebnisse die besondere Teilnahme des
wissenschaftlich gebildeten Auslands.
Bereits haben sich unter den Griechen des Königreichs und der
jonischen Inseln auch auf dem Gebiete der Dichtkunst nicht wenige
vor anderen besonders ausgezeichnet und den Beweis geliefert, dasz
das neugriechische Volk als ein dichterisch begabtes anzusehen sei, wie
dies schon im Hinblick auf den reichen Schatz seiner Volkslieder aus
der ihm allgemein inwohnenden Neigung und Befähigung zur Dichtkunst
abgenommen werden musz.*) Um hier von andern neugriechischen
Dichtern nicht weiter zu reden, gedenke ich zunächst nur der beiden
Jonier, Julios Typaldos und Aristoteles Valaoritis , die sich in der letz-
teren Zeit als reichbegabte Dichter besonders bekannt gemacht haben,
und auf welche ich hier aufmerksam machen möchte. Beide haben ein-
zelne Gedichtsammlungen drucken lassen, ersterer: TrnLr]fic(Tu dicccpogcc
(Zante 1856), dagegen letzterer: fivvi^uöavva (Korfu 1857), so wie auch
eine längere erzählende Dichtung in vier Gesängen: 15 -KVQa ^Qoavvr}
*) Man vgl. die diesfallsige Notiz in den Jahrbüchern der 2n Abth.
Bd LXXXIl Heft 3 S. 148, vornehmlich aber die bei Teubner vor kurzem
erschienene reichhaltige Sammlung neugriechischer Volkslieder von Dr
Passow, die vollständigste unter allen bisher veröffentlichten Samm-
lungen dieser Gattung.
N. Jahrb. f. Phil. u. Päil. II. Abt. Kf,!. Ilft 1. 3
34 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
(Korfu 1859), aus der Geschichte des neugriechischen Volks im Anfange
des gegenwärtigen Jahrhunderts. Die Gedichte beider, in denen die ver-
schiedensten Saiten des Menschenherzens und die manigfaltigsten Töne
angeschlagen werden, zeugen von ungemeiner Lebhaftigkeit der Phan-
tasie, Tiefe und Innigkeit der Empfindung, von wahrer dichterischer
Begeisterung und einem kräftigen Nationalsinn , und ihre Schilderungen
und Darstellungen, mögen sie die eigenen Gefühle des Herzens und die
einfachsten Empfindungen des privaten Daseins oder geschichtliche Be-
gebenheiten ihres Volks zum Gegenstande haben, sind ebenso von einer
in hohem Grade fesselnden Naivetät, Einfachheit und Lieblichkeit, als
von tiefergreifender Wirkung, besonders wenn sie nationale Stoife be-
handeln. Namentlich gilt dies letztere von den Dichtungen des Valao-
ritis , die , neben dem Adel und der sittlichen Kraft der Gesinnungen
und neben der Erhabenheit der Gedanken, vorzüglich durch eine hoch-
herzige patriotische Begeisterung und die durchsichtige Klarheit des
plastischen Ausdrucks anziehen und fesseln, womit er die Eigentüm-
lichkeiten des griechischen Volkscharakters, so wie einzelne Situationen
darstellt. Als eine Einseitigkeit der sprachlichen Darstellung musz man
es freilich bezeichnen, dasz beide die gewöhnliche Redeweise des grie-
chischen Volks, für welches sie dichten, zugleich unter Beobachtung
gewisser Eigenheiten des Dialekts der jonischen Inseln, bei ihren Dich-
tungen zur Anwendung bringen; allein es kann auch ebenso wenig ver-
kannt werden , dasz in dieser leichten und mit einer ungesuchten Nai-
vetät sich sorglos gehenlassenden volkstümlichen Ausdrucksweise ein
nicht geringer Teil der zauberischen Wirkung begründet ist , deren Ein-
druck auch andere als griechische Leser empfinden. Auch wird man es
im allgemeinen , trotz der angegebenen sprachlichen Unregelinäszigkeiten
und formellen Mängel, anzuerkennen haben, dasz Typaldos und Valao-
ritis wahre Volksdichter sind, die, weil sie die innersten Gefühle und
Stimmungen des Volks aussprechen und ausdrücken, auch dasselbe um
so tiefer und um so gewisser ergreifen und fesseln. — Eine andere kleine
Sammlung griechischer Dichtungen: avlXoyr] nOLTjCScov EvcpQoavvrjg 2Ja-
(.iKQT.^idov (Athen 1857) beweist, dasz auch griechische Frauen für die
engen Kreise ihrer Gefühle, für Gott, Liebe und Freundschaft, und was
sonst ein Frauenleben bewegt, den geeigneten dichterischen Ausdruck
zu finden verstehen. Der Herausgabe der an sieh nicht zur Veröffent-
lichung bestimmt gewesenen anspruchslosen Gedichte lag übrigens zu-
nächst ein guter Zweck, nemlich die Unterstützung einer Mädchenschule
in Larissa , die der Ehemann der Dichterin begründet hatte und an wel-
cher die letztere selbst mit thätig war, zum Grunde.
In einer kleinen Schrift des schon mehrfach von mir genannten
griechischen Gelehrten Spyridon Zampelios: Ka&iSQvaig IlaxQiaQXSLOV
sv'Pcoaaicc (Athen 1859), in welcher er die geschichtlichen Nachrichten
über die Errichtung des Patriarchats der orientalischen Kirche in Rusz-
land (im .Jahre 15S9), und zwar in Moskau, zum grösten Theile nach
Karamsins 'Geschichte des russischen Reichs' zusammenstellt, von wel-
cher letzterer eine in ausgezeichnetem Neugriechisch geschi'iebene Ueber-
setzung kurz vorher (Athen 1856 — 1859 in 12 Bänden) erschienen war,
teilt Zampelios auch ein längeres neugriechisches Gedicht mit, das mit
jener Patriarchatserrichtung in unmittelbarem Zusammenhange steht.
Dies Gedieht enthält die ausführliche Beschreibung der Reise des Pa-
triarchen von Konstantinopel .Jeremias und zweier griechischer Erz-
bischöfe Hierotheos von Monembasia und Arsenios von Alassona nach
Moskau und ihres dortigen Aufenthalts bei Gelegenheit der feierlichen
Einführung des neuerwählten l*atriarchen der russischen Kirche, und ist
in der Sprache des Volks und in dem Versmasze des funfzehnsilbigen
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen. 55
sop:eiiannten politischen Verses g^edichtet. Ein besonderer poetischer
Werth ist ihm zwar nicht zuzugestehen, und historischen Wertli hat es
höchstens in Betreff der morgeuliindischen Kirche, aber es ist insofern
nicht ohne ein gewisses litterarisches Interesse, als es zur näheren
Kenntnis der neugriechischen Volkssprache des IGn Jahrhunderts bei-
trägt und in dieser Hinsicht für die Geschichte der neugriechischen
Litteratur ein nicht unwiciitiges sprachliches Denkmal ist. Der Heraus-
geber hat das neugriechische Gedicht nach einer abschriftlichen Hand-
schrift der Turiner Bibliothek, die er selbst verglichen, herausgegeben,
und dabei die Nachlässigkeiten und Unerfahrenheit früherer Heraus-
geber, die das Gedicht als eine Schrift in Prosa angesehen und demge-
mäsz behandelt hatten, sorgfältig verbessert.
Von dem vorher genannten Alexander Eisos Rangawis erschien im
Jahre 1859, in Athen der dritte Band der 'diäcpoQfi /JirjYrjticiTa nal
noirjiicctci'. Er enthält teils Poesien, teils Aufsätze verschiedener Gattung-
in Prosa. In den letzteren ist der Verfasser besonders bemüht, das
angenehme mit dem nützlichen zu verbinden und unter der Form an-
ziehender Beschreibungen und Schilderungen wissenschaftliche und ge-
meinnützige Kenntnisse zu verbreiten, und er thut dies zugleich in
einem gefälligen und reinen Neugriechisch. Gegenstände solcher beleh-
render Aufsätze sind hier zunächst die Eisenbahnen und der elektrische
Telegraph, über welche unter der Aufschrift: ^OdotTropixat 'Ava^VTj6£is''
genauere Aufschlüsse und belehrende Erklärungen gegeben werden ; an-
dere verbreiten sich über die beiden Städte des adriatischen Meeres,
Pola und Salona , ferner über Aegypten und über das Erechtheum. In
einem Artikel der [JavdmQd vom 15n März 1860 über den vorliegenden
Band der 'ZlLcicpoQa dirjyri^ata v.c(l IJoirj^inra'' sprach sich der Ree. mit
groszer Anerkennung über diese zu gleicher Zeit angenehm unterhalten-
den und nützlich belehrenden Aufsätze aus, und er billigte überhaupt
das Bestreben, auf solche das angenehme mit dem nützlichen verbin-
dende Weise, so wie durch Schriften für das weibliche Geschlecht, für
die Jugend und für das Volk im allgemeinen, in Uebereinstimmung mit
dem Geiste, dem Fortschritte und den Kenntnissen der Gegenwart, die
Bedürfnisse und Interessen der griechischen Bildung zu befriedigen, von
welcher der Rec. offen bekennt, dasz 'sie sich trotz aller Gymnasien
und öffentlichen Privatschulen in einem nicht sehr erfreulichen Zustande
befinde'. Er dringt deshalb mit aller Entschiedenheit darauf, dasz, statt
französische Romane ins Neugriechische zu übersetzen, man Original-
schriften zum allgemeinen das Gemüt erfreuenden Gebrauche (Siä not-
vriv ^viayrnyi-ariv ;j^p?j(7tf) und zur Belehrung des Volks abfassen solle.
'Die Sucht', sagt er. 'schlechte Romane zu übersetzen oder gehalt- und
geschmacklose zu schreiben, von welcher viele ergriffen sind, verräth
eine tiefliegende Krankheit der Gesellschaft, besonders zu einer Zeit, in
der das grosze A^'aterland und der in einem kleinen AVinkel desselben
vorläufig aufgerichtete griechische Thron auch von der heranwachsenden
Generation edlere Gesinnungen und bedeutsamere Thaten veilangt.'
Auszer den obigen prosaischen Aufsätzen enthält der dritte Band der
'Erzählungen' von Rangawis unter der Aufschrift: '-^ Evvf-vzfv^ig t-^g
dQ&ß^rjg'' eine meisterhafte Darstellung der berühmten Unterredung Na-
poleons mit Metternich in Dresden im .Tnni 1813, die besonders durch
die klare und lebendige Charakteristik der beiden Personen ausgezeich-
net ist, so wie eine in Prosa geschriebene Komödie: o Tä^og avFv
vvficprjg (die Heirat ohne Braut), in welcher namentlich die natürliche
Einfachheit, der Reichtum an Witz und die Wahrheit der Charakteri-
stik der handelnden Personen Anerkennung verdienen. Was die in die-
sem dritten Bande mitgeteilten Dichtungen anlangt, so gehören sie im
3*
3B Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, slatisl. Notizen,
allgemeinen der lyrischen und epischen Gattung an. Die der ersteren
sind teils in der Weise des Anakreon, teils elegische Gedichte, einfach-
naiv und in gefälliger anmutiger Form; der epischen Gattung angehörig
ist die Uebersetzung der sechs ersten Gesänge des befreiten Jerusalem
von Tasso in dem Versmasze des Originals. Rangawis hat sein poe-
tisches Talent und seine auszerordentliche Gewandtheit in der Versi-
fication schon früher vielfach dargethan , eben so in Tragödien wie in
Komödien. Es genüge hier von den ersteren nur die historisch-patrio-
tische Tragödie: i} riaQa^ovT] (der Vorabend) im zweiten Teile seiner
^läcpoQU notriiiatoi, Athen 1840, so wie von den letzteren das politisch-
satirische Lustspiel: 6 Fduag tov KovxQOvXri (Athen 1845, zweite Ausg.
1857. Deutsch von Sanders, lb49) zu erwähnen. Auch eines der be-
deutendsten epischen Gedichte der neugriechischen Poesie: 6 Actonlüvog,
das die Schicksale des montenegrinischen Mönchs Stephanos, eines der
falschen Peter III aus der Zeit der Katharina II schildert, ist von Ran-
gawis (im zweiten Theile seiner Tloiriaaza), und als glücklicher Ueber-
setzer fremder Dichter aus dem Deutschen, Englischen, Französischen,
Italienischen und Altgriechischen hat er sich schon früher zu erkennen
gegeben.
Auf ein anderes litterarisches Unternehmen des ebengenannten
Alexander Rangawis, Avelches derselbe vor längerer Zeit beabsichtigte
und womit ira August^ d. J. der Anfang gemacht werden sollte, wies
vor einiger Zeit die UavSäQa vorläufig hin. Es sind dies 'dramatische
Paraphrasen', deren Gegenstand die altgriechische Tragödie Und Ko-
mödie ist und wodurch Rangawis mit dieser selbst das griechische Volk
der Gegenwart, für dessen Verständnis die Meisterwerke des hellenischen
Drama mancherlei Schwierigkeiten und Hindernisse darbieten, näher
bekannt zu machen gedenkt. Hauptsächlich sind die in der altgriechi-
schen Sprache selbst liegende Schwierigkeit, das oft unverständliche der
Gedanken und der Art und Weise ihres Ausdrucks , die unvollkommene
Kenntnis der einzelnen Verhältnisse und Umstände, auf welche sie sich
beziehen, und vorzüglich die Einbusze der metrischen Harmonie, dieser
mächtigen und zugleich anmutigen Stütze und Hülfe der Dichtkunst,
die Ursachen, aus denen vielen Lesern das altgriechische Drama ver-
leidet wird , wogegen sie die bequemere Beschäftigung mit fremden
Dichtungen imd Romanen vorziehen. Die 'dramatischen Paraphrasen'
des Rangawis sollen nun die Griechen unserer Tage mit einigen Er-
zeugnissen der altgriechischen Muse und mit der Rythmik ihrer Vers-
kunst, welche darin mit Strenge beobachtet wird, bekannt und vertraut
machen, und sie sollen zur Kenntnis und zum ästhetischen Genüsse der
hellenischen Dichtkunst beitragen, deren Spuren und Muster die neu-
griechische Poesie folgen nnisz , wenn sie sich 'nicht lächerlich machen
will'. Der im J. l->60 erschienene erste Band dieser 'Paraphrasen' ent-
hält die Uebersetzung der Antigene des Sophokles und der drei Komö-
dien des Aristophanes: die Wolken, der Friede und die Vögel.
Im Jahre 1858 erschien in Athen ein vielfach anziehendes Buch
unter dem Titel: 6 rsQoaväd'rjg , rj (xvaavjjasic; rrjs TzaidL^rjs fiov -qXi-
■niag , von C. Melas , worin der Verf. vornemlich sittliche Zwecke und
die Besserung des griechischen Volks vor Augen hatte, indem er ihm
darin aus der Geschichte des alten Griechenlands mustergültige Beispiele
sittlicher, geselliger und patriotischer Tugenden zur Nacheiferung vor-
hielt. Der Erfolg hat das Verdienstliche in der Auswahl und der Dar-
stellung, wie in Ansehung des Zwecks und eben so die Nützlichkeit des
Buches selbst dargethan, da bereits im Jahre 1860 eine zweite Ausgabe
desselben nötig geworden war. Gerade für Griechenland darf dieser
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 37
Urastaud nicht gering angesclilagen weiden; er spricht vielmehr deutlicli
genug für den Mangel an guten und gemeinnützigen Schriften für das
grieclii.'^che ^^olk und für sein ^'erlangen nach solchen belehrenden und
nützlichen Schriften.
Von dem Griechen P. Arabantiinis aus l']pirus erschien in Athen
(1850 und 1857) eine auf besonderen Studien und auf der Benutzung
guter statistischer Nachrichten, so wie auf Autopsie beruhende 'Ge-
schichte von Epirus ' unter dem Titel: XoovoyoccrpLU xfjq Hni-iQOv in
zwei Bänden. Wie wir aus der üavdoyQa vom 15. Mai 18t)0 ersehen,
hat der genannte Grieche auch eine Btoyoacpi^rj avlloyr'j , rj xcczuloyo'^
EXlrjvcov auifcov xat Xoyi'ojv , ay.aaGÜvKov iv 'Hjtsi'qco, &8caciXia Hai
Ma-AsSovi'a •Auza xi~iv tat, i^' y.at irf i-Acizovzcc£xriQi8a verfaszt, die je-
doch noch ungedruckt ist und über mehr als fünfzig bisher fast ganz
unbekannte gelehrte Griechen der angegebenen Länder und Jahrhunderte
sich verbreitet. Das in der Uardoiga a. a. 0. mitgetheilte Bruchstück
daraus über 3l£&6Sios 6 'Av&QKy.inig , einen trefflichen Mathematiker,
Philosophen und Theologen aus Janina in der zweiten Hälfte des 17n
und zu Anfange des 18n Jahrhunderts, der auch als Scliriftsteller thätig
gewesen, läszt auf das Verdienstliche der ganzen Zusammenstellung
schlieszen. • A'.
Grimma.] Dem zum 14. September 1860 ausgegebenen Jahresberichte
der hiesigen königlichen Landesschule ist als wissenschaftliche Beilage
in 8 beigegeben : Leitfaden für den Religionsunterrichl in den oberen Gym-
nasialklassen (die ersten Paragraphen. 34 S.) von dem Religionsl. Prof.
Lic. th. Dr ph. A, F. Müller. Wir empfehlen die Schrift dringend
der Beachtung, da sie auf sehr beherzigenswerthen, aber soviel uns be-
kannt ist, nicht allgemein anerkannten und befolgten Grundsätzen über
Stoff und Methode des evangelisch -lutherischen Religionsunterrichts in
den oberen Klassen der Gymnasien beruht. Die wenigen, aber durch
Tiefe und Gründlichkeit ausgezeichneten Anfangsp^ragraphen geben über
dieselben vollständig Aufsclilusz und lassen den Wunsch nach baldiger
Vorlegung des Ganzen entstehen. In dem LehrercoHegium war zwar
Avärend des Schuljahrs 1859 — (jü keine Veränderung vorgegangen, doch
trat mit dem Schlüsse desselben der 4e Professor Cantor und Ordinarius
von IV*, Dr N. M. Petersen, in den erbetenen Ruhestand und wurde
die Lücke .durch die Ascension der übrigen Lehrer und Berufung des
Oberlehrers Dr Hermann Jnstus Lipsius von der Landesschule zu
Meiszen in die achte Oberlehrerstelle ausgefüllt. Das Schulcollegium
besteht demnach gegenwärtig aus dem Rector Prof, Dr Ed. Wunder
(Ordin. v. I), dem Hausbeamten Rentamtmann Cotta, den Professoren
Dr Lorenz (Ordin. v. III), Fleischer (Mathematicus) , Dr Rud.
Dietsch (Ordin. v. II), Lic. th. Dr ph. Müller (Religionslehrer),
Löwe (Französisch), Gilbert (Gescliichte und Geographie) und den
Oberlehrern Dr Lipsius (Ordin. von IV«) und Dr B. Dinter (Ordin.
von TV^^. Die Frequenz betrug im Winter 1859 — 60 125 Schüler
(I 20, II 29, III 34, IV* 30, IV " 12), im Sommer 18()0 129 (I 18,
II 31, III 39, IV* 24, IV** 17). Beim Beginn des gegenwärtigen Winter-
halbjahrs zäldte die Anstalt 132 Schüler (I2.i Alumnen, 7 Extraneer:
I 25, II 31, III 37, IV« 24, IV »> 14). Michaelis 1859 wurden 7, O.stern
1860 8 zur Universität entlassen. Wenn die Fürstenscliule die Freude
hatte, am 14. September 1860 eine grosze Anzahl ehemaliger Schüler
(154) den 310n Stiftungstag in dankbarer Liebe begehen zu sehen, so
erfuhr sie auch ganz unerwartet eine überaus grosze Wohlthat durch
eine Stiftung, welche ihr der in London lebende Kaufmann Wilhelm
Heinrich Göschen machte. Je seltener in unseren Tagen die Be-
weise hochherziger Förderung der Gymnasien und ihrer Zwecke sind,
38 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stalisl. Notizen.
um so weniger glauben wir ein Unrecht zu begehen, wenn wir hier die
darauf bezüglichen Urkunden vollständig mitteilen, zumal da aus den-
selben ein Geist und Charakter spricht , der in vielfacher Hinsicht Be-
achtung verdient.
Die Stiftungsurkunde lautet also:
'Zum Gedächtnis meines seligen Vaters, des Buchhändlers Georg
Joachim Göschen, der in und nahe bei Grimma einen groszen Teil
seines Lebens zubrachte, in manigfacher Beziehung zur Stadt stand und
daselbst seine irdische Laufbahn endete, und in treuer Anhänglichkeit
an mein Vaterland Sachsen habe ich beschlossen, eine Stiftung zu be-
gründen, durch welche ich der berühmten königl. Landesschule Grimma
einen Beweis meiner Hochachtung zu geben und die tüchtigsten Zög-
linge derselben bei ihrem Uebergange zur Universität zum eifrigen
Fortschreiten nach dem Ziele umfassender praktischer Ausbildung anzu-
spornen beabsichtige.
Ich übergebe nemlich hiermit dem königl. hohen Ministerium des
Cultus und öffentlichen Unterrichts in Dresden die Summe von 15000
Thlrn , mit Buchstaben : Fünfzehn Tausend Thalern Courant , mit dem
ergebensten Gesuche, dieselbe gegen möglichste Sicherheit nutzbar an-
zulegen und die Zinsen davon alljährlich in nachstehender Weise zu
verwenden :
1) Die bei einem Zinsfusze von vier Procent von diesem Fonds zu
erlangenden jährlichen Zinsen an 600 Thlrn sollen an die drei ausge-
zeichnetsten von der königl. Landesschule Grimma auf die Universität
übergehenden Schüler , und zwar an jeden derselben drei Jahre hinter-
einander jährlich 200 Thlr davon ausgezahlt werden, jedoch mit suc-
cessivem Eintritte derselben , so dasz alle Jahre , und zwar zu Ostern,
einem Abiturienten dieses Stipendium von jährlich 200 Thlrn auf drei
Jahre conferiert wird und, wenn nach den ersten drei Jahren nach Be-
gründung desselben die obigen 600 Thlr an drei Studierende vergeben
sind, alljährlich ein neuer Percipient an die Stelle desjenigen tritt,
welcher drei Jahre nach einander jedes Jahr 200 Thlr, mithin zusammen
600 Thlr, empfangen hat.
2) Zur Perception des Stipendiums kann jeder Abiturient der Lan-
desschule Grimma, der Extraneer wie der Alumnus, der Sohn wohl-
habender und hochgestellter Eltern wie der von niedrigeren und der
Unterstützung bedürfenden abstammende, gelangen, wenn er den er-
forderlichen Grad der Bildung des Geistes und des Herzens erreicht hat.
Es wird aber erfordert, dasz der Percipient einesteils einen solchen
Umfang des AVissens und eine solche Reife im Urteil documentiert habe,
dasz ihm die erste Censur mit vollem Rechte gegeben werden kann,
andernteils wärend seiner Schulzeit, namentlich wärend der zweiten
Hälfte derselben , das allgemeine Lob eines edelgesinnten und braven
Schülers behauptet habe.
3) Zur ferneren Documentierung seiner geistigen Bildung hat der
Percipient nicht blos dem gewöhnlichen Maturitätsexamen sich zu unter-
werfen, sondern auch eine besondere Arbeit in deutscher Sprache zu
fertigen, in welcher er einen solchen Gegenstand zu behandeln hat, der
ihm Gelegenheit bietet, auszer der Fertigkeit in der Sprache den Um-
fang seines historischen und allgemeinen Wissens, wie die Reife im
Denken in der Weise zu bekunden , dasz ihm auch dafür die erste
Censur mit vollem Rechte erteilt werden kann.
Diese Aufgabe soll der Rector sämtlichen Abiturienten, welche sich
zutrauen das Maturitätsexamen mit erster Censur bestehen zu können,
und zwar allen die nemliche, im letzten Halbjahre vor ihrem Abgange
von der Schule stellen, die eingelieferten Arbeiten censiereu, sodann
unter den übrigen Lehrern curaieren lassen und darauf mit dem ge-
Berichte über gelehrte Ansialten, Verordnting-en, slalisl. Notizen. 39
samten Lehrercullcg'iuiii .^icU berathen , welche von diesen Arbeiten die
vorzUglicliste und ob diese eine solc.lie sei, dasz deren Verfasser dem
könig'l. Ministerinm znr Krlangung' des Stijjcndiums empfoldeu werden
könne. Der get'aszte Beschlusz ist dem könij;!. Ministerinm ungleich
mit der betreffenden Arbeit selbst — welche jedoch nachher an die
Schule zurückzugeben und in deren Archive aufzubewahren ist — mid
mit dem Jierichte über den Ausfall des Maturitätsexamens vorzulegen.
Sollten sich unter* den eingelieferten Arbeiten einige gleich vorzügliche
finden, so soll der Verfasser derjenigen Arbeit vor den übrigen em
pfohlen werden , der durch seine schriftlichen und resp. mündlichen
Leistungen beim Maturitätsexamen sich vor den andern Mit-abiturien-
ten hervorgethan hat. Würde jedoch keine der eingelieferten Arbeiten
den erwähnten Erfordernissen entsprechen oder der ersten Censur nicht
würdig erachtet werden , so wird das Stipendium dieses Mal gar nicht,
sondern erst nach Ablauf des nächsten Halbjahrs, also des Sommer-
semesters, vergeben und es findet dann die Stellung der Aufgabe an die
Michaelis- Abiturienten, die Censierung und Begutachtung der von den-
selben eingelieferten Arbeiten und die Empfehlung des Verfassers der
vorzüglichsten Arbeit an das königl. Ministerium in ganz gleicher Weise
statt, nur dasz dann, um den Turnus des triennii für die Folge nicht
zu alterieren , der Stipendiat für das erste Seraester seines Universitäts-
besuchs 200 Thlr und für jedes seiner beiden folgenden Universitäts
jähre 200 Thlr erhält, so also, dasz nicht nach 3, sondern schon nach
2^3 Jahren dasselbe Stipendium zu Ostern neu zu vergeben ist.
4) Dem königl. Cultusministerium, welchem die Verwaltung des
Stipendiencapitals anheim gegeben ist , steht das Kecht der definitiven
Entscheidung über die Vergebung des Stipendiums nach angehörtem
Gutachten des Lehrercollegiums zu. Die Auszahlung des Stipendiums
erfolgt durch dasselbe in jährlichen, halbjährlichen oder vierteljährlichen
Katen nach dessen Ermessen. Auch soll das königl. Ministerium das
Recht haben , das Stipendium zu suspendieren oder nach Befinden dem
Percipienten gänzlich zu entziehen, wenn der letztere auf der Universität
sich so vergessen oder verwerfen würde, dasz schwere Strafen über ihn
verhängt werden müsten, oder er ein so dissolutes Leben führt, dasz
mit Bestimmtheit zu erwarten ist, das Stipendium werde in seinen
Händen seinen Zweck verfehlen. In solchen unverhofl'ten Fällen wird
das suspendierte Stipendium, wenn der bisherige Percipient sich ent-
schieden bessert, ihm nach Entscheidung des königl. Ministeriums spä-
ter, nach eingetretener Besserung, resp. bei Beendigung seiner akade-
mischen Studien, nachgezahlt, oder andernfalls zum Capitale geschlagen,
welches letztere auch dann geschieht, wenn das königl. Ministerium
das Stipendium dem betreffenden Empfänger gänzlich entzieht. Stirbt
der Stipendiat wärend der Perceptionszeit , so erledigt sich selbstver-
ständlich das Stipendium und die ferneren Raten desselben sind eben-
falls zum Capitale zu schlagen. Die auf solche Weise unbezahlt ge-
bliebenen, zum Capital geschlagenen Beträge kommen dann dem etwai-
gen anderweit bestehenden Fragment-Stipendium (s. nachstehend bei 5)
zu Gute.
5) Durch die von mir getroffene Bestimmung, dasz nicht zugleich,
sondern erst zu drei auf einander folgenden Jahresabschnitten drei
Abiturienten nach und nach in den Genusz des Stipendiums treten —
wodurch allein die alljährliche Vergebung des letzteren an einen neuen
Percipienten und ein regelmäsziger Turnus ermöglicht wird — und da
sonach, bevor die 600 Thlr jährlicher Zinsen ganz vergeben sind, zum
Beginn ein Jahr lang 40(1 Thlr und ein Jahr lang 200 Thlr zum Sti-
pendium nicht verwendet werden und wieder Zinsen tragen, ferner durch
die Zinsen , welche das von mir bereits an das königl. Ministerium aus-
40 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist, Notizen.
gezahlte Capital der 15000 Thlr bis zur erstmaligen Vergebung des
Stipendiums trägt, sowie durch die auf Anordnung des königl. Ministerium
etwa suspendierten oder gänzlich zurückgezogenen, oder durch den Tod
des Empfängers erledigten Stipendienzahlungen, und endlich durch einen
möglicherweise bei gleicher Sicherstellung des Capitals zu erreichenden
höheren Zinsfusz des letztern können und werden sich nach und nach
Ueberschüsse bilden. Diese Ueberschüsse sollen capitalisiert und durch
das königl. Ministerium ebenfalls separat nutzbar* angelegt werden,
auch diesem neuen Capitale die ferneren solchen Ueberschüsse irgend
einer Art so lange zuwachsen, bis dasselbe jährlich 300 Thlr Zinsen
gewährt. Dann soll mit diesen Zinsen ein neues , an drei Michaelis-
Abiturienten mit 100 Thlrn jährlich drei Jahre lang zu vergebendes
Stipendium ins Leben treten, wegen dessen die über das alljährlich zu
Ostern zu vergebende Hauptstipendium oben getrolfenen Bestimmungen
in jeder Beziehung ebenfalls Platz ergreifen sollen, jedoch nur mit der
einzigen Ausnahme dasz, wenn dieses Fragment-Stipendium wegen Nicht-
erfüllung der Vorbedingungen irgend einmal nicht vergeben würde, das-
selbe nicht für die nächste Erteilung des Ostern - Stipendiums , sondern
für den nächsten Concurs der Michaelis- Abiturienten reserviert werden
soll, so dasz der bei dem letzteren für würdig zum Genusz des Stipen-
dium Erklärte dasselbe nachträglich ebenfalls, mithin im ersten Jahre
seiner Perception 200 Thlr anstatt nur 100 Thlr, erhielte. Ob und wie
dieses Fragment- Stipendium durch ferner immer wieder zu capitalisie-
rende Ueberschüsse endlich bis zu einem ebenfalls 600 Thlr jährlich
Zinsen gewährenden Capitale anwachsen dürfte, überlasse ich d-er Zeit
und den Verhältnissen. Doch ist es mein Wunsch — dessen Erfüllung
freilich erst für eine sehr entfernte Zeit in Aussicht steht — , dasz end-
lich mit demselben auch e'inem der Michaelis - Abiturienten , wie durch
das Haupt-Stipendium e'inem der Oster- Abiturienten, die Möglichkeit
geboten werde, gleichfalls einen jährliclien Zuschusz zu seinen Studien-
kosten von 200 Thlrn auf 3 Jahre zu erlangen. Mehr als 200 Thlr
jährlich auf 3 Jahre für jeden der würdig befundenen Percipienten soll
aber in keinem Falle das Stipendium betragen , weder das Haupt-Sti-
pendium, noch das aus den Capital- und Zins-Ueberschüssen gebildete
Fragment- Stipendium.
6) Würde daher, wenn auch voraussichtlich erst nach einer langen
Keihe von Jahren, auch dasjenige Capital, von welchem das Fragment-
Stipendium gewährt wird, einen gröszeren jährlichen Ertrag als 600 Thlr
gewähren, so bleibt die Verwendung des Mehrertrags, sowie aller dann
noch etwa auf irgend eine Art zuwachsenden Summen, sei es solcher
einzelnen Summen selbst oder der Zinsen von dem daraus wieder ge-
bildeten Capitale, dem Ermessen des königl. Cultus- Ministerium über-
lassen; doch wünsche ich, dasz damit dann ebenfalls die Ausbildung
ehrenwerther und tüchtiger Jünglinge, welche der Wissenschaft und
einem gelehrten Berufe sich widmen, auf geeignete Weise gefördert
werde, z. B. durch Gewährung der ganzen oder teilweisen Mittel zu
einer wissenschaftlichen Reise , zu Anschaffung oder Vermehrung einer
Bibliothek , eines wissenschaftlichen Apparats oder einer mit dem ge-
wählten Berufe zusammenhängenden Einrichtung oder dergleichen mehr,
und zwar gleichviel, ob.wärend ihrer Universitätszeit oder nach bereits
beendigten akademischen Studien.
7) Würde dereinst die Landesschule Grimma zu bestehen aufhören,
so soll das Stipendium auf eine andere (oder nach Betinden mehrere)
sächsische Gymnasien übergehen oder überhaupt zu Förderung der
Wissenschaft verwendet werden, worüber allenthalben das königl. Cultus-
Ministerium zu entscheiden hat.
Zu Beseitigung etwaiger Zweifel über die Auslegung der vorstehen-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 41
den Bestimmungen habe ich mich in einer besonderen, ebenfalls von mir
eigenhändig untei'schriebenen und dem königl. Ministerium des Cultus
und ött'entlichen Unterrichts mit übergebeuen Schrift vom heutigen Tage
über die dieser meiner Stiftung zu Grunde liegenden Absichten und
Wünsche ausgesprochen und es sollen die in derselben enthaltenen Mo-
tive bei der Vergebung des Stipendiums als Norm dienen.
Hoheustädt , den 14. August IBtiO.
(L. S.) Wilhelm Heinrich Goschen.'
Auch diese Schrift geben wir in folgendem wörtlich wieder:
'Dem königl, Ministerium des Cultus und öftentlichen Unterrichts
in Dresden habe ich eine Urkunde vom heutigen Tage übergeben, in
welcher ich bestimmte Verfügungen über Verwaltung und Vergebung
eines zum Besten der vorzüglichsten Schüler der königl. Landesschule
Grimma von mir gestifteten, auf ein Capital von 15000 Thlrn gegrün-
deten Stipendiums getroffen habe.
Um den bezüglichen Bestimmungen unter allen Verhältnissen die
von mir gewünschte Auslegung und Anwendung zu sichern, bemerke ich
über die Motive, welche dieser meiner Stiftung zu Grunde liegen, und
über den Gesiclitspunkt, von welchem ich bei derselben ausgegangen
bin und den ich auch in alle Zukunft bei deren Ausführung angenommen
zu sehen wünsche, folgendes:
Seit 4t) Jahren in England wohnhaft und ununterbrochen bemüht,
neben meinen Berufsgeschäften dem wissenschaftlichen Leben des In-
und Auslandes und seiner fortschreitenden Entwickelung im Geiste zu
folgen, koiinte ich der in meinem geliebten deutschen Vaterlande vor-
waltenden Tüchtigkeit und Gründlichkeit des Wissens, der Trefflichkeit
der zu einer wissenschaftlichen Laufbahn vorbereitenden deutschen
Unterrichts - und Erziehungsanstalten meine volle Bewunderung und
Verehrung nie versagen. Ich sah mit gröster Genugthuung, mit welcher
Liberalität und Umsicht den Jünglingen aus allen Ständen und Lebens-
verhältnissen der Weg zur Wissenschaft und damit zu der höchsten
Stellung in derselben wie im Staate eröffnet und namentlich durch wie
reichliche Unterstützungen den unbemittelten die Beschreitung und Ver-
folgung dieses Weges ermöglicht wird. Ich erkannte aber auch zu-
gleich, dasz diesen Einrichtungen zunächst und meistens der Zweck
einer wesentlichen Beiliülfe für die Söhne armer und bedürftiger Eltern
zu Grunde liege und zu Erreichung dieses Zweckes schon unendlich
vieles gethan ist, dasz neben diesem Motive der Zweck der Aufmun-
terung und Belohnung je nach den Verhältnissen mehr oder minder in
den Hintergrund tritt und dadurch mancher von wohlhabenden und
hochgestellten Eltern abstammende, vielleicht noch strebsamere und
talentvollere, sich von jenen Spenden ausgeschlossen sieht, und dasz
die letzteren in der Mehrzahl von beschränkenden Bestimmungen in
Hinsicht auf Zeit, Ort und Studienzeit abhängig gemacht sind. Daher
faszte ich vorzugsweise bei meiner Stiftung drei Punkte ins Auge:
zuerst den Zweck der allgemeinen Förderung und Ermunterung auf-
keimender Talente ohne Rücksicht auf Bedürftigkeit des Individuums;
ist der betreffende Abiturient nach der vom königl. Ministerium ge-
teilten Ansicht des Lehrercollegiums der tüchtigste und vorzüglichste
Bewerber um das Stipendium, so soll er es erhalten, auch wenn er der
reichste ist. Ferner knüpfte ich die Fähigkeit das Stipendium zu em-
pfangen nicht an den Besuch einer bestimmten Universität; der damit
beliehene Percipient soll dasselbe erhalten und 3 Jahre lang behalten,
er mag studieren wo es sei. Und endlich wollte ich , als in England
gereifter Mann des praktischen Lebens, das Stipendium nicht als ein
Vorrecht der ausschlieszlich den klassischen Studien, den todten Spra-
chen sich widmenden , sondern vielmehr als den Hebel zu einer bereits
42 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
beginnenden praktischen Anwendung des erlernten auf Gegenstände des
wirklichen Lebens angesehen wissen. Darum zog ich für die Bewer-
bungsarbeit die deutsche Sprache vor und für die Themata zu derselben
liesz ich die Wahl unter Gegenständen aus dem Gebiete der Geschichte
(auch der neueren Zeit) , der Philosophie , der Naturlehre usw. , mit
e'inem Worte unter Fragen des allgemeineren, nicht blos auf die Kennt-
nis des Alterthums sich gründenden Wissens. Ich meine, mit einer sol-
chen Erstlingsarbeit unmittelbar vor dem Eintritte in die akademischen
Studien prüft ein begabter Jüngling, ungehindert durch fremdes Idiom,
im Gegenteile auf den hohen Werth seiner Muttersprache erst recht
hingewiesen, seine ihm von der Natur verliehenen, durch treue Lehrer
und eigenen Fleisz ihm gewachsenen Schwingen am besten zu dem
höheren Fluge, den er fortan im Dienste der Wissenschaft und des
Vaterlandes beginnen soll und will.
Und so verleihe Gott dem Werke seinen Segen, und gebe dasz es
die wohlmeinenden Absichten, welche mich dabei leiteten, erfülle: den
Schülern der Landesschule Grimma ein Sporn zu wetteifernden An-
strengungen zu werden, den Lehrern als wohlverdienten Lohn für ihre
aufopfernden Mühen die Freude zu gewähren , dasz sie erfolgreiches
jugendliches Streben im Lernen und sittlichen Betragen belohnen kön-
nen , manchen Eltern in der Sorge um das Gedeihen ihrer Söhne und
um deren Erhalten auf dem rechten Wege zum groszen Ziele zur Seite
zu stehen und dem Staate Männer erziehen zu helfen wie er sie braucht!
Hohenstädt, den 14. August 1860.
(L. S.) Wilhelm Hei n rieh Gös eben.'
Wir bemerken zum Schlusz, dasz das Gedächtnis des edlen Stifters
jährlich am Stiftungsfest mit gefeiert und die Verleihung des Stipen-
diums Ostern 1861 zum erstenmal in Ausführung gebracht werden wird.
R. D.
Heidelberg.] Unser groszherzogliches Lyceum dahier feierte beim
Beginn des diesjährigen Schuljahrs, am 3. October 1860, ein seltenes
Fest in eben so einfach würdiger als gemütlicher Weise. Es galt dem
alternierenden evangelisclien Director und ältesten Lehrer der Anstalt,
Hofrath Hautz, dessen vierzigjähriges Dienstjubilaeum die Anstalt
nicht unbeachtet lassen wollte. Denn dieser allgemein verehrte und
anspruchslose Lehrer, wol zugleich einer der ältesten unseres Landes,
welcher im Herbste 1819 seine gesegnete Lehrthätigkeit an dem hiesigen
Lyceum begonnen hatte itnd seit dem 7. September 1820 mit Staats-
dienereigenschaft angestellt ist, ist seitdem in dieser langen Reihe von
Jahren in treuer Anhänglichkeit und mit wahrhaft väterlicher Liebe
unserer Anstalt ergeben gebheben, deren freudige Entwicklung zu einem
guten Teil als sein Verdienst anerkannt werden musz. Als daher der
Jubilar, wie gewöhnlich, seinen Unterricht beginnen wollte, ward ihm
die freundlichste Ueberraschung bereitet. In dem festlich geschmückten
Schulsaale hatten sich sämtliche Lehrer und Schüler der Anstalt ver-
sammelt , um dem geliebten Collegen und Lehrer ihre Verehrung und
Dankbarkeit an den Tag zu legen. Der anwesende groszberzogliche
Ephorus des Lyceums, Herr Geh. Hofrath Dr Bahr, begrüszte den
Jubilar in einer herzlichen Ansprache, in welcher er die manigfachen
Verdienste desselben um die Anstalt, wie um das Schul- und Kirchen-
wesen der Stadt Heidelberg im allgemeinen, in beredten Worten aus-
einandersetzte. Darauf hielten der damalige functionierende alternierende
katholische Director der Anstalt, Professor Cad enbach, und ein Schü-
ler passende Vorträge, um auch ihrerseits den Gefühlen ihrer Kreise den
festlichen Ausdruck zu geben. Auch der hiesige Stadtpfarrer und Decan
Hauck als erzbischöflicher Religionsprüfungs-Commissar ins und Herr
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen. 43
Stadtdirector Dr Wilhelmi als Präsident des Verwaltuiifjsrathes des
Lyceums schlössen sich den Glückwünschenden in freundlicher Teil-
nahme an. Ein Festmahl in unserem Museum , wobei die Absinf^ung
eines von Director Cadenbach in der Weise des 'Gaudeamus igitur'
gedichteten lateinischen Festlitdes die heitere Stimmung vermehrte, be-
schlosz den freundlichen , in den Annalen des hiesigen Lvceums denk-
würdigen Tag. — Bekanntlich gehört es zum Programm der extremen
Parteien auf kirchlichem Gebiete , gemischte Lehranstalten zu verdäch-
tigen und exclusiv confessionelle Schulen — sogar bis zur Universität
hinauf — zu verlangen und anzustreben , weil die Weiterung der Kluft
zwischen den Confessionen ihren Zwecken am meisten zu entsprechen
scheint. Indes liefert das hiesige groszherzogliche Lyceum den that-
sächlichen Beweis, wie eine confessionell gemischte Lehranstalt einer-
seits den berechtigten Ansprüchen der Confessionen vollkommen Genüge
leistet, andererseits aber zugleich durch Pflege echtchristlicher Humanität
lind durch löblichen Wetteifer die höheren Interessen einer durchaus
gemischten Bevölkerung zu wahren und zu fördern weisz. — Auszerdem
beteiligte sich aber auch die hiesige Gemeindebehörde, stets be-
strebt den um Wissenschaft und Schule wohlverdienten Männern ihre
Anerkennung und dankbare Verehrung auszudrücken, an dieser Feier.
Sie liesz den Jubilar durch eine Abordnung, an deren Spitze die beiden
Bürgermeister standen, in herzlichster Weise begrüszen , und bei diesem
Anlasz dem wackern Manne, der über ein Menschenalter seine stille und
gesegnete Wirksamkeit dem Gedeilien des hiesigen Schulwesens gewidmet
hatte, folgende Adresse überreichen:
'Hochverehrter Herr Hofrath!
Mit warmer Teilnahme haben wir von der Feier Ihres vierzig-
• jährigen Jubelfestes Kenntnis erhalten, und wir fühlen uns verpflichtet,
teils in eignem Namen , da nicht wenige Mitglieder der Gemeindever-
waltung sich zu Ihren dankbaren Schülern zählen, teils für die Söhne
unserer Stadt, welchen Sie stets noch Ihre freundliche und wohlwollende
Fürsorge widmen , den besten Dank für Ihre gesegneten Bestrebungen
im Interesse der Jugendbildung, die Sie in einer langen Reihe von Jah-
ren mit nie erkaltendem Eifer redlich erstrebt, Ihnen hiermit auszu-
sprechen. Möge der allgütige Gott Ihnen und Ihrem Hause seinen Segen
verleihen und Ihre fernere Thätigkeit mit bestem Erfolg krönen; möge
aber auch , wenn Sie einst die Zurückgezogenheit von den Geschäften
der Bürde des Amtes vorziehen , das Bewustsein treu erfüllter Pflicht
die wohlverdiente Ruhe Ihres Lebensabends verschönern! Mit diesem
Wunsche, den wir aus aufrichtigem Herzen Ihnen darzubringen uns
beeln-en , verbinden wir die Bitte um Fortdauer Ihrer wohlwollenden
Gesinnungen für uns und unsere Stadt und beharren hochachtungsvoll
und ergebenst
Heidelberg, im October 18ü0.
Der Gemeinderath: Krausmann.'
Auch von den Gelehrtenschulen unseres Landes, und selbst vom Au.s-
land , so wie auch von vielen ehemaligen Schülern sind Beglückwün-
schungsschreiben und Zuschriften an den verehrten Schulmann zu seinem
Jubelfeste, zu dem die mühevolle Bahn des Lehrers so selten führt, ein-
gekommen. EingesaJidt.
Preuszen.] Das Centralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung
in Preuszen bringt im letzten Novemberheft S. 647 ff. eine Uebersicht
der Frequenz an den Universitäten des Landes wärend des Winter-
semesters 1859 — 60. Inländer studierten in
44 Berichte über gelehrte Anslallen, Verordnungen, Statist. Notizen.
Theol.
Jur.
Med.
Philos.
Sa
Greifswald :
3ö
33
130
78
277
Halle:
438
40
37
114
629
Breslau:
291
130
96
242
759
Königsberg :
126
70
86
74
356
Berlin:
279
318
245
285
1127
Bonn:
285
114
116
193
708
Münster :
276
—
—
202
478
Sa 1731 705 710 1188 4334.
Da im Sommersemester die Zahl 4131 betrug, so hatte sich dieselbe
um 203 vermehrt. Auf die Theologie kommen davon 114, die Medicia
20, die Philosophie 91; in den juristischen Facultäten dagegen hatte
eine Abminderuiig von 22 stattgefunden. Vermindert hatte sich die
Zahl der Studierenden in der Provinz Preuszen um 34, in Posen um 6,
in Hohenzollern um 5; in Pommern war sie sich gleichgeblieben, in den
übrigen Provinzen eine Vernnehrung eingetreten, am bedeutendsten in
der Rheinprovinz (um 99). Zu diesen Inländern kamen Nicht-Preuszeu
646 (94 mehr als im vorhergehenden Semester). Von diesen waren Theo-
logen 147, Juristen 126, Mediciner 95, Philosophen 278. Aus Nord-
amerika waren 29, aus Belgien 2, aus den britischen Ländern 15, aus
Dänemark 3 , aus Frankreich 6 , aus Griechenland 10 , aus Italien 2,
aus den Niederlanden 3, aus Norwegen 1, aus Polen 18, aus Ruszland
61, aus Schleswig 4, aus Schweden 2, aus der Schweiz 31, aus der
Türkei 14. Die übrigen kommen auf Deutschland (Oesterreich 34,
darunter 9 Theologen, 5 Juristen und 20 Mediciner). Vermindert hatte
sich die Zahl der Nicht-Preuszen in Greifswald (7), Breslau (1), Bonn
14, am reichlichsten (um 92) vermehrt in Berlin. R, D.
ScHAFFHADSEN , Kantonsschule 1858/59.] Dieselbe enthält ein Gym-
nasium mit 6 (I 12, II 12, III 4, IV 5, V 3 u. VI 7) und eine Industrie-
schule mit 4 Klassen (I 13, II 14, III 15 u. IV 7) und zusammen 92
Schülern. Griechisch beginnt in III, Hebräisch wird nur in VI gelehrt,
von den neueren Sprachen ist auf dem Gymnasium nur Französisch
obligatorisch. Auszer dem Director Morstedt unterrichten an der
Anstalt die Professoren Mezger, Kauer, Dr Hug, Ost, Pfister,
Keszler, Pfaff, Brändli, Olivier, Merklein und 4 Hülfslehrer.
Das Programm enthält eine mathematische Abhandlung des Professor
Brändli: das Problem des Mydorge durch die Methode der Synthesis und
der Coordinaten im Zusammenhang mit der Theorie der Kegelschnitte.
Bing.
ScHWEiDNiTZ.] Evangelisches Gymnasium. Osterpr ogramm
1860. Wissenschaftliche Abhandlung, verfaszt von dem Gymnasiallehrer
Freyer: über die einem Vierseit eingeschriebenen Kegelschnitte (S. 3 — 16).
Schulnachrichten (S. 17 — 40) zusammengestellt vom Gymnasialdirector
Dr Held. Leider finden sich in dem Texte ziemlich viele Druckfehler
vor. Zu Ende des Schuljahrs zählte die Anstalt 301 Zöglinge , welche
in 6 Klassen in wöchentlich 184 Stunden gemäsz dem Stundenplan vom
7. Januar 1856 unterrichtet wurden. Am Michaelistermin 1859 wurden
6, am Ostertermin 1860 10 Primaner mit dem Zeugnis der Reife für
die Universitätsstudien entlassen. Das Lehrercollegium bestand aus
den Herren Director Dr Held, Prorector Dr Schmidt, Conrector
Rösinger, Oberlehrer Dr Golisch, ferner aus den Gymnasiallehrern
Dr Hiidebrand, Freyer, Dr.Dahleke, Dr Schäfer und dem
Hülfslehrer Bisch off. Den evangelischen Religionsunterricht in IV
erteiUe Archidiaconus Rolffs, in den übrigen Klassen lag derselbe in
den Händen der Ordinarien , den katholischen Religionsunterricht gab
in 3 Abteilungen zu je 2 Klassen der Oberkaplan Kiesel, den Turn-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 45
Unterricht, -welcher nur im Sommerhalbjahr betriehen wird, leitete der
Stadtscluillehrer Am sei. Der Schulamt.scanr'idat Wild, welcher sein
Probejahr an dieser Anstalt zu Anfani^e des Kalenderjahres 1859 be-
gonnen hatte, folgte zu Michaelis einem Hufe als Collaborator am könig-
lichen fJymnasium zu Hirschberg. Oeffentliche Schulfeierliehkeiten waren
der Hahn -Otto 'sehe Prämial-Redeactus am 14. Juli, zu dem Prorector
l)r Schmidt durch ein Programm eingeladen hatte, welches Mittei-
lungen über verwandtschaftliche Verbindungen der Hohenzollern, nament-
lich der Karlinie, mit schlesischen Fürstenhäusern enthält. Derselbe
erörterte bei dieser Gelegenheit in freier Kede das Thema: 'In welcher
Weise können Freunde und Gönner das Gedeihen einer gelehrten An-
stalt fördern?' Ferner der Geburtstag Sr Majestät des Königs am
15. October , wobei Director Dr Held über das Glück der Völker
sprach, deren Fürsten sich die Pflege der Wissenschaften und die Er-
ziehung der Jugend zu einem vorzüglichen Gegenstande ihrer Fürsorge
machen, dann das Schillerfest am l(*. November, wobei der Gymnasial-
lehrer Dr Dahleke einen Vortrag über Schillers Leben und Wirken
hielt , das Heydianum am 20. Deceraber , zu dessen Feier der Director
die Frage behandelte, woher es gekommen sei, dasz in Gymnasien der
lateinischen Sprache im Sprachunterricht die gröste Bevorzugung zu
Teil geworden ist, endlich das Stiftungsfest des Gymnasiums am 2ß.
Januar, an welchem der Prorector die Verdienste Melanchthons um das
deutsche Schulwesen in den Hauptzügen schilderte. — Zu der silbernen
Directorats- Jubelfeier des Gymnasialdlrector Dr Julius Held, welche
am 7. April 185U in angemessener Weise begangen wurde, hatte der
Prorector Dr Julius Schmidt im Namen des LehrercoUegiums und
der Patronatsbehörde eine Gratulationsschrift durch den Druck ver-
öffentlicht , welche ein Thema aus der vaterländischen Geschichte mit
Hervorhebung einiger bisher zum Teil weniger beachteten Momente
beleuchtet: dei^ in der kurbrandenimrgischen Linie der Hohenzollern im
Jahre 1613 erfolgte Confessionswechsel (lU S.) Eing.
Ulm.] Am dasigen königlichen Gymnasium war wärend des Schul-
jahrs 1859 — fiO der Professor Dr Hassler beurlaubt und erhielt später
den Urlaub auf unbestimmte Zeit verlängert. Am H. März 1860 wurde
der Professor Strodtbeck, nachdem er längere Zeit erkrankt gewesen,
in den Ruhestand versetzt. Der Lehramtscandidat Lamparter, wel-
cher für Professor Dr Hassler fungierte, wurde am 24. Sept. 1859 als
Repetent nach Tübingen berufen, dann aber am 6. Oct. zum Amtsver-
weser im Obergymnasium der Professor K. Planck, bisher Lehrer der
VI. Kl. ernannt, worauf der Lehrer der III. Kl. Prof. Kapff proviso-
risch in die VI., Präceptoratsverweser Fischer in die III. Kl. traten.
Nach der Pensionierung des Prof. Strodtbeck wurde dessen Lehrstelle
am obern Gymnasium und das Amt des Klassenlehrers in VIII dem
Prof. Kapff übertragen, wärend Prof M. Planck in die VII. Klasse
vorrückte; dagegen erhielt der früher als Professoratsverweser an der
VIII. Kl. angestellte Dr Presse 1 als Amtsverweser die VI. Kl. An
die Stelle des Gymnasialvikar Zej^er, welcher zum Präceptor in Pful-
lingen gewählt war, trat der Lehramtscandidat Katz. Präceptor Wer-
ner endlich wurde von der II. Kl. zu der III, befördert. Es unterrich-
teten demnach am oberen Gymnasium der Rector Kern (als Klassen-
lehrer von X u. IX), Prof. Kapff (als Klassenlehrer von VIII), Prof.
M. Planck (als Klassenlehrer von VII), auszerdem die Professoren K.
Planck und Ofterdinger (Mathematik) und der Professoratsverweser
Dr Pres sei. Am mitteren Gymnasium arbeiteten der Professoratsver-
weser Dr Press el als Amtsverweser in VI, der Präceptor Reurlin als
Klassenlehrer in V und der Amtsverweser Fischer in Kl. IV, auszer-
46 Berichte über^gelehrle Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
dem der Garnisonspfarrer Heintzeler (Religion) und der Oberpräcep-
tor Scharpff. Die Lehrer des unteren Gymnasium waren Präceptor
Schultes in Kl. III, Präceptor Zell er in Kl. II, Präceptor AVerner
in Kl. I. Im Schönschreiben unterrichtete ferner der Oberpräceptor
Seharpf, im Singen der Musikdirector Dief fenbacher, im Turnen
Turnlehrer Jechle, im Zeichnen Zeichenlehrer Mauch. Unter der
Aufsicht des Gymnasialrectors stehen die zwei Elementarklassen, deren
Zweck die Vorbereitung ebenso für das Gymnasium , wie für die Real-
schule ist, die zweite vorläufig in zwei Parallelcötus geteilt. An ihnen
unterrichteten der Präceptor Pfähler und die Elementarlehrer Bauer
und Dürr. Von inneren Einrichtungen ist zu erwähnen, dasz die IV.
Klasse auch eine Stunde für Geographie bekam, so dasz von 3 eine für
Geschichte, eine für Geograpliie, die dritte zur Repetition in beiden
Fächern bestimmt ist. Die VII. und VIII. Klasse wurden für die Zeit,
dasz die Schülerzahl klein sei, im Griechischen vorläufig combiniert.
Die Schülerzahl war
X IX VIII VII VI V IV III II I Sa
Mich. 1859 6 6 7 II 15 20 2.t 38 33 33 194
Ostern 1860 8 7 12 11 14 21 35 32 34 34 208.
Die Elementarklassen waren von 160 besucht. Die wissenschaftliche
Beigabe zum Programm ist eine Abhandlung des Prof. Dr L. F. Ofter-
d inger: Beiträge zur Geschichte der griechischen Mathematik (18 S. 4 nebst
einer Figurentafel). Der Herr Verf. hat schon früher in einer Abhand-
lung in Grunerts Archiv der Mathematik V I (1844) einen Teil seiner
Untersuchungen über die Geschichte der Mathematik veröffentlicht und
dann in mehreren Recensionen und Aufsätzen in Magers pädagogischer
Revue 1841 — 50 gezeigt, wie die gefundenen Resultate pädagogisch zu
verwerthen seien. In der P^inleitung äuszert er sich S. II folgender-
maszen: ^Vergleicht man die Entdeckungen der griechischen Mathema-
tiker mit denen der Neuzeit, so haben die erstem hauptsächlich dar-
nach gestrebt, die Eigenschaften der Linien, Flächen und Körper zu
erforschen und dieselben zu beweisen, wozu sie sich der theoretischen
Analysis bedienten, welche also bei Abfassung ihrer Werke und bei
Erfindung der Mittelsätze eine bedeutende Rolle spielt und nicht für so
unbedeutend angesehen werden kann, wie manche neuere, z. B. Klügel,
es thun. Dagegen suchen die neueren Mathematiker allgemeine Metho-
den aufzustellen, wie Untersuchungen zu machen sind, aus denen sich
Eigenschaften der Linien, Flächen und Körper von selbst ergeben. Ar-
chimedes z. B. entdeckte vermittelst *■ der Anwendung von Sätzen der
Mechanik', dasz jeder parabolische Abschnitt gleich vier Dritteilen eines
Dreieck.s sei, das einerlei Grundlinie und gleiche Höhe mit dem Ab-
schnitt hat, und suchte dann durch die theoretische Analysis den Be-
weis dieses Satzes, wodurch er auf eine Reihe von Sätzen gekommen
ist, welche er alsdann synthetisch zusammenfügte. Auf diese Art führt
Archimedes in seiner Schrift über die Quadratur der Parabel seine Leser
durch ein groszes Gebiet der Lehre von der Parabel und zeigt ohne die
Figur zu verlassen, verschiedene Eigenschaften dieser Curve, um end-
lich im 24sten Satz zum Beweis des obigen zu kommen. Ganz anders
verfährt man in der neueren Mathematik: hier sucht man mit Hülfe der
Differential- und Integralrechnung eine Methode aufzustellen, wie die
Quadratur aller Curven zu vollziehen sei und findet dadiirch als Bei-
spiel in ein paar Linien obigen Satz. Die alte Mathematik hat daher
einen viel weitern Weg zurückzulegen , als die neuere. Einer, der nach
der ersteren geht, gleicht einem Wanderer, welcher ein Land nach allen
Richtungen durchzieht und es deswegen durch eigene Anschauung voll-
kommen kennen lernt, wo hingegen der, welcher den Weg der neueren
Mathematik wandert, einem Reisenden gleicht, welcher nie die Eisen-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slatist. Notizen. 47
bahn verlilszt und deswegen schneller zum Ziel kommt, manche öde Ge-
gend nicht sieht, aber eben so wenig als die schönen, welche zufällig
nicht an der Eisenbahn liegen. Er lernt hüchstens die, welche an der
Eisenbahn sind, die Wagen und einige Stationen, nie aber das Land
kennen. Das Talent allein kann Entdeckungen machen, und man kann
daher weder lehren, wie man dieselben in der alten machte, noch wie
man sie in der neueren Mathematik macht. Dagegen kann die Geschichte
zeigen, wie das Talent auf die Entdeckungen gekommen ist.' Es wird
nun in der Abhandlung die Darstellung der allgemeinen Methoden,
welche im Altertum gebraucht wurden, vorgelegt und zwar handelt § 1
über die theoretische Analysis; § 2 über die Zusamment'ügung der durch
die Analysis gefundenen Sätze oder über die Synthesis; § 3 vom Zu-
sammenfügen der Sätze und dem Auffinden neuer Wahrheiten durch die
philosophische Methode; § 4 über die Auffindung der ersten Sätze der
Analysis; § 5 von der problematischen Analysis; § 6 über die Auffindung
der Analysis; § 7 über Data und Orte; § 8 von den geometrischen Auf-
gaben des ApoUouius. Für die Zukunft behält sich der Hr Verf. Unter-
suchungen über einige specielle Methoden der griechischen Mathematik,
wie z.B. Exhaustionsmethode, Porismen usw., dann Analysen der ein-
zelnen Werke vor. Eine grosze und gründliche Belesenheit in der ma-
thematischen Litteratur überhaupt und der alten insbesondere, so wie
eine einfache und klare Darstellung machen die Abhandlung recht in-
teressant und schätzbar. Wir verweisen z. B. auf die Bemerkung S. 3
über a^f'wfio;, y.oiv<xl svvolkl und Xa^ßavo^sva. Hätte man die dort
bestimmten Bedeutungen fest und sicher erkannt, man würde nicht so
vornehm über vieles im Euklid abgesprochen haben. Der Hr Verf. hat
zwar hier unterlassen die Anwendung derartiger Untersuchungen auf
den mathematischen Unterricht zu zeigen, aber doch in der Einleitung
S. III und IV einige Bemerkungen gegeben, welche alle Beachtung ver-
dienen. Es wird bekannt sein, dasz er ein entschiedener Anhänger der
genetischen Methode ist, aber auch der theoretischen Analysis. Warend
er beklagt, dasz die letztere nicht viele Freunde gewonnen habe, tadelt
er dasz viele Lehrer gar zu eifrig für die genetische Methode kämpfen,
und die syntlietische deshalb blindlings verdammen, ohne zu bedenken,
dasz sie sich dadurch gerade um einen schönen Teil des mathematischen
Wissens bringen , der gerade beim Unterricht sehr fruchtbar ist. Eben
so entschieden weist er diejenigen zurück, welche das Wesen der gene-
tischen Methode darein setzen , den mathematischen Unterricht auf ir-
gend ein philosophisches System zu basieren, und welche meinen, dasz
man nach einem synthetisch abgefaszten Lehrbuch einen genetischen
Unterricht erteilen könne, wie er die bekämpft, welche das Wesen der
Synthesis verkennen und nicht darin eine durch die Analysis bestimmte
Notwendigkeit sehen, von der sich nur derjenige entfernt, welcher kei-
nen Begriff von einer wissenschaftlichen Auffassung hat. Der Hr Verf.
wünscht denn durch seine Schrift namentlich jüngere Mathematiker zu
veranlassen, die Bedeutung der Methoden und der Schriften des Alter-
tums sich klar zu machen und die letzteren zu studieren, wozu wir
ihm den besten Erfolg wünschen. Wenn wir bei jedem Unterricht das
zu bildende Subject vor allem ins Auge zu fassen haben, so ergibt sich
leicht, dasz man mit den Methoden, welche die Wissenschaft für sich
geschaffen hat , recht viel Schaden thun kann. Es hat sich auf dem
Gebiete des Geschichtsunterricht angefangen die Ueberzeugung Geltung
zu verschaffen, dasz man mit den wissenschaftlichen Betrachtungsweisen
in der Schule nichts erreiche als hohles Phrasenwerk und eiteln Dünkel,
und dasz man vielmehr die Uebung in richtiger Auffassung des über-
lieferten Factischen zu bezwecken, dasz man vielmehr gründlichere
Specialgeschichte als allgemeine Weltgeschichte zu betreiben und vorher
48 Personalnotizen.
in die Geschiclitsüberlieferung der Völker, dann erst in die Beurteilung
einzufüliren habe. Dem Ref. will es nun auch bedanken, als wenn man
in der Mathematik nicht das pädagogisch Richtige thue , wenn man den
Unterricht sofort und consequent nach den neuesten Methoden erteilt,
dasz die schwerfälligeren Wege, auf denen die alten Mathematiker
wandelten , gerade der wahren Bildung des jugendlichen Geistes zuträg-
licher sein möchten , als die so unendlich vervollkommneten der Neuzeit.
So wenig wie wir denen beistimmen können, welche den ganzen geo-
metrischen Unterricht auf die Elemente des Euklid beschränkt wissen
wollen, so wenig vermögen wir die Behauptung zu begreifen, dasz seine
Methode gänzlich zu verlassen , nicht in einzelnen Fällen die gerade
dem zu bildenden Schüler angemessene sei. Der mathematische Unter-
richt in den Gymnasien hat bedeutende Fortschritte gemacht, wie wir
auf das bereitwilligste anerkennen, aber davon: ihre eigene Unterrichts-
methode weniger von der wissenschaftlichen Ueberzeugung als von dem
Fassungsvermögen und dem geistigen Standpunkt der Schüler abhängig
zu machen , scheinen uns doch viele Lehrer noch weit entfernt. Nichts
aber hilft dazu mehr, als das Studium der Geschichte, welche die Wis
senschaft selbst gehabt hat, und im Hinblick darauf wünschen wir die
Untersuchungen des Herrn Prof. Dr Ofterdinger beachtet zu sehn.
R. D.
Personainotizen.
Ernennung^en, BefiirderangeD , Versetzungen:
Bröse, SchACand., als ordentl. Lehrer am Gymnasium zu Stralsund
angestellt. — Hoppe, Dr, Privatdocent und erster Assistent bei dem
Institut für pathologische Anatomie in Berlin, zugleich zum ao. Prof.
in der medicinischen Facultät der dasigen Universität ernannt. —
Seh m öl der s, Dr, ao. Prof., zum ordentl. Prof. in der philos. Facultät
der Univers. Breslau ernannt. — Wieszner, Dr, als CoUaborator am
Elisabeth-Gymnasium in Breslau angestellt.
Pensioniert:
Dr Uli mann, Prälat und Director des evangelischen Oberkirchen-
ratbs in Karlsruhe.
Gestorben :
Am 5. Nov. bei Schiras in Persien der um die Wissenschaften viel-
fach verdiente königl. preuszische Ministerresident v. Minutoli. —
Am 13. Nov. im Staate Indiana in Nordamerika der bekannte Geolog
Dr David Dale Owen. — Am 25. Nov. in Mergentheim der berühmte
Reisende und Naturforscher Herzog Paul von Württemberg, geb.
am 25. Juni 1797. — Am 28. Nov. in Bonn der wirkliche Geh. Rath
Freiherr Josias von Buusen, geboren zu Korbach in Waldeck den
25. August 1791. — Im Nov. in Warschau der dasige Prof. der Chemie
Dr Theophil Lesin ski. — Am 2. Decbr in Wiesbaden der von 1848
her bekannte Dr theol. Karl Jürgens, geb. 1800 in Braunschweig.—
An demselben Tage in Tübingen der berühmte Gründer einer eigenen
theologischen Schule, Prof. theol. Dr Ferd. Christi, von Baur, geb.
am 21. Juni 1792. — Am 4. Decbr in Berlin Dr Karl Albert Aga-
thon Benary, Prof. am Kölnischen Realgymnasium und Privatdocent
an der Universität, geb. 1807 in Kassel. — Am 5. Decbr in Bonn eine
der ehrwürdigsten Säulen deutschen Wesens und deutscher Wissenschaft
Hof rath Prof. Dr D ah Im an n, nachdem er kurz vorher durch die Ver-
leihung des rothen Adlerordens 3r Kl. mit der Schleife eine Anerken-
nung seiner Verdienste erhalten hatte. — Am 20. Decbr in Altenburg
der Prof. Dr Irenäus Gersdorf im 5 Isten Lebensjahre.
Zweite Abteilimg:
für Gymnasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Ausschlusz der classischen Philologie,
herausgegeben von Rudolph Diefscb.
3.
Die Ergebnisse der historischen Sprachvergleichung- und
der Unterricht in der Muttersprache im Gymnasium.
Sobald zwei Völker in feindliche oder friedliche Berührung- zu
einander treten, erzeugt die Not sofort eine Art von Sprachver-
gleichung-. Die ersten Versuche sind, wie in urällester Zeit, so noch
in unserer zunächst auf das notwendigste Bedürfnis gegenseifiger
Verständigung beschränkt, blos praktischen Zwecken dienstbar, roh,
bald mehr bald niinder zutreffend. Dies die Quelle der Kunst
des Dolmetschers. Noch heutigen Tages nehmen Reisende und
Missionäre, die uns mit zeither unbekannten Sprachen zuerst bekannt
machen, denselben Standpunkt ein, d. h. sie dienen späteren Reisenden
gewissermaszen als Dolmetscher.
Als aber im Verlaufe der Zeit die Berührungen der Völker häu-
figer und inniger wurden , da reichte das Gedächtnis und die Zahl der
Dolmetscher nicht mehr dazu aus, das sich steigernde Bedürfnis der
Mitteilung zwischen Menschen und Völkern verschiedener Zunge zu
befriedigen und die Masse des sich darbietenden Stoffes, der allmählich
weit über das erste, praktisehe Bedürfnis hinaus gewachsen war, fest-
zuhalten und zu bewältigen. So trat nach Erfindung der Schrift an die
Stelle der mündlichen Sprachvergleichung, d. h. des Dolmetschers,
die schriftliche; es entstanden die Glossare, Vocabularien und Wörter-
bücher. Und in der That der Lexikograph unterscheidet sich, ehe sich
seine Kunst zu einer wahren Wissenschait ausbildet, wesentlich in
nichts von dem Dolmetscher; denn was dieser durch die mündliche
Rede, ganz dasselbe bezweckt jener durch die Schrift.
Wie fast in allen andern Künsten und Wissenschaften, so sind
auch in dieser schriftlichen Kunst des Dolmetschers, d. h.
der Lexikographie, die Griechen und Römer unsere Lehrer gewesen
und haben zwei Jahrtausende hindurch als Muster und Vorbild ge-
golten. So lehnt sich noch das erste namhafte hochdeutsche Wörter-
N. Jahrb. f, Phil. u. Päd. 11, Abt. Ibül. Hft 2. 4
50 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mullersprache.
buch*) nicht blos an das von diesen zwei Völkern überkommene Ver-
fahren ängstlich an, sondern will, wie früher die Glossare der Möncho
und weit später noch bis ins 18e Jalirluindert hinein die Mehrzahl der
Lexika, nicht sowol die Kenntnis der Muttersprache, als die der latei-
nischen fördern. — Wie ausreichend, wie zweckentsprechend und
vortrelTlich in ihrer Art die lexikalischen Arbeilen der Griechen und
Homer gewesen sind, dafür spricht das zweilausendjährige uner-
schütterle Ansehen, in dem sie trotz der von Grund aus veränderten
Wellanschauung der ganzen Menschheit bei allen gebildeten Völkern
bis auf unsere Tage gestanden haben. Längst hat sich der geogra-
phische Gesichtskreis weit über die engen Schranken, in welche die
Völker- und Sprachonkunde jener eingezwängt war, ausgedehnl; längst
hat die Geschichle die Verwandtschaft violer, in späterer Zeit von
einander weit abwohnender Nationen und ihrer Sprachen unwiderleg-
lich dargethan und das Christentum den gegen fremde Nationen sich
streng abschlieszenden Nationalstolz der beiden alten Völker ge-
schwächt oder ganz vernichtet — aber trotzdem ist bis in unsere
Zeilen die lexikalische Methode der Griechen und Kömer unverrückt
in Gellung geblieben. Selbst jetzt — nach den reichen, fruchtbaren
Ergebnissen der neuen sprachvergleiclienden Wissenschaft innerhalb
der letzten Jahrzehende — selbst jetzt noch sträubt sich die grqszo
Mehrzahl der Gelehrten den beschränkten Standpunkt, von dem aus
jene Völker die Sprachen zu vergleichen gezwungen waren, aufzu-
gehen, geblendet von den auszeroi-dentlichen Leistungen, die sie trotz
ihrer überaus geringen Mitlei, begünstigt durch die glücklichste Com-
binalionsgabe, auf diesem Felde der Wissenschaft zuwege gebracht
haben. Aber ihre lexikalischen Leistungen, Muster und Vorbild für
die abgelaufenen zwei Jahrtausende, sind gleichwol ein Erzeugnis
ihrer Zeit und mithin nicht maszgebend für alle folgenden. Oder
sollen, ja können wir, wenn wir es wollten, auch heute noch, wo sich
die Sprachvergleichung über die ganze Erde auszubreiten anfängt,
auf dem beschränkten Standpunkte derselben für immer stehen blei-
ben? Das erscheint bei der oberflächlichsten Betrachtung ein Ding
der Unmöglichkeit.
Der Grundfehler, in den die beiden allen Völker und alle Lexiko-
graphen, die sich zeither eng an sie angelehnt, verfallen musten, läszt
sich kurz so zusammenfassen: die griechisch-römische Lexiko-
graphie ist, ohne sich zu einer wahren Wissenschaft erheben zu
können, auf dem Standpunkte des Dolmetschers stehen
geblieben. — Wenn den Dolmetscher die Schranken seines Ge-
dächtnisses hindern die Sprachvergleichung auszudehnen , so bildete
für die Griechen und Römer die Nationaleitelkeit eine noch gröszere
Schranke. Ihre Lexikographie muste , da sie sich in die beiden nicht
*) Petrus Dasypodius : dictionarium latinogermanicum et germanico-
latinum, in usum et gratiam germauicae pubis summa diligentia conglu-
liuatiini. Argentorati per Wendelium Rilielium 1535, 36, 37; vgl. die
Vorrede des Grimm'scheu Würterbuchs.
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mullersprache. 51
für barbarisch geltenden Sprachen einengte, einseitig werden. Diese
engen Grenzen hinderten nicht blos die Aussicht in fremde Sprachen,
auch wenn sie ganz nahe lagen, sondern zugleich die Einsicht in die
eigene. Ja der Nalionalstolz war dabei ein noch gröszeres Hemmnis
als die Gedächtnisschwäche des Dolmetschers. Denn was jetzt fast jeder
Keisende in zeither unbekannten Ländern thut, dasz er uns ein kleines
Vocabularium der Sprache des fremden Volkes entwirft, dasselbe zu
thun ist weder Alexander dem Groszen, noch dem Besieger Karthagos
und dem Eroberer Galliens eingefallen; selbst Tacitus, der die Nachbar-
völker und ihr geistiges Leben von einem freieren Gesichtspunkte aus
als alle seine Landsleute betrachtet — auch er hat uns nur einige we-
nige deutsche Worte und zwar in so ungetreuer Form hinterlassen,
dasz sie selbst für die neugewonnenen reichen Mittel der wissenschaft-
lichen Sprachvergleichung wahre Rätsel bilden. Dieser starre Natio-
nalstolz ist der Hauptgrund, warum beide Völker zur Begründung
gerade der lexikographischen Wissenschaft so wenig geeignet waren.
— Wer nur eine Sprache kennt — sagt Göthe — kennt keine. Aber
auch die Kenntnis zweier Sprachen, etwa der griechischen und latei-
nischen, reicht nicht aus zur Schöpfung einer wirklichen Sprachwissen-
schaft. Immerhin wird eine solche Bekanntschaft mit blos zwei
Sprachen, ohne in das Wesen des Wortes und der Sprache überhaupt
einzudringen, eine Art der Dolmetschung sein und bleiben müszen.
Wie sie eine tiefere Erfassung des Wesens der Sprache im allgemei-
nen, ja selbst im besondern nicht notwendig in sich schliesze, be-
weisen Sprachmeister und Frauen, die, eben weil sie sich mit ihrem
oberflächlichen Wissen begnügen und darin sicher fühlen, oft weit
geläufiger, fertiger dolmetschen, d. h. zwei Sprachen sprechen, als
gründlich geschulte Gelehrte.
Der Dolmetscher und die zeitherige, von den beiden alten Völkern
überkommene Sprachvergleichung überheben sich aber ferner beide
einer doppelten, dem Vergleicher unerläszlichen Mühe. Einmal be-
gnügen sie sich, ohne bis zur ersten, concreten, sinnlichen Bedeutung
vorzudringen, meist mit der später vorwaltenden Bedeutung des Wor-
tes. Dann nennen sie alles, was in die Regel des Lautes, wie sie diese
nach einer bestimmten immerhin kurzen Zeit der Sprache erdichten,
nicht ganz passen will, '^Ausnahme'. In dem Glauben, so die er-
dichtete Regel zu retten, lassen sie, unbekümmert um die Erklärung
des Lautwandels, die Unregelmäszigkeit des Lautes auf sich beruhen.
Aber woher in aller Welt sollen diese 'Ausnahmen' samt und son-
ders kommen? Ein Bund von Gelehrten, eine Akademie, kann vor-
schlagen ile , etre, j''avais statt isle, estre, j'avois zu sprechen und zu
schreiben und, was in Deutschland schon viel schwieriger wäre,
möglicherweise seinen Vorschlag durchführen. Wer aber will dem
ganzen Volke durch Rath oder Befehl Lautänderungen aufdrängen, die
dem waltenden Gesetze der Sprache zuwider, d. h. A u s n a h m e n wären.
Die Ausnahmen enthalten aber nicht Willkür, die alle Möglichkeit
der Erklärung ausschlösse. Sie erklären sich vielmehr meist aus dem
4*
52 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
älteren Stande der einen Sprache ; findet sich dort keine Auskunft,
dann wird eine andere verwandte Sprache eine ausreichende Analogie
darbieten und so den Ntrchweis der regelrichtigen Bildung auch der
sogenannten Ausnahmen ermöglichen. Die mehr dolmetschende
Lexikographie der Alten konnte und wollte fremde Sprachen nicht
benutzen und verschmähte es meist auch die eigene dabei zu Rathe
zu ziehen. Das Wort 'Aus nähme' ist aber ein unglücklich ge-
wähltes und die es so oft im Munde fuhren denken dabei an nichts
klares. Die Erörterung musz unten öfter auf dasseli)e zurückkommen,
die Sache ist aber an sich viel zu wichtig; daher schon hier wenig-
stens ein Beispiel, gleichviel aus welcher Sprache.
Die lateinischen Grammatiker z. B. lehren: ^die Steigernngs-
endungen derAdjectiva sind ior, issimus.' Aber kaum ist
die Regel erdichtet, so sind sie gezwungen eine grosze Menge von
'Ausnahmen' aufzustellen, die alle in die erdichtete Regel nicht
passen. Die unregelmäszigen Formen der Steigerung, d. h. die Aus-
nahmen, sind aber nicht etwa Neuerungen, sondern der Zeit ihrer
Entslebung nach meist uralt. Woher nun dieser Blisstand zwischen
der Regel und den vielen Ausnahmen? Antwort: wie der Dolmetscher,
so betrachten auch die lateinischen Grammatiker ihre Sprache als
etwas fertiges, nicht, wie sie sollten, als etwas geschi^cht-
lich gewordenes; demgemäsz erdichten sie die Regel nach dem
zeitweiligen Stande der Sprache, und zwar meist nach dem in der
klassischen Zeit. Was sich in sie nicht fügen will, das suchen sie
dadurch loszuwerden, dasz sie es als 'A usna h m e' neben die Regel
stellen. Verständigerweise kann man bei dem Worte doch nur an
Willkür, an falsche oder Misbildungen denken. Jede
Sprache gestaltet aber ihre Worte nach ihren eigenen Gesetzen; wo-
her also die Willkür, die vielen 'Ausnahmen'? Nun sobald man
nur den einsei ti gen Standpunkt aufgibt, fällt auch die Willkür mit
ihren Ausnahmen fort; denn diese hat nicht dieSpracheselbst
gesch a ff en , sondern die von den Gra m mati kern einseitig
er di chtete Regel. Begreiflicherweise läszt sich aber ein so ur-
sprüngliches formelles Lautverhältnis wie die Steigerung nur unter
Berücksichtigung verwandter Sprachen aufstellen; aber weder die
Griechen noch die Römer haben bei der Beschränktheit ihrer Sprachen-
kunde dies zu thun vermocht. Nach J. Grimm ergeben sich durch
Vergleichung mit den andern indoeuropäischen Sprachen zwei Bil-
dungsreihen der Steigerung, die nicht blos alle sogenannten
Ausnahmen der lateinischen Sprache erklären , sondern auch manche
Lautbildungen als Steiger nd e erkennen lassen, welche die lateinische
Grammatik als solche verkannte. Die zwei Reihen sind folgende:
Comparativus: Superlativus:
1) S (goth. z , später r) ST
11) R M (beide verstärkt = T + R u. T + M).*)
*) Die griechische Sprache folgt beiden Reihen, beschränkt der
Die Spraclivcrgleicluiiig iiiul der Unleiricht in dci Mullersprache. 53
Dariiacli ordnen sich die Ladtverhältnisse der lateinischen Sleiserunes-
endungen in folgender Weise:
A) C Olli pa r a ti vus :
a) K ^^ or, ior; niTn-or, alt-ior.
b) T + H = ter z. B. al-ter (gr. I'-te^o?, goth. aii-thar, nhd. ander);
Bedeutung: der eine von zweien, daher die comparalive Endung ;
ferner: mag-isfer (= ifjEvö-iGTSQog) , der gröszere , gewalligere
von zweien: l) Befehlshaber, 2) Gehorchende, Diener; min-
ister der kleinere, geringere, wiederum von zweien = l) Diener,
2) Herr; sin-isler, dex ter von den zwei Seiten des meiisch-
licheti Leibes. Ebenso comparativische Positive und Präpositio-
nen; ex-ter (terus) , posterus; in-ter von in gebildet = drinnen
zwischen zweien; ebenso sub-ter, in-tra, ul-lra , ex-tra , wo
überall der Begrilf der zwei der Bedeutung d^r Worte zu Grunde
liegt.
a) geminiert: R + R z. B. sup-er-ior, inf-er-ior; ahd.
inn-aro, inn-ar-oro; oder TU + h z. ß. ex-ter-ior, in-
ter-ior.
B) S u p e r 1 a t i V u s :
a) Ein f a ches M = umus, imus z. B. post-umus (oder pos-tumus,
so dasz es unter b gehörte?), min-umus, min-imus; inf imus,
sup-imus, wofür die Verkürzungen : imus, summus ; ferner pr-imus.
Bedeutung: wie die Ordinalzahl für die zwei eine compara-
tive Endung (al-ler, e-zsQog, goth. an-thar) verlangt, so die Or-
dinalzahl für die eins eine Superlative, was die verwandten
Sprachen bestätigen z. B. pr-imus, TCQ-cozog (:=: jr^-oraTOg, tiq-
orEpog) , litth. pir-mas , lett. pir-ms, goth. lautverschoben
fr-uma (ahd. nicht M , sondern nach Nr I ST = vur-ist := nhd.
Für-st). Von andern Ordinalzahlen gehören hieher : nov-imus
(= nonus), skr. nav-amas; dec-imus, skr. dasamas.
b) M verstärkt durch T -= tinius z. B. op-timus, ex-timus, dex-
timus, ul-timus, in-timus, sop-timus (eß-öo^og^ skr. sap-tanias) ;
oc-tavus (?) für oc-timus, skr. asch-tamas.
«) Analoger Lautwandel des T in S (=:simus), wie z. B. im
Supinum tum: sum und sonst oft; z. B. mag-sinius (maxi-
mus), prop-sinuis (proximus), pessimus, vic-e-simus, tric-
e-simus usw.
l) assimiliert: acer-simus , facil-simus (= acerri-
uuter Nr I, in der Regel der zweiten; z. B. zu I raxitov für za%L003V
{^(ioGcov, ebenso iiciGC<av, ßdßocov, naGOcov), Tartaros; v.ci%Lojv, H«MK7roff,
aQiGToq, ßslTiOTOg; zu II nur verstärkt TR Tmd TAI :r=: T?QOg, rarog
(für T.aiiTog); nur der Superlativ dß-So^og (= iTt-roiiog), lat. sep-timus,
skr. sap-tamas zeigt .statt des jüngeren raiirog , rarog die echte, alte
Form TM, uulienntlicher auch 6y-doog für oy-öouog, wie skr. asch-tamas
zeigt. Gerade die Formen auf tarog und öo^iog .sind uralt, können also
unmöglich Ausnahmen — da.s lieiszt doch — Neuerungen, Abweichungen
von der Regel der Sprache selbst sein.
54 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
mus, facillimus), super-rimus; Zusammenziehungen:
ex-fer-simus, ex-ter-rimus = extrenuis ; postreams,
' supremus.
2) geminie rt: R -j- Simus = ir-simus, is-simus,
nhd. inn-er-ste (nicht: inn-ste), all-issimus.
Was an Einzelnheiten hier, wo es nur auf ein Beispiel, nicht auf
völlige Erschöpfung der Sache ankommt, etwa vergessen wäre, ist bei
J. Grimm oder sicherlich bei den Sanskritanern zu finden. Bis auf
den Superlativ octavus, dessen seltsames v übrigens J. Grimm in
dem slav. Superlativ per-vgi ^= pr-imus aufgespürt hat, überall in den
lateinischen Steigerungsendungen keine Ausnahmen. Nur das von den
Grammatikern gerade als Regel aufgestellte issimus einzig und aliein
könnte man, wenn man wollte, eine Ausnahme nennen; sonst ist
der übrige Lautwandel durch ausreichende Analogien der lateinischen
und der verwandten Sprachen gedeckt. Aber auch dieses issimus
findet seine ausreichende Erklärung. Alle Sprachen lieben es die
Steigerung des Begriffes lautlich hervorzuheben, sei es durch Re-
duplication (Wirrwarr, murmur) oder Gemination (ex-ter-ior, ahd.
inn-ar-oro), sei es durch Wiederholung der Wurzel (aller-aller-gol-
denster). Das lateinische ir-simus, issimus ist aber eine solche, und
zwar, wie die uralten übrigen Bildungen daneben bezeugen, offenbar
nicht ursprüngliche, sondern erst viel später durchgedrungene Gemi-
nation der Endungen des Comparativus (ir) und des Superlativus
(simus), der unsere nhd. Gemination: inn-er-ste am nächsten zu
kommen scheint. — Oft bricht in dem geschichtlichen Verlaufe der
Sprache ein neuer Bildungstrieb hervor — hier die Vorliebe, die
Steigerung des Begriffes durch lautliche Doppelung zu kennzeichnen;
die neugeschaffenen Lautgebilde (= issimus) überwuchern dann all-
mählich die alten Spröszlinge (al-ter, mag-ister, pr-imus, inf-imus,
op-timus, sep-timus, mag-simus) und diese setzen nun als Reste des
früheren echten Bildungstriebes in der jüngeren Zeit der Sprache ihr
Dasein vereinzelt und kümmerlich fort*). Resultat: es gibt keine
Ausnahmen in den Sprachen in dem Sinne, wie siezeit-
her die dolmetsch ende Methode derSprachvergleichung
*) Selbst in der Steigerung der Adjectiva bonus, melior, optimus;
aya&dg, v.QSioacov , x^artöTOg; gut, besser, beste usw. kaun man nicht
regellose Willkür, d. h. Ausnahmen finden. Denn einmal folgen die
Endungen den oben angegebenen Bildungsreihen; freilich zeigt keine
lateinische Form dieser Adjectiva das issimus; aber eben dieser Umstand
ist ein klarer Beweis für das jüngere Alter dieser Endung. Was die
verschiedenen Wurzeln anbetrifft, so ist ja auch diese Thatsache
durch die Analogie der Pron. personal, (ego, mei, nos), des Verb, auxi-
liare (sum, fui) und anderer Verba (fero, tuli; oqccco, otpofiai, eidov;
goth. gagga, iddja) vollständig erklärt. Endlich wird eine Ausnahme,
die sich, wie hier bei diesen Adjectivis nicht blos durch die beiden
alten, sondern durch alle deutsche und slavische Sprachen gleichmäszig
hindurchzieht, offenbar zur Regel und deutet auf einen häufigeren Ge-
brauch in der gemeinsamen Ursprache.
Die Sprachvergleichung und der Unlerrichl in der Multersprache. 55
a u f g e f a s z t hat; die Ausnahme bedeutet vielmehr, wenn
sie nicht wie dann jedesmal nachzuweisende Jlisbildung enthält,
gerade die ältere, frühere Hegel. Soviel vorweg über das
Wort 'Au s nähme'.
Wenn der Dolmetscher und das zeitherige Verfahren der Lexiko-
graphen sich darin gleichen, dasz beide die Sprachvergleichung; auf
den kleinsten Kreis einengten; wenn ferner beide Laut und Sinn des
Wortes für etwas fertiges, feststehendes, nicht für etwas werdendes
hielten und demgemäsz einseilig und willkürlich ihre Uegeln bildeten
und alles damit nicht übereinstimmende durch das Wort Ausnahme
beseitigen zu können glaubten, so gibt es auszerdem einen dritten
noch wichtigeren und zugleich bedenklicheren Punkt, in dem beide
zusammentreffen. Der Dolmetscher ist zufrieden, wenn er das was
er denkt durch das zutreffende Wort der fremden Sprache mö<>lichst
genau ausdrückt, d. h. die ße d e ut u ng ist für ihn die Haupt-
sache, der Laut des Wortes die Nebensache. Trotz aller
nicht zu verkennenden Leistungen innerhalb der b e -
e n g e n d e n S c h r a n k e n i s t a u c h tl i e ä I f e r e L e x i k o g r a p h i e
auf diesem Standpunkte stehen geblieben.
Will man aber zwischen Laut und Bedeutung einen schärferen
Unterschied machen, so ist gerade der Laut der wichtigere Teil de»
Wortes. Von Sprache kann doch im Grunde nicht früiier die Kede
sein, als bis der Gedanke, in Laute gefaszt, an unser Ohr schlägt. Die
Quelle der Sprache ist einmal der in uns liegende Trieb der Mitteilung
nach auszen, sei es durch Geberde und Laut oder durch den Laut
allein; dann aber die vorausgesetzte Gewisheit, dasz der Laut von
unserer Umgebung ganz in dem Sinne, in dem wir ihn ausstoszen,
werde verstanden werden. An diese beiden Bedingungen sind die
ersten Versuche des Kindes im Sprechen gebunden, unter gleichen
Bedingungen alle Sprachen entstanden und individuell nach ver-
schiedenen Hichtungen gewachsen. Sobald das Kind Versuche macht
sich durch Laute nach auszen mitzuteilen, setzt es zugleich das Ver-
ständnis derselben bei seiner Umgebung voraus. Kann es über die
noch ungeüblen, ungeschmeidigen Organe nicht Herr werden , bringt
es den beabsichtigten Laut entweder gar nicht oder falsch, d. h. für
seine Umgebung unverstandlich — heraus, dann bricht es
gewissermaszen in Verzweiflung über die Ohnmacht seinen Willen
durchzusetzen, d. h. zu sprechen, in heftiges Weinen aus. Nicht blos
die Kinder, sondern auch manche Erwachsene, ja ganze Völker ver-
mögen es aber bei mangelhafter, energieloser Uebung einzelner Sprach-
organe überhaupt nicht gewisse Laute auszustoszen. So bilden sich
bei Kindern und Erwachsenen, welche dieselbe Sprache sprechen,
feinere Lautunterschiede. Diese Lautunterschiede treten aber in an-
dern verwandten Sprachen so individuell verschieden, so grell hervor,
dasz ganze Völker solche Laute nicht hervorbringen können, zu deren
leichtester Erzeugung andere durch energische Uebung von Jugend
auf ihre Sprachorgane gewöhnt haben. Wir Deutsche z. B. vermögen
56 Die Sprachvergleichung' und der Unterricht in der Muttersprache.
die vielen Zischlaute und das gestrichene 1 der Slaven, die Chinesen,
KafFern und Türken das R entweder gar nicht oder wenigstens nicht
im Anlaute der Worte auszusprechen; ja viele Völker Polynesiens be-
sitzen in ihrem ganzen Lautsysteme überhaupt nicht melir als 6 Conso-
nanten. — Dasz sich so schon uranfanglicli wie in der Kindersprache
so in der Sprache überhaupt grosze und auffällige Lautunterschiede
bilden musten, liegt klar am Tage; dasz Grammatik und Lexikographie
auf diese Unterschiede des Lautes von vorn herein ihre ganze, volle
Aufmerksamkeit richten müszen, ist ebenso einleuchtend. Trotzdem
haben aber beide zeilher gerade dem andern Teil des Wortes, nem-
lich der Bedeutung, eine so grosze Wichtigkeit beigelegt, dasz der
Laut dabei offenbar zu kurz kommen muste.
Auch die Philosophie , sobald sie an die Lösung des Rätsels von
der wunderbar innigen Verbindung des Lautes und Begriffs in
dem Worte mit Hand anzulegen anfleng, hat die Sachlage nicht ver-
ändert. Weil sie zeither in gleicher Weise die hohe Wichtigkeit des
Lautes verkannte und darum unterschätzte, so sind alle Versuche
einer sogenannten philosophischen Grammatik von Aristoteles an bis
auf Bernhardy und F. Becker verfrüht gewesen und darum inislungen.
Erst jetzt, wo Lexikographie und Grammatik anfangen sich über die
lautlich so verschiedenen Sprachen aller Erdteile auszudehnen und
einen Umfang gewinnen, wie ihn die Griechen und Römer und auch
Becker bei seinen ersten philosophischen Sprachstudien nicht ahnen
konnten, sammeln sich die Thatsachen so massenhaft an und bieten
nach allen Seiten hin einen so reichen Stoff, dasz die Philosophie nach
der bereits vollzogenen Erforschung der durch die Manigfaltig-
keit des Lautes bedingten Gesetze so vieler einzelner Sprachen mit
der Hoffnung auf Erfolg daran gehen kann, auf die Grundgesetze und
den Ursprung der Sprache überhaupt Rückschlüsse zu machen.
Das Wesen und die Eigentümlichkeit des Lautes, dieses einen
Teiles des Wortes, war noch nicht unbefangen genug beobachtet,
noch lange nicht genug erforscht, als F. Becker zu seinen philo-
sophischen Werken den ersten Grund legte. Es war natürlich dasz
er, wie alle vor ihm , auf die Bedeutung des Wortes , auf den Be-
griff, den Hauptaccent legte und so die unterscheidenden Merkmale
verkannte, die gerade dem Laute des Wortes eigentümlich sind.
Nach ihm decken sich Sprach- undDenkgesetze voll-
ständig. Aber dieser oberste Satz hebt im Grunde alle lautlich-
individuelle Entwicklung der Sprachen auf und tritt so in den
grellsten Gegensalz zu den Thalsachen. Das System dieses Gramma-
tikers , der für die Lösung eines der schwierigsten Rätsel die beste
Kraft seines Geistes in edlem Ringen nach der Wahrheit eingesetzt,
hat ein ganzes Menschenalter hindurch in hoher Geltung gestanden.
Je einseitiger Jahrtausende hindurch die Bedeutung des Wortes
als die Hauptsache, der Laut als die Nebensache gegolten, desto
erklärlicher ist der Beifall, den sein philosophisches System -ge-
funden.
Die SprachvergleicliiiDg und der Unterricht in der Muttersprache. 57
Es ist Dr H. S tei ntha Is Verdienst, das Spraclisystcni Beckers,
um den Laut des Wortes in das ihm gebärende Hecht
einzusetzen, in seinen Grundfesten zuerst angegrilFen und er-
schüttert zu Iiaben; vgl. weiter unten. Durch die, um es mild zu
sagen, unziemliche Art seines Kampfes gegen diesen Grammatiker hat
er es ührigens selbst verschuldet, wenn alle sittlich gebildeten Ge-
lehrten diesen seinen Sieg nur widerwillig anerkennen. Die Anhänger
Beckers aber, die er doch vorzugsweise widerlegen, d. h. für seine
Ansicht gewinnen will , werden seine die Sache aufklärenden Bücher
unwillig zurückweisen.
Welche Macht der Wahrheit allein innewohnt, wie siegreich sie
vordringt, auch wenn sie auf die Waffen des Spottes, Hohnes und
Uebermuts verzichtet ■ — das wird Herr Dr Stein thal an K. W. L.
Hey s e's jüngst herausgegebenem Werke: ^System der Sprach-
wissen seh a ft' — gewis noch zu seiner Freude erleben. Dessen
Erscheinen hat er nach dem Tode des Verfassers nur durch eine so sel-
tene aufopfernde Hingabe an das Werk eines Fremden ermöglicht, dasz
man sich mit ihm wegen des unziemlich geführten Kampfes gegen
Becker einigermaszen sittlich ausgesöhnt fühlt. — Heyse hat aher
in seinem Sprachsystem den Standpunkt des Dolmetschers, den
die ältere Sprachwissenschaft unbewust einnahm, völlig überwunden
und von den weitesten Aussichten , wie sie die dermalige Sprachver-
gleichung in reichster Fülle darbietet, ausgehend, gegenüber dem
minder faszbaren Teile des Wortes, der Bedeutung, das sinnliche,
concrete , leichter greifbare Element desselben, den Laut, und seine
geschichtliche Entwicklung, den Lautwandel, in sein volles Recht
eingesetzt und so ein Sprachsystem gegründet, von dem G. Curtius
ganz richtig urteilt, dasz es für lange Zeiten maszgebend sein werde.
Ist aber der Laut, wie He y se (S. 261) ganz richtig bemerkt,
in dar That früher da als der Begriff, entsteht er in dem
Kinde schon vor aller ßegriffsbildung als Ausdruck der
Empfindung des Begehrens, so erscheint die Grammatik,
die den Laut, mit der Lexikographie, welche die Bedeu-
tung des Wortes feststellt, gleich berechtigt, wenn
nicht gewichtiger; beide Wissenschaften setzen ein-
ander gegenseitig voraus. Was sich aber auf einem andern
Gebiete des Wissens ereignet, dasz man bis auf die neueste Zeit die
Geographie von der Geschichte, mit der jene innig zusammen-
hängt, lostrennte, ganz dasselbe ist auf dem Gebiete des Geistes und
der Sprachen mit der Grammatik und Lexikographie geschehen.
Laut und Bedeutung des Wortes sind aber wie Leib und. Seele
innig verbunden — es konnte daher nicht fehlen, dasz beide Wissen-
schaften, so lange sie getrennt gleichsam nebeneinander herliefen, in
der Irre giengen. Nun was Carl Ritter für die Geographie und die
Geschichte gethan, dasselbe haben W. Humboldt, J. Grimm und
Bopp, aufdie Geschichte des Lautes und seinen Wandel
sich stützend, für diese zwei Geisteswissenschaften geleistet. Bei-
58 Die Sprachvergleichung und der Unlerricht in der Mullersprache.
des groszartige Leistungen des menschlichen Geistes, von denen es
schwer zu sagen , welche gröszer — die eine durchweg gebärend
geschätzt und längst überall maszgebend, die andere trotz ihrer grosz-
artigen und reichen Ergebnisse noch wenig anerkannt, sogar vielfach
angezweifelt und nur spärlich von den beteiligten verwerlhet und
benutzt.
Aber dies kann und wird nicht mehr lange so bleiben; Behörden,
Schule und Lehrer mögen sich sträuben wie sie wollen, es wird allen
nichts helfen; sie werden an die mächtig herandrängende neue Sprach-
wissenschaft nolentes volentes herantreten miiszen. Auch die Ritter-
sche Grundansicht von dem innigen Verhällnis zwischen der Geographie
und der Geschichte halte anfänglich mit der Unkunde, althergebrachten
Vorurteilen und der vis inerliae zu kämpfen; da aber ihr Stoff band
greiflicher ist, gelangte sie eher zum Ziele und fand bald die nötige
Gunst der Schulbehörden, die zur Verbreitung neuer wissenschaftlicher
Ideen nur schwer zu entbehren, jedenfalls aber ein schnell wirksames
Hülfsmittel ist. — Anders mit der vergleichenden Sprach-
wissenschaft. Entweder sind die Begründer derselben zu bequem
oder zu stolz gewesen, Gunst und Beihülfe der leitenden Schulbehörden
nachzusuchen, oder sie haben die nachgesuchte nicht gefunden. Dies
zweite wäre übrigens leicht erklärlich. Denn wie die Lehrer der Gym-
nasien aus Vorliebe für die hergebrachte Methode den neuen Ldeeii,
schon um das eigene Besitztum , in dem sie sich zeither so sicher
gefühlt, zu retten, den passiven Widerstand der Gleichgültigkeit und
Trägheit und den Zweifel an der Sicherheit und der Möglichkeit der
praktischen Anwendung dieser neuen Ideen entgegensetzten — in ähn-
lichem Falle befanden sich mit dem gesamten Lehrstande auch die lei-
tenden Schulbehörden. Ja da an ihrer Spitze meist Männer in älteren
Jahren standen, deren w^issenschaftliche Vorbildung in die Zeit vor
dem Entstehen der neuen Sprachwissenschaft füllt, so ist es erklärlich,
dasz auch sie die Schule vor vom Lehrstande noch nicht anerkannten
Neuerungen schützen zu müszen für ihre Pflicht hielten. So hat denn
die vergleichende , historische Sprachwissenschaft bei Behörden und
Lehrern, um es deutsch herauszusagen, bis heute als gelehrter
Kram, mit dem man etwa an einer Universität Staat machen könnte,
gegolten und ist dies, was noch übler klingt, wirklich gewesen. Denn
gelehrten Kram musz man doch jede wissenschaftliche Idee nennen,
die in sich gar nicht die Energie trüge, Gemeingut der beteiligten zu
werden; jedenfalls so lange hat man das Recht dazu sie so zu nennen,
bis sie anfängt sich unter die beteiligten zu verbreiten. Die altklas-
sische Philologie aber Miat bis jetzt keinen thätigen Anteil genommen,
vielmehr bald nur die stumme, gleichgiltige Zuschauerin gespielt,
bald das ihr nicht zustehende Amt eines richterlichen Chorus sich an-
gemaszt.' Wenn nun jüngst im Gegensatze dazu Professor Haase
als Präsident der Pliilologenversammluiig zu Breslau vor wesentlich
dabei beteiligten Schulmännern, meist Gegnern der neuen Ideen, diesen
das Wort geredet: wenn Dove, unter den Berliner Rectoren irre ich
Die Sprachvergfeichung und der Unterriclit in der Muttersprache. 59
nicht der erste, in einer Amtsrede auf die Träger der neuen Sprach-
wissenschaft als Zierden seiner Universität im besondern hingewiesen
— so sind das bedeutsame, günstige Vorzeichen, dasz die gewaltige
Strömung der historischen Sprachvergleichung die eng gezogenen
Grenzen der zeitherigen einseitig dolmetschenden Sprachwissenschaft
zu überfluten beginnt und selbst die Aufmerksamkeit und Beachtung
hervorragender Männer auf dem Gebiete der Naturkunde bereits auf
sich lenkt.
Haben H. Steintlial und K. W. L. Heyse den Laut als das
jtQOXEQOv (vgl. weiter unten) in der Sprache psychologisch nachge-
wiesen, so war vor ihnen auf empirischem Wege die historische Sprach-
forschung bereits auf dasselbe Ziel losgesteuert; mit aller Macht hatte
sie sich auf den Laut des Wortes geworfen, von einseitiger, unhisto-
rischer Betrachtung seines Wandels in einer Sprache von vorn herein
ganz absehend. Was die historische Sprachforschung in der kurzen Zeit
weniger Jahrzehende geleistet, ist so groszartig und staunenswerth,
dasz die Abgunst, auf die sie bei Behörden und Lehrern zeither ge-
stoszen, nur durch die tausendjährige Geltung der Methode der älteren
Sprachvergleichung erklärlich wird. Auch waren die grundlegenden
Werke nicht auf sofortige praktische Anwendung angelegt und be-
rechnet; es bedurfte und bedarf auch jetzt noch, um die Ergebnisse
unter den beteiligten einzubürgern, der Mitwirkung pädagogi-
scher Kräfte, die sich erst allmählich bilden und schulen müszen.
Es dreht sich hier, wo es blos darauf abgesehen ist Schulmänner
auf die Ergebnisse der historischen Sprachwissenschaft durch Andeu-
tungen und Beispiele aufmerksam zu machen und so gleichgültige oder
Gegner für die Sache zu gewinnen, natürlich im wesentlichen
blos um die beiden alten und namentlich um die Mutter-
sprache, für welche letztere die meisten Vorarbeiten in mehr oder
minder gelungener Form vorliegen, so dasz sich jetzt auch der Auto-
didakt auf ein eingehenderes Studium der Grimmschen Grammatik
viel leichter als früher vorbereiten kann. Dasz diese Vorarbeiten so
lange auf sich warten lieszen und auch jetzt noch bisweilen nicht so,
wie es die groszarfigste Thatsache der Gegenwart auf dem ganzen
Gebiete der Geisteswissenschaften erheischt, beachtet und zu prak-
tischen Zweeken verwandt werden, liegt in der Natur der Sache, wie
sie bereits vorher angedeutet.
Auszerdem hat J. Grimm selbst gleich beim Beginn
dieser Studien seiner eigenen Sache durch die Bemer-
kung geschadet, dasz deutsche Grammatik in den Gym-
nasien nicht brauche gelehrt zu werden. Durch dieses sein
Wort wurden die Lehrer geirrt und die Behörden geneigt die neuen
Forschungen in Bausch und Bogen für gelehrten Kram zu halten und
die Schule vor Neuerungen so bedenklicher Art zu schützen und zu
bewahren. Aber. welche deutsche Grammatik hat J. Grimm ge-
meint? Nun — doch keine andere, als die er in den Gymnasien
etwa vorfand. Das war aber keine deutsche Grammatik, sondern
60 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Multersprache.
lateinische — nur so, dasz aus ihr die lateinischen Paradigmen
weggelassen waren. Wozu aber in aller Welt soll der Sextaner ler-
nen: der Vater, des Vaters, die Väter und so weiter, bis er
auf diesem qualvollen Wege endlich bei dem ungeheuerlichen
deutschen Futurum exactum *) ankommt? Das weisz er ja alles ganz
ebenso gut wie sein Lehrer von der 3Iutter her. Die grammatischen
Grundbegriffe, die Kunstausdriicke soll er sich nach den Lehren der
lateinischen Grammatik einprägen: warum zu demselben Zwecke noch
deutsche Grammatik treiben? Oder soll er lernen die Formen der
deutschen Worte sämtlich in Parade aufmarschieren zu lassen, so
leisten ja schon die lateinischen Paradigmen, denen die deutsche Ueber-
setzung beigefügt ist, ganz denselben Dienst. Passend erschiene eher
den Sextaner zu zwingen , statt eine solche Art deutscher Grammatik
zu lernen lieber selbst eine zu machen. Der Sextaner und Quintaner
könnte mündlich oder schriftlich alle diese Formen aus dem Ge-
dächtnisse selbst aneinander reihen, oder besser noch Sätze, wie er
sie oft von der Mutter gehört hat, bilden, in denen alle Formen eines
Wortes vorkämen. Fände der einzelne für diese oder jene Form kei-
nen entsprechenden Satz, so mögen die andern nachhelfen; die ganze
Klasse brächte mit vereinter Kraft das vollständige Paradigma der
DecUnalion und mit einiger Beihülfe auch das der Conjugation sicher-
lich zu Stande. Das wäre, so scheint es, eine passende, vielleicht
auch fördernde Aufgabe für solche Knaben. Aber das Erlernen sämt-
licher Formen, wie sie in der altern deutschen Grammatik aufgezählt
werden, ist widersinnig und verdummend; denn was man weisz, das
braucht man nicht zu lernen; der Knabe musz so an seinem wohler-
worbenen Wissen irre werden.
*) Was würde ein Dienstbote von seinem Herrn denken, der so
spräche: 'wenn ich den Brief werde geschrieben haben' —
oder gar : 'wenn der Brief von mir wird geschrieben worden
sein, so wirst du ihn auf die Post tragen'?? Nun da er mü-
de uts eh reden kann und deswegen keine fremde Redeweise kennt
und duldet, so wird er im Stilleu lachen und seinen Herrn für eineu
Deutsch verdreh er halten, wenn er nicht gar an etwas sclilimmeres
denkt. In 100 deutschen Büchern und in 100 Jahren wird man dieses
Futurum exactum nicht lesen und nicht sprechen hören; der unterzeich-
nete wenigstens, der einige Jahre über das halbe Hundert hinter sich
hat, erinnert sich nicht, auch nur einmal, wo Deutsche mit einander
redeten, diesem Ungeheuer von Tempus begegnet zu sein. Läszt es
sich bei unsern Klassikern dennoch hie und da auftreiben, so wollen
wir nicht vergessen, dasz sie alle durch die lateinische Schule gegangen
und dieses wunderliche Tempus nicht aus der deutschen Rede , sondern
aus der lateinischen Grammatik in Sexta gelernt haben. Für die we-
nigen Fälle, die z. B. Koch (deutsche Grammatik S. 123) aus Schiller
auftreibt , genügt das Praesens oder das umschreibende Perfectum voll
ständig. — Ungeheuerlicher noch ist freilich die Form, die der Knabe
als die letzte beim lateinischen Verbum zu lernen pflegt; denn das
Participium ' ein zu lobender ' (laudandus) ist falsch nach der Con-
struction, völlig undeutsch und daher dem Manne des Volkes ganz un-
bekannt und unverständlich.
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache. Gl
Es ist nur zu leicht erkliirlich, wie J. Grimm gerade bei seinen
ersten Forschungen über unsere Muttersprache ein Grauen vor dem
Betriebe einpr deutschen Grammatik überfiel, die vom lateini-
schen, also einem grundfalschen Standpunkte aus alles das
erklärte, was für den Knaben e i n e r E r k 1 ä r u n g durchaus
nicht bedurfte, dagegen alles und jedes echtdeutsche, was
von demselben Gesichtspunkte aus dunkel bleiben muste, ganz un-
erklärt rathlos bei Seite schob. Die lateinische und — in
einem Abstände von weit über 2000 Jahren — die neuhochdeutsche
Sprache sollten sich gleichen wie ein Ei dem andern und beide ganz
mit demselben Masze gemessen werden. Wo war hier eine Spur
geschichtlichen Sinnes, als ob 2000 Jahre an dem Menschen und seiner
Sprache, wärend alle Dinge im ewigen Wechsel kreisen, wandellos
vorüberzögen. Dunkel erinnere ich mich noch, welch' Kopfzerbrechen
und welches Misbehagen mir die Erlernung des laudavi, laudavisti
gegenüber dem deutschen : Mch habe, du hast gelobt' — längere
Zeit verursacht hat. Welcher Abstand beider Sprachen , für den Ver-
stand des Knaben unerfaszbar. Er findet: ich lob-e, du lob-est neben
laude, laud-as begreiflich; aber dasz die beiden grundverschiedenen
Perfecta einander decken sollen, wie es in seiner lateinischen Gram-
matik steht, das ist für ihn ein unlösbares Kätsel. Aber die frühere
lateinisch-deutsche Grammatik, wie sie J. Grimm vorfand —
löste sie etwa dem Knaben das Rätsel? Im Gegenteil rathlos liesz sie das
deutsche Tempus ganz unerklärt neben dem lateinischen stehen. Warum ?
Weil sie eben in der lateinischen Grammatik keinen Beirath fand oder
vielmehr diesen zu finden zu wenig scharfsichtig war. Das lateinische
laudavi, laudavisti war für die Erklärung natürlich ganz untauglich,
aber anders die Wendungen : teneo avem capfam (ich halte den Vogel
gefangen-en), murem captum (die Maus gefangene), babeo rem ex-
ploratam, cognitam (die Sache erforscht-e, erkannt-e), urbes obsessas
tenemus (die Städte eingeschlossene); vor allem; persuasum habeo,
von welchem neutralen Gebrauche im Deutschen die Abschleifung der
Geschlechtsendungen des prädicativen Accusativus des Participium aus-
gegangen ist. Auch der Lehrer des Lateinischen sollte — der deut-
schen Grammatik und der Muttersprache zu Liebe — gerade diese
Phrasen nicht erst in Tertia oder gar in Secunda , sondern schon in
Quarta besonders berücksichtigen und syntaktisch erklären; denn so
würde er den Schülern zeitig den Wahn benehmen, als habe diö
deutsche Sprache wie die lateinische sechs Tempora, wärend sie
nie mehr als zwei Zeiten besessen hat. An den Beispielen rem
exploratam ha beo , hominem captum teneo, denen sich die fran-
zösischen j'ai aime, aimee, aimes, aimees = habeo amat-um, am,
OS, as von selbst zugesellen, erkennt schon der Schüler in den mittlem
Klassen*), dasz jenes für ihn so rätselhafte: ich habe, du hast
*) Der Secundauer mag- dann aus seiner deutsehen Gram-
matik dazu lernen: ahd. er hapet in ginoman-an (habet eum captum),
sia ginoman-a (eam captam) , iz ginoman-az (id captum) usw.; der
62 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
gelobt kein Perfeclum vom Verbnm loben, sondern das Praesens von
haben ist. Alles historischen Sinnes bar und ledig, wüsten die
deutschen Grammatiker nicht, dasz zue»st die Mönche in den Klöstern,
später die Lehrer in den lateinischen Schulen für die Uebersetzung
lateinischer Schriften ins Deutsche — wol noch unter Einwirkung des
Französischen — die umschreibenden Tempora erst erfunden haben.
Dasz sie von dem doppelten Irtume, einmal dasz alles, was in der
lateinischen Grammatik stehe, genau auch in der deutschen stehen
müsze, dann dasz die deutsche Sprache nicht geworden, sondern fix
und fertig immer so wie unsere heutige gewesen sei, ausgiengen und
demgemäsz im etymologischen Teile 6 Tempora aufstellten, das
ist, so wenig die neuhochdeutschen und lateinischen Zeiten zu einander
passen, natürlich und wegen des falschen Standpunktes, den sie ein-
nahmen, auch erklärlich. Wenn aber jetzt noch deutsche Grammatiker
der historischen Schule alle 6 Tempora der Beihe nach gegen Grimms
Vorgang in den etymol ogis chen und nicht, wohin die umschrie-
benen alle gehören, in den syntaktischen Teil der Grammatik
aufnehmen, so ist dies unbegreiflich und zu tadeln. Was soll dies
Zugeständnis an die lateinische Grammatik? Es hilft nur die Ansicht
verbreiten, als habe irgend eine deutsche Sprache mehr als 2 Zeiten.
Der römische Knabe konnte sein laudavi, isti, it auch im etymolo-
gischen Teile der Grammatik verstehen; er hatte ja Subject und
Prädicat, die Ergänzung des Objects lag nahe und war leicht. Anders
im Neuhochdeutschen. Die deutschen mit sein, haben und werden zu-
sammengesetzten Tempora bedürfen einer synta k ti s chen Erklärung
und sind im etymologischen Teile dem Knaben jetzt um so weniger
verständlich, weil die ältere Endung für das Geschlecht (vgl. in der
Note das Beispiel) in unserer heutigen Sprache ganz abgeschliffen ist.
Von einer solchen Art deutscher Grammatik in den Gymnasien
wollte .1. Grimm nichts wissen und der Himmel schütze unsere Ju-
gend für immer davor. Aber das alte Vorurteil, die Sprache für etwas
fertiges, nicht für etwas gewordenes zu halten, weicht immer mehr
dem historischen, vergleichenden Verfahren; Grammatik und Lexiko-
graphie, Laut- und Bedeutungslehre durchdringen sich einander immer
inniger und, was wenigstens die Muttersprache betrifft, könnte nur die
ärgste Unwissenheit und der Unverstand es wagen, mit einer deutschen
Grammatik, die auf die Geschichte der Sprache gar keine Rücksicht
nähme, hervorzutreten oder sie Schülern aufzudrängen. Aber wenn
unsere Schüler aus der alten lateinisch -deutschen Grammatik statt zu
lernen unzählige Irtümer einsaugen musten, wollen wir sie ohne alle
Einsicht in die Methode der vergleichenden historischen Sprachwissen-
schaft aus der Schule in das Leben hinauslassen, damit sie, wenn nach
Primaner endlich ersieht aus dem goth. ina nam, eura cepi, ina namt,
eum cepisti, ina nam, eum cepit, ina nemum, eum cepimus usw., dasz
es nie mehr als zwei Zeiten gegeben hat; denn der gothischen Sprache,
also gerade der ältesten unter allen deutschen, fehlen alle diese um-
schriebenen Tempora des Activum.
Die Sprnchverg'loichnnff und dor Unterricht in der Miillerspracho. 63
kurzer Zeit die neue Lehre völlig durchdringt, verblülTt dastehen und
kopfscheu nicht wissen, wie sie dann als Autodidakten die nicht mehr
von der Hand zu weisende Sache angreifen sollen und vom ABC an
bis zur verwickeltsten syntaktischen Construclion eine unverantwort-
liche Unkuiide an den Tag legen.
Absichtlich sage ich: vom ABC an und nehme gerade dies als
Beispiel heraus, weil, wer das ABC seiner Muttersprache nicht kennt,
doch wahrlich nicht behaupten darf, es sei um seine Einsicht in die
Grammatik derselben wolil beslellt. Die Frage ist nun hierbei
nicht diese: willst du die Grimm 'sehe Orthographie annehmen
oder als Neuerung verwerfen und beim Alton bleiben? Das ist in
jedes Belieben gestellt; die Neuerung darf nicht anbefohlen werden,
sie musz sich trotz der groszen Hindernisse, welche ihr Unkunde und
Trägheit entgegenstellen, jedenfalls selbst helfen. Die Sache steht
aber ganz anders. Wer nemlich, ohne von der Grimm'schen
Grammatik Kenntnis zu nehmen, bei der allen Orthographie bleibt,
der weisz überhaupt wenig oder nichts vom deutschen ABC; es klingt
sonderbar, ja anmasziich, aber trotzdem ist es buchstäblich wahr.
Wiederum ist auch hier ein Haupthindernis der richtigen Erkenntnis
die Vorliebe für die lateinische Grammatik; was diese von den Buch-
staben ihrer Sprache lehrt oder nicht lehrt, ganz dasselbe soll die
deutsche Grammatik tbun oder lassen. Dazu tritt der Aberglaube an
die Möglichkeit, Natur und Wesen der deutschen Buchstaben ohne
geschichtliche Vergleichung verstehen und feststellen zu können, als
wäre unsere Sprache nicht allmählich geworden, sondern immer so
wie heute fix und fertig gewesen. Die Folge davon ist: die Gegner
sehen in der Grimm'schen Orthographie eine Neuerung, wie sie
viele andere — aber ohne alle und jede nötige Vorbildung und Be-
rechtigung — auch vor J. Grimm gewagt haben. Die grammatische
Begründung unserer Rechtschreibung ist aber zeifher grundsatzlos ge-
wesen und muste es sein, weil sie keine geschichtliche Grundlage
hatte. Die Grimm'sche Orthographie ist aber keine willkürliche
Neuerung, sondern ein auf neu entdeckten groszartigen , zwingenden
Gesetzen beruhendes System. — Und doch glauben alle, die auch nur
die Stadtschule durchgemacht haben, über Orthographie mitsprechen
zu dürfen.
Aber da stoszen sie in der neuen deutschen Grammatik gleich
im Anfange auf den ebenso knappen als inhaltschweren Satz: die
Kurzen a, i, u bilden die Grundlage aller deutschen (ja
aller indo-enropäischen) Vocale. Dieser Satz, der ebenso gut in die
lateinische Grammatik gehört, stand früher weder in dieser noch
in der lateinisch-deutschen. Er musz dem Unkundigen auf den ersten
Anblick inhaltleer, unnütz, ja grundfalsch erscheinen — und
doch bildet er in Betreff des Vocalismus für die deutsche Grammatik
und Lexikographie, also natürlich auch für das ABC, eine der
vi'esentlichsten Grundlagen. Was soll das heiszen? — werden sie
fragen; wozu dieser allgemeine, inhaltloere Satz noch dazu an der
64 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
Spitze der ganzen Lehre vom ABC? Ist er aber nicht auch grund-
falsch? Wo bleibt denn unser nhd. Lieblingsvocal? Wie sollte nicht
gerade das E, nach dem ja Jean Paul mit richtigem Gefühle für den
Wohllaut unsere Sprache eine E-E-E-Sprache genannt hat' — wie sollte
dieser beliebte, durch die nhd. Rede weit verbreitete Vocal nicht
ursprünglich sein? Zweifelnd oder, wie es meist zu geschehen pflegt,
gerade in ihrer Unkunde sicher, werden sie uns den nhd. Satz ent-
gegenhalten : ^ e r weckte d e n e b e n g e n e s e n e n e I e n d e n M e n -
sehen' — und lachend fragen, wo bleibt denn da deine Grundlage
der Vocale, dein a, i, u, das du so seltsamerweise an die Spitze der
Lehre vom ABC stellst? Hier hast du ja einen ganzen vollen Satz und
kein einziges a, i, u, sondern nicht mehr und weniger als 15 E-Laute,
einen neben dem andern.
Statt etwa, wie sie ja sonst lieben — und was hier einmal ganz
passend wäre — die Sache von dem lateinischen Standpunkte aus zu
betrachten und Grammatik und Wörterbuch zu befragen, ob ein latei-
nischer Satz mit so vielen E-Lauten ('is inforlunatum viriini, vix dum
sanatum, somno suscitavit' — also auch nicht ein E!) irgend möglich
sei , und gerade dadurch an der Natur dieses deutschen Vocals irre
und stutzig zu werden, fühlen sie keine Veranlassung sich darum zu
bekümmern, wie und woher im auffälligsten Gegensatze zufallen
verwandten Sprachen diese Unmasse von E-Lauten in unsere nhd.
Sprache hereingeschneit sei und ob sie wirklich alle 1) gleich, alle
2) ursprünglich.*) Natürlich wer die tief eingreifenden, zum Teil
alle, zum Teil die jüngeren deutschen Sprachen beherselieuden Gesetze
l) des Ablauts, 2) der Brechung, 3) der Schwächung und
des Umlauts nicht kennt — Gesetze, die für tausende von deut-
schen Worten und ihren Lautgehalt die gemeinsame Regel in sich
fassen und die Grundlage des deutschen Vocalismus, also auch das
ABC bilden — wer diese Gesetze nicht kennt, dem bleibt diese Un-
zahl von E-Lauten nach Ursprung und Eigentümlichkeit völlig unbe-
greiflich. — Der Gegner mag, wenn er Lust hat, an seiner Unkunde
festhalten, aber über deutsche Orthographie mitzureden, hat er auch
nicht das entfernteste Recht; thut er es dennoch, nun so werden seine
Behauptungen bei seiner Unkunde der eben genannten Gesetze meist
eben so irrig als anmaszend sein.
Diese vielen E-Laute, zu denen in der nhd. Schrift noch das
zweite dem Laute nach nicht verschiedene Zeichen ä (mhd. durchweg
e geschrieben) hinzutritt, stehen nicht blos im ABC; sie treten dem
*) NHD.: Er — weckte —den — eben — genesenen— elenden— Menschen.
Goth.: Is — vakida — thana'-(ibns) — ganisana — (alilanti)— (manisks).
Die zweite Reihe beweist, dasz auch nicht e'in E-Laut in dem nhd. Satze
ursprünglich ist; sie sind sämtlich durch Brechung, Umlaut und
Schwächung aus den ursprünglichen i und a hervorgegangen. NB.
alid. alilanti, elilenti, mhd. eilend, nhd. elend = 1) ^andersländisch',
exul, 2) miser; goth. manisks = nhd. menschlich, ahd. meuisco =
nhd. Mensch; goth. adjectivum ibns = nhd. eben, wovon auch n-eben
c= ahd. in epan.
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mutlersprache, 65
Unkundigen überall, bei der Declination, Comparaliou, Conjugalioii
und üerivation störend und unbegreiflich in den Weg. Sie sind aber
sämtlich, wie schon angedeutet, nicht ursprünglich, sondern aus A
oder I entstanden. *) — Was sollte ferner der Lexikograpli mit allen
diesen vielen E anfangen, wenn er seine Thäligkeit von der Grammatik
und ihrer Hauptregel für den Vocalismus : 'die Kürzen a, i, u bil-
den die Grundlage aller deutschen Vocale' — loslösen und
nacli eigenem Belieben wie zeither verfahren wollte. Tausend Einzeln-
heiten würde er ohne die Kenntnis dieses und ähnlicher gleich wichtiger
Sätze der Grammatik, die alle zum deutschen ABC gehören, unerklärt
lassen nuiszen und überall den Faden verlieren , der ihn durch das
Labyrinth der deutschen Lautgehilde zu führen allein geeignet ist.
Nur die hohe Wichtigkeit dieser Gesetze und der innige Zusammen-
hang der zeither leider von einander gelrennten Wissenschaften der
Grammatik und Lexikographie erklären z. B. die Artikel A und E (und
in gleicher Weise auch die Artikel von den Consonanten B und D)
in dem Wörterbuche der Gebrüder Grimm. Der Unkundige wird
über Inhalt, Uinfang und Form dieser vier Artikel staunen und, weil er
die den manigfaltigsten Lautwandel erklärenden deutschen Grundge-
setze nicht kennt, ferner auch weil er ähnliches in seinem lateinischen
Lexikon nicht findet, die Zweckmäszigkeit der Fassung derselben in
Frage stellen, an ihrem Verständnisse verzweifeln und so das Buch
vielleicht für immer zumachen. Dieses wäre leicht erklärlich, aber
auch ebenso bedauerlich in der Wirkung, da sich unzählige andere
gerade auf diese vier Artikel zurückbeziehen.
Nun es gilt hier nicht eine deutsche Grammatik zu schreiben, son-
dern das völlig unzulängliche Verfahren der lateinisch-deutschen
Grammatik durch einzelne Andeutungen klar vor Augen zu legen;
darum nur noch ein Beispiel aus dem ABC. In dem ABC der altern
Grammatik stand eine Aspirata Th ; aber läszt man einen dieses Th
aussprechen, so hört auch das feinste Ohr eine blosze Tennis; thun
klingt ganz wie tun. Wo also über diese Muta Aufklärung suchen?
Die früheren Grammatiker giengen, wie die Katze um den Brei, so um
dieses Th herum und hielten entweder Schweigen für's beste, oder was
sie lehrten war grundfalsch. Wer sich darüber belehren will, was sie,
ohne den Nagel auf den Kopf zu treffen, über dieses Th hin und her
redeten, der findet dies bei Dr G. Michaelis (das Th in der deut-
schen Rechtschreibung. Berlin 1860) übersichtlich zusammengestellt.
Der Unkundige wird sich nun wundern, wenn J. Grimm in seiner
Grammatik sagt: du brauchst ja nur die gri echi sehe Sprache wegen
dieses nhd. Th um Rath zu fragen; die gibt dir eine so befriedigende
*) 1) Gebe, gibt, Gift; trete, tritl, Tritt; schlecht, schlicht; Erde,
irdisch; 2) i3etzen: Satz dicht neben .schätzen (ä = e) : Schatz; rennen,
rannte; senden, sandte; setzen: Luther 'die Jünger entsatzten sich';
Ann, Ermel; alt, älter, Eltern; Hand, Hände, behende; Vater, Väter,
Vetter; Mann, Männer, Mensch usw. Also überall kein ursprüngliches
E , sondern in allen Beispielen entweder i oder a.
. N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. 11. Abt. 1861. Hft 2. 5
OG Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
Antwort, dasz über die Natur dieser Mula kein Zweifel übrig bleibt.
Das Gesetz der Lautverschiebung beweist nemlich in überzeu-
gendster Weise, dasz dieses nhd. Th keine Aspirata, sondern eine
Tenuis ist, z. B. &vy(XT7jQ, goth. dauhtar, nhd. Tochter; ebenso &vqix,
golh. daur, nhd. Tor, Tür (Thor, Thür?), 'Q'iiQ, goth. dius, nhd. Tier
(Thier?). Der Unkundige wird sagen: sonderbar — wegen des
deutschen Buchstabens soll ich die grie chi s c he Grammatik um
Rath fragen. Die Sache ist aber umzukehren und vielmehr zu fragen;
warum fehlt dieses so hochwichtige Gesetz von der Lautverschie-
bung, das seinem Wesen nach durchaus kein einseitig deutsches ist
und, irre ich nicht, den Hauplaiislosz zu der gänzlichen Umänderung
der Sprachwissenschaft gegeben hat, immer noch in den lateinischen
und griechischen Grammatiken für die obern Klassen der Gymnasien,
wohin es durchaus gehört, wenn unsere Schüler die Verwandtschaft
aller drei Sprachen begreifen und selbst nachweisen lernen sollen?
Wie man hier nach der griech. Aspirata & die nhd. Tenuis T sicher
feststellen kann, ebenso lassen sich ja aus den deutschen Buchstaben
auf Laut und Bedeutung lateinischer und griechischer AVorte sichere
Rückschlüsse machen. — Diese zwei Beispiele aus dem ABC mögen
genügen. Ehe die Rede aber von der Sache abkommt, wäre noch ein
Punkt zu erörtern, auf den ich namentlich den für Vereinfachung der
Orthographie so rastlos kämpfenden Hrn Dr G. 3Iichaelis in Berlin
aufmerksam machen möchte, falls ihm diese Zeilen etwa zu Gesicht
kämen. Für Unkundige zunächst diese Bemerkung: J. Grimms ge-
schichtlich begründetes deutsches Buchstabensystem enthält durchweg
Vereinfachungen unserer Rechtschreibung, welche allesamt dem Kinde
und Ausländer das Lesen und Schreiben erleichtern. Hr Michaelis
betont auszer den Vorteilen für die Stenographie, die sich aus diesen
Vereinfachungen ergeben, die pädagogischen, und zwar mit Recht.
Aber die Sache hat noch eine andere Seite und erregt ein staals-
männisches Interesse, wahrlich nicht zu klein, dasz es der Minister
der Schulangelegenheiten selbst des gröszten Staates unbeachtet lassen
dürfte. — ■ Gelehrte gibt es in sehr vielen Staaten, auch in denen, wo
die Masse des Volkes noch ganz ungebildet und roh ist. Von Ge-
lehrten ist also hier nicht die Rede. Für alle aber bildet Lesen und
Schreiben die erste Bedingung höherer Bildung. Soll ein Volk in
Masse aus der Unkultur herauskommen, so musz es mit der Erlernung
des ABC beginnen, um dann zum Schreiben fortzuschreiten. Neben
uns Deutsche können sich nun unter den europäischen Völkern in
BetreiT der Bildung der Gesamtmasse des Volkes nur die Franzosen
und Engländer stellen. Aber Volkszählungen, Soldatenlisten, stati-
stische Uebersichten ergeben, dasz lange nicht soviel Franzosen und
Engländer lesen und noch viel weniger lesen und schreiben können
als Deutsche. Offenbar mögen hier andere Verhältnisse mitwirken;
der Hauptgrund des Unterschiedes liegt aber in den groszen Schwierig-
keiten, die dem Franzosen und Engländer seine Orthographie verur-
sacht und ihn namentlich nötigt viele Buchstaben, als stumme, nicht
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache. 67
zu lesen, aber doch zu schreiben. ■ — In England haben sich Minister
der auswärtigen Angelegenheiten sogar gemüs/.igt gesehen, diploma-
tischen Agenion bei anderweitiger Befähigung die Sicherheit in der
Uechtschreibung nachzusehen. Warum diese beiden Sprachen eine viel
schwierigere Orthographie haben, ist hier nicht zu erörtern. Mögen
beide Völker all ihren Scharfsinn daransetzen, wie es in England z. B.
Pitman und andere thun, um sie zu vereinlachen, damit nicht die
grosze Masse ihrer Landsleute von der ersten Bedingung der Bildung,
der Kenntnis des ABC, für immer ausgeschlossen bleibe. Aber auch
bei uns Deutschen — ist denn unsere zeitherige Orthographie so
überaus einfach und leicht, so ganz frei von unnützen Buchstaben,
dasz sie das Lesen und Schreiben zum allerleichtesten Kinderspiele
machte? Oder quälen nicht vielmehr die Lehrer der Stadt- und Dorf-
schule die Kinder mit einer groszen Zahl unnützer Schriftzeichen, mit
dem Erlernen vieler Regeln und hinterher gleich wieder vieler 'Aus-
nahmen', so dasz die Kinder darüber zum Teil verdummen, im besten
Falle die willkürliche Regel mit der Ausnahme lernen, um sie nach der
Schulzeit sofort wieder zu vergessen. Scheuen sich denn nicht sehr
viele Leute aus dem Volke auch nur einen Zettel, eine Quittung, einen
Brief zu schreiben, und zwar aus lauter Angst, ob sie die vielen ortho-
graphischen Regeln nicht längst vergessen? Wie leicht wird es ihnen
durch die Grimmische Orthographie gemacht. Sie brauchen dann
nicht mehr gegen ein Grundgesetz des Geistes, die Analogie, anders
zu schreiben als sie hören und nicht gegen den Reim bei ihrem Schrei-
ben zu verstoszen (warum ohne: schone, lohne? wahr: zwar?), der
doch für die ganze Orthographie das wesentlichste Kriterium bildet.
Wie lange freilich der alberne Satz noch walten wird, gleich-
klingende Worte von verschiedener Bedeutung müszen ver-
schieden geschrieben werden, so lange wird man die Kinder mit
diesen unnützen ganz regellos und willkürlich gebrauchten aa, ee,
00, ah, eh, oh, uh, ih, ieh neben den einfachen Vocalen quälen, das
in ihnen liegende Gesetz der Analogie von Jugend auf beirren und
schwächen und durch Verletzung der Forderungen des für die Ortho-
graphie maszgebenden Reimes ihren Sinn für Wohllaut ersticken.
Wahrlich für jeden Staatsmann, der auch für seinen ungebildeten,
aber bildungsfähigen Iiandsmann aus den unteren Schichten des Volkes
ein warmes Herz in seinem Busen schlagen fühlt — für jeden Staats-
mann dieser Art liegt hier noch ein gut Stück Arbeit vor — ganz
geeignet die Bildung aus den obern Klassen immer mehr auch in die
untern zu verbreiten und so das eigene Vaterland andern Völkern als
Muster und Vorbild voranleuchten zu lassen.
Aber die Schulbehörden — was sollen sie von diesem staats-
männischen Standpunkte aus thun? Etwa die Vereinfachung der Ortho-
graphie anbefehlen? Gewis nicht; das wäre bei der Zerrissenheit
Deutschlands unzweckmäszig und kaum erfolgreich, wie z. B. die
Anordnungen der hannoverschen Behörden , die nur nach einzelnen
Richtungen hin befriedigen und durch gegenseitige Nachgiebigkeil der
5*
/
6S Die Sprachvergloichnng und der Unlerriclit in d(>r Muttersprache.
Feststeller zu Stande gekommen sind, gonngsam dnriliun. Was not-
tluil, so sclieint es, ist dies : d io 13 eh ö rd en sollen dieCandi-
dalen zwingen, in derhislorisclien deutschen Grammatik
zugleich mit Berücksichtigung altdeutscher Schriften
eine Prüfung abzulegen, die jüngeren Lehrer an Gym-
nasien und Realschulen zur N a c h h o I u n g des versäumten
einladen und die älteren, die zur Selbstbelchrung in sich keine
Veranlassung fühlen, e i n s t w ei 1 e n ge w ä hr en lassen. Denn wer
in die historische deutsciie Grammatik auch nur einige Einsicht be-
sitzt, für den ist das ganze morsche und schwankende Gebäude un-
serer zeitherigen Orthographie bereits zusammengebrochen. So wür-
den unter Hinzutritt pädagogischer Kräfte, die zur Verbreifung der
Lehren der vergleichenden Sprachwissenschaft unumgänglich notwen-
dig sind, die neuen Ideen und die reichen, groszartigen Ergebnisse
derselben b;ild aufliören für gelehrten Kram zu gelten und immer mehr
Raum unter den beleiligten Schulmännern gewinnen, bis sie, was we-
nigstens die Vereinfachungen unserer Rechtschreibung betrifft, zur
wesentlichen Erleichterung der Lehrer und zum reichsten Segen der
Kinder in die Stadt- und Dorfschule eindringen. Art, Masz und Um-
fang dieser Vereinfachungen wird auch ohne die Behörden, ja im
äuszersfen Notfalle, was zu bedauern wäre, gegen sie unter Mitwir-
kung der durch die Prüfung der Candidaten neu gewonnenen pädago-
gischen Kräfte die Folgezeit bestimmen und festsetzen. Einstweilen
mögen die Sanskritaner und Germanisten, die groszen und auch die
kleinen, von denen gerade die letzteren oft ungestüme Forderungen
machen und allzu schartig aburteilen, die Bemühungen einzelner Gym-
nasiallehrer, die neben ihrer Hauptarbeit auf die Sache blos ihre
Muszestunden verwenden dürfen, thunlichst unterstützen, etwaige Ir-
tümer in Einzelnbcilen milde beurteilen tind die gute Absicist ermu-
tigen, die ja nur ihren Forschungen, weniger uns Lehrern zu Gute
kommt. Der Sanskritaner S te nzl e r in Breslau beurteilt in richtigem
Verständnis der Sache unsere Bemühungen von diesem Gesichtspunkte
aus; mögen die übrigen Sanskritaner und Germanisten seinem Beispiele
folgen; denn ohne Beihülfe pädagogischer Kräfte in dem Gymnasium
fehlt der sprachvergleichenden Wissenschaft die sichere Unterlage.
Um die völlige Unzulänglichkeit des früheren grammatischen Ver-
fahrens klar darzuthun, eignet sich vor allen andern Punkten ganz be-
sonders die deutsche Conjugation. Dasz keine deutsche Sprache mehr
als zwei Tempora hat, ist oben bereits beiläufig erwähnt; es bleiben
also nur die zwei Zeiten, welclie die deutsche Sprache wirklich be-
sitzt, übrig, das Praesens und Imperfeclum.
Was nun das Praesens betrifft, so kommen 4 Punkte in Betracht:
l) die Wurzel, 2) bei vielen Verbis der dori vierende Vocal, 3) der
Bindevocal, 4) die Endung. Von einer richtigen Ansicht aller dieser
vier Punkte in der älteren deutschen Grammatik nicht die leiseste
Spur. Natürlich! Wie sollten sich diese Lautverhältnisse, deren Ur-
sprung in die urälleste Zeit der Sprachbildiing zurückreicht, einseitig
Die Sprachvergleichung uiul der Unlcrrichl in der Miilfersprache. 69
an einer Sprache, noch dazu der allerjiingsten , der n e ii ho eh d en t-
schen, nachweisen lassen. Und das schlimmste war, dasz hier auch
das Vorbild der deutschen, die lateinische Grammatik, in Irtümern
hefangen war und sich nicht recht zu helfen und zu ratheu wüste.
Sie verkannte z. B. ad Punkt 2 und 3 Natur und Wesen des derivie-
renden und des Bindeyocals und stellte zur Qual der Sextaner vier
Conjugationen auf, wärend es nur zwei Conjiigationen, nemlich Vorbu
mit oder ohne d e r i v ie r en den Vocal, gibt. Die Folge war, dasz
die lateinische Grammatik Wurzelverba, z. B. da-re, !eg-e-re (^= Wur-
zel, liiudevocal, Endung), von derivierten Stämmen, z. ß. lauda,
mone, puni (= Wurzel und Derivalionsvocal) *), nicht scheiden konnte.
Die lateinisch-deutsche Grammatik folgte ihrem Vorbild auf dem Fusze
nach und versäumte es gleichfalls, die Derivata: sagen, loben,
streifen von den ganz verschiedenen W u r z e 1 v e r b i s : wachsen,
steigen, flieszen, geben, stehlen, singen zu unterscheiden.
Da bei den deutschen derivierten Verbis der deri vier ende
Vocal (vgl. weiter unten) jetzt ganz unkenntlich ist, so erscheint der
Irlum der frühern deutschen Grammatiker erklärlich und verzeihlich ;
bei den lateinischen ist er jedenfalls auffälliger.
Diese vier Punkte der deutschen Conjugation kann eine einseitige
Grammatik, gleichviel welche, nach allen Seiten hin genügend nicht
lösen, die Lösung war der historischen vorbehalten. Der Autodidakt
und auch der Unkundige, der sich eines Lehrers erfreut, sei
vorweg gewarnt, dasz er nicht fürchte in dem wogenden
Meere der vielen Wort formen, welche die Sprachvergleichung
aus allen Sprachen zusammenhäuft , gleichsam zu ertrinken.
Zunächst handelt es sich hitr ja blos um die Muttersprache und die
beiden alten, die alle drei dem Gymnasium nahe liegen. Dann bewäl-
tigen die neuen mit wunderbarem Scharfsinn entdeckten nicht zahl-
reichen Grundregeln der historischen Sprachforschung, deren energi-
scher Beihülfe die ältere Grammatik aller Sprachen zur Bewältigung
des überreichen Stoffes natürlich ganz entbehrte, solche Massen von
Einzelnheiten in so überschaulicher Weise, dasz der sogenannten
'Ausnahmen' immer weniger werden. — Schon früher hiesz es :
die deutsche, lateinische und griechische Sprache sind
*) Z. B. laiul-a-i-s (= 1) Wurzel, 2) Derivatious-, 3) Bindevocal,
4) Endung) = laudas; laud-a-(i)-t = laudSt; laud-a-i-mus = laud/imus ;
ebenso mon-e-i-s nz: inones, pun-i-i-s = puuis; also alle drei Verba keine
Wurzelverba, sondern, wie die griech. Verba contracta auf sco, ata, om,
Derivata. Die Contraction der derivierenden kurzen Vocale a, e, i mit
dem Bindevocale erzeugt die Längen a, e, i; nur in der 3n Pers. Sing, fällt
der Bindevocal per syncoi)en aus ; daher die Kürzen a , e , i in laudat,
mouet, punit. Dagegen i.st da-re, dessen vocaliseh auslautende Wurzel
keinen Bindevocal verlangte, ein Wurzelverbum und entbelirt, wie die
griecb. Verba auf (.n , den Bindevocal; daher das, damus, dabam, dabo,
da-e-re = däre. Die Länge des a in stäs, stäbam, stabo ist sehr auf-
fällig und nur durch den Einflusz der Analogie der groszen Masse der
Derivata auf a-e-re = äre erklärlieh.
70 Die Spraclivergleicining und der Unterricht in der Muttersprache.
mit einander verwandt. Nun machte einer die Probe mit den
Endungen der Conjugalion und stellte z. B. laud-o , mon-emus,
Tt;;rr-£T£, Xsy-ov6i mit unsern Formen: ich iob-e, wir erinner-n , ihr
schlag-t, sie sag-en zusammen. Die Folge war; kopfschüttelnd schob
er die Sache bei Seite und sagte lächelnd zu sich selbst: was doch
diese neuen Grammatiker für gelehrteSchrullen im Kopfe haben;
credat ludaeus Apella. — Aber auch die Kundigen werden über ihn
lachen, dasz er nemlich gegen das Gesetz der S chwä chung volle
Uebereinstimmung der nhd. , lat. und griech. Vocale in den Endungen
verlangt. Thatsächlich lachen also alle beide, der Unkundige und
der Kundige, einer über den andern. Wie nun? Wer von beiden wird
am längsten lachen? — Wie hat hier zu Punkt Nr 2 und 3 (= Deri-
vations- und Bindevocal) das von J. Grimm aufgestellte Gesetz der
Schwächung*) aufgeräumt und in die Masse der verschiedenartig-
sten Laute die notwendige Einheit gebracht. Wenn nun der Lehrer
ad vocem 'gelehrte Schrulle' seinen Primanern, natürlich nach-
dem sie schon in Secunda das Gesetz der Schwächung kennen ge-
lernt haben, die folgenden Paradigmata an die Tafel schriebe:
ahd. hapern, hapes, hapet, hapemes , hapet, hapent
lat. habeo, habes , habet, habemus, habetis, habent
ahd. svikem , svikes , sviket, svikemes, sviket, svikent
gr. 6iya(fit)jaiyag, öiyä, öiyrnfisv, oiyare, 6tya6t**)
goth. tugkja , tugkeis , tugkeith, thugkjam, Ihugkeith, thugkjand
gr. doxo), öoKSig, öoüet, öonov^sv, öonstts , öoKsovri
— so würden sie nicht lachen und die Zusammenstellung für eine
*) Nach diesem Gesetz , das — beiläufig gesagt — in die franzö-
sische Sjjrache noch viel gewaltsamer eingegriffen hat, schwächen sich
vom 9n Jabrh. an die Vocale der Endungen, und zwar lange wie kurze,
zu einförmigem , tonlosem E ab und fallen oft per syncopen oder apo-
copen ganz fort. Nur wirkliche Wurzeln wie her, tum, heit, sam, sal
und ähnliche Derivationsendungen haben sich bis heute die alten Vocale
enthalten, z. B. ahd. liob-osta = lieb-ste; vur-isto c=: Für-st; bet-ota,
bet-ete ; ant-i, Ende; erth-a, Erd-e; frid-u, Fried-e; erb-o , Erbe; also
die ahd. Vocale a, i, o und u sämtlich = nhd. E, oder wie in den
Worten: liebste, Fürst zum Teil weggefallen. **) Von Punkt Nr 4
(= Personalendung) findet sich weiter unten Gelegenheit zu sprechen;
daher hier nur kurz soviel: das ursprüngliche M der In Pers. Sing,
bezeugt das ahd. hapern, das griech. fit, die lat. uralten zwei Ueber-
reste sum und inquam und das einzige goth. im (= sifii); das T der
3n Pers. Sing, findet sich auszer im Griechischen überall; hier ist es
abgefallen, vgl. aber die Formen ti&r]6i , s&iXrjoi, wo, wie auch sonst,
6 für T steht, ferner iari, dor. ri'O'rjri. Endlich das NT der 3n Pers.
Plural, bezeugen auch für die griechische Sprache die Formen svri,
dovAovxi. Es bewährt sich also auch hier der Satz der neuen Sprach-
wissenschaft: gerade die sogenannten 'Ausnahmen' (didcofit,; sum,
inquam; goth. im; a&skrjOL, zi&r]Zi., saxt, doy.^OTri) bestätigen uns die
ältere ursprüngliche Eegel und verdienen eben deswegen bei der Fest-
stellung des Lautes in der jüngeren Zeit der Sprache die eingehendste
Beachtung.
Die Sprachvergleichiniff und der Unlerrichl in der Mutlerspruche. 71
'gelehrte Schrulle' halten. Bei der Vergleicimng mit den Kn-
dung-en unserer neuhochdeutschen Conjugalion erwartet der Schüler
nach dem Gesetz der Schwächung diesen vollen stark vocalischen
ahd. , golh., lat, und griech. Endungen gegenüber natürlich nichts an-
deres als lauter tonlose E. Hauptgrundsatz des Lehrers ist
hie bei: der Secundaner und Primaner musz die Grundregeln der
historischen Grammatik kennen, ehe er daran geht auch nur eine altere
Form, deutsche oder lateinische jind griechische, mit unsern heutigen
zu vergleichen. Denn das Gegenteil führte vom Ziele ab zu der schäd-
lichsten Ungründlichkeit und zu detn früheren Verfahren zurück, das
wir jü aus unserer Schulzeit kennen. Untiere Lehrer legten uns etwa
das goth. Vaterunser oder ein anderes altdeutsches Bruchstück vor
und lieszen die Schüler herumrathen und nach Gleichklängen der älte-
ren Worte und Formen mit unsern heutigen suchen. Was aber für
unsere Lehrer, denen zur Vorbereitung alle Mittel fehlten, kein Vor-
wurf war, das wäre für uns der ärgste. Ehe ein .solches Verfahren,
lieber gar keine Beachtung der älteren deutschen Sprache. Denn auf
diesem Wege wird weder die Einsicht in die ältere noch, was viel
schlimmer ist, das Verständnis unserer eigenen vermittelt und geför-
dert, vielmehr der Ungründlichkeit Thür und Thor geötfnet und dem
Schüler der Dünkel beigebracht, als versiehe und wisse er Dinge, die
ihm gänzlich unbekannt sind. Kennt dagegen der Schüler die Grund-
regeln , so braucht er nicht nach ungefähren Gleichklängen herumzu-
rathen; er ist vielmehr auch ohne Beihülfe des Lehrers im Stande, die
älteren Formen in die neueren mit Sicherheit umzusetzen. Zu dieser
Sicherheit musz im Gymnasium der Grund gelegt werden, soll der
Schüler auf der Universität nicht von vorn anfangen, was, wie die
vorliegenden Thatsachen zeigen, der allergeringste Teil der Sludenteu
zu thun geneigt ist. Auch später werden viele Studenten, wie zeilher,
die Sache liegen lassen; aber wenn ihnen durch eine sichere Vorbe-
reitung in dem Gymnasium die Möglichkeit und mit ihr ein gewisser
Anreiz geboten ist, diese Studien auf der Universität leichter und
müheloser zu verfolgen, so wird die Zahl der sich beteiligenden Stu-
denten sehr bald bedeutend wachsen, im schlimmsten Falle alle übrigen
von dem neuen veränderten Stande der ganzen Sprachwissenschaft doch
wenigstens eine solche Anschauung haben, dasz sie künftig, wenn die
neuen Ideen immer mehr in die Grammatik aller Sprachen vordringen,
der Sache nicht als völlige Ignoranten gegenüberstehen.
Vertraut mit den Grundregeln werden z. B. Primaner die Endun-
gen der obigen Paradigmen auch ohne Hülfe des Lehrers ins Neuhoch-
deutsche umzusetzen im Stande sein und nicht rathlos, wie die
ältere deutsche Grammatik, eine Vergleichung beider
umgehen müszen. Der Lehrer hat fast weiter nichts hinzuzusetzen
als dies: seit dem 9n Jahrh. tritt in der 2n Pers. Sing, an die Stelle des
s ein st, wie im lat. Ferfect sti für s; denn dasz M und N in den En-
dungen (ahd. hapemes, lat. habemus: nhd. wir hab-en*)) wechseln,
*) Wiederum bietet sich hier dem Lehrer Gelegenheit bei der söge-
72 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
ist dem Schüler nach der Lautverschiebung bekannt und auch das
Schwinden des T- Lautes in 3r Pers. Plur. (hupent, lat. habent: nhd,
sie hab-en) aus dem analogen Abfall der Endungen in verwandten
Sprachen (tttttoj: diä(0(.u; zvTtvet für Tvnreai^ rvTixei) leicht begreif-
lich. Ebenso wird sich schon der Secundaner den Vocalwechsel im
Praesens: sehe, siehst; nehme, nimmst; fechte, fichtst; lösche, lischst
durch das Gesetz der Brechung erklären und in den Formen: ich
darf, kann, mag, weisz, niusz , will, nicht wie die allere Grammatik
Praesentia, sondern wie in odi, coepi, memini Praeterita finden.
War das, was die ältere Grammatik über das deutsche Prae-
sens beibrachte, entweder und zwar bis auf das Paradigma über-
flüssig, da der jüngste Sextaner das alles so gut wie der Grammatiker
von seiner Mutter her weisz, oder auf der andern Seite völlig unzu-
länglich das echtdeutsche an der Sache zu erklären, so ergieng es
dem andern deutschen Tempus, dem Imperfectum, viel schlimmer.
Sie verglichen etwa lobte, sagte, klagte mit wuchs, stieg,'
flosz, gab, stahl, sang unter einander, suchten nun wie immer in
der lateinischen Grammatik nach analogen Formen und wandten sich,
da sie dort keine Spur*) davon fanden, wohin? Antwort: — es ist
kaum zu glauben — zur französischen Sprache tind Grammatik. Die
Tochter aber konnte, da schon die Muttersprache gar nichts analoges
besasz, noch viel weniger ähnliche Imperfecta bieten. Trotzdem ent-
lehnte man aus der französischen Grammatik E i n teil u n gs gr und
und Namen für die deutsche Conjugation und teilte die deutschen
Verba wie die französischen I) in regelmäszige und II) inun-
regelmäszige und glaubte so auf einmal alle Schwierigkeiten los
zu werden, die den Grammatikern das deutsche Imperfeclum machte.
Aber der Misgriff konnte nicht ärger sein. Der Begriff 'r egel -
mäszig' schlieszl in sich die Nebenbegriffe: l) ebenmäszig, das
heiszt hier wohllautend, ferner 2) ursprünglich, der Zeit nach
das ältere. Bei dem Begriffe ^unr egel m äsz ig' müsten wir dagegen
denken an l) Mi s laut, 2) spä teren U r spr u ng, 3) an eine be-
schränkte Zahl der Verba. Hier heiszt's aber nicht blos: omne
simile Claudicat, sondern der aus der französischen auf die
deutsche Grammatik übertragene Vergleich passt wie das fünfte
Rad an den Wagen. Alles ist beim deutschen Verbum ge-
nannten «'Ausnahme'; sie sin-d, der allereinzigen in unserer nhd.
Sprache, auf den Satz hinzudeuten, dasz die Ausnahme gerade die ältere
Regel bedeute. *) Teilt man nach Heyse (S. 457) die Tempora in
1) einfache: lego, legi, lese, las, 2) zusammengesetzte: sag-te,
Idacr-te, lob-te; lauda-b-am, lauda-v-i, und 3) umschreibende: lauda-
tus sum , TttvnnEvoi itci; ich bin gegangen, habe gelobt, werde loben,
werde gelobt (die sämtlich erst in der Syntaxis, niclit in dem etymolo-
gischen Teil der Grammatik eine genügende Erklärung finden), so kann
die latein. Sprache für die einfachen deutschen Imperfecta: sprach,
flosz, sang usw. kein Analogen bieten, denn sie besitzt auszer dem
allereinzigen er am (für esebam) von esum , sum, wovon auch das
einzige einfache Futurum ero kommt, überhaupt kein einfaches
Imperfectum.
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der JluUcrsprache. 73
rade umgekelirt. Die Imperfecta der sogenannten 'rcgelmäszi-
gen' Verba sind nicht wohllautend, sondern einförmig, mis-
tönend, darum den Dichter vielfach heengerul; weit gefehlt, älter,
ursprünglicher zu sein, sind sie sämtlicii zusammengesetzte Tem-
pora und kommen von Praesentibus, die samt und sonders Derivata sind.
Wie überall so kann sich der Lehrer auch hier zu I (='regel-
mäszige' Verba) nicht durch die Vergleicluiiig mit dem MHD., son-
dern nur mit dem Golhischen helfen, um diese ^regelmäszigen' Verba
als die minder wichtigen zu beseitigen und Natur und Wesen derselben
seinen Secundanern zu erklären. Er schreibt an die Tafel;
a) Gothischer Infinitivus:
Jan — on — an (hail-jan ; salb-on; lib-an)
(i-an '— o-an — ai-an).
b) Gothisches Imperfectum:
i-da — o-da — ai-da (hail-ida; salb-oda; lib-aida).
Seine Secundaner, die das Gesetz der Schwächung und die Laut-
verschiebung (goth. d := ahd. f) kennen, sind völlig vorbereitet, diese
gothischen Endungen in die entsprechenden neuliochdeufschen umzu-
setzen. Ohne zu fehlen, werden sie selbst finden: alle drei goth.
Endungen des Infinitivus und Imperfectum miiszen im NHD. a) zu 'en'
und b) zu 'ete, te, t" ■ — werden; also: a) heilen, salben, leben, b)
heil-ete, heil-te, heil-t' usw. Zugleich sieht der Schüler, dasz diese
sogenannten '^regelmäszigen' Verba dem Alter nach die früheren
nicht sein können, sondern wie die lat. Verba auf äre, ere, Ire und
die griech. auf eoj, (vco, oco ursprünglich durch die Vocale i, o, ai ab-
geleitet, mithin nicht älter als die andern, sondern vielmehr jünger,
nicht ^^'urzelverba, sondern vielmehr sämtlich Derivata sind. Will der
Lehrer in Prima darauf hindeuten, dasz die Endung des goth. Imper-
fectum da, das, da, dedum, dedut, dedun auf ein Verbum didan (:=
thun) zurückzuführen und salb-o-da , nhd. salb-le, eigentlich für ein
Compositum mit der Bedeutung: ich salben that zu halten sei, so
ist gegen eine solche kurz gefaszte Bemerkung nichts einzuwenden,
und zwar um so weniger, weil unsere heutige Volkssprache die En-
dung ete, te noch gern mit thun umschreibt, z. B. er that den
Leichnam salben; that sehr viel klagen; that oder thät sehr fluchen.
Daraus ersähe der Schüler, dasz es sich hier nicht um 'regel-
mäszige', d. h. wohllautend gebildete Imperfecta, sondern
geradezu um unschöne, verstümmelte Formen und Laute handelt.
Betrachten wir dagegen zu Nr II die deutschen Verba, die nach
der französischen Grammatik früher den Namen 'unregelmäszige'
führten, so müsten sie, sollten sie den Namen mit Recht behalten,
1) nicht zahlreich, gewissermaszen Ausnahmen, 2) mi n der wohl-
lautend und endlich 3) jünger sein als die übrigen. Aber in
allen drei Punkten findet das gerade Gegenteil statt.
Diese sogenannten ^unregelmäszigen ' Verba sind l) zahlreich,
2) wohllautend und 3) so uralt und ursprünglich, dasz eine Sprache,
74 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
die so geformte Verba nicht besäsze , für eine germanische gar nicht
zu lialten wäre.
Zu II Nr 1. J. Grimm hat aus allen germanischen Sprachen nicht
weniger als 500 solcher ' u nregel m äs zige n ' Verba aufgebracht.
Bedenkt man nun, dasz mit einem jeden mehr oder weniger Nomina
und die eben zu Nr I besprochenen Verba, die sämtlich durch die
Vocale i, o, ai deriviert sind, ferner eine Menge von andern Deri-
vatis und Compositis *) herkommen, so klingt der Name 'unregel-
m äs zi g' (=Ausnahnieti) wunderlich genug. Aber weit gefehlt, dasz
sie Ausnahmen wären, bilden sie vielmehr den Grundstock nicht
blos des neuhochdeutschen, sondern des ganzen germanischen Sprach-
schatzes. Nachdem durch J'. Grimm dieser Nachweis vollständig ge-
führt, kann nur die ärgste Unkunde, die sich bloszzustellen keine Scheu
trägt, an der alten widersinnigen Benennung dieser Verba, die den
Thatsachen geradezu ins Gesicht schlägt, festhalten und den passenden
Namen ablautende oder starke Verba (Conjugation) zurückwei-
sen. Dasz die Zahl der ablautenden Verba ab-, die der andern zu-
genommen hat, ist ein Beleg für die Ursprünglichkeit jener.
Zu Nr II 2 gilt das Urteil des für den V^^ohllaut empfänglichen
Dichters höher als das des Grammatikers. Als Adelung, der für die
schwachen (== ^regelmäszigen') Verba eine absonderliche Vorliebe
halte, sogar den Vorschlag machte, die Imperfecta einzelner starker
Verba lieber schwach (= ete) zu bilden, also etwa greifete,
kneip ete statt griff, k ni ff zu sagen, so legte Jean Paul Ver-
wahrung ein und forderte alle Dichter auf, einem solchen Gebahren von
vorn herein entgegenzutreten. Gerade die starken Formen: wachse,
wuchs. Wuchs; Grab, Gruft, grabe, grub; Greif, GrilT, greife, grilT;
Steig, Stiege, steige, stieg; Flosz, flott, Flotte, Flusz, fliesze, flosz ;
Gift, Gabe, gebe, gab; Binde, Band, Bund — gerade diese Formen
seien gegenüber der schwachen Conjugation: sagte, klagte, lobte
ebenmäszig, schön, wohllautend und für den Feierton echter Poesie
wie geschaffen. Es ist auffallend, wie der Dichter trotz aller ihm feh-
lenden grammalischen Einsicht, blos geleitet von dem Gefühl für den
Wohllaut, den Nagel auf den Kopf getroffen, wärend der Grammatiker,
alles Sinnes für Wohllaut bar und ledig und geirrt durch den un-
passenden Namen ^regelmäszig', von dem Ziele so weit abirrte, dasz
er sogar einzelne starke Verba lieber schwach abzubeugen vor-
*) Z. B.: ich 1) binde, 2) band, wir banden, 3) gebunden, 1) Binde,
Nabelbinde, Bindfaden, Bindseil, verbindlich, Buchbinder, Buchbinderei,
Bindeglied, Bindemittel, Buchbinderhandwerk usw. 2) Band, Bändchen,
Bändel, Bändeljunge, Bandwurm, Bandwurmarzt, Schuhband, Stirnband,
unbändig, bändigen usw. 3) Bund (fascia, foedus), Bündel, Bündler,
Bündlerei, Bundesstaat, Staatenbund, Bundestag, bündig, Bündigkeit,
Bündnis usw. Dazu die Verba composita an-, zu-, ver-, aufbinden und
die ganze reiche Sippe in elf andern deutschen Sprachen, denen allen
dasselbe Verbum zugehört ; auszerdem noch die urverwandten lat. W.
iid {= fidere), griech. W. nid- (= iti&eiv) und skr. W. bandh mit ihrer
groszen reichen Verwandtschaft.
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache. 75
schlug. Was Jean Paul nur dunkel ahnte, das wissen jetzt unsere
Secnndaner, nemlich wenn sie die Lehrer, wie es ihre Pflicht ist,
darüber aufklären. Die Schwächung hat den Endungen, die Bre-
chung und der Umlaut den Wurzeln der mhd. und nlid. Worte das
Mark ausgesogen und die älteren, volltönenden Vocale zu unzäliligen
tonlosen E (vgl. oben) verdünnt, Saft und Kraft unserer Vocale, die
ihnen bis heute noch verblieben sind, dagegen haben allein diese so-
genannten 'unregelmäszigen' Verba geschützt und erhalten.
Zu Nr II 1 und 2 ist nachgewiesen, dasz die starken Verba
in den germanischen Sprachen l) sehr zahlreich und 2) dasz sie wohl-
lautend sind; auch das ist schon erwähnt, dasz die andern auf ete, te
ebenso wie die lat. auf Are, ere, ire und die griech. auf fw, gw, oca
sämtlich Derivata sind. Ist nun etwa die Bildung der starken Verba
wirklich so regellos, willkürlich und verwildert, dasz sie den früheren
Namen ^i nr ege Imä szige' thatsächlich verdienten? Das ist unter
den indoeuropäischen Sprachen gerade für die deutsche die aller-
wichtigsle Frage. Unsern Schülern auf diese Frage keine
Antwort zu geben und sie so in tiefster Unwissenheit
über Natur und Wesen des deutschen Wortes im allge-
meinen auf die Hochschule zu entlassen — das ist nach-
gerade unverantwortlich. Die Bildung dieser Verba ist aber
so wenig 'unregel mäszig', dasz sie vielmehr die schönste, durch
alle germanischen Sprachen giltige Regel enthält, nach der sich alle
deutschen Worte, und zwar Verba und Nomina zumal, in urältester Zeit
gebildet haben.
(Sehlusz folgt.)
Lissa. Ed. Olaiosky.
Kurze Anzeieren und Miscellen.
III.
Die Bedeutung des Lateinischen und Griechischen für das Gymnasium
der Gegenwart. Festrede am Geburtslage Sr Majestät des Königs
Johann gehalten im Gymnasium zu St Nicolai in Leipzig am
12. December 1859 von Dr G. A. Gebauer., Adjunct. l. [Auf
Verlangen in Druck gegeben.] Leipzig, Carl F. Fleischer. 1860.
19 S. 8.
Es ist ohne Frage eine der glänzendsten Seiten im Wesen des Sach-
senvolkes, dasz es mitten in seinen zum Teil groszartigen industriellen
Bestrebungen, seinem regen, mehrfach höchst bedeutenden Verkehrsleben
und Geschäftsbetriebe der Welt des klassischen Altertums und vorzugs-
weise den Sprachen desselben mit einer Liebe und Hingebung huldigt,
die, wie sie ruhmwürdi<T an sich selbst, so segensreich in ihren Aeusze-
rungen und Erfolgen genannt und als erweckliches, leuchtendes Beispiel
zur Nacheiferung aufgestellt werden musz. In den verschiedenen Zwei-
gen und Rangordnungen der sächsischen Beamtenwelt , im Wehr - und
Nährstande finden sich, nach Verhältnis des Landesumfanges, auffallend
76 Kurze Anzeigen und Miscellen.
viele Miluner von tüclitiger wissenscliaftliclier, insonderlieit durch d.'is
Studium der groszen Alten gewonnener Bildung, von den Gelehrten des
Landes zu schweigen, deren im Lichte gründlicher, umfassender, das
Gepräge der Klassicicität tragender Wissenschaft leuchtende Namen auf
weithin den besten Klang haben. Wo mir recht ist , spricht noch heu-
tigen Tages die Erfahrung für Gottfried Hermanns Worte: 'quid
litterarum studia dicam , quibus ut semper excelluit , ita nunc maxime
excellit patria nostra , sie ut quum omnes etiam intimi loci cives multo
sint quam in aliis Germaniae partibus cultiores, tum eminentium in
omni genere doctrinae liominum, eorumque non aliunde accersitorum,
sed apud nos natorum atque educatorum , ea et copia sit et claritas, ut
non modo vicinae gentes, sed etiam remotis&imae ab nobis sibi artium
doctores mitti rogent, litterarumque lumen e Saxonia per omnem terra-
rum orbem dispergi videamus ' (Opnsc. II p. 345) , und wenn wir auf
das bekannte ''qualis rex, talis grex ' Rücksicht nehmen, so sehen wir
zur Zeit auf dem sächsischen Königsthrone einen Herscher walten , der
wenn e'iner würdig ist als rex omnium litteratissimus , humanitatis stu-
diis politissimus doctrinaeque elegantia cumulatissimus gefeiert zu wer-
den. AVer die Geistesrichtungen und Vorzüge Königs Johann kennt,
wird mit begeisterter Freude dem zustimmen, was Herr Gebauer sei-
nem hohen Herrn S. 1 f. nachrühmt : 'diese Feier gilt einem Fürsten.
der mit seltener Energie des Geistes eine Keihe von AA'issenschafteu nach
ihren Höhen und Tiefen durchmessen hat. In der That, werfen wir
auch nur einen flüchtigen Blick auf das Leben und die AVirksarakeit
unseres Königs , überall tritt uns ein Mann entgegen , der, von heiszem
Wissensdrange durchglüht, ein Gebiet menschlicher Erkenntnis nach dem
andern zu bewältigen bemüht war. Hat er sich doch eben so sehr ver-
tieft in die ewigen Wahrheiten der Mathematik, wie er gefolgt ist den
Errungenschaften im Bereiche der Naturwissenschaften; ist er doch mit
demselben Ernste eingedrungen in die Principien der Rechts- und Staats-
wissenschaft, mit dem er sich hingegeben hat dem Studium der Ge-
schichte und Altertumskunde. Nehmen wir noch dazu, dasz ihm auch
die Philosophie, die Wissenschaft xar' i^oxt]v , kein fremdes Feld ge-
blieben , sondern dasz er mit der ganzen ihm eigenen geistigen Kraft
auch ihre Probleme durchforscht hat, so haben wir ein Recht darauf,
unsern König den ßaailsvzKrog der Könige zu nennen. Wir haben einen
Regenten im Sinne des Worts, er ist Philosoph der König wurde, er ist
der König der wahrhaft philosophiert. Allein noch ist nicht alles er-
schöpft, was unser König in den Kreis seiner wissenschaftlichen Thätig-
keit zog, noch gibt es eine Seite derselben, die nicht minder zu schätzen
und hervorzuheben ist, das sind seine sprachlichen und litterarischen
Studien. Wem wäre unbekannt geblieben . wie derselbe von jeher der
vaterländischen Litteratur die wärmste Liebe entgegenbrachte ? wie er
von den Sprachen des Auslandes mehr als eine gründlich erlernt , eine
sogar zum besondern Studium erkoren hat? Wen gäbe es von Sachsens
Gelehrten, der nicht seinen eigenen Ruhm darin fände, dasz sein Landes-
herr den beiden antiken Sprachen, die für das Fundament aller höheren
Bildung gelten, den angestrengtesten Fleisz , den beharrlichsten Eifer
gewidmet hat? Und hatte er die eine derselben, die Sprache Latiums,
schon in der frühesten Zeit seines Lebens kennen und verehren gelernt,
so ergriff ihn in späteren Jahren eine mächtige Sehnsucht, auch Herr
und Meister der andei'n zu werden. Was es aber heiszt, einen Gegen-
stand mit Wärme und Begeisterung zu erfassen, hat niemand trefflicher
bewiesen denn unser König. Er hat die griechischen Dichter nicht nur
gelesen, er hat sich förmlich in dieselben hineingelebt, er hat sogar
durch neue und geistvolle Auffassung mancher schwierigen Stelle die
Männer von Fach in Bewunderung versetzt.' Solch einem König gelingt
Kurze Anzeigen und Miscellcn. 77
es denn leicht in die Wirkliclikeit einzuführen, was Orest in Goethe's
Iphigenie auf Tanris sagt:
'Nacliahmend heiliget ein ganzes Volk
Die edle That der Herscher zum Gesetz.'
Er, welcher der Geist und Herz veredelnden, heiligenden Wissenschaft
uiiii aller Trefflichkeiten ragende Spitzen, wie einst Hiero der Syrakusier
ahplh'ickte, sich in der köstlichsten aller Herschertugenden vollendete,
rnft uns die Worte Seneca's (de dem. I 19, (3 ff.) ins Gedächtnis:
'non opus est instruere in altum editas a^ces nee in adscensum arduos
colles emunire nee latera montium ahscidere , multiplicibus se niuris
turriliusque sepire: salvum regem in aperto dementia praestabit. Unum
est inexpugnabile mnnimentura amor civium. Quid pulchrius est, quam
vivere optantibus cunctis et vota non sub custode nuncupantibus ? '
Die hier zur Anzeige zu bringende Festrede, die auf Grund ihres
fast durciigängigen Mangels an dem, was Oratorie heiszt, richtiger Fest-
abhandlung genannt werden dürfte, bezeugt es uns in erfreulichster
Weise, dasz der Verfasser derselben die oratio zum Ausdruck der
ratio verwendet und ein warmes, kräftig und hochschlagendes Herz
für das Gymnasium und dessen menschenbildende und verklärende Ziele
und Zwecke hat. Er eroli'net seinen Vortrag mit der Bemerkung, es
dürfe mit Kecht als ein besonderer Vorzug" unserer Zeit betrachtet wer-
den, dasz sie darauf dringt die Wissenschaft in allen ihren Teilen und
Zweigen gebürend zu ehren und anzuerkennen, dasz sie beeifert ist
dem Träger einer jeden einzelnen unter ihnen mit dankbarer Gesinnung
den schuldigen Tribut zu zollen, und fährt dann fort: 'Um so nach-
drücklicher ergeht an uns die Mahnung, den heutigen Tag, den Geburts-
tag Sr Majestät, unseres allergnädigsten Königs und Herrn,
im vollsten Sinne als einen Fest- und Freudentag zu feiern.' Lassen wir
die als Einleitung- dienende Behauptung, aller davon vorkommenden
Ausnahmefälle ungeachtet, gelten, so ergibt sich daraus noch nicht die
Dringlichkeit der Mahnung, den in Rede stehenden Geburtstag des
Königs Johann im vollsten Sinne als einen Fest- und Freudentag zu
feiern, wenn gleich der hohe Herr und Herscher den Trägern der Wissen-
schaft beigezählt, als solcher gebürend geehrt und anerkannt. Ihm mit
dankbarer Gesinnung der schuldige Tribut gezollt werden musz. Gegen
die Logik geht auch die Gedankenverbindung , in welcher der Redner
auf sein Thema kommt. Hören wir ihn. 'Es ist nun die Vertrautheit
unseres Königs mit der Litteratur der Griechen und Römer dasjenige
Stück von seinen Studien, welches das Gymnasium zunächst und am
innigsten berührt. Die Namen von Hellas und Rom haben auf dem
sächsischen Königsthrone einen ebenso guten Klang, wie sie ihn auf dem
Gymnasium haben und haben sollen. Ihre Sprachen bilden gleichsam
die geistige Brücke, welche von diesem zu jenem hinüberleitet. Daher
glaube ich nicht etwas der Feier des Tages widersprechendes zu unter-
nehmen, wenn ich für heute ganz speciell diese Brücke ins Auge fasse,
d. h. wenn ich die beiden klassischen Sprachen des Altertums einer
ausführlicheren Betrachtung zu unterwerfen gedenke. Ich lege mir nem-
lich die Frage zur Beantwortung vor, ob diese beiden Sprachen, die von
unserem Könige mit Vorliebe gepflegt worden sind, eine gleiche Pflege
auf dem Gymnasium verdienen, mit anderen Worten: ob und inwie-
fern das Lateinische und Griechische auch jetzt noch be-
rechtigt sei, den Kern und Mittelpunkt zu bilden für den
gesamten Gymnasialunterricht.' Die alles Preises und Ruhmes
würdige Vorliebe, mit welcher König Johann die beiden klassischen
Sprachen des Altertums pflegt , kann nicht entscheidend auf die Frage
einwirken, die Herr Gebauer sich zur Beantwortung vorlegt; das
'mit anderen Worten' bezeichnet auch nicht, wie sonst in dieser
TS Kurze Anzeigen und Miscellen.
Wendung', die Gleichheit oder Einerlei heit des Gedankens bei
zweifacher Form und Einkleidung desselben. Weder durch ge-
dankliche noch formelle Wohlordnung empfiehlt sich der nächstfolgende
Satz: ^Ist man nicht taub gegen die Vorwürfe, welche dem Gymnasium
der Gegenwart gemacht werden, sondern leihet man mit gleicher
Bereitwilligkeit allen Gegnern desselben sein Ohr, so werden sich
sehr bald zwei Parteien unterscheiden lassen, deren Ansichten ein-
ander, so sehr sie uns beide befehden, doch diametral entgegenlaufen.'
Das ins unbestimmte weisende 'man' drängt sich zum öftern in den
Vortrag ein ; wer es einmal erfaszt, wird's, klebrig wie es ist, so leicht
nicht wieder los.
Die Leutchen, mit denen sich der Herr Verf. hier zu schaffen macht,
sind nicht etwa von gestern oder vorgestern her , noch operieren und
conspirieren sie ausschlieszlich gegen das Gymnasium der Gegenwart,
sie nehmen vielmehr ihre Klopffechterposition bereits manches Jahr ein
und werden in ihrer störrigen Rechthaberei und Streitsucht nicht müde
für eine abgethane, verlorene Sache wieder und wieder in die Schranken
zu treten. Obschon ein guter Teil dieser Kräher und Schmäher das
beste, was er an Geistestüchtigkeit und Gewandtheit, an Sprach- und
Sachkenntnissen aufzuweisen hat, dem Gymnasium dankt, so schlägt er
dennoch, aller Pietät gegen dasselbe und sonach auch gar vieler anderen
Tugenden bar und ledig (vid. Cic. pr. Plane, c. 'S'-i § 80j , mit der
Entschlossenheit des bornierten , unverschämten und frechen auf seinen
Wohlthäter los und verräth sich dadurch zugleich als einen aus dem
Haufen der Schacher, wenn nemlich Goethe (Sprüche in Prosa) mit
der Behauptung Recht hat : 'der Undank ist immer eine Art Schwäclie.
Ich habe nie gesehen , dasz tüchtige Menschen wären undankbar gewe-
sen.' Am gerathensten bleibt's mit Menschen solcher Sinnesart nach
Seneca's kluger Vorschrift zu verfahren: 'aut potentior te aut imbe-
cilHor laesit: si imbecillior, parce illi, si potentior, tibi' (de ira 3, 5, 8).
Für den belfernden Kläffer gehört sich das souveräne Schweigen der
Nichtbeachtung.
Dem Gymnasium geht's nun einmal wie den Gerechten in Davids
Psalmen (34, 20); doch, aller ihm widerfahrenden Unbill zum Trotz,
hält es sich aufrecht 'in dem Wort der Wahrheit , in der Kraft Gottes,
durch Waffen der Gerechtigkeit, zur Rechten und zur Linken', es schreitet
getrost 'durch Ehre und Schande, durch böse Gerüchte und gute Ge-
rüchte' und seine Diener, die Lehrer, rufen mitten in den Anfechtungen
und Verhöhnungen der Widersacher, die in afterprophetischer Gewis-
heit sie als die nächstens sterbenden bezeichnen, freudig mit
Paulus, dem Apostel: 'siehe, wir leben." (II. Cor. 6, 9). Auch Herr
Gebauer tritt, und zwar hier nicht etwa als Adjunctus, sondern so
recht aus selbsteigener Machtvollkommenheit , suo ipsius iudicio omni-
que, ut agricolae dicunt, pede stans, triplex aes der Zuversicht zu einer
gottgeweiheten reinen Sache circa pectus , als wackerer Streiter und
unerschrockener Vorkämpfer für das, was den Kern des Gymnasialunter-
richts bildet, für das Lateinische und Griechische, auf die Bahn. 'Das
sind, sagt er S. 5 — 6, die beiden Feuer, hochgeehrte Anwesende, die
immer von neuem gegen unsere Gymnasien angeschürt werden, und durch
diese musz jeder Gymnasiallehrer, der das Lateinische und Griechische
zu vertreten hat, mitten hindurch, da es keinen Ausweg gibt, weder
rechts noch links. Doch schreiten wir nur kühn und mutig vorwärts,
angesengt können wir wol , aber verbrennen werden wir gewis nicht.'
Der nächstfolgende mit denn sich einleitende Gedanke schützt jedoch
vor dieser Gefahr nicht! Das Besitztum, welches Herr Gebauer seinen
Schülern , möge deren künftiger Beruf sein welcher er wolle , für das
ganze Leben zu vermitteln sich beeifert, ist ein doppeltes, 'ein gekräf-
Knrzi; Anzeigen und Miscellen. 79
tigter und geregelter, für klare und schnelle Auffassung aller Lebens-
verhältnisse im allgemeinen, für die tieferen akademischen Studien ins-
besondere geschärfter und geübter Verstand und ein für alles schöne
und edle empfängliches Gemüt' (S. 6). Eine kräftige Lanze legt er
gegen den kraftlosen, alles geistige Leben wahrhaft ertödeudeu Älecha-
n Ismus im Betriebe der Sprachen, wie gegen die sogenannte calcu-
lierende S. 7 charakterisierte Lehrmethode ein; die ebendaselbst auf-
geworfene Frage, welches die richtige Unterrichtsweise sei. bean,twortet
er klüglich dahin: 'offenbar diejenige, welcher die ratio selbst, die wir
zu bilden und zu kräftigen haben , den Namen gegeben. Unser Wahl-
spruch ist der Satz des iiaco von Vefulam: 'vere scire est scire per
causas.' Derselben Ansicht war auch der Meister des Lateinischen und
Griechischen, Gottfried Hermann. 'Discere', sagt dieser in seinen
Opusculis (nemlich V p. 183), 'non est colligere modo quae quis reminisci
possit , sed etiam rei cuiusque naturam et veram rationem cognoscere
ac perspieere.'
Begreift das vom Verfasser beliebte 'wir' und 'unser' die Gesamt-
heit der sächsischen Gymnasiallehrer, nun dann haben wir diese Herreu
als höchst raisonnable Methodiker zu verehren, deren Schülern 'eine
grosze Thür aufgetlian ist, die viel Frucht wirket.'
AVas S. 7 — 9 von dem Unterricht in der griechischen Formen-
lehre, der lateinischen Syntax und Synonymik, ingleichen von
den schriftlichen Uebungen als formalen Bildungsmitteln gesagt
■wird, darf der Billigung aller wahrhaft praktischen Schulmänner ge-
wis sein.
Da der Gymnasiast nicht blos zu richtigem, sondern auch zu
raschem und gewandtem Urteile angeleitet werden soll , so wird
zur Erreichung dieses Zweckes die Wichtigkeit der lateinischen und
griechischen Extemporalien und die Uebung im Lateinisch -
sprechen ganz besonders betont und begründet (S. 10). Auf geist-
reiche und interessante AVeise läszt sich Herr Gebaue rS. 11 über den
Gewinn an ästhetischer Bildung der Schüler vernehmen, den die
Uebung in einheitlicher Darstellung in Prosa und Poesie, in
Auf- und Ausbau einer echt lateinischen Periode selbst für
den deutschen Stil, versteht sich mutatis mutandis, abwirft. Das S. 12
— 15 über den Bau des lateinischen Hexameters und Pentameters
als etwas der lateinischen Periode analoges , über die Malerei durch
Rhythmus, Ton und Klang, über den Reim bei alten Dichtern,
über Assonanz und All i tteration, teilweise unter Anführung von
Beispielen, über Hinweisung auf treffende Parallelen, Ver-
gleichung lateinischer und griechischer Stellen, immer mit
Bezugnahme auf den im^ Schüler zu weckenden und auszubildenden
Schönheitsinn vorgetragene dient zum beredten Zeugnis der Einsicht
und Umsicht, mit welcher der Redner alle die Stücke hervorbringt und
zusammenfaszt, die als lebens- und bedeutungsvolle Factoren eines kern-
haften , gediegenen Gymnasialunterrichts gelten.
'Man könnte fragen', äuszert er S. 16 — 17, 'weshalb ich die ma-
terielle Seite der Sache, die Schriftwerke des Altertums , fast ganz aus
den Augen gelassen habe. Ich thät es absichtlich und, wie mich dünkt,
nicht mit Unrecht. Kein (vernünftiger!) Gymnasiallehrer wird den In-
halt zur Nebensache und die Form zur Hauptsache machen. Gerade
die neuesten Schulausgaben nehmen auf ein allseitiges Verständnis des
Inhalts die gebürende Rücksicht. Aber man soll nicht sagen dasz
jeder Dilettant, der einmal hineinblickt (und wäre es auch zehnmal und
darüber!) in eine Version des Horaz oder Sophokles, denselben Nutzen
habe, wie der fleiszige Gymnasiast, welcher sich mühsam durcharbeitet
durch das Original. Die deutsche Uebersetzung musz, um genieszbar
80 Kurze Anzeigen und Miscellen.
zu werden, das antike Gewand abstreifen und ein modernes anlegen.
Jenes antike Gewand aber ist nun einmal , als Gegensatz zu dem Cha-
rakter der modernen Sprachen aufgefaszt , einer der mächtigsten Hebel
für die geistige Durchbildung. Möchten das doch die von unsern Geg-
nern bedenken, welche ich im Eingange als materiell gesinnte Neuerer
bezeichnete. Sie würden nicht immer und immer rufen, wir hätten allein
künftige Philologen und Theologen im Auge, den andern böten wir nichts.
Freilich Gold und Silber können wir niemandem geben , aber wir geben
unsern' Schülern geistige Schätze, wir machen sie geschickt dem mate-
riellen Treiben entgegenzuarbeiten und das wahre Glück noch in andern
Dingen zu suchen als in Gütern dieser Erde. Deshalb wollen wir kei-
neswegs die begründeten Forderungen der Gegenwart ve?"ächtlich ab-
weisen. Wir wollen keine sogenannten Stockphilologen sein. Nicht
Zweck ist uns die Kenntnis des Lateinischen und Griechischen, nicht
dasz es der Schüler lerne betrachten wir als Hauptsache, er soll beide
Sprachen so lernen, dasz er daraus für das Leben einen bleibenden
Gewinn zieht. Daher haben wir ja die mechanische Methode über Bord
geworfen, daher lassen wir die calculierende nicht an uns heran, mögen
aiach die Zöglinge jener Anstalten, in denen diese letztere zu Grunde
gelegt ist, weit leichter zum Genusz des hymettischen Honigs kommen,
als dies unsere Zöglinge im Stande sind. Wir haben nichts dagegen,
wir wünschen sogar, dasz es nicht etwa mel Corsicum werde.'
Die S. 17 — 18 an die Schüler gerichteten Worte bekunden in ge-
winnender Weise ein treues, in rechter Liebe zu denselben kräftig ste-
hendes Lehrergemüt, einen Mann nach dem Herzen Gottes, dem er zu
seinem Amt auch Verstand, Erkenntnis und Weisheit gegeben. Den Schlusz
(S. 18 — 19) bildet eine patriotisch - innige , dem König Johann darge-
brachte Huldigung mit schönen Gelöbnissen unverbrüchlicher Treue und
ehrfurchtsvoller Liebe; der edle Fürst, der sich sicherlich auf den Rath
des PI in ins (Panegyr. c. 75 § 5) versteht: ''discant et principes accla-
mationes veras falsasque discernere', wird aus den Worten des Redners
den redlichen und aufrichtigen Mann schon heraushören.
Neustrelitz. Eggert.
IV.
Die Grundzüge der lateinischen Prosodie und Metrik in
gänzlich umgearbeiteter^ berichtigter und vervollständigter Fas-
sung von Richard Habenicht. Leipzig , Teubner. 1860. II
u. 39 S.
Das kleine Schriftchen, auf welches Ref. die Aufmerksamkeit der
Fachgenossen hinzulenken beabsichtigt, hat sich die höchst bescheidene
Aufgabe gestellt , die Regeln der lateinischen Prosodie und Metrik in
einer genau revidierten, nach eigenen Studien und den Forschungen der
neuern Wissenschaft berichtigten Fassung zum Schulgebrauch zusammen-
zustellen. Alle diejenigen, welche des Verfassers eingehende Studien
auf dem Gebiete der lateinischen Metrik aus seinen <■ Probeblättern zu
einem neuen Gradus ad Parnassum ' (Schulprogramm des Gymnasiums
zu Zittau 1859) kennen gelernt haben, werden es sicherlich als einen
Akt der Selbstverleugnung anerkennen, dasz derselbe einen guten Teil
seiner mühsamen Sammlungen in einem Schulbüchlein niedergelegt hat,
welches die Prosodie auf 11, die Metrik auf 21 Seiten behandelt. Um
so mehr erscheint es als Pflicht, auf die kleine anspruchslose Arbeit,
welche entschieden — wie Quintilian sagt — ""plus operae quam osten-
tationis habet', speciell aufmerksam zu machen. Das Hauptverdienst
des Verfassers ist unstreitig das: auf Grund eigener Studien und unter
Kurze Anzeigen und Miscellen. ' 81
trewissonhafter Benutzung der kritisch-besten Texte sowie der metrischen
Beobachtungen Neuerer mancherlei falsches ausgeschieden , bisher über-
sehenes nachgetragen , kurz das fast ein Jahrhundert lang in Gramma-
tiken und metrischen Handbüchern ohne wesentliche Veränderungen fort-
geführte Material neu gesichtet zu haben ; nicht minder verdient aber
das überall sichtbare Bestreben Anerkennung, die inetrisch strengen Dich-
ter wie Vergil und Ovid und die laxeren wie Horaz und Catull,
noch mehr aber die klassischen und vor- oder nachklassischen streng
auseinander zu halten und nur auf die ersteren metrische Gesetze zu
begründen. Der bedeutendere Teil des Buches ist ohne Zweifel die
Metrik; die Lehre vom Distichon (§ 26 — 34), von den Cäsuren des
Hexameters (§ 29), von den versus hypermetri (§ 31) enthält neben dem
allgemein bekannten auch manche feine Observation , der man bisher
noch nirgends oder etwa nur in Arbeiten von Lachmann und Haupt
begegnet sein dürfte. Freilich musz man dabei dem Verf. das gute Zu-
trauen schenken, um das er in der Vorrede bittet, dasz Behauptungen
wie: 'findet sich selten', 'weniger klassisch', 'wol kaum zulässig' nicht
aus der Luft gegriffen sind. Um wenigstens einige Beispiele anzuführen,
so findet sich in der Prosodie nicht mehr: immö, ilicö, octö — habe,
tace, mäne , iube — ibidem, ubivis, sexagintä — ; dagegen werden
sauguis, pulvis, odero, dicito , cito, quomodo als mittelzeitig aufgeführt,
wärend die landläufigen Lehrbücher die Länge oder Kürze schlechthin
decretieren ; die Untersuchungen aber über das o finale der 3n Declina-
tion und Verba sind mit dieser Schärfe der Distinctionen noch nirgends
geführt worden (vgl. des Verfassers Probeblätter usw. S. 12. 13). Der
Gebrauch der positio debilis (§ 5 c) ist wesentlich beschränkt, dagegen
die alte Schulregel, dasz zweisilbige Supina lang sind, ganz umgeworfen
(§ 4 Anmerk. 2); über die Quantität des pro in Compositis findet sich
eine vollständigere und berichtigte Zusammenstellung des vorkommenden
Materials (§ 6 c) u. a. m. Viele Regeln haben Abkürzungen erfahren;
sehr sorgfältig gewählt aber sind die Beispiele S. 18. 19, durch die eine
ganze Eeihe von Regeln (besonders die überflüssigen über die Endsilben
griechischer Wörter) entbehrlich geworden sind. — Andererseits kann
freilich Ref. nicht verhehlen, dasz er manches ungern vermiszt hat, was
sich z. B. in der sehr gründlichen Behandlung der lateinischen Metrik
in Krügers lateinischer Grammatik findet und was nicht füglich weg-
bleiben durfte. Ueberhaupt hätte der Herr Verf. gut daran gethan, die
Vorarbeiten anderer mehr zu berücksichtigen; es würde dadurch sicher-
lich sowol die Fassung der Regeln als auch die Anordnung des Materials
gewonnen haben. Ref. erlaubt sich auf einiges der Art aufmerksam zu
machen.
§ 2 konnte die Zahl der für Schüler sehr instructiven Beispiele
durch bigae, tibicen, veneficus, alTus, Stipendium, sümo, lenimen, nölo,
mSlo vermehrt werden , wogegen das ganz unhaltbare fecundus n=: feri-
cundus hätte wegbleiben sollen.
§ 3 muste wol des zwischen zwei Vocale eingeschobenen h Erwäh-
nung geschehen, bei 3 c aber ausdrücklich angegeben werden, dasz der
berührte Fall nur eine selten vorkommende Licenz sei.
Bei den Ausnahmen unter 4 vermiszt man die Andeutung, dasz
soluis und totuis sehr schlecht verbürgt sind. Dagegen bei den unter
6 konnte füglich erwähnt werden, dasz das Schwanken des vocalis ante
vocalem im Griechischen oft auch im Lateinischen ein Schwanken der
Quantität zur Folge gehabt habe wie in: eous, Nereis, Malea (chorea,
platca?).
§ 4 ist wol diejenige §, welche die durchgreifendste Umgestaltung
verlangt und gewis auch in einer zweiten Auflage erfahren wird. Der
Fall, dasz die Wurzel in dem e'inen Priraitivum sich kurz erhalten,
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. .AM. 1801. Hft 2. 6
82 Kurze Anzeigen und Miscellen.
wärend sie im andern (oder in den Derivatis) sich verlängert hat,
muste unbedingt durch eine gröszere Anzahl von Beispielen erläutert
werden , zumal da viele der in Frage kommenden Wörter wie reges,
leges, vüces, sedes, dicere, dncere usw. zu den häufigst vorkommenden
gehören. Leicht liesze sich aus den vorhandenen Hülfsmitteln ein voll-
ständiges Verzeichnis der im Lateinischen vorkommenden Worte von
verschiedener Quantität bei gleichem Stamm zusammenstellen; die vom
Verf. angegebenen acht Beispiele geben vor allen Dingen gar keine
Auskunft über die Häufigkeit oder Seltenheit der Erscheinung, sie geben
aber auch keinen Einblick in die hierbei obwaltenden Sprachgesetze. —
Die Anmerkung 1 über die zweisilbigen Perfecta enthält manches , was
der Grammatik, nicht der Metrik angehört. — Zu Anmerkung 3 liesze
sich wol eine etwa so formulierte Note hinzufügen: 'die Perfecta: bibi,
tidi, scidi (scicidi?), - culi (ceculi?) sind kurz, weil sie (höchst wahr-
scheinlich) ehedem eine Reduplication hatten , eine Reduplication , wie
sie sich bei tuli nachweisen läszt , bei dedi , steti , stiti noch erhalten
hat.' Vgl. Krüger latein. Gramm. S. 120.
§ 5. Bei der Ausnahme zu c muste wol zur Vermeidung von Mis-
verständnis vermerkt werden, dasz der usus sich bei arbitror und gene-
trix durchgängig , bei locuples vorhersehend für die Kürze entschieden
hat, wärend pigri, libri bei guten Autoren wol immer lang gebraucht
werden. Oder kann Hbri auszer mit Hör. Ep. II 1 , 217 noch gut be-
legt werden?
§ 6. Uebersehen ist die Negation ne und die Erwähnung von negare,
negotium, nefas u. ä. neben nequidquam, nJquam, nequitia, sowie auch
o (= ob) in ömitto. Auch die Verlängerung von re in den § 23 Anm.
angegebenen Wörtern muste wenigstens durch eine Verweisung auf jene
Stelle hier angedeutet werden.
§ 9 b 3 hat impune (und necesse?) fälschlich einen Platz neben
bene und male erhalten.
§ 15 c 2 empfiehlt sich wol mehr die bisher übliche Fassung der
Regel : 'in der 2n Pers. Sing, der Verba, die in der 2n Pers. Plur. -Itis
haben.'
§ 19 Ausnahme. Füge hinzu: Oedipüs, Celtiber (neben Iber). —
Wenigstens erscheint eine solche Vollständigkeit um der Ebenmäszigkeit
willen erforderlich, wenn § 20 Anm. Specialitäten wie orichalcus und
polypus erwähnt werden.
§ 21 werden wol nur durch ein Versehen der Brachys und Macer
(et , t(") unter den Versfüszen mit aufgeführt. Zweckm.äszig wäre wol
auch die ausdrückliche Bezeichnung der Silbenverbindungen gewesen,
welche in regelmäsziger Aufeinanderfolge als Versfüsze ver-
wendet werden, d. h. ganze Verse bilden können.
§ 22 läszt es unklar, ob man auch im iambischen und trochäischen
Verse die einzelnen Versfüsze 'metra' nennt; wenigstens geschieht der
bei jenen Versarten üblichen andern Zählung keine ausdrückliche Er-
wähnung.
§ 23 war wol zu bemerken , dasz die Verlängerung kurzer Silben
durch die Arsis in keinem Falle auf die Mittelsilben der Worte ausge-
dehnt werden darf, dagegen in den Anfangssilben von Wörtern, die
sonst metrisch nicht verwendbar sein würden, ganz unverfänglich ist, zu-
mal wenn sich irgend ein _ klassischer Dichter für diese Licenz entschie-
den hat, wie in Prlamides, Italia , religio, röliquiae.
§ 25. Warum neben der Synizese nicht auch der Diäresis und
Syncope mit Angabe der Wörter, auf welche sich bei guten Motrikern
diese Freiheit beschränkt, Erwähnung gethan wird, ist nicht recht ab-
zusehen. Auch konnte sich Ref. nicht recht klar machen, welchem
praktischen oder wissenschaftlichen Vorteil zu Liebe den 'Abwechselungs-
Kurze Anzeigen und Miscellen. 83
möglichkeiten' innerhalb der einzelnen Versarten so viel Raum (§ 27.
33. 40) gewährt worden ist, wärend nirgends darauf hingewiesen wird,
dasz die Eleganz des Hexameters wesentlich im melodischen und sinn-
gemiiszen Wechsel von Spondeen und Daktylen besteht, ferner dasz man
von einem guten Distichon den Abschlusz entweder des ganzen Gedankens
oder doch eines Gedankengliedes erwartet. Ueber die beschränkte Zu-
lässigkeit des spondiacus, des Endreims in den beiden Hälften des Hexa-
meters, einer gröszern Interpunction nach dem fünften Fusze u. a. m.
vermiszt man ungern eine (wenn aixch nur kurze) Belehrung, zumal da
die versus hypermetri eine ganze § ausfüllen.
§ 32, 1 heiszt es wol deutlicher statt örtlich: 'durch eine
Pause von einem halben Takte.'
Fast alle vom Ref. gemachten Ausstellungen beziehen sich lediglich
auf die Brauchbarkeit des Schriftchens als Leitfaden beim metri-
schen Unterricht; in dieser Beziehung liesze sich in einer zweiten
Auflage noch mancherlei bessern und nachtragen, wie ja meist derartige
Versuche, das bestehende zu reformieren, nicht auf den ersten Wurf
völlig gelingen. Denn die Versuchung liegt zu nahe, indem man die
Sünden der Väter zu verbessern bemüht ist, auch einen Teil ihrer Ver-
dienste dabei mit zu übersehen. Für den Philologen und Metriker von
Fach wird das Scliriftchen schon in seiner jetzigen Fassung sich als
sehr schätzbar erweisen und auch für Schulen mindestens als ebenso
brauchbar als die bisher vorhandenen Regelsammlungen, welche manche
Punkte vollständiger , andere aber entschieden dürftiger und unzuver-
lässiger behandeln.
Druck und Papier sind gut; von Druckfehlern ist dem Ref. aufge-
fallen: S. 12 Z. 18: anlautend statt auslautend; S. 13 Z, 3 unten: vgl.
statt z. B.; S. 17 Z. 12: Pyrrichius statt Pyrrhichius; S. 19 Z. 5 schlieszt
in respondit der Versfusz nach d statt nach n, und auch sonst wird öfter
der Consonant zur vorhergehenden anstatt zur folgenden Silbe gezogen :
ein Punkt über den man wol mehr mit dem Verfasser als mit dem Setzer
rechten musz.
Zittau. _[ Dr Theod. Vogel.
V.
Vorschläge zur Einrichtung von lateinischen Vocabularien in Ver-
bindung mit entsprechenden Uebungsbüchern.
Der Gebrauch von zweckmäszigen Vocabularien und Uebungsbüchern
ist für das Gedeihen des lateinischen Unterrichts so wichtig, dasz jeder
Beitrag zur Lösung der Frage, wie dieselben einzurichten seien, will-
kommen sein musz. Die Sache ist, namentlich in Betreff der Vocabu-
larien , noch keineswegs völlig erledigt. Denn es sind auch nach dem
Erscheinen der sonst vortrefflichen Arbeiten von Bonüell und Döderlein
manche Lehrer mit der jetzt herschenden Methode des Vocabellernens
aus dem Grunde nicht einverstanden, weil sie derselben die Wirkung
einer bedenklichen Begünstigung des blos mechanischen Gedächtnisses
zuschreiben. Durch die Erwägung dieses Bedenkens ist der unterzeich-
nete zu dem Entwurf eines Planes für die Einrichtung von Vocabularien
in systematischer Verbindung mit Uebungsbüchern geführt, welchen er
seinen Fachgenossen zur Prüfung und weitern Entwickelung hiermit
vorlegt.
Derselbe geht von dem Grundsatz aus, dasz das Vocabellernen um
so zweckmäsziger sei , je rascher und nachhaltiger der dadurch gewon-
nene sprachliclae Stoff zur Verwendung komme, je mehr dieser also
6*
84 Kurze Anzeigen und MisceUen.
einen stets fertigen , lebendigen Gedäclitnisreichtnm bilde. Diesem
Grundsatz gemäsz sollen dem lateinischen Unterricht Vocabularien zum
Grunde gelegt werden , deren Stoff nur aus den in den Schulen gelese-
nen Klassikern, zunächst aus Nepos und Cäsar, entnommen und auf
die drei untern Unterrichtsstufen so verteilt ist , dasz , wenn die Schü-
ler zur Leetüre des Nepos und später des Cäsar schreiten, sie den darin
enthaltenen Wortschatz, mit Ausnahme der seltneren Wörter, zur Ver-
fügung bereit haben.
In der engsten Verbindung mit diesen Vocabularien stehen in ent-
sprechende Curse geteilte Uebungsbücher , welche lateinisclie und deut-
sche Sätze zum Uebersetzen enthalten, gebildet aus denjenigen Wörtern
des Vocabulariums , welche von den Schülern vorher auswendig gelernt
sein müszen. In den seltenen Fällen, wo es sich nicht gut vermeiden
läszt, ein noch nicht gelerntes Wort zu gebrauchen, wird dieses bei
dem Text des Uebungsbuches gleich mit angegeben. Kommt ein synony-
mer Ausdruck von einem gelernten Worte vor , so wird das Wort in der
gelernten Bedeutung in gleicher Weise dazu gegeben. Auf diesem Wege
soll der Schüler nach und nach in den gesicherten Besitz eines sprach-
lichen Materials gelangen , welchem nur sehr wenige bei Nepos und
Cäsar nicht vorkommende Wörter hinzugesetzt zu werden brauchen,
damit eine relative Vollständigkeit für den Gymnasialunterricht, zunächst
in den untern und mittlem Klassen , erreicht werde. Dabei wird sich
herausstellen , dasz so weder das Masz des Verständigen überschritten,
noch der Kreis , in welchem sich die Alten bewegten , verlassen wor-
den sei.
Es geben nun ferner die Vocabularien den Stoff zu der Erlernung
und Einprägung der Wortformen und schlieszen sich zu diesem Zweck
genau an den Gang der Schulgrammatik an, so dasz diese die Wörter
für ihre Paradigmata aus dem Vocabularium entnehmen und in der Re-
gel der Angabe weiterer Uebungsbeispiele füglich entbehren kann.
Nach den hier kurz dargelegten Grundsätzen nun sind folgende Vo-
cabularien und Uebungsbücher behandelt worden :
Lateinisches Vocahnlarium für Anfänger , grammatisch , sachlich und ety-
mologisch geordnet , in Verbindung mit entsprechenden Uebungs-
büchern zum Uebersetzen aus dem Lateinischen ins Deutsche und
aus dem Deutschen ins Lateinische, von Dr Christian Ost er-
mann, ordentlichem Hauptlehrer an dem Gymnasium zu Fulda.
Erste Abteilung. Für Sexta.
Uehiingshuch zum Uebersetzen aus dem Lateinischen ins Deutsehe und
aus dem Deutschen ins Lateinische , im Anschlusz an ein gramma-
tisch, sachlich und etymologisch geordnetes Vocabularium. Erste
Abteilung. Für Sexta. Von demselben.
In gleicher Weise Vocabulariwn sowie Uebungsbuch für Quinta.
Alle sind 1860 zu Leipzig bei Teubner erschienen. Die folgenden
Abteilungen werden demnächst erscheinen.
Der unterzeichnete hält sich um so mehr für berechtigt auf diese
Arbeit aufmerksam zu machen und dieselben für den lateinischen Un-
terricht zu empfelden, weil die Abteilungen für Sexta seit Ostern und
die für Quinta seit dem Herbst in dem hiesigen Gymnasium gebraucht
werden und sich in dieser Zeit als vortrefflich bewährt haben. In den
Vorreden, namentlich zu dem Uebungsbuch und zu dem Vocabularium
für Sexta spricht sich der Herr Verfasser über die von ihm zur An-
wendung gebrachte Methode näher aus. Diese wird, falls sie zu allge-
meinerer Anwendung kommen sollte, wol mit der Zeit die Wirkung ha-
ben, dasz die bisherigen Gegner des Vocabellernens mit demselben aus-
gesöhnt werden; um so mehr, da die fleiszig vorzunehmenden Wieder-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 85
boliingen nicht als mechanische , sondern als grammatische Gedächtnis-
übungen betrieben werden sollen. Es sind nemlich je nach dem Masze
der fortschreitenden Kenntnis des grammatischen Stofl's, besonders zu
mündlichen Uebungen, die Vocabeln manigfaltig zu benutzen, so bei-
spielsweise die Substantiva in verschiedenen Casus und Numerus, die
Adjectiva in verschiedenen Genus, Gradus , Casus, Numerus, die Verba
in verschiedenen Tempus, Modus usw., mit zweckmäsziger Abwechse-
lung abzufragen Durch ein solches Verfahren wird denn wol unzwei-
feliiaft der Schüler dazu angeleitet, dasz er mit seinem Gedächtnisstoff
nicht jxcdankenlos umgehe und sich desselben mit der Zeit als eines
lebendigen Schatzes bewust werde.
Fulda. Wesener.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Gera IS60.] Subrector Wit t ig wurde wegen ernsteren andauern-
den Unwohlseins auf sein Nachsuchen quiesciert; die Stelle desselben
wurde dem zunächststehenden Collegen Dr Schaarschuh übertragen.
Der Lein-er der französischen Sprache Dr Fiebig folgte dem an ihn
ergangenen Rufe an das Gymnasium zu Schleiz ; an seine Stelle trat
provisorisch der Lehrer der französischen und englischen Sprache Bie-
ring. Der gegenwärtige Bestand des Lehrercollegiums ist im Programm
nicht aufgeführt. Schülerzahl 246 (I 14, II 15, III 27, IV 50, Pro-
gymnasiura I 59, II 81). Abiturienten 7. Den Schulnachrichten geht
voraus eine Abhandlung vom Adjunctus Schmidt: die biblische Geschichte
in Proyymnasialklassen (12 S. 4). Dr Ostermann..
lieber die Gymnasien des Groszherzogtums Hessen-Darmstadt
berichten wir aus den Ostern 1800 erschienenen Programmen wie folgt:
1, BÜDINGEN.] Der Lehramtscandidat Dr Marx vollendete im Herbst
seinen Access und ist seitdem als Lehrer in eine anderweitige Stelle ein-
getreten. Dem Gymnasiallehrer Dr Haupt wurde der Charakter als
Professor erteilt. Personalbestand der Lehrer : Oberstudienrath Director
DrThudichum, Professor Dr Haupt, DrBlüramer, Steinhäuser,
Dr Lotheiszen, Decan Meyer (Religionslehrer), Fix (Lehrer der
Mathematik), Facii (Sing- und Schreiblehrer). Schülerzahl am Ende
des Schuljahrs 60 (I 20, II 17, III 13, IV 10). Abiturienten 5. Den
Schulnachrichten folgt: Studien über John Milt07is poetische Werke. Von
Dr Lotheiszen (37 S. 4).
2. Darmstadt.] Der Gymnasiallehramtscandidat Dr Weis erhielt
die Zulassung zum Access. Den Gymnasiallehrern Kayser, Dr Fried-
rich Zimmermann und Dr Georg Zimmermann wurde der Cha-
rakter 'Professor' verliehen. Der bisher provisorisch angestellte Dr
Köhler wurde zum ordentlichen Lehrer des Gymnasiums ernannt. Zu
Ostern 1860 verliesz die Anstalt nach beendigtem Access- und Probe-
jahre der Gymnasiallehramtscandidat Dr Becker, um seine Thätigkeit
am Gymnasium zu Saarbrücken fortzusetzen , woselbst ihm eine provi-
sorische Lehrerstelle zuteil geworden ist. Dem Gymnasiallehramtscan-
didaten und Prinzenlehrer Dr Maurer, welcher um dieselbe Zeit seinen
Access beendigte, wurde gestattet als Volontär am hiesigen Gymnasium
einige Lehrstunden wäread des Sommersemesters zu erteilen. Am Schlusz
86 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
des Wintersemesters wurde Kaplan Dr Vosz, welcher den katholischen
Religionsunterricht erteilte, als Pfarrer nach Alzey berufen und Kaplan
Beyer zu seinem Nachfolger bestimmt. Der bisher als Volontär mit
einigen Lehrstunden beschäftigte Gymnasiallehramtscandidat Dr Fritsch
folgte einer Berufung nach Frankfurt a. M. als Lehrer an der dortigen
Mittelschule. Mit Beginn des folgenden Schuljahrs wird Dr G aquo in
seinen Access beginnen. Personalbestand der Lehrer: Director Professor
Dr Boszler, Hofrath Dr Lauteschläger, Hofrath Haas, Professor
Kays er, Professor Dr Friedrich Zimmermann, Dr Bender, Pro-
fessor Dr Georg Zimmermann, Dr Hüffell, Wagner, Hofrath
Becker, Dr Lucius, Dr Köhler; auszerordentliche und Hülfslehrer:
Oberconsistorialrath und Stadtpfarrer Dr Rinck, Kaplan Beyer, Pro-
fessor Baur, Hofkupferstecher Rauch, Canzleiinspcctor Müller, Hof-
musikdirector Mangold, Oberbaurath Dr Müller, Brehm (Turnen);
Accessisten: Dr Maurer, Dr Weis, Dr Gaquoin. Schülerzahl 224
(I 17, II 27, III 43, IV 39, V 40, VI 29, VII 29). Abiturienten 19.
Den Schuluachrichten folgt: Bemerkungen zu Livius Hb. XXI und XXII
von Professor Kays er (20 S. 4). Die behandelten Stellen sind: XXI
3, 1; 18, 7; 19, 9; 20, 9; 22, 1; 25, 10; 27, 4; 30, 7; 32, 7; 34, 4;
36, 7; 38, 6; 40, 7; 44, 6; 49, 7; 54, 1; 54, 4; 56, 1; 59, 7; 60, 4.
XXII l extr.; 2, 3; 3, 9; 4, 4; 12 in.; 13, 6; 17, 7; 24, 9; 30, 5;
32, 3; 34 extr.; 36, 7; 41, 7; 47, 3; 47, 4; 49, 3; 50, 9; 51 extr.;
54, 7; 59, 11; 60, 22—24.
3. GiESZEN.] Der Gymnasiallehramtscandidat Dr Oszwald hat
den zu Herbst 1858 angetretenen Access am Gymnasium zu Herbst 1859
beendigt; der Access des Gymnasiallehramtscandidaten Dr Calmberg
gieng mit dem Schlüsse des Schuljahrs zu Ende. Personalbestand der
Lehrer: Director Dr Geist, Professor Dr Soldan, Dr Glaser, Dr
Diehl, Dr Rumpf, Dr Hainebach, Dr Beck, Dr Köhler, Dr
Dölp; auszerordentliche Lehrer: Musikdirector Hof mann (Gesang),
Eeallehrer Dr Hanstein (Englisch), Professor Dr Fluck (kathol. Ee-
ligionslehrer), Reallehrer Dickore (Zeichnen). Schülerzahl 151 (I 31,
II 55, III 22, IV 15, V 13, VI 15). Abiturienten 9. Den Schulnach-
richten geht voraus eine Abhandlung von Dr Hainebach: die Wurzeln
FEZ und ES mit ihren Ableitungen (29 S. 4) *). Zwei Vorgänge hätten
in der griechischen Sprache eine tief greifende Störung zur Folge ge-
habt, der eine und bei weitem der bedeutendste sei der frühe Untergang
des sogenannten Digammas, der andere die häufige Verdrängung der
Dentalspirans a. Durch den ersteren namentlich seien viele ursprüng-
liche klare Verhältnisse getrübt und bei einer nicht unbedeutenden Zahl
von Wurzeln und Wörtern der zarte Unterschied, der sie von andern
sonderte, verwischt worden. Es sei daher von der gröszten Wichtigkeit
die Reste und Spuren jenes verschwundenen Lautes scharf ins Auge zu
fassen und in ihrer Bedeutung geltend zu machen. Nur so sei die Mög-
lichkeit gegeben viele für abnorm geltende grammatische und metrische
Erscheinungen zu begreifen, viel heterogenes, was zusammenzugehören
scheine, zu scheiden und auseinander zu . halten. Vor allem scheine
eine durchgreifende Behandlung der ursprünglich getrennten und durch
den Verlust jenes Lautes gleich gewordenen Wurzelpaare mit ihrer Des-
cedenz notwendig. Das Wurzelpaar feq und fg gehöre zu den interes-
santesten der ganzen Gruppe. Beide seien zugleich in hohem Grade
belehrend in Bezug auf den Wegfall der Dentalspirans ff , beide hätten
eine ansehnliche Zahl von Wörtern erzeugt, die offenbar in die ursprüng-
lichen Zeiten des griechischen Volkes hineinragten , beide erschienen
unverkennbar auch in den verwandten Sprachen, wo sie ebenfalls durch
*) S. die erste Abteilung S. 86. D. R.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slatisl. Notizen. 87
viele Fäden mit dem uralten Leben verweben seien. I) Die Wurzel feg
und ihre Ableitungen. Der Form nach geordnet folgen sie also auf
einander: ei-ufisvij und i-cca&v)]; fu-ccvög , s-avöq und L-av6s; ii-kq,
i'-KQ luid i'-ap; tl-cc(o und s-dco^ f-wfifT'; s-äcov; s-avricpoQos — si-vv(ii;
si-rvco ; ff-fta , f-fto: und ificcriov; iv-vv(ii.; fr-ivta; tfi-^cc — 'Tj-fia;
rj-iog; ^-'ia; in-rl-ia; iQ-fiUL; Tj-ftfpog; rja-vxog; ia-&rjs ; sa-nsQog-
sa-ticc und iff-Tta; fcff-Tios"; ^cp-fo-riog, in-£a-riog und iTt-ta-viog — cia-
zv; da-zög — la-%vg. Am Schlusz des ersten Teils werden die behan-
delten Wörter nochmals zusammengestellt, und zwar mit Beifügung des
F und des <?, wo dieses nemlich geschwunden ist, damit man sich durch
den Augenschein überzeuge, wie leicht und natürlich dieselben sich an
ihre Wurzel anschlieszen. fäa-vv^i ifiv vi'fii, j^SL-vvixi), fsa-vvoi (ßsv-
vvoi y fsi-vv(o), f^a-{ia (/äfi-ua, y^i-fia, ft-(icc), f£a-&t]g, f^o-fiu (fij-
fia), fsa-cc(i£vrj { pSL-a^ievr]^, frJG-Log (fjj-iog), fjja-icc (fr]-'Ca), J^sa-dcov
(fs-dwv), ysc-avog (ffi-avog , fs-av6g) , fsa-avrjrpÖQOg (ßs-ciV7]cpÖQog),
fsG-(XQ (j^£i-aQ, fi-ciQ), fsa-nsQog, füa-rv, faa-tog, J^sa-ricc und fia-ria,
fsa-zLog, J^TJa-^ai (frj-^ai), fja-vxog, J^rja-iiSQOg (fij-^isgog) , fta-xvg,
J^S6-(xa> (fiL-dta, fs-dco), fsa-c3^isv (fs-cjfisv). II) Die Wurzel sg mit
ihren Ableitungen. Dahin werden gerechnet: si-^i; sa-ai'a; li-og'f; iri-ccQ,
i'-ag, TJ'KQ, t'-ap?; sa-rw ; ia-Tvg :, ^vv-ij-iog; ^vv-7]-cov ; i-og; i-vg, jj-vg;
iaa-VTBQog (iß-vzfpog'?); sa-v^og; ia-9lög; fi-aog; S-rjtrjg; ^'-&og; s-z6g.
£-Tfog; s-zccv6g; i-z£cöv(,og; i-rd^co; s-zv^og; izTqzv^og und arszv^og;
i-tv(icoviog; ot-ai; öa-zfov. Das a dieser Wurzel sei denselben Ein-
flüssen und Veränderungen unterworfen wie das der Wurzel f8g, nur
dasz sein Wegfall noch weitere Fortschritte gemacht habe. Zwischen
zwei Vocalen sei es , wenn man f'a-vfiog und sG-vzsgog ausnehme , nir-
gends geblieben, oft habe es selbst in einem folgenden r und -S" keinen
Schutz gefunden, woran sich das 6 doch sonst so gern anlehne. Da
man die grosze Aehnlichkeit der Wurzeln fsg und sg in jeder Beziehung
wahrnehme, so dürfe man schon um deswillen voraussetzen, dasz wie
bei fsg so auch bei fg nicht s, sondern a der ursprüngliche Vocal ge-
wesen sei. Nur das Sanskrit habe diesen bewahrt , wo die Wurzel as
laute. Im Lateinischen und Deutschen sei das a bei dem verbum sub-
stantivum ebenfalls nicht mehr sichtbar; indes dürfte doch manche
Nominalbildung vorhanden sein, die es gerettet habe (das altlateinische
ass-ir oder ass-er). Schlieszlich wird der ursprüngliche Begriff der
Wurzel sg bestimmt: da wir fänden dasz dem abstracten Sein, wo wir
ihm sonst begegnen, ein concreter Begriff zu Grunde liege, wie hauchen,
stehen, sitzen, bleiben, so dürften wir annehmen dasz es auch mit fiftt
nicht anders sei. Curtius (Grundz. S. 344) sei der Meinung, dasz es
ursprünglich hauchen , athmen bedeutet habe , aber die dafür beige-
brachten Gründe erschienen nicht probehaltig. Es sei viel eher anzu-
nehmen dasz sein eigentlicher Begriff fest sein , bestehen gewesen sei,
eine Vermutung die sich wenigstens auf den wirklichen Gebrauch des
Wortes stütze.
4. Mainz.] Professor Bone, bisher Director am Gymnasium zu
Recklinghausen, wurde zum Director ernannt. Den Gymnasiallehrern
Dr Becker, Gredy, Dr Hennes, Klein und Scho eller wurde der
Charakter 'Professor' verliehen. Der evangelische Religionsunterricht,
welcher bisher von dem Superintendenten Dr Schmitt erteilt %vurde,
ist anfangs dem zum Verweser der zweiten evangelischen Pfarre er-
nannten Pfarrverweser Schuchard, nach definitiver Wiederbesetzung
der zweiten evangelischen Pfarrstelle dem dafür ernannten Pfarrer
Bauer übertragen worden. Dr Schumacher wurde zum Access zu-
gelassen. Personalbestand der Lehrer: Director Professor Bone, kathol.
Religionslehrer Eni er, evangelischer Pfarrer Bauer; ordentliche Lehrer
(alphabetisch): Professor Dr B eck er, Dr Billhardt, Professor Gredy,
88 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
Professor Dr Hennes, Dr Keller, Kiefer, DrKillian, Professor
Klein, Li ndenschmit (Zeichenlehrer), Dr Muni er, Dr Noire', Pro-
fessor Schoeller, Dr Stigell, Dr Vogel; auszerordentliche Lehrer:
Dr Hatteraer (Repetitor), Hona (Gesanglehrer), Vey (Turnlehrer),
We rner (Schreiblehrer); Accessist Dr Schumacher. Schülerzahl am
Schlüsse des Scliuliahrs 239 (I 10, II 20, III 28, IV 31 , V 26, VI 35,
VII 37, VIII 4(j). Abiturienten 20. Den Schulnachrichten geht voraus :
einige TVorte über Belohnung. Ein Beitrag zur Gymnasialpädagogik von
Dr Keller (18 S. 4). 1) Belohnung durch Beweise der Achtung und
Liebe. 2) Belohnung durch Anerkennung. 3) Belohnung durch aus-
drückliches Lob. 4) Belohnung durch Prämien,
5. Worms.] Nachdem Dr Hangen seinen Access beendet hatte,
schied er von der Anstalt, um einer Einladung zu einer Lehrstelle an
der Privat -Lehranstalt des Dr Eisenbach zu Darmstadt zu folgen.
Personalbestand der Lehrer: Director Dr Wiegan d, Eoszmann,
Seipp, Schüler, Dr Hobel, Dr Eich, Dr Glaser, Dr Uhrig, Dr
Burger, Dr Reis, Reusz (kathol. Religionslehrer), Wundt (evangel.
Religionslehrer), B esseis (Israel. Religionslehrer), Hoffmann (Zeich-
nen). Schülerzahl am Ende des Schuljahrs 187, und zwar 102 Schüler
des Gymnasiums (I 11 , II 15, III 30, IV 4ti) und 85 Schüler der Real-
schule (I 12, II 20, III 25, IV 28). Abiturienten 7. Den Schulnach-
richten folgt eine Abhandlung von Dr Uhr ig: die Gefangenschaft des
Königs Franz I von Frankreich (26 S. 4). Br Ostermann.
Mecklenburgische Programme vom Jahre 185 9.
1. Friedländisches Gymnasium.] Der Conrector Dr Krahner schied
aus dem Lehrercollegium, um das Directorat des Gymnasiums in Stendal
zu übernehmen; desgleichen trat der erste Lehrer der Bürgerschule
Hegenbarth aus seiner bisherigen Stellung;- durch Abänderungen in
der Stundenzahl mehrerer Klassen wurden die nötigen Lectionen durch
das Lehrercollegium besetzt. Das Conrectorat ward dem Prorector Dr
Dühr, das Prorectorat dem Subrector Funk übertragen, der Cand.
theol. Langbein als fünfter Gymnasiallehrer und Subdirigent der
Bürgerschule angestellt. Zu dem 50jährigen Jubiläum des Kirchenrath
Buchka, eines früheren Zöglings des Gymnasiums, gratulierte das
Lehrercollegium durch ein Programm: quaestio de Ans er e poeta, qua
Theophilo Gerardo Buchka, verum sacrarum apud Megalopolitanos
Schwanbeccenses moderatori, olim disciplina scholae Friedlandien~
sis inslituto, celebritatem eius diei, quo ante hos quinquaginta a?inos publi-
cum sacerdotium iniit , rebus ad vota ßuentibus instauratam gratulatur colle-
garum nomiiie Dr Robertus Ungerus, Director; zu dem 50jährigen
Jubiläum des Bürgermeisters Scholarchen und Hofraths Schröder
durch eine gleichfalls vom Director Dr Unger abgefaszte Abhandlung
de Lucani Heliaois; endlich zu dem 50jährigen Jubiläum des Pastor
Leuschner, der von Michaelis 1808 bis Ostern 1818 dem Lehrercol-
legium angehört, durch ein Programm, für welches alle Lehrer Beiträge
geliefert hatten (Corollarium über die lateinische Fausti7ischrift zu Leipzig,
über Gelb'us 19 , 9 und die Amazonis des Domitius Marsus vom Director,
griechisc/ij Ode vom Conrector Dr Dühr, Abhandlung über Hom. IL V 490
vom Prorector Funk, zur Theorie der Flächen zweiten Grades von Flem-
ming, kurze Entwicklung des neutestam. Begriffes cä^i, von Langbein).
Das Lehrercollegium bestand aus den Herren: Director Dr Unger,
Conrector Dr Dühr, Prorector Funk, Flemming, Langbein, Cantor
P fitzner. 5 Klassen: 135 Schüler (59 Auswärtige; I 5, II 10, III 35,
IV 38, V 41). Abiturient 1. Abhandlung vom Conr«ctor Dr Dühr:
Berichte über gelehrte Ansiallen, Verordnungen, statisl. Notizen. 89
(eingehende und scharfe) Bemerkungen zu der von C. von Orelli heraus-
gegebenen Hirzc Ischen französischen (hrimmnlik {Fovtsetznn^ 8.45 — 73. 4).
2. Güstrow.] Groszherzogliche Dom seh nie (gegründet 4.0c-
toher 1552, vgl. Dr Raspe: zur Geschichte der Güstrower Domschule.
Güstrow 1852. Einladungsschrift zum dreihundertjiihrigen Jubililum des
Gymnasiums. 100 S. 4), Lehrercollegium: Director Dr Raspe, Ober-
lehrer M a 1 1 h ä i, Dr Ernst, Aken, Vermehren. Löscher. 4 Klas-
sen: flS Schüler, darunter Auswärtige 59 (1 17, II 22, III 32, IV 27).
Abiturienten 2. Am 12. April 1858 starb der Protoscholarcli der Dom-
schule Superintendent und Consistorialrath Dr H. Vermehren, der
eine Reihe von Jahren dem Lehrercollejjium angehörte. Der Lehrer
Löscher ward zum Hülfsprediger in Schwaan berufen. Ueber die
Ostern 1859 ins Leben getretene Erweiterung des Gymnasiums haben
wir bereits' im Juniheft des vorigen Jahres berichtet. Abhandlung von
Dr Ernst: Grundlinien zu einer Geschichte der deutschen Nationallitteratur.
I. alte und mittlere Zeit (18 S. 4).
3. Neüstrelitz.] Gymnasium Carclinum. Das im Programm
nicht namentlich aufgeführte Lehrercollegium bestand aus den Herren:
Schulrath Director Dr Rättig, Professor Dr Ladewig, Professor
Michaelis, Vilatte. Mi lar eh. Fül dner, Cantor Messing, Bluhm,
Knebusz, Kankelwitz. 5 Klassen: 153 Schüler, darunter 57 Aus-
wärtige (I 11, II 15, m 27, IV 31, V 69). Abiturienten 5. Elementar-
schule 3 Klassen, 220 Schüler, darunter 26 Auswärtige (I 52, II 77,
III 91). Die erkrankten Lehrer Professor Michaelis und Fül dner
wurden durch den Privatgelehrten Latendorf vertreten. Ein früherer
Schüler des Gymnasiums, Rentier Mater, der ohne Aussicht auf eine
Existenz nach Australien ausgewandert und jetzt mit zeitlichen Gütern
gesegnet ist, hat die Summe von jährlich lUO Thalern überwiesen zum
Stipendium für einen solchen Schüler, der sich dem höhern gewerblichen
Stande zu widmen beabsichtigt. Abhandlung des Lehrers Milarch:
die Auferstehung Jesu Christi im Verhältnis zu unserer Auferstehung nach
Paulinischem Lehrbegriff (14 S. 4). Der Herr Verf. findet in dieser nach
Inhalt und Form gleich ausgezeichneten Abhandlung ein dreifaches Ver-
hältnis zwischen Christi Auferstehung und der unsrigen. Christi Aufer-
stehung sei die Versicherung, der Grund imd das Vorbild der
unsrigen, affirmatio , causa, exemplum. Im übrigen s. unsere Anzeige
in Reuters Repertorium.
4. Parchim.] Gr oszh erz ogliches Fr iedri c h-Fr anz-Gym-
nasiura (gegründet 1564). Lehrercollegium: Director Dr Lübker, Con-
rector G e s e 1 1 iu s , Oberlehrer Steffenhagen, Oberlehrer Dr H e u s s i ,
Oberlehrer Schmidt, Oberlehrer Schmeltz, Oberlehrer Dr Huther,
Oberlehrer Dr Mommsen, Collaborator Dr Ger lach, Collaborator Dr
Pfitzner, Collaborator Hahn, Collaborator Wes t er wick; Lehrer der
Vorschule: Hennings, Werner, Timm. 6 Klassen, 179 Schüler,
darunter 94 Auswärtige (I 13, II 17, III 24, IV 44, V 36, VI 45). Vor-
schule: 3 Klassen, 78 Schüler (I 34, II 22, III 22). 9 Abiturienten.
Collaborator Peters ward nach Cambs bei Bützow versetzt, an seine
Stelle trat der Cand. theol. Westerwick. Der erste Lehrer der Vor-
schule Vosz ward zum Rector der Stadtschule in Gravismühlen ernannt;
Cand. theol. Hennings ward sein Nachfolger. Ihre königl. Hoheiten
der Groszherzog und die Groszherzogin schenkten dem Gymnasium zum
' Gebrauch bei den Morgenandachten ein Orgel -Melodium von 2 Spielen
und 8 Registern aus der Fabrik von Alexandre in Paris. Die Neujahr
1856 gegründete Witwen- und Waisen -Unterstützungskasse erhielt die
Rechte einer juristischen Person. Abhandlung vom Collaborator Dr
Ger lach: das Auge imd das Sehen (35 S, 4). 1) Von den im Auge
entstehenden Bildern und vom Erlernen des Sehens. 2) Vom Sichtbar-
90 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen.
werden der dunklen Körper und vom Glänze. 3) Von den Farben und
Pigmenten. 4) Vom Äccommodationsvermögen des Auges. 5) Vom
Sehen mit zwei Augen. 6) Von den Contrasten. 7) Von den Nach-
bildern.
5. Rostock.] Grosze Stadtschule, Gymnasium und Real-
Bchule. Lehrercollegium : Professor Director Dr Bachmann, Con-
director Dr Mahn, Condirector Dr Busch, Dr Brandes, DrBrum-
merstädt, Glasen, Witte, Dr Wendt I, Rover, Schäfer,
Wendt II, Raddatz, Dr Holsten, Dr Krüger, Pastor Balck,
Dresenl, Dresen II, Hesse, Hagen, Dr Robert, Wahnschafft.
Gymnasium 7 Klassen, 235 Schüler (I 18, II 22, III 32, IV» 38,
IV >> 36, V 47, VI 42). Abiturienten 11. Realschule 5 Klassen, 204
Schüler (I 19, II 39, III 51, IV 53, V 44). Gesamtfrequenz der groszen
Stadtschule 439 Schüler. Der Herr Schulrath Dr Schröder aus Schwerin
wohnte dem Abiturientenexamen und sämtlichen Prüfungen bei. Am
20. Januar 1859 starb plötzlich der Lehrer Wahnschafft; an seine
Stelle trat der Engländer John Boyes. Abhandlung von Dr C. Hol-
sten: Inhalt und Gedankengang des Briefes an die Galater (72 S. 4).
1) Das Evangelium von Christus und seine Verehrer. 2) Inhalt und
Gedankengang des Briefes. A) Erster theoretisch -demonstrativer Teil
(Kap. 1, 11 — 4, 7). 1) Thatsächlicher Nachweis der nicht menschlichen
Vermittlung des Heidenevangeliums als negativer Beweis seines gött-
lichen Ursprungs und Rechts (Kap. 1, 11 — 2, 21). 2) Religionshisto-
rischer Beweis der göttlichen Wahrheit des Heidenevangeliums von dem
Empfang des messianischen Segens durch die Gerechtigkeit aus dem
Glauben ohne Gesetz (Kap. 3 — 4, 7). B) Zweiter praktisch -paräneti-
scher Teil (Kap. 4, 12 — 6, 10). Aufforderung in der göttlichen Wahr-
heit des Heidenevangeliums der Freiheit von Gesetz und Beschneidung
zu bestehen mit Widerlegung der Anklage , dasz diese Freiheit eine
Freiheit der Sünde sei. Excurs zu Gal. 1, 10 und 5, 11 und Excurs
zu Gal. 3 , 20. Wir gedenken auf die scharfsinnige Schrift des Herrn
Verfassers , dessen Name in der theologischen Litteratur bereits einen
guten Klang hat, in Reuters Repertorium ausführlicher zurückzukom-
men und verweisen vor der Hand auf die anerkennende Recension von
Professor Dr Lipsius im Leipziger litterarischen Centralblatt 1860
Nr 26. Eine mit dem Programm gleichzeitig erschienene Gratulations-
schrift zu der vierzigjährigen Amtsführung des Herrn Condirector Dr Mahri
vom Director Dr Bachmann gibt interessante Notizen über die Ge-
schichte der Rostocker groszen Stadtschule, denen wir nocb folgendes ent-
nehmen: Die Anstalt ist ursprünglich hervorgegangen aus der 1580 ge-
schehenen Vereinigung der Parochialschulen der Rostocker Hauptkirchen
und bestand viele Jahre hindurch aus fünf Klassen mit einer gleichen
Anzahl ordentlicher Lehrer, deren jedem eine bestimmte Klasse zugewie-
sen war, in welcher er den Unterricht in allen Gegenständen allein be-
sorgte. Diese Lehrer waren der Rector scholae, der Conrector und drei
oder vier Cantoren. Neben diesen Lehrern fungierten seit den letzten
Decennien des vorigen Jahrhunderts, als die Zahl der Unterrichtsgegen-
stände sich gemehrt hatte, ein oder zwei Hülfslehrer mit der Benennung
Collaboratoren. Durch die Reorganisation des Rostocker städtischen
Schulwesens im Jahre 1828 und die im Jahre 1830 nachträglich vom
Rath getroffenen Bestimmungen wurde die grosze Stadtschule zu einer
aus zwei Hauptteilen bestehenden Lehranstalt umgeschaffen : zu einem ■
Gymnasium von vier Klassen (I — IV) und einer Realschule von eben-
falls vier Klassen (1 — 4), von denen die beiden untersten (3 und 4)
zugleich Vorbereitungsklassen auch für das Gymnasium zu sein bestimmt
wurden und zu diesem Zwecke jede 6 Stunden lateinischen Elementar-
unterricht im Lehrplane zugeteilt erhielten. In Folge dessen ward das
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 91
Lehrercollegium vermehrt, welches von jener Zeit ab aus 12 ordent-
lichen Lehrern und 3 Hülfslehrorn für Rechneu, Schreiben, Zeichnen
und Gesang, zusammen also 15 Lehrern bestand. Im Sommer 1837
machte die Ueberfüllung der dritten Realklasse, die in ihrer Eigen-
schaft als Vorbereitungsklasse für Gymnasium und Realschule bis zu
einer Zahl von beinahe 60 Schülern angewachsen war, eine Trennung
in zwei selbständige Klassen nötig, deren eine sich als Quinta an das
Gymnasium anschlosz, die andere als dritte Realklasse ganz der Real-
schule zugeteilt und von dem lateinischen Elementarunterricht befreit
wurde; die so gewonnenen 6 Stunden wurden für den deutscheu und
französischen fnterricht verwandt. Die vierte Klasse der Realschule
blieb Elementarvorbereitungsklasse für beide Zweige der Anstalt. Das
Lehrercollegium ward um einen ordentlichen Lehrer vermehrt. Im Jahre
1844 muste die dritte Realklasse wegen der immer wachsenden Schüler-
zahl in zwei Abteilungen getrennt werden, welche nun als 3^ und 3 '' in
den meisten Lehrfächern getrennt als Parallelklassen , in den übrigen
jedoch combiniert unterrichtet wurden. Zu Ostern 1846 wurde die bis
dahin noch als Vorbereitungsklasse für Gymnasium und Realschule be-
stehende vierte Realklasse gleichfalls wegen L^eberfüllung in zwei für
sich bestehende Elementarklassen getrennt und dadurch für das Gymna-
sium eine Sexta, für die Realschule eine fünfte Realklasse geschaffen,
indem zugleich die seit 1844 bestehenden beiden parallelen Abteilungen
der dritten Realklasse zu zwei selbständigen Klassen als dritte und
vierte Realklasse erhoben wurden. In der Folge ward das Lehrer-
collegium in der Weise vermehrt, dasz von dieser Zeit an 14 ordent-
liche Lehrer und nach Anstellung besonderer Lehrer für französische
und englische Conversation in den beiden obern Realklassen und für
den Turnunterricht sechs Hülfslehrer an der Anstalt unterricliteten.
Von dieser Zeit an sind die beiden in der groszen Stadtschule vereinig-
ten Anstalten ihrem Lehrgange nach von einander unabhängig und
factisch selbständig geworden, übrigens jedoch mit einander insofern
verbunden , als das Lehrerpersonal beider ein Lehrercollegium bildet,
bei dem öffentlichen und dem Privatexamen beide Teile als ein Ganzes
erscheinen , sowie sie auch unter derselben Oberaufsicht und Leitung
stehen und in e'inem Locale vereinigt sind. Ostern 1852 wurde endlich
die vierte Gymnasialklasse in Ober- und Unter quarta geteilt, in
der Art dasz der auf zwei Jahre berechnete Unterrichtscursus der vier-
ten Gymnasialklasse nunmehr in zwei getrennten Klassen mit einjährigen
Lehrcursen durchgeführt wird. Die Frequenz der Anstalt ist in fort-
wärendem Steigen begriffen. Im Laufe der letzten 25 Jahre sind 169
Abiturienten mit dem Zeugnis der Reife entlassen, von ihnen widmeten
sich 47 der Theologie, 87 der Jurisprudenz, 26 der Medicin, 4 der
Philosophie, 2 der Philologie, 3 anderen wissenschaftlichen Fächern.
6- Schwerin.] Groszherzogliches Gymnasium Friederi-
cianum (gegründet 1553). Das im Programm nicht namentlich aufge-
führte Lehrercollegium bestand aus den Herren : Director Dr W e x ,
Prorector Reitz, Oberlehrer Dr Büchner, Oberlehrer Dr Schiller,
Oberlehrer Dr Overlach, Dr Wigger, Dr Hartwig, Dr Meyer,
Dr Bleske, Dr Schulze, Fischer, Foth. 7 Klassen, 232 Schüler
(I 27, II 28, III ^ 32, III b 39, IV ^ 44, IV ^ 36, V 26). Abiturienten 15.
Dr Bleske fiel in eine schwere Krankheit, die ihn länger als ein halbes
Jahr seiner amtlichen Thätigkeit entzog. Oberlehrer Dr Overlach
ward zum Director der St Annen-Schule zvi Petersburg berufen. Zwei
frühere Lehrer am Gymnasium, Rector B rasch und Dr Kollmann,
übernahmen zur Stellvertretung einige Lectionen. In Anlasz des 25jäh-
rigen Jubiläums des Director Dr Wex erschienen folgende Gratulations-
schriften: 1) Im Namen des Lehrercollegiums eine Dissertation vom
92 Persoiiainotizen.
Oberlehrer Dr Büchner: qua legis Iiiliae {de civitate soeiis ac Latinis
donunda) reliqidas tabula Heracleensi esse servatas demonstratur (17 S. 4j.
2) Vom Hofrath Dr Dippe: die lange Dauer des vienschlichen Lebens in
Mecklenburg. 3) Lateinische Ode vom Schnlrath Professor Dr Eggert
hl Neu-Strelitz. 4) Vom Rector Professor Crain in Wismar: metrische
U eher Setzungen ins Griechische und Lateinische aus Schiller und Göthe (23 S. 4).
5) Ein deutsches Gedicht vo?i den Schülern des Gymnasium Frideiicianum (ge-
dichtet von Carl Ähren s). 6) £ine Votivtafel von 111 ehemaligen Schü-
lern des Gymnasiums (Beigabe zu einem prachtvollen Geschenk). Zu dem
25jährigen Jubiläum des Oberlehrer Dr Büchner gratulierte der Di-
rector durch eine Schrift : spccilegium in Cornelio Tacito (8 S. 4) und zu
dem 25jährigen Jubiläum des Oberlehrer Dr Schiller der Schulrath
Professor Dr Egger t in Neu-Strelitz durch eine lateinische Ode. Ab-
handlung von Dr Wigger: Meckleriburgische Annalen bis zum Jahre 954
(vgl. d, Anz. im Leipz. Centralblatt 1860 S. 388) (32 S, 4).
7. Eatzebukg.] Lauenb urgische Gelehrtenschule. Lehrer-
collegium: Director Professor Ritter usw. Zander, Rector Bob er tag,
Conrector Burmester, Subrector Hornbostel, Collaborator Frahm,
Collaborator Burm eister, Tieck. 5 Klassen, 88 Schüler (I 7, II 10,
IIT 11, IV 27, V 33). In die durch Pensionierung des Conrectors Dr
Aldenhoven erledigte dritte Lehrerstelle rückte der bisherige 4e
Lehrer und Subrector Burmester auf, der Collaborator Hornbostel
ward zum Subrector , der Hülfslehrer Frahm zum Collaborator er-
nannt; an die Stelle des zum Pfarrer zu Hohenhorn berufenen Colla-
borator Harmsen trat der Candidat Burm eister. Abhandlung vom
Rector Bobertag: die Weltstellung Europas, eine geographische Skizze
(39 S. 4).
(Schlusz folgt.)
Güstrow. Dr Nickel.
Personalnotizen,
Ernennungen, Bcfürderongen , Tersetznng;en:
Ampfer er, Jos., Gymnasiall. zu Pesth, in gl. Eigensch. an das G.
zu Salzburg versetzt. — Benelli, Job., Scriptor an der Studienbiblio-
thek zu Mantua, zum Coadiutor an ders. Bibliothek befördert. — Be-
seler, Wilh. Hartwig, ehemaliges Mitglied der Statthalterschaft für
die Herzogtümer Schleswig und Holstein , unter Beilegung des Titels
eines geh. Regierungsraths mit dem Rang eines Raths 3r Kl., zum Cn-
rator der Universität Bonn ern. — Biedermann, Dr Herrn., Prof. an
der Rechtsakademie zu Kaschau, in gl. Eigensch. an die Rechtsakademie
zu Preszburg versetzt. — Biehl, Wilh., Gymnasiall. zu Marburg, in
gl. Eigensch. an das G. zu Salzburg versetzt. — Bryk, Dr Ant., Prof.
der Staatsarzneikunde, zum Prof. der Chirurgie und chirurg. Klinik an
der Universität zu Krakau ern. — Christ, Dr Wilh., Studienlehrer
der Lateinscliule am Maximilian-Gymnasium, unter gleichzeitiger Ernen-
nung zum Conservator des Antiquariums und Uebertragung der Function
eines vierten Vorstands des philologischen Seminars zum ao. Prof. in
der philos. Facultät der Universität zu München ernannt. — Concina,
Abate Natale, Schulrath und Gymnasialinspector zu Venedig, mit Be-
lassung seines Rangs und Charakters zum Vorstand der Universitäts-
bibliothek in Padna ernannt. — Dämmert, L., Lehramtspraktikant in
Karlsruhe, zum Lehrer mit Staatsdienereigenscliaft am Lyceum in Mann-
heim ern. — Deimling, Otto, Prof. am Lyceum in Mannheim, in
Porsonalnotizen. 93
gleicher Eif^enscliaft an das Lyceum zu Karlsruhe versetzt. — Deim-
lin?, Dr Karl, Lehramtspraktikant in Karlsruhe, zum Lehrer mit
Staatsdieuereigenschaft am Lyceum in Mannheim ernannt. — Dieck-
hoff, Dr A. W., ao. Prof, an der Universität zu Göttingen, zum ord.
Prof. der Theologie an der Universität zu Rostock eru. — Drenck-
mnan, SchAC, , als wissenschaftlicher Hiilfslehrer am Domgymnasium
zu Halberstadt angest. — Frodl, Kud., Supplent am G. zu Leitmeritz,
zum wirkl. Lehrer an gedachter Lehranstalt befordert. — Gand, Ernst,
Lehrer am Staatsg. zu San Procolo in Venedig, zur speciellen Lehrkan-
zel für deutsche Sprache am Oberg. zu Padua befördert. — Gebhardt,
H. , Studienlehrer an der Lateinschule in Achaffenburg, in gl. Eigen-
schaft an die Lateinschule des Maximilians-Gymn. zu München versetzt.
— Glaser, Dr Jul., ao. Prof. an der Universität zu Wien, zum ord.
Prof. des Strafrechts daselbst ernannt. — Gnesotto, Ferd., geprüfter
Lehramtscandidat, zum wirkl. Lehrer mit der Bestimmung für das Staats-
gynin. zu Treviso ern. — Gorius, Frdr., SchAC, als ord. Lehrer bei
dem kathol. Gymnasium an Marcellen zu Köln angest. — Halm, Dr
Karl, ord. Prof. und Director der k. Hof- und Staatsbibliothek, erhielt
die Function eines dritten Vorstands beim philol. Seminar in München
übertragen. — Harr er, L., Studienlehrer in Dinkelsbühl, an die Latein-
schule in AschafFenburg versetzt. — Hermann, DrConr. (der Sohn
Gottfried Hermanns), Privatdocent, zum ao. Prof. in der philos. Facultät
der Univ. zu Leipzig ernannt. — Herzig, Frz, Gymnasialsupplent in
Czernowitz, als wirkl. Lehrer am kathol. G. zu Schemnitz angest. —
Heyzmann, Dr Udalr., Privatdocent und Scriptor der Universitäts-
bibliothek zu Lemberg, zum ao. Prof. des kanon. Rechts in der Jurist.
Facultät der Universität zu Krakau ern. — Hillebrand, Jos., an
dem Staatsgymn. zu Hermannstadt vom Suppl. zum wirkl. Lehrer be-
fördert. — Hochegger, Frz, Prof. an der Prager Hochschule, zum
wirkl. Director des akademischen Gymnasiums in Wien mit Belassung
seines bereits erworbenen Dienstrangs ern. — Hofmann, Vinc, provis.
Director des G. zu Brunn , zum wirkl. Dir. dieser Lehranstalt ern. —
Homicsko, Nicol., griech.-kathol. Weltpriester, zum Religionslehrer
am Gymn. zu Unghvar ern. — Jaspe, Dr, bisher Hülfslehrer in Kieljf
in gl. Eigensch. an die Gelehrtenschule zu Meldorf versetzt. — Jen-
drassik, Dr Eug., Prof. an der chirurg. Lehranstalt zu Klausenburg,
zum ord. Prof. der Physiologie und höhern Anatomie an der Univ. zu
Pesth ern. — Jonäk, Dr Eberh., ao. Prof. der Statistik an der Uni-
versität zu Prag, zum ord. Prof. dieser Hochschule befördert. — J u n g -
clausen, Subrector, an Stelle des nach Kiel versetzten Conrector
Hagge zum Conrector an der Gelehrtenschule in Meldorf befördert.
— Jurkovic, Joh., Gymnasiallehrer zu Essegg, in gl. Eigenschaft an
das Gymnasium zu Agram versetzt. — Karpinski, Andr., Gymnasial-
lehrer in Bochnia, auf Ansuchen an das Gymn. zu Tarnow versetzt. —
Kleemann, Frdr., supplierender Director am G. zu Pisek, zum wirkl.
Director dieser Lehranstalt ernannt. — Klimscha, Phil., Gymnasial-
suppl. zu Salzburg, als wirkl. Lehrer am G. zu Marburg angestellt. —
Kopczynski, Dr Ferd., pro'Vis. Spitaldirector , zum ord. Prof. der
Staatsarzneikunde an der Univ. zu Krakau ernannt. — Korioth, Dr,
Weltgeistl. und SchAC, als ord. Lehrer beim Progymnasium zu Rössel
angestellt. — Kovdfik, Joh., Supplent am G. zu Eger, zum wirkl.
Lehrer an derselben Lehranstalt befördert. — Kriz, Joh., Gymnasial-
lehrer zu Neusohl, an das kathol. G. zu Preszburg versetzt. — Kf izek,
Wenz., Gymnasiallehrer zu Warasdin, in gl. Eigensch. an das Gymna-
sium in Brunn befördert. — Langethal. Dr, ao. Prof., zum ord.
Honorarprofessor an der Universität zu Jena ern. — Laubheimer,
Dr Frz, theol. Prof, zu Fünfkirchen, zum Prof. der Kirchengeschichte
94 Personalnotizen.
an der Universität in Pesth ernannt. — Laukotzky, VInc., Schulrath
in Triest, als Inspector der Volksschulen in Dalmatien nach Zara ver-
setzt. — Maassen, Dr Frdr. Bernh., ord. Prof. des röm. Rechts an
der Univers, zu Innsbruck, als ord. Prof. des röm. und Kirchenrechts
an die Universität zu Gratz versetzt. — Mainardi, Ant. , Custos der
Studienbibliothek zu Mantua, zum Vicebibliothekar an der Universitäts-
bibliothek zu Padua ern. — Margo, Dr Theod., Privatdocent in Pesth,
zum Prof. an der chirurg. Lehranstalt in Klausenburg ern. — Maschka,
Jos., Lehramtscand., als wirkl. Lehrer am G. zu Trient angestellt. —
Mocnik, DrFrz, Schulrath in Laibach, als Inspector der Volksschulen
von Steiermark und Kärnthen nach Gratz versetzt. — Müller, Dr A.,
Privatdoc. an der Univ. und Lehrer der Anatomie an der Akademie der
Künste in Berlin, zum ord. Prof. in der medicin. Facultät der Univer-
sität zu Königsberg ern. — Mussafia, Ado, Lehrer der italienischen
Sprache an der Universität zu Wien, zum ao. Professor der romanischen
Sprachen und Litteraturen ebendaselbst befördert. — Neu mann, Dr
phil. in Berlin , zum ao. Prof. in der philos. Facultät der Universität
zu Breslau ern. — Novdk, Thomas, Suppl. am Gymn. zu Jicin, als
wirklicher Lehrer am Gymnasium zu Königgrätz angest. — Oskard,
Andr. , provisor. Director des G. zu Rzeszow, zum wirklichen Director
dieser Lehranstalt ern. — Pavissich, Dr Alois, Schulrathin Klagen-
furt, an die Stelle des Schulr. Laukot zky nach Triest versetzt und
zugl. zum Inspector der Volksschulen Krains ern. — Pecho, Karl,
Supplent am Gymn. zu Rzeszow, zum wirkl. Lehrer ebendas. befördert.
— Planck, Dr , Diaconus in Heidenheim, zum Professor am obern
Gymnasium in Heilbronn ern. — Platz, F., Lehramtspraktikant in
Wertheim, zum Lehrer mit Staatsdienereigenschaft am dortigen Lycenm
ern. — Prammer, Ign., Lehramtscand., als wirkl. Lehrer ara G. zu
Znaim angest. — Prantl, Dr Karl, ord. Prof. an der Universität zu
München, erhielt die Function eines zweiten Vorstandes vom philologi-
schen Seminar übertragen. — Schön, Jos., Gymnasiallehrer inKaschau,
in gl. Eigenschaft an das G. zu Brunn vers. — Schumann, Joseph,
Gymnasialsupplent, zum wirkl. Lehrer am G. zu Marburg befördert. —
•ßchwarz, Lehrer, zum ord. Lehrer am Gymnasium zu Gumbinnen ern.
— Selling, Dr E. aus Ansbach, zum ao. Prof. in der philos. Facultät
der Univ. in Würzburg ern. — So leck i, Dr Luc. v., Weltpriester, zum
ord. Prof. des Bibelstudiums A. T. und der orient. Dialekte an der theol.
Fac. der Univ. zu Lemberg ern. — Spengel, Dr Leonh., ord. Prof.
der Philol., erhielt die Stelle eines ersten Vorstands am philologischen
Seminar der Universität München übertragen. — Steger, Jos., Gymna-
siallehrer zu Marburg , in gl. Eigenschaft an das G. zu Salzburg ver-
setzt. — Stock hardt, DrE., Prof. in Tharandt, zum Director des
landwirthschaftlichen Instituts und ord. Honorarprof. an der Univ. zu
Jena ern. — Streer,Ed. , Gymnasialsupplent zu Neuhaus, als wirkl.
Lehrer am Gymn. zu Warasdin angest. — Strerath, Dr, SchAC, als
ord. Lehrer am Gymnasium zu Bonn angestellt. — Stumpf, ord. Lehrer
am Gymn. zu Coblenz, zum Oberlehrer befördert. — Tabeau, Ferd.,
Gymnasialsupplent zu Lemberg, als wirkl. Lehrer am G. zu Sambor
angest. — Tomek, Wenz. AVladiwoj, ao. Prof. der österr. Geschichte
an der Univ. zu Prag , zum ord. Prof. dess. Fachs ebendas. befördert.
— Uhlif, Jos., Gymnasiallehrer zu Jicin, in gl. Eigenschaft an das
Kleinseitner G. in Prag versetzt. — Vaclena, Joh., Gymnasialsupplent
zu Saaz, zum wirkl. Lehrer am G. zu Pisek ern. — Viefhaus, SchAC,
als ord. Lehrer am Gymnasium zu Burgsteinfurt angest. — Vintsch-
gau, Dr Max. v., vom Supplenten zum ord. Prof. der Physiologie und
höhern Anatomie an der Universität zu Padua befördert. — Vulpi,
Dr Ant., Statthaltereirath und gewesener Professor der Universität zu
Personalnolizen. 95
PavLa , zum Director der rechts- und staatswissonschaftlichen Studien
an der Univ. zu Padua ern. — Wahlberg, Dr W. Emil, ao. Prof.,
zum ord. Prof. des Strafrechts an der Wiener Hochschule ernannt. —
Wilhelm, Andr., Schulrath in Galizien, zum Schulrath und G.ymnasial-
inspector für die Statthalterei in Mähren ernannt. — Woldfich, Joh.,
Gymnasialsuppl. zu Eperies , als wirkl. Lehrer am kathol. Gymnasium
zu Scliemnitz angestellt. — Zahradnik, Jos., Gymnasialsupplent zu
Köhraisch-Leipa , als wirkl. Lehrer am G. zu Pisek angest. — Zege-
stowski, Jos., Supplent , zum wirkl. Lehrer am G. zu Bochnia be-
fördert. — Zerich, Dr Theod., theol. Prof. zu Karlsburg, zum Prof.
der Pastoraltheologie an der Univ. zu Pesth ern. — Zons, ScliAC,
als ord. Lehrer bei dem kathol. Gymnasium an Marcellen zu Köln.
Praedicicrt:
Firmenich, Dr ph. J. M., Herausgeber von Germaniens Völkerstim-
men, als Professor. — Saage, Dr, Oberlehrer am Gymn. zu Brauns-
berg, als Professor. — Von der kk. Akademie der W. zu Wien sind er-
nannt worden : I. zum inländischen Ehrenmitgl. der gewesene Minister
Graf Leo v. Thun. II. Von der philosophisch -historischen Klasse 1)
zum ausländischen Ehrenmitglied Professor Dr Frz Bopp in Berlin; 2)
zum wirkl. Mitgl. Prof. Dr Frz Pfeiffer in Wien; 3) zu inländ. cor-
respondierenden Mitgliedern Prof. Rud. Eitelberg er von Edelberg
in Wien, Prof. Dr Jul. Ficker in Innsbruck, Prof. Dr Frz Lott in
Wien. III. Von der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse 1)
zum ausländ. Ehrenmitglied J. B. Biot in Paris; 2) zum wirkl. Mitgl.
Prof. Dr Ilud, Kner in Wien, Bergrath Frz v. Hauer in Wien, Prof.
Dr Joh- Purkyne zu Prag; 3) zu inländ. correspond. Mitgliedern: Dr
Mor. Hörnes, Gustos des Hof-mineralien-cabinets, und Dr Ed. Süss,
Custosadiunct zu Wien, Oberreallehrer u. Privatdoc. Dr Jos. Stephan
in Wien, Linienschitfscapitän v. Wüllersdorff-Urbär, Professor Dr
Joh. Hlaiiwetz in Innsbruck, und Dr med. Joh. Czermack.
Pensioniert:
Budalowski, Frz, Director des Gymnasiums zu Znaim, auf Nach-
suchen iinter Kundgebung allerhöchster Zufriedenheit. — Cicogna,
Joh. V., Director der rechts- und staatswissenschaftlichen Facultät der
Universität zu Padua, mit Verleihung des Titels eines kk. Statthalterei-
raths. — Effenberger, P. Frz, Schulrath zu Prag, auf Nachsuchen
unter Verleihung des Franz- Joseph-ordens. — Krtll, Ant., Schulrath
für Mähren, unter Bezeugung der allerhöchsten Zufriedenheit. — Kry-
nicki, Dr Onufr. v., Prof. der Kirchengeschichte an der Universität
zu Lemberg, auf Nachsuchen unter Erteilung des Franz-Joseph-ordens.
— Menin, Dr Ludw. von, Universitätsbibliothekar in Padua, unter
Bezeugung der allerhöchsten Zufriedenheit mit seinem Wirken, beson-
ders im Lehramt und in der Bekleidung akademischer Würden. — Vi-
ditz, Steph., Director des Gymn. zu Fiume, auf sein Nachsuchen
unter Äussprechung der allerhöchsten Zufriedenheit.
Gestorben ;
Am 12. Aug. 1860 zu Paris der bekannte Zoolog Andre-Marie-
Constant Dume'ril, geb. zu Amiens am 1. Jan. 1774. — Am 16. Aug.
zu Tübingen der Senior der dasigen Universität, Professor Dr Ed. v.
Schrader, geb. 1779 zu Hildesheim, seit 1810 in Tübingen thätig. —
Am 30. Aug. wurde zu Neustadt an der Mettau der kk. Professor Jos.
BaumgärtI zur Erde bestattet. — Mitte August starb in Pavia der
emer. Professor der Rechte an der dortigen Universitä Dr Alois Lan-
96 Personalnotizen.
franchi, als Gelehrter gerühmt. — Am 7. September zu La Chine bei
Montreal der Director der Hudsonsbai-Gesellschaft, Sir George Simp-
son, als Reisebeschreiber in der geogr, Wissenschaft bekannt. — Am
11. Sept. zu Innsbruck der emer. Professor und Consistorialrath David
Moritz, im 78. Lebensjahr. — Am 14. Sept. zu Pe^th der emer. Prof.
und Rath Dr Martin Csauss, im Alter von 64 Jahren. — Am 16. Sept.
zu Cilli der jub. Religionslehrer am das. Obergymnasium, geistl. Rath
Job. Graschitsch. — Am 19. Sept. der Rath u. geh. Archivar Frdr.
Firnhaber, corr. Mitglied der kais. Akad. d. W., Geschichtsforscher,
geb. zu Wien 8. Febr. 1818. — Am 21. Sept. in Frankfurt a. M. der
bekannte Philosoph, Dr Arth. Schopenhauer, geboren zu Danzig
22. Febr. 1788. — Mitte Sept. zu Pavia der Senior unter den Profes-
soren, Prof. med. Dr Rud. Lamprecht. — Am 1. Oct. zu Mies der
Kreuzherr Job. Hof mann, als Numismatiker bekannt. — Am 2. Oct.
zu Klattau der suppl. Prof. am das. Gymn. Andrlik. — Am 5. Oct.
zu Groszwardein der Prof. der Rechtsakademie, Job. Prikril, 32 J.
alt. — Am 31. Oct. zu Münster der Chorherr, ord. Prof. u. gewesener
Gymnasialdirector Dr Nadermann. — Am 3. Nov. zu Venedig der aus
der italienischen Litteratur bekannte Prof. Dr FrzFilippi. — Am
8. Novbr Sir. Maries Fellows, Sammler und Beschreiber der 'Xan-
thian Marbles', 61 J. alt. — Am 13. Novbr zu Münster der Oberl. des
Gymnasiums Dr Köne (Uebersetzer des Heliand und der altsächsischen
Evangelienharmonie). — Am 20. Nov. in Frankfurt a. M. Dr J. M. Jost,
Lehrer an der dortigen israelitischen Realschule, Verf. einer Geschichte
der Juden in 9 Bänden und anderer Schriften, geb. 1793 in Bernburg,
seit 1835 in Frankfurt. — Am 28. Nov. in Wetzlar der emer. Professor
am Gymnasium in Duisburg (früher Professor in Chur und Gymnasial-
director in Wetzlar), Johannes Herbst, Verf. der 1855 in Stuttgart
erschienenen Uebersetzung des Terentius, im 68n Lebensjahre. — An-
fang Dec. in Athen der Attache' bei der dortigen preuszischen Gesandt-
schaft Dr Arthur von Velsen, der wärend seines mehr als lOj. Auf-
enthalts dort eifrig den philologischen und archäologischen Studien ob-
lag. — Mitte December in Kosen bei Naumburg a. d. S. Dr Hermann
Kirchner, Privatdocent der Philosophie an der Universität zu Berlin,
durch Schriften über Plotinos und Kant ausgezeichnet , im 38. Lebens-
jahre. — Am 29. Decbr zu Rudolstadt , der Prof. am dasigen F. Gym-
nasium Dr Lobegott Samuel Obbarius, im 72. Lebensj., bekannt
durch seine umfänglichen Studien über Horatius, — Am 9. Januar 18G1
in Mailand der Philolog und Schriftsteller, Giovanni Gherardini,
im Alter von 80 Jahren. — Am 12. Jan. in Prag der bei dem berühm-
ten Streit über die Könighofener Handschrift lebhaft beteiligte Biblio-
thekar des böhmischen Museums W. Hanka. — Am 21. Jan. zu Bres-
lau der Consistorialrath Prof. D. Heinrich Middeldorp, nachdem
er am 4. April 1860 sein fünfzigjähriges Doctorjubiläum gefeiert hatte.
— Am 22. Januar zu München 82 Jahre alt der Nestor der deutschen
Anatomen und Physiologen, Dr Friedr. Tiedemann (früher in Hei-
delberg). — • Am 24. Januar zu Leipzig der berühmte Herausgeber des
Plato, Rector der Thomasschule und ao. Professor an der Universität,
Dr J. G. Stallbaum, geb. 1793 zu Zaasch bei Delitzsch, zuerst am
Pädagogium zu Halle , dann seit 1820 an der Thomasschule zu Leipzig
thätig, seit 1835 Rector.
Zweite Abteilung:
für Gymiiasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Ausschlusz der classischen Philologie,
herausgegeben tou Rudolph Dietsch.
(3.)
Die Ergebnisse der historischen Sprachvergleichung und
der Unterricht in der Muttersprache im Gymnasium.
(Fortsetzung und Schlusz von S. 75.)
Die Erörferiing ist bei dem Punkt angelangt, wo eine Unter-
suchung darüber nicht zu umgehen ist: was ist die Wnrzel des
Wortes? Ist sie ein Hirngespinnst , eine leere Spielerei des Gram-
matikers, oder hat sie ein substanzielles Dasein. innerhalb der mensch-
lichen Sprache? Der unterzeichnete gesteht offen, dasz ihm vor dem
Studium einer dahin einschlagenden Schrift H. Steinihals (^Gramma-
tik, Logik und Psychologie, ihre Principien und ihr Ver-
hältnis zueinander. Berlin 1855) und des bereits oben erwähnten
grammatisch- philosophischen Werkes von Heyse (§33 ff.) die Be-
deutung des Wortes Wurzel völlig unklar und dunkel war. Nach
der psychologisch und physiologisch begründeten Grundansicht dieser
3Iänner bricht die zeilherige Vorstellung wie der concreten, so auch
der allgemeinen philosophischen Grammatik von der Wurzel des
Wortes und mit ihr zugleich auch das ganze Lehrgebäude Beckers,
der von einer völligen Uebereinstimmung der Sprech- und Denkge-
selze irtiimlich ausgieng, zusammen und selbst Jacob Grimm, der in
der empirischen Handhabung der deutschen Wurzeln so bewunderns-
werlhes geleistet, hat die Sache nicht tief genug erfaszt, wenn er
freilich zweifelnd im Eingange des II Teiles seiner Grammatik
sagt : Verba scheinen Grundlage aller Worte. Aber die Be-
rechtigung seines Verfahrens wird durch Steinthals und Heyses System
auch philosophisch begründet und die Wurzel erhält eine Wichtigkeif,
von der ich wenigstens früher nicht die geringste Ahnung hatte, da
sie mir wesentlich blos eine Lautdichtung der Etymologien verwandter
Wörter zu sein schien zur Erklärung der verschiedenen Formen.
Die Sache ist hier entweder gar nicht oder in knapper, populä-
rer Fassung zu besprechen ; ein Versuch der Art ist schwierig und
N. Jaiub. f. Phil. u. Päd. 11. Abt, 1S6I. Hft 3. 7
98 Die Sprachvergleicluing und der Unterricht in der Muttersprache.
miszlich. Dennoch seien, um auf diese neue Lehre von der Wurzel die
beteiligten aufmerksam zu machen, hier einige Andeutungen gewagt:
d) die Sprache überhaupt musz in ähnlicher Weise entstanden
sein, wie wir ihre Enlslehung noch heute am Kinde wahrnehmen.
6) Sprache und Voraussetzung des Verständnisses der ausge-
stoszenen Laute bei der Umgebung fallen zusammen; kein Sprachlaut
des Kindes früher, als bis es das Verständnis seiner Laute voraussetzt.
Dasselbe gilt selbst für die Geberdensprache des Stummen, die gleich-
falls ohne die Annahme des Stummen, dasz er verstanden werden
könne, nicht denkbar ist.
c) Beim Kinde und bei der Sprachbildung im allgemeinen hilft
uranfänglicii die Geberde des Leibes den Sinn des Lautes verständlich
machen (vgl. Heyse S. 134). Ungebildete Erwachsene lieben es auch
heute noch, um denselben Zweck zu erreichen, ihre Rede mit Gesticu-
laiionen zu begleiten.
rf) Sieht man ab von den Empfindungswurzeln (Inlerjectio-
nen), die ohne ein auszerhalb des sprechenden liegendes Object zu
benennen, d. h. ohne einen Begriff zur Unterlage zu haben,
nur ein lautliches Bild von innern, dunkein Gefühlen geben und, wie
beim Kinde, so in jeder Sprache die ersten Lautbildungen sind, so
hilft bei den Wurzeln, die drauszen liegende Objecto bezeichnen sol-
len, dem Kinde die Geberde mitsprechen und zunächst die Schallnach-
ahmung, die aber in kühner Metapher Laut und Bedeutung des Lautes
bald auch auf andere Sinneseindrücke, namentlich auf das sichtbare
überträgt, die Urworte bilden, z. B. bim, bam, bum=: Glocke und lau-
ten; piff, paff, puff =:::= Schusz und schieszen.
e) Wenn nun die Anschauung und Vorstellung des Men-
schen sich noch mitten in dem Objecto drauszen befindet und sich von
ihm nicht losriugen kann, so ist der Begriff, der das manigfaltige
des Dinges zu einer Einheit zusammenfaszt, ein freier, vom Objekte
drauszen gewissermaszen schon erlösler Akt des Geistes, Die Wur-
zel, das Urwort des Kindes und der Sprache überhaupt — wem
entsprechen sie nun? Dem Begriffe, wie Becker gelehrt hat, oder
der Vorstellung? Offenbar kann das Urwort, die Wurzel
kein treues Lautbild des Begriffes sein, beide können
sich nicht, wie Becker lehrt, decken, da ja der Begriff kein
drauszen liegendes, genau entsprechendes Object hat,
sondern schon ein ureigenes, in dem Objecto nicht mehr
aufgehendes, selbständiges Erzeugnis des Geistes ist.
Die Wurzel musz also ein Lautzeichen sein für die Vors teil u ng,
das von einem einzelnen concreteu unterscheidenden Merkmale des
Objects hergenommen ist. Das Urwort, die Wurzel bezeichnet also
nach Heyse immer etwas besonderes, concretes, natürlich stets
sinnliches und nicht, wie Becker meinte, etwas allgemeines,
so dasz etwa die Urworte und Urbedeutungen auf eine geringste Zahl
zusammenschrumpften. Nach Heyse hat auch die reichste Sprache
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mullersprache. 99
kaum mehr als 1000 solcher Urworte, Weder beim Kinde noch bei
der Sprache überhaupt wird nun das entlehnte und verlautbarle Merk-
mal desselben Objects immer dasselbe sein, und hierin liegt der indi-
viduelle Unterschied der einzelnen, sonst selbst nah verwandten
Sprachen. Ein Beispiel, entlehnt vom Kinde, das im Sprechen die er-
sten Versuche macht, mag die Satze von Nro a bis Nro e erläutern;
sein Gebaren dabei kann von der Art w ie die Sprache im allgemeinen
entstanden ist wesentlich nicht verschieden sein. Das Kind hat
einen Ochsen brüllen hören — oder passender noch — einen
brüllenden Ochsen gesehen. Es bricht bei der ersten Wieder-
holung desselben Sinneseindrucks oder einer spätem in den schall-
nachahmenden Wurzellaut 6m, oder, um sein Staunen über den hefti-
gen Eindruck des Objects zu verlautbaren, vielleicht in den bereits
reduplicierten, d.h. nachdrucksvolleren Laut: bubu aus, sei es dasz es
diese Wurzel, die noch wenig Uebung und Entwickelung der Sprach-
organe verlangt, selbst schafft, sei es dasz es den von der Mutter frü-
her vorgesagten Laut sprechend nachahmt. Warum stöszt das Kind
den Laut aus? Antwort: einmal weil es der dnrch wiederholte An-
schauung erzeuglen Vorstellung Ausdruck geben, die heftige
durch das Object hervorgebrachte innere Erregung, die auf die Ge-
berde und die Sprachorgane einen unwiderstehlichen Druck übt, nach
auszen kund (hun — mit andern Worten — weil es sprechen will
oder besser weil es sprechen musz. Hieraus ergibt sich: wie der
Mensch, um nicht zu verhungern und zu verdursten, essen und trinken
musz, so zwingt ihn dieselbe Notwendigkeit zum spre-
chen. Will er unter dem gewaltsamen Einflüsse innerer heftiger Em-
pfindungen oder dem Drucke neuer äuszerer Objecte nicht erliegen,
so musz der Mensch, mag er wollen oder nicht. Laute ausstoszen,
d. h. sprechen. Die innern Empfindungen einmal, dann die neu ange-
schauten Objecte wirken mit unwiderstehlicher Gewalt auf die entspre-
chenden Organe seines Leibes und so entsteht mit Notwendigkeit 1)
die Geberde und 2) der Laut, d. h. die Sprache. Zweitens aber slöszt
das Kind den Laut bu aus, weil es das Verständnis dieses
Lautes bei seiner Umgebung voraussetzt; denn dies ist die
zweite Vorbedingung der Entstehung des Wortes beim Kinde, und in
der Sprache überhaupt. Da nun das Kind durch Ausstoszung dieser
Wurzel bu seinen doppelten Zweck, l) zu sprechen, d. h. sich der In-
nern Erregung durch den Laut zu entledigen und 2J verstanden zu
werden, vollständig erreicht — die Eltern begreifen recht gut, was
es damit sagen will — so kann die Wurzel kein Hirnge-
spin nst, keine Lautdichtung der Grammatiker ohne allen
geis t ige n 1 nh a 1 1 sei n. Ist sie nun entweder Nomen oder ist sie
Verbum? Offenbar keins von beiden; denn dazu fehlt ihr das Kenn-
zeichen beider. Erst durch Hinzutritt von beiderlei Kennzeichen wird
aus der Wurzel bu der Verbalstamm ßoa und das Verbum ßoäv (==z
brüllen) und durch Hinzutritt des Geschlechtszeichens das Nomei
ßov£^ bos (::= Brüller). Die Wurzel ist vielmehr Verbum und, Nomen
7*
100 Die Sprachvergloichiing und der Unterricht in der Muttersprache.
zunial*), ja noch mehr — das Urwort enthält — und das ist die
Hauptsache — schon den ganzen Satz keim in nich; es ist
g e w isse r maszen ein Satz, ein — ohne alle andere Laufzuthat
an sich verständliches Ganzes. Resultat: wenn das Kind der
l^lulter die Wurzel bu zuruft, so will es keineswegs nach Art des
Lexikographen ein Ding oder eine Thätigkeit vereinzelt he-
nennen, sondern es will sich durch diesen Laut verständlich machen.
Es will entweder sagen: das brüllende Thier ist wieder da, oder das
Tliier, von dem ich als einom brüllenden bereits eine Vorstellung habe,
brüllt jetzt eben wieder. Da es seinen Zweck bei seiner Umgebung
erreicht und den Laut gar nicht ausstoszen würde, wenn es die Mög-
lichkeit verstanden zu werden nicht schon vorausgesetzt hätte, so
liegt hier in den Uranfängen der Kindersprache eine Art der Verstän-
digung durch den Urlaut, die Wurzel vor, der alle formelle lautliche
Bezeichnung des Subjects, Prädicats und der Copula noch vollständig
aiigeht.
Man wird einwenden: so das Kind, so die Uranfänge seiner
Sprache — aber ist's denn ebenso mit der Sprache überhaupt gewe-
sen? Darauf antworten Sleinlhal und. Heyse mit entschiedenem Ja.
Und es ist nötig auf ihre Beweisführung wenigstens kurz zurückzu-
kommen.
A) Millionen von Mensclien stehen noch heutigen Tages auf die-
sem Standpunkte der frühesten Sprachbildung des Kindes durch Wur-
zeln. Die Chinesen reihen einsilbige Wurzeln aneinander und drücken
'nur durch die Slellang der auf einander bezogenen Wurzeln die jedes-
malige Begriffsform aus, so dasz die Verbindung beider nur im Geiste,
nicht durch ein Wort oder eine Worfform (Copula) vollzogen wird'
(Heyse S. 142). Dadurch gewinnt die Grundarisicht von der Wurzel,
nach der sie in den Uranfängen aller Sprachen bereits den Keim des
ganzen Satzes in sich enthält, die ausreichendste Bestätigung.
B) Andere Sprachen, z. 8. die tartarischen gehen, über die Wur-
zelsprache, in welcher ein und dieselbe Wurzel /ju bald brüllen,
bald Brüll er bedeutet, einen Schritt hinaus und unterscheiden den
ISamen für das Ding (Subslauz) von dem für die Thätigkeit (Attribut)
auch lautlich, aber es fehlt Wort oder Form für die Aussage. Die
Synthesis des Subjects und Prädicats musz also der hörende auch
ohne alle lautliche Andeutung in seinem Geiste selbst voll-
ziehen. Die Türken können zwar sagen: homo (= Nomen), amans
*) Selbst volLständiV eutvrickelte Worte tauf einem viel späteren
Stande der Sprache, z. ß. fall, Fall; .schlag;, Schlag; bisz, Bi.sz ; grab,
Grab; schritt, Schritt, kihmen als Bestätigung dienen, dasz nicht das
Verbnm die Quelle der Sprache sei, sondern dasz der Wnrzel selbst
eine solche Fülle geistigen Gehalts innewohne, dasz sie Verbum nnd
Nomen zumal bedeutet. Weit gefehlt also, dasz die Wurzel eine sinn-
lose Lautdichtung des G r a in ni at i k er s wäre, ist sie in den
Uranfängen der Sprache erfüllt mit dem reichsten g e i s t i -
gen I njia 1 1.
Die Sprachvcrgleicliuiig mul der Unfcrrichl in der iVIiilferspracIie. 101
(= Attribut; also gewissermaszen Verb um); aber die beiden ent-
sprechenden türkischen Worte bedeuten sowol ; Iiomo am ans ^ als
aucii : honio amat, weil den Türken (I;is lautliche Mittel, Subject
und Pradicat durch die Copula zu verbinden abgeht (vgl. Heyse ebd.).
Mag man vom Kinde, dem freilich die vorsprechende Mutter bei der
Wurzelbildung j etzt fast alle Mühe abnimmt, oder mag man von die-
sen beiden Sprachen unter Nro A u. B ausgehen, in beiden Fällen ge-
winnt die Wurzel, der die ürammaliker , weil sie dieselbe für
ihre eigne L a u t d i c h t u n g , nicht für eine Schöpfung der
Sprache sebst hielten, zeither fast allen geistigen Inhalt abzu-
sprechen geneigt waren, eine weit gröszere Wichtigkeit, als man ihr
zeither beizulegen irgend ge\>ohnt war. Denn es ist einleuchtend,
dasz sich — also ganz gegen Beckers Ansicht — Sprech- und Denk-
gesefze ursprünglich durchaus nicht decken ; denn was der denkende
Geist vermöge des ihm innewohnenden Gesetzes immer thun musz,
nemlich die Synthesis des Subjecfs- und Pradicalsbegriffes zu vollzie-
hen — diese Synthesis ist lautlich in den erwähnten Sprachen gar
nicht ausgedrückt*).
C) Erst a u f de r driften und höchsten S t u fe der Sprache,
welche die Kinder und manche Völker nicht erreichen, 'nimmt das
V e r b u m die Kraft der Copula in sich auf und u i r d zum
wirklichen A ussa ge wo rt e' (Ileyse ebd.). Auf dieser höchsten
Stufe stehen neben andern die indo-europaischen Sprachen und unter
ihnen auch die deutsche. Aber uranfänglich sind auch diese
Sprachen, wie die des Kindes, von der Bildung der Wurzel, als des
Urwortes, ausgegangen; darum ist es begreiflich, wie selbst die
ältere Grammatik, wenn auch mehr dunkel ahnend, als die
Wichtigkeit der Sache in ihrem ganzen Umfange begrei-
fend, sich mit den Wurzeln soviel zu schalTen gemacht hat. Auf das-
selbe Ziel übrigens, das Sleintha! und Heyse jüngst auf physiologischem
und psychologischem Wege erreicht, war schon vor ihnen, "aber auf
empirischem Wege die historische Sprachwissenschaft losgesteuert,
*) Bestätigt dasselbe nicht auch folgende Thatsache ? Die Kinder
spTechen selbst später noch: "'^''.lama, essen — trinken — schla-
fen'. Die Mutter versteht das Kind vollständig; das Kind würde auch
die Laute nicht ausstoszen , wenn es nicht die Mögiiclikeit des Verständ-
nisses voraussetzte. Also auch hier Sprache und Verständnis ohne die
lautliche Form, die dem innern Denkacte vollkommen entspräche.
Es sind zwar keine "Wurzeln (= isK, trink, schlaf), sondern eine Art
echter Infinitive; aber diese Infinitive bedeuten nicht Nomen oder Ver-
bum allein, sondern enthalten den vollen und zwar für die Mutter
ganz verständlichen Satzkeim. Das Kind spricht nur anders,
als wir zu denken gezwungen sind. Ganz ähnlich pflegen in aufgeregtem
Zustande auch selbst Erwaclisene zu sprechen; wir nennen dies dann
Ellipse und ergänzen dabei allerlei Worte. At)er von dem hier ge-
genommenen Standpunkte aus erklärt sich die Ellipse von selbst; jede
Ergänzung ist überdüssig ; die Sache ist vielmehr diese: der erregte
Mensch spricht eben anders, als der ruhige zu sprechen und alle zu
denken pflegen.
102 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
sodasz der Empirie die philosophische Betrachtung dicht auf dem Fusze
gefolgt ist. Die historische Schule stimmt mit den beiden philosophi-
schen Grammatikern darin vollständig überein, dasz sie die Sprachen
nicht als etwas fertiges, wie sie zu einer bestimmten Zeit in die
Erscheinung traten, betrachtet, sondern als etwas gewordenes.
Diese Grundansicht schlieszt einmal jede einseitige Beschäftignng des
Etymologeif mit einer einzelnen Sprache ohne Rücksicht auf die ver-
wandten aus , dann niusten beide mit aller Macht auf die Quelle des
Wortes und der Sprache überhaupt, d. h. auf das Urwort, auf die
Wurzel bingeleitet werden.
Jetzt erst kann die oben zu II Nro 3 gestellte Frage: ob die
' unr egelmäs z ige n' Verba ihren Namen etwa verdienen, weil sie
gegen die ursprüngliche Regel der deutschen Conjugation gebildet
seien, genügend beantwortet werden. Dasz die seh wa eben Verba
auf ete, te die Wurzel nicht enthalten, ist, da sie sämtlich durch die
Vocale 2, 0, ai deriviert sind, von selbst klar. J. Grimm hat nun ge-
rade in den "^unregelmäszigen' deutschen Verbis die Wurzeln
der deutschen Sprache entdeckt und sie demnach auch Würze l-
verba*) und ihre Conjugation die starke genannt. Die Regel nun,
nach der diese Wurzelverba gebildet sind, heiszt A b la u t. Es hat
damit aber folgende Bewandtnis. Alle Sprachen bilden zuerst die
Wurzeln; aus diesen entsteht in den indo- europäischen Sprachen,
also auch den deutschen das Wort
A) durch innere Lautveränderung der Wurzel selbst; diese trifft
natürlich nur den Vocal, da wesentliche Aenderung des Con-
sonanten der Zerstörung der Wurzel gleichkäme, z. ß. Band,
Bund; der Greif, der Griff.
B) Durch äuszere Lautansätze
1) Fräfixa z.B. die Reduplication, z.B. Wirrwar, Singsang,
murmur, susurro.
2) Suffixa am Ende der Wurzel a) Flexion, b) Derivation,
c) Composition ;
C) durch beide ßildungsmittel zugleich, z. B. Tpegpco, xi-xQOcp-u,
tQag)-ijvac; Not-durf-t, Gift, Gruf-t; Gab-e, Grab-en.
Zu Nro A) Die innere Lautveränderung ist aber eben das, was J.
Grimm Ablaut nennt. Die slavischen Sprachen kennen das Bil-
dungsmittel Nro A gar nicht; die griechische verwendet es häufig
— nur meist in Verbindung mit dem andern unter Nro B, z. B. TCi&eiv,
nel^co, TtiTioi&a^ mang, neia^a; die lateinische Sprache hat jedenfalls
Spuren davon; denn wie soll man fid, fid, foed, fides, foedus; die, die.
(
*) Dasz *■ die wirkliche Urgestalt und Urbedeutung der Wurzeln
uicht innerhalb einer einzelnen, also auch nicht der deutschen Sprache
gefunden werden kann, sondern dasz diese Ermittelung der gescliicht-
lichen , d. h. vergleichenden Sprachforschung als Aufgabe zufällt , er-
wähnt Heyse (S- 111) ganz richtig. Das Gymnasium hat sich auf die
Muttersprache zu beschränken; die Vermittelung mit den beitlen alten
bewirkt das Gesetz der Lautverschiebung.
Die Sprachvorjjloicliuiig und der Untcrriclit in der MuUersprache, 103
dicaro, dicere ; dux, ducis, düco, plac-plAc, placere = llacli, eben, fflalt
sein C^placidiim niare, anuiis') und pläcare, flach maclien, ebnen ('ae-
qiiora pl.') anders nennen als Ablant, wenn man niclit unnötige Kunsl-
ausdrücke hänfen, oder gar wie die altere Grammatik in den Worten
ganz irtiimlieli Ausnahmen ßndon will?
Von allen andern indo -europäischen Sprachen ist aber der Ab-
laut sämtlichen germanischen, also auch unsrer neuiiochdeutschen
eigentümlich und durchweg maszgebend. Die Sache läszt sich genü-
gend nur vom Gothischen ans erklären; auch das Gymnasium wird auf
anderem Wege nicht ans Ziel gelangen, und es scheint eine Andeutung
darüber hier an der Stelle. Das Zurückgreifen blos bis zum MIID. ist
gewis nicht zweckentsprechend. Die Sache wäre dann auf der Uni-
versität doch wieder von vorn anzufangen, was selbst strebsame Stu-
denten unterlassen würden; denn da der Abstand der mhd. von den
nhd. Formen sehr gering ist, würde der Student vor den sehr abwei-
chenden gothischen und althochdeutschen, scheinbar ganz andern For-
men natürlich zurückscheuen und das ganze Studium an den Nagel
hängen. Kennt dagegen der Secundaner die Grundregeln, hat er sich
— selbst bei sehr beschränkter Leetüre — an Beispielen geübt, um
ältere Formen in unsere heutige zu verwandeln, so braucht er blos
neben den nhd. die goth. Ablaute zu lernen, um die folgenden Para-
digmen leicht zu überschauen:
Partip.
u bind-a, band, bund-um, bund-ans.
i od u-^^^"^' ^^^' geb-um, gib-ans.
Istil-a, stal, sielum, stul-ans.
a far-a, för, för-um , far-ans.
i steig-a, staig, stig-um, stig-ans.
u biug-a, buag, bug-um , bug-ans.
Hat der Schüler auszer diesen goth. Ablauten die übrigen
Grundregeln: die Brechung, den Umlaut und die Schwä-
chung, m"it welcher auch die verworrenen nhd. Quantitäts -Verhält-
nisse zusammenhangen, vorher gelernt und weisz er das wenige, was
der blosz dialektische Vocalwechsel zu lernen nötig macht, so setzt
er sich die Wurzeln und Endungen dieser goth. ablautenden Verba
von selbst in die betreffenden nhd. um. Aber ehe ihn der Lehrer be-
ginnen läszt, fängt er die ganzeSache gerade damit an, wo-
mit die lateinisch -deutsche Grammatik völlig rat blos
endete, nemlich mit der allereinzigen nhd. ^Ausnahme*: 1) ich
werde, 2) ich ward, 3) wir wurden. Denn gerade diese Au s -
nähme, an die sich der Lehrer vor allem anklammern nuisz, enthält
die alte Regel. Ablaut des Singularis und Ablaut des Pluralis Prae-
teriti waren nemlich auszer in Klasse III (goth. 6, ö = langes nhd. n)
ursprünglich immer von einander verschieden.
Zunächst schafft sich der Schüler die Endungen bei Seite; also
Präes.
Praet.
Praet
Sing.
Plur.
I. i —
a
— u -
II. i —
a
— e ■
III. a —
ö
— 6
IV. ei —
ai
— i
V. iu
ua
— u
104 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mutlersprache.
golh. a n. ans im Praes. u. Parlicip. = nhd. n u. en (= Schwächung);
golh. um = nhd. en (= l) Schwächung und 2) Wechsel der liquidae,
wie er auch sonst bei Endungen vorkommt). Demgemasz setzt er
nun fest:
a) binde — 2) band — 3) wir banden (nicht mehr: bunden, wie
das Volk spricht).
b) gebe (Brechung) — 2) gab (unorganisches a) — 3) gaben,
stehle (Brechung und Dehnzeichen) — 2) stahl (unorganisches
ä und h) — 3) stahlen.
c) fahre (unorganisches ä und h) — 2) fuhr (h) — 3) fuhren.
d) steige — 2) stieg — 3) stiegen.
e) biege — 2) bog — 3) bogen. *)
Der eingeschulte, mit der Lautverschiebung bekannte Primaner
wird mit Rücksicht auf den dialektischen Vocalwechsel die goth. Prä-
lerila band, bundum; gaf, gebum; för, forum; staig, sligum ; buag,
bugum mit derselben Sicherheit ins Ahd. umsetzen und linden : pant,
puntumes; kap, käpumes, stal , sfälumes ; vuor, vuorumes; steic, sti-
kumes; pouc, pukumes. Daraus ersieht der Schüler, dasz auch das
Ahd. einen doppelten Ablaut im Praeteritum hatte; dieselbe Thatsache
findet er im Mhd. und so wird er erst begreifen, dasz die Form: ich
ward, wir wurden keine Ausnahme, sondern gerade die alle Kegel
enthält und dasz sich Doppelformen solcher Praeierita bei Luther und
seinen Zeitgenossen und manche üeberresle in der Volkssprache (was
die Alten sungen, das zwitscherten die Jungen; sie bunden ihn,
trunken viel u. ä.) grammatisch erklären lassen, ohne dasz an Aus-
nahmen zu denken oder gar die Rede des Volkes als regelwidrig zu
verachten wäre. Die nhd. Participia ergeben sich den Golhischen ge-
jjenüber durch die Brechung (gegeben, gestohlen; e u. o = ursprüng-
lichem i u. u) und durch unorganische Längeruiig (gefahren; ä für a)
von selbst und so hätte der Schüler mit Hülfe der Grundregeln die
völlige Uebereinstimmung sämtlicher Laute und zwar mit seinen eignen
Mitlein nachgewiesen **).
*) Zu Nro d und e die Bemerkung des Lehrers: In beide Klassen
hat die Thatsache Verwirrung gebracht, dasz die nhd. Sprache den
doppelten Ablaut im Praeteritum aufgab; diese muste sich nun ent-
scheiden , entweder für den langen älteren Ablaut des Singularis oder
für den kurzen des Pluralis. Sie hat nun die Wahl so getroffen, dasz
ein Teil der Verba der Klassen d und e den langen goth. Ablaut ai und
ua (= nhd. ie und 6) z. B. steige, stieg, biege, bog, ein Teil den goth.
liurzen Ablaut des Pluralis i u. u (o) wählte, z. B. greife, griff, fliesze,
Flusz und (gebrochen: ich) flosz, das Flosz, wählte. **) Auf diejeni-
gen nhd. starken Verba, die im Laufe der Zeit in andere Klassen aus-
gewichen sind , und auf das Eindringen des o aus dem Participium ins
Praeteritum, z. B. schere, schor für schar (neben die Schaar, Scharte,
Scliur), hat der Lehrer den Schüler aufmerksam zu macheu; dieser
wird sich auch hier bald zurechtfinden , wenn er die Thatsache festhält,
wie die Verwirrung davon ausgegangen , dasz die nhd. Sprache den
doppelten Ablaut im Praeteritum aufgegeben hat.
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache. 105
Der Ablaut ist also ein ureigener, regelmässiger, wol-
lautender, allen germanischen Sprachen gemeinsamer
V o c a 1 w e c h s e l innerhalb der Wurzel, dessen lautliche Ei-
gentümlichkeil die ältere 1 a le i n isch- de n ts ch e Grammatik gan/;
und gar verkuiinte. Aber hat sie die Bedeutung dieses wunderbaren
innern Vocaivvechsels etwa richtig aufgefaszt? Antwort: noch viel
weniger, sodasz die Pfliclit jetzt, wo die bessere Einsicht gewonnen
ist, mahnend an die Lehrer des Gymnasiums herantritt, die Schüler
der übern Klassen in d;is richtige Verständnis einzuführen.
Der Ablaut hat aber nicht blos die Kraft, vom Laute
des Praesens den Laut des Singularis und Pluralis des
Praeteriti zu unterscheiden, sondern seine Kraft ist —
wenigstens was die germanischen*) Sprachen betriiff, viel schöpfe-
rischer; der Ablaut ist ausserdem auch die Quelle aller deut-
schen Nomina. Nach der ersten Reihe der Ablaufe i, a, u läszt
sich nemlich auch dieses Paradigma aufstellen:
Verbuin: trinke — • trank — (wir) trunken (nhd. tranken)
Nomina: Trinkglas — Trank — Trunk
Trink-er — Ge-lränk — trunk-en
tränken (goth. dragk-jan) — Trunksucht.
Jeder, auch schon der Secundaner ersieht aus diesem Paradigma voll-
ständig, dasz es sich beim Ablaut nicht blos um die Temporal-
bildung, um die Unterscheidung des Praesens vom Singularis und
Pluralis des Praeteritum (=: ich werde, wr/rd, wir werden ::= Siöo),
oiöa, l'ö^isv) handelt, sondern vielmehr um die gesamte deutsche
Wortbildung, also auch der Nomina und sämtlicher schwachen
Verba (trank : Trank : Trunk : trunken; Band : Bund ; tränken, bändi-
gen ; sank : senken ; sasz : setzen ; risz : ritzen ; asz : ätzen ; fuhr : füh-
ren; stach : stacheln). So lassen sich denn alle Nomina derselben
Wurzel, die zwei verschiedene Ablaute darbieten, in die obigen fiinf
goth. Klassen ebenso gut einreihen, wie die ablautenden Wurzel-
verba; ja wäre im Nhd. für zwei solche Nomina ein entsprechendes
*) Den Streit, ob das Praesens oder das Praeteritum, also ob gotli.
bind, gib, stil, steig, hing oder band, gaf, stal, stig, bug die eigentliche
Wurzel enthalte, mag die Schule auf sich beruhen lassen. Für die
Schüler reicht die Bemerkung aus: in jedem solchen ablautenden
Verbum steckt eine den tsche Würze 1. Die erste Ansicht ver-
teidigt J. Grimm , die andere vielleicht richtigere die Sanskritauer. Was
aber die Bedeutung dieses regelmäszigen Vocaivvechsels betrifft, so
ist J. Grimms Grundauschauung gewis die einsichtsvollere. In den
germanischen Sprachen ist nemlich dieser Voealwechsel organisch,
d. h. begrifflich wortbildend, nicht, wie die Sanskritauer be-
haupten, blos lautlich. Nicht blos 'trink' (= Imperativus) und ich
Hrank' unterscheidet sich begrifflich von einander, sondern auch
Tr«nk und Trank, Grab und Grwf-t, B«nd und Bund, Her-zog und Z?<cht.
In diesen und unzähligen Nominibus bewirkt allein der Vocalwan-
del an und durch sich den Wechsel auch der Bedeutung. Zu mei-
ner Freude bestätigt aucli Heyse (S. 147) J. Grimms Ansicht und erklärt
in Betreff der germanischen Sprachen den Ablaut für wortbildend.
106 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
starkes Verbum nicht mehr vorhanden, so kann man ein solches er-
dichten und auch der Primaner, wenn er sonst richtig eingeschult ist,
wird bei dieser Dichtung nicht oft fehlgreifen*). Wie im allgemeinen
das historische Verfahren dazu drängt, auf die alten, namentlich
die gothischen Ablaute Bücksicht zu nehmen, so auch besondere Fälle,
die vom Nhd. aus sonst nicht zu erklären wären. Die IV u. V Klasse
z.B. bietet jetzt die Vocalleiter: schreibe, schrieb, geschrieben; fliehe,
floh, geflohen; schliesze, schlosz, geschlossen; biege, bog, gebogen;
ziehe, zog, gezogen. Dazu passen die Nomina: Schreiber, Floh, Bo-
gen, Her-zog und Schlosz; dagegen enthalten die Vocale in Schrif-t;
Flucht; SchlMsz ; Bwch-t; bücken; Zuch-t und Zug (= unorganisches
ü) die älteren Ablaute des früheren Pluralis, der sich jetzt auszer in
ward, werden vom Singularis durch einen andern Ablaut nicht mehr
unterscheidet. Aus dem gesagten aber erhellt: der Ablaut ist Ur-
sprung und Quelle aller deutschen Worte, der Nomina und der Verba,
und es dreht sich dabei keineswegs blos um die Temporal-Bildung.
Weil gefehlt, dasz die ältere lateinisch -deutsche Grammatik bis
zu dieser Quelle des deutschen Wortes vorgedrungen wäre, stand sie
diesen ablautenden Wurzelverbis, da sie in der iateinisclien Grammatik
kein Analogon fand, völlig rathlos gegenüber. Anstatt sich an die
griechische Sprache zu halten, die in ihren Verbis und Nominibus
*) Verfiele z. B. der Primaner auf die Frage des Lehrers nach zwei
solchen Nominibus — auf die nlid. Hahn, Huhn, Henne, so fände
er zwar kein entsprechendes nhd. starkes Verbum ; auch der Lehrer
könnte ihm selbst aus allen germanischen keins beibringen. Zunächst
läszt er den Umlaut E in Henne fallen; das E kann ja nicht ursprüng-
lich sein (vgl. oben); er hält sich also an das a und u in Hahn und
Huhn. Dies leitet ihn auf die III goth. Reihe han , hun, hon, hun =
nhd. Han, Hun (ü); mithin ist das ä in Hahn unorganisch und das H
bloszes Dehnzeichen; ahd, hanja wird durch Umlaut zu nhd. Henne.
So wäre der Laut festgestellt. Wie steht es nun mit der Bedeutung?
Da keine deutsche hier aushilft, so kihinte sich der Lehrer wol einmal
an die lateinische Sprache wenden. Nach der Lautversc'hiebung
(cornu, KSQug, Hörn; xotlog, caelum, hohl; KÜlaiMog, calamus, Halm)
musz Hahn = lat. can sein und nun hat der Schüler selbst alles
gefunden was er wünscht und, meine Erfahrung lehrt's, zu seiner
groszen Freude, die ihm das ganze Verfahren lieb und angenehm
macht. Zunächst 1) sieht er ein, dasz seine Dichtung kein Luft-
schlosz, folglich die Regel des Ablauts für alle Fälle, selbst erdichtete,
durchgreifend ist, dann 2) weisz er, was er von der Mutter nicht ge-
lernt hat, dasz Hahn, Huhn eigentlich Kräher, Schreier, Sän-
ger bedeutet und 3) lernt er nebenbei, dasz cano, cecini, cantum ur-
sprünglich nicht: singen, ''melodische, kunstvolle Töne hervorbringen'
(vgl. Freunds Lex.) heiszen kann, was an sich unwahrscheinlich ist,
da sie in der urältesten Zeit der lateinischen Sprachbildung kaum Kan-
toren »md Koncerte gehabt haben. Vgl. übrigens: ''Galli — victores ca-
nere solent; sie maestae tubae cecinere; et veterem in limo ranae ceci-
nere ('singen'?) querehim. Solche Beispiele , die der Schüler sich selbst
aus dem Latein, oder Griech. sucht, sind recht geeignet, die etwa lauer
werdende Teilnahme desselben anzufachen und pflegen einen besondern
Reiz für die Sache zu veranlassen.
Die Sprachvergleichung und der Unlerricht in der Muttersprache. 107
(AaTto), XeXoiTta, lomog, Xitcelv = golh. sleiga, staig, stigum , ßnev-
6co, GTtovö}], golh. biug, buag) einen ganz ähnlichen Lautwandel des
Wurzeivocals bietet, nahm sie in der äuszersten Verlegenheit zu einer
secundäien Sprache, der französischen, ihre Zuflucht und holte sich
von einer gewissen Klasse vonVerbis dieser Sprache, deren Bildung
mit der der deutschen Wurzelverba auch/ nicht das ge-
ringste gemein hat, den ganz unpassenden Namen ^ unreg ei-
nlas z ige Zeilwörter'. — Doch diese Andeutungen und Beispiele mö-
gen genügen, den früheren und den jetzigen Standpunkt der deutschen
Grammatik zu kennzeichnen.
Es fragt sich nun, sollen unsere Schüler, weil sie früher aus der
la t ei n i seh- d eu tschen Grammatik fast nichts als Irtümer lernen
konnten, von der Kenntnis der besprochenen maszgebenden Gesetze für
immer ausgeschlossen bleiben und ohne alle gründliche grammatische
Einsicht in ihre eigene Muttersprache das Gymnasium verlassen, um
auch auf der Universität — dies wird bei der groszen Mehrzahl sicher
der Fall sein — alle sich darbietenden Mittel, das versäumte nachzu-
holen, unbenutzt und unberücksichtigt zu lassen? Die groszartigste
That der Neuzeit auf dem ganzen Gebiete der Geisteswissenschaften
sind offenbar die neuentdeckten Gesetze der historischen Sprachfor-
schung— groszartig durch die Schwierigkeit ihrer Entdeckung, grosz-
artig in ihren Erfolgen. Die neuen Ideen durchdringen und beherschen
nicht blos unsere deutsche Grammatik und Lexikographie, sondern die
Ergebnisse der Forschungen der Germanisten und Sanskritaner drän-
gen immer näher und mahnender auch an die altklassischen Sprachen
heran. Aber über ein Menschenalter ist bereits verflossen seit dem
Beginn dieser sprachvergleichenden Studien — und nicht blos die Ge-
bildeten, die eine allgemein -grammatische Bildung für sich beanspru-
chen, sondern auch die Philologen und Gymnasiallehrer, denen sonst
die grammatische Grundlage der Sprachen über alles geht, nehmen der
Mehrzahl nach von dieser groszartigen Thatsache wenig oder gar kjcine
Kenntnis. Soll dies immer so bleiben? Nun das können weder Lehrer
noch Schulbehörden wünschen. Die Schöpfer und Träger der neuen
Ideen und alle ihre vielen Werke vermögen es allein nicht die Ergeb-
nisse zum Gemeingut der beteiligten zu machen; dafür spricht ja die
Erfahrung und die zeitherige geringe Zahl der anteilnehmenden. Ohne
Bei hülfe pädagogischer Kräfte — mit einem Worte: ohne
Beteiligung der Gymnasien wird und kann die Sache
nicht anders werden.
Diese Beteiligung kann, so scheint es, in dem Gymnasium zunächst
nur vom deutschen Unterricht ausgehen. Einzuwenden pflegt mau
gegen die Aufnahme der deutschen Grammatik: I) die Ergebnisse
der neuen Sprachvergleichung sind noch zu unsicher',
und : II) Sv i e soll sich in d e m G y m n a s i u m Z e i t für d i e s e A r t
deutscher Grammatik finden'?
Zu Nro I. Sind die Ergebnisse der historischen Sprachforschung
sicher? Nun darauf ist ehrlich zu antworten: alle und jede Einzelnheit
108 Die Sprachvergleichung und der Unferrichl in der Muttersprache.
gewis nicht. Aber welche Fordernng wäre das auch! \¥as in über
2000 Jahren dem alten Verfahren durchaus nicht gelungen ist, das soll
das neue innerhalb eines Menschenalters leisten ! Und doch mögen die
altklassischen Pliilologen nur in J. ürimms Grammatik nachschlagen,
welch' grosze Zahl von Einzelnheiten in Betreff lateinischer und grie-
chischer Wurzeln und Endungen werden sie dort ganz anders und
zwar richtiger und gründlicher erklärt finden, als in der Grammatik
der betreffenden Sprachen; bei den Sanskritanern wird die Zahl sol-
cher Einzelnheiten, soweit hier die Kenntnis des unterzeichneten
reicht, kaum geringer, sondern eher noch viel bedeutender sein.
Nur die Philologen, die keine Ahnung davon haben, welche Un-
masse von Einzelnheiten, welche die ältere lateinische, griechische
und deutsche Grammatik entweder irtümlich erklärt oder ganz unbe-
beachtet gelassen hatte, der vergleichenden Sprachwissenschaft zu
erklären verblieben — nur diese pflegen, ohne dazu berechtigt zu sein,
es gerade hervorzuheben, dasz die einzelnen Ergebnisse noch nicht
alle sicher, vieles noch nicht zum völligen Abschlusz gebracht sei.
Wie wäre aber das Gegenteil möglich! Wie ungerecht ist dieser Vor-
wurf, wenn man die kurze Zeit bedenkt, seit der diese Studien beste-
hen. Bei dem Grundsatze der historischen Sprachforschung k ei n e r
Schwierigkeit aus dem Wege zu gehen, ja bei ihrer Vorliebe selbst
die dunkelsten Punkte der Grammatik und Lexikographie zu erleuch-
ten — wie sollten da mit einem Schlage alle Einseinheiten sicher ste-
hen und gegen jede Kritik gleichsam feuerfest sein. Aber gerade diese
noch unsichern Resultate — was gehen sie die Schule an? der Lehrer
wird sich hüten, seine Schüler damit zu behelligen. Aber mehr noch !
Wären selbst die besser erläuterten Einzelnlieiten, die sicheren Resul-
tate der neuen Sprachwissenschaft noch so zahlreich, das gebe dem
Gymnasium keine dringende Veranlassung davon Kenntnis zu nehmen.
Dreht es sich blos um Einzelnheiten, so können möglicherweise viele
richtig, viele aber auch falsch oder mindestens zweifelhaft und darum
für die Schule von gar keinem Interi^ssa sein. Aber so steht die Sache
nicht und die Frage wegen der Sicherheit und Unsicherheit der Er-
gebnisse ist anders zu stellen. Nicht die erklärten Einzelnheiten, von
denen gewis manche falsch, andere nicht überzeugend und für die
Schule gleichgilfig sind, kommen fiir das Gymnasium in Betracht, son-
dern die neuen Ideen, die leitenden Grundsätze der historischen
Sprachforschung überhaupt; denn nur diese allein haben gegenüber
dem älteren, regellosen Verfahren die Gründer der vergleichenden
Grammatik und Lexikographie und ihre Schüler befähigt, in kurzer
Zeit so viele Einzelnheiten einsichtiger, richtiger und besser zu erklä-
ren, als es die Träger des älteren Verfahrens selbst bei hoher Bega-
bung und groszem Fleisze in so langen Zeiträumen vermocht haben.
Diese so viele Einzelnheiten zusammenfassenden Grundregeln der ver-
gleichenden Sprachwissenschaft machen es oft einem sehr kleinen
Sanskritaner und Germanisten möglich, einem namiiaften altklassischen
Philologen die ärgsten Fehler nachzuweisen. Von diesen Grundlohren
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Miitterspracho. U)9
innsz aber das Gymnasium in Bälde Kennlnis nehmen, oder es kommt
samt der ganzen allltlassischon Philologie in eine schiefe Stellung zum
Leben, das heiszt liier, zur Sprachwissenschaft im allgemeinen. Es
ist oben z. B. bereits an mehreren Orten auf die grundfalsche Ansicht
von (iem\\'orle: ^Ausnahme' hingewiesen, die in der älteren Gram-
matik eine so grosze Rolle spielt. Das heiszt aber nichtt« anderes als:
Ich U a n n , j a i c h vv i 1 1 m i r keine M li h e g e b e n d i e S a c h e z u
erklären. Ganz anders die neue Grammatik. Diese dreht die Sache
um und sagt: ich musz sie erklären; mislänge in einzelnen Fällen
der Versuch, dann würde ich meine Unkunde offen eingestehn. Die-
sen Zweck sucht sie durch alle Mittel zu erreichen; gelingt^s nicht
mit einer Sprache allein, so doch mit Hülfe einer verwandten. Und
so sind ihr doch selbst Misbildungen *) nicht gleichgiltig. Die latei-
nische Grammatik lehrt z. ß. gleich im Anfange
Bei a und e der ersten hat
das genus femininum statt.
* A u s n a h m e n ' :
Doch viele Worte auf ein a
sind von Natur (?) schon mascula.
Also wiederum dicht hinter der Regel die '^Ausnahme'. Was be-
deutet das anderes als: ich kann und will das genus von scriba,
incola usw. nicht erklären. ' Sie seien von Natur (?) schon mascula'
— das ist ja der wunderlichste Grund, der nichts erklärt. Menschen,
Thiere, ja Pflanzen sind von Natur mascula oder feminina, aber
Worte gewis nicht. Das Wesen des Wortes wurzelt nicht in der
N a tu r dra u sz en , sondern in der Eigentümlichkeit der besondern,
oder in dem Wesen der Sprache überhaupt. 'Von Natur' — d. h.
hier also , soll es nicht sinnlos sein : nach dem individuellen,
ursprünglichen Gesetze der lateinischen Sprache. Nun nach
diesem aber hat das Masculinum eine entsprechende, das genus be-
zeichnende Endung, in aller Regel ein S. Wo ist dieses S, das laut-
liche Kennzeichen des natürlichen Geschlechts der Dinge, bei
nauta, scriba hingekommen? Das ist die Frage, nicht zu umgehen,
selbst wenn die eine lateinische Sprache darauf keine Antwort zu ge-
ben vermöchte. Die vereinzelten gr. LTtTtorcc, v£(pEXr]'y£Qsrci neben
ösGTtOTTjg, veaviag, also nach der Ansicht der alleren Grammatik wie-
*) Warum sollte z. B. ein mit den Grundregeln der starken und.
schwaclien deutschen Conjugatiou vertrauter Secundaner das Wesen der
Misbildniif^ ich wurde nicht erkennen und zu erläutern vermösren?
Der Lelirer fragt: wie bildet werden das Imperfectum l) stark, 2)
schwach? Der Schüler antwortet: 1) ich ward, 2) ich werdete. Was
ist also: ich wurde? Antwort: eine Misbildung, weil weder stark,
noch schwach. Woher mag sie kommen? Antwort: wahrscheinlich da-
von, weil der jetzt ungewöhnliche, früher aber regelmäszige doppelte
Ablaut des Imperfectum ich ward, wir wurden dabei ins Spiel
kommt ; der Pluralablaut u wurde in den Singularis lieieingezogen,
vielleicht auch weil man ich ward (fiebam) vom Formwort, ich wurde
gelobt, lautlich scheiden wollte.
110 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
derum Ausnahmen , erklären die Sache vollkommen und die Regel
ist so festzustellen: die Wörter auf a und e sind weiblich, die auf as
und es männlich; einige lateinische wie nauta, scriba und die meisten
grch. Fremdwörter poeta bibliopola, pharmacopola usw. haben wie das
auch in jüngeren deutschen Sprachen oft der Fall ist, das S abgewor-
fen. So sind wir die Ausnahmen auf einmal los und zugleich den
ganz unlogischen Grund, als seien diese Wörter Won Natur' schon
mascula; denn nach der Natur, nach dem echt-lateinischem Grund-
gesetze ist in der In Declination gerade das S das Kennzeichen des
Masculinum. — In diesen sogenannten Ausnahmen und in unzähli-
gen andern Fällen ist wahrlich nicht von E i n z el nhe i ten, sondern
von einem falschen, grundsatz I osen Verfahren der älteren
Grammatik überhaupt die Rede. Die Sache wegen der Sicher-
heit der Ergebnisse der vergleichenden Sprachforschung ist also um-
zukehren und nicht nach den Ein z e In hei te n , sondern im allge-
meinen so zu fragen: sind denn die Grundsätze, nach denen die alte,
dolmetschende Sprachvergleichung verfährt, so sicher, so wohlbegrün-
det, dasz sie nicht angefochten werden können? Ist aber auch nur
ein Fundamentalgeselz falsch, dann müszen auch hunderte von Ein-
zelnhoiten grammatisch und lexikalisch entweder unerklärt bleiben,
oder geradezu falsch sein. Also auf die Grnnds-ätze kommt es vor
allem an, von diesen müszen unsere Schüler und in der Folgezeit alle
Gebildeten Kenntnis nehmen, damit sie nicht hinter dem heutigen
Standpunkte der Sprachwissenschaft ganz und gar zurückbleiben.
Wir Lehrer werden uns hüten vor massenhafter Anhäufung von Ein-
zelnheiten und uns nur auf die alten und die Muttersprache beschrän-
ken. Kennen unsere Schüler die neuen leitenden Gedanken — nun es
liegt in ihnen ein solcher Reiz, sie gewähren auch den Anfängern so
weite Uebersichten, dasz sich jene später auf der Universität und im
Leben in den Einzelnheiten schon zurechtfinden werden. Darum aber
verlohnt es sich wol der Mühe, den alten Grundsätzen hier die
neuen übersichtlich gegenüber zu stellen.
I. Hauptgrundsätze des alten Verfahrens.
A) Die Sprache ist etwas fertiges. Demgemäsz erdichtet der
Grammatiker nach dem jeweiligen Stande derselben seine Regeln.
Das, was gerade zu einer gewissen Zeit gewöhnlich ist, gilt als
Regel, was dazu nicht paszt, als ' Aus n a hme'(= unerklär-
lich e s , W i 1 1 k ü r , falsches).
•B) Eine einzelne Sprache kann durch sich allein ohne Rücksicht auf
die verwandten grammatisch und lexikalisch erklärt werden.
C) Beginn der Vergleichung der Worte von der Bedeutung, statt
vom Laute aus; in Folge dessen Trennung der beiden innigver-
bundenen Wissenschaften, der Grammatik und Lexikographie.
D) Unkenntnis des geschichtlichen Lautwandels der Worte und
seiner Gesetze; daher die grundfalsche Forderung des Gleich-
klangs für den Nachweis der Verwandtschaft.
Die Sprachvorgleichung und der Unterricht in der Muttersprache. 111
Dies die Ilauptgrundsätze des alten Verfahrens; eine notwendige
Folge war das überaus geringfügige Ergebnis der früheren Sprach-
vergleichung und unzählige Irtümer in der Grammatik und den Wör-
terbüchern.
n. Hauptgnindsätze des neuen Verfahrens.
Die Sprache ist etwas gewordenes. Darum miisz ihre
Behandlung grundsätzlich eine geschichtliche, vergleichende
sein. Dieser Salz gilt für Laut und Bedeutung, für Grammatik und Le-
xikographie zugleich und aus ihm flieszen alle übrigen.
I. Der Grammatiker hat die Sprachregeln nicht zu erfinden, son-
dern die vorgefundenen Worte nach ihrem Laute und ihrer
Verwendung im Satze darzulegen. Was auf einem späteren
Standpunkte der Sprache als Ausnahme erscheint, enthält
meist die frühere Hegel und den allgemeinen Grundsatz auch
für den Lautwandel, der später zur Hegel geworden ist,
IL Keine Sprache kann durch sich allein ohne Rücksicht auf die
verwandten grammatisch und lexikalisch erklärt werden und
zwar weder die Wurzel noch der Stamm, noch die Praefixa
und Suffixa des Wortes.'^)
III. Die Vergleichung musz notwendig von dem Laute und nicht
von der Bedeutung, dem minder faszbaren Teile des Wor-
tes, ausgehen. Diese Grundansicht der geschichtlichen Sprach-
vergleichung hat jetzt durch Steinthal und Heyse ihre philoso-
phische Begründung erhalten. Nach ihnen erscheint in der
Sprache der Kinder und in der Sprache überhaupt gerade der
Laut als das nQorsQOv.
IV. Verwandte Worte, die natürlich auch eine gemeinsame Urbe-
deutung voraussetzen, sind, wie alle irdischen Dinge, dem
Wan del des Lautes unterworfen. Wärend die historische
Sprachvergleichung in den Punkten I — III gegen die alte
Methode mehr verneinend verfährt, so sind die neu entdeck-
ten Gesetze vom notwendigen Wandel des Lautes
in verwandten Sprachen ihre positive, vorzüglichste Leistung.
Unter diesen Gesetzen steht für alle indo-europäischen
Sprachen obenan die Lautverschiebung, für alle ger-
manischen der Ablaut. **)
*) Die äuszerste , aber richtige Consequenz zieht Heyse mit den
Worten: ^es gibt keine deutsche, lateinische, griechische, sondern nur
indo-europäisclie Wurzeln.' Auch die lat. und griech. Lexikographen
werden, so sehr sie sich noch sträuben, diesen Grundsatz adoptieren
und dem Beispiele Folge leisten miiszen , das ihnen Pott und Weber
für das Sanskrit, die Gebrüder Grimm für das Deutsche und G. Cnrtius
für das Griechische gegeben haben. **) Aller Lautwandel ist 1)
organisch, d. h. begrifflich; durch ihn wandelt sich die Wurzel
zum Wortstamm, der Stamm zum Nomen und Verbum, diese zur Fle-
xion und aus dem Primitivum wird das Derivatum und Compositum ;
der Wandel des Wortes ist aber 2) auch blos lautlich; dann hängt
112 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mutlersprache.
V. Eine notwendige Folge von IV ist die Aufgabe der früheren
Forderung des Gleich k längs verwandter Worte, l) Der-
selbe Laut, z. B. Laus: laus, dis, kann in der verwandten
Sprache eine ganz andere Sache bezeichnen, dagegen aber
auch 2) ein ganz verschiedener Laut dieselbe Sache,
z. B. goth. himins, nhd. Himmel (= V him, decken; also =
Dach der Erde); lat. caelum (=yioilog, nhd. hohl; also = die
grosze Wölbung), griech. ovQavog (1); ebenso ix£i.v, habere,
goth. beides; aigan und haban, poln. mam (habeo). Hierauf
gründet sich ganz im besondern die Individualität verwandter
Sprachen.
VI. Uebereinstinimung der Wurzeln beweist an sich Ver-
wandtschaft der Sprachen; treten noch gleiche Bil-
dungsmittel, innere Wortbildung (= Ablaut), Flexion,
Derivation, Composition, zurWurzeigleichheit hinzu, dann wird
die Verwandtschaft noch augenscheinlicher.
Was die neue Sprachwissenschaft mit diesen zum Teil mehr negieren-
den, aber namentlich mit den positiven Grundsätzen in der kurzen Zeit
weniger Jahrzehende erreicht hat, ist bewunderungswürdig und stau-
nenswerth. Und doch spukt die Forderung des Gleichklangs der
Worte (= Nro I. D), der die Grammatiker und Lexikographen beim
Nachweis der Verwandtschaft so lange geängstigt und vexiert hat,
noch immer als Gespenst herum; es ist unsere Pflicht dieses Gespenst
schon von Secunda ab aus dem Gesichtskreise auch unserer Schüler
zu verbannen. Um den Unkundigen auf die geschieh tl ich begrün-
dete Notwendigkeit des Lautwandels aufmerksam zu machen
und ihm die fa Ische Ansicht vom Gleichklange verwandter Worte
zu verleiden, dazu dienen einzelne Beispiele und weiter umschau-
ende Uebersichten, z. ß. des Verbum sein:
skr. asmi — asi — asti — smas — stha — santi
altslv. jesm'' — jesi — jest — jesmi — jeste — sut (für jesul)
litth. esmi — essi — esti — esme — • este — esti
gr. sifii — iaal (sig) — iari — iafiiv — eaxi — svti (sloi)
lat. sum (esum) — es — est — sumus — estis — sunt
golh. im — is — ist — sijum (= isum) — sijulh — sind
ahd. pim — pist — ist — pirumes — pirut — sind
nhd. bin — bist — ist — sind (d?) — seid (t?) — sind.
Welcher Wandel des Lautes auf der einen, wie entschieden
die Verwandtschaft aller Worte auf der andern Seite ! Solche
weitschichfige Uebersichten sind nicht für die Schule; aber trotzdem
fragt es sich, ob nicht der Lehrer am Ende seines Unterrichts dem
er, ohne die Bedeutung irgendwie zu verändern, mit der Uebung, Ge-
wöhnung, Kraft oder Ohnmacht der einzelnen Spraehorgane bei den
verschiedenen Völkern zusammen. Hierauf beruht die Zahl, Verbindung
und eigentümlich abweichende Färbung der Buchstaben und Laute in
verwandten Sprachen und Dialekten.
Die Sprachvergleichung- und der Unterricht in der Mutlersprache. 113
Primaner dieses allereinzige Beispiel eines so wichtigen Verbum,
das keine Sprache von der andern entlehnen kann, vorlegen und ein-
zelne Fragen daran knüpfen dürfe, um das Ergebnis des erlernten gleich-
sam zu erproben und dem Schüler ausnahmsweise für die Universität
auch einmal eine weitere Aussicht zu erölfnen. Der eingeschulte Pri-
maner wird auf die Fragen des Lehrers gewis wenig Antworten schul-
dig bleiben und dabei auch, was die Ha u p ts a che is t und bleibt,
in seine eigene Jlutlersprache eine tiefere Einsicht gewinnen. Denn
diesem nhd. Praesens: ich bin, stand die ältere lateinisch- deutsche
Grammatik völlig rathlos gegenüber und niuste Person um Person das
ganze Tempus hindurch für Ausnahmen erklären; sie konnte auch
nicht eine erklären. Fragen und Antworten:
1) F.: in welcher Person herscht die gröszte Uebereinstimmung,
so dasz sich darin Wurzel- und ßi 1 du n gsgl ei chhe i t, folglich
entschiedene Ver wand tschaft kundgibt? Antwort: in der 3 n Per-
son desSingularis und Pluralis; denn selbst die jüngste, unsere
neuhochdeutsche, stellt sich hier ebenbürtig in die Reihe. *) Da-
bei erscheint das a in skr. asti ursprünglicher als das i und e in den
übrigen Sprachen; also Wurzel = as (is — es).**)
2) F. : welche Sprachen kommen in den übrigen Personen dem
Laute der Wurzel am nächsten? Antwort: das Sanskrit und die
lithauische, demnächst das Allslavische; in den übrigen z. B. ftjut, lat.
gum, goth, im hat der Anlaut schon mehrfachen Schaden gelitten. Weit-
ab steht das ahd. pim, pist, pirumes, pirut, nhd. bin, bist; es ist von
einer andern, der Bedeutung nach verwandten Wurzel gebildet.***)
3) F.: unter diesen Sprachen sind sechs todte, zwei lebende;
welche von den lebenden hat die Urform in gröszerer Reinheit be-
wahrt? Antwort: oiTenbar die sogenannte preuszisch-lithauische, die
altertümlichste von allen jetzt lebenden indoeuropäischen Sprachen;
vgl. Grimms Grammatik an mehreren Orten und Schleicher hei
Heyse (S. 186).
*) Tiefer als diese Ursprachen steht die secundäre französische.
Durch die Schrift kennzeichnet sie zwar noch die beiden 3n Personen:
est, sont; aber der Laut ä, son , auf den es vor allem ankommt, ist
versunkener als in den obigen Ur-sprachen und bricht nur noch vor Vo-
calen deutlicher hervor. **) Heyse nimmt (S. 394) für die deutsche
Sprache zwei Wurzeln is und si an, aber kaum mit Recht; denn wie
lat. sum , sumus, sunt für esum , esumus, esunt steht, wie eram, ero
(= esam , eso) zeigen, ebenso reicht die Wurzel is für die deutschen
Formen ist, sigum, siguth, sind aus; denn der goth. Pluralis und mit
ihm die entsprechenden Formen der andern deutschen Sijraclien stehen
für isum, isuth, isind oder isam, isith, isand; vgl. J. Grimms Grammatik
106-i unten. ***) Der Lehrer : diese Formen gehören zur Wurzel skr.
bhu, cpv, lat. fu, wovon fuam, forem, fore, fui und das poln. Fat. budu
(= ero) kommt. Wie cpvvai zwischen der Bedeutung werden und
sein schwankt, so heiszt auch das ags. beo sowol ero als auch sum;
das ahd. pim, pist usw. und das nhd. bin, bist hat nur die zweite Be-
deutung. Lautverschiebung: 1) lat. f. und griech. 93 = 2) goth. b, 3) ahd.
p; also 1) fuam, cpv-vai , 2) ags. beora , beo, 3) pim, 4) bin für bim.
N. Jahrb. f. Thil. u. Päd. II, Abt. 1861. Hft 3. 8
114 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
4) F.: lassen sich die allen diesen Sprachen gemeinsamen Per-
sonaiendungen aus dem Paradigma erkennen? Antwort; ja; es
gibt für alle zusammen in dieser Rücksicht nur eine Conjugation; die
ursprünglichen, später verblichenen Endungen aller Sprachen lauten
nach dem Sanskrit: mi , si, li, mas, fha , nti ; demgemäsz gibt es auch
z. B. im Lateinischen nicht 4, sondern nur eine Conjugation.
5) F.: wie ist das n euli o ch d eu tsch e Praesens also zu er-
klären? Antwort: die le und 2e Person Sing, kommt von der Wur-
zel cpv, fu, die übrigen von der Wurzel is. a) Ich bin steht für
bim, wie M und N in den Endungen auch sonst wechseln; b) du bist:
st seit dem 9n Jahrh. in der 2n Person überall für ursprüngliches s;
c) ist und sie sind — beide ganz nach der ältesten Regel; also
an eine Ausnahme gar nicht zudenken; d) ihr seid enthält einen ein-
gebürgerten Schreibfehler für seit, wahrscheinlich um diese Person
von der Präposition seit := ex zu unterscheiden, und endlich e) in
die le Person : wir s i n - d, ist das d aus der 3n sie sind misbräuchlich
eingedrungen; denn sumus heiszt im MHD. wir sin , nicht sin d. So
wären die Formen dieses neuhochdeutschen Praesens, die der
älteren deutschen Grammatik alle als Ausnahmen galten, sämtlich
der Wurzel und den Endungen nach erklärt und selbst der Misbrauch
als solcher nachgewiesen.
Dieses Beispiel ist ganz geeignet, ausnahmsweise auch ein-
mal den Blick des Anfängers auf die ältesten Zeiten hin und wiederum
auf die Gegenwart zurückzuwenden und ihn von der widersinnigen,
zeither massgebenden Forderung des Gleichklangs für immer gründ-
lich zu heilen. Da auch er es schon weisz, dasz die Lautgebilde der
Sprachen nicht etwas fertiges, bleibendes sind, sondern sich in bestän-
digem, wenn auch nicht regellosem Flusse befinden, so nimmt ihn der
Lautwandel aller dieser Praesentia nicht Wunder; nach dem Grund-
princip der Sprachvergleichung (vgl. oben Nr II A) musz er auf einen
solchen Wechsel der Laute noch dazu bei einem so überaus häufigen
Worte von vornlierein gefaszt sein. Umgekehrt in dem ganzen Para-
digma wird dem Anfänger gerade die fast u ngestörte Reinheit
der ursprünglichen Laute in der preuszisch-lithauischen Sprache
sehr auffallend und wunderbar erscheinen; denn das lith. esmi, essi,
esti steht der Wurzel as, es noch näher als selbst die ältesten home-
rischen und die dorischen Formen iftfi/, iaal, ivxi. Volle 3000 Jahre
liegen hier zwischen der lodten griechischen und der noch lebenden
lilhauischen Sprache — und nur die völlige Abgeschiedenheit der letz-
tern, die auszer dem Dualis neben den fünf lateinischen Casus wie die
slavischen noch einen Instrumentalis und Localis besitzt, ferner der
Umstand, dasz sie weder selbst Schriftsprache geworden, noch mit
andern Schriftsprachen in Beriihriing gekommen ist, machen die alter-
tümlichen, rein erhaltenen Formen erklärlich und minder wunderbar.
— So schlagend nun auch dieses Beispiel ist, um das alte Verfahren
der Sprachvergleichung ins hellste Licht zu setzen, da sie gezwungen
war fast alle Personen dieses ganzen Praesens der deutschen, latei-
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mutlersprache. 115
nischen und griechischen Sprache als unerklärbare Ausnahmen
hinzustellen, so ist es dennoch blos ein Beispiel, eine Einzelnheit. Hier
handelt es sich aber darum, ob unsere Schüler, die wir mit Einzeln-
heilen nicht überladen dürfen, von der Kenntnis der Grundgesetze der
neuen Sprachvergleichung für immer ausgeschlossen bleiben sollen.
Der allen Methode fehlten aber eigentlich .alle leitenden Grund-
sätze, da sie die Sprache wie der Dolmetscher als etwas feriiges
betrachtete, was, da ihre Lautgebilde namentlich vor Erfindung der
Schrift in beständiger, aber regelmäsziger Bewegung sind, ihrem
innersten Wesen, ihrer eigensten Naiur zuwider ist. Die Folge war,
die alte Methode konnte von ihrem mehr dolmetschenden Standpunkte
aus unzählige Einzelnheilen, z. B. alle s ogen a n n ten A u s na li men
gar nicht erklären, unzählige andere aber nuiste sie irrig und falsch
auslegen. Die Grundgesetze aber, nach denen die neue, ganz umge-
wandelte Sprachvergleichung verfährt, sind dagegen so umsichtig, un-
zählige Einzelnheiten mit einem Blicke überschauend und so sicher,
dasz an eine Widerlegung nicht mehr zu denken ist — jetzt um so
weniger, wo sie von Seiten eines neuen Systems der Sprachwissen-
schaft (vgl. oben das über Steinthal und Heyse gesagte) auch an
der Philosophie eine Bundesgenossin finden. Der Zweifel an den Er-
gebnissen, deren Sicherheit wenigstens für die Muttersprache seit den
Forschungen J. Grimms auch dem blödesten Auge klar vorliegt, fällt
in sich selbst zusammen und zurück auf seine Urheber, die, blos um
ihr zeitheriges Eigentum, d. h. das alte, einseitige, grundsatzlose,
grammatisch-lexikalische Verfahren der Griechen und Römer zu retten,
denEinwurf wegen der Unsicherheit der Ergebnisse der
neuen historischen Sprachwissenschaft als bloszen Vor-
wand vorschützen. Wer aber noch jetzt die oben aufgestellten
Grundsätze des alten Verfahrens, ohne ihm die neuen Uritisch gegen-
überzustellen , zu vertheidigen gedächte — nun mit dem noch ferner
zu streiten, das hiesze leeres Stroh dreschen.
Wie steht es aber zu II) mit dem andern Einwurfe: wo findet
sich in dem Gymnasium Zeit für den Betrieb dieser neuen
Art deutscher G ra mma tik? Nun ohne Rücksichtsnahme auf die
andern Gegenstände des deutschen Unterrichts läszt sich über die Ein-
führung der deutschen Grammatik nicht wohl sprechen — um so we-
niger, da die Gegner gerade den Mangel an Zeit als Grund für den
Ausschlusz angeben, also davon Benachteiligung anderer wichtiger
Teile befürchten. Dasz hier von der älteren lateinisch -deutschen
Grammatik, die weder nach Prima noch nach Sexta gehört, überall
nicht die Rede ist, versteht sich nach allem oben gesagten von selbst.
Den folgenden Sätzen , die von einer gründlichen Erörterung des ge-
samten deutschen Unterrichts absehen, steht keine besondere Einsicht,
sondern nur eine sehr lange Praxis in Prima und Secunda zur Seite.
Ist es Zweck der ganzen Gymnasialbildung, den
Schüler zu befähigen einst in kleinerem oder grösze-
rem Kreise für sein Volk zu schreiben oder zu seinem
8*
116 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
Volke zu reden, so bildet den Mittelpunkt des deutschen
und des ganzenUnterrichts überhaupt der deutscheAiif-
satz. Alles andere ist nur Mittel, das diesem einen Zwecke dienstbar
werden musz — so auch die gewpnnene altklassische Bildung und
die Gesinnung des Schillers, die man sonst als Mittelpunkt des Unter-
richts zu bezeichnen pflegt. Denn auch diese sind nur Mittel zum
Zweck und finden in der deutschen Rede, in dem deutschen Auf-
satze des Schülers allein ihren naturgemaszen , vollen Ausdruck und
die Möglichkeit sich praktisch zu bethätigen. Aus allen Sprachen und
Wissenschaften strömt die sich ergänzende Erkenntnis und die ge-
steigerte Kraft des Schülers diesem Mittelpunkte zu und kommt dieser
seiner Leistung zu gute. Die freien deu tschen V ertrage, die
an sich für den Mittelpunkt des Gesamtunterrichts und für einen
Prüfstein der Reife oder Unreife des Abiturienten noch mit gröszerem
Rechte gehallen werden können als selbst der deutsche Aufsatz,
sind ohne vorhergegangene Uebung in schriftlicher Darstellung zweck-
widrig, ja in vieler Hinsicht gefährlich und bleiben für das Gymnasium
stets mehr blosze Versuche, da der Jüngling nicht leisten kann, wozu
selbst die volle Kraft des ausgebildeten Mannes seilen ausreicht. Der
unterzeichnete hat diese Ansicht von den freien Vorträgen , an der
er auch jetzt noch festhält, schon vor zwei Jahrzehenden in den
Jahn' schon Jahrbüchern gegen J. Günther ausgesprochen, der die
de u tsch e n A u f s ä tz e auf einige wenige im letzten Cursus der Prima
beschränken und an ihre Stelle den freien Vortrag setzen wollte.
Den Unterschied zwischen der auswendig gel e rn ten Rede und
zwischen dem freien Vortrage mag der Lehrer von vornherein
betonen. Wenn dieser letzlere, wie das nicht anders sein kann, der
groszen Mehrzahl seiner Schüler, weil er über ihre Kraft hinausgeht,
in der Regel mislingt , soll er sie zeitig auf den hohen Wertb eines
starken Gedächtnisses aufmerksam machen und bei dem Mislingen ihrer
Versuche in wirklich freien Vorträgen mit der nicht abzuleugnenden
Thatsache, die für mich wenigstens ein wohlbegründeter Erfahrungs-
satz ist, trösten und beruhigen, dasz auch drauszen auszerhalb der
Schule, in der Kirche, den wissenschaftlichen und socialen Vereinen
und in den politischen Versammlungen von einer gewis nur kleinen
Zahl freie Vorträge gehalten, von der groszen Mehrzahl vielmehr
auswendig gelernte Reden vorgetragen werden. Wie dem aber
auch sein mag, was auszergewöhnliche Begabung des Mannes, lange
Uebung, Begeisterung für die vertretene Sache, Unabhängigkeit der
Stellung, vor allem die begründete Ueberzeugung von der Zustimmung
der Mehrzahl der Zuhörer oder wenigstens der Parteigenossen im
eigentlich freien Vortrage zu leisten vermöge, bei unsern Schülern
musz den mündlichen Vorträgen, wollen wir diese nicht zu vorlauten,
eitlen Schwätzern ausbilden, die schriftliche Darstellung der Ge-
danken schon eine Weile vorangegangen sein. Je acht deutsche Auf-
sätze im Jahre, und zwar schon von Secunda ab, geben dem Lehrer
Raum zu sorgfältigem, liebreichem Eingehen in die Mängel der An-
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache. 1 17
Ordnung und Darstellung der Gedanken, dem Schüler aber eine hin-^
längliche Vorübung auf die Schluszprüfung. Wer durch 32 Aufsätze
es nicht so weit bringt, in dieser zu genügen, den werden auch mehr
nicht ans Ziel bringen — mit andern Worten: ein solcher Sciiüler ist
unreif nach Frima versetzt und eignet sich überhaupt nicht für eine
wissensciiaftliche Laufbahn, Deutsche Aufsätze, deren Thema die eigene
Produclionskraft des Schulers in Anspruch nehmen, vor Secunda auf-
zugeben, ist zweckwidrig und geradezu unverantwortlich. Ist doch
selbst die letzte Leistung des Abiturienten noch nicht maszgebend für
seine stilistische Darstellung, da diese erst beim Manne zum völligen
Durchbruch kommt, die grosze Blehrzahl der Gelehrten es aber nie zu
einem individuellen Stile bringt. Eine Gewähr aber, und zwar die
sicherste die wir haben , ist und bleibt der deutsche Aufsatz für die
Gesamtbildung, für die Reife oder Unreife des Prüflings; es läszt sich
aus ihm mit ziemlicher Sicherheit errathen , ob und wie er einst im
Stande sein werde, den Vorrath seiner Kenntnisse nach einem leitenden
Gedanken zuordnen und niederzuschreiben oder mündlich vorzutragen.
Das Hesultat der Prüfung in ßetrelT der deutschen Aufsätze ist, so
scheint es, ein dreifaches: l) gute positive Kenntnisse bei noch man-
gelhafter Anordnung und unbeholfener Darstellung; 2) ein geringer
Vorrath an Gedanken bei einer gewissen Befähigung den spärlichen
Stoff zu benutzen und mit den geringen Mitteln doch ein einigermaszen
genügendes Ganze zustande zu bringen und 3) eingehende Auffassung
des Themas, verständige Anordnung des ausreichenden Materials,
Sicherheit im Fortschritt von Gedanken zu Gedanken, überhaupt die
ersten Spuren individueller Darstellung. Mit diesem Resultate mögen
sich die trösten, welche darüber in Angst sind, die Gymnasien möch-
ten nicht genug Beamte bilden; denn die Schüler unter Nr 1 werden
wahrscheinlich, die unter Nr2gewis, nur die unter Nr 3 auch
im kleinsten ^^'irkungskreise, der ihnen zufiele, nie Beamte im ge-
wöhnlichen Sinne des Wortes. Die Zahl der letzten ist aber, die Er-
fahrung lehrt es, sehr gering; bei der ersten Klasse mag die sie ent-
lassende Schule auf einen spätem Durchbruch der Urteilsreife, bei der
zweiten auf Vervollständigung des spärlichen Gedankenvorraths durch
erhöhten Fleisz rechnen.
Je wichtiger nun der deutsche Aufsatz ist, desloweniger
darf in Secunda und Prima die auf ihn zu verwendende Zeit beschränkt
werden, auch nicht durch Einführung der deutschen Grammatik, der
hier das Wort geredet wird. Im Gegenteil da wenigstens in Preuszen
die philosophische Propädeutik jetzt wegfällt, so hat der Lehrer schon
im ersten Cursus der Secunda alle zu erübrigende Zeit auf die Be-
lehrung des Schülers zu verwenden, wie der Vorrath an Gedanken —
ein Thema, welches keinen vorrälhigen Stoff voraussetzen könnte,
wäre natürlich ein falsch gewähltes — zu beschaffen, die schlummern-
den zu wecken und hervorzulocken (inventio rerum) und wie das
zusammengebrachte, noch so spärliche Gedankenmaterial zu ordnen
sei (dispositio rerum). Er wird dabei mehr praktisch als theoretisch
1 J S Die Sprachvergleichung und der Unlerricht in der Mutlersprache.
verfahren, mehr durch Beispiele als durch Lehre die Schüler aufzu-
klären suchen. In Prima setzt aber der deutsche Aufsatz nach
wie vor eine Belehrung über logische und psychologische Grundbe-
griffe voraus, und es ist schwer zu begreifen, wie der Lehrer ganz
davon Umgang nehmen könnte. — Von der Zeit also, welche die vor-
bereitende Belehrung und die Durchnahme der deuts chen Auf s ätze
in Anspruch nimmt, ist für die Grammatik nichts zu erübrigen, aber
auch nicht von den freien Vorträgen und den Declamationsübungen ;
denn diese fordern die Kirche, die Gerichte, die Vereine, überhaupt
das ganze ölTenllicho Leben gebieterisch.
Es bleibt also nur die Leetüre und die Litteraturgeschichte übrig,
die sich beide nicht wol trennen lassen. In Betreff der Leetüre der
untern Klassen fehlt dem Unterzeichneten die Erfahrung; ohne diese
hat niemand ein Recht über praktische Dinge abzuurteilen. Litteratur-
geschichte und Leetüre der Schüler in den beiden obersten Klassen
scheiden sich aber, mag man sonst Perioden machen so viel man will,
praktisch nur in die Zeit vor und nach Luther. Für den zweiten
Teil nach Luther läszt sich eine völlige Uebereinstimmung der Gymna-
sien in Stoff, Behandlung, Lehrziel nicht erreichen; es ist dies ein
Ding der Unmöglichkeit. Zunächst treten die Gegensätze hervor: evan-
gelische, katholische Gymnasien. Wie verschieden wird sich darnach
der Geschichtsvortrag der Lehrer, zum Teil auch die Leetüre der Schü-
ler gestalten. Die Lehrer an solchen Gymnasien haben die besondere
Gunst freier Bewegung; die gleiche Gunst fehlt, wie der unterzeichnete
leider aus langer, trauriger Erfahrung weisz, den Lehrern an kirchlich
gemischten Gymnasien. Aber auch innerhalb derselben Confession —
welche Gegensätze! Die verschiedene philosophische, ästhetische, ge-
schichtliche Vorbildung und Richtung des Lehrers, seine eigene Leetüre,
die sich unter unserri Klassikern bald dem bald jenem vorzugsweise
zuwendet, die neueste Litteratur bald mehr, bald weniger, bald gar
nicht beachtet — wie sollte sich der Vortrag der Litteraturgeschichte
in den einzelnen Gymnasien demgemäsz nicht individuell sehr ver-
schieden gestalten. Endlich die Methode selbst: manche häufen Namen
von Büchern und Schriftstellern, andere lieben es den Gang der Litte-
ratur mehr in allgemeinen Uebersichten darzulegen — kurz hier ist
an Einheit und Ueiiereinstimmung nicht zu denken. Der Unterzeichnete
hält sich aber nicht für berechtigt, von den vielen hier blos angedeu-
teten Richtungen gerade diese oder jene einseitig, sei es zu loben oder
zu tadeln. Ja er meint dasz diese individuelle Färbung den deutschen
Gymnasien wohl anstehe und förderlich sei. Nur in Rücksicht auf die
Methode spricht seine Erfahrung dafür: massenhafte Häufung von Na-
men der Schriftsteller und Bücher, die doch nur zu schnell vergessen
werden, nützen ohne Kenntnis der Schriften dem Schüler wenig oder
nichts. So hat er sich denn je länger desto mehr blos auf Klops tock.
Lessing, Herder, Göthe und Schiller beschränkt und sich auch
über diese möglichst nur insoweit verbreitet, als sie seinen Schülern
durch die Leetüre thatsächlich bekannt waren.
Die Sprachvergleichung und der Uuterrichl in der Muttersprache. 119
Die Besprechung des C o 11 ecta neu m, von allen Arten der Con-
trole der Leclüre trotz manclier BedenlilichUeiten wegen der Solbst-
thätigkeit ijnmer noch die sicherste, gibt Anlasz die so entstellenden
Lücken auszufüllen, Gruppen verwandter Scliriftsleller zu bilden und
durch einzelne von den aufgenommenen Stücken das zu ergänzen, was
der Vortrag etwa unbeachtet gelassen. Das C o 11 e et an e u m, in Se-
cunda angefangen und in Prima fortgeführt, ersetzt dem Schüler ge-
wisserinaszen jede fremde Blumenlese, wird dem strebsamen mit der
Zeit ein liebes Besitztum und zwingt selbst den lässigen zur Teilnahme
an der Sache. Geschichtliche Uebersichten der Ilauptgaltungen der
Bede, namentlich der Poesie, die Hauptrichtungen der letzten Periode,
wie sie in den Zahlen 1748—72, 1772 — 95, 1795 — 1813 vorliegen, ge-
nügen, und hindern den Schüler daran, dasz er bei dem genaueren Ein-
gehen auf einzelne wenige Schriftsteller, von denen natürlich Schiller
die meiste Teilnahme und Zeit verdient, den Ueberblick über das Ganze
und den Zusammenhang unserer Litferalur mit den übrigen nicht aus
den Augen verliere. Wie die Werke von 11 e i nr i ch K ur z und Wil-
helm Wackernagel für die Studien und Vorbereitung des Lehrers
auf den ersten Teil der Lifteratur vor Luther maszgebend sind, so
reichen sie auch für den zweiten aus. Dem Schüler musz di-e Schüler-
bibliolhek die noligen Hülfsmittel, für wichtige Werke mehrere Exem-
plare bieten; von Secunda ab könnle er, so scheint es, jeder andern
Anthologie entrathen und die fremde durch seine eigene, d. h. sein
Collectaneum , ersetzen. Je kürzer das Handbuch der Litteraturge-
schichle ist, das der Schüler in den Händen hat, desto besser; das
kleine Web er 'sehe scheint ganz ausreichend.
Ist nun der besprochene Abschnitt der Litteraturgeschichte, bei
dem die Lehrer der evangelischen Gymnasien vorzugsweise auch Luthers
Schriften zu beachten haben, jedenfalls der allerwichtigsle, so dasz der
Schüler ohne genauere Einsicht in einige Hauptwerke, ohne Kenntnis
vieler Einzelnheiten und ohne einen Ueberblick über den ganzen Zeil-
raum nicht auf die Hochschule zu entlassen wäre, so ist an eine Ab-
kürzung der Zeit, der diesem Unterrichtsgegenslande zufällt, nicht zu
denken, dadurch also auch kein Baum für die deutsche Grammatik zu
gewinnen. Aber wie steht es um den Vortrag der älteren
Litteraturgeschichte? Hat auch dieser einen so besonderen Cha-
rakter, dasz an eine Uebereinstimmung in den einzelnen Gymnasien
nicht zu denken ist? Oder läszt sich diese so herstellen, dasz der
Candidat in der Staatsprüfung, der Schüler beim Abiturientenex;imen
in BefretT der Kenntnis der Sache Rede und Antwort stehen kann?
Jene Uebereinstimmung ist, so scheint es, sehr wohl möglich; dasz
das zweite nicht stattfindet, ist zu bedauern und nachgerade bedenk-
lich. Denn auf diesem Felde des Unterrichtsgegenstandes fällt alle
individuelle Auffassung des Lehrers fast ganz weg; die vorhin er-
wähnten Gegensätze gehen auf in dem historischen Stand-
punkte, der, als der mächtigste, alle übrigen in sich aufnimmt und
versöhnt.
120 Die Sprachvergleicimng und der Unterricht in der Muttersprache.
Wenn nun hier die Kritilt des zeitherigen Verfahrens schartig
werden musz , so mag der geneigte Leser nicht vergessen, dasz der
unterzeichnete gegen seine eigene frühere Methode Selbstkritik übt.
Jede Kritik, die bis zur Selbstkritik fortschreitet, ist berechtigt, nur
die erste ohne diese unberechtigt und liebeleer. Vv'ir älteren Lehrer
können uns freilich entschuldigen, denn wo waren in den dreisziger
Jahren die Hülfsmittel, deren wir uns hätten bedienen können? Unsere
Lehrer vermochten uns vor J. Grimm die Einsiciit in die deutsche
Grammatik und ältere Litteratur nicht zu vermitteln, und selbst das
Buch von Kunisch, das, erinnere ich mich recht, das erste Material
brachte, konnte ohne alle grammalische Vorbereitung beim Unterricht
schwer verwerlhet werden. Aus J. Grimms Grammatik selbst Be-
lehrung zu schöpfen, war für den Autodidakten noch schwerer, da der
Inhalt gegen alles, was zeither in der lateinisch-deutschen
Grammatik gestanden, so grell abstach und Form und Darstellung dem
unkundigen das Selbststudium Mahrlich nicht erleichterte. Aber jetzt,
wo Hülfsmittel in Hülle und Fülle zur Hand sind, auch jetzt noch hören
die Primaner ihre Lehrer ein ganzes Jahr hindurch wöchentlich eine
Stunde von Schriftstellern und Büchern, von Inhalt, Form und Tendenz
derselben, von Sagenkreisen, von heidnischer und christlicher Rich-
tung der Litteratur und wer weisz von was sonst hin und her reden,
ohne auch nur eine Zeile aus all den beredeten, bald getadelten, bald
höchlich belobten Werken zu Gesicht zu bekommen. Oder, was noch
viel schlimmer ist, der Lehrer liest einzelne Stellen aus den älteren
Schriften vor, damit die Schüler an den Worten herumrathen und die
herauslesen, deren Gleichklang an unsere Sprache dunkle Anknüpfungs-
punkte bildet. Die Schüler reden von dem Inhalte des Nibelungen-
liedes und der Gudrun und haben vielleicht nicht einmal die Ueber-
sefzung von S i mr ock und Plönnies eingesehen ; wie''s dem Parcival
ergangen, wissen sie genau und erzählen davon weitläuftig, haben
aber kein Sterbenswörtchen vom Urtexte gelesen. Das ist aber
für einen Primaner eine Arbeit, wie sie ihm kaum wider-
sinniger zugemutet werden kann. Da lobe ich mir die volks-
tümlichen, interessant gehaltenen Erzählungen, die auf Quintaner und
Quartaner berechnet die Kunde von der deutschen Heldensage unter
den Gebildeten zu verbreiten viel besser geeignet sind und sich in
jeder Schülerbibliolhek in mehreren Exemplaren finden sollten. Aber
für den Primaner ist das keine Arbeit; die jüngeren Schüler werden
den Inhalt der netten neuhochdeutschen Erzählungen für immer im
Gedächtnisse behalten, der Primaner aber solchen Vorträgen der Lit-
teraturgeschichte nur widerwillig folgen, um, da ihm das wirkliche
Interesse an der Sache fehlt, all diese Geschichten von Günther und
Hagen, der Chrimhilde und Bruniiilde , von Parcival und sämtlichen
Ritlern der Tafelrunde recht bald gründlich zu vergessen. — Manche
Sachen lassen sich statistisch schwer nachweisen, obgleich z. B. die
Erfahrungen sämtlicher Provinzialschulräthe in Preuszen statistisch zu-
sammengefaszt schon eine Einsicht in den Stand der Sache gewinnen
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache. 121
lieszen. Jedoch wie dem mich sei, nach den Programmen zu urteilen,
haben viele Lehrer, wenn nicht gar die Mehrzahl, von den alldeutschen
Schriften auch nicht eine gelesen und, was noch mehr sagen will, da
es auf den Umfang des gelesenen zunächst gar nicht ankommt — sie
sind zu ihrer Leetüre grammatisch nicht vorbereitet.
Enthält diese Behauptung keinen bedeutenden statistischen Irtum —
dann gleichen die Vorträge vieler Lehrer über die ältere deutsche
Lilferatur der Rede des Blinden von der Farbe und stellen einzig und
allein die Gewandheil derselben, über etwas zu reden, wovon sie im
Grunde nichts wissen, in das hellste Licht. Auch der Unterzeichnete
hat sich in jüngeren Jahren hei diesen Vorträgen bisweilen in eine
seltsame Begeisterung hineingeredet, die aber die dunkle Scham und
der Gedanke stels ernüchterte: du redest über Dinge, die dir, wenn du
es ehrlich eingestehen willst, ganz unbekannt sind. Die Folgen für die
Schüler, die so zu grammatischer und zu jeder Art von Ungründlich-
keit, zum Dünkel und zum Heden über unbekannte Dinge verführt wer-
den, sind so bedenklich, dasz es unbegreiflich erscheint, wie sie Leh-
rern und Schulbehörden entgehen konnten. Den deutschen Nationalsinn,
die Liebe zur Geschichte unseres Volkes, wie man etwa behaupten
möchte, wird ein solcher Betrieb der altern Litttraturgeschichte nicht
zuwege bringen, da ja die erworbenen Kenntnisse so unsicher sind,
dasz die Teilnahme an der Sache schon der groszen Mehrzahl der
Studenten verloren geht. Jede neue Idee, also auch die noch so junge
nationale Hichtung in unserem Volke und unserer Litteralur (seil 1800,
vornehmlich seit 1813) bedurfte der Begeisterung, um zum Durchbruch
zu kommen; aber nur die nachfolgende besonnene, nüchterne Betrach-
tung kann das erhalten, was die Begeisterung zuerst ins Dasein ge-
rufen. Von der Begeislerung der romantischen Schule (1800), der alle
gründliche Einsicht in die altdeulschen Schriften noch fehlte, ist der
erste Austosz zur gröszeren Beachtung der älteren Geschichte derLitte-
ratur ausgegangen, der Begeisterung ist durch die Schüler J. Grimms
und Lach man US die gründliche Erforschung der älteren Schriften
selbst gefolgt. Ueber die Bestrebungen der romantischen Schule sind
wir bereits hinaus, und nur einzelne ihrer Richtungen zucken noch,
um bald ganz zu erlöschen, welterleuchtend tief unten am Horizonte
unserer Zeit. Aber als bleibendes, schönes Erbe hat diese Schule uns
den auf unser Volk und seine Geschichte gerichteten Sinn und die
Liebe zur Muttersprache hinterlassen — ein Erbe, würdig unserer
aber auch aller folgenden Zeiten. — Diese Liebe zur Bluttersprache
selbst in ihrem ältesten Stande mag das begeisterte Wort auch des
mit der Sprache nicht vertrauten Lehrers zu wecken im Stande sein,
so dasz sie für den Augenblick in dem Geiste des Schülers
aufblitzt, die erweckte aber zu erhalten, zu nähren und zu stärken,
so dasz sie nie erlösche, das vermag nur die ernsle, mit Hand an-
legende Arbeil des Schülers selbst, dem durch zweckmäszige Behand-
lung des Unterrichts die Mittel dazu müszen geboten werden.
Der V.'eg aber, den die Lehrer der Mehrzahl nach beim Vortrage
122 Die Sprachvergleichung und der Unlerricht in der Muttersprache.
der älteren Litteratur verfolgt haben und noch verfolgen , hat den
Schülern diese Mittel zeilher nicht geboten. Das bezeugen thatsäch-
lich die leeren Hörsäle der Germanisten und Sanskritaner auf der
Hochschule, die grosze Unkunde selbst der jüngeren Gymnasiallehrer
in der Kenntnis der deutschen Grammatik und die zum gröszten Nach-
teil der altklassischen Studien von den Philologen hartnäckig fortge-
setzte Opposition nicht blos gegen die sichersten Ergebnisse, sondern
auch gegen die maszgebenden Grundgesetze der vergleichenden Sprach-
wissenschaft.
Ist es nun wahr dasz die dem Vortrage der älteren
Litteraturgeschichte zeither geschenkte Zeit an vielen
Gymnasienwenn nicht geradezu übel angewandt, sodoch
wenigstens vergeudet worden ist, so fände sich hier
Raum undZeit genug für denBetrieb der deutschen Gram-
matik und zur Ausfüllung einer in die Augen fallenden
Lücke in dem Wissen der studierenden Jugend. — Um
den etwaigen Vorwurf, als läge der hier vertretenen Ansicht von der
Notwendigkeit des Betriebes der deutschen Grammatik eine blosze
Vorliebe zu Grunde, zu entkräften, hat die Erörterung auch auf die
übrigen Zweige des deutschen Unterrichts Rücksicht nehmen und ihre
Bedeutung und die darauf zu verwendende Zeit gegenseitig abwägen
niüszen. DasResultat ist dieses: die zwei Stunden in S ecun da
sind knapp zugemessen; aber der Lehrervvird, da es die Sache einmal
erheischt, schon Zeit finden, um seinen Schülern die Grundregeln vom
Ablaut, der Brechung, dem Umlaut, der Schwächung und den
gestörten nhd. Quantitäts Verhältnissen beizubringen und die
Lautverschiebung wenigstens an einigen Beispielen zu erläutern.
Für Prima dagegen ist die Zeit ausreichend vorhanden; es braucht
nur an die Stelle der langen, inhaltleeren, durch die Leetüre nicht
unterstützten Vorträge über so viele altdeutsche Schriftsteller und
Bücher die Erklärung altdeutscher Schriften selbst zu treten. Da die-
ser Teil des deutschen Unterrichts nicht individuell gefärbt, nicht von
der verschiedenen Bildung und Richtung des Lehrers abhängig ist, so
ist das was und wie der Leetüre weniger streitig und leichter fest-
zustellen.
Ohne alle Controverse geht es aber auch auf diesem beschränk-
teren Felde des Unterrichtsgegenstandes leider nicht ab, und zwar
nicht blos in Betreff der unkundigen. Diese werden bei der ihnen
mangelnden Kenntnis der deutschen Grammatik an dem früheren Ver-
fahren bei dem Vortrage der älteren Litteraturgeschichte festzuhalten
geneigt sein. Da ihnen aber alle Einsicht in die Sache fehlt, so fällt
ihre Opposition hier auszer Betracht; denn den Haupteinwand,
den sie vorzubringen vermöchten, könnten sie doch nur von
ihrer Unkunde entlehnen, die ihnen aber bei demjetzi-
gen Stande der historischen Sprachvergleichung an-
fangen sollte höchst bedenklich und unbequem zu wer-
den. Was die kundigen betrifft, so bedauert es der unterzeichnelo
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Miillcrsprache. 123
recht sehr, dasz er sich in BclrcfF des Umfangs der altdeutschen Lec-
tiire mit einem Manne nicht im Einklänge befindet, der seine Kenntnis
und Teilnahme an der Sache unter den Gymnasiallehrern in hervor-
ragender Weise, namenllicii durch seine Recensionen in der Berliner
M ii t Ä el Tschen Zeitsclirift an den Tag gelegt hat. Ich meine den
Oberlehrer Stier in \^'itteIlberg (vgl. seine Abhandlung 'gehört das
Mittelhochdeutsche in den Lehrplan der Gymnasien?' Miifzells Zeit-
schrift Juni 1860 S.433 — 450). Wie von Hrn Stier zu erwarten vt ar,
verlangt er 'gewissenhafte Präparation auf Lexikon und Grammatik,
sachliche und grammatische Erklärung durch den Lehrer.' 'Das we-
sentliche Ergebnis altdeutscher Stunden ist für ihn eine gram-
matische Erkenntnis der Muttersprache.' »Er sagt ferner,
was mir zu lesen sehr lieb war: 'es hiesze Wasser in die Elbe tragen,
wollten wir hier viel Worte machen, um zu beweisen dasz heutzutage
eine. solche grammatische Erkenntnis der Muttersprache
eigentlich von jedem gebildeten — mit ganz besonderem Rechte von
dem verlangt werden müsze, der sich durch Erlernung der altklassi-
schen Sprachen Bildung des grammatischen Sinnes überhaupt zu er-
werben bemüht ist.' Wenn Hr Sti^r endlich von den mhd. Gedichten
das Nibelungenlied und die lyrischen von Walther"^) besonders be-
achtet wissen will , so werden nicht blos diese Forderung, sondern
auch die andern eben erwähnten leitenden Gedanken für diesen Unter-
richt alle kundigen gern unterschreiben. Aber die Mehrzahl der letz-
teren wird, so hoffe ich, ihm nicht beistimmen, wenn er den Unterricht
einseitig auf das Mhd. beschränken will. Er weisz es ja selbst so gut
oder besser wie der unterzeichnete, dasz dies, soll von Gründlichkeit
die Rede sein, ein Ding der Unmöglichkeit ist. Wir müszen mit dem
Anfange, d. h. dem Gothisclien, und nicht mit dem Ende der alldeut-
schen Sprachen, dem Mhd , anfangen. Alles drängt dazu. Warum hat
es früher, wie der vorliegende ganze Aufsatz nachzuweisen bemüht
ist und Hr Stier (S. 445 oben) selbst einräumt, blos eine latei-
nisch-deutsche und keine deutsche Grammatik gegeben? Ant-
wort; weil uns die gothische Grammatik noch fehlte; mit und seit
ihr besitzen wir — sei's J. Grimm gedankt — auch eine deutsche.
Dieser geht ja selbst nicht etwa nach einem gewissen Belieben, son-
dern durch die zwingendsten Gründe veranlasst, bei allen Grundregeln
vom Gothischen aus. "\"\'ie kann Hr Stier den Schülern für das Mhd.
die S c h w ä c h u n g , Brechung, den Umlaut, Rückumlaut, die
starke und seh wache Conjugation usw. gründlich klar machen,
ohne auf die älteren Sprachen zurückzukommen? Er sagt ja selbst:
*es ist wahr, die Geschichte der Sprache ist unverständ-
*) Wieviel von den betreffenden Schriften in rein deutschen Gym-
nasien gelesen werden kann, ob soviel wie Hr Stier verlangt ('das
ganze Nihelungenlied und mögliclist viel von AValther'), weisz der
unterzeichnete nicht zu sagen; denn ihn zwingt die Rücksicht auf seine
poluisclien Schüler zu gröszerer Beachtung gerade der letzten Periode
der Litteratur.
124 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Mutlersprache.
lieh ohne zurückzugehen bis auf das Golhische.' Dadurcli
dasz wir die Schüler bei den Grundregeln auf das Gothische zurück-
führen, werden sie wahrlich noch nicht 'Sprachgelehrte' werden. Aber
wäre es nicht geradezu ein Kunststück, das offenbar nicht gelingen
kann, das Mhd. ganz einseitig ohne Rücksicht auf das Gothische auf-
zufassen und den Schülern zu erläutern? Ist 'die Erkenntnis un-
serer eigenen Muttersprache aber die Hauptsache für
die altdeutschen Stunden'' — da den litterarischen Werth der
älteren deutschen Schriften die an den alten Klassikern geschulten
Philologen und die durch die Werke unserer Klassiker gebildeten
Schulmänner stets mehr oder weniger in Frage stellen werden — nun
so ist zu dieser Einsicht schon in den Schülern der Grund so zu legen,
dasz keiner in der tiefsten Unwissenheit die Schule verlasse, die streb-
samen aber vorbereitet sind auf der Universität die einschlägigen Vor-
lesungen zu hören. Das werden wir aber durch den einseitigen Betrieb
des Mhd. nicht erreichen. Hr Stier meint: die durch die Kenntnis
des Mhd. ausgerüsteten würden auf der Hochschule leicht ans Ahd.
und Goth. herantreten. Das ist sehr zu bezweifeln; im Gegenteil, da
sie dann doch wieder von vorn anlfangen niüsten, so werden sie diese
Mühe scheuen und wahrscheinlich selbst das Mhd. links liegen lassen.
Hr Stier selbst verschweigt es ja nicht (S. 446), dasz 'a lle Formen
der mhd. Sprache bereits so abgeschliffen sind, dasz
ohne ein Zurückgehen aufdie ältere Sprache ein volles
Verständnis derselben nach Flexion und Wortbildung
nicht möglich sei.' Jedenfalls werden sich die Schüler bei der
Uebereinstimmung der mhd. und nhd. Formen aufs Rathen und wieder
aufs Rathen legen, obgleich Hr Stier (S. 443 unten) hofft dies ver-
hindern zu können. Bei den goth. und meist auch bei den ahd. Formen
sollen sie das wohl bleiben lassen — nichts aber ist hierbei vom
Lehrer mehr zu vermeiden als gerade dieses Herumrathen der Schüler,
worüber, da es der Ungründlichkeit Thür und Thor öffnet, die alt-
klassischen Philologen, und zwar mit vollem Recht, Ach und Weh
rufen würden. Soll der Schüler auszer der Kenntnis der Muttersprache
auch eine gründliche Vorbildung für die Universität von der Schule
mitnehmen, dann musz diese vom Gothischen ausgehen. Die Folge ist:
der strebsame Sludent wird nicht blos goth. und ahd. Vorlesungen
folgen können, sondern, und zwar mit der leichtesten Mühe, auch den
mittelhochdeutschen. Denn zum Uebergange von jenen zu diesen bedarf
es ja — Hr Stier wird dies gern zugeben — nichts weiter als den
Nachweis des rein dialektischen Wechsels der Buchstaben. Ein Punkt
musz hier noch besonders hervorgehoben werden. Es dreht sich
zunächst um die Erlernung der Grundlehren der neuen
deutschen Grammatik und um die historische Verglei-
ch ung der Worte innerhalb der deutschen, womöglich
auch der beiden alten Sprachen; die Lecture, die Hr Stier
zu bevorzugen scheint, ist erst das zweite. Ehe z. B. der Secun-
daner die ahd. und goth. Formen: drah-is-al-ar-i , salb-oda, vur-isto
Die Sprachvergleichung und der Unlerrichl in der Muttersprache. 125
mit Hülfe des Gesetzes von der Schwächung und dem Umlaut in
die ncuhüchdeulschen Formen: Drech-s-1-er , salb-cte, salb-te, Für-st
ohne a 1 le Anl ei tung des Lehrers selbst umzusetzen nicht im
Stande ist, möchte ich ihn nichts von der Flexion einer altdeulschen
Sprache lernen, noch viel weniger auch nur eine Zeile übersetzen
lassen. Die Selbständigkeit und Sicherheit, mit der er nach den ge-
lernten Regeln verfahren kann, macht ilim Freude, gewinnt seine Teil-
nahme für die Sache, erklärt ihm auf einmal den groszen Abstand
unserer Sprache von den alten und erleichtert für hundert ahnliche
Fälle die später folgende Leetüre. Im Ganzen: der Schüler musz
dem Lehrer, nicht derLehrer dem Schuler bei derLectüre
die älteren Formen erklären.
Ist es nun auch sehr auffallend, wenn Ilr Stier selbst beim Ab-
laut, diesem Haupt- und Grundgesetze nicht blos der starken Conjuga-
tion, sondern der gesamten germanischen Wortbildung, ohne Berück-
sichtigung der älteren, blos mit der mittel hochdeutschen Sprache
fertig zu werden hofft, so würde der unterzeichnete es doch sehr be-
dauern, wenn auch nur ein Wort in dieser Controverse die Hochach-
tung zu schmälern geeignet wäre, die er den fortgesetzten Bestrebungen
Hrn Stiers für die Einführung der deutschen Studien stets gezollt hat.
Die neue vergleichende Sprachwissenschaft schwebt — man mag da-
gegen sagen was man will — o h n e M i t Wirkung pädagogischer
Kräfte — in der Luft; je geringer die Zahl derer zeither war, die,
wie Hr Stier, sie einzubürgern mit Hand anlegten, desto gröszer sein
Verdienst. Aber in einem Punkte befinde ich mich im schrolFsten Ge-
gensatze zu ihm; es ist dies die La u t v er s ch i e bu n g. Bedarf es
erst eines Zeugnisses für diese Grundregeln? Nun eins der jüngsten
(von He y se S. 309j lautet: das Gesetz der Lautverschiebung
ist von dem gröszten Einflüsse auf etymologische Wort-
forschung. Es gibt ein sicheres Kriterium zum Erlernen
der ursprünglichenVerwandtschaft und zurUnterschei-
dung derselben von blos zufälliger Lautähnlichkeit, so-
wie von später er En tl ehn ung. Gerade dieses Gesetz, welches
ebensogut in die lateinische und griechische Grammatik gehört wie in
die deutsche, ist so recht geeignet die Teilnahme des Primaners zu
wecken und die Liebe zur Sache in ihm anzufachen; denn hier kommen
ja die beiden alten , dem Schüler wohlbekannten und liebgewordenen
Sprachen mit ins Spiel. Nach meiner Erfahrung sind gerade durch
diese Grundregel die Schüler, selbst polnische, für diese Studien über-
haupt angeregt und zum Teil wirklich gewonnen worden. Ferner aber
ist die Lautverschiebung die Brücke, über welche die altklassi-
schen Philologen willig oder unwillig werden gehen müszen, um aus
der einseitigen Betrachtung ihrer Sprachen endlich herauszukommen.
Je näher dieser Umschwung der Dinge heranrückt, desto unverant-
wortlicher wäre es, wenn das Gymnasium dem Schüler diese Regel
vorenthielte — eine Regel, die er nach wenigen Jahren drauszen auf
der Universität oder in dem späteren Leben nicht wird entbehren kön-
126 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
nen, falls er der neuen Sprachwissenschaft dann nicht ganz ralhlos
gegenüberstehen soll. Ohne Anleitung seitens des Gymnasium wird
er das versäumte nachzuholen, d. h. von vorn anzufangen, auch auf
der Universität nicht Veranlassung suchen. 'Sprachforscher' werden
unsere Schüler, wie Hr Stier meint, blos deswegen, weil sie die
Lautverschiebung kennen, wahrlich noch nicht werden, sondern nur,
wie eben gesagt, den neuen Thalsachen einst nicht als Ignoranten
gegenüberstehen. Auch 'mit den Schwankungen der mulae im Mhd.
und Nhd.' hat es nicht soviel auf sich, wie derselbe behauptet; denn
mit Recht bemerkt Heyse (S. 306): 'das Mhd. und Nhd. bleibt in die-
sen Lautverhällnissen (der mutae) im allgemeinen auf dem Stand-
punkte des Ahd. stehen, nur mit zunehmender Erweichung der harten
Laute (= t, p und k zu d, b und g), also zurückschwankend ins Goth.
und Nnd.' Zugleich können die Lehrer nur mit Hülfe dieses Gesetzes
die herkömmliche, grundfalsche Ansicht von der Not-
wendigkeit des Gleich klangs verwandter Worte in ver-
schiedenen Sprachen bekämpfen. Diese Ansicht hat aber den Fortschritt
der gesamten Sprachvergleichung, auch der lateinischen und griechi-
schen, so lange gehemmt und verzögert. Je wichtiger und maszgeben-
der für das Gymnasium die beiden alten Sprachen sind, desto mehr
Berücksichtigung verdient das Band, welches jene mit allen deutschen
und den übrigen indo -europäischen verbindet. Dieses Band aber ist
gerade die Lautverschiebung. Zweierlei, was zu wissen vor allem
notthut, lernt durch sie der Schüler zugleich: 1) es gibt in verwandten
Sprachen einen Lautwandel der mutae, der den Gleichklang be-
seitigt; 2) dieser La u tw andel ist an f es te Gesetze gebunden, die
es auch einem Primaner ermöglichen , die Verwandtschaft der Worte
verschiedener Sprachen entweder zu bejahen oder zu verneinen. End-
lich ist gerade dieses Gesetz geeignet, den Schüler auf den möglichen
späteren Betrieb des Sanskrit vorzubereiten, wozu dem Gymnasium
sonst alle unmittelbare Gelegenheit fehlt. So steht es denn zu hoffen,
dasz die Mehrzahl der kundigen die Beschränkung der älteren deut-
schen Leetüre blos auf das Mhd. misbilligen werde, da diese Be-
schränkung beim besten Willen in aller Strenge doch nicht durchzu-
führen wäre.
Was den Umfang der Leetüre befrilTf, so musz der unterzeichnete
Lehrern an ganz deutschen Gymnasien die Sache anheimstellen;
er selbst ist durch die Bücksicht auf seine durch die Nationalität der
Schüler bedingten Verbältnisse auf ein geringstes 3Iasz beschränkt
und zu besonderer Beachtung der klassischen Periode unserer Littera-
tur mehr noch als andere Lehrer verpfliclitet. Etwa 10 Verse aus der
goth. Bibelübersetzung, 15 — 20 Verse aus dem Krist von 0 t fri ed, eine
avenliure aus dem Nibelungenliede und einige lyrische Gedichte von
Walther bieten hinreichenden StolT, um den Schüler auf den späteren
Betrieb alldeutscher Leetüre vorzubereiten. Um ihm von der nieder-
deutschen Mundart, die sich in der hollämlischen Sprache eigen-
tümlich entwickelt, in Deutschland selbst aber mit Reinke de Voss
Die Sprdcliverglciclmng und der Unterriclit in der Mullersprache. 127
iini 1500 als Schriffsprache abstirbt und dem Neuhochdeutschen Plalz
macht, eine Probe geben zu können, werden die Lehrer in Norddeutsch-
land vielleicht ein Bruclistück aus dem Heljand ungern vermissen.
Das wäre in der That ein sehr kleines Besitztum des Sciu'ilcrs,
aber an sich und in seiner Nachwirkung auf der Universität ein viel
fruchtbareres, als der oberdächliche Eindruck aller der schönen von
der Lectiire nicht unterstützten Reden über unsere ältere Lilteratur.
In Bezug auf das wie der Leetüre befinde ich mich mit Hrn Stier in
voller Uebereinslimmung und unterschreibe alles, was er in dieser
Hinsicht vorschlügt. Süllen die Philologen nicht mit Recht ihr Veto
einlegen, so müszen wir bei der altdeutschen Leetüre ganz so gründ-
lich verfahren wie jene bei der altklassischen; ihr Vorgang sei dabei
auch für uns maszgebend und Vorbild. Doch statt vieler Worte lieber
ein Beispiel:
Ulfil. Luc. XIX 1 (iesus) inngaleithands lairhlaith iaireikon.
Der Gleichklang mit neuhochdeutschen Worten kann den An-
fänger hier nicht leiten und ebendeswegen , um allem Dberflächlichen
Vergleichen von vorn berein vorzubeugen, ist das Beispiel gewählt.
Im Gegenteil auszer dem Fremdwort iaireikon starren den unkundigen
die gothischen Worte als völlig fremde an und, da er die Grund-
regeln ni c h t k en n t, schrecken sie ihn ab. Anders der einge-
schulte Primaner. Auf seine Grundregeln, deren Wirksamkeit er
ja an vielen Beispielen schon erprobt, vertrauend, gibt er die Hoffnung,
hinter diesen scheinbar ganz fremden Lauten neuhochdeutsche
Worte zu entdecken, nicht auf und geht frisch an die Sache. Es ent-
spinnt sich nun folgendes Spiel von Frage und Antwort, und zwar noch
ehe der Schüler die goth. Flexion erlernt, von der die verwickelte
Substanlivdeclination (a , i , u) überhaupt besser der Universität ver-
bliebe.
inngaleithands. A) L a u l.
I) F.: ist das ein einfaches Wort? Antwort: nein; denn alle Wur-
zeln der Nomina und Verba in den indo- europäischen Sprachen sind
einsilbig. 2) F.: wie ist das Wort in seine Teile zu zerlegen? Wahr-
scheinliche Antwort: inn-ga-leith-ands.
a) Die Endung ands.
l) F. : wie musz diese Endung ands im Nhd., Latein, und Griech.
heiszen? Antwort: nach der S ch w ä ch u ng ands und nach Abfall
des Zeichens des Nominativ end; im Latein, anfs = ans; im Griech.
avTg = äg. 2) F.: was ist das für eine Endung? Antwort: in allen
drei Sprachen die Endung des Particip. 3) F.: der goth. Genetivus
heiszt andis, wie ebenderselbe in diesen drei Sprachen? Antwort:
endes, antis (laud-antis), avrog {tOT-avtog^. 4) F.: was ist nun
in unserm Nom. und Genetiv Ileil-and, Heil-andes auffallend?
Sichere Antwort: dasz beide durch die Schwächung nicht zu
Heil-end, Heil-endes geworden sind? dagegen ist in dem gewöhnlichen
nhd. Participium heilend, heil-endes das ursprüngliche a nach der
Regel längst in e geschwächt. 5) Fr. : warum bat sich das a in Heil a nd
128 Die Sprachvergleichung und der Unlerrichl in der Muttersprache.
erhalten und ist dieses Participium eine Ausnahme? Antwort: Worte,
die im Verkehr des Lehens, in der kirchlichen, gerichtlichen
Sprache und sonst sehr häufig gehraucht werden', behalten bisweilen
die altertümliche Form für alle Zeit bei; so z. B. im Latein, familias
das ältere as, sum und inquam das ursprüngliche M der ersten Person
und Heiland das alfe golh. und ahd. a. Weit gefehlt, dasz diese
Worte regellose, willkürliche Ausnahmen wären, enthalten sie die
ältere Regel, nach der man gerade den Stand auch der späteren Sprache
bemessen musz.
b) Praefixa inn und ga.
l) F.: welches nhd. Wort entspricht dem goth. inn? Antwort:
da nach der Lautverschiebung die liquidae in den verwandten
Sprachen in der Regel übereinstimmen, das kurze i aber bleibt oder
nur in e gebrochen sein könnte, so musz das nhd. Wort gleichfalls
inn, inn-en (= adverbium) lauten. 2) F.: wie heiszt das goth. in
im Nhd. , Latein, und Griech. ? Antwort : aus denselben Gründen
in, in, iv. Zusatz des Lehrers: der Bedeutung nach deckt das goth.
in die lat. und nhd. Präposition, enthält also auch das griech. £ig in
sich. 3) F.: wie heiszt goth. ga im Nhd.? Antwort: nach der Laut-
verschi ebung und der S ch wächung ke. Lehrer : im Ahd. heiszt
sie in der That ki, aber im Nhd. schwankt die muta ins Golh. zurück
und heiszt ge, lat. co, con = mit, zusammen; bisweilen wird diese
weithin durch die deutsche Sprache verbreitete Partikel ge noch weiter
in g' geschwächt, z. B. g-rade, g-leich, G-Iied usw.
c) Wurzel lai th.
1) F.: welche Gesetze kommen bei dieser Wurzel lailh in Be-
tracht? Antwort: die La utverschi ebu n g und der Abi a ut. 2) F.
wie hat der Schüler demgemäsz zu verfahren? Antwort: nach der'
Lautverschiebung musz L als liquida übereinstimmen , die goth.
aspirata Th (nicht =^ nhd. th) dagegen sich in die media D ver-
schieben. Soll es ferner ein ablautendes Verbum sein, so deutet der
Diphthong ai die vierte Klasse der starken Conjugation (vgl. oben das
Paradigma) an. Die mir !)ekannten goth. Ablaute dieser Klassen sind
aber: ei, ai, i, i. Da die nhd. starke Conjugation aber den doppel-
len Ablaut des Praeteritum aufgegeben und die nhd. Verba dieser
Klasse sich entweder für den alten langen Vocal des Singularis oder
den kurzen des Pluralis entscheiden, so werden die den goth. entspre-
chenden niid. Vocale entweder ei, i, i, i (=: in) oder ei, i, i, i lauten.
— Hat der Schüler die unter Nr c 2 gestellte Frage, wie geschehen,
beantwortet, dann kann er in Betreff der Vocale und der Conso-
nanten nicht mehr fehlgehen und das folgende Paradigma der vier
deutschen Hauptsprachen selbst aufstellen, wobei ihm höchstens der
rein dialektische Vocalwechsel goth. ei = ahd. und mhd. i und nhd.
ei und ferner goth. ai = ahd. und mhd. ei an die Hand zu geben
wäre. F.: wie heiszen die Ablaute in den vier deutschen Sprachen?
Antwort:
Die Spfacbvorgleichung und der Unterricht in der Mnllersprache. 129
Imperf.
Prues. Sing. Plur. Partie.
Golh. ei — ai — i — i — (ga)leitha, lailli, Itthiim, lithans.
Alid. i — ei — i — i — (Ui)lidii, leil, litumes, litaner.
Mhd. i — ei — i — i — lide, leit, Uten, (g-e)liten.
(ei — i — ^i — i — leide, litt, litten, (ge)litten.
' ' jei — i' — i — i(=in) — steige,' stieg, stiegen, (ge)stiegen.
l) F. : wodurch unterscheidet sich das nhd. Verbum von denen
der drei andern Sprachen wesentlich? Antwort: im Gegensatz zu den
älteren Sprachen hat es im Sing, und Plur. des Imperfectuni einen und
den se Ib e n Ablaut; nur das einzige nhd. Imperfectum ich ward, wir
wurden folgt der älteren Hegel. 2) Welchen Ablaut hat von den
früheren zweien das nhd. Vcrbuni gewählt? Antwort: den kurzen
des Pluralis, = i. 3) F.: ist das doppelte tt in litt organisch? Ant-
wort : nein. Die Doppelung ist unorganisch und blos zu dem Zwecke,
dasz wir das i kurz aussprechen sollen. Der Quantität nach ist
die Formel toVrog, die in den älteren deutschen Sprachen vorhanden
war, im Nhd. — wenige Worte, die der älteren Regel folgen, unge-
rechnet — nicht mehr möglich; die Formel totto^ wandelt sich l) in
raTVog oder 2) in roititog. Ich leide: ich litt folgt der Formel 2) xon-
nog, wie Vater; Gevatter (= Mitvater), Veiter; ich nehme: er nimmt.
Der Lehrer: der Uebergang des weichen Lautes (d = leide) in
den harten (t:=lilt für lidd) findet eine Analogie an schneide, schnitt;
Knabe, Knappe; plagen, placken; Schnabel, schnappen: vgl. Koch
deutsche Grammatik § 32. Resultat: das goth. innga lei thands
musz in unserer Sprache buchstäblich in n geleidend heiszen, wel-
ches Wort als Compositum nicht vorhanden ist. *) Nun erst — das
heiszt nach der genauen Feststellung des Lautes — kommt
die Bedeutung an die Reibe.
inngaleithands. B) Bedeutung.
Der Lehrer: inngaleithands übersetzt das Etßel&tav des Urtextes.
Das Simplex leithan kommt in den goth. Quellen selbst nicht vor,
sondern nur die Composita Ihairhleithan ötigiea&at,^ galeithan mit-
gehen, gehen, mithinngaleithan övvSLGiQ'/^EG&at. Demgeraäsz ist die
Grundbedeutung:
l) ire, prolicisci, navigare, und zwar (mit Ausnahme des Mhd. und
Nhd.) in allen älteren Sprachen. Davon deriviert, und zwar
noch mit der ursprünglichen Bedeutung: a) nhd. leiten, ahd.
leitan (goth. laitbjan?) = gehen machen, führen, den Weg
weisen. Composita : geleiten , begleiten (= be-ge-leiten). b)
Grabgeleit (z. B, 'geben des Grabgeleit') =-• 1) Milgang zum
*) Um die Wichtigkeit des Ablauts anzudeuten , für Tinkundige
diese beiläufige Bemerkung: das obige Verbum gebt, und zwar ab-
lautend, durch neun germanische Sprachen: goth. leitha, ahd. lidu,
alts. lithu, ags. lidlie, altn. lidb , mhd. lide, nlid. leide, neuniederi.
lid , schw. lider,
N. Julirli. f. Phil. u. I'iid !!. AUt. IsOl. Ilfi 3. 9
130 Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache.
Grabe, 2) auch die mitgehenden, c) Mit-g-Iied = Mitgänger,
comes, sociiis; dieses Nomen hat den alten langen Ablaut des
Sing. Praeteriti, wärend ich litt den kurzen des Pluralis.
2) Nach W. Wackernagel euphemistisch: 1) Trübsal erfah-
ren, Uebles durchmachen, dulden, pati ; dies ist die durchgängige
Bedeutung wie im 3Ihd. so auch in unserer Sprache*); dazu die
Nomina leid, dolorosus, invisus, das Leid, miseria.
*thairhlaith.'
'Laut und Bedeutung dieses zweiten Wortes des goth, Textes ver-
langen keine weitere Erörterung. Der Primaner erkennt in dem laith
sofort die le oder 3e Pers. Imperfecti desselben Verbum. Die Präpo-
sition thairh c. Accusativ bedeutet öia und heiszt ahd. durah, nhd.
durch; das t, goth. th, ist regelmäszig in nhd. d verschoben und h,
wie oft, zu ch geworden. Tha i r h 1 ei th a n ist also buchstäblich
unser durchleiden, hat aber blos die ursprüngliche Bedeutung
l) Iransire und noch nicht 2) die verdunkelte perpeti; thai rhlailh ist
also das griech. öitjQxeto. Endlich iaireikon ist der Accusativus
des hebräischen Fremdwortes iaireiko.
So wäre alles erklärt — und erst jetzt ist der Schüler im Stande
den golh. Satz inngaleithands Ihairhlaith iaireikon als Uebersetzung
des Urtextes eiötX&ojv öiriQy^cXQ xriv l£Qi%(6 ins Nhd. umzustellen:
'hineingehend durchgieng (er) Jericho.' Dabei ist auf den
im Goth. fehlenden Artikel xiqv aufmerksam zu machen; denn wie bei
Homer das 6, i], to, so ist das golh. sa, so, Ihala wesentlich noch
pron. demonstrativum und fängt erst an unter gewissen Verhältnissen
die Natur unseres Artikels in beschränkterem Sinne anzunehmen. Dasz
die golh. Verbalendungen wie die lat. und griech. an dem pron. per-
sonale keine Stütze brauchen, wie dies jetzt im Nhd. auszer beim
Imperativ fast durchgängig der Fall ist, darauf deutet das in der neu-
hochdeutschen Uebersetzung des goth. Satzes eingeklammerte ('er')
hin. Wo der griech. Urtext die pron. personalia hat, da stehen sie
auch im Goth., z. B. Matth. VI 12 1) aq y,ca rj^etg äcpU^zv roTg
*) W. Wackernagel erklärt den auffallenden üebergang der Be-
deutung von 1) ire in 2) pati durch einen Euphemismus, der mir
nicht recht einleuchtet. Ob nicht das ahd. leita = fuuus den Ueber-
gung richtiger vermittelt. Dieses ahd. leita kann neben ags. lade r^=
iter und altn. leid = iter, conventus ursprünglich nicht funus be-
deutpn. Es heiszt vielmehr 1) Gang, Weg, 2) x«t' i'^oxrjv der Gang
zum Grabe, also wie unser Grab geleite := funus. Demgemäsz wäre
die Grundbedeutung von mhd. liden, nhd. leiden 1) gehen, 2) xar' i^oxfjv
mitgehen zu Grabe, 3) Trauer haben, dulden, pati. Unser Wort
Leid ist also nicht = miseria im allgemeinen, sondern ursprünglich
in concret<j Trauer um einen Tod ten. Darauf deuten noch die nhd,
Wendungen Leid haben, Leidtragende := 1) um einen Gestorbenen
trauern, Trauerkleider tragen, 2) die zu Grabe mitgehenden Verwandten.
NB. Das scheinbar ähnliche mhd. gute, nhd. gleite ist ein ganz an-
deres Wort und würde nach der Lautverschiebung im Goth. nicht
wie unser obiges leitha, luith, lithum, sondern loida, laid, lidum lauten
müszen.
Die Sprachvergleichung und der Unterricht in der Muttersprache. 131
o(p£d£Tat.g '^[lav, 2) srasre jah veis afletam Ihaim (= Artikel) sku-
larn unsaraim; 3) sowie auch wir ablassen den Schuldnern unseren
(als ob im Urtexte stünde 7}i.iETEQ0ig und nicht ■rjucöv = unsara).
Hier auf dem Papiere erscheint die vorstehende Erklärung des
goth. Paradigma, das als concretes Beispiel eine allgemeine Erörterung
über das wie der Leetüre ersetzen soll, als eine lange Schreiberei;
Frage und Antwort in der Klasse — die Kenntnis der Grundregeln
vorausgesetzt — nehmen mit jedem neuen Beispiele des Lautwan-
dels, mit der Leefüre jedes neuen Verses immer weniger Zeit in An-
spruch; je gründlicher der Anfang der Leetüre, desto schneller der
Forlschritt. Die Sicherheit des Verfalirens , welche die fruchtbaren,
tausend einzelne Lautgebilde der verschiedenen Sprachen umfassenden
neuen Sprachgesetze dem Schüler gewähren, erregt sein Interesse für
die Sache und weckt in ihm wie den Zweifel an der Richtigkeit der
alten Sprachvergleichung so den Glauben an die Wahrheit der Er-
gebnisse der neuen. Kommt der Lehrer später zum Mhd., dann wird
die Leetüre, da fast alle Schwierigkeiten bereits überwunden sind,
leichter fortschreiten, ja unter günstigen Umständen cursorisch werden.
— Wie gering auch das Besitztum des Schülers sein mag, das er sich
so erworben, er hat nicht blos, was die Hauptsache bleibt, eine ver-
hältnismäszig gründliche Einsicht in den grammatischen Bau seiner
Muttersprache, der neuhochdeutschen, gewonnen, sondern auch ein
Recht sich eine gewisse Kenntnis der älteren deutschen Litteratur zu-
zuschreiben. Auf der Hochschule wird er geneigt sein die Hörsäle der
Germanisten, später vielleicht auch der Sanskritaner zu besuchen und
sie nicht, wie zeilher, meiden oder, weil ihm alle Vorbildung fehlt,
sofort nach den ersten Stunden verlassen. Die Lehrer endlich werden
sich davon, dasz namentlich in Prima die Zeit zu einem derartigen
Vortrage der Litteratur völlig ausreicht, bald überzeugen und an dem
neuen Verfahren ihre Freude erleben; denn anstatt nach allgemeinen
Uebersichlen und Inhaltsangaben der altdeutschen Werke, die ohne
Kenntnis des Urtextes einen sehr beschränkten Werth haben, in wer
weisz wie viel Büchern herumznsuchen, können sie nun aus sich
selbst schöpfen und zu einer gründlichen grammatischen Kenntnis
ihrer Muttersprache selbst gelangen und auch ihre Schüler dazu an-
leiten. Für Autodidakten noch einmal der Rath : wollen sie nicht
nach vielen Umwegen trotzdem immer zur Rückkehr zum
Gothischen gezwungen werden, so niüszen sie von vorn
herein mit dieser Sprache anfangen; denn die gothische
ist, wie Hopp ganz richtig bemerkt, der Licht- und Glanzpunkt
der gesamten deutschen Grammatik.
Von der Muttersprache aber musz die Bewegung, und zwar im
Gymnasium, ausgehen, soll die geographisch beschränkte, in starren
Kationalstolz eingepferchte Grundanschauung, welche die Griechen und
Römer bei der Vergleichung der Sprachen hatten und die Grammatiker
und Lexikographen auch jetzt noch nicht aufgeben wollen, einem freie-
ren, weitsichtigeren, nicht regellosen Verfahren endlich Platz machen.
9*
132 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Es ist nicht zufällig', dasz der Sprachvergleichung' der heiden alten
Völker der Blick in die Ferne und zugleich die schärfere Umschau in
der nächsten Umgebung gänzlich mangelten. Es ist nicht zufällig, dasz
gerade in den jüngst verflossenen Jahrzehenden die Vergleichung immer
■weiter und weiter vordringt in die Sprachen der Völker, sondern viel-
mehr eine Wirkung der ganz umgewandelten Weltanschauung. In allen
Erdteilen taucht eine Nation nach der andern hervor aus dem früheren
Dunkel an das Licht der Geschichte, Völker rücken näher an Völker,
Sprachen an Sprachen und immer gröszer wird die Umschau und
immer weiter und schärfer der Fernblick. Dem ahnungsreichen, in die
Tiefen der Zeit sich versenkenden Geiste solcher Männer gerade aus
unserem, dem deutschen Volke, wie W, Humboldt, J. Grimm
und Bopp, war es vorbehalten das Wort als ein werdendes nach
seinem geschichtlichen Lautwandel zu erkennen, eine der ver-
änderten Wellanschauung entsprechende Sprachwissenschaft zu gründen
und zugleich durch neue, früher nicht geahnte Gesetze — ein Ergebnis
ihrer schöpferischen Phantasie und der seltensten Verstandesschärfe —
zu regeln und durch und durch zu befruchten.
Lissa. Ed. Olawsky.
Kurze Anzeieren und Miscellen.
VI.
Bericht über die 19e Philologenversammiung zu Braunschweig
26 — 29. September 1860.
Da die Versammlung ein Jahr ausgefallen war, so hatte man auf
eine recht zahh'eiche Beteiligung gehoft't und diese Hoffnung war nicht
getäuscht worden. 317 Mitglieder beteiligten sich an derselben. Zwar
hatte natürlich das Braunscbweigische Land das verhältnismäszig gröszte
Contingent gestellt (102, darunter aus der Stadt Braunschweig selbst 71),
doch waren auch andere deutsche Länder mehr oder minder zahlreich
vertreten: Anhalt mit 9, Bayern mit 5, Bremen mit 5, Frankfurt a. M.
mit 1, Hamburg mit 2, Hannover mit 43 (darunter Göttingen mit 15),
Hessen-Darmstadt mit 1, Holstein mit 2, Kurhessen mit 5, Lübeck mit
2 , Mecklenburg mit 6 , Nassau mit 1 , Oesterreich mit 2 *) , Preaszen
mit 00, das Königreich Sachsen mit 13, die sächsischen Herzogtümer
mit 0, Württemberg mit 2 Namen. Die Schweiz hatte 4 Teilnehmer
gesandt, England 3, Frankreich 1, Euszland 3. Da sich viele in der
Wissen.schaft und der Schule gefeierte und berühmte Männer eingefun-
den hatten, so war die Anregung, die im geselligen Verkehr empfangen
wurde, eine selir lebhafte und fruchtbare.
Nachdem in der vorbereitenden Sitzung, den 26. September,
die Braunschweiger Liedertafel durch Vortrag eines Gesangs von Men-
*) Die österreichische Zeitschr. spricht im vor. Jahrg. S. 901 aus:
'Möchten es bei der folgenden Versammlung die Zeitverhältnisse dem
österreichischen Lehrstande ermöglichen, den lebhaften Wunsch der
Teilnahme zu reichlicher Verwirklichung zu bringen.'
Kurze Anzeigen und Aliscellen. 133
delsuhu-Bartholdy die Versammlung' begrüszt hatte , hielt der rrUsideiit
Director Professor Dr Krüger die Eröffnung-srede. Nachdem er für
die Aussetzung der Versammlung im vorigen Jahre entweder um Zu-
stimmung oder doch um entschuldigende Nachsicht g'ebeten und die
Versammlung in Brauuschweig willkommen g-eheiszen hatte, gedachte er
der im letzten Jahre verstorbenen bedeutenden Mitglieder und Mitstifter
des Vereins Fr. Thiersch, Fr. Nägelsbach, W. Grimm und Alex,
von Humboldt und forderte die Anwesenden auf sich zum Zeiclien
des ehrenden Andenkens von den Sitzen zu erheben , was allgemein er-
folgte. Hierauf gab er , eingedenk seines eigenen Amtes und der Stel-
lungen der Mitglieder, der Versammlung eine Betrachtung des Schulamts
im Vergleich mit dem akademischen Lehramt. Nach Darlegung dessen,
was beide gemein haben, der wissenschaftlichen Vorbereitung, wurden
hauptsächlich die Eigenschaften und Thätigkeiten aufgeführt, aufweiche
der Schulmann dem akademischen Lehrer gegenüber verzichten müsze
(Weiterförderung der Wissenschaft durch litterarische Thätigkeit) , dem
aber auch die eigentliche Aufgabe des Schulmanns (die erziehende
Thätigkeit) und die daraus für ihn entspringenden Freuden entgegen-
gestellt. Gewis wird derjenige, welcher in der Schule seinen Lebens-
beruf hat, aus dieser Rede klare Einsicht in das Wesen und Freudig-
keit zu seiner Aufgabe gewonnen, aber auch die Notwendigkeit erkannt
haben , von den akademischen Lehrern fort und fort zu lernen. Ref.
weisz aus eigener Erfahrung, wie ihn nichts frischer zu seinem Amte
gemacht hat, als der Verkehr mit den Heroen der Wissenschaft, wie
ihn die Philologenversammlungen im reichsten Masze darbieten.
Unter Vorsitz des Vicepräsidenten Dir. J. Jeep aus AVolfenbüttel
wurden zu Schriftführern bestellt; Professor Dr Dietsch, Oberlehrer
Koch aus Braunschweig, Conrector Dr Lahmeyer, Collaborator Dr
Abi cht und Collaborator Steinmetz aus Lüneburg: eine gröszere
Zahl als sonst, weil man die Schriftführung in der pädagogisclien Section
mit ins Auge gefaszt hatte.
Nachdem darauf die Mitglieder des herzoglichen Staatsministeriums
und Consistoriums und einige andere hohe Förderer des Vereins in
Braunschweig als Ehrenmitglieder zur Teilnahme an den Verhandlungen
eingeladen worden waren , brachte das Präsidium einen sehr wichtigen
Antrag ein: 1) eine Commission zu ernennen, welche im Verein mit
dem Präsidium der jedesmaligen Versammlung auf rechtzeitige Be-
schaffung fester Zusagen von Vorträgen und Thesen hinwirken solle,
damit § 3 der Statuten zur wirklichen Ausführung gebracht werden
könne ; 2) eine Verbindung der gröszeren Versammlung mit den be-
stehenden kleineren Vereinen (z. B. dem der mittelrheinischen Gymna-
siallehrer, dem zu Oschersleben) anzubahnen, von welcher Verbindung
die gröszere Versammlung nicht zir verachtende Vorlagen, die kleineren
Vereine manigfache Anregung erhalten würden. Es wurde nach dem
Wunsche des Präsidiums beschlossen, diesen Antrag derselben, aus den
gegenwärtigen Präsidenten und den g-ewesenen Präsidenten und Vice-
präsidenten bestehenden, durch Hinzuwahl der Herren Regierungsratli
Dr Firnhaber aus W^iesbaden und Professor Dr Fleekeisen aus
Frankfurt a. M. verstärkten Commission , welche über die Wahl des
nächsten Versammlungsortes zu berathen habe, zur Berichterstattung
zu überweisen. *)
*) Es ist nicht zu leugnen, dasz das Interesse an den allgemeinen
Sitzungen mit der Zeit einigen Abbruch erlitten hat und den Präsidenten
wesentliche Schwierigkeiten aus dem Mangel an Vorträgen erwachsen
sind. Allerdings miisz aber anerkannt werden, dasz den Männern der
Wissenschaft, welche beim Besuch der Versammlungen im freien Ver-
134 Kurze Auzeigen und Miscellea.
Die am Nachmittag nach Wolfenbüttel unternommene Palirt war
höchst belehrend und genuszreich. Viele haben gewis zum erstenmal
die reichen Schätze gesehen , welche die herzogliche Bibliothek enthält,
und auch die damit vertrauteren sind gewis mit neuer Freude wieder
an die Betrachtung derselben herangetreten. Die Aufstellung war eine
so zweckmäszige, dasz sie den freiesten Ueberblick gewährte, und die
Erläuterungen, welche der treffliche Bibliothekar Dr Bethmann gab,
boten die reichste Belehrung. Möge der von ihm ausgedrückte Wunsch,
dasz die Vereinigung, welche von einigen Bibliothekverwaltungen bereits
getroffen sei, um die Benutzung ihrer Schätze auch auswärts zu er-
leichtern und dieselben doch vor Verlusten zu schützen, weitere Ver-
breitung finde, in Erfüllung gehn. Auch die Besucher des herzoglichen
Archivs fanden durch die freundliche Güte des Hrn Archivrath Schmidt
volle Befriedigung.
In der ersten allgemeinen Sitzung am 27. September feierte
zuerst Director Dr Eckstein in beredtester Eede das Andenken von
F.r. V. Thiersch. Indem er aus lebendiger persönlicher Erinnerung
einige Züge aus dessen Leben einstreute, übergieng er zwar nicht die
groszen Verdienste, welche sich der Verewigte um die Wissenschaft und
die Schule erworben, und die einfluszreiche Stellung, die er auch sonst
im Leben eingenommen , hob aber natürlich besonders hervor , wie von
ihm mit der Gedanke zu Gründung des Vereins ausgegangen sei und wie
thätig und belebend er bei den Versammlungen desselben mitgewirkt
habe. Dem am Schlüsse gestellten Antrage , auf den Verewigten , wie
bereits auf mehrere verstorbene Mitglieder geschehen, eine Medaille
prägen zu lassen, trat die Versammlung einstimmig bei, es ist aber
dem Ref. nicht bekannt geworden , ob und wie weit derselbe in der
Ausführung gediehn sei.
Der folgende Vortrag des Professor Dr Petersen: die älteste Poesie
der Griechen als gemeinsariie Quelle Borne? s und Ilesiods, läszt einen kurzen
Auszug nicht zu, da er eine Anzahl von Thesen oder nach des Herrn
Redners eigenem Ausdruck Hypothesen aufstellte, die nur in Verbindung
mit einander und in Beziehung auf die gemeinsame Voraussetzung ihre
Probe bestehen können. Wir erwähnen deshalb nur, dasz die Grund-
lage von der Entwicklung des Mythos bei allen indoeuropäischen oder
arischen Völkern genommen ward. Der Uebergang von der Naturan-
schauung und der physischen Bedeutung der Religion (pelasgischer Zeit-
raum) zu der Entwicklung des Mythos, wie sie in der homerischen und
hesiodischen Poesie vorliegt, wurde in drei Perioden geteilt: die äoli-
sche, in welcher die arische Bevölkerung Griechenlands sich in viele
Stämme zersplitterte, die thrakisch-ionische, in welcher die Mythen
der einzelnen Stämme ausgetauscht und durch eine vorhomerische Poesie
zu einem Ganzen verschmolzen wurden (der Redner stimmt hier mit
kehr Erholung und Anregung suchen, das Halten von ausgedehnteren
Vorträgen kaum zuzumuten ist , auf der anderen Seite eine freie Dis-
cussion bei der tiefen Vorbereitung, welche zur Beurteilung wichtiger
neuer Ansichten notwendig ist, nur in wenigen Fällen stattfinden kann.
Die Universitätslehrer, welche in der Wissenschaft sich nach der Höhe
und Tiefe frei bewegen, ernten aber gewis Dankbarkeit, wenn sie den
Gymnasiallehrern durch Vorträge einen Einblick in die Fortschritte und
die Methodik der Wissenschaft gewähren, und geben wir ihnen diese
Dankbarkeit zu erkennen , so wird dies sie gewis antreiben, sich davon
nicht zurückzTiziehen. Vollkommenes zu verlangen ist unbillig, aber
Ref. musz ehrend aussprechen dasz er noch keiner Versammlung bei-
gewohnt hat, bei welcher er nicht mehrere ihn wahrhaft anregende und
nützliche Vorträge zu hören bekommen habe.
Kurze Anzeigen und Miscullen. 135
E. Curtius Ansicht über die lonier übereiii, obue jedoch die Einwan-
derung dieses Stammes aus Kleinasien anzunehmen) und die achäische,
in welcher die Versetzung' des Mythos mit Historischem begann und die
nach der dorischen Wanderung eingetretene hellenis*che Zeit, in wel-
cher die Naturbedeutung der Mythen völlig dem liewustsein entschwun-
den war, vorbereitet ward. Ohne auf das einzelne weiter einzugehen,
fügen wir nur hinzu, dasz der Redner die Ausbildung des epischen Dia-
lekts und des Hexameters den thrakischen Dichtern zuweist und Ilias
wie Odyssee, sowie die Hesiodeischen Gedichte, von je e'inem talentvollen
Dichter in der achäischen Periode, also vor der dorischen Wanderung
in ihrer wesentlichen Gestalt aus älteren Dichtungen zu Ganzen zusam-
mengefügt sein Uiszt, ohne jedoch spätere Interpolationen auszuschlieszen,
wärend er die orphische Theogonie als in Peisistratos Zeit durch Onoma-
kritos und seine Collegen in ganz ähnlicher Weise wie jene aus älteren
Dichtungen redigiert betrachtet. Obgleich der Redner erkannte , dasz
eine vollständige Durchsprechung seiner Thesen unmöglich sein werde,
so bezeichnete er doch den Hauptsatz , dasz Poesie und Mythos sich
mit einander entwickelt hätten und dasz also die Geschichte der Poesie,
wozu die homerische wie die hesiodeische Frage gehöre, nicht ohne
Rücksicht auf die Entwicklung des Mythos behandelt werden dürfe, als
wol zu einer Discussion geeignet. Indes erhob sich niemand zum Worte.
Der folgende Vortrag, in welchem Gymnasiallehrer Dr Kirchhoff
aus Altona nachzuweisen suchte, dasz die alten Dichter durch ent-
sprechende An- und Auslaute phonische Figuren gebildet hätten, wie z. B.
"Eqcos ccviKari iicc^av,
"EQag 6s iv KrTJfiaai. TCintstg
die E und K sich entsprächen oder in den beiden Choranfängen :
IIoXXu TU dsivä KOvdsV AN -@ QfällOV öslvÖtsqov Ttslsl
T ovto xat Ttoliov nigAN IJöviov Xsiiisqcco vÖtco I
die ausgezeichneten Laute sich respondierten (denn es hätten sich auch
überhaupt Labialen, Dentalen usw. ohne Unterschied des Klanges gedeckt),
machte allerdings kein Glück. Er konnte nicht zu Ende geführt werden
und ward von Director Dr Lübker aus Parchim und Oberlehrer Dr
A. Mommsen ebendaher bekämpft, von jenem weil umfänglichere Be-
obachtungen zur Aufstellung solcher Gesetze notwendig seien und keines-
falls sie zu Conjecturen führen dürften, die von Seite des Sinns keinen
Zwang und keine Empfehlung für sich hätten, von diesem weil zwischen
Anlaut und Auslaut kein Unterschied gemacht worden sei und bei dem
Vorhersehen des N- und S- Lautes in den griechischen Endungen z. B.
Tov Tijs naiSog ddsXcpöv zu einer phonischen Figur N 22 N gemacht
werden könne. Es suchte Kirch hoff seine Ansicht gegen die Ein-
wendung beider Herren zu vertheidigen; doch ergriflf niemand weiter
das Wort. Je weniger die Ansichten des Redners Anklang gefunden
haben und finden konnten, um so mehr betrachtet es Ref. als eine Pflicht
auszusprechen , dasz derselbe ihm so wie manchem anderen im Privat-
verkehr als ein von redlichem und ernstem Eifer beseelter, Belehrungen
zugänglicher Mann erschienen ist.
Da die Zeit zu weit vorgerückt war und sich das Auditorium ziem-
lich entleert hatte, auch Hofrath Professor Dr Urlichs erklärte, dasz
er seinen beabsichtigten Vortrag lieber am folgenden Tage halten wolle,
so wurde die Sitzung geschlossen.
Inder zweiten allgemein en Sit zung am 28. September führte
der Vicepräsident den Vorsitz und teilte mit , dasz der treue Förderer
des Vereins, der nie, auch wenn er an persönlichem Erscheinen ver-
hindert war , sein Andenken zu bezeugen unterlassen , Geh. Rath Prof.
Dr Ed. Gerhard in Berlin durch Uebersendung der zweiten Abteilung
136 Kurze Aiizeii^e» und Miscellen
&'■
seiner Abliaudluug über die Melallspiegel der Etrusker die Versaraiulung
geehrt habe. Auszerdem war eingegangen: Sack: Geschichte der Schulen
zu Braunsckweig, le Abteihmg. Beide Bücher wurden dem Gebranch
gemäsz der Bibliothek des Ortes (der des herzoglichen Obergymnasiums)
überlassen.
Professor Dr E. Curtius machte auf den beklagenswerthen Um-
stand aufmerksam, dasz die Sammlung der kleinen Schriften K. O.
Müllers noch nicht vollendet sei und dem Erscheinen des dritten Teils
sich Hindernisse entgegenstellten; es sei dies eine Saclie wie der Wissen-
schaft so der Pietät, da O. Müller selbst im Sterben den Wunsch,
dasz seine kleinen Schriften gesammelt und herausgegeben werden möch-
ten, ausgesprochen habe. Seinem Antrage, dem Verleger den dringenden
Wunsch nach Erscheinen des dritten Teils auszusprechen und eine neue
Subscription zu eröffnen, entsprach die Versammlung auf das bereit-
willigste.
Im Namen der Commission schlug darauf Direetor Dr Eckstein
Frankfurt a. M. zum nächsten Versammlungsort und die Herren Di-
reetor Dr Classen und Professor Dr Fleckeisen zu Vorsitzenden
vor: ein Antrag der allgemeine Annahme fand. Fleckeisen erklärte
nicht nur in seinem und seines Collegen Direetor Dr Classen Namen
die Bereitwilligkeit zur Annahme der Wahl, sondern auch, wie er die
Versicherung gebe, dasz die Versammlung in Frankfurt werde herzlich
willkommen geheiszen werden. Ueber den Wunsch der B. Gr. Teubner-
schen Buchhandlung in Leipzig, den Verlag der Verhandlungen für immer
zu übernehmen, hatte die Commission einen Antrag nicht stellen zu dür-
fen geglaubt, um nicht die Präsidenten der folgenden Versammlungen
zu binden. Erwägt man, welche Schwierigkeiten der Absatz für die
einzelnen Buchhandlungen dadurch gehabt, dasz kaum zu finden war,
wo der Wunsch etwas nachzulesen seine Befriedigung erhalten könne,
und bedenkt man den Vorteil, der daraus entstehen wird, wenn die Ver-
handlungen aller Versammlungen als ein zusammenhangendes Werk da-
stehen, so ist Ref. überzeugt, dasz die künftigen Präsideuten das Aner-
bieten der B. G. Teubn ersehen Buchhandlung, das nach den ge-
machten Erfahrungen in der That nicht als aus der Absicht auf Gewinn
hervorgegangen angesehen werden kann, aus freien Stücken annehmen
werden. In Betreff des dritten Punktes, welcher der Commission zur
Berathung zugewiesen war, schlug dieselbe vor: eine Verbindung mit
den kleineren und engeren Vereinen als einen Eingriff in deren Rechte
auf sich beruhen zu lassen, dagegen versuchsweise aus den verschiedeneu
Gegenden Deutschlands Männer zu erwählen, mit denen sich das Präsi-
dium in Verbindung setzen könne und die für Beschaffung von Vor-
trägen in ihren Kreisen thätig sein würden. Die Versammlung geneh-
migte eben so diesen Antrag, wie die Wahl der Professoren Dr Bonitz
in Wien, Dr Haase in Breslau, Dr Hertz in Greifswalde, Ilofrath
Dr Döderlein in Erlangen, Dr Ger lach in Basel und aus dem Kreise
der Schulmänner Direetor Dr Eckstein in Halle und Ephorus Dr
Bäumlein in Maulbronn.
Der Vortrag des Direetor Dr Rein aus Crefeld machte in anschau-
lichster Weise Mitteilungen über den Fund römischer Phaleren am Rhein,
der die erst in neuerer Zeit aufgestellten richtigen Ansichten über die
Beschaffenheit dieser römischen Älilitärorden aufs glänzendste bestätigte
'nnd ergänzte. Die im Geschäftszimmer vorgelegten Reste und Nach-
bildungen der gefundenen Gegenstände erregten viel Interesse und allge-
mein war man dem Redner für die erhaltene Belehrung- dankbar.
Ausgezeichnet durch Klarheit war ferner der Vortrag des Hofrath
Professor Dr Urlichs über das Nereidcninonwnent von Xanllios. Ueber-
raschend war das Resultat der Untersuchung, indem der Redner eine
Kurze Anzeigen und Jliscellen. J37
Stelle des Theopomps (XII Buch am Ende) nachwies, welche als völlig
im Monument bildlich ausgedrückt erscheint. Interessant waren auch
die Mitteilungen, welche Staatsrath Professor Dr Mercklin, eben von
London kommend, aus frischer Anschauung über die Aufstellung, Be-
schatfeuheit und die vei-schiedenen Perioden des Kunststils an dem Mo-
nument gilb.
Zu einer längeren Debatte gab der Vortrag des Bibliothekar Dr
Bethmann aus Wolfenbüttel Veranlassung. Indem derselbe aus dem
reichen Schatz seiner Kenntnis darlegte, wie im Mittelalter in noch
höherem Masze, als die lateinische Schrift, die griechische ganz vou
ihrem ursprünglichen Charakter abgekommen, dann den allerdings für
viele paradox klingenden Satz , dasz wenn die Buchdruckerkunst nicht
erfunden worden wäre, die Men.schheit das Sclireiben verlernt haben
würde, überzeugend bewies, hierauf aber auch die bis jetzt gebrauchten
Typen als dem Geschmack der letzten Jahrhunderte, nicht den ursprüng-
lichen Buchstaben, wie sie sich auf Inschriften und in Codicibus ünden,
entsprechend gebildet bezeichnete, beantragte er: die Versammlung .solle
1) erklären, dasz die griechischen Typen einer Verbesserung bedürften,
2) der Teubner sehen Buchdruckerei den Dank für den gemachten
Versuch ausdrücken, 3) die Sache zur weiteren Erörterung in Zeit-
schriften, namentlich den Jahnschen Jahrbüchern, bringen. Bei der
sich erhebenden Debatte teilte Professor Dr Fl eck eisen mit, dasz
die Typen von A. Nauck (jetzt in Petersburg) entworfen, vom Geh.
Rath Ritschi begutachtet und der Schnitt von ihm selbst beaufsichtigt
worden sei. Gegen die Schriftprobe selbst wurde keine Einwendung
weiter erhoben, als dasz dieselbe zu fein und schlank und deshalb avoI
nicht für alle Augen zuträglich sei. Die Versammlung erkannte an,
dasz die Sache einer gründlichen technischen Erörterung bedürfe und
sprach demnach nur den Wunsch aus, dasz dieselbe in den Jahnschen
Jahrbüchern erfolgen mö^e. AVenn man auch nicht verkennen wird,
dasz die möglichste Wiederherstelhuifr der ursprünglichen, griechischen
Schrift eine Forderung des historischen Sinnes ist , so weisz Referent
doch gewis , dasz die Gewohnheit dem allmählichen Sichbahnbrechen
der Neuerung entschiedenen Widerstand entgegensetzen, aber auch eben
so, dasz man sich, wenn die Sclirift ins Leben eingeführt wird, der vol-
lendeten Thatsache allmählich fügen wird. Der Angelpunkt dabei wird
seiner Ueberzeugung nach die Einführung in die Schulbücher sein und
deshalb emptiehlt er hier die Frage einer grüudhchen, vorurteilslosen
Erörterung, ob eine Erleichterung des Lesenlernens durch die neue Schrift
vermittelt werde , i^nd glaubt dasz man dieselbe mit Ja beantworten
werde, da die Schrift weniger Zeichen und dieselben schärfer unterschie-
den gibt, als die bisher gebrauchten Schnörkel.
Der Vortrag des Director Dr Lübker aus Parchim über die charak-
teristischen Unterschiede des Euripides vom Sophokles , in welchem beson-
ders die religiösen Anschauungen Erörterung fanden , rief keine Debatte
hervor. Die Zeit war indes so weit vorgeschritten, dasz zu allgemeinem
Bedauern der angekündigte Vortrag des Professor Dr Westphal aus
Breslau über die Interpolatio?ien in Aeschylos Agamemnon nicht mehr ge-
halten werden konnte. Wie Ref. vernimmt, hat Professor Westphal
denselben vor einem engeren Kreise von Freunden privatim noch gehalten.
In der dritten allge m e inen Sitzung an demselben Tage Nach-
mittags 5- Uhr, der auch viele Damen anwohnten, las Director Graven-
horst aus Bremen seine deutsche Bearbeitung von Sophokles König Oedi-
pus vor und emptieng den anerkennendsten Dank. Nachdem der Vice-
präsident Director Jeep herzliche Abschiedsworte an die Versammlung
gerichtet und dieselben Professor Dr Haase aus Breslau in eben so
herzlicher Weise erwiedert hatte, trennte sich die Versammlung, ura
138 Kurze Anzeigen und Miscellen.
noch am nächsten Tage eine gemeinsame Fahrt nach Harzburg zii
unternehmen, zu welcher das herzogliche Staatsministeriura mit hoher
Liberalität die Eisenbahntransportmittel zur Verfügung gestellt hatte.
Wir wenden uns zu den Verhandlungen der pädagogischen Section,
welche eine Teilnahme fanden wie fast noch nie, und von einem gei-
stigen Leben erfüllt waren, das in den meisten gewis die Ueberzeugung
von der Dauerhaftigkeit dieses Teils der Versammlungen fest begründete.
In der vorbereitenden Sitzung am 26. September wurde
zum Präsidenten Professor Dr Assmann aus Braunschweig erwählt und
nahm dies Amt, indem er sich Ephorus Dr Bäumlein aus Maulbronn
zum Vicepräsidenten erbat, mit Dank an. Die Secretäre der allgemei-
nen Versammlung übernahmen auch hier das Schriftführeramt. Zu den
bereits gedruckt vorliegenden Thesen:
I Thesen, aufgestellt von Professor Dietsch in Grimma.
I.
1) Der Geschichtsunterricht des Gymnasiums kann nur dann befriedi-
gende Resultate gewähren, wenn er sich dem Wesen des Ganzen
möglichst vollständig einordnet und sich darnach gestaltet.
2) Er hat sein Ziel nicht sowol in einem ausgebreiteten Wissen, als in
Weckung des Sinns und Uebung des Geistes für Auffassung geschicht-
licher Thatsachen zu suchen und auf das, was sich der Schüler selbst
erarbeitet, einen hohem Werth zu legen, als auf das blos gedächtnis-
mäszig aufgenommene.
3) Sind die sicher stehenden Resultate der historischen Forschung natür-
lich von ihm nicht auszuschlieszen , so hat er doch vorzugsweise
seine Aufgabe in der Kenntnis des überlieferten zu suchen , um so
mehr als ohne diese das wissenschaftliche Studium , auf welches das
Gymnasium vorzubereiten hat, der Grundlage ermangelt.
4) Er hat a) nicht Universalgeschichte, sondern die Geschichte der drei
Hauptvölker: Griechen, Römer und Deutsche zu lehren, wobei natür-
lich die in ihnen enthaltenen oder zu ihnen in Beziehung stehenden
universalgeschichtlichen Momente nicht übergangen werden dürfen
und können;
b) nicht Culturgeschichte, wol aber eine Heraushebung und Zu-
sammenfassung der aus dem eigenen den Litteraturen zugewandten
Studium des Schülers zu gewinnenden Anschauungen zu bieten;
~c) zur denkenden Betrachtung, namentlich des in den Thatsachen
und Handlungen objectiv erkennbar gegebenen Zusammenhangs und
der daraus hervorspringenden allgemeinen Wahrheiten anzuleiten,
wodurch die religiöse und sittliche Bildung, zu welcher der Geschichts-
unterricht vorzugsweise mitzuwirken hat , einen sicherern Grund ge-
winnt als durch Vorträge.
5) Auf der obersten Stufe hat der Geschichtsunterricht vorzugsweise die
alte Geschichte zum Gegenstande zu nehmen. Eine wünschenswerthe
vertiefende und erweiternde Repetition der mittleren und neueren
Geschichte wird dadurch nicht ausgeschlossen.
6) Auf dieser Stufe hat der Unterricht a) das von dem Schüler bereits
in den alten Geschichtschreibern gelesene zu befestigen und zusam-
menzuordnen ,
b) durch Aufweisung von Gesichtspunkten zu fernerer Leetüre
anzuregen und vorzubereiten ,
c) aus bezeichneten Quellen selbstthätige Aneignung zu fordern.
(Wie weit dies mit der deutschen Litteratur möglich, ergibt sich von
selbst.)
Aber auch schon auf der mittleren Stufe sind die Schüler sowol
Kurze Anzeigen und Miscellen. 139
beim Unterricht als insbesondere bei den früher gehabte Abschnitte
umfassenden Repetitionen anzuhalten,
a) das bei ihrer Lectüre gewonnene in ihre geschichtlichen Kennt-
nisse einzuordnen und
b) sich durch Lectüre genauere Kenntnis wichtiger Personen und
Begebenheiten zu verschaffen.
IL
Es dürfte fruchtbar sein von wissenschaftlichem und pädagogischem
Standpunkte aus die Frage zu erörtern, wie viel und was die lateinische
Schulgramniatik von den Resultaten der Sprachforschung aufzunehmen
habe.
IIL
Interesse erregend würde eine Aussprache und Mitteilungen darüber
sein, was die Gymnasien von einem Schulgesetze erwarten und was sie
nicht wünschen können.
wurden noch folgende gestellt:
II Thesen.
I. Kühnast: Wenn man dem lateinischen Sprachunterricht im Gym-
nasium als Hauptzweck die formale Bildung der Schüler zuweist,
so ist damit der Anspruch auf Bevorzugung , den er hat, dem Grie-
chischen gegenüber nicht gerechtfertigt, und selbst dem Französi-
schen gegenüber nicht stark genug begründet, denselben Haupt-
zweck und eine nicht minder gründliche Behandlung der letztge-
nannten Sprachen vorausgesetzt.
Der Ausdruck ^formale Bildung' ist hier in dem Sinne genommen,
in welchem er nach dem Vorgange von Fr. Thiersch gewöhnlich
gebraucht wird.
IL Rehdantz: Das laute Lesen und Recitieren der Klassiker.
III. Ostermann: Die lateinischen Vocabularien für die unteren Klas-
sen der Gymnasien müszen in engster Verbindung stehn mit ent-
sprechenden Uebungsbüchern und müszen ihr Material den Autoren
entnehmen, welche von den meisten Gymnasien in der Quarta und
Tertia gelesen werden, dem Cornelius Nepos und Julius Cäsar.
IV. Lechner: 1. Unterricht im Turnen sollen wirkliche Gymnasialleh-
rer erteilen.
2. Studierenden der Philologie und Schulamtscandidaten soll Ge-
legenheit geboten werden, sich für denselben die nötige Vorbildung
zu erwerben.
3. Die Methode soll die von Adolf Spiesz begründete sein.
4. Als Ziel des Unterrichts soll wie bei den humanistischen Stu-
dien zunächst allgemeine formale Bildung gelten.
5. Zur Teilnahme sollen alle Schüler verpflichtet sein, welche
nicht durch Gebrechen oder Krankheiten abgehalten sind.
V. Assraann: Es ist die Ueberzeugung auszusprechen:
dasz unsere Jugend nur durch rationelle Turnübungen zu einem
kräftigen Geschlechte herangebildet werden könne,
und dasz eines der notwendigsten Mittel für diesen Zweck die Er-
richtung von Turnhäusern sei.
VI. Lattmann: 1. Die Einheitlichkeit des Gymnasium beruht haupt-
sächlich auf einer gleichartigen Ausbildung des Lehrerstandes.
2. Es ist zunächst zu wünschen, dasz alle (studierten) Gymna-
siallehrer eine gleichartige humane Grundbildung durch ihre aka-
demischen Studien gewinnen und dasz erst zu dieser Grundlage ihrer
Ausbildung das besondere Fachstudium (Mathematik und Naturwis-
senschaften, neuere Sprachen, Theologie, gelehrte Philologie) hinzu-
gefügt werde.
140 Kurze Anzeigen und Miscellen.
3. Es ist zu wünschen, dasz die philologischen Universitätslehrer
einen groszen Teil ihres Unterrichts so gestalten, dasz er den allge-
meinen humanistischen Studien dient, und dasz gleichfalls die akade-
mischen Lehrer der Philologie , Theologie und Naturwissenschaften
durch einen entsprechenden, insbesondere für die Bildung des Leh-
rerstandes berechneten Unterricht Gelegenheit bieten, jene humani-
stische Grundlage zu einer allgemeineren humanen Bildung zu er-
weitern.
Die Versammlung beschlosz die neu angemeldeten Thesen drucken
zu lassen und in der nächsten Sitzung über die Reihenfolge der Debatte
Beschlusz zu fassen.
In der ersten Sitzung (27. Septbr Morgens 8 Uhr) erklärte der
Präsident, Prof. Dr Assmann, wie er auf die so zahlreiche Teilnahme
der deutschen Philologen und Schulmänner die Ueberzeugung gründe,
die Versammlung werde mit ihm darin übereinstimmen, dasz als Ergeb-
nis der ^'erhandlungeu eine echte deutsche That, welche die Liebe
und das Interesse zum deutscheja Vater lau de bekunde, zu erzielen
sei; deshalb schlage er vor dasz zunächst die Fragen, welche sich auf
das Volk und seine Kräftigung beziehen, in den Vordergrund gestellt
würden und demnach die Keilienfolge eintrete: II 4 in Verbindung mit
5; II 2; 11; II 1; II 3; II ü. Die Maiorität der Versammlung stimmte
dafür, so wie sie auch genehmigte, dasz die Assmannschen Thesen als
die allgemeineren zunächst zur Verhandlung gestellt würden.
As s mann hoffte dasz der erste Teil seiner These keine Debatte
erfordern werde, da gewis die ganze Versammlung mit dem Inhalt des-
selben einverstanden sei; indes die laute Aussprache dieser Zustimmung
werde in weiteren Kreisen , namentlich auch bei den Schulbehorden, an-
regend, ja begeisternd wirken : was rationeller Turnunterricht sei, werde
Dr med. Frank erörtern. Für den zweiten Teil, die Errichtung von
Turnhäusern, sjDreche das Bedürfnis, da z. B. im letzten Sommer wegen
des Wetters, wie aus providentieller Fügung, über die Hälfte der Turn-
tage ausgefallen sei; seien übrigens erst solche Häuser da, so würden
die Behörden auch leichter die Mittel zum Turnunterricht bewilligen;
ohne jene aber werde das Turnen überhaupt des Haltes ermangeln.
Die medicinischen Erfahrungen und Beobachtungen, mit denen Dr
med. Frank (Director einer orthojiädischen Anstalt) die Notwendigkeit
einer gröszeren Beachtung der leiblichen Ausbildung der Jugend begrün-
dete , und die Hinweisungen auf das Beispiel der Griechen können wir
hier wol übergehen, nicht als ob sie nicht belehrend und ansprechend
gewesen wären, sondern weil sie schon oft in dieser Zeitschrift erörtert
sind. Eücksichtlich des rationellen Turnunterrichts erklärte derselbe
sich dahin, dasz zwar die beiden Systeme, das schwedische von
Ling und das Spieszsche noch in einer feindlichen Polemik gegen-
einander stünden, dasz aber eine Verschmelzung beider nicht nur mög-
lich, sondern schon vielfach angebahnt sei; auch empfahl er die Schre-
b ersehe Zimmergymnastik, da die darin angegebenen Uebungen von
jedem Lehrer leicht geleitet und beaufsichtigt werden könnten.
Nachdem Ephorus Bäumlein beantragt, ohne Discussion die Zu-
stimmung zu dem allgemeinen Teil der Thesis auszusprechen und Stu-
dienlehrer Lechner die Ausschlieszung der Frage über das Turnen der
weiblichen Jugend, die er allerdings bejahe, aber für hier zur Debatte
nicht geeignet halte, befürwortet hatte, erklärte sich Reg.-Rath Dr Firu-
haber aus Wiesbaden gerade gegen den Bäumleinschen Antrag, da es
eich nicht darum handle, eine Ueberzeugung zu wecken, vielmehr nur
darum, wie die Mittel und Wege zur Verwirklichung dieser Ueberzeu-
gung zu finden und zu beschaffen seien. Conr. Hasper aus Mülhausen
gibt aber einen Anstosz an dem Wortlaute der These zu erkennen, da
Kurzo Anzeichen und Miscellen. 141
'o
(las nur die Anssclilieszung nndcrer Dinge zu enthalten scheine; fü
ein so vortreffliches Mittel er das Turnen zur Kräftigung des Geschlech-
tes halte, so könne er es doch nicht als das einzige gelten lassen; das
Wort Gottes sei vor allem dazu nötig, worauf Assmann erklärt, wie
es ihm nicht in den Sinn gekommen durch jenes nur das andere Prin-
cip ausschlieszen zu wollen. Nachdem Consistorialrath Hirsche aus
Braunschweig in begeisterter Rede, weil es sich nicht um eine kleine,
sondern um eine grosze That für das deutsche Volk handle , die Mäd-
chen, die ja auch zum deutschen Volke gehörten, nicht auszuschlieszeii
angerathen und ferner den Antrag begründet halte: es ist Sache des
Staats aus eignen Mitteln für die Errichtung von Turnanstalten zu sor-
gen, bemerkte der Vicepräsident der allgemeinen Versammlung Director
Jeep, man scheine ihm in der Phrase zu stecken; um herauszukommen
empfehle er die Befolgung des Bäumleinschen Antrags. Noch bemerkte
Realschuldirector Dr Hüser gegen Hasper, dasz das nur natürlich
nichts anderes bedeute, als nicht ohne und veranlaszte dadurch den
Präsidenten Assmann seiner These folg'ende veränderte Fassung zu
geben: 'Es ist die Ueberzeugung der Versammlung, dasz unsere Jugend
nicht ohne rationelle Turnübungen zu einem kräftigen Geschlechte her-
angebildet werden könne', in welcher dieselbe darauf einstimmige An-
nahme fand.
Die Besprechung wandte sich nun den Lechner sehen Thesen zu
(II 4) und Lechner motivierte, nachdem er seine Absicht als da-
hin gehend bezeichnet hatte: Besprechungen über die rechte Art und
Weise des Turnunterrichts anzuregen , was die That sei deren es für
das deutsche Volk bedürfe , seinen ersten Satz damit, dasz es ihm nicht
in den Sinn komme, die bisherigen Turnlehrer von Profession, verab-
schiedete Kori^orale usw, herabzusetzen ; zum Teil seien sie recht ach-
tungswerthe Leute; aber es sei gewis, dasz dem Lehrer, den die Schüler
schon durch anderen wissenschaftlichen Unterricht achten und lieben
gelernt, ein tieferer Eespect bei dem Turnen zur Seite stehen werde;
man habe dies an manchen Orten dadurch öffentlich anerkannt , dasz
man dem Turnlehrer noch einigen Unterricht in den Realfächern anver-
traut habe; übrigens könne der Gymnasiallehrer, wenn er den Turnun-
terricht erteile, für seine erzieherische Thätigkeit und seinen wissen-
schaftlichen Unterricht nur gewinnen, für jene, weil sich auf dem
Turnplatze der ganze Charakter des Schülers ihm oft besser und klarer
oft'enbare, wie in der Lehrstunde, für diesen, weil er seine Methode
vielmehr den Charakterbedürfnissen der Schüler anpassen werde; er
habe an sich selbst diese Erfahrung gemacht und sie sei ihm von vielen
Seiten bestätigt worden. Einem Vorschlage von Bäumlein in Rück-
sicht auf die Schwierigkeit der Durch- und Ausführung einzuschieben
'wenn möglich' wird von Eckstein entgegnet, dasz 'soll' die
Bedeutung des Optativ mit av habe. Auf die Anfrage von Firnhaber,
ob mit dem Ausdrucke 'wirkliche Gymnasiallehrer' gemeint sei
'durch Turnlehrer mit dem Range von Gymnasiallehrern'
oder 'dasz jeder Gymnasiallehrer seine Fähigkeit zum Turnunterricht
erweisen solle', welche Anfrage mit der Bemerkung verbunden war: als
eiste Grundbedingung zum Gedeihen der Turnsache erscheine ihm, dasz
der Turnunterricht obligatorisch sei und in die gewöhnliche Unterrichts-
zeit aufgenommen werde, erörtert Le ebner: sein Ausdruck solle nur
bedeuten, wie wünschenswerth es sei, dasz der Turnlehrer wirklich
zum Lehrercollegium gehöre und auch noch anderen Unterricht erteile,
nicht wie oft bisher ein Korporal oder Unteroffizier sei. Er habe vor-
züglich sein Vaterland Bayern vor Augen gehabt, wo die Directoren
klagten, dasz sie unter den sonst körperlich kräftigen und rüstigen jün-
geren Lehrern keine Bereitwilligkeit und Fähigkeit zur Uebernahme von
142 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Turnunterricht fanden; er glaube, es werde für das jüngere Gymriasial-
lebrer-Geschlecht eine Aufmunterung dazu sein, wenn die Versammlung
ihre Uebereinstimmung mit seinem Antrage ausspreche. Dies erfolgte
darauf einstimmig.
Zur Motivierung seines zweiten Satzes stellte Lechner vor, wie
schädlich gerade bei dem Turnunterrichte die mangelnde Vorbildung sei,
da ein Fehlgriff auf das ganze leibliche Wohlergehen eines Menschen
nachteiligen Einflusz ausüben könne. Von der Vorbildung verlangte er
nicht, dasz der Turnlehrer ein Turnkünstler sein solle, der jede Uebung
selbst mit der gröszten Vollkommenheit auszuführen im Stande sei, aber
verstehen müsze er sie gründlich, wozu Bekanntschaft mit der Anatomie
und Physiologie und Kenntnis der Geschichte des Turnwesens und sei-
ner Methodik gehöre. Er erkannte auf das vollständigste die vortreff-
lichen Einrichtungen der Turnlehrerbildungsanstalten in Berlin und Dres-
den, nach deren Muster jetzt auch Würtemberg eine solche einrichte,
an, wies aber auf die Schwierigkeiten hin : wie der Studierende und der
angehende Lehrer ohne nachteilige Unterbrechung seiner wissenschaft-
lichen Studien die Zeit finden solle, um einen vollständigen Cursus an
einer solchen Anstalt durchzumachen. Um seine Ansicht darüber zu
begründen, wie ohne Benachteiligung der wissenschaftlichen Studien
und mit geringen Mitteln etwas geschehen könne, damit auf den Univer-
sitäten die Möglichkeit vorbereitet würde , dasz Turnlehrer unter den
wirklichen Gymnasiallehrern sich finden lieszen, führte er das Beispiel
von Erlangen an , wo in Verbindung mit dem philologischen Seminar
und unter Aufsicht von dessen Vorstand, dem Hofrath Prof. Dr Dö-
derlein , ein Turncursus bestehe. Während des Wintersemesters halte
der Prosector Vorlesungen über das allgemeine der Physiologie und
Anatomie in ihrer Anwendung auf das Tunren unter Rücksichtnahme
auf die verschiedenen Altersklassen der Menschen, er selbst über die
Geschichte des Turnwesens von- den Zeiten des klassischen Altertums
an; im Sommer würden praktische Uebungen vorgenommen; die Teil-
nahme der Studierenden sei eine ganz freiwillige, aber doch eine nicht
unerfreuliche. Obgleich auf die Frage des Präsidenten, ob der Sinn
sein solle: 'vom Staate müsze Gelegenheit geboten werden'.
Lechner erwiederte, er habe absichtlich die allgemeinste Fassung ge-
wählt, weil in verschiedenen Ländern die Verhältnisse, nach denen
doch die Einrichtungen bemessen werden müsten, verschieden seien,
trat dennoch Hirsche noch einmal für seinen Antrag auf, dasz der
Staat die Kosten übernehmen müsze, da er den Nutzen davon ziehe und
die politischen Gefahren des Vaterlands (als er hier den Hinblick auf
diese als die Ursache bezeichnete , warum man die Turnthesen vor allen
andern auf die Tagesordnuug gebracht habe, riefen viele Stimmen Nein,
Nein) zur Eile drängten. Der Satz zwei der Lechnerschen Thesen
wurde übrigens in der ursprünglich ihm gegebenen Fassung angenommen.
Der unter 3. aufgestellte Satz muste notwendig zur Vergleichung
der Lingschen und Spieszschen Methode führen, da zwischen beiden
allein gegenwärtig ein Wahlstreit besteht. Le ebner erkannte in sei-
ner Motivierung an, wie vortrefflich die schwedische Methode für die
Heilgymnastik sei, erteilte aber der Spieszschen für den pädagogischen
Zweck unbedingt den Vorzug und berief sich deshalb auf das Urteil
solcher, die nachdem sie von Rothstein in der Berliner Centralturnan-
stalt gebildet worden , dennoch im Schulunterrichte unbedingt der Spiesz-
schen Methode den Vorrang einräumten. Jeep rieth die Frage über
die beiden gegen einander polemisierenden Methoden ganz fallen zu las-
sen , da gewis die wenigsten Anwesenden darüber ein klares Urteil be-
säszen; Propst Dr Müller aus Magdeburg aber erklärte, wie er glaube,
dasz jede Controverse hier beseitigt werden könne, wenn man einfach
Kurze Anzeigen und Miscellen. 143
die Ansicht ausspreche , dasz im Unterricht die Spieszsche Methode be-
rücksichtigt werden nmsze; gerade aber die Bemerkung, wie wenige
Gymnasiallehrer von den beiden Methoden Kenntnis hätten, dränge ihn
2u dem Wunsche: die Versammlung möge aussprechen, dasz es Pflicht
jedes Gymnasiallehrers sei, ein thätiges Interesse am Turnunterricht zu
nehmen, indem er sich häufig auf dem Turnplatze einfinde und an den
Uebungen beaufsichtigend und leitend, ermunternd und tadelnd Teil
nehme. Eckstein beklagte, wie wenig die Spieszsche Methode und
seine Schriften bekannt wären und wie leider manche Turnlehrer selbst
die Mühe ihres Lesens und Studierens scheuten; aber um so mehr wünschte
er die Sache von den anwesenden Sachverständigen besprochen zu sehen,
da dies anregend und belehrend wirken würde; eine Abstimmung sei ja
nicht notwendig. Hirsche sprach sich aufs lebhafteste für die päda-
gogischen Vorzüge der Spieszschen Methode aus und beantragte, dasz
man diese jedesfalls in der Thesis betone. Der von Dir. Dr Wendt
aus Hamm beantragte Zusatz: 'zugleich ist eine feste Verbin-
dung mit der militärischen Ausbildung der Jugend anzu-
streben', wurde auf die Debatte über Punkt 4 verschoben. Lechner
begrüszte es als einen wesentlichen Gewinn, dasz hier die Erinnerung
an Spiesz und seine Methode aufgefrischt werde uud wünschte, dasz
manche Lehrer zu Kluge, Kawerau, Waszmannsdorf, Kloss
gehen möchten um sich selbst eine Anschauung zu erwerben; auch in
AYürtemberg habe man sich davon überzeugt und neuerdings eine Anzahl
Lehrer nach Dresden gesandt, um sich unter Kloss auszubilden; doch
glaube er, dasz eine Discussion über Specialitäten hier wol zu weit
führen dürfte. Nachdem noch Dr med. Frank sich darüber ausgespro-
chen hatte, dasz das Spieszsche System durch Schüler von Spiesz, na-
mentlich durch Kloss , um vieles dem Lingschen entlehnte bereichert
worden sei, dasz man dies aber eingestehen und die leidige Polemik,
die allein noch die beiden Systeme trenne und auseinander halte, unter-
lassen solle, stellte Oberlehrer Dr Kinds eher aus Zerbst den Antrag:
die Versammlung geht unbeschadet der Anerkennung des
allgemeinen Urteils über die Methode von Spiesz über den
dritten Satz zur Tagesordnung über und dieser Antrag wurde
durch Stimmenmehrheit angenommen.
Nachdem Lechner darauf aufmerksam gemacht, dasz hier der Ort
sei auf Assmanns zweite These zurückzukommen, und zugleich seine
Uebereinstimmung über die Unentbehrlichkeit von Turnhäusern, besonders
im Winter ausgesprochen hatte, verlas der Präsident eine Stelle aus
einer preuszischen Ministerialverordnung vom 7. Febr. 1844, in welcher
auf die Errichtung von Turnanstalten mit Turnhäusern, namentlich in
jeder gröszeren Stadt Bedacht zu nehmen anempfohlen wird, und fragte,
wie wenig oder nichts seit den 16 Jaliren geschehen sei; und doch sei
die Errichtung von Tarnhäusern eins der notwendigsten Mittel, wenn
das rationelle Turnen allgemein werden und durch dasselbe ein kräfti-
ges Geschlecht dem Vaterlaude erwachsen solle. Der Satz wurde ohne
weitere Debatte einstimmig angenommen.
In Betreff seines vierten Satzes bemerkte Lechner, dasz er
denselben ausdrücklich gegen die zu grosze Betonung der Wehrhaft-
machung gerichtet, welche dem Gymnasialturnen heutzutage wesentlich
schade ; wie das Gymnasium bei seinem sonstigen Unterricht nicht die
künftigen Theologen, Juristen, Mediciner usw., sondern die allseitige
Entwicklung und Ausbildung aller geistigen Kräfte ins Auge fasse, so
sei auch bei dem Tuvnunterrichte die allgemeine Entwicklung aller im
Leibe liegenden Kräfte festzuhalten ; indem sie eben dies bei ihrer Gym-
nastik befolgt, hätten die Griechen jene vollendete Harmonie in der
Ausbildung des Geistes uud des Körpers erzielt, in der sie als uner-
144 Kurze Anzeigen und Miscellen.
reichte Muster für uns dastanden; übrigens werde bei dem Turnen, wie
er es befürworte , die Gymnasialjugend von selbst auch kräftiger und
tüchtiger und somit wehrhafter gegen den Feind des Vaterlandes wei*-
den, aber deshalb sei noch nicht die Wehrhaftigkeit im Schulunterricht
in den Vordergrund zu stellen, wodurch eine der allgemeinen Ausbildung
nachteilige Einseitigkeit entstehe. Dagegen machte AVendt geltend,
dasz man, wenn man die Wehrhaftigkeit betone, doch auch einen all-
gemeinen Beruf aller im Auge habe; ]\Iediciner, Theologen usw. seien
einzelne, aber alle seien Bürger des Staats und als solche Krieger;
man müsze die Jugend frühzeitig in den Waffen üben und in ihr den
militärischen Geist erwecken und nähren. Nachdem Weudt Ecksteins
Frage , ob er an die Einführung von etwas ähnlichem , wie die schwei-
zerischen Kadetteninstitute seien, denke, bejaht hatte, erklärte dieser
die Einführung derselben, möchten sie noch so vortrefflich sein, bei
uns für unrätlilich zu halten und drang auf die Trennung der militäri-
schen Seite von der Turnfrage, da die pädagogische Bedeutung dersel-
ben dadurch wesentlich beeinträchtigt werde. Dem Vermittlungsvor-
schlage des Propsts Müller, der Thesis beizufügen: auch Förderung
der Wehrhaftigkeit, setzte Lechner entgegen, dasz das von ihm
mit gutem Bedacht gesetzte Wörtchen 'zunächst' eben besage, dasz
andere Rücksichten nicht ausgeschlossen seien; in Betreff eines Antrags
von Professor Dr Kühnast aus Rastenburg: die Worte 'wie bei den
humanistischen Studien' zu streichen, weil sie Meinungsverschie-
denheiten hervorzurufen geeignet seien, erwiederte er, dasz die Worte
nur zur Erläuterung seiner Grundansicht dienen sollten , um namentlich
dem vorzubeugen, dasz das Turnen nicht, wie wol geschehen sei, in
bloszes Exercieren ausarte. Hierauf wurde bei der Abstimmung Punkt
4 einstimmig angenommen.
Zur Begründung seines .5n Satzes erwähnte Lechner nur, dasz
noch in manchen Ländern, wie in Bayern, und an manchen Schulen
das Turnen nur facultativ sei, dasz es aber obligatorisch werden müsze,
wenn es auf das Erwachsen eines kräftigen Geschlechts den vollen Ein-
flusz üben solle. Nachdem die erwähnte Thatsache noch von mehreren
Seiten bestätigt war, wurde der Satz einstimmig angenommen.
Zur Begründung seines oben erwähnten Antrags erinnerte Wen dt
daran, dasz das Turnen eine politische und eine pädagogische Seite
habe, und dasz die Lehrer bedenken müsten, wie sie zuerst Bürger und
dann Erzieher seien, also die politische Seite nicht zu vergessen hätten;
es sei Thatsache, dasz das Turnen häutig in eine Einübung von Kunst-
stücken ausarte, und das praktische und ideale Ziel der Jugend gar
nicht zum Bewustsein "komme; das ideale Ziel aber sei die Wehrhaftig-
keit des Mannes, die Kraft zur Verteidigung des Vaterlandes; von einer
sklavischen Nachahmung der schweizerischen Kadetteninstitute könne
keine Rede sein, aber lernen müsze man auch von ihnen, das Princip
derselben könne man annehmen. Prof. Langbein aus Stettin, der
bekanntlich in der pädagogischen Revue den militärischen Uebungen
immer kräftig das Wort geredet hat, macht bemerklich, wie seiner Er-
fahrung nach die Uebungen nach der Methode von Spiesz in den Alters-
klassen bis zu 14 und 15 Jahren das vollste Interesse fänden, dann
aber die Teilnahme für dieselben lauer werde; gerade für die Schüler
der oberen Klassen hätten sich ihm die militärischen Uebungen trefflich
bewährt.*) Hasper machte geltend, dasz hier in einer Gymnasialleh-
*) Auch Ref. hat die Erfahrung gemacht, dasz in den oberen Klas-
sen die Teilnahme für das Turnen abnimmt. Den Grund davon kann
er nicht in dem für das Maturitätsexamen allein in Anspruch genom-
menen Interesse finden — dem Maturitätsexamen wird von gewissen Sei-
Kurze Anzeigen und Miscellen. 145
rerversammlung mir die pädagogische Seite des Gegenstands ins Ange
zu fassen sei. Lecliner bemerkte gegen Wendt, es sei eben das Ver-
dienst von Ad. Spiesz, dasz er die Oaulvelstiicke aus dem Turnen ver-
bannt und demselben ein ideales Ziel , die allseitige harmonische Aus-
bildung des Körpers, welche doch die Wehrhaftigkeit mit in sich ent-
halte, gesteckt habe; gegen Langbein: die Spieszsche Methode schlicsze
das Eiegenturnen mit selbstgewählten Vorturnern nach Jahn-Eiselnscher
Weise nicht aus und dies könne für die oberen Klassen angewandt wer-
den; seine Erfahrung sei übrigens, dasz die Frei- und Ordnungsübungen
auch von erwachsnen Schülern , selbst von Primanern mit gröstem In-
teresse betrieben würden. Hirsche stimmte zwar Lechner über das
in der Spieszschen Methode enthaltene militärische Element bei, glaubte
aber, dasz jedesfalls die militärischen Frei- und Ordnungsübungen, für
welche das vor zehn Jahren erschienene Büchlein von Langbein ein
trefflicher "Wegweiser sei, aufgenommen werden müsten. Als Wendt
die Bemerkung machte, dasz es ihm notwendig scheine, auch den Ge-
brauch der Schieszwaften die Jugend zu lehren , erhoben sich viele
Stimmen mit Nein! Nein!, worauf er erklärte von Specialitäten , über
die man sich nicht einigen werde, abzusehen, aber das allgemeine, die
Verbindung des Turnens mit militärischen Uebungen, festzuhalten. Für
Wendt stellte Hüser die Bemerkung auf, dasz die militärischen ÜebuuT
gen nicht nur eine politische , sondern auch eine pädagogische Bedeu-
tung hätten , indem durch sie der Knabe Gehorsam lerne ; trete nun
dazu noch ein politischer Vorteil hinzu , warum wolle man ihn ver-
schmähen? Die Erkaltung des Interesses für das Turnen in den oberen
Klassen bestätigte er, glaubte aber dieselbe nicht aus dem System, son-
dern aus anderen bei den Schülern der oberen Klassen dominierenden
Interessen , dem Gedanken an die Maturitätsprüfung und dgl. herleiten
zu raüszen. Oberlehrer Dr Nasemann ans Halle erklärte sich dahin,
dasz das von Wendt aufgestellte ideale Ziel eben durch die Gesamtbil-
dung der Jugend zu erreichen sei , da die Wehrhaftigkeit des Mannes
wesentlich auf der Gesinnung beruhe; das politische Princip aber sei
um so mehr abzuweisen, weil zu der unmittelbaren militärischen Tüch-
tigkeit nicht eine lange Vorbildung notwendig sei, sondern eine raschere
Einschulung genüge, wie in Preuszen der einjährige freiwillige Kriegs-
dienst beweise. Der Präsident Assmann erinnerte an ein Wort von
Luther (Ausgabe von Walch XXII 2289) und erklärte sich für Wendts
Antrag, weil er unsere Zeit für eben eine solche wie die damalige an-
sehe, und es notthue dasz wir Deutsche zum Heer und Streit tüchtig
und allezeit bereit seien, dasz unsere Jungen Kriegsleute seien und Land
und Leute vertheidigten. Die nun erfolgte Abstimmung ergab ein zwei-
felhaftes Resultat und auch bei einer Wiederholung stellte sich keine
entschiedene Ueberzeugung für Wendts Antrag heraus.
Wegen der drängenden Zeit wurden die beiden Anträge vom Propst
Dr Müller: 'der Staat soll sich der Sache des Turnens an-
nehmen' und 'jeder Gymnasiallehrer soll thätig sein In-
teresse für das Turnen an den Tag legen' einfach ohne weiteres
ten gern alles in die Schuhe geschoben ; gerade die geistige Anstrengung
weckt das Bedürfnis nach Ausarbeitung des Körper — , sondern in dem
in der Jugend liegende Trieb nach Unabhängigkeit und freier Selbst-
bestimmung, der sich dem gegenüber am stärksten geltend macht, worin
er nicht einen notwendigen Unterricht, sondern eine Erholung findet.
Die gegenteiligen Erfahrungen beweisen erst dann, wenn die Spieszsche
Methode vom 8n Jahre an ununterbrochen geübt worden ist. Es ist
dies ein Punkt, welcher der Aufmerksamkeit einsichtsvoller Turnlehrer
und erfahrner Lehrer zur Beachtung wol zu empfehlen ist.
N. Jahrb. f. Pliil. u. Päd. II. Aht. ISni. Hft :J. 10
146 Kurze Anzeigen und Miscellen.
angenommen. Obgleich durch Annahme des Müll ersehen Antrags
bereits der Wunsch, der Staat möge sich der Sache annehmen, ausge-
drückt war , so wurde doch noch der weiter gehende oben erwähnte
Antrag von Hirsche als zur Abstimmung zu bringen bezeiclinet; indes
erklärten sich Eckstein, Hüser und Peter dagegen, indem sie her-
vorhoben , dasz Interessen berührt würden , welche hier nicht zur Ent-
scheidung kommen könnten, und es gieng die Versammlung über den
Antrag zur Tagesordnung über.
Ref. kann auf die Verluindhingen nur mit dem Gefühle zurückblicken,
dasz die Versammlung, obgleich mehrfache Veranlassung sich bot über
die ihr angewiesne Sphäre hinauszugehen, doch mit sicherem Takte auf
dem pädagogischen Standpunkte sich erhielt. Wesentlich wurde dies mit
der ruhigen, sicheren und klaren Haltung Lechners verdankt.
In der zweiten Sitzung der pädagogischen Section, den
2 8. September 8 Uhr, erhielt nach der festgesetzten Reihe der Thesen
zunächst Professor Dr Rehdantz aus Halberstadt das Wort, um den
von ilim angeregten Gegenstand : dafi laute Lesen und Recilieren der Klas-
siker, zu erläutern. Der Vorschlag desselben gieng dahin: den bisher
üblichen Brauch, vor der Uebersetzung den Text laut lesen zu lassen,
durch einen anderen, der im Cliarakter der alten Sprachen begründet
sei und im Interesse der lernenden Jugend liege , zu ersetzen. Indem
der Redner entwickelte, welche Ausbildung die antike Sprache zur gänz-
lichen Uebereinstim.mung zv/isclien Klang und Gedanken, Laut und Inhalt
gewonnen und wie auch die Schriftsprache bei ihnen immer auf die
Forderung gehört zu werden basiere, gelangte er zu dein Resultat, dasz
ein häufiges und ausdrucksvolles lautes Lesen der alten Klassiker not-
wendig sei, weil nur so ihre hohen Vorzüge und die Gründe gewisser
sprachlicher Erscheinungen recht erkannt werden könnten. Aber dasselbe
sei auch notwendig, weil nur dadurch dem Schüler eine befriedigende
und daueinde Freude an den alten Schriftstellern verschafft, sein Ge-
schmack wahrhaft g'ebildet , er sittlich mit seiner Seele hineingezogen,
durch die Nötigung das formvollendete edle Pathos der Alten wiederzu-
geben selbst veredelt und für die Arbeit, die dazu gehöre, durch die
aus ihr resultierende Freude gewonnen werde. Die Methode wurde da-
liin bestimmt, dasz das Lesen vor der Uebersetzung zu unterbleiben
habe, wodurch man zugleich Zeit gewinnen werde, und nach der Er-
klärung und Erläuterung das laute Lesen an den ausgewählten schönsten
und ergi'eiferidsten Stellen geübt werde.
Eine Debatte fand nicht statt, und der Präsident gestand es offen
ein, dasz er und wol viele der Anwesenden einen weiteren und tiefer
gehenden Gegenstand erwartet gehabt hätten.
Die Discussion wandte sich hierauf zu den von dem unterzeichneten
Berichterstatter über den Geschichtsunterricht gestellten Thesen, wobei
es freilich zu beklagen war, dasz dieselben, obgleich sie bereits vor der
Versammlung eingereicht waren und auch bei der Anmeldung jedem
Mitgliede gedruckt auscrehändigt wiirden, doch wahrscheinlich in Folge
von Mangel an Exemplaren in Vieler Hände nicht gelangt waren und
erst durch Vorlesen im Zusammenhang bekannt gemacht werden musten.
Von Professor Dr Kühnast wurde die Discussion der Thesen empfoh-
len, da sie aucli nach den tüchtigen Leistungen der Neuzeit dennoch
eine Bedeutung von hohem Interesse hätten; indes genehmigte die Ver-
sammlung durch Stimmenmehrheit den Antrag von Subconrector Dr
Schuster aus Clausthal: wegen der groszen Ausdehnung der Thesen
sofort zu Nr 5 überzugehen. Der Ref.*) wies in seiner Motivie-
*) Ich darf es ja hier wol aussprechen, dasz ich die Thesen gestellt
hiitte mit in Hinblick auf den in der letzten Oscherslebener Versamm-
Kurze Anzeigen und Miscellen. 147
rwng auf die von ihm in der Encyclopädie der Pädagogik von Schmid,
Palm er und AVildermuth II 775 gegebene Abhandlung über den
Gescliichtsuuterricht in den Gymnasien hin; sein Hauptsireben sei in
derselben gewesen dasjenige herauszustellen, wodurch sich der Ge-
schichtsunterricht im Gymnasium von dem in andern Schulanstalten
zu unterscheiden habe, und dies habe er in dem Streben nicht nach
bloszeu geschichtlichen Kenntnissen, sondern nach historischer Bildung,
in der Aneignung und denkenden Durchdringung des Stoffes durch eigene
Arbeit des Schülers gefunden; in consequeuter Durchführung dieses Prin-
cips sei er zu der in seinem fünften Satze gestellten Forderung gelangt,
die, übrigens keineswegs neu, schon von Peter und Campe ausge-
sprochen und begründet und wenn auch nicht in vielen, doch in einigen
Gymnasien durchgeführt sei , so dasz praktische Erfahrungen bereits
vorlägen. Da die Litteraturen der Alten das Feld seien, auf welchem
sich vorzugsweise die Selbstthätigkeit der Schüler bewege , so ergebe
sich, dasz die von ihm an den (Geschichtsunterricht des Gymnasiums
gestellte methodische Forderung vorzugsweise nur an der alten Geschichte
erfüllt werden könne, und da die klassischen Studien in der Prima erst
ihren Abschlusz fänden, so leuchte ein dasz diese Klasse es sei, in
welcher jene eigne Arbeit in der Geschichte allein recht stattfinden
könne , und daraus folge dasz in ihr die alte Geschichte der Ilaupt-
gegenstand des Geschichtsunterrichts sein müsze; indes nehme er dafür
keine völlige Ausschlieszlichkeit in Anspruch; der Forderung, dasz die
Schule alles früher gelehrte festhalte und auffrische, und der eben so
begründeten, dasz was der Schüler in Prima sonst noch und namentlich
aus dem Studium der deutschen Litteratur gewinne, für seine historische
Bildung verwerthet werde, sei vollständig durch die von ihm postulierte
vervollständigende und vertiefende Repetition der mittleren und neueren
Geschichte Genüge geleistet; er kenne den Einwand, welchen man liaupf-
sächlich gegen seine Ansicht erheben werde, recht wohl, dasz die mittlere
und neuere Geschichte beeinträchtigt und in Folge davon nicht der Ab-
schlusz in dem Unterricht des Gymnasiums erreicht werde, den die Zeit
und das Wesen desselben erforderten; indes müsten Schule und Lehrer
eine heilsame Resignation zu Gunsten der Schüler üben und einerseits
nicht gehen wolleu, was sie nicht in vollem Masze geben könnten, an-
dererseits aber das, was sie zu erreichen im Stande seien, in gründlichster
und haftendster V^eise zur Anwendung bringen; fortgesetztes Geschichts-
studium auf der Universität sei sehr wünschenswerth , schon um des-
willen , weil erst mit der Erweiterung des Gesichtskreises im wirklichen
Leben und der Kenntnis in den speciellen Fachwissenschaften die Mög-
lichkeit klarerer Anschauung und tieferer Auffassung geschichtlicher That-
sachen und Verhältnisse eintrete; dies sei vorzugsweise in der mittleren
und neueren Geschichte mit ihren complicierteren Verhältnissen der
Fall , wärend die alte Geschichte mit ihren einfacheren Verhältnissen
und scharf ausgeprägten Volkscliarakteren dem Gymnasiasten schon
vollständiger zu erfassen sei; viele Universitätslehrer und auch Wiese
bei einer anderen Gelegenheit erhöben Klage darüber, dasz die Studie-
renden auf der Universität für die Geschichte ein so geringes Interesse
bewiesen; möchten auch andere Ursachen dazu mitv/irken , so sei doch
gewis eine hauptsächliche der Dünkel, dasz sich die jungen Leute ein-
bildeten die ganze Geschichte schon zu kennen; begnüge sich das
lung für die nächste — die eben um der Philologenversammlung in Braun-
schweig willen ausgesetzt wurde — festgesetzten Berathungsgegeustand
und dasz demnach in diesem Falle eine Verbindung des groszen Vereins
mit den bestehenden kleineren lokalen, wie sie der Herr Vicepräsident
beantragte , erstrebt war.
10*
148 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Gymnasinm mit einem geringern Umfange, so werde gewis jene Klage
verstummen; erreiche es aber in jenem eine um so tüchtigere Bildung,
so würden die Schüler mit besserer Vorbereitung zu dem tiefern Ge-
schichtsstudium und zugleich mit mehr Eifer und Lust hinzutreten; die
beste Vorbereitung aber sei eine gründliche , selbsterarbeitete Kenntnis
der noch leichter überschaubaren und beg-reiflichen alten Geschichte. —
Da sich der Präsident Professor Dr Assmann an der Debatte selbst
zu beteiligen wünschte , so übernahm der Vicepriisident Ephorus Dr
Bau ml ein den Vorsitz und forderte namentlich dazu auf, dasz die
Erfahrungen aus verschiedenen Ländern , die ja verschiedene Einrich-
tungen hätten, mitgeteilt werden möchten. — Peter aus Schulpforte
fordert für Prima in einem zweijährigen Cursus ein Jahr für griechische
und römische Geschichte und eins für mittlere und neuere. Als seine
Hauptdifferenz von Dietsch bezeichnete er, dasz er in Prima einen
ganzen Cui'sus der Geschichte, und zwar von einem mehr Aveltgeschicht-
lichen Standpunkte aus wolle, wozu die mittlere und neuere Geschichte
mit gehöre, weshalb er auch den Satz dahin limitiert wünscht, dasz i n
Prima alte Geschichte zu lehren sei, jedoch ohne die mitt-
lere und neuere auszuschlieszen. Nachdem er angedeutet, wie
er ein sehr wesentliches Moment darauf lege, dasz der geschichtliche
Unterricht mindestens zweimal durchlaufen werde, erörtert er, dasz ev
in Schnlpforte denselben so eingerichtet, dasz in den beiden Tertien
(1jährige Curse) die griechische und römische Geschichte, dann in den
beiden Secunden (ebenfalls je einjährige Curse) die mittlere und neuere
Geschichte gelehrt werde; in Prima behandle er dann selbst die ge-
samte Geschichte in der oben angegebenen Weise , und zwar mit der
Methode, dasz er unfruchtbarere Partien rasch abmache, um bei den
fruchtbarem länger zu verweilen. Der Redner spricht seine Ueber-
zeugung aus , dasz der Geschichtsunterricht einer Hebung bedürfe , was
auszusprechen er sich dadurcli berechtigt fühle, dasz er zwei Decennien
Geschichtsunterricht erteilt und sich darin selbst wenig genügt habe.
Auch er bezeichnet als das Ziel alles geschichtlichen Unterrichts die
Bildung des geschichtlichen Urteils und die Entwicklung des historischen
Sinns, erkennt aber an , dasz dieses nur auf dem Gebiete der alten Ge-
schichte zu erreichen sei; wenn der Schüler ein lebendiges Bild von der
Geschichte der Staaten des Altertums in sich aufgenommen habe, so
besitze er daran einen für sein ganzes Leben bleibenden Gewinn ; es
entwickle sich daraus von selbst das Interesse für die Geschichte der
spätem Zeiten und für die Fortsetzung des Geschichtsstudiums auf der
Universität; deshalb wolle er die alte Geschichte in Prima mehr als
bisher berücksichtigt wissen, wenn auch in etwas anderer Weise, als es
sein Freund Dietsch vorgeschlagen. — Professor Dr Assmann erklärt
sich zunächst dahin , dasz die Peinigung über Satz 5 , deren Zustande-
kommen Dietsch bezweifelt habe, auch nicht notwendig sei, die An-
regung und der Austausch der Ideen genüge. Die Thesen bildeten ein
zusammenhangendes System, mit dessen Princip man vollkommen ein-
verstanden sein könne, ohne deshalb die in Nr 5 daraus gezogene Con-
sequenz begründet zu finden ; darauf werde die Individualität des Lehrers
mehr oder weniger Einüusz üben. Gegen Peter bemerkte derselbe zu-
nächst , dasz Interesse und Sinn für Geschichte nicht allein durch die
alte Geschichte geweckt werde, sondern auch durch die neuere Geschichte,
wenn sie gut behandelt werde, ja dasz ilim die objective Betrachtung der
alten Geschichte dazu überhaupt nicht genüge, dasz die politische Be-
trachtung und die Rücksicht auf die Gegenwart dazutreten müsten. Das
den Thesen von Dietsch zu Grunde liegende Princip, wie der Schul-
unterricht anregen, der Schüler arbeiten müsze, billige er vollkommen,
aber freilich stünde der Ausführung desselben die Ordnung vieler Schulen
Kurze Aazeigeii und Miäcelieii. 149
"o
entgeg-en ; das Masz der häuslichen Arbelteu sei zu grosz und trete der
selbstiüuligen Arbeit des Schülers hemmend entgegen. Deshalb gerade
billige er denn auch den zweiten Satz, dasz der Geschichtsunterricht
nicht sowül ausgebreitete Kenntnis, als Weckung des Sinns und Ur-
teils für geschichtliches Verständnis zu bezwecken habe. Trotz dieser
vollkommenen Uebereinstininiung mit dem Priucip stehe er dennoch iu
Bezug auf Satz 5, vielleicht in Folge seiner individuellen Richtung, auf
entgegengesetztem Standpunkt ; er verkenne nicht die Wichtigkeit der
alten Geschichte, aber es komme ihm vor allem auf eine klare Ueber-
sicht an, und diese müsze in der alten Geschichte in den früheren
Klassen erreicht werden, damit dem Schüler auf der obersten Stufe das
Material zu Gebote stehe. Er erteile im Gymnasium in Braunschweig
den Geschichtsunterricht in Prima, nehme aber da nur neuere und neueste
Geschichte, wobei er jedoch nie versäume eine Repitition der alten vorauf-
zuschicken und die Bedeutung derselben für die Neuzeit darzustellen ;
etwaige Lücken müsten in der Unterprima durch Privatstudium ausge-
füllt werden; dagegen habe er in Oberprima zwei Stunden für Anti-
quitäten angesetzt; hier werde die alte Geschichte noch einmal von
einem neuen Gesichtspunkte aus betrachtet, ohne dasz das ganze Ge-
rüste der Thatsachen wieder aufgebaut werden müste. Als eine Haui)t-
sache bezeichnete der Redner ferner, dasz an einem wohlgeordneten
Gymnasium der klassische Unterricht so eingerichtet werden müsze,
dasz er den geschichtlichen Unterricht ergänze; der betreffende Lehrer
müsze die Schüler auf das hinweisen, was sie zur Erweiterung ihrer
geschichtlichen Kenntnisse zu lesen hätten, und durch Beaufsichtigung
dieser Leetüre beständig auf die Schüler einwirken; den Homer und,
wie Heyne schon ausgesprochen, den Livius cursorisch zu lesen, sei
schon Studium der alten Geschichte. Auf seinen eigenen Unterricht
weiter eingehend, bezeichnete sich sodann Assmann gewissermaszeu
als den Vertreter des modernen Elements an seinem Gymnasium ; er
betrachte es als seine Aufgabe, zwischen den von ihm gelehrten Fächern:
Deutsch, Geographie und Geschichte, eine Einheit herzustellen; den
Schüler auf die Bedürfnisse der Gegenwart hinzuweisen, darauf könne
zunächst der deutsche Unterricht wirken schon durch die zweckmäszige
Wahl der Themata für die Ausarbeitungen; aber auch der geographische
Unterricht sei für diesen Zweck höchst wichtig, und er könne mit dem
preuszischen Schulplan, der denselben von Prima ganz ausschliesze, nicht
einverstanden sein; nicht umsonst habe ja K.Ritter die Geographie
zu einer Wissenschaft erhoben; eine rechte Würdigung des deutschen
Landes und Volkes könne der Schüler nicht eher gewinnen , als bis er
in Prima eingetreten sei; durch einen darauf hinarbeitenden Unterricht
werde der praktische Sinn geweckt: gewia eine notwendige Forderung
der Zeit; damit im Zusammenhange stehe aber die Forderung, dasz die
neuere Geschichte in Prima gelehrt werde. Der Redner knüpfte hierauf
an die von Di et seh 4, 5 aufgestellte Forderung, dasz der Schüler zur
denkenden Betrachtung der Geschichte anzuleiten sei, die Frage, wie
dios in Bezug auf die mittlere und neuere Zeit durchzuführen sei , ehe
der Schüler in Prima, ja in Oberprima eingetreten. Zum Schlusz stellte
'er der so weit verbreiteten Ansicht, wie der Mangel an Interesse für
das Geschichtsstudiura auf der Universität daraus herzuleiten sei , dasz
auf der Schule schon alles gelehrt werde, als seine Erfahrung entgegen,
dasz viele seiner Schüler dasselbe mit Ernst betrieben und ihm oft ver-
sichert hätten , wie sie die Lust mehr zu hören und zu lernen eben auf
der Schule gewonnen; er könne dies nicht anders ansehen, denn' als das
Resultat des Gesamtunterrichts, den sie empfangen, und der Gesamt-
übersicht über die Geschichte, welche sie gewonnen. — Director Dr
Lübker aus Parchim erkannte zwar die Gründe des vorigen Redners
150 Kurze Auzeigeu und Miscelleu.
an, fand sie aber doch mehr individueller Natur und bezeichnete als
Beispiel sogleich, dasz nur wenige Gymnasien sich in der glücklielien
Lage befinden würden, in Prima zwei Stunden für Antiquitäten übrig
zu haben. Er erklärte sich sodann für vollständige Aufrechte) haltung
der Thesis ohne die Peter sehe Beschränkung; denn die mittlere und
neuere Geschichte im zweiten Jahre zu absolvieren , werde wegen des
umfällglichen Materials nur selten gelingen , und wolle man auch den
gewis richtigen Grundsatz anwenden, dasz die deutsche Geschichte in
den Vordergrund zu treten habe, so werde man doch oft in die Not-
wendigkeit versetzt werden, auf die Geschichte der Nachbarländer, z. B.
Frankreichs, Englands usw., ausführlicher einzugehen. Als Kern der Frage
bezeichnete er Nr 1 der Dietschischen Thesen. Stimme man mit
diesem überein, so könne man auch nicht anders, als Nr 5 vollständig
anzunehmen; es werde dadurch dem Schüler das ihm adäquate Mittel
geboten , sich zu klarerer Erkenntnis der politischen und socialen Ver-
hältnisse seiner Zeit vorzubereiten. Aus gewissen Partien der alten
Geschichte, wie z. B. den römischen Bürgerkriegen und den Zuständen
Athens, wie sie uns Thucydides geschildert, könne man am besten auch
für unsere Zeit lernen; dies aber könne nur in Prima geschehen; nur
hier könne man die groszen Alten selbst reden lassen und den Ge-
schichtsunterricht in eine fruchtbare Verbindung mit der klassischen
Leetüre setzen. Drittens führte er als einen dritten nicht zu über-
sehenden Gesichtspunkt, der für die vorliegende Thesis spreche, an,
dasz durch den Geschichtsunterricht nicht allein der Geist gebildet und
der geschichtliche Sinn geweckt werden, sondern der Schüler durch
ihn auch ein lebendiges anschauliches Bild von geschichtlicher Entwick-
lung erhalten solle; dies sei nur in beschränkten Rahmen, nur durch
eigene Arbeit des Schülers , nur in Verbindung mit Studien in der be-
treffenden Litteratur und daher nur am Altertume möglich. — Firn-
haber bemerkte, dasz er etwas Liebes iind Erprobtes aufgeben müsze,
was niemand gern thue, wenn er die Thesis in dem Umfange, wie sie
aufgestellt sei , annehmen sollte. Er habe zwanzig Jahre mit Lust Ge-
schichtsunterricht erteilt und dann manche organisatorische Verordnungen
für denselben erlassen, aber dasz in einem zweijährigen Cursus der
Prima bei drei wöchentlichen Stunden hauptsächlich alte Geschichte ge-
trieben werde, dafür könne er sich nicht erklären; den Unterricht müsze
dann der Lehrer der klassischen Sprachen erteilen , was nicht gut an-
gehn werde, und der Lehrer selbst müsze ein sehr bedeutender Lelirer
sein , wenn er die Schüler durch so lange Zeit zu fesseln vermöge ; er
müsze deshalb den Antragsteller ersuchen sich darüber zu erklären, wie
er sich den Geschichtsunterricht auf dem ganzen Gymnasium gestaltet
gedenke und wie viele Zeit er in Prima für die Vervollständigung und
Vertiefung der übrigen Geschichtskenntnisse neben der alten Geschichte
in Anspruch nehme. — Der Ref. bemerkte hierauf, wie er in seinem
bereits erwähnten Aufsatze über den Geschichtsunterricht in den Gj'm-
nasien die verschiedenen Einrichtungen in den verschiednen Ländern
Deutschlands berücksichtigt habe, wie er aber, um eine stete Grundlage
zu gewinnen, die Einrichtungen der preuszischen Gymnasien, der Älehr-
zahl der evangelischen Deutschlands, zu Grunde gelegt habe, um so mehr,
als ihm in denselben dem natürlichen Stufengange der geistigen Ent-
v\ricklung am meisten Rechnung getragen scheine. Nachdem er sodann
kurz den von ihm an jenem Orte aufgestellten dreifachen Cursus des
Geschichtsunterrichts erörtert , erklärte er dasz er bei der Methode , die
er für die alte Geschichte in Prima für notwendig halte, bei der Ver-
bindung des Unterrichts mit Leetüre und eigener Arbeit der Schüler, viel
eher den Einwand erwartet hätte : die Zeit von drei Stunden sei zu kurz
bemessen, um noch eine vervollständigende und vertiefende Repetition
Kurzü Auzeigüii utiil Misuellen. 151
der luittlerou uud ueueren Geschichte anzuschlieszeii. Weuu Assniaiiii
nebeu zwei Stunden neuerer Geschichte in der Oberprima noch zwei
Stunden Antiquitäten habe, so ersclieine dies ihm als eine zu grosze
Zersplitterung der Zeit und der Kraft des Schülers; gegen Peters Vor-
schlag habe er einzuwenden, dasz ihm die Zeit dann für jeden der bei-
den Teile der Geschichte zu kurz erscheine, obgleich er glaube, dasz
auch bei ihr der geeignete Lehrer etwas tüchtiges leisten werde. Der
Lehrer der klassischen Sprachen, der Klassenlehrer der Prima, brauche
nicht gerade auch den Geschichtsunterricht zu erteilen, wol aber müsze
der Lehrer, in dessen Hände dieser gelegt sei, ein philologisch tüchtig
gebildeter und mit dem Gang und den Kesultaten des klassischen Unter-
richts vertrauter Mann sein und sich immer in Einklang mit den be-
tretl'enden Lehrern zu setzen und zu erhalten wissen ; indem er nur eine
Vervollständigung und Vertiefung dessen, was der Schüler an Kenntnis
der mittleren und neueren Geschichte aus Secunda mitgebracht habe,
durch Repetitionen von verschiedenen neuen Gesichtspunkten aus ver-
lange, glaube er dasz dazu ein volles Jahr nicht nötig sei, dasz aber
darüber, ob der Lehrer ein volles Halbjahr oder einige Monate hinter-
einander darauf verwenden oder ob er die Repetitionen zu verschiedenen
Zeiten eintreten lassen wolle, keine allgemeine Vorschrift sich erteilen
lasse, dasz dies dem gewissenhaften Ermessen des Lehrers zu überlassen
sei; nur das eine bemerke er noch, wie auch nach seiner Ansieht der
Lehrer bei der alten Geschichte das für Mittelalter und Neuzeit bereits
gewonnene zur Verdeutlichung zu benutzen und aus dem Altertum auf
jene beleuchtende Strahlen fallen zu lassen habe. — Nachdem der
Vorsitzende Vic e präside nt den Wunsch ausgesprochen hatte, dasz
doch vor allem die Praxis in verschiedenen Ländern durch Mitteilungen
dargelegt werden möge, da es ja der Hauptzweck der Versammlung sei,
nicht Beschlüsse zu fassen, sondern eine Reihe von Erfahrungen auszu-
sprechen und auszutauschen, erklärt Firnhaber, dasz er noch mitten
in seiner Auseinandersetzung begriffen sei und nur erst die Antwort von
Dietsch habe abwarten müszen. Er erhob darauf gegen die Thesis
zwei Einwände: 1) wenn der Lehrer in Prima vertiefen und vervoll-
ständigen solle, was in Secunda in der mittleren und neueren Geschichte
gelernt worden, so werde man, da man die genauste Bekanntschaft mit
dem dortigen Cursus voraussetzen müsze, zu der Forderung gelangen,
dasz der Lehrer der Geschichte in Prima wenigstens auch den Unter-
richt in Secunda erteile ; auszerdem müsze man, darauf komme er trotz
Dietsch s Gegenbemerkung zurück, verlangen, dasz er auch in Prima
wenigstens- einen groszen Teil des klassischen Unterrichts gebe; dies
alles aber könne kein Lehrer bewältigen, es sei zu viel von einem ver-
langt. 2) Ein Hauptziel des Gymnasialunterrichts sei auch, dasz der
Abiturient eine deutsche Gesinnung auf die Universität mitnehme; dazu
sei eine klare Einsicht in die deutsche Geschichte, in den Entwicklungs-
gang unserer Nation erforderlich , und diese müsze von ihm nicht blos
aus Büchern und aus dem Vortrage des Lehrers aufgenommen, sie müsze
ein wohlerrungenes und selbsterarbeitetes Eigentum sein ; daher sei die
mittlere und neuere Geschichte in Prima notwendig. *) — Conrector
*) Obgleich Ref. hier den Standpunkt eines Berichterstatters fest-
zuhalten hat, so wird er doch bei dem geneigten Leser mit folgender
Bemerkung Entschuldigung finden. Es ist ihm höchst erfreulich gewe-
sen , dasz bei der ganzen Discussion ein Vorwurf nicht gegen ihn er-
hoben worden ist, zu dem jetzt gewisse Parteien so gern greifen, es
werde durch seine Vorschläge der deutsche Patriotismus , die vaterlän-
dische deutsche Gesinnung beeinträchtigt. Dasz mau für die alte Ge-
schichte in Prima stimmen und doch die deutsche vaterländische Go-
152 Kurze Anzeigen und Miscellen,
Ziel aus Hildesheim erklärte, dasz er, dem Wunsche des Vorsitzende«
zu entsprechen, Mitteilungen aus der Praxis und den Erfahrungen in
Hannover machen wolle, wo er an mehreren Gymnasien den Geschichts-
unterricht erteilt habe ; an allen habe er in Tertia mittlere und neuere,
in Secunda alte , in Prima wieder mittlere und neuere Geschichte ge-
lehrt, dabei aber das Bedürfnis empfunden , dasz in Prima die alte Ge-
schichte nicht ganz liegen gelassen werde. So sei er zuletzt zu der
Praxis gekommen, dasz er in Prima zwei Stunden auf die mittlere und
neuere, eine auf die alte Geschichte verwende, und habe davon erfreu-
liche Resultate gehabt ; dem entsprechend möchte er den Satz von
Dietsch geradezu umkehren; eher werde er mit dem Antragsteller
sich einverstanden erklären, wenn derselbe auf dem Gymnasium nur
alte Geschichte getrieben, deutsche und neuere Geschichte aber
gänzlich ausgeschlossen wünsche, wie ähnliches auf den englischen
Schulen der Fall sei. Da Dietsch sich dahin äuszerte, dasz er sich
nach den von ihm aufgestellten Principien durchaus nicht für diese
Ansicht erklären könne, so fuhr er fort, dasz er sich, da solches nicht
gewollt sei', auch gegen die Thesis erklären müsze , und zwar mit aus
dem Grunde , weil die alte Geschichte klar, licht und übersichtlich sei
und sich deshalb vorzugsweise für das jüngere Alter eigne, wärend ein
Verständnis der mittleren und neueren Zeit nur einem gereifteren Alter
zugänglich sich zeige ; er stelle deshalb gegen die Thesis den Gegen-
antrag : in Prima soll vorzugsweise mittlere und neuere
Geschichte gelehrt werden, olme dasz jedoch die alte
Geschichte ausgeschlossen bleibe. — Provinzialschulrath Dr
Seh rader aus Königsberg äuszerte sich zunächst dahin, dasz es nicht
genüge auszusprechen, der Geschichtsunterricht solle den geschichtlichen
sinnung unendlich hoch stellen kann , dies wird man unter anderm aus
Heilands trefflichen Schulreden erkennen. Von ihm rührte in Stendal
die Einrichtung her , welche Ref. nicht wenig in seinen Ansichten be-
stärkt hat. Es handelt sich in der Pädagogik nur um die Mittel ^ene
Gesinnung zu wecken und, was noch weit wichtiger ist, auf solide, un-
verrückbare Grundlagen zu stellen, und da halte ich dreierlei fest:
1) der Jüngling, der nicht aus unsern groszen Dichtern Begeisterung
für das deutsche Vaterland zu schöpfen im Stande ist, wird sie auch
aus der deutschen Geschichte nicht gewinnen. 2) Das Studium der
deutschen Geschichtsquellen kann, abgesehen davon dasz sie auszerhalb
des Wesens der Gymnasien liegen, jene Begeisterung nicht ^vecken, schon
um ihrer Form willen nicht; nur wer diese schon in sich trägt, wird auch
die Quollen gern und mit Genusz nach groszer Mühe durcharbeiten.
3) Soll diese Begeisterung eine wahre sein, so musz sie nicht allein auf
den Groszthaten unseres Volks und seiner einstigen Herlichkeit beruhn,
sie musz auch durch die klare Einsicht in die Mängel und Schäden nicht
geschwächt und aufgehoben sein. Mögen andere Nationen in einer ein-
seitigen Darstellung ihrer vaterländischen Geschichte den Stoff zur Be-
geisterung suchen, der echte Deutsche verlangt auch darin nichts als
Wahrheit. Zu einer solchen Erkenntnis der deutschen Geschichte , die
-eben so die Freude an der Herlichkeit erhält wie in der klaren Er-
kenntnis der Schattenpartien das Vertrauen auf Gott und die Nation
nicht verliert und den Antrieb zu rechtlichem und praktischein Handeln
findet, kann noch kein Jüngling, wenn er zur Universität geht, gelangt
sein. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich eben zu viele nur jugend-
liche Anschauungen der deutschen Geschichte für eine Calaniität er-
kläre. Das Gymnasium entlasse seine Schüler mit reger Lust zur tie-
feren Erkenntnis der deutschen Geschichte, aber der Mann höre nie auf
sie zu studieren!
Kurze Anzeigen und 3IisceIIen. 153
Sinn wecken, soudcrn man sich auch über die Mittel und Wege ver-
ständigen müszc , wie dieser Zweck zu erreichen sei. Wie der geehrte
Eedner dazu kam, einen dreijährigen Cursus der Geschichte zu ver-
werfen, ist dem Ref. nicht klar geworden, da einen solchen niemand
vorgeschlagen, vielmehr er und Peter nur einen zweijährigen bean-
tragt hatten. Uebrigens erklärte er sich für einen vierjährigen Cursus
und wies der Secunda alte, ein Jahr orientalische und griechische, eins
römische, der Prima die übrige , ein Jahr mittlere und ein Jahr neuere
Geschichte zu. Wenn hieraiif der geehrte Redner sich dahin aussprach,
dasz die anregende Kraft des biographischen Elements auch für die
oberen Klassen nicht in Abrede zu stellen sei, aber man nicht das
ideale über das notwendige zu stellen habe, so vermutet Ref. auch hier
einen Irtum seines Gehörs und der Niederschriften , wenigstens ist es
ihm nicht in den Sinn gekommen, das biographische Element als das
für die obersten Klassen vorzugsweise geeignete und bildende darzu-
stellen , obgleich er die Beurteilung von Charakteren aus den Quellen,
z. JB. Themistokles nach Thukydides , natürlich für vullkommen berech-
tigt, ja notwendig erklärt hat. Die Gründe, welche der geehrte Redner
für seine Anordnung anführte, waren: alte Geschichte könne allerdings
tiefer und eingehender in Prima gelehrt werden als in Secunda, aber es
sei nicht unmöglich schon in Secunda das Verständnis der Thatsachen
zu erzielen, auch die Kenntnis der Verfassungen und der Gesetze, die
das ganze antike Leben geregelt haben; so könne, um nur eins der
wichtigsten Momente hervorzuheben, die Entwicklung der athenischen
Verfassung von Solon bis 404 und der römischen von 510 — 30 auch
schon in der Secunda gegeben und verstanden werden, das letztere
zumal, da in dieser Klasse Ciceronische Reden gelesen würden, dem
Geschichtsunterricht auch noch andere adminiculierende Mittel zu Hülfe
kämen. Allerdings könne in Secunda auch deutsche Geschichte gelehrt
und von einem energischen Lehrer das thatsächliche eingeprägt werden,
aber das wichtigste, die Entstehung des deutschen Reichs aus dem Ge-
gensatze zwischen den Hermunduren und den nördlichen Stämmen , die
Entwicklung der deutschen Reichsverfassung von den ältesten Zeiten bis
zu ihrem Verfall, aus welchem die einzelnen Territorien hervorgegangen,
könne unmöglich in Secunda zum Verständnis gebracht werden, das
könne erst in Prima geschehen ; ohne solches Verständnis aber werde
der Schüler keine Liebe zur deutschen Geschichte gewinnen, den besten
Stachel zur weiteren Betreibung. Für die von ihm vorgeschlagene An-
ordnung spreche auch noch ein anderes Moment; es sei doch jedesfalls
notwendig, dasz beim Geschichtsunterricht maszvolle Mitteilungen aus
den Quellen stattfänden ; da könnten nun wol für Secunda Herodot,
Livius , Taeitus usw. , teilweise im Originale , teilweise in flieszenden
Uebersetzungen, zu Hülfe genommen und dies dann in Prima fortge-
setzt werden, aber geeignete Abschnitte aus Paulus Diaconus, Gregorius
von Tours usw. könnten nicht in Secunda bei der Betrachtung benutzt
werden, dies könne erst in Prima geschehen, und um so mehr, je mehr
man der Neuzeit nahe; erst in Prima könne dies ein fruchtbringender
Hebel des Geschichtsunterrichts werden ; aus diesen Gründen billige er
den fünften Satz der Dietschischen Thesen nicht und verlange, ab-
gesehen von den notwendigen Repetitionen, für Prima neuere Geschichte,
nicht alte. — Da vom Vorsitzenden die Frage angeregt wurde, ob man
nicht in Hinsicht auf die Zeit und die noch zur Berathung gestellte
Kühnastsche Thesis von einer weiteren Discussion absehen wolle,
so ergab die Abstimmung ein zweifelhaftes Resultat und wurde deshalb
vom Präsidium die Fortsetzung der Debatte verfügt. — Der Propst
Müller aus Magdeburg gibt als den in seiner Schule eingehaltenen
Gang des Geschichtsunterrichts an, dasz in den drei untern Klassen
i 54 Kurze Anzeigen und Miscellen.
nur Geographie, dann in Oberqiiarta vaterländische (preuszische) Ge-
schichte, darauf endlich in Tertia in e'iuein Cursus die ganze, endlich in
Secunda die alte, in Prima die mittlere und neuere Geschichte gelehrt
werden. Die alte Geschichte komme dabei nicht zu kurz ; denn in Se-
cunda werde viel Historisches (Herodot, Livius, Sallust) gelesen und der
Schüler werde da hinlänglich auf die Quellen der alten Geschichte hin-
gewiesen; in Prima genüge dann bei der Leetüre der alten Klassiker
immer wieder auf die Geschichte hinzuweisen und daneben auch die
Schüler zur Nachlesung gewisser historischer Partien anzuhalten; schwe-
rer sei es aber in Secunda , die staatlichen Verhältnisse der Neuzeit
dem Schüler anschaulich zu machen: auch aus dem Grunde müsze er
gegen den in der Tliesis enthaltenen Vorschlag sich erklären, weil dann
die in Prima einrückenden Schüler noch gar keine ausführliche Ge-
schichte der alten Zeit gehabt haben würden; aus welchem Bereiche
solle man dann in den ersten sechs Wochen den Stoff zu den Aus-
arbeitungen entnehmen? Auszerdeni erscheine ihm die neue Geschichte
gerade für Prima von groszer Wichtigkeit; denn hier erst könne die
Jugend mit rechtem Gewinn auf die Gegenwart hingewiesen werden,
erst hier könne man auf ihren praktischen Sinn einwirken; der Sinn
für Geschichte könne durch nichts besser erweckt und gestärkt werden,
als durch die neue Geschichte; dasz durch deren Behandlung, wie vor-
her geäuszert sei , das geschichtliche Interesse auf der Universität er-
kalte, widerspreche durchaus seinen langjährigen Erfahrungen. — Peter
bittet um Entschuldigung, wenn er wegen der Kürze der zugemessenen
Zeit etwas schrofi" zu sprechen scheine; vor allen Dingen müsze er
darauf hinweisen , wie natürlich ein tüchtiger und für sein Fach be-
geisterter Lehrer notthue; in vielen Einzelheiten sei er mit As s mann
und Sehr ad er vollkommen einverstanden, aber nicht in den von ihnen
gezognen Folgerungen; er erkenne vollkommen die Berechtigung des
modernen Elements an, und es brauche z. B. nach seiner Ansicht der
Lehrer, wenn er nur ein einsichtiger Mann sei, die Geschichte der fran-
zösischen Revolution, wie gefährlich auch dieser Boden sei, keineswegs
intact zu lassen; aber ihm komme vor allem darauf das meiste an, dasz
die alte Geschichte, das Griechen- und Kömertum, angeschaut werde im
Lichte der Gegenwart, dasz sie dargestellt werde als ein Teil der Welt-
geschichte, nicht als ein abgeschlossenes Ganzes, dasz die Bedeutung
der Entwicklung der alten Völker, ihres Verfalls und ihrer Regeneration
durch das Christentum für alle Folgezeit gehörig' erkannt werde; dies
lasse sich aber erst in Prima erkennen, und auf solche Erkenntnis des
Zusammenhangs hinzuwirken, darauf sei sein Streben in dieser Klasse
gerichtet; wenn darauf hingewiesen worden sei, dasz die alte Geschichte
in Secunda nicht entbehrt werden könne, so spreche dies Argument viel-
mehr für seine Weise; denn werde die alte Geschichte erst in jener
Klasse gelehrt, so werde der Schüler von derselben für seine Leetüre
wenig Nutzen haben , da er sie erst nach und nach im Verlaufe zweier
Jahre bekomme; nach seiner Weise habe er sie schon in Tertia gehabt
und bringe den Gewinn davon nach Secunda mit; allerdings sei auf die
Repetitionen der alten Geschichte in dieser Klasse viel zu halten, dann
aber könne in Prima um so leichter, um einen Ausdruck der Thesis zu
gebrauchen, 'die Vertiefung und Erweiterung' folgen. — Assmann ver-
sichert, dasz auch er, wie Peter, groszes Gewicht auf die Repetitionen
lege und in Prima nie zur neuen Geschichte übergehe, bevor er nicht
die alte sorgfältig wiederholt habe. Sodann wiederholte er seine An-
sicht, dasz auch er in der Prima alte Geschichte behandelt wissen wolle,
aber nicht vorzugsweise und deshalb den Satz Nr 5 lieber umkehre; die
individuelle Ueberzeugung, welche ihm von verschiedenen Seiten zum
Vorwurf gemacht worden sei, habe denn doch mehrere Vertreter in der
Kurze Anzeigen und Miäcellen. 1^5
Versammlung gefundeu; unmöglich könne die alte Geschichte den Cursus
der Geschichte in Prima ausfüllen, wenigstens solle sie es nicht, da be-
reits in den untern Klassen eine Uebersiclit derselben gegeben worden
sei ; seiner Ueberzeugung nach sei dem Primaner auch das moderne
Element nahe zu bringen; zur Erweiterung der Kenntnis von der alten
Geschichte werde es sich sehr empfehlen, wenn bei der Leetüre der
klassischen Schriftsteller mit der grammatischen auch geschichtliche Er-
klärung verbunden, wenn auf die reale und historische Seite derselben
mehr Gewicht gelegt werde, als es gewöhnlich geschehe; die gramma-
tische und sprachliclie Auslegung haben auch ihre Grenzen. — • Als letzter
ausführlicherer Redner in der J)ebatte trat auf Director Dr Hoffmann
aus Lüneburg. Er wendete zuerst das Argument, das Peter für seine
Ansicht herangezogen, dasz der Schüler, wenn die alte Geschichte in
Secunda gelehrt werde, wenig Gewinn davon für seine Leetüre haben
werde, gegen die Aufnahme der alten Geschichte in Prima, da der Pri-
maner, wenn sie erst in seiner Klasse gelehrt werde, erst successive
das erhalte, was er zur Leetüre viel notwendiger brauche als in Secunda;
nach jenes Ansicht solle der Primaner noch mit dem Haus halten, waa
er in der Tertia gewonnen , wärend nach der anderen Weise ein zwei-
maliger Cursus in Quarta und Secunda vorausgegangen sei; ihm scheine
es notwendig die Einheit der beiden obern Klassen aufrecht zu halten ;
in diesen wünsche auch er vor allem eine Vertiefung ins Altertum, aber
diese müsze besonders von der linguistischen Seite aus erfolgen ; die
Geschichte solle dagegen vom Altertum in die neuere Zeit herüberfüh-
ren und das spätere als Resultat des früheren ansehn lehren; geschähe
dies, so würden junge Leute, die von den Schulen abgehn, auch ein
Verständnis für unsere Zeit mitbringen; vor 20 — 30 Jahren, wo man
wenig für mittlere und neuere Geschichte gethan , seien dagegen die
Abgegangenen regelmäszig mit unseren staatlichen Veihältnissen unzu-
frieden und im Conflict gewesen, weil sie dieselben nur nach dem Alter-
tum bemessen hätten , welches doch nicht den richtigen Maszstab ab-
gebe. Dazu komme, dasz ein volles und bildendes Verständnis des
Mittelalters in Secunda nicht erschlossen werden könne; das sei eine
\Velt für sich, wärend alte und neuere Geschichte auffallend auf den-
selben Principien beruhten; wer nun das Mittelalter nicht in Prima
kennen lehren wolle, weise die Schüler auf die Universität an; die Uni-
versitäten stünden aber jetzt besonders beim Detailstudium, und kaum
möchte noch irgendwo Universalgeschichte des Mittelalters gelehrt wer-
den; somit müsze Prima der Theorie nach mittlere und neuere Ge-
schichte zufallen ; ein guter Lehrer aber werde dabei in schlagenden
Fällen auch auf ähnliche Erscheinungen des Altertums gern eingehn,
und ein solcher könne auch allenfalls alte Geschichte in Prima lehren
und durch geeignetes Hinweisen auf entsprechende Fälle der Neuzeit
das Verständnis der letztern auch durch alte Geschichte genügend
vorbereiten ; denn die Bestrebungen und Leidenschaften der Menschen
seien zu allen Zeiten im wesentlichen sich gleich und unter der römi-
schen Toga wie unter dem griechischen Gewand dieselben gewesen
wie heutzutage. — Nachdem ein Antrag von Lattmann, zu Nr 5
zuzufügen: jedoch ist auf die Individualität des Lehrers
Rücksicht zu nehmen, auf die Bemerkung des versitzenden Vice-
präsidenten, dasz dies selbstverständlich und durch die Discussion klar
genug herausgestellt sei, in Uebereinstimmung mit der Versammlung
zurückgezogen worden war , erhielt bei der vorgerückten Zeit der
unterzeichnete Ref. nur noch ein kurzes Schluszwort. Er sprach in
dems-'lben aus, dasz er das Wort weniger verlangt habe, als man es
von dem Antragsteller habe erwarten können, weil er den Wunsch ge-
hegt, möglichst vieler Ansichten zu hören und von ihnen zu lernen, er
156 Kurze Anzeige» und Miscellen.
dauke allen, die für oder gegen seine Thesis gesprochen, mit der Ver-
sicherung, dasz er nichts unbeachtet lassen werde; die Zeit verbiete
ihm auf die erhobenen Gegengriiade einzugehen*) und er iniisze daher
*) Damit es einerseits nicht als eine leere Phrase erseheine, dasz
er nur in Rücksicht auf die Zeit ein Eingehen auf die erhobnen Ein-
wände und Gegengründe unterlassen habe, andererseits aber für eine
weitere Discussion ein Anhalt geboten werde , will Ref. hier nach dem,
was er sich unmittelbar bei der Debatte notiert, das geben, was er bei
längerer Zeit gesprochen haben würde. Was er gegen den einen Ein-
wand von Firn h aber (die Weglassung der Titel wird man entschuldi-
gen) bemerkt hätte, ist schon oben in einer Anmerkung mitgeteilt, ge-
gen den andern aber würde ausgesprochen worden sein , dasz es zwar
als wünschenswert erscheine , wenn der Geschichtsunterricht in Secunda
und Prima in der Hand desselben Lehrers liege, aber doch nicht als ab-
solut notwendig, ebenso wenig wie dasz der Lehrer der Geschichte einen
Teil des klassischen Unterrichts erteile, vielmehr nur die Forderung
aufzustellen sei, dasz der Lehrer sich mit dem Gang und den Resulta-
ten der übrigen Unterrichtsfächer vertraut mache und mit den betref-
fenden Lehrern in eine innige Geistesgemeinschaft setze: eine Forde-
rung die zwar ideal sei, deren Erfüllung aber mit allen Kräften zuge-
strebt werden müsze, wenn die Schule ein harmonisches Ganzes bilden
solle; übrigens sei allerdings der Geschichtsunterricht in Secunda und
Prima und ein Teil des klassischen Unterrichts in der letztern Klasse
für denjenigen zu viel, der sich erst den Stoft" und die Methode er-
werben müsze, aber die Forderung übersteige durchaus nicht das Masz
der Arbeit , welches in den meisten Ländern e'inem Lehrer aufgelegt
werde, und er selbst getraue sich, ohne grosz sprechen zu wollen, die-
selbe zu erfüllen. Von Ziel hätte ich die regelmäszige Verwendung
einer Stunde in Prima auf alte Geschichte bestens als ein meiner An-
sicht etwas näher tretendes Zugeständnis acceptiert , gegen seinen
übrigen Einwand aber geltend gemacht, dasz die alte Geschichte aller-
dings klarer, lichter und übersichtlicher, als die übrigen Perioden der
Geschichte seien , aber die Aneignung iind Einprägung des Thatsäch-
lichen, wie sie für das jüngere Alter passe, wesentlich verschieden sei
von der auf eigner Anschauung aus der Litteratur beruhenden Einsicht
in das Leben der alten Völker, welche ich als das Gesamtergebnis des
Hauptstudiums der Gymnasiasten , zu dessen Sammlung und Uebersicht
der Geschichtsunterricht eine bedeutende Mitwirkung habe , fordere,
aber gewis nur in Prima fordern könne. Bei der Erwiderung gegen
Schrader hatte ich auf dessen Zugeständnis zu fuszen, dasz deutsche
Geschichte auch schon in Secunda gelehrt und das Thatsächliche von
einem energischen Lehrer (dergleichen allerdings für jeden sicheren Er-
folg voraussetzen) eingeprägt werden könne, und daran die Frage an-
zuknüpfen, ob denn das, was er in Secunda als noch nicht verständlich
bezeichnet, nicht bei der von mir beabsichtigten Repetition in Prima
nachgeholt werden könne, die ich mir in einem solchen Masze dächte, dasz
z.B. bei ihr vom Schüler Giesebrechts treffliches Werk gelesen wer-
den könne; schon der Umstand, dasz ich selbst das eben genannte
Werk als ein solches öffentlich bezeichnet, das in keiner Schulbibliothek
fehlen und , wo möglich , von keinem Schüler ungelesen bleiben dürfe,
beweise, wie ich die Forderung des Gegners nicht unberücksichtigt ge-
lassen habe. Für die feste Einprägung der Thatsachen der mittleren
und neueren Geschichte in Secunda war dann von mir hervorzuheben,
wie eine solche nach Prima mitgebracht werden müsze, damit die deut-
sche Litteraturgeschichte , in welchem Umfange man auch sie lehre , ein
Adminiculum habe (die oratio obliqua wird schleppend, deshalb will ich
Kurze Anzeigen und Miscellon. 157
auf seine über all sein Erwarten günstig aufgenommenen Lehrbücher
und auf die gleich beim Beginn bezeichnete Abhandhing verweisen;
darüber freue er sich, dasz das Princip von ihm, die eigne Arbeit des
lieber direct fortfahren). Das Verständnis der Verfassungen und Gesetze,
wie es der Redner in Secunda für möglich hält, ist doch noch weit ent-
fernt von dem, was icli für die alte Geschichte in Prima verlange; fliesz-
ende Uebersetzungen In den obern Klassen der Gymnasien anzuwenden,
halte ich für unrätlich; der Gymnasiast musz gezvvungen und dahin ge-
bracht werden, aus den Quellen selbst zu schöpfen, und deren durch
Uebersetzung nie zu erreichende schöne Eigentümlichkeit anerkennen
lernen. Dasz schon in Secunda die alten Geschichtschreiber zur Kennt-
nis der Geschichte gelesen werden , ist meiner Erfahrung nach unmög-
lich. Die Schüler haben hier noch zu viele sprachliche Schwierigkeiten
zu überwinden , aber wenn dieselben in Secunda' durch öffentliche Leetüre
in Herodots und Livius' Sprache eingeführt sind, dann kann in Prima
das Lesen erfolgen , welches ich neben dem Unterricht in der alten Ge-
schichte verlange. Auch kann das Lesen in Secunda neben der alten
Geschiclite nicht das leisten, was man vielleicht meint; denn wenn der
Schüler, nachdem er die griechische Geschichte im ersten Jahre gehabt,
im zweiten an die Leetüre des Herodot geht, so kann dies dann nur
zur Ausfüllung und Vervollständigung führen. Das , was ich in Prima
verlange, setzt schon einen gröszern Umfang in der alten Geschichts-
litteratur voraus , und es kann bei einem solchen viel mehr Frucht und
Segen erreicht Averden. Gegen das Lesen von Abschnitten aus Paulus
Diaconus, Gregor von Tours usw. bin ich, nicht insoweit als ob man
nicht einzelneu dies zuführen und zulassen solle, aber im ganzen fürchte
ich, haben sie neben den Schriftstellern des Alterturas eher etwas ab-
schreckendes. Soll die Liebe zum deutschen Vaterland geweckt werden
— und wer will dies nicht ? — nun so gibt es ein besseres Mittel als
seine lateinischen Geschichtschreiber: die Dichtungen des deutschen
Volks. Die Nibelungen und Lieder von Walter von der Vogelweide in
Prima gelesen, wie es ja Hr Stier mit so trefflichen Gründen verlangt,
werden die Brust der Jugend höher schlagen machen, und sollte dann die
vertiefende und erweiternde Repetition, wenn sie sich daran anschlieszt
und diese Begeisterung zu gröszrer Klarheit und Sicherheit bringt,
einen Abbruch an der deutschen Gesinnung des Jünglings erwirken ?
Der deutsche Unterricht komme nur dem Geschichtsunterricht recht zu
Hülfe , dann wird auch bei vorzugsweise alter Geschichte in Prima nach
energischer Einpräguhg des Thatsächlichen aus Mittelalter und Neuzeit
in Secunda der Schüler genug auf die Universität mitbringen. Wenn
mein verehrungswürdiger Freund, Propst Müller, sich deshalb gegen
meinen Vorschlag erklären zu müszen glaubt, weil der Schüler dann
nicht nach Prima, was er dort aus der alten Geschichte brauche, mit-
bringe, so hat er wol nicht genug beachtet, dasz nach meinem Vor-
schlag ja in Tertia zwei Jahre auf feste und sichre Einprägung des
Thatsächlichen aus der alten Geschichte verwendet und in Secunda das
Wissen durch stete Repetition befestigt und bei der Leetüre erweitert
werden soll. Der Frage, woher der Stoff zu den Ausarbeitungen wärend
der ersten sechs Wochen genommen werden solle, setze ich einfach die
Antwort entgegen: aus den in Secunda gelesenen Schriftstellern. Ueber
den Begriff 'praktischer Sinn' läszt sich viel streiten, mir aber
scheint die einzige wahre praktische Vorbereitung, die das Gymnasium
geben kann: festes, durch ernste Arbeit zum Eigentum gewordenes
Wissen, klares Denken, Liebe zur Wahrheit und eine ernste fromme
Gesinnung. Man kann freilich die brennenden Fragen der Zeit vom
Schüler nicht ganz abwehren , aber ihn voll in dieselben hinein zuführen,
158 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Schülers im Geschichtsunterricht des Gymnasinms zur Geltung- zu brin-
fien, allgemeine Uebereinstimmung, wenigsten keinen Widerspruch ge-
funden, und dasz auch die Gegner seiner Ansicht die Notwendigkeit,
scheint mir unrätlich, ja schädlich; was dafür zu thun ist, kann und
musz auf andere Weise geschehen und wird durch den von mir vorge-
schlagenen Weg des Geschichtsunterrichts nicht ausgeschlossen. In den
letzten Worten des Redners finde ich ein von mir vielleicht verschulde-
tes Misverständnis ; nicht dem Unterricht in der neueren Geschichte in der
Prima will ich den Mangel an Interesse auf der Universität zugeschrie-
ben wissen, sondern dem bisher üblichen Lernen und Aneignen aus dem
Munde des Lehrers und gewissen Compendien, das einen falschen Dün-
kel erzeugt. Statt dessen verlange ich die Aneignung durch eigne Ar-
beit , wie sie für die alte Geschichte mir nur in Prima möglich erscheint.
Mit Peter bin ich nicht in so groszer Differenz, als er selbst glaubt;
denn die Beziehung der alten Geschichte auf die Neuzeit , und ihr Er-
fassen als eines Teils der allgemeinen Geschichte will auch ich ; nur
über die Mittel und Wege, und über das für jeden Teil der Geschichte
erforderliche Masz an Zeit sind wir nicht ganz einig. Für das, was
zu erkämpfen mir am Herzen liegt, eine ganz andere und viel ein-
gehendere Berücksichtigung der alten Geschichte in Prima, als sie bis-
her an den allermeisten Gymnasien stattgefunden, begrüsze ich ihn,
wie auch Lübker, freudig als meinen Bundesgenossen. Auch von
Assmann trennt mich nicht ein so groszer Zwischenraum; er räumt ja
der alten Geschichte in Prima viel ein und ich erkenne dem modernen
Elemente mehr zu, als es vielleicht scheint; ich habe z. B. gar nichts
dagegen, wenn das Thatsächliclie aus der französischen Revolution und
der neuesten Zeit in Secunda objectiv eingeprägt wird. Was seine Be-
merkung wegen der Leetüre betrifft , so musz ich doch darauf hinwei-
sen, dasz bei manchen Schriftstellern, wie z. B. Plato, den Tragikern,
Cic. de nat. Deor., doch für das, was man gewöhnlich Geschichtskennt-
nisse nennt, nicht viel zu geben ist, wol aber für die Erkenntnis des
antiken Geistes , und eben weil ich diese Erkenntnis für die alte Ge-
schichte verwerthet wissen will, ich diese nach Prima verlege. Wenn
ich mich endlich zu meinem lieben Freund Hof fmann wende, so musz
ich zuerst daran erinnern, dasz ja auch ich sogar einen doppelten Cur-
sus der alten Geschichte in Sexta oder Quinta und in Tertia vor Prima
voraussetze und- für Festhaltung und Auffrischung des vorher gewonne-
nen in jeder folgenden Klasse entschiedene Fordrungen gestellt habe.
Sie sind freilich für viele Lehrer unbequem, wenn, wie es nicht anders
sein kann, die Curse in verschiedenen Händen liegen, aber um des
Wohles des Ganzen und des zu bildenden Schülers willen müszen sie
energisch festgehalten werden. Will man Secunda und Prima als einen
continuierlichen Cursiis ansehn, so wird man allerdings meinen Vor-
schlag zu modificieren haben, wie ich selbst darauf hingedeutet; ich
habe aber für das, was ich angenommen, die Gründe für mich, die in
Preuszen bestimmt haben, an den Gymnasien Tertia und Secunda als
^ine, Prima wieder als eine besondere Stufe hinzustellen. Ich will nicht
eingehen auf das , was mein Gegner über das Verhältnis des Mittelalters
zur alten und zur neuen Zeit gesagt hat; ich erkenne manches darin
an, obgleich sich über manches noch streiten läszt, aber Widerspruch
erhebe ich dagegen, dasz das Gymnasium seinen Unterricht nach dem
gerade obwaltenden Stand auf den Universitäten zu regeln habe; was
könnten wir dann nicht alles in unsern Kreis aufnehmen? Auf der
Universität wird gewis Universalgeschichte des Mittelalters gelesen
werden, wenn Zuhörer sich finden, wenn der Lehrer ein ihm entgegen-
kommendes Bedürfnis wahrnimmt. Und wenn gesagt ward, dasz die
Kurze Anzeigen und Miscellen. 150
der nlten Geschichte in Prima eine gr'oszere und eingehendere Berück-
sichtigung zu widmen, als bisher fast allgemein geschehen sei, aner-
kannt hätten. Er schlosz mit der Hoffnung, dasz die von ihm angeregte
Diseussion dem Geschichtsunterrichte , dem er die beste Kraft seines
Lebens gewidmet habe, und den er für eins der wichtigsten Bildungs-
mittel des Gymnasiums halte, Nutzen bringen und ihm die Aufmerk-
samkeit vieler, wenn sie auch nicht selbst Geschichte lehrten, zuwen-
den werde, und mit der Aufforderung, dasz trotz aller divergierenden
Ansichten, doch alle in e'inem Geiste Bausteine herbeischaffen und zu-
bereiten möchten, damit der Bau ein groszer und herlicher, auf soliden
Grundlagen beruhender werde. — Eine längere Debatte erhob sich nun
wegen der Abstimmung über den fünften Satz der Dietschschen The-
sen, auf welche Realschuldirector Dr Hüser antrug. Gegen die Vor-
nahme einer solchen erklärten sich der Ref., weil ihm die Diseussion
keineswegs zum Absclilusz gebracht schien, der Präsident Assmann,
der den Vorsitz wieder übernommen hatte, indem er auf die Resultat-
losigkeit einer solchen hinwies und es für zweckmäsziger hielt, den
Streit auf den litterarischen Kampfplatz zu überweisen, auf dem er und
Dietsch sich mit gegenseitiger herzlicher Achtung und Liebe bewegen
würden. Bäum lein, indem er darauf aufmerksam machte, dasz dann
die Abstimmung auch auf die Ansichten vermittelnder Natur gerichtet
werden müsze , was bei der Kürze der Zeit unmöglich sei, wobei Ziel
an den von ihm vorgelegten Gegenantrag erinnerte. Wärend Peter
noch den Unterantrag stellte, dasz dem modernen mehr einzuräumen
sei als es von Dietsch geschehen, bemerkte Schrader, dasz die Ab-
stimmung nur dann zu Ende kommen könne, wenn sie einfach auf den
Dietschschen Satz gerichtet werde, und gab Hoff mann zu erkennen,
dasz die Abstimmung sehr interessant sein würde, dieselbe aber dann
doch auch von denen vorgenommen werden solle , welche wirklich in
den oberen Gymnasialklassen Geschichte gelehrt hätten, das werde noch
interessanter sein, wogegen sich mehrfache Stimmen mit 'Nein, Nein'
erklärten. Der Präsident endete endlich die Debatte mit der Bemerkung,
dasz wenn man berücksichtige, wie Dietsch nur vorzugsweise die
alte Geschichte in Prima zum Gegenstand des Geschichtsunterrichts em-
pfehle, alle, welche dies entweder umgekehrt, oder doch beide Teile
der Geschichte gleicherweise in jener Klasse berücksichtigt wollten, da-
gegen zu stimmen hätten, und stellte demnach die Frage. Die Stimm-
Leidenschaften dieselben unter der römischen Toga und dem griechi-
schen Chiton gewesen, wie heutziitage, nun so habe ich eben zu be-
merken, dasz sie dort durchsichtiger, erkennbarer, klarer, ja unver-
hehlter hervortreten , als in der neuen Zeit und demnach in der alten
Geschichte mehr für ihre Erkenntnis vom Schüler, denn um den handelt
es sich allein, gewonnen werden kann. So finde ich mich denn durch
das angeführte nicht widerlegt und selbst wenn manche Uebelstäntle mit
Recht an meinem Plane gerügt werden können, so musz ich dennoch
auf die Beantwortung der beiden Fragen dringen: welches ist das wahre
Wesen des Gymnasiums und wie hat sich der Geschichtsunterricht dem-
selben einzufügen? Denn darauf beruht alles, was ich aufgestellt und
vorgeschlagen habe, vor allem auch, was ich für den Geschichtsunter-
richt in Prima verlange. Ich weisz es wol , dasz ich etwas Ideales hin-
gestellt habe und zu seiner Verwirklichung noch manche Hindernisse
hinweggeräumt werden müszen ; ehe dieselben nicht beseitigt und die
Bedingungen beschafft sind, möchte ich selbst nicht Hand anlegen; aber
die Frage ist: musz darnach gestrebt und was kann sofort ins Leben
eingeführt werden, was kann jeder Lehrer sofort zur Richtschnur seines
Unterrichts nehmen?
160 Kurze Anzeigen und Miscellen. — Berichtigungen.
Zählung ergab keine Majorität für die These, aber die Gegenprobe auch
keine gegen dieselbe. Man stellte die Forderung, da doch vielleicht
viele sich der Abs.timmung enthalten wollten, die ganze Abstimmung zu
wiederholen und für beide Fragen die Zahlen zu constatieren, der Prä-
sident aber entschied sich nur für Wiederholung der Gegenprobe und
als er nun die Herren , welche das erstemal die Hände nicht aufgehoben
gehabt, dies jetzt zu thun aufforderte, ergab sich eine Maiorität gegen
die These.
Der Ref. musz hier sm Schlusze gesteheu, dasz ihn dies Resultat
der Abstimmung nicht überrascht habe, dasz er sich aber durch die-
selbe weder gebeugt noch besiegt fühlt und derselben durchaus nicht
den Werth beilegen kann , der ihr in einigen Blättern beigelegt worden
ist. Es ist dies nicht Rechthaberei von seiner Seite, vielmehr erkennt
er an , dasz die Debatte einiges in ihm zu gröszerer Klarheit gebracht
hait, aber der Grund, weshalb er sich gegen die Abstimmung erklärte,
zwingt ihn auch jetzt noch derselben weniger Bedeutung beizulegen.
Die Frage ist vereinzelt nicht zu lösen , es handelt sich dabei um eine
das ganze Wesen des Gymnasiums betreffende, die man mit mehr oder
weniger Recht die der Concentration genannt hat, darum, wie die Zer-
splitterung zu heben, wie die nicht auszuschlieszendeu modernen Ele-
mente den Hauptgegenständen so zuzuordnen sind, dasz sie in eine
innige Beziehung sich gegenseitig helfend und fördernd treten. Der
Ref. hat dies mit dem Geschichtsunterricht versucht und gefunden , dasz
er mit seinen Ansichten nicht allein steht, sondern mancher, dem er
unbedingt eine höhere Auctorität zuschreibt, sie gutheiszt, und so hegt
er die Hoffnung, dasz je mehr man sich mit seinem ganzen System und
dessen Principien vertraut macht — was bei der Discuasion bei vielen
eingestandenermaszen nicht der Fall war und nicht der Fall sein konnte
— , je mehr man sich in das wahre Wesen des Gymnasiums vertieft und
dies als Ganzes ins Auge faszt, desto weniger Individualität und Macht
der Gewohnheit entgegenstehn werden, nicht die Wahrheit seiner Sätze
völlig anzvierkennen — denn diese Hoffnung wäre unbescheiden — aber
seinen Forderungen eine gröszere Berechtigung zuzugestehn. Und so
empfiehlt er denn dieselben der fortgesetzten Aufmerksamkeit aller,
welchen es mit unserem Gymnasialwesen Ernst ist.
Rud. Dietsch.
Berichtigungen.
S. 55 Z. 2 1. statt nicht rvie dann: nicht eine dann. S. 58 Mitte st.
dieser neuen Ideen: diesen n. I. S. 72 Z. 16 für klagte mit 7vuchs: klagte
und wuchs. Auf der vorletzten Zeile derselben S. ist einzige zu tilgen,
S. 75 Z. 5 für dasz mit einem zu lesen dasz von einem. Durch das Mis-
verständnis einer vom Hm Verf. nachträglich erhaltnen Anweisung ist
S. 69 in der Note vorl. Z. nach den Bindevocal ausgefallen: daher damus,
duham, dabo, dare, 7iicht ü; die Länge des a in das, da, ferner stäs,
stnbam , stäre ist sehr auffällig und nur usw. '
Zweite Abteilung:
für Gymiiasialpüdagogik und die übrigen Lehrfächer,
niit Ansschlusz der classisclien Philologie,
herausgegeben toii Rudolph Dietsch.
4.
Zur Historik.
(Fortsetzung von Bd LXXX S. 276 ff.)
4.
Es ist eine sehr erkläriiclie Sache dasz jeder, der auf irgend einem
Gebiete des wissenschafllichen oder praktisclien Lebens mit Reform-
vorschlögen hervortritt, dabei von dem Vorhandensein einzelner Mängel
oder einer allgemeinen Mangelhaftigkeit ausgeht. Denn diese Mängel
oder Mangelhaftigkeit nicht vorausgesetzt, wäre es absurd an eine
Reform denken zu wollen.
Wenn diese Mängel aber nur wirklich existieren, wenn sie nur
nicht jenen Reformgedanken zu Liebe angenommen werden, wenn der
Reformer nur nicht jenem Unglücklichen gleicht, der Feuer schreit und
die Stadt allarmiert, ehe es noch gebrannt hat! Wir setzen voraus
dasz er diese Mängel selbst gesehen , durch eigne schmerzliche Er-
fahrung kennen gelernt, sich auch bemüht hat zu helfen und zu heilen,
ehe zu einer totalen Reform geschritten wird, auch dasz unser wol-
wollender Freund wisse, was bereits über diese Sache gedacht und
versucht sei, auch sich darüber erkläre, was er gegen die Vorschläge
anderer einzuwenden habe. Denn in der Wissenschaft ist es wie im
Leben sehr rallisam, dasz man das Neue an das Alte anknüpfe und
lieber dies weiter zu bilden suche als einen Salto mortale ins Blaue
thue, den wenige geneigt sein möchten nachzuthun. Diese unsere
Forderungen sind um so billiger, wenn jene Reform einer Wissen-
schaft zugedacht ist, für welche, was ihre Methodik anlangt, doch
manches gute gethan ist und wie z. B. von Loebell noch immer
gethan wird. Wir müszen uns daher befremdet fühlen, wenn Professor
Biedermann in seiner Schrift
'der Geschichtsunterricht in der Schule, seine Mängel und ein Vor-
schlag zu seiner Reform', 1860.
alles was auf diesem Gebiete geleistet ist auf eine so vornehme Weise
ignoriert dasz cri z. B. Loeb«lls Verdienste dabei keines Blickes
N. Jalul). f, Phil. u. Päd. II. Abt. W,l, Hft 4, 11
"c"
162 Zur Historik.
würdigt. Wir wollen ihm nicht gleiches mit gleichem vergelten, son-
dern, selbst auf die Gefahr hin oft gesagtes wieder sagen zu müszen,
seine Vorschläge in Erwägung ziehen und prüfen, ob wir von ihnen
Gebrauch machen und Mutzen ziehn können.
Sehen wir zuerst die Mängel, welche Professor B i ed erm ann
an unserem bisherigen historischen Unterrichte entdeckt hat.
Es fehlt ihm, sagt er, an A n s ch a ul i ch kei t. Wenn dies der
Fall ist, so liegt die Schuld sicher nicht an der Disciplin, sondern an
dem Lehrer. Wir fordern alle auf der ersten Stufe dieses Unterrichts
die lebendige Anschauung, wählen für diese Stufe eben darnach Per-
sonen und Begebenheiten aus, wählen selbst nicht das sn sich be-
deutendere, folgenreichere, sondern das mehr vor Augen tretende, das
Auge fesselnde, Personen aus der alten Sage, welche die spätere Ge-
schichte fallen lassen nuisz , einzelne Handlungen und Worte, welche
vielleicht der historischen fides entbehren, weil wir der Anschauung
lebendige Bilder vorführen wollen, die allerdings zugleich auch für
die geistige Kraft geeignet sind und an denen das Herz einen Anteil
nimmt. Diese Gegenstände sind daher dem Kindesalter auch viel ver-
trauter und bekannter als der Verfasser glaubt. Die Naturen jener
Personen, eines Priamus, eines Hector, eines Achilles, eines Odysseus,
kann er begreifeil wie die Motive ihres Handelns, wärend ihm das
Leben z. B. eines Napoleon noch lange ein unverständliches Rätsel
bleibt. Und wie sollte es da an der Selbstthätigkeit fehlen, wo
der Knabe noch so bereit ist nicht blos mit dem Ohre zu hören, son-
dern tief in seine Seele aufzunehmen, innerlich eine Sache zu durch-
leben und sie selbst in seinen Spielen darzustellen? Wir setzen natür-
lich voraus dasz ein Lehrer da sei, der die Herzen der Kleinen zu
fassen und in seine Worte ein ethisches Interesse zu legen wisse. Und
wenn dem Verfasser denn der Zusammenhang unter den histori-
schen Ereignissen so schwer zu erfassen scheint, ist der zwischen
verschiedenen Culturzuständen denn leichter zu verstehen? Der Raub
der Helena und der Zug der Griechen sind in ihrer Beziehung zu einan-
der auch dem kleinsten Knaben begreiflich, wärend er den Uebergang
von Sklaverei zur Nichtsklaverei, von der Freiheit eines Volks zu
dessen Knechtschaft u. dgl. schwerer verstehen wird. Denn das Warum
und das Verhältnis von Ursache und \Mrkung liegen ihm nahe, sobald
der Versland erwacht; die stillen und leisen Uebergänge, die nicht
e.Kplodierenden, achtet und beachtet er nicht. Eben so unbegreiflich
ist was der Vf. über den biographischen Unterricht sagt, über
dessen Wesen und Schranken doch jetzt die meisten Pädagogen einig
sein dürften. Auch die Auswahl des Stoffes ist von den gröszten
Pädagogen — ich nenne nur Raumer, S ch l e i er ma eher — sehr
reiflick erörtert worden und die Ansichten hierüber haben sich mehr
und mehr genähert und geeinigt. Statt dieser Jlänner dankbar Er-
wähnung zu Ihun, beruft sich Professor Biedermann lieber auf die
Auctorität eines Referenten in der Preuszischen Zeitung!
Und welches sind nun die Vorschläge, welche uns der Verfasser
Zur Historik. 163
selber zu bieten hat? Er will den Geschichtsunterricht auf cultur-
geschichtliche Grundlage basiert wissen.
Er gliedert ihn darnach in eine dreifache Stufe:
1) die eines culturgeschichtlichen Anschauungsunterrichts.
Auf dieser Stufe würde es darauf ankommen, dem Knaben über-
haupt das Auge für culturgeschichtliche Anschauungen zu ölTnen. Man
würde ihn anhalten auf die Cultur, welche ihn von allen Seilen um-
gibt, zu achten und ihre Produclionen zu bemerken und ihn dann von
den Erscheinungen des gegenwärtigen CuHurlebens auf frühere und
abermals früiiere Zustände zurückweisen. Einer systematischen Ord-
nung bedarf es noch nicht: der Lehrer könnte beliebig bei diesem oder
jenem Punkte ansetzen. Auch könnten schon die Culturzustände ver-
schiedener Völker verglichen werden. j\lan sieht, es soll das Auge
für diese Dinge geweckt, der Trieb der Beobachtung angeregt, aber
auch der Keim zu den Tugenden gelegt werden, welche sich im Dienste
der fortschreitenden Cultur bethätigen. Wir erkennen den guten Willen
von dem Verf. an, aber woher sollen die bei weitem meisten Schulen
die Stoffe für diese Anschauungen nehmen? Diese können nicht durch
Bilder, sondern allein durch das Leben dargeboten werden. Wir wün-
schen nicht minder die Schärfung des Auges und überhaupt der Sinne;
aber möge sie doch in dem Kreise, in dem die Jugend steht, in Feld
und Wald, in den Werkstuben der Handwerker gesucht werden, — •
und möge diese Beobachtung nicht auf Kosten einer andern Seelen-
kraft, auf welche die Geschichte wirkt, der Phantasie und des ethischen
Interesses gepflegt zu werden verlangen! Es folgt hierauf
2) die Stufe einer culturgeschichtlichen Heimats- oder Vaterlands-
kunde.
Auf dieser Stufe würde die im aligemeinen erworbne Anschauung
sich auf einen bestimmten Raum conceiitrieren , zuerst den nächsten,
des Heimatsortes, dann den des specielleren Heimatslandes, endlich
den des gesamten deutschen Vaterlandes. Der Unterricht würde den
Knaben mit den Veränderungen bekannt machen, welche die Phy-
siognomie dieser Räumlichkeiten in Wohnung, Kleidung, Bodenein-
teilung und Bestellung, Ein- und Auswanderung, Erwerbs- und Be-
rufsarten usw. im Laufe der Zeit erfahren hat, auch natürlich bereits
eine Reihe geschichtlicher Momente aufnehmen, welche hiermit in Ver-
bindung stehen.
3) Der eigentlich planmäszige Geschichtsunterricht auf cultur-
geschichtlicher Grundlage würde nicht mehr, wie der bisherige, von
der Gegenwart ausgehen , sondern die Geschichte von ihren Anfängen
an verfolgen und, indem er die veränderten Zustände welche sich
vorfinden aufzeigt, die Ereignisse vorführen, durch welche diese Ver-
änderungen bewirkt sind. Natürlich würde hierbei die vaterländische
Geschichte vor der fremdländischen, die der neueren Zeit vor der der
alten den Vorzug erhalten. Zur Erläuterung dieses Vorschlags gibt
der Verf. im Anhange eine Probe von der Art und Weise, wie er den
Gegenstand behandelt zu sehen wünscht.
11*
164 Zur Historik.
Wir wollen es niclit leugnen dasz der Standpunkt, auf welclten
Professor Biedermann die Geschichte und den Unterricht iu der-
selben führen will, eine scheinbare Berechtigung habe.
Es gibt in der Geschichte Zeiten, in denen die Ciiltur mit all
ihren Produetionen all und jeden Werth verliert, die Völker wie die
einzelnen die Cultiirzusliinde, in denen sie so lange behaglich und
ruhig' gelebt haben, entweder in wilder Wut niederreiszen und zer-
treten oder auch in edelster Begeisterung sie von sich ahliuin, und
von der Rückkehr zu den einfachen Sitten der Väter auch deren Tugend
und Kraft und das stille Glück in den Hütten der Jugend hoffen. Es
gibt aber eben so aucii Zeilen, in denen die Cultnr als ein Gut er-
scheint, um dessenlwillen das Leben eigentlich erst lebenswerth sei
und das daher um jeden Preis erhalten werden müsze. Gegen sie
kommen weder Glauben noch Nationalität, weder Freiheit noch Ehre
irgend\^ie in Betracht: es dünkt eine Thorheit, um solcher phantasti-
scher Güter willen irgend einem der reellen Güter und Genüsse ent-
sagen zu wollen. Unsere Zeil ist vielleicht eine solche. Daher erklärt
es sich denn, dasz alle Welt so viel Rücksicht auf die Cultur genom-
men wissen will, und Professor ßi e d er m a n n , der allerdings darin
tüchtige Studien gemacht und von diesen seinen Studien neuerdings
glänzende Beweise gegeben hat, den Geschichtsunterricht ganz und
gar in diesem Sinne umzugestalten versucht. Uns bestimmt gerade
diese Rücksicht darauf, dasz unsere Zeit die socialen Fragen weit über
die politischen und nationalen erhoben hat, zu der entgegengesetzten
Ansicht, und wir meinen in der That dasz ein Unterricht, wie ihn sich
Professor Biedermann denkt, seines Teiles dazu beitragen würde,
ein Volk des edelsten Selbsibcwnsiseins , der Liebe zur Freiheit und
der thalkräftigcn Gesinnung zu berauben. Die Erziehung und der
Unterricht haben die Aufgabe eben so sehr der Zeit zu dienen wie
ihren Strömungen zu widerstehen un ! gegen sie anzukämpfen.
Die Cultur eines Volkes ist ein unendlich umfassendes, wie alle
diejenigen zeigen, welche über die Cnlturgeschiclite als ein Ganzes
geschrieben haben. Es ist unmöglich alle die Einzelheiten, welche
zusammen die Cultur eines Volkes oder einer Zeit ausmachen, aufzu-
zählen, ohne dasz man (iofrfiir läuft ein und das andere dabei zu über-
gehn. Der von Biedermann mit so viel Beifall citierte Kirch-
m a n n steigt, indem er sie unter gewisse Hauptrubriken bringt, von
den Mitteln zur Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse, von Nah-
rung, Kleidung, Wolmunii, Geräten, Waifcn, Austausch der Producte,
empor, indem er hierauf den Menschen in zunehmender Erkenntnis und
Beherschung von Raum und Zeit, dann in künstlerischen und wissen-
schaftlichen Bestrebungen und Leistungen befrachtet und ihn endlich
zu Spiel, Luxus usw. beffleitel. Für diese massenhaft aufgeliäuften
Stolfe, welche eben um ihrer Massonhaftigkeit willen immer wieder
von der Geschichte ausgeschieden und in besondere Disciplinen abge
leitet sind, ist es offenliar schwer, zumal beim Unterrichte, eine Ein-
heit der Betrachtung zu gewinnen, da die heterogensten Dinge, und
Zur riislorik. 165
Dingo vvelclio sicli unmöglich für die Fassungskraft eines und dessell)en
Lebensalters eignen, darin zusamniengefaszt werden: Dinge, in denen
ein Mininuna von Freiheit und Geisligkuit zu linden ist, neben Dingen,
in denen die IndividUiiiitat des einzelnen hochbegabten , über seiner
Zeit und über allen Zeilen stehenden Mannes in ilirem freisten Wallen
und Schaffen anzuerkennen ist: Dinge, welche einem Volke ansschliesz-
lich angeliiiren und deren Kntstehen nur aus der Individualität dieses
bestimmten Volkes begrilTen werden kann, und Dinge, welche so sehr
an das allgemein menschliche streifen, dasz nicht mehr ihr Vorhanden-
sein, sondern ihr Niciitvorhandensein in die Augen fällt: Dinge, welche
der frische und muntere Knabe vollkommen klar auffaszt und an denen
er seine oft humoristische Freude hat, neben Dingen, welclie einen
durch lange Denkiibnng gekräftiglen Geist oder ein in ahnungsvollen
Gefühlen sich vertiefendes Gemüt voraussetzen. Die Folge hiervon
ist die gewesen, dasz man aus dieser wiislen Masse gewisse Teile aus-
gesondert und aus der Geschichte der Lilteratur, der Kunst, der Philo-
sophie besondere Disciplinen gebildet hat, welche allerdings mehr
als blosze Teile der Culturgescliichte sind, vielmehr geistige (ianze
mit eigner in sich selbst ruhender Entwicklung bilden. Unter diesen
Umständen sind wir verpilichtet den BegrilT der Cultur, vielleicht
auch den einer Geschichte der Cultur, in nähere Betrachtung zu
ziehen.
Der nächste Gegensatz zur Cultur ist ofTenbar die Natur. Wir
stellen Naturstaaten und Culturstaaten einander gegenüber; wir spre-
chen von dem was ein Mensch von Katiirsei, im Gegensatz zu dem
was die Cultur ihm gegeben hab-e. Natürlich ist hierbei unmöglich
eine scharfe Grenze zu zielien. Denn wir werden ebensowol in den
ersten Anfängen menschlicher Gesittung bereits auch gewisse Cultur-
zustände vorauszusetzen haben, wie wir sie ja auch jetzt bei den
rohsten, von der Cultur am meisten unberührt gebliebenen Völker-
stämmen finden, als auch inmitten der Cultur nach der Natur eines
Volkes fragen, die nicht durch die Cultur geschaffen, wol aber unter
der Obhut und Pflege der Cultur sich von innen heraus zu dem , was
sie von Anbeginn gewesen, enluickell habe. Die Griechen wären
vielleicht keine Griechen geworden, wenn sie auf anderem Boden, in
andern Verhältnissen, in Berührung mit andern Völkern gelebt hätten;
aber man denke sich Aegypter oder Juden auf griechischen Boden
versetzt, würde bei ihnen griechische Sitte , griechische Kunst, grie-
chische ^^ issenschaft erblüht sein? Es ist das der ewige Unterschied
zwischen dem non sine und propter: zwischen dem was von
auszen kommend oder fördernd auf das Leben einwirkt, und dem was
von innen heraus sich hervorzuarbeilen und zu gestalten strebt. Dies
Verhältnis macht daher aucli den Gegensatz zwischen Natur und Cultur,
so sehr man auch auf die Unterscheidung zwischen beiden zu hallen
hat, doch in der Wirklichkeit zu einem flieszenden, so sehr dasz, wie
es auch wahrscheinlich Professor Biedermann tbut, die Cultur meist
nicht sowol im Gegensalze zur Natur gefaszt wird, sondern diese lelz-
166 Zur Historik.
tere mit einschlieszt, also das Product aus Natur und Cultur bezeichnet,
wogegen wir natürlich darauf angewiesen sind diese beiden auseinan-
derzuhalten und namentlich aus jenem sehr complicferten Product den
einen Factor wieder auszuscheiden und die ursprüngliche einfache
ISatur wiederzugewinnen. Denn dies ist doch allein dasjenige was —
ich bemerke dies im Gegensatze zu Professor B ie der m ann — unser
Interesse in Anspruch nimmt, auch im alltäglichen Leben, wo ja auch
unser Bemühen ist dahinter zu kommen, was eigentlich an dem
Menschen, was sein wahres Wesen , sein Charakter sei, nicht blos um
uns nicht durch den äuszerlichen Schein täuschen zu lassen, sondern
auch weil wir, erst wenn wir dies sein Wesen wirklich erkannt, sein
ganzes Leben und Schaffen, wie es in die Erscheinung tritt, meinen
verstehen zu können. Und so urteilen ja nicht wir allein, sondern
ganze Völker, und zwar die edelsten von ihnen, und in ihren gröszten
Zeiten, indem sie um sich selber zu erhalten bereitwillig alle jene
Aeuszerlichkeiten darangeben. Kurz in dieser Unterscheidung zwischen
Cultur und Natur erscheint jene gegen diese als die geringere, werlb-
losere , und so hoch wir die Völker stellen, welche sich um sich in
ihrer innersten Eigentümlichkeit zu erhallen freiwillig von den Banden
losgemacht haben, mit denen die Cultur sie hätte umslricken mögen,
eben so niedrig achten wir die Völker, welche um ihre Culturzu-
stände zu retten ihr eigenstes Wesen, ihre Freiheit und ihre Ehre
dahingehen.
Es ist also, wenn man diese Natur eines Volkes, dieses innerste
in allen Verändrungeu und Wechseln , allen Entwicklungen und Bil-
dungen desselben sich als dasselbe erhaltende Wesen desselben, er-
kennen und das Gefühl für diese Natur, das Bewuslsein über dieselbe
und die Liebe und Hingebung an dieselbe in den Herzen des Volkes,
hier also in denen der Jugend recht stark und lebendig wirkend machen
will, hinzuweisen auf diejenigen Sphären, innerhalb deren jene sich
am reinsten und ungemischtesten kundthun wird und am sichersten
beobachten läszt, d. h. nicht auf Cultur, Culturzuslände und Ver-
ändrungeu in der Cullur, sondern auf die geschichtlichen Momente
in dem Volksleben. Denn jene sind überwiegend äuszerlicher Art,
diese dagegen eben so überwiegend innerlich: jene vielfältig durch
Zufälligkeiten von auszen an ein Volk herangebracht, diese mehr aus
dem tiefsten Innern desselben hervorbrechend.
Es hat ohne Zweifel Zeilen gegeben, in denen man sehr genau
die W^ohnung eines Sachsen von der eines Wenden unterscheiden
konnte: die Anlage eines Hauses, der Bau des Dorfes usw. waren eben
so verschieden wie ihre Sprache, ihre Kleidung, ihre Religion. Aber
mit der fortschreitenden Cultur werden diese Unterschiede mehr utid
mehr verwischt und ausgeglichen, und z. B. in der Altmark, einem
der am reinsten erhalfnen Wohnsitze der Sachsen, ist heutzutage ein
sächsisches Dorf von einem wendischen nicht mehr zu unterscheiden.
Selbst ein Zeitraum von vierzig Jahren kann hier von unendlicher Be-
deutung sein. Die Cultur gleicht demnach hier wie in jeder andern
Zur Historik. 167
Beziehung die nalüiiiclieti Verschiedenheiten aus und ist eine Feindin
des Individuellen. Sie ist also nicht geeignet das was der Geschichts-
unterricht doch hauptsächlich soll zu leisten, nemlich ein lebendiges
Gefiihl für Nationalität zu erhalten und zu stärken und dadurch ein Volk
auf den Kampf für dieselbe vorzubereiten und zu rüsten.
Dagegen leistet dies die Geschichte, wie wir sie bis dahin gelehrt
haben. Sie führt uns hauptsächlich Zeilen vor, in denen alle Tugenden,
welche lief im Innern des Volkes w ohnen, zu Tage kommen und, ver-
bunden mit der Leidenschaft, mit der jedes lebende Wesen sich des
Todes erwehrt, eine Heihe groszer und unsterblicher Thalen verrichten
lassen. Sie stellt uns ebenso eine Reihe von Personen vor Augen, in
denen nicht dieser oder jener Culturzustand , sondern vielmehr die
eigenste Nalur eines Volkes sich kundthut und in denen dieses Volk
sich selbst mit seinem innersten und wahrsten Wesen wiederfindet. Ja
es weisz und strebt darnach von diesen Personen die Hülle, welche
die Cultur um sie herumgelegt hal, zu entfernen und mehr als der Ge-
schichlsforscher den innersten Kern derselben herauszuschälen und als
den seinen anzuerkennen. So macht das Volk aus Friedrich dem
Groszen, all seinem französischen Wesen zum Trotz, seinen alten
Fritz wie es seinen alten Blücher festhält, weil es das alte und
unveränderliche deutsche Wesen in ihnen wahrnimmt. Es sind immer
nur einzelne Momente, in denen man so in das Innere eines Men-
schen und eines ganzen Volkes eindringen kann, und man musz die
Stunde abpassen, in der es ihnen beliebt sich ohne die Hülle des all-
täglichen Lebens, d. h. eben der vielgepriesenen Cultur, sehn zu
lassen. Wer diese Momente wahrnimmt, erhält damit den Schlüssel,
durch den es ihm, mehr als durch alle Erscheinungen des Culturlebens,
möglich wird bis zum Herzen derselben vorzudringen. Es ist mir
daher ein Rätsel, wie man durch einen auf culturgeschichtliche Basis
gestellten Unterricht hoffen kann auf die nationale Gesinnung eines
Volkes einzuwirken: vielmehr musz diese Betrachtung der Geschichte
dahin führen , den Patriotismus als eine gebildeten Zeiten wider-
sprechende Verkehrtheit und einen Kampf um dieselbe als Bohheit
erscheinen zu lassen. Wer zu Thaten erzogen werden soll, dem musz
man die Thalen zeigen, welche gethan sind und wie sie gethan sind.
An den Zuständen Deutschlands, wie sie zu Hermanns Zeilen waren,
kann man möglichen Falls ein recht lebhaftes Interesse nehmen, aber
einer tief sittlichen Wirkung wird man nur dann sicher sein, wenn
man Hermann und seine Cherusker in ihrem Römerhasz gegen Varus
und Rom losbrechen sieht.
Und wenn nun so die Cultur als das viele und manigfaltige die
Natur als die eine, die Cultur als das äuszerliche die Natur als das
innerliche, die Cultur als die Hülle und Schale die Natur als der Kern,
die Cultur als das veränderliche die Natur als die in Wechsel sich er-
haltende erscheint, so dürfen wir auch nicht vergessen, dasz in der
Cultur das Leben eines Volks mehr von der Seite der Unfreiheil,
in der Natur mehr von der Seite der Freiheit erscheint.
168 ' Zur Historik.
Es erscheint dies auf den ersten Blick als ein Widerspruch, da
das Volk sich seine Natur niclit gegeben, sondern diese aus Gottes
Hand empfangen habe, wärend die Ciiiliir sein eigenes Werk und Ver-
dienst sei. Allein in Wahrheit thut sicli in dev Ciiliur eines Volks
die Unfreiheit, nicht die Freiheit kund. Denn natürlich miiszen wir
hierbei von einer groszen Zahl von Zuständlichkeiten absehn , welche
mit der Geschichte in engster Verbindung stehen, und als eine Folge
seines geschichtlichen Lebens, als ein Niederschlug seiner Thaten oder
Nichtlhaten zu betrachten sind. So ist die Verfassung des englischen
Volkes kein Teil seiner CuUur, wenn man diese nicht völlig ins nebel-
hafte verschwimmen lassen will, sondern eine Frucht seiner Geschichte,
eine That seiner Freiheit, wenn man will eine SelbsloiTenbarung seiner
Natur und seines innersten Wesens. Wenn man diese Zuständlichkeiten
abzieht, so bleibt uns ein Rest übrig, welcher recht eigenllich dem
Kreise der Cultur zuzuweisen ist. Diese aber sind wesentlich nicht
Sache eines freien Entschlusses , einer festen üeherzeugung , sondern
des Zufalls, der Mode, der Nachgiebigkeit gegen den Reiz des neuen,
gegen die Lockungen des Genusses, der Gewöhnung vor allem, kurz
einer Richtung in welcher der Mensch mehr von seiner Freiheit auf-
zugeben als dieselbe zu behaupten scheint. Oder ist in dem Gebrauch
des Kaffees, der Kartoffeln, des Tabaks, in den verschiedenen Kleider-
trachten u. dgl. je weiter abwärts ein um so höherer Grad von Frei-
heit zu erkennen? Umgekehrt ist es noch kein Beweis von Freiheit,
dasz man sich von den gegebenen Bedingungen seines Seins und \>'esens
löse, sondern dasz man von dem gegebenen aus sich zu dem mache,
wozu man die innere Bestimmtheit in sich trägt. Ein Volk gibt sich
daher eben dadurch als ein freies zu erkennen, dasz es mit ganzer
Energie das sein will, was es als seine wahrhafte Bestimmung und
Aufgabe betrachtet. Daher erklärt es sich auch , dasz Freiheit und
Nationalität zwei zusammenfallende Begriffe sind. Die Freiheit
eines Volks leuchtet am hellsten, wenn es nicht für diese oder jene
äuszeren Güfer, sondern für sein eigenstes Wesen einen Kampf auf
Leben und Tod besteht. So haben die Griechen bei Marathon und
Salamis, so die Deutschen bei Leipzig und Watcrloo zugleich Freiheit
und Nationalität erkämpft; so ist umgekehrt die Freiheit verloren ge-
gangen, wenn man, um die Güter der Cultur zu retten, alles andere
aufgeben zu müszen meinte. Stellen wir also mit Professor Bieder-
mann den geschichtlichen Unterricht auf die Basis der Cultur, so wer-
den wir Gefahr laufen den Boden der Freiheil zu verlieren und Dinge
des Zufalls, der Unfreiheit, des äuszerlichen Scheins, des materiellen
Nutzens in den Herzen der Jugend zur Herschaft zu bringen.
Doch man hält uns, und wie es scheint mit Recht, Wissen-
schaft und Kunst entgegen, Kreise der Cultur, in denen der Geist
offenbar in seiner höchsten Freiheit, in seinem wahrhaftesten Wesen,
in seiner reinsten Geistigkeit erscheine.
Ich musz hiergegen bemerken, dasz diese Dinge mit Unrecht in
den Kreis der Cultur gezogen werden. Die Produclionen darin sind
Ztir Ilislorik. ^ 169
vielmehr groszenleils von der Ciiltiir und ihrer Blüte ganz, unahhiingig-.
Denn ein Teil derselben isl vielmelir diircli die Geschiclile bedingt,
sei es positiv, sei es negativ, d. h. durch das Nichtvorhandensein
einer wiikliciien Geschichte; zum Teil aber stehen sie unter einander
in einer Conlinuifiit, die von den Cullurverhiillnissen, ja sogar von der
Geschichte ganz unabhängig ist. Wir wollen es nicht leugnen, dasz
die Productionen der Litleratur nicht ganz unahhiingig von der Cullur
seien. Sehn wir doch dasz die sittliche Verworfenheit, der Luxus,
die Genuszsucht, Handel und Gewerbe eine wahre Flut von Schriften
hervorgerufen haben und täglich hervorrufen. Indes sind dies Werke,
deren eine Nation noch nach Jahrhunderten sich mit Stolz rühmt? oder
sind es die Schmarolzerpllanzen , welche eine wahrheitsliebende und
sitllicl'e Kritik von dem Boden eines Volkslebens zu entfernen sucht,
vorausgesetzt dasz es nichf rein ephemere Erscheinungen sind, welche
der Tag bringt und wieder hinwegnimmt? Dagegen haben grosze ge-
schichtliche Zeiten auch einen groszen Aufschwung in der Litteratur
und Kunst wie in der strengen Wissenschaft zur Folge gehabt. Zu
Zeiten allerdings hat sich der Geist eines Volks, der seine geschicht-
liche Mission Jioch nicht oder nicht mehr erfüllen konnte, in diese
reinen Höhen geistigen Lebens und SchaiFens gelliichtet, um besserer
Zeilen zu harren oder diese vorzubereiten. Es würde für die Leser
dieses Blattes überllüssig sein dies mit Beispielen zu belegen. Ich be-
merke nur, dasz man Erscheinungen wie die eines Klopstock oder
des kosmopolitischen Philanthropismus lange nicht genug von diesem
Standpunkt aus gewürdigt hat. Auszerdem aber bilden diese Er-
scheinungen in Wissenschaft und Kunst eine in sich zusammenhangende
Kette, welche sich allerdings zuweilen auf den Boden realer Verhält-
nisse, sei es der Cultur oder der Geschichte, hcrabsenkt und mit ihm
in Verbindung tritt, stets jedoch sich in der Sphäre reinen geistigen
Schaffens und Strebens erhält, ohne sich von dem was unten vorgeht
in ihren Productionen hemmen zu lassen. So sehn wir denn in cultur-
armen Zeiten ewige Werke der Poesie, der bildenden Kunst, der Ge-
schichtschreibung entstehen, und umgekehrt Zeiten einer hohen, ja
überspannten und raffinierten Cullur, z. B. die des romischen Kaiser-
reichs, an solchen Werken ärmer und ärmer werden. Denn wenn
ein Tacitus in ihnen entstanden ist, so hat ihn weniger die römische
Cultur, als die Feindschaft und der llasz gegen dieselbe hervorge-
rufen. Athen war noch immer der Hauplsitz griechischer Cultur, als
die tragische Poesie längst verstummt war, welche in den einfachen
Zeiten nach den Perserkriegen erstanden war. Und was hat die grie-
chische Beredtsamkeit anders zu ihrer höchsten Blüte gebracht, als
der letzte Kampf Athens um seine Freiheit? Die Cultur blieb auch
nach dem lamischen Krieg und stieg höher und höher empor; aber die
Cultur erzeugt nicht die ewigen Werke der Kunst, eben so wenig wie
die der Wissenschaft oder der Philosophie, wenn auch der Geist in
Zeiten, die zu Thaten unfähig sind, sich in diese Gebiete flüchtet. Es
ist daher ganz unberechtigt, wenn man, wie es doch in der Regel und
170 ZurHistorik.
selbst von Waclismiilh geschieht, Wissenschaft und Kunst und über-
haupt diese Sphäre des reinsten g-eistigen vSchalTens dem Gebiet der
Culfur zuweisen will, von der sie doch gerade in ihren höchsten Pro-
ductionen ganz unabhängig gewesen sind. Ja es ist, sobald sie, wie
z. B. Euripides, sicii unter den Einflusz von diesen Culturzuständen
gestellt haben, dies mit einer inneren Corruplion verbunden gewesen,
M'ärend dagegen ein Aristophanes, der gegen den Geist und gegen die
Cultur seiner Zeit ankämpft, die Komödie zu ihrer Vollendung ge-
führt hat.
Sollten aber wirklich Wissenschaft und Kunst in einer Beziehung
zurCuIlur stehen, so wäre es immer nur diese, dasz was jene geleistet
haben ins Leben hinabdringen und zu einer gewissen Cultur beitragen
könne, nur dasz ich allerdings das Verhältnis als ein fernes und die
Wirkung als eine ziemlich unsichere betrachten würde. Denn die
Cultur schlieszt immer den Begriff einer gewissen Ausbreitung in
sich. Wenn die Bildung sich auf einen geringen Teil eines Volkes
beschränkt, anstatt dasz viele an ihr einen vcrhältnismäszigen Anteil
nehmen, so wird man nicht mehr von Cultur sprechen wollen. So ist
es eine Sache der Cultur dasz man sich zum Essen nicht der Finger,
sondern des Messers und der Gabel bedient, dasz man zu lesen und zu
schreiben im Stande ist, vielleicht auch dasz man orthographisch
schreibt und richtig und mit Gewandtheit spricht; denn diese und
ähnliche Dinge können in dem gewohnten und bewustlosen Besitz
eines groszen Volksteiles sein; es hat dagegen nichts mit der Cultur
eines Volkes oder Landes zu thun, dasz es einen Cornelius und
Kaulbach oder einen Beethoven besitzt, auch nicht dasz eine
kleinere Anzahl gebildeter Personen an den Werken dieser Künstler
ein lebhaftes Interesse nimmt. Die Werke des Sophokles und Aristo-
phanes, des Thukydides und Plato liegen auszerhalb der Cultur, sind
vielmehr durch Geschichts- als durch Culturverhällnisse bedingt; da-
gegen ist es für die Cultur Athens charakteristisch, dasz das Volk als
Ganzes an den dramatischen Werken jener Zeit wie an den Bauwerken
eines Phidias ein Interesse und dafür ein Verständnis hatte. Eben
sowenig gehören Goethe und Schiller in die Culturgeschichte
hinein, auszer gelegentlich wie Friedrich der Grosze und Joseph der
Zweite. Denn Cultur ist allerdings das Product des Menschen , aber
ein Product, in welchem die freien und geistigen Elemente, welche
dieselbe bilden, sich wie ein Niederschlag krystallisiert wieder auf
den Boden niedergelassen haben und zu einer bewustlosen, weit ver-
breiteten, unfreien Zuständlichkeit geworden sind. Und so bewegt
sich die Cultur auf einer Stufe, die zwischen der ursprünglichen Natur
sowol des Volks selber als der äuszern Verhältnisse und der des
freien geistigen Lebens, Strebens und Schaffens in der Mitte liegt.
Denn mehr noch als die Sphäre der geistigen Production werden
wir die des eigentlich Sittlichen von der Cultur auszuschlieszen haben.
Unser sprachliches Gefühl selbst sträubt sich dagegen, das Sitt-
liche und die Cultur zu identificieren. Es ist allerdings ein Teil der
Zur Ilistorik. 171
Ciiltur, dasz man einen Bekannten in dieser oder jener Weise griisze,
dasz man in Gesellschaft nicht laut lache, nicht in heftigen Wort-
wechsel geralhe u. dgl., und wir nennen den, welcher hiergegen ver-
stöszt, einen rohen und ungebildeten Menschen. Aber ob jemand die
Wahrheit sage oder lüge, ob er herzliches Wolwollen gegen andere
hege oder nicht u. dgl., gehört nicht mehr in das Gebiet der Cultur,
sondern in das des Sittlichen. Es ist daher sehr wohl möglich, dasz
sehr sittliche Leute durchaus aller Cultur und umgekehrt sehr feine
Leute durchaus aller Sittlichkeit entbehren. Das Zeitalter Ludwigs XIV
war sicher so cultiviert wie irgend eins und die Herzogin von Orleans
mochte an dem Hofe als äuszerst roh und uncultiviert erscheinen;
diese dagegen war eine Frau von wirklicher Sittlichkeit, wie man sie
am Hofe nicht fand und auch nicht einmal begriff. So sehr waren in-
mitten der aHerhöchslen Cultur selbst die Wurzeln der Sittlichkeit
abgestorben. Es ist daher auch alles, was ein Volk in schweren Zei-
len zu leisten im Stande ist, die Tapferkeit, die Vaterlandsliebe, der
Gehorsam, die Treue usw. keine Frucht der Cultur; vielmehr musz oft
erst die ganze Cultur einer Zeit, wie z. B. in der französischen Kevo-
lulion, mit dem schärfsten Besen rein ausgekehrt werden, wenn jene
Tugenden wieder aus dem Grund und Boden des Volkes aufschieszen
sollen. Es ist zuweilen wol der Fall, dasz Cultur und Sittlichkeit zu-
sammen bestehen, wie in Athen zu Perikles Zeit; in der Regel aber
dauert eine solche Vereinigung nur kurze Zeit, und immer ist sie eine
der seltenen Ausnahmen.
Aus allen diesen Gründen halten wir denn dafür, dasz Professor
Biedermann sich sehr schlecht um sein Vaterland verdient machen
würde, wenn sein Reformvorschlag, welcher den geschichtlichen
Unterricht auf eine culturgeschichtliche Basis stellen will, allge-
meine Geltung erhallen sollte. Doch davor wird uns Gott behüten.
Es ist auch nicht die Besorgnis, dasz je viele Lehrer diesen Weg ein-
schlagen sollten, was mich zu dieser Erörterung bewogen hat, sondern
das wissenschaftliche Bedürfnis und die Vagheit, mit welcher der Vf.
gleich unzähligen andern sich des Begriffs der Cultur bedient hat.
(Fortsetzung folgt.)
Greiffenberg. Dr Campe.
5.
Demosthenes ausgewählte Reden, erklärt von C. Rehdantz. Er-
ster Teil: die zwölf philippischen Reden. Leipzig, Druck und
Verlag von B. G. Teubner. 1860. 389 S. 8.*)
Von der attischen Dekas war bisher in der Teubner sehen Samm-
lung von Schulausgaben griechischer und lateinischer Klassiker mit
*) Besondere Umstände veranlassen uns diese Recension ausnahms-
weise in der zweiten Abteilung zu bringen ; im übrigen werden wir streng
die Regel einhalten, die durch die Ueberschrifteu der beiden Abteilungen
hinlänglich bezeichnet ist. D. ß.
172 Demosllicues, erklärt von Rehdantz.
deulschen Anmerkungen erst Isokrales in drei ausgewählten Uedeii,
erklart von 0. Sehn e i il er, verlreltju. Etwas si)ät erscheint denn
jetzt in derselben, auch Demosthenes. Der erste Teil dieser neuen
Bearbeitung liegt in dem oben genannten Buche vor, dessen Preis
(221/2 Ngr.) gegenüber dem Umfang wie dem Inhalt des Werks ein
ganz überaus mäsziger genannt werden musz.
Aufgenommen in diesen ersten Teil sind, wie der Titel sagt, die
zwölf philippischen Heden. Ref. gesteht, dasz er nicht ohne einige
Verwunderung diese Inhaltsankündigung gelesen hat. Dasz die Rede
über Halonnesos mit in den Cyclus eingetreten ist, wird sich gewis
rechtfertigen lassen; wenn auch nicht dcmostheniseh, so ist diese Rede
doch ein wichtiges Supplement für das Verständnis andrer Reden und
ein für die Entwicklung des letzten Akts der philippischen Politik
bedeutsames Document, und von doppeltem Interesse, insofern sie uns
einen andren Vertreter der patriotischen Partei kennen lehrt, der,
wenn auch nicht mit gleicher Kunst wie Demoslhenes, so doch mit
gleich groszer Wärme und olcicher sittlicher Entrüstung den Feind
des Vaterlands und die Indolenz der Bürger bekämpft. Welches aber
war der Grund dafür, in eine Sammlung '^ausgewählter' Reden die
'Elickwerke eitler oder gewinnsüchtiger Rhetoren' aufzunehmen, als
welche der Verfasser selbst (S. 49) die zehnte und elfte Rede be-
zeiciinet? Am allerwenigsten hätte man die elende voluminöse Com-
pilalion, die als die vierte philippische Rede gilt, erwartet. Sicherlich
haben die Bearbeitungen dieser Plagiate keinen andern \^'erfh als den,
welchen sie als Repositorien umfangreicher Anmerkungen erhalten ;
eine Leetüre derselben wird gewis kein Schulmann beabsichtigen. In
einem günstigem Licht läszt sich die Einreihung des philippischeri^
Ultimatums auffassen, da dies Aktenstück, dessen Echtheit der Ver-
fasser, wie schon früher Bohne cke, Grote und Winiewski, ohne
Beschränkung annimmt, wärend A. Schäfer (Demosthenes III 2, 113)
es doch nur für eine Beproduction des wesentlichen Inhalts der von
Philipp erhobnen Beschwerden ansielu, unbestritten von hoher Wich-
tigkeit und schon als eine Stimme aus dem feindlichen Lager höchst
interessant ist.
Wenden wir uns nun zu der Bearbeitung selbst, so ist vor allem
anzuerkennen, wie es dem Verfasser selbst nach so vielen voraus-
gehenden Behandlungen der philippischen Reden docli gelungen ist,
etwas ganz selbständiges zu geben; ja es hat sich dem Ref. bei einer
Vergleichung mit den frühem geläufigsten Ausgaben manigfach die
Vermutung aufgedrängt, dasz Rehdantz zuweilen, um ja nicht frühe-
res zu wiederholen, manches, was bei Franke und Westermann
besprochen war, unerklärt gelassen zu haben scheint, auch wo ein
Wink wünschenswerth gewesen wäre; insbesondere kommen die rein
grammatischen Bemerkungen für eine Schulausgabe doch gar zu dürftig
weg, ein Mangel der durch die massenhaften Beispiele nicht beseitigt
wird. Gern glauben wir aber den Worten, die der Verfasser in dem
Vorwort ausspricht, dasz das Buch ein Werk liebevoller iVlühen sei;
Demostlienos, erklärt von Rehdantz, 173
die Fülle des ^ebofeneii Materials ist wahrhaft erstaunlich und in man-
cher Beziehung: mochte man dem Verf. ein i-itjdlv ayctv Kurufen; doch
dnvon nachher.
Eine obgleich zvA'eckmäszig kurze, so doch bei aller Präcision
vollständige Einleitung in die historischen Grundlagen der deuiosthe-
nischen iicden, verbunden mit^einem episodischen Ueherhlick über die
(ieschichte der griechischen Rhetorik und den notwendigsten Andeu-
tungen über die Schicksale der AVerke des Demosthenes, geht dein
Texte voraus. Der Verfasser hat durch die zweckmäszige Anordnung
dieser Prolegomena die Möglichkeit gewonnen, die sachlichen Bemer-
kungen , deren Umfang bei Westermann manchmal die gramma-
tischen und stilistischen zu beeinträchtigen scheint, durch Verweisung-
auf die Paragraphen dieser Einleitung fast gänzlich aus dem Commentar
zu verweisen; einzelne gelegentliche kurze Notizen abgerechnet (z. B.
zu II 19; 1\ il) finden sich solche in gröszerem Umfang nur in der
Erklärung der zwölften Rede (zu §^§ 2. 4. 10. 20). Nach der Arbeit
A.Schäfers auf diesem Gebiete noch v.esenilich neues zu leisten
dürfte schwer sein; auch in der viel discutierten Frage über Demosthe-
nes Geburtsjahr ist Rehdantz Schäfer beigetreten und setzt das-
selbe auf Ol. 99, 1. 384, wie er auch die erste Philippica mit ihm iind
Grote der Anirabe des Dionysios gemäsz , aber im Widerspruch mit
der auch neuerdings noch lebhaft verfochtnen Ansicht Böhneckes,
auf Ol, 107, 1. 351 setzt. Das ganze Resume empfiehlt sich durch ^
Klarheit und geschickte Disposition. Der Abdruck der Biographie des
Demosthenes von Lihanios war nach dieser Einleitung, zumal in einer
Schulausgabe, gewis entbehrlich.
Der Commentar selbst nun kann in gewisser Beziehung als für
die Erklärung demosfhenischer Reden Epoche machend gelten. Noch
kein Erklärer hat es versucht, so wie Rehdantz dem Demosthenes
bis in die innerste Werkstatt seiner Gedanken nachzugehn; daher
denn das überraschende Licht, was durch Hindeulungen auf die jewei-
lige Stimmung des Redners, auf die Betonung und Stellung der ein-
zelnen Worte, auf die vermutlich angebrachten Pausen und Tempo-
wechsel, auf das rythmische Anschwellen und Mattwerden der Sätze
in das Verständnis der Reden gebracht wird; gewis, es ist keine
Phrase, wenn der Verf. in der Vorrede sagt, man müsze mit allen
Kräften der Seele dem Redner nachempfinden, um die Energie seiner
Sprache zu verstehn. Dieser innern Durchdringung der demoslhe-
nischen Werke auch Worte gegeben und andere auf den gefundenen
Weg gewiesen zu haben, das ist das unschätzbare Verdienst der Arbeit
von Rehdantz. Davon wol zu unterscheiden und nach des Ref.
Ueberzeugung mindestens in einer Ausgabe ^für den Schulgebrauch'
nicht unbedingt zu billigen ist die Hervorhebung des äuszerlich rheto-
rischen, welches Rehdantz mit unverkennbarer Vorliebe in den
Vordergrund stellt. Die mit anatomischer Genauigkeit vollzogne Zer-
gliederung der Sätze, die Nachweisung der 'räumlichen Harmonie'
(zu VI 5) zwischen den einzelnen Gliedern, des anlistrophischen,
174 Demosthenes, erklärt von Rehdantz.
chiastisclien Satzbaus u. dgl. wird sich noch entschuldigen lassen;
auch die genaue Erklärung der Gedankenfiguren, wie der Prodiorthosis
(zu IX 3), des Aprosdoketon (zu VII 35), der Hypophora (zu VII 3)
usw., hat für die richtige Auffassung der betreffenden Stellen ihren
Werth ; was aber sollen dem Schüler die umfangreichen Citate aus
den Rhetoren , welche lediglich die Xe^ig and vnoKQtG ig des Redners
secieren und, wie sie selbst den kundigen Leser durch ihre Breite und
häufig auch durch ihre Hohlheit abstoszen, so für den Schüler not-
wendig resultatlos bleiben müszen, schon aus dem einfachen Grunde,
weil er bei der rhetorischen Terminologie mit seinen lexikalischen
Hülfsmilteln in die Enge kommt? Hierin ist unbedingt zuviel gethan;
man vergleiche nur die umfänglichen Anführungen aus Hermogenes,
Minucianus und Quinctilian zu IX 17, die endlose Diatribe des Diony-
sios, die zu IX 26 f. ausgeschrieben ist. Citate aus Longinos, Anaxi-
menes, loannes Siceliota usf. entsprechen dem Zweck und den Be-
dingungen einer Schulausgabe nicht, wenigstens nicht, wenn sie so
zahlreich auftreten wie bei Rehdantz.
Die grammatischen und eigentlich stilistischen Bemerkungen sind,
besonders die erstem, wie schon angedeutet, minder zahlreich, zeich-
nen sich aber durch eine überaus grosze Reichhaltigkeit ihres Inhalts
aus und legen ein Zeugnis ab von den umfassenden Vorstudien, welche
der Arbeit zu Grunde liegen, und von der vollständigen Beherschung
vor allem des demoslhenischen Lesestoffs. Es ist gewis ein nicht hoch
genug anzuschlagender Vorteil des Interpreten, durch Abzahlung aller
betreuenden Stellen den Sprachgebrauch eines Schriftstellers definitiv
normieren und über Zulässigkeiten oder unstatthaftes ein Urteil fällen
zu können, das die Akten schlieszt. Dasz auch hierin für die Zwecke
der Schulausgabe das Zuviel nicht vermieden ist, wird wol Rehdantz
selbst kaum in Abrede stellen; es ist nicht zu leugnen, dasz die Spalt-
seiten seines Commentars zuweilen durch die Ueberfülle von Citalen
Rechentabellen ähneln (vgl. die Anmerkungen zu VII 7. X 7. 38. 57.
59. XI 16. XII 3. 5. 12), doch der Werth dieser excursähnlichen Bemer-
kungen kann wol über diesen äuszerlichen 3Iangel hinwegsehn lassen,
zumal auch die Citate, so weit thunlich und nötig, in der Regel ausge-
schrieben sind. Ein reiches Material mit vielen Nachträgen ist auch in den
Indices niedergelegt, wo besonders die Bearbeitungen der Präpositionen
und einige synonymische Reihen höchst beachtungswerth sind; ein be-
stimmtes Princip jedoch, eine gewisse Kategorie von Anmerkungen,
etwa sämtliche lexikalische, dem index zuzuweisen ist nicht erkennbar;
er enthält auch viele grammatische Ergänzungen zum Commentar. In
zwei am Schlüsse folgenden Excursen werden zahlreiche Beispiele über
die abweichende Stellung der durch Präpositionen eingeführten Attri-
bute, der Adverbien und der Objectscasus, sowie die den Rednern geläu-
figen Schwurformeln und Anrufungen der Götter gegeben; Ref. will aus
seinen früher zu ähnlicher Zusammenstellung gemachten Sammlungen*)
1) Nachträge zu dem Anhange über die abweichende Stellung der
Attribute.
Demostlieiics, erklärt von Rehdantz. 175
ans den Rednern noch eine Anzahl die Vollständigkeit erhöhender Stel-
len beifügen, zumal da auch rücksichtlich des Demosllienes absoluto
A) Das ptcip schlieszt , zwischen Artikel und Substantiv steht das
Object , das Adverb oder die Präposition mit ihrem Casus : Demostb.
XV 33: Tqv vTCo rcöv nooyövcov xä^iv 7taQCid^So[.i£vrjv. XXXVII 20:
toig vcp iz^Qcov .öi-Aui'oig cöQLOuivoig. L ü5: tov vno zcov voficov %q6-
vov (OQiGLisvoj^ LI 13. Pseudodcmosth. LIX 70. LXI 43; vgl. Demosth.
XVIII 111: SV Ttgclyacc ovvTS&fv oipsa&e. Aescb. 111 220: arjusLov tnl
xcöv y.atQwv kchI tov GV[icp8QOvzog dvögog TtoXixsvoiiivov; id. I 93. Lys.
XIll 61: T^s roTf Tiolixsiug yia&iaxatitVTjg. XXXIV 4: iv xccig scp'
Tj^icöv öXiyagxiciig ysysvrj^iBvaig , und vgl. dens. XIV 35. XIII 48 (wo
xfj nöXfi jedoch allenfalls auch zu cä'xiog construiert werden kann).
Isokr. IV 179: xrjv ttbqI TjjMDcg cixL^iiav yeysvrjfisvrjv. Isae. III 50: xoig
SK T^s yvi]aiag %vy<xxQ6g naiGi y^yoröaiv. Deinarch I 30: xov Nlko-
drjacp &civcitov y.uxaoTiBvaa&ivxcx ; ib. §§ 7')# 84 (wo vo^ii^öiiBva aber
zur Xot substautiviscli gefaszt werden kann). 87. II 10. Beabsichtigte
Betonung des vorgeschobnen Begrifl's läszt sich hierbei fast durchgän-
gig nachweisen.
B) Das ptcp , getrennt von seiner Präposition , tritt in die Mitte
zwischen Artikel und Substantiv. Demosth. XIX 174: rryv ygacpBioav
iniGxokriv vn' Bfiov, (XX ÖO: cpsvyovaiv fvsQyexccig di' vnäg.) XXII 49
(wo TtSQi xovrav doch wol zu }iSiu.£voi.g gehört). XXXV 53. XXXXV 81.
Pseudodemosth. XIII 24: xovg dvaxojgovvxag xtav ßagßciQcov cctto Tr;g
rjrxrig. LIX 47. Aesch. III 126: iv xoig xEzay^BvoLg XQovoig vno xcov
TCQoyövcov (aus dem officielleu Stil eines Psephisma). Lys. XII 77: Tut's
BiQTjuh'OLg xQonOLg vn' spiov. Isae. I §§ 12. 22: xbv tl&ovxa. xcov ccq-
10VX03V sni xr]V 'd'VQcev. Deinarch. III 22 : xccig yByevrjiiBvaig ^qxi]0£oi.v
vnsQ xovxcov xcov y^griaüxcav (vergl. den Passus in dem Aktenstück bei
Demosth. XVIIl 181). Hypereid. f. Euxen. p. 15 Z. 6 (Schneidewinj:
■lovg cvy.ocpccvxovjMBVovg xcov nolixcöv vnö xivtav,
C) Das ptcip von seinem nachfolgenden Object getrennt, tritt vor
das Substantiv. Demosth. XXII 37: xrjvö' äcpXiQr]i.iBvr]v xrjv ßov?.r]v xbv
GxBqarov. LVII51: btiI xotg ovoi Smca'wg yovBvGiv Bfiavzco. ib. §56:
xcov ciTtoiprjcptGccuBvcov 'AXliiovglcov i[iov. Pseudodem. XVII 15. LIX 7.
Demosth. prooem. XV 1. XXXXI 3. Aesch. III 217: xovg BLgrjiiBvovg bv
vfiLv Xöyovg sfiavxcß ' id II 155. Lys. XIII 43: xdg yBysvrji-isvag gv^i-
cpoQug xfj tcöXbl. Pseudolys. XX 36. Andok. II 1 : to: yLyvöf-LBva dya&d
xij nölsi. Deinarch I 39: xoug ■nccxBLliqcpÖGi xcov cpvyäScov Orjßag vgl.
ib. § 104: stlrjcpöxa GS x6 xqvglov. Analog ist die Trennung des Ob-
jectsatzes vom regierenden ptcip Demosth. XVIII 254 : xcov oirjQ-svxcov^^
"ElXrjvcüv — dici^Siv, vgl. Aeschin. I 2 : oi sico&öxsg löyoi IsyBG&ai.
D) Collision mehrerer (adverbialer, Präpositions- oder Objects-)Zu-
sätze zum ptcip. Demosth. XVIII 82: oi nccgd xov Klsixdgxov xözs
TigBGßsig ÖBvg' dcpinvovfisvoi. XIX 65: xcov s>ist xo:hc5v vvv ovzcov.
XX 76: xfjg sv E%dGzcp vvv nsgl avzov dö^rig vnagxovcrjg. XXXXV 46:
xovg in' s^andxTj vvv Xöyovg vno xovrov grj&rjGo^svovg. LVII 42:
zco slg ffi£ rj-AovxL •nLvdvvcp vvv. Pseudodem. XXVI 18: xotg i^ca'cpvrjg
jxsz' ogyrjg ndOsatv v^tv GvfininxovGLV. Brief IV 8: zcav xoCg '"'EXXrjGi
y.a-/.cöv GvußBßrjy.dzcov did ^iXinnov. Aesch. III 25: Slk xrjv ngog Ev-
ßovXov ysysvrjUBvrjv niGxiv vfitv. Lykurg g. Leokr. 118: xovg vGtsgov
ngoGavaygacpBvxc(g ngodözag slg xavxrjv x^v GzrjXrjv. Isokr. XVIII 45 :
xovg vno xcov ngoyövcov noXsuiOvg rjuiv y.axaXBicpQ-Bvxag. Deinarch
I 15: täv vno AgndXov KOfiic&svxcov xg'ri^dzo:)V Big xrjv noXiv. Pseu-
doaeschin. Brief V 6: xcov b-asl [loi ^szd aov nctl ^iXi'vov Siuzgißcov
ysvo^svcov.
176 Demosthenes, erklärt von Rehdantz.
Vollständigkeit bei Rehdantz nicht erzielt, vielleicht auch g-ar nicht
beabsichlifft worden ist.
Die von Eehd. mit Beispielen belegte Nachstellung der durch Prä-
positionen eingeführten Attribute oder der Objecte unmittelbar hinter
das ptcip. ist so häufig , dasz Ref. darüber keine Nachträge für nötig
erachtet. — Beispiele aus anderen Schriftstellern übet diese abnormen
Stellungen bei Krüger § 50, 10, 2 und zu Thukyd. I II, 3. Hertleia
zu Xenoph. Anab. IV 3, 23. Xyrop. VI 1, 18.
Nachträge zu dem Anhang über die Schwurformeln und Anrufungen
der Götter bei den attischen Eednern :
Folgende Schwurfonneln fehlen in dem Verzeichnis bei Rehdantz
gänzlich: vi] zovg &sovg Demosth. XXI 2 (kurze Formeln sind selten,
abgesehen von vij zli'a und juä dia), ^ä rovg dsovg Dem. XXV 48. 85.
(6 QfOL (Aesch.) Brief XII 3. TCQog rijg ^A^rivug Deinarch I 45. vri
rqv 'A&rivclv Lykurg, g. Lebkr. 75 (die einzige bei Lyknrg vorkonimende
Anrufung auszer der feierlichen am Anfang der Rede). Pseudodemosth.
XXVI 19. TCQÖg &mv Vkv^nicov Isae.VI 58. Dys. XIII 95. XIX 34. 54
(Lysias gebraucht sonst nirgends Schwurformeln, nicht einmal das so
gewöhnliche vh zJi'a; nur P.sendolys. VI 7. 32. 38 hat fia rov z/m, und
VIII 18: ficc rovg &Eovg). ^ä tovg &aovg rovg 'Olif.i7riovg Aesch. III
182. I.'Jae. VIII 29. vr] rov dta rov 'OXvintiov Dem. XXIV 121. 7t(j6s
^log v.ai Smiiovmv Isae. II 47. lao: rovg &£Ovg xocl zag &8ag Demosth.
XIX 07. (jLCi rov z/ta ■/.cd rov 'JTtoXla Deni.L 13. (ticz rov z/ta Hai
rov 'Anöllco ■Kai rrjv dtjfir/TQa Dem. LH 9. ai yr] ■aal 'qlis ■/.al agary]
Aesch. bei Dem. XVIII 127. ai yry Kai. Q-iol %ai öai^ovsg -Aal av&qm-
Tcoi, Aescli. III 137.
Auszerdem sind zu den belegten Formeln noch nachzutragen: c6 Zsy
Kai -O-aot steht noch Dem. XXXII 23; oj 717 -nal &soi' Dem. XVIII 139.
XIX 287. XXIII 61. XXIV 180. XXXX 5. XXXXV 73. 7TQ6g dibg.-Aal
&i(av Dem. LV 9. 35. LVII 50. 59. nQog ro'v Zliog ■x.al räv allav
Idtav Aesch. III 156. jrpog zli6g Dem. XVIII 256. XX 157. LV 18.
itqbg !&£oh' und ■ngbg rmv ^foJi; Dem. XVIII I'^^O. XXI 48. 172. XXIII
106. XXXIX 37. XXXXI 22. XXXXV 81. vq rov dia -aal rovg &fovg
Dem. XVIII 129. liä r/qv 'A97]vciv (Dem.) prooem. XXXXVI 3. fiä rov
di'a -nal rovg allovg Q'sovg (Aesch.) Brief XI 6. fiä rovg Q'sovg Dem.
XVI 32. XVIII 111. XXI 58. 139. XXIX 57, XXXIX 1. LIV 6. 26. 36.
Isae. XI 36. lia zlia Dem. XXI 25. XXII 33. XXIX 59. XXXV 40.
XXXXI 20. LV 26. Pseududem. XIII 21. Die Formel [la rov z/t« ist
selten, wie Dem. XXIV 125. XXXX 57. vrj röi' zJi'a, was Rehdantz
>ftls gewöhnliche Schwurforrael ansieht, dürfte bei den Rednern nicht
vorkommen; Dem. XXXVII 50, wo selbst neuerdings Bekker den Ar-
tikel noch festhält, fehlt derselbe niclit nur im .■* ugustanus , sondern
nach Dindorf auch im 2 (praef. d. leipziger Ausgabe von 1855 p. L).
Der von Rehd. mit besonderer Sorgfalt besprochene Gebrauch des v^
dia in der Ilypophora und sonst lieszo sich zwar noch durch Aveitere
Beispiele ergänzen, doch würde dies für den Zweck der vorliegenden
Beurteilung doch zu weit führen.
Zu den feierlichen Anrufungen der Götter in den Reuen, besonders
am SchluRZ uud Anfang sind noch hinzuzufügen die Stellen Aesch. I 116.
II 180. Hypereid. f. Lvkoplir. p. 21 Z. 12 (Sehneidew.). Dem. XX 25,
besonders Pseudodem. XXV 97; auch in der Prooemicnsammlung hinter
Demosthenes findet sie sich empfohlen XXV 4. XXXI 2.
Alle mit TtQog beginnenden Schwurformeln stehen nur im interroga-
tiven oder imperativ ischen Satze; fia kommt bei den Eednern fast durch-
weg in negativen Wendungen vor (alleinige dem Ref. bekannte Ausnah-
Demosthenes, erklärt von Rehdantx. 177
Aber freilich ein groszer Ueb^Istand dieser schätzbaren Collecla-
neen kann nicht unerwähnt bleiben; die vielen falschen Citale nehmen
doch dem reichen Inhalt einen Teil seines Werthes. Ueberhaupt ist
die fypogra|)hische Form, abgesehn von der Sauberkeit des Drucks
und der Ausstattung, nicht ganz mit der gewöhnlichen Teu bn ersehen
Accuralesse gegeben; unzählige falsche oder ganz fehlende Accente,
Buchstabenverlauschungen, ja Versetzungen ganzer Zeilen (so ist S. 98
in der Aiim. zu § 2 die Zeile ^tovxi — 9, 23' vom Anfang des Com-
menlars der folgenden Zeile hereingeworfen) können nicht ganz allein
als Sünden des Setzers gelten, sondern miiszen auch dem Mangel einer
sorgfältigen Correctur zugeschrieben werden. Unerträglicher als diese
vom Leser leicht zu beseitigenden Verstosze sind nun aber eben die
nicht zutrelTenden Citate; dasz darin der Verfasser nicht ganz schuld-
frei zu sprechen ist, zeigen Bemerkungen wie die zu IX 42, wo die
über den Arlhmios Auskunft gebende Stelle ganz ohne Angabe der
Quelle (Plut. Themist. 6) gelassen ist, zu IX 30, wo citiert wird 'Aesch.
3, 3: ulk ovv TtQoßalXexal yi ri tcqo rrjg £t^i;vj/g', wärend es heiszen
musz : Aesch. III 11: orAA' ovv TtQoß. ys xi txqo xijg aiG'ivvijq. Bei der
nähern Besprechung einer der bearbeiteten Reden, die Ref. weiter
unten geben will, wird sich Gelegenheit finden, noch einige Belege
dieser Unachtsamkeit hervorzuheben; als schlagender Beweis mögen
die sämtlichen falschen Citate aus Krügers Grammatik und die in
den beiden Excursen vorkommenden errata unter dem Text ihren
Platz finden.^)
men Isae. III 25. 39. 49: val [la ^lia). Consequent vermeidet diese
Formeln Isokrates in den gerichtlichen wie epideiktischen Eeden, An-
dokides (nur in der verdächtigen Eede III 15 steht einmal vi} dia in
d_er Hypophora), fast gänzlich Lysias (siehe oben), Antiphon (nur VI 40:
cä Tjiv v.a.1 %^oi TTÜvtsg, auch von Kehd. angeführt), Ilypereides; spar-
sam damit ist Isaeos , Lykurg (siehe oben), sehr freigebig Aeschines und
Deinarcli, keiner aber mehr als Demosthenes.
2) p. 68 zu § 10 lies § 69, 7, 3 statt 69, 17, 3.
„ 68 „ „ 10 „ „ 47, 6, 11 „ 47, 6, 4.
„ 72 „ „ 16 „ „ 56, 12, 4 „ 56, 12, 7.
„ 75 „ „ 22 „ „ 54, 6, 4 „ 54, 5, 4.
„ 82 „ „ 4 „ „ 49, 6, 2 „ 49, 2, 6.
„ 84 „ „ 8 „ „ 47, 10, 3 „ 47, 10, 4.
„ 129 „ „ 21 „ „ 50, 11, 12 „ 50, 11, 3.
{;„ IjT „ „ 45 „ „ 46, 10 „ 46, 4.
„ 143 „ „ 50 „ „ 53, 9, 1 „ 59, 9, 3.
„ 163 „• ,, 10 ist das Citat § 56, 8, 11 unverständlich.
„ 165 „ „ 12 lies § 62, 4, 2 statt 63, 4, 2.
„ 194 „ „ 32 „ „ 61, 5, 7 „ 61, 6, 7.
„ 194 „ „ 33 „ „ 62, 1, 3 „ 62, 2, 3.
„ 204 „ „ 8 würde das Citat § 61, 7, 1 passender sein als §
„ 239 „ „ 1 lies § 54, 6, 6 statt 64, 6, 6. [57, 3, 7.
„• 250 „ „ 23 „ „ 65, 6, 5 „ 55, 6, 5.
„ 262 „ „ 44 „ „ 48, 3, 8 „ 48, 4, 8.
„ 273 „ „ 67 „ ,. 46, 4, 2 „ 46, 2, 2.
„ 287 „ „ 12 „ „ 51, 11, 2 „ 51, 10.
N. Jahrb. f. Phil, u. Päd. II. Abt. IbCl, Hft 4. 12
178 DemosUienes, erklärt von Rehdantz.
Die erste Frage, die eine neue Ausgabe des Demosthenes seit
Immanuel Bekker hervorruft, ist die nach der Stellung des Ver-
fassers zum Pariser codex ^. Rehdantz nimmt dieser Handschrift
gegenüber eine reservierlere Stellung ein als die Züricher , Vö mel,
Bekker in der zweiten Ausgabe, Westermann usw.; er hat in
den gehaltvollen Abhandlungen über '^ demosthenische Litteratur in
Bezug auf die Kritik' in den Jahrbüchern für Philol. u. Päd. (Bd 75
und 77) sein Glaubensbekenntnis darüber ausgesprochen: Mch glaube
die demosfhenische Kritik musz S zu Grunde legen, aber sie kann und
musz nicht selten über ihn hinausgehn' (Bd 77 Heft 8 S. 568). Ohne
daher sich D i n dorfs zweideutiger Haltung aiizuschlieszen, tritt Reh-
dantz nicht selten den Lesarten des pr. S gegenüber, wie Ref. dies
unten an der Behandlung der zweiten olynlhischen Rede näher nach-
weisen wird; er hat auch in der viel discufierten Interpolationsfrage
rücksichllich der dritten Philippica sich für Beibehaltung der in pr. 21
fehlenden, aber allerdings schon im 12n Jahrhundert am Rande mit
der Bemerkung tn'ixtL to loinov h%c3&sv nachgetragnen Passus, ins-
besondere der umfänglichen Partien nach § 5, in §§ 32. 41 (jedoch
diese eingeklammert), 46 und 71 (eingeklammert) entschieden, da-
gegen den Zusatz der Handschriften und der margo des 2^ in § 65 weg-
gelassen; die Gründe für diese Entscheidung sind von ihm a. a. 0.
S. 568 ff. ausführlicher erörtert. Ref. möchte kaum bezweifeln, dasz
der Verf. zu andern Resultaten gekommen sein würde, wenn er schon
die inzwischen von Ferdinand Schultz publicierte Abhandlung de
codicibus quibusdam Demosthenicis ad orationem Philippicam tertiam
nondum adhibitis (Programm des Friedrich-Gymnasiums zu Berlin 1860)
gekannt hätte. Was bisher doch nur Vermutung war, dasz ncmlich 2
allein von allen bekannten Manuscripten die ciQ%cda eKÖoaig repräsen-
tiere, ist durch die Vergleichung der bisher noch unbenutzten Floren-
tiner Handschrift aus dem 13n Jahrhundert, die ohne aus 2 geflossen
p. 303 zu § 51 lies § 65, 6, 5 statt 65, 6, 7(so wenigstensist
,, 319 ,, „ 11 ,, ,, 43, 3, 0 ,, 43, 3,3. [zu vermuten),
„ 3G5 unter dea „ ,, 47, 16, 2 ,, 47, 16.
Es versteht sich, da,sz diesen Berichtigungen die Vergleichung derselben
(der dritten) Au.«gabe der Krügersclien Grammatik zu Grunde liegt,
welche Rehd. benutzt hat. Aus den beiden Excursen lieben wir hervor:
Anhang I p. 3s6 Z. 10 v. u. lies 7, 1« statt 7, 10; p. 386 Z, 2 v. u. lies
Dein. 1, 110 st. 1, 109. Anhang II p. 387 Z. 23 v. o. lies Isae. 0, 61
st. 6, 51; p. 387 Z. 25 v. o. triift das Citat nicht, steht vielmehr ganz
richtig p. 389 Z. 8 v. o.; p. 387 Z. 24 v. n. lies 18, 208 st. 18, 206;
p. 389 Z. 6 V. o. lies Antiph. 6, 40 st. 6, 90; p. 389- Z. 10 v. o. lies
Deinarch 1, 7 st. I, 17; p. 389 Z. 4 v. u. ist Aesch. 1, 87 zu streichen,
denn es steht dort nicht cpägs Sr] TtQog rov jdioq, sondern cp. Ö. n. t.
A. ■v.al t(av &tcov; p. 389 Z. 3 v. u. ist das schon Zeile 8 an riclitiger
Stelle angeführte Citat 23, 24 zu tilgen. Von sonstigen Irtüineru kann
•Ref. für den Augenblick noch berichtigen: p. 126 zu § 16 Z. 2 v. u. lies
Dem. 15, 16 st. 15, 0; p. 193 zu § 32 Z. 10 v. o. lies 2, 24 statt 2, 6;
p. 269 zu § 59 Z. 10 v. o. lies 6, 31 st, 31, 6; p. 277 zu § 74 Z. 2
V. o. lies 40, 54 st. 40, 45; p. 321 zu § 16 Z. 17 v.u. lies Protag. 339E
St. 339 A; p, 377 unter na^d Z. 14 v. u. lies 2, 22 st. 2, 5.
Demoslhenes, erklärt von Relidantz. 179
7.11 sein, doch bei weitem in den meisten Punkten mit ihm überein-
stimmt (^iiiirum in modiim cum Parisiensi congruit, mullum tarnen
tibest, quin ex illo exscriptus videatur' p. 4), zur Gewisheit erhoben
worden; dasz die im pr. 2^ ausgeschiednen Stellen der dritten Philip-
pica nicht, wie llehdantz glaubt, auf Schreibversebn beruhen, dasz
überhaupt die im 2 vorliegende Recension nicht eine willkürliche,
sondern eine oder vielmehr die berechtigte sei und die Werke des
Redners in echter Fassung wiedergebe, diese zuerst von den Zürichern
mit kühnem Durchgreifen befolgte Annahme ist nun wol als Siegerin
aus dem Streite, der seit mehr als drei Decennien die Kritiker be-
wegte, hervorgegangen, und selbst Cobet wird sich zum Rückzüge
entschlieszen müszen. Mögen nur bald die Schatze dieser Handschrift
vollständig mitgeteilt werden! Ucbrigens sind bei Rehdantz die
kritischen Anmerkungen, gemäsz den Zwecken der Schulausgabe, be-
schränkt auf die Angabe der beachtenswerthesten Varianten, vollstän-
dig nur die Abweichungen aus 2 mit sorgfältiger Benutzung der
Collationen Dübners und Vom eis angeführt.
Indem Ref. sich jetzt der eingehenderen Besprechung der Be-
handlung einer Rede, der zweiten olynthischen, zuwendet, schickt er
voraus, dasz er seinerseits sich entschieden zu den ßekennern der im
S vorliegenden Recension hält und dasz er von diesem Gesichtspunkte
aus die Betrachtung anstellen, demnach wo nicht dringende Gegen-
gründe vorliegen, die Lesart des 2 zu vertheidigen suchen wird.
Gleich zu § 1 freilich stimmt Ref. dem Herausgeber bei, wenn er
von allen seinen Vorgängern abweichend gegen 2 nach den andern
Manuscripten 7tohj.i-}]6avtag für TtolE^'ijöOvtag hergestellt hat; denn
die Erhebung der Olynthier ist ja nicht mehr in die Zukunft fallende
Eventualität, sondern längst ein Factum, das schon in der ersten Rede
(§§ 5. 7) als thalsächlich bezeichnet wird; ob aber noX. oder aeKX}]-
(levovg und e'iovzag prädicativ stehe, welches letzlere jetzt West er-
mann in der 3n Ausgabe annimmt, ist definitiv nicht zu entscheiden.
Warum aber soll § 2 avtovg, wie im kritischen Anhang als möglich
angedeutet ist, eine Interpolation sein, da es, von Rehdantz selbst
ganz richtig erklärt, den von Schäfer und selbst noch von Bekker
in der neuen Ausgabe verkannten Gegensatz des selbsllhätigen Han-
delns der Athener gegenüber dem wolwollenden Entgegenkommen
der Götter andeutet: Svir müszen nun selbst zusehn, dasz.' Das-
selbe gilt von dem dvat, vor öo'^o^ev § 2, was Rehdantz auch für
möglicherweise interpoliert hält, warum ist gar nicht abzusehn; denn
das Praedicat bei öoxetv wird sogar häufiger durch eivai, vermittelt
(Krüger § 55, 4, 4); vgl. beispielsweise Demosth. XXI 134. 135. 194.
218. XXXXIII 4. Prooem. XIII 1. XXIV 2. Lys. XIX 14. Xen. An.
IV 4, 10.
Ebenso wenig wie alle übrigen Herausgeber hat Rehdantz das
durch alle Handschriften, zwei unbedeutende ausgenommen, verbürgte
07to3g — doi,03uev § 2 aufzunehmen gewagt. Die Frage, ob nachBegriffen
wie 6K0Ttsiv, itQcixxciv ^ E7ti(i.sX£i6&ai und ähnlichen die Intention aus-
12* ■
180 Demoslhenes, erklärt von Rehdantz.
drückenden Verbis oncog mit einem obliquen Modus folgen dürfe, kann
bier nicht füglich erörtert werden; nur darauf wagt Ref., selbst dem
allgemeinen Conseiisus der Herausgeber gegenüber, aufmerksam zu
machen, dasz es nicht an Stellen fehlt, wo an eine handschriflliche
Verwechselung des Futurs und Coni. Aoristi nicht zu denken ist.
Demoslh. XXIV 107 conslruiert TtaQuöKcva^eiv mit dem Coni. (oiicog
rcov vo^i.'^o[iivcov xv%03<si) ^ wiewol er es §§ 106. 1J3. 115 wie her-
kömmlich mit dem Futur verbindet; bei Xen. Anab. III 1, 38: d ini-
l.isXij&sitjTS OTicog — 6T.Qaxi]yol avTizavaaTad-dxjLv ist die Lesart un-
antastbar (vgl. Krüger zu I 8, 13). Aesch. lil 6i wechselt hinter
iTtQazTcto oTicog der Conj, im ersten Gliede (oTtcog (xr] nEQi^iEivi]Te} mit
dem Futur im zweiten und dritten, ohnß dasz man daran Anstosz ge-
nommen hat. Pseudodemoslh. Brief II 9 (BeUker) : OJtcog allrjlcov v^ieig
7CcQLyiv}]ß&e 6'KOTtoiv, und V 5: tiquits ovrcog OTtag — 6TEQi]d'co(jLEv
ist eine Vertauschung mindestens nicht leicht zu nennen. Lys. XIII 93
hat Rauchenstein auch in der 3n Ausg. noch und ebenso Scheibe
und Westermann iv'&vf.isiad's oitcog fir] EQyov ö'/^siliojxaTOv SQyd-
a}}öd-s gegen Baiters i^yaoeßde festgehaüen. Auch in dem Vorkom-
men des Optativs hinter diesem ursprünglich fragenden ortag, zunächst
W'ol nach historischen Temporibus (vg;\. Isae. VI 35. Isokr. XXI 13.
Isae. I 18 wird bei Schömann guvtcslv^ OTTcog — anoGr£Qt]aet.£ nach den
Handschriften gelesen, wärend in der Züricher Ausgabe das Fut. cor-
rigiert ist; vgl. Krüger § 54, 8, 6), liegt ein Fingerzeig für die Zu-
lässigkeit des obliquen Verhältnisses, welche auch Matlhiae § 518, 7.
Rost § 122, 10''. Baumlein Modi S. 192 zugestehn und belegen. Da
nun fast überall, wo diese Construciion sich findet, die Manuscripte
mehr oder minder schwanken (auch Dem. 1X51. 56 gibt 2 den Con-
junctiv : %ivri6)]xcii, — öovltvöaGLv^ an beiden Orten auch von andern
Handschriflen unterstützt; Aesch. II 130 hat erst JJekker gegen alle
Handschriften etcloxfjttj/Gij ins Futur verwandelt), so wird die Conse-
quenz, mit der BekUer die von Dawes aufgestellte Regel über die
Construction des Zn(og fii] auch auf OTtag ausgedehnt hat (vgl. Schäfer
App. crit. I p. 277), nicht für unbedenklich gelten können, wie auch
der Dawessche Canon selbst, dasz höchstens der Conj. aor. primi
pass. und der des zweiten Aorists aller genera verbi zulässig sei, un-
haltbar erscheint, zumal die Beweglichkeit der griechischen Modi im
voraus eine solche Beschränkung ganz unwahrscheinlich macht.
Am Schlüsse desselben Paragraphen scheint die Umstellung av
nolccov %cd xoTtQov für it.. ',co:l x. (hv kaum nötig; Rehdantz hat sie
dem xav Gvn^iä'icov zuliebe hergestellt, weil sich sonst die Ueber-
tragung der Allraciion auf diesen letzlern Genetiv nicht denken lasse.
Freilich xtov ovn^. mit Franke und Westermann von itQoUa&UL
(nach Analogie des Gen. bei iiid-uGi^aL) abhängig zu machen, ist noch
weniger ralbsam, da der constanfe Gebrauch AQSTtQoUö&ai den Accus,
fordert. Vielmehr glaubt Ref. dasz die Lesart noXsav xal xotccov cov,
die alle frühern Herausgeber auszcr Pauly festhalten, sich ver-
theidigen läszt; die Genetive Tiolacov kkI xonatv erklären sich durch
Demostlieiies, erklärt von Rehdantz. ISl
die altraclio inversa (Krüger § 51,10,9) und diese übertriiü:t sich
parallel aiicli auf das zweite Glied: tcüv övi-i^iaycov kccI natQcav.^ \voI)ei
ja der Gedanke vorschwebt: cov vvv kvqioc eGf-iEV, mindestens ist niclit
einziiselin, warum diese Altraction niclit ebenso gut anfs zweite Glied
fortwirken könne, wie die von Hehdantz gewiiblle Form derselben.
Dasz aber TCQoUiUvovg als substantivisch gewordnes Parlicip (solioii
Ueiske erklärte es durch n^oirag) den Gen. zu sieb nehmen könne,
wie auch Schäfer vermutete, ist ohne Belege analoger Art nicht
füglich anzunelimen , und die von Uehdantz dafür geltend gemachte
Regel Krügers (§ 4T, 10) spricbt eher dagegen, da 7TQoie(xevog
doch nicht zu den völlig substantivierten Participien wie ccqywv^
7iQoat']KOvreg u. dgl. gezählt werden kann.
Warum § 3 liinter (pikorifiiav das riva beibehalten ist, kann Ref.
nicht durchschauen, zumal es auch in den Handschriften, die es bie-
ten, gar nicht an dieser Stelle, sondern vor eyeLv steht und ganz ent-
behrlich ist; im kritischen Apparat hat Rehdantz nicht angemerkt,
dasz es im pr. 2 fehlt; vgl. Demosth. XX 69: sGii rovro ro yga^^ia
i-KSLvcp (piXoruda TCQog v^iag avxovg. In § 4 ist avTov wol nur Druck-
fehler statt ccvxov ■, denn die Redensart ttot^ avxov ^ naq avrcov 'von
sich aus' ist constant.^) Das rovxcov vor of%i in demselben Para-
graphen, welches nach pr. 2^ bei Westermann, Bekker (2e Ausg.)
u. a. fehlt, ist nicht nur entbelnlich , wenn auch ein solches resümie-
rendes ovxog gern den Nachsalz des Relativsatzes einleitet, sondern
auch schwierig zu construieren, weshalb schon die Abschreiber in F
und T noch durch ein vnsQ nachzuhelfen suchten. In § 5 hat Reh-
dantz gegen -T das xov vor xovg vjceQS-jiTt. stehen gelassen-, weil, wie
er zu V 1 darüber bemerkt, der förmliche Stil des Prooeiiiiums ein
solches Sichgehenlassen nicht gestatte; man sieht dieser Grund ist
sehr subjectiv, und da der Artikel bei der Verbindung durch re — nai
auch anderwärts an zweiler Stelle fehlt (z. B. Demosth. XXIV 8), so-
gar bei verschiedner Form (Isae. VIII 37. Tluikyd. I ü4) und ebenso
bei dem nicht minder scharf auseinanderhaltenden Kai — y.ai. (Lykurg,
g. Leokr. 90), so stimmt Ref. Westermann bei, wenn er das ro-i;
für entbehrlich erklärt. Beiläufig bemerkt ist doch auch die Weg-
lassung des Artikels hinter alla %cd, die Rehdantz zu V 1 ver-
wirft, nicht schlechthin wegen der gröszern Selbständigkeit dieses
Satzgliedes als unmöglich zu betrachten; denn cc IIa fx/j^ hinter dem
z. B. Demosth. XVIII 176 der Artikel fehlt, macht doch schon durch
den Gegensatz das Glied nicht weniger selbständig.
Groszes Bedenken findet Reh da n tz in dem kulqov § 8, weil die
betonte Stellung des Wortes sich nicht erklären lasse; er vermutet
•nccLQov oder (im kritischen Apparat) y.aiga 'zu rechter Zeit, d. h. in
dem Augenblick, wo die Olyntliier Athen ein Bündnis angetragen haben.'
3) Vgl. Demosth. IX 14 (ans seiner Tasche). XXI 2J2. XXVII 63
("■aus eigenen Mitteln'). Lys. XXXI 10 (ebenso). _ Isokr. IX 20. XII 18
('ans eigner Erfindung'). Analog naga cqpwv avtaiv D«in. XXVII 69.
ticq' ifiavTOv Isae. VIII 39. naQ' 7jf.icöv avrojv Isokr. XVIII 60.
l82 Demosthenes, erklärt von Rehdanlz.
Diese letztere Beziehung ohne alle Andeutung herauszuhören ist an
sich sehr schwer, und jeder Grund zur Aenderung fallt weg, wenn man
das emphatische Vorausstellen des Wortes erklaren kann. Dies aher
scheint möglich; Demosthenes betont rMiQOv absichtlich, indem er
wie so oft (vgl. z. B. I 24. III 7) die in den Verlegenheiten des Phi-
lippos sich bielende günstige Gelegenheit der bisherigen Thatenlosig-
keit der Athener gegenüber hervorhebt: ^die (ungünstige) Lage Phi-
lipps ist so weit gediehn' (also die auszeren Umstände haben sicli für
euch günstig gestaltet); daran knüpft er nach Beseitigung des Ein-
wurfs § 9 sofort § 11 die Conseqiienz : thut ihr nun das eure, sie zu
benutzen. — Dasz das 7] hinter öei,t,ccro} entbehrlich ist gibt Rehdantz
selbst zu, ohne dasz jedoch in diesem Falle, wie er glaubt, ravra not-
wendig auf das folgende bezogen werden und als durch das sich an-
schlieszende t/ — -f^ speciliciert angesehn werden müste; warum soll
nicht auch schon das erste Glied (cog ovk aXii^i] ravr iyco Xiyco^ den
beiden folgenden parallel stehn , da doch das Disjunctivverhällnis nicht
schon beim ersten angedeutet werden musz? Im Gegenteil wäre es
sonderbar, wenn Demosthenes den Beweis der Wahrheit blos für die
beiden letzten Punkte, das Mislrauen der von Philipp belrognen und
die Freiheitsliebe der Thessaler, antreten wollte, da er ja im voraus-
gehenden noch mehr Gründe für das Wanken der philippischen Macht
erörtert hat und die Worte cog — Isyco^ denen dann beispielsweise ein
paar Einzelpunkte beigefügt werden, eben die Wahrheit aller Behaup-
tungen in Bausch und Bogen garantieren sollen.
Die Bemerkung über av tv%rj § 10 enthält einen .Widerspruch
zu dem zu I 3 und IX 54 angedeuteten; denn wärend an diesen Stellen
xvy%ävcLv durch das aus dem vorhergehenden zu supplierende Parlicip
vervollständigt wird, stellt Rehdantz an der vorliegenden Stelle die
Notwendigkeit eines solchen Supplements in Abrede, da die Lebendig-
keit der Sprache dasselbe nicht fordre. Der unterzeichnete seinerseits
möchte der Auffassung beistimmen, dasz, wo es vermeidlich, ein Parli-
cip zu ergänzen nicht notwendig ist; in den meisten Fällen freilich gibt
sich die Wendung als eine persönliche zu erkennen und gestattet zwang-
los die Supplierung des Parlicips wie oxuv zv^co^ o xt av rvicoöi, o xi
av xvxrj snaarog u. dgl. (Rehdantz zu Dem. IV 46. Schneider zu Isokr.
VII 29. Sauppe zu Plat. Protag. 353"), doch auszuschlieszen ist der un-
persönliche absolute Gebrauch nicht; vgl. Aesch. III 42: si ovxco xv^oi,
wo das ovxo) die Supplierung eines Particips nicht gestattet, ebenso
(üemosth.) Brief III 37: av ovvco xv'/,]]- LVIII 41: xäv omog ixv%£
Xeyovxav. LXl 55: ovk inl 6ol voftt^co ysutjöcG&aL ^rjv cog £'xv%ev.
Vgl. Plat. Kratyl. 439 ''; dafür spricht auch der nicht seltne absolute
Gebrauch des Neutr, partic. xvy^ov Svenn sich's trilTt.''*)
4) Demosth. XVIII 221; XXXIX 15; LIV 42. Pseudodem. XXV 88.
prooem. XXVIII 3. Aesch. III 10. Pseudoaesch. ]3rief VII 1. Isokr.
III 47. VIII 120. XcQ. Anab. V 9, 30. Arrian. Anab. I 10, 6: rvxuv
fisv — xv%6v dL Anderes bei Lothholz zu Basilios de legendis librig
geutil. p. 67.
Dcmostlieiies, erklärt von Hclidanlz. 183
In § 13 ist die ursprüngliche Lesart des ^ ag TtQOGr'jKei aal det
der von üiiidorf und Helidantz vorgezognen allerdings angeblicli
von gleiclier Hand bewirkten Correclur xal örj v\ol aus dem Grunde
vorzuzichn , weil doch die im folgenden ausgesproclineu Wirkungen
des Auftretens der Athener nicht notwendig an ein sofortiges {xal öij)
Eingreifen derselben gebunden sind, sondern auch später noch ein-
treten können, wenn nur die Athener sich energisch zeigen wollen.
Sehr richtig deutet Kehdantz selbst an, dasz 7r^0(J?^Ka das durch die
Ehre, öst das durch die Lage der Dinge im eignen Interesse gebotne
andeute, und das letztere ist demnach als das praktisch wirkungs-
vollere durchaus nicht überflüssig; ähnlich Demoslh. XVIII 17: k'ßri
6 apayKaioi' Kai TtQoafJKov l'scog. vgl. Pseudodemosth. XXV 1-i, und
den Unterschied macht recht klar XVIII 72: el e'öet riva rovrcou stoj-
iivrtjv (painjvai, tlva dkXov t] xov 'A&vjvaLCOv örjfiov ngoöijKS yeveod'ai.
■ — Sehr erwünscht ist es dasz § 14 das eV TCQOö&rJKrj in der Bedeutung
'als Zugabe', wenn aucli nicht aus d'er klassischen Graecität, nachge-
wiesen (Index unter iv) und die Lesart des 21 iv [xhu ngoa&ijui] fieQig
in ihr bis auf die jüngste Zeit streitig- gemachtes Recht eingesetzt
worden ist. Dagegen kann Ref. nicht billigen, dasz Uehdanlz durch
Setzung eines Kolon hinter 'OXvv&LOi.g (letzteres dann abhängig von
VTttjQ'^s) die Worte zq)Civ)] Vt xovxo 6vi>ai.i(p6tE^ov als selbständigen
Satz hinstellt, wodurch die Aufzählung der Beispiele für die Bedeut-
samkeit der makedonischen Macht in ihrer Rolle als Zugabe in be-
fremdlicher Weise unterbrochen wird; es ist ein Grund dafür auch
nicht zu erkennen, wenn man, wie Rehdantz selbst, tovro Gwu^Kpo-
rsQov mir auf die makedonische Macht bezieht und übersetzt: 'dies in
seiner Vereinigung mit anderen' ; bezieht man freilich Towro, wie Wolf
und Franke, zugleich auf die olynlhische und makedonische Macht
('dies beides zusammen'), so kann roi^ro, auf Olvv&ioig mitbezogen,
nicht füglich in demselben Satzgliede mit ^OXvvd-loig stehn, und dann
allerdings würde sich eine Interpunction nach 'Okvv&iotg nötig machen.
Die gewissermaszen stoszweise und daher asyndetisch erfolgende Auf-
zählung der Beispiele wird durch das di hinter vvvl, was Rehdantz
und so auch Din dor f und Bekker gegen pr. 2 beibehalten, in ihrem
Charakter unterbrochen; gerade in solchen eine vorausgehende allge-
meinere Sentenz begründenden Satzreihen ist das Asyndeton nicht un-
gewöhnlich und nachdrücklicher, wie Demosth. XXXIX 35. LVI 45.
Aesch. II 164. Das die Reihe schlieszende nal vor OTroi, welches mit
einem allgemeinen Gedanken den Abschlusz macht ('und überhaupt'),
fehlt ebenfalls in Z und dürfte auch entbehrlich sein; denn wie eine
Reihe von ähnlichen Einzelbegriffen durch ein asyndetisch angefügtes
Ta roiavra, Ttavza, rakXa u. dgl. abgeschlossen wird, so wird auch die
Satzreihe durch einen unverbunden angefügten das vorige zusammen-
fassenden Gedanken beendet; vgl. Demosth. XXIII 17b: oqüxbx^v novr]-
qiav %al rr/v ccTiißriav, (og avco %al Katco. ro TtQcoxov ■r]8i%Ei Krjcpiöo-
öoxoV Ttaliv A&rjvoöaQOV iitavGato' av&ig rjÖLnei XaßQiaV iiccliv
ajAoloyei Xa^tjTt" navr^ ävco aal nccxco TteTtohyKS.
184 Demoslhenes, erklärt von Rehdantz.
Das Citat zu § 17 Ttms i%ov6i 0iki7tnco ^zu 10, 12' scheint auf
einem Verselm zu beruhn, denn was an der angezognon Steile über
s%civ und seine Construction mit dem Infin. gesagt ist, hat gar keinen
Bezug auf die vorliegende; Ref. würde glauben, es sei irrig aus dem
Schlusz des Commentars zum vorhergehenden Paragraphen wiederholt,
wenn nicht dasselbe rätselhafte Cilat zu III 8 wiederkehrte, wo eben-
falls k'%£tv XLvi 'sich gegen jemand verhalten' steht; der Verfasser von
XI 10 erklärt es durch §LC(y.£ia%uL nqöq; ohne adverbialen Zusatz (der
hier durch %ag vertreten ist) kommt es in dieser Bedeutung wol nur
selten vor. — An dem uv in § 18 stöszt Rehdantz wol mit Unrecht
an; es fügt eine neue Eigenschaft des Philippos hinzu zu dem § 15 f.
gesagten , woraus die Hörer schlieszen können , dasz er nicht einmal
bei seiner nächsten Umgebung, geschweige denn beim makedonischen
Volke beliebt sei: 'denn zu allem anderem sei auch wieder sein
Ehrgeiz nicht zu überwinden.' Es ist ein noch nicht hinlänglich ins
Licht gesetzter Gebrauch des «u (auch avQ-iq und avze)^ kraft dessen
es nicht die Wiederholung, sondern das Hinzutreten neuer Momente
bezeichnet, 'auch wieder, auch noch'^); vgl. zu unsrer Sielle die
Schilderung bei Plut, Alkib. 16: fV roLovxoig TtolLTSvixaGL Kai loyoig
v.ctX (pQOvr}i.iari v,a.l ösLvorijrt 710IX71V av naXiv xi]v tQvcpyjv tijg §icä-
xt]g Y.xX. Xen. Anab. II 6, 7: ovxoa (lev q}tXo7ioX£[.iog rjV 7cole1.11.Kog öa
UV nxvx')] idonei dvai^ oxi axI. Demosth. XXVIl 11 bei Angabe eines
neuen Generalpostens in der Vermögensschätzung: ymI xovxtav av tc5v
y^Q7][i<xx(ov xo KSwaXaiov xtA. , vgl. Antiph. V 10 und das ei yaQ av
bei der Vorbringung neuer Eventualitäten Demosth. XIX 221. XXIV 68.
Dasz es hinter yaQ nicht bedenklich ist, wie Rehdantz meint, zeigen
Stellen wie die äuszerlich ähnlich gebildete Demosth. XXI 110: xovrl
yag av f.it%Qov naQtjX&i fts sItvclv, vgl. Xen. An. III 2, 27, 'ganz abge-
sehn von der gewöhnlichen Formel y.al yaQ av xovxo. Die Bezeich-
nung der Person, die Rehdantz durch seinen Aenderungs Vorschlag
avxov herstellen will und deren scheinbare Notwendigkeit sogar Din-
dorf veranlaszte aus den untergeordneten Handschriften ein xcovÖQog
einzusetzen , ist nicht erforderlich , und ebenso wenig musz man mit
Westermann avvTtSQßX^ixov auf Philipp beziehn und xi]v cpiXori-
liiav zum Accusativ der Relation machen. Wie leicht die Griechen den
Genetiv des determinierenden Pronomens ergänzten, beweisen Stellen
5) av in dieser Geltung entspricht oft unserem neues , entgegenge-
setztes einfübreuden 'andrerseits'; daher ist es beim Eintritt neuer Perso-
nen durch 'meiner-, deiner-, ihrerseits' u. dgl. zu übersetzen (vgl. z. B.
Dem. XXVII 13. Xen. Kyrop. I 4, 23. Aristoph, Vö. 1087. Soph. Antig.
725); in Satzgliedern, die durch iibv — de- entgegengestellt sind, wird
es dem zweiten eingefügt (Dem. XX 12-3; XXIX 3.'i. Xen. Kyrop. VIII
1, 13), in correlativen Disjiinctivsätzen ebenso (Dem. XXIII 62; XXVII
49. Isae. XI 28. 34. Antiph. V 22. VI 5, vgl. V 76), bei der Fort-
setzung der Rede durch ovSi (Demosth. XXIII 155. XXV 18 oväs yag av.
XXXXIX 37. Pseudolys. VIII 7. Isae. VII 35), besonders gern wird es,
wenn zwei correspondierende Condicionalsätze a,uf einander folgen, hin-
ter st di gesetzt, wie Dem. XXIII 23. XXVII 21. 22. XXXXIX 56.
üemoslhenes, erklärt von Helidanlz. 185
wie Demosth. XIX lOii avayr.r] xovg koyovg Al6-iiv)]v duciv i] SiaQgrj-
di]V axovöavva 0ikt7tnov vtcoGxoiisvov — • •?/ yoiixEv&ivxa xal cpevcc-
möQ'EVTCi ri] Ttegl takXa (piXav^Qanicc. XXVI i 22 ft ri, öei xen^ai-
QEG&ai TtQog xov aXlov (avxoi'^ was bei D i n d o r f steht, felilt im pr. 2^)
TQOTtov xcft Ti]v civaLÖ£ica>. LVI 19 oio,uo;i vj^idg &civf.ia^sn' TtaXat xt]v
Tol^civ (^avxov stellt nur in mg. Z) und vgl. noch XXIll 178. XXXXV
69. XXXXVU 31. 78. Aristoph. Hi. 390 (KocU). Ueher die Beziehung
der Eigenschaft auf die belrelTende Person liiszt ja der Zusammenhang
nirgends Zweifel.
Zu § 22 triirt das Citat ^acpoQiicig dg — &mv svvoiav \ zu 11, 3'
nicht. In dem xovvavxLOv yaQ av riv &civ^ci6xov § 23 vermutet lleh-
dantz wieder eine Interpolation der Worte dv rjv, wofür Ref. schlech-
terdings keinen Grund sehn kann, denn av rjv fehlt nur in einem ganz
untergeordneten Code.x: Augustanus und av im August, prinius. Warum
soll die Copula bei &av(.iaGx6v nicht auch ihre Berechtigung haben,
wie so auch gleich vorher iarlv bei &av^a(jx6v steht; vgl. Lys. XXII
18 Ttcög av ov &av^ia6xov ei'tj. Demosth. XXV 31. prooem. XXXVIII
1 u. oft. — Zu § 24 hatte die viel besprochne Construclion Ka^ sva
avxcöv wol eines Winkes bedurft; auch zu der verwandten Stelle IV
20 bleibt der Gebrauch des (nach der Ansicht des unterzeichneten
völlig zum distributivum gewordenen und deshalb nach Art der Casus-
beugung behandelten")) JCßO-' sva c. genet. unbesprociien und zu IX
22 wird auf eine Bemerkung zu X 46 verwiesen: wieder einmal ein
nicht zutreffendes Citat.
Vorlreiriich erscheint die Emendalion in § 28: A^cpiTtoXiv. Kai
av X}]cpd-rj . TcaQuiQ^jua zxX. anstatt des handschriftlichen y-av. Bisher
hatte man sich teils durch ^^'eglassung des y.cvt geholfen und mit Wolf
A^cpLTtoXig dv X^icp^fj geschrieben, teils AiicpiitoXig (^ A^cpi'TtoXiv) %av
X)](pd-rj aufgenommen, wobei befremdlich blieb, warum gerade Amphi-
polis allein als Siegespreis genannt wurde; auch würde aav At/qDOjj
'selbst wann es erobert sein wird', eine unerklärbare Betonung
auf die Eroberung, die doch natürlich dem ■KOj.u'^eG&ai, vorausgehn
muste, legen. Ref. meinte früher, es solle die Verschiedenheit der
Eroberer (der Strategen) und derer, die den Nutzen davon ziehen
(^v^eig), hervorgehoben werden und dachte zu schreiben: A^cptitoXiv^
vq) ov oder vcp (av dv Xfjq^&rj^ tc. v. k. ; in dem bloszen nav Xi^cp&y
6) Dieser Ansicht Westermanns , Krügers n. a. nach Buttinanns Vor-
gang (Index zur Midiana s. v. ■kktu) miisz Ref. unbedingt beipflicliten;
denn ti(x&' tva , yM&' tKacxa, kkt' oli'yovg tritt vollständig in die Stelle
des Casus (recti und obliqui) ein. Schlagende Stellen sind auszer den
von Buttmann und Krüger § 60, 8, 4) citierten: Dem. LIV 2ö rcöv
nagövrcov v.aQ-' £va TtQog tov ßco^iov ciyovxEg (singulos). Aesch. II 15
tu KuQ'' iv.aGta xcov fxft orjd^vxcov •utt' t^ov zal zovg löyovg dTCijyyBiXa.
Isae. VIII •^'i xov y8vovg_ ■aa^d' i-naaxov vaag iQcoxrjaco. Dem. XXIV
194 et Ka&' iKaaxov cov sqel dEL-nvvvai ßov?.0LXO (pBva%i6iiQV tvEnu
QiqQ'rjaö usva (singula — dicta). Plutarch de mul. virtut. (tom. VIII p.
299. Hütten tom. II p. 226 ed. stereot. Tauchnitz) Mi&QLddxrjg xa^'
sva x(av Falaxcov TtaQsdiSov G(payiqc6^svov.
186 Detnoslhenes, erklärt von Kehdantz.
kann dieser Gegensatz kaum liegen, ein vit' avrcov wäre dann wol
nicht entbelirlicli. Auf alle Fälle ist die Uehdantzsche Emendatioii
ein besseres expediens. — Unbegreiflich ist es dasz § 30 nicht die
Lesart des 2! %al z6 ßovleveßd-ca zal x6 Xiyuv %ai xo ngarrsiv bei-
behalten, sondern mit Dindorf und, auffällig genug, auch Bekker
Xiyuv an die erste Stelle gesetzt worden ist. Eine organische Glie-
derung der Rechte des Staatsbürgers, wie sie in der Ekklesia hervor-
treten, liegt ja nicht vor (Demosth. XIX 34, wo dies der Fall ist, ist
die Reihenfolge öiov vfiäg dxovGai [correspondierend dem keyeiv]^
eita ßovlEv6aG9ai,, ^lera xavxa 8s tcqÜxxslv allerdings wol begründet)
und die Gegensätze des Xiysiv und tiqccxxclv erscheinen fast stehend
in unmittelbarer Gegenüberstellung^), welche in der von Rehdantz
gewählten Textesgestaltung unterbrochen wird. — Schlieszlich noch
die Bemerkung, dasz ein Grund für die Aufzählung einer Menge von
Stellen bei Demosthenes , die einen obliquen Casus oder den Plural
von östva enthalten, wie sie zu § 31 gegeben ist, nicht zu ersehn
ist; mindestens hätte diese Sammlung unbedingt in den Index verwie-
sen werden miiszen. Uebrigens ist in der vorliegenden Sammlung
noch unter xov öetvog IV 43 übersehen.
Referent hat absichtlich, um den in einer Zeitschrift für Recen-
sionen offnen Raum nicht zu überschreiten, eine Rede gewählt, die
nicht zu lang ist und verhältnismäszig wenig gröszere Textesschwierig-
keiten bietet. Dasz er sich Ausstellungen an dem gebotnen erlaubt
hat, wolle der Herr Verfasser durch das Streben des Ref. nach Kräf-
ten zum Verständnis des herlichsten Redners des Altertums beizu-
tragen entschuldigen und das bemerkte wolwollend prüfen. Zum
Schlusz noch den Wunsch, dasz der zweite Teil dieser in so vieler
Beziehung neue Gesichtspunkte erschlieszenden Ausgabe nicht allzu
lange auf sich warten lassen möge!
Zittau. Hermann Frohberger.
Kurze Anzeisren und Miscellen.
VII.
Aufgaben bei den baierischen Abiturientenprüfungen.
"Wer sich für d.as baierische Gymnasialwesen näher interessiert, dem
kann es erwünscht sein einige Themata für die Abiturientenprüfung ken-
7) Abgesehu von der officiellen Formel Xsysiv xat TTgätreiv za
ßiXxLatcc T« di'iam vgl. Dem. XX 51. XXI 190. XXV 27. XXVI 8. 21
prooem, XXXXV' 4. Brief III 3.4. Lys. XII 49. XVI 21. Isokr. XVII
33. 39. 49. XXI 9. [Aescli.] Brief XI 2. Ebenso tzqccttsiv kuI dnsiv
Demosth. XIX 6. XXXXIX 9. Uyeiv xai noiuv [Demosth.] XXIV 25.
49. Ausnahme [Lys.] II 42 i-auvos ditsiv -nal yvcövai v.al TtQa^ai. De-
mosth. XVIII 88 Isyav v.a.1 yQccqjcov Kai tiquxxwv.
Kurze Anzeigen und Miscellen. 187
'<s
nen zu lernen, wie sie alljährlich vom Kultusniinisterinm gestellt wer-
den. Denn seit G Jahren besteht die Einrichtnng im Interesse einer
gleichmiiszigen Benrteilung-, dasz für die sämtlichen Gymnasien des
Küuigreichs einerlei Prüt'ungsanl'gabeu den Stiulienrectoraten angefertigt
werden. In den drei ersten Tagen des Juni wird die schriftliche Ma-
turitätsprüfung von den die Prüfungscommission bildenden Gymnasial-
lehrern unter Vorsitz des Rectors ohne Zuziehung eines besondern Re-
g'ierungscommissärs gehalten, so dasz für jede der sechs Aufgaben ein
halber Tag zur Ausarbeitung unter beständiger Vigilanz eines Lehrers
gegeben wird. Der Studienrcctor bringt die betreffende, vom Ministerium
ihm versiegelt zugefertigte Aufgabe mit in den Prüfungssaal, eröffnet sie
erst vor den Augen der Commission und der Abiturienten und läszt sie
dann in 3 — -4 Stunden bearbeiten. Die Prüfungscommission corrigiert
und censiert die eingelieferten Arbeiten und der Studienrector sendet
sie an das Kultusministerium. Dieses teilt sie dann verschiednen Sach-
kundigen, die in keinem Connex mit den Gymnasien stehen, behufs einer
Superrevision zu, welche die von der Prüfungscommission erteilten Cen-
surnoten endgiltig bestätigt, erhöht oder herabsetzt.*) Proben der
deutschen Themata für eine Uebersetzung in das Lateinische und 4n
das Griechische und für die Mathematik können, wenn es gewünscht
wird, nachgeliefert werden; hier beschränkt sich Ref. die Themata für
einen freien deutschen, für einen geschichtlichen und für einen Religions-
aufsatz mitzuteilen:
Aufgaben zum deutschen Aufsatz. 1853/54. Der Abschied
vom Gymnasium, 1) Rückblick in die Vergangenheit , 2) Empfindungen
der Gegenwart, 3) Hoffnung und Entschlusz für die Zukunft.
1854/55. Ueber die Tugend der Bescheidenheit, welche den stu-
dierenden Jüngling, der sie besitzt, ziert, und den andern, der sie wahr-
nimmt, jTiit Freude erfüllt und zur Nacheiferung antreibt.
1855/5!). Wessen entbehrt der Jüngling, welcher die griechischea
und römischen Schriftsteller nicht kennt?
1856/57. Ueber den groszen Werth der Zeit zur gewissenhaften
Benützung derselben für jeden Menschen, insbesondere für den studie-
renden Jüngling — unter Berücksichtigung des Satzes : o mihi prae-
teritos referat si luppiter annos !
*) [Ein Beispiel einer Discrepanz der Ansicht des censierenden Studien-
rectors mit der des Superrevisor teilt Döderlein in seinen jüngst er-
schienenen "'öffentlichen Reden' (Frankfurt 1800) mit und appelliert S. 332
an das philologische Publicum. Wir werden die Votierungen Sachkun-
diger über die grammatische Controverse gern in unsrer Zeitschrift
mitteilen. Döderlein schreibt dort: « "^wir bezweifeln dasz ein wohlge-
arteter Jüngling beide Fragen mit gutem Gewissen bejahen könne' hatte
ein Abiturient mit dul>itamus num . . . aftirmare possit übersetzt. Ich
hatte dies darum beanstandet, weil diese Phrasis eine Suspension
des Urteils enthalten würde, ich schwanke ob, wie hei Plin. Ep. VI
27: dubito num idem tibi suadere quod mihi debeam, und am Schlusz
quibus ex causis, nt supra scripsi, dubito an idem tibi qiiod tunc
mihi suadeam, wo deutlich Plinius wirklich selbst nicht weisz, wie
er rathen soll. Ebenso Cic, Att. XV 9 dubitabam tu litteras essesne
accepturus. Dagegen die deutsehe Redensart: 'ich bezweifle dasz' ist
offenbar soviel als 'ich glaube dasz nicht', ist also ein negatives
Urteil, nur in beschränkter Form, welches der Lateiner durch vereor
ut, haud scio an nou auszudrücken pflegt. Ein Schulcollege hatte den
Abiturienten gegen meine Correctur in Schutz genommen und eine allerh.
Superrevision ist ihm beigetreten. Ich melde hiemit Berufung an — ohne
jedochSitz und Adresse des Obertribunals als letzter Instanz zu kennen.'»]
188 - Kurze Anzeigen und Miscellen
ö'
1857/58. lieber den Werth und die groszen Wirkungen der Be-
redtsamkeit im Privat- und gesellschaftliclien Leben, im Staat und in
der Kirche — nachgewiesen an einzelnen Beispielen des Altertums.
1858/59. Widerlegung der gemeinen Lebensansicht bei Horatius :
'o cives , cives, quaerenda pecunia primum est; virtus post nuramos ! '
1859/Ö0. Die gewissenhafte Vorbereitung des Jünglings für sei-
nen Beruf ist die beste Bethätigung seiner Vaterlandsliebe.
Aufgaben aus der protestantischen Religionslehre.
1858/54. 1) Wodurch erweist sich die Notwendigkeit einer besondern
göttlichen Offenbarung? womit beweisen wir die Göttlichkeit derjenigen,
auf die sich unser Glaube stützt? 2) Nach welchem Stufengang hat
Gott den Heilsrath für das menschliche Geschlecht kundgethan und aus-
geführt? 3) Durch welche Gnadenmittel gelangen wir zum Heil? was
lehrt die evangelische Kirche von ihrer Kraft und den Bedingungen
ihrer Wirkung?
ISbi/öb. 1) Die Lehre von der Erbsünde soll nach den Bestim-
mungen der protestantischen Kirche angegeben und mit den wichtigsten
Beweisstellen der heiligen Schrift belegt werden, wobei nachzuweisen
ist, wie sowol die Erlösungsbedürftigkeit als die P^rlösungsfähigkeit des
Menschen durch sie gewahrt wird. 2) Es ist anzugeben , was unter
dem Stand der Erniedrigung und der Erhöhung Christ! verstanden wird,
wiefern beide uns zur Gewisheit unseres Heils nötig sind und auf welche
Schriftstellen sich die Lehre gründet. 3) Was ist das Gebet, welches
sind seine notwendigen Eigenschaften und welche Verheiszungen sind
ihm gegeben ?
1855/56. 1) Worauf beruht die Möglichkeit einer positiven Offen-
barung Gottes? Welches sind die Kennzeichen der wirklich geschehnen?
Auf welchem Wege ist sie bis zu uns gedrungen? 2) Worin besteht
das hohenpriesterliche Amt Christi? auf welchen Voraussetzungen beruht
es? welche Wirkungen hat es? 3) Worin besteht das eigentlich unter-
scheidende Moment des rechtfertigenden Glaubens.
185t)/57. 1) Worin besteht das göttliche Ebenbild, das dem Men-
schen ursprünglich anerschaffen? wiefern haben wir es verloren? wiefern
besitzen wir es noch? 2) Wodurch unterscheidet sich der christliche
Glaube an Gott von den Vorstellungen derDeisten, der Pantheisten und
der Materialisten? 3) Wie entspringt aus dem Glauben die Liebe? in
welchem fortdauernden Zusammenhang stehn beide mit einander?
1857/58. 1) Es ist anzugeben a) wiefern und wodurch der Glaube
rechtfertige ; b) warum er die Busze zur notwendigen Voraussetzung
habe; c) warum er vom heil. Paulus allen Werken entgegengesetzt
werde und doch in guten Werken fruchtbar sein solle. 2) Mit welchem
Recht heiszt die heil. Taufe das Sakrament der Wiedergeburt? welche
Gnade gewährt sie? wozu verpflichtet sie? 3) Was versteht man unter
der unsichtbaren Kirche? wie unterscheidet man sie von der siebt-
baren?
1858/59. 1) Worin besteht der wesentliche Unterschied des alten
Bunde« von der christlichen Heilsordnung? 2) Was begreift der Tod in
sich, welcher Rom. 6, 33 der Sünde Sold genannt wird? 3) Wodurch
hat Christus unsern Tod besiegt und wie werden wir seines Sieges teil-
haftig? 4) Mit welchem Grund wird Christus ein dreifaches Amt zu-
geschrieben? und welche Verrichtungen kommen ihm nach jedem dieser
drei Aemter zu?
1859/1)0. 1) Was ist Religion und welcli« Stücke sind wesentlich
zu ihrem Bestand? 2) Was versteht man unter natürlicher und was
unter positiver Offenbarung? 3) Wo wird das Heil Christi iins ange-
eignet, von wem, durch welche Mittel, auf welchem göttlich geordneten
Wege ?
Kurze Anzeigen und Miscellen. 189
Aufgaben aus der allgemeinen Geschichte. 185^/54. 1) Von
welchen Völkern wurde das weströmische lieich in dem letzten Jahr-
hundert seines Bestclms bis zu seinem Untergang (470 n. Chr.) durch
Einfälle hart bedrängt? auf welche Weise gieng es unter.? und welche
Eeiche haben sieh auf den Trümmern desselben im ön und Gn Jahr-
luindcM't in Italien gebildet? 2) Welches sind die wichtigsten Ereignisse
des siebenjährigen Kriegs, mit Angabe der ßestimmungen der Friedens-
schlüsse, wodurch derselbe beendigt wurde?
1854/55. I) Welche Kriege haben die Kömer mit den Samniten ge-
führt? und mit welchem Erfolge? 2) Von welchen türkisclicn Sultanen
wurden dein byzantinischen Kaiserreiche zuerst einzelne Provinzen ent-
rissen? und auf welche AVeise wurde dasselbe von den Türken gänzlich
vernichtet ? 3) Kurze Angabe der Ursachen des spanischen Erbfolge-
kriegs, dann der daran teilnehmenden verbündeten Mächte und der Be-
stimmungen der Utrecht - Rastatter und Badener Friedensschlüsse.
1855/5G. 1) Durch welche Kriege, Hauptfeldherrn und Haupt-
schlachten hat Korn Italien erobert? 2) Was hat Kaiser Maximilian I
für Deut.-rchland gethan , aber auch welchen Verlust das Eeich unter
ihm erlitten ?
185(3/57. 1) Was gab nach dem antalkidischen Frieden — 387 v.
Chr. — Veranlassung zu dem Glänze des thebanischen Staats ? wie
lange dauerte dieser Glanz und welchen Helden war er hauptsächlich
zu verdanken? 2) Auf welche Weise gelangte das Holienstaufische
Haus zu dem Besitze des Königreichs Sicilien? wie lange und unter
welchen Herschern behauptete es sich? und wie wurde ihm dieser Be-
sitz wieder entrissen? 3j Kurze Angabe des geschichtlichen Verlaufs
des dreiszigjährigen Kriegs nach dem Prager Frieden 1635 bis zum
Abschlüsse des westphälischen Friedens und der wichtigsten Bestim-
mungen des letztern.
1857/58. 1) Was gab Veranlassung zu dem Kriege Eoms mit dem
Könige Antiochus (III) dem Groszen von Syrien? welches ist der Ver-
lauf und der Ausgang dieses Kriegs? 2) Was versteht man unter dem
Investiturstreite? unter welchen deutschen Kaisern wurde derselbe ge-
führt? und wann und wie wurde er beigelegt? 3) Kurze Angabe der
wichtigsten Ereignisse des dreiszigjährigen Kriegs vom Jahre 1625 — 1630.
1858/59. 1) Kurze Darstellung des Verlaufs des Triumvirats des
Antonius, Octavianus und Lepidus zu Rom von der Zeit der Ermordung
Ciceros bis zur AUeinherscliaft des Octavianus (43 bis 30 v. Chr.). 2)
Welches sind die wichtigsten Erfindungen und Entdeckungen im 14n
und 15n Jahrhundert und ihr Einflusz auf die Entwicklung der euro-
päischen Staaten in Bezug auf Wissenschaft, Kunst, Handel und Ge-
werbfleisz ? 3) Angabe der Ursachen und des Verlaufs des österreichi-
schen Erbfolgekriegs bis zum Frieden von Breslau (11. Juni 1742).
1859/60. 1) Welche Veranlassung und welchen Erfolg hatten die
Reformversuche der zwei Volkstribunen Tiberius Gracchus und Cajus
Graccims in Rom (133 — 121 v. Chr.)? 2) Kurze Darstellung der wich-
tigsten Begebenheiten des ersten Kreuzzugs (1096 — 1099).
VIII.
Des Guiot von Provins bis jetzt bekannte Dichtungen^ alt franz.
und in deutscher metrischer Ueb er Setzung mit Einlei-
tung, Anmerkungen und vollständigem erklärendem Wörter-
buche. Herausgegeben von Joh. Friedr. Wolfart (Professor
190 Kurze Anzeigen und Miscellen.
am Domgymnasium zu Magdeburg ^ f 29. März 1860) und San-
Marte (^A. Schulz). Parcival- Studien. Erstes Heft. Hallö
1861.
Wie schon der vollständig- mitgeteilte Titel vermuten läszt, so haben
wir es hier mit einem Werke zu thun, das nach beiden Seiten, der lit-
terarhistorischen und der philologischen, einen weiten und förderlichen
Ausblick eröffnet ; und ^venn auch die Verfasser so einmütig mit einander
zu arbeiten verstanden haben, dasz auf vielen Punkten die Grenzlinie
zwischen ihren beiderseitigen Arbeitsfeldern dem Blicke völlig ent-
schwindet , so hat es doch kein Bedenken , in der Besprechung beide
Gebiete auseinander zu halten und eins nach dem andern zu überblicken.
— Der Haupttitel Parcival-Ötudien kann für den ersten Augenblick
etwas befremden, bis man sich eriunert, dasz Wolfram von Eschenbach
allerdings einen Kyot ganz bestimmt und wiederholt als den Verfasser
eines Romans von Parcival und dem Königsgeschlecht des Gral be-
zeichnet und auf ihn als seinen Gewährsmann mehr als einmal sich
beruft. Diese Angabe Wolframs hatte bisher allen Forschern als zwei-
fellos gegolten, nur dasz nach Lachmanns Vorgang man die Iden-
tität des Wolframschen Kyot des Provenzalen und des Guiot von Provins
fast einstimmig bestritten hatte. Erst für AY. Wa ck er nagel erwuchs
aus der Einsicht einiger lyrischer Gedichte, die er in einem Berner
Codex unter Guiots Namen auffand, die gröszte AA'ahrscheinlichkeit,
dasz Wolframs Gewährsmann mit diesem eine Person sei. Dagegen ist
neuerdings Avchat (Pfeiffers Germania III 1858) aus einer Vergleichung
von Wolframs Parcival mit den Contes del Graal des Chrestiens de
Troyes zu dem Resultat gekommen, dasz Wolframs Berufung auf den
Kyot eine reine Erlindung und ein falsches Vorgeben sei und dasz,
wärend W. und Chrestiens vereint wie glanzvolle Gestirne am mittel-
alterlichen Himmel aufsteigen, Kyöt, einem trügerischen Meteor gleich,
kaum aufgegangen spurlos dahin schwinde. Wir wollen hinzufügen,
dasz auch französischerseits man sich in dieser Frage der Negative
zuzuneigen scheint; wenigstens sagt Ede'lestand du Me'ril (Floire et
Blanceflor 1856 S. XXX) : 'la France e'tait bien oublieuse de ses gloires
poetiques pendant le moyen -uge: beaucoup d'autres poemes d'une exi-
stence incontestable ont pe'ri — et deux poetes, Alberic de Besan^on et
Kyot, ne sont plus connus que par des allegations semblables'
(wie Ruoprecht von Orbent bei Konrad Fleck). — Die Einleitung zu
unserem Guiot (S. 1 — 28) behandelt nun im In Kapitel die Lebensum-
stände des Dichters, dessen Heimat Provins in Nieder-Brie, vier Meilen
von der Seine , in Isle de France war ; und was das wichtigste ist , die
Abfassung der Bible wird nach den eignen Angaben des Guiot fest-
gestellt auf die Zeit zwischen J. 1203 und 1208. Die 2691 Verse der
Bible gehören ihrer Tendenz und ihrem Grundton nach zu der Gattung
von satirisch -didaktischen Dichtungen, an denen der Norden wie der
Süden Frankreichs im Pin und* 13n Jahrhundert besonders reich ge-
wesen sein musz; bald zornvolle, bald witzige Ergüsse des Unwillens
und des Spottes gegen das Unwesen und den Verfall besonders der
sichtbaren Kirche, des Papsttums, der hohem und niedern Geistlichkeit,
der Mönchs- und mönchischen Ritterorden. So unter den Dichtungen
der Troubadours die sirventes eines Bertrand de Born, in Nordfrank-
reich die Strafgedichte eines Jehan Baillehans, Luc de la Barre, Thibaut
de Marly, des Hugues de Bersil, des Roix de Cambray u. a. Mit Recht
, stellt die Einleitung den Guiot unter seinen Geistesverwandten vornan,
der '"mit markigem Pinsel, in der Manier eines Tintoretto, die charak-
teristischen Züge seines Jahrhunderts malt, und im Bewustscin einem
edlen Zwecke zu ^ienen und in der stolzen Sicherheit einer sittlichen
Kurze Anzeigen und iMiscellen. 191
'o
und cliristliclien Pfliclit zu genüg'en der Welt zu Nutz sein Buch hin-
gibt, hoffend sich und den darin rühmlich erwähnten ein dauerndes
Ehrengedächtnis zu stiften.' Im 2n Kapitel wird die oben berüiirte
Streitfrage eiugJingiich behandelt, und zwar in dem Sinne, dasz der
Versuch gemacht wird, mit allen zu Gebote stehenden Eeweismitteln
die vielfach bestrittne Identität des Kyot und unsers Guiot zu er-
härten. Was hier an äuszern und Innern Argumenten beigebracht
wird, reiht sich zu einer folgerecliten Schluszkette zusammen und läszt
kaum noch die entfernte Möglichkeit offen , trotzdem den Wolfram der
Unwahrheit und eines falschen Vorgebens hinsichtlich seiner französi-
schen Quelle zu bezichtigen (vgl- Gödecke Grundrisz der Gesch. der
deutschen Dichtung I S. 25). Wolfram hat darnach einen epischen
Roman des gleichen Inhalts gekannt, dessen Verfasser er Kyot eiuen
Provenzäl, den Provenzäl nennt, der aber 'en franzoys gesprach'; mag
er immerhin seinen Kyöt für einen Provenzalen gehalten haben, so wird
es einem doch leicht hier mit San-Marte ein naheliegendes Misverständ-
nis gelten zu lassen, demzufolge dem lese- und schreibunkundigen
Wolfram das gesprochne Provins zu Provenz werden konnte. Guiot
erscfieint dann füglich als der Vollender und Umarbeiter der Contes del
Graal von Chrestiens de Troyes , und war sein Werk etwa zwischen
11 '.10 und 1195 vollendet, so blieb bis 1204 noch hinreichend Zeit, dasz
seine Handschrift des Parcival nach Deutschland und in Wolframs Hand
gelangen konnte. Besonders ansprechend ist der Teil der Beweisführung,
der auf die Uebereinstimmung des ethischen Gedankeninhalts im ein-
zelnen und des Grundtons im ganzen zwischen dem Parcival und Guiots
Bible sich stützt; er läszt sich mit den Worten der Einleitung S. 18 in
die Summe zusammenfassen, dasz 'd er T e nrpleisenorden im Parci-
val nichts anders sei, als ein im Geiste Guiots reformierter
T emp elherr enorden', und dasz (S. 22) nach allem wir aus der
Bible nicht blos keinen Grund zu entnehmen vermögen , dem Guiot die
Fähigkeit einen Roman des Inhalts wie unsern Parcival zu dichten
abzu.sprcchen, sondern ihn vielmehr, besonders seines theologischen
Standpunkts wegen , für sehr wohl dazu geneigt und geeignet halten
müszen. So viel Beweiskraft man auch solchen aus der Sache selbst
geschöpften Momenten zugestehn möchte , wenn es sich etwa um eine
vorliegende alt französische Parcivaldichtung ohne Namen
li.-^ndelte, so wenig läszt sich doch leugnen, dasz mit dem vorläufigen
Nichtvorhandensein eines solchen Epos von Kyot ein wesentlicher
King aus der Kette der Schluszfolgerungen gebrochen ist; wie denn, bis
ein solches Epos aufgefunden sein wird, die Vermutung von einer Guiot-
schen Parcivaldichtung , auf die zudem in der Bible sich nirgends eine
ausdrückliche und positive Hinweisnng findet, sich auL-h durch die ein-
gänglichste Forschung immer nur bis zu einem möglichst groszen Grad
von Wahrscheinlichkeit wird bringen lassen. — Das 3e Kapitel S. 23
charakterisiert in kurzen Zügen eine analoge Erscheinung, das Speculum
stultorum von Brunellus Vigellus , ein satirisches Gedicht in lateinischen
IHstichen aus der Zeit nach J. 1150. — In den erläuternden An-
merkungen (S. 126 — ^156) begegnen wir einem reichen Material an
historischen Daten, Citaten von Parallelstellen in der heil. Schrift, in
Wolframs Parcival, im Brunellus, das geeignet ist über manche dunkle
und schwierige Stelle Licht zu verbreiten und neben vielem bekanntern
nicht wenige Beweise von Beleseulieit und Scharfsirni bringt. — Neben
dem französischen Text läuft eine metrische Uebersetzung her,
die im ganzen wie im einzelnen ein bei'edtes Zeugnis für die unge-
wöhnliche Gewandtheit des auf diesem Gebiete wohlbekannten Parcival-
forschers San-Marte ist; sie habe sich, heiszt es in der Vorrede, zwar
der möglichsten Treue befleiszigt, dennoch aber sich einer gewissen
192
Kurze Anzeigen und Miscellen.
. -^
freien Bewegung und der metrischen Form nicht entschlagen dürfen,
um den Eindruck des Originals entsprechend wiederzugeben und dem
Leser ein frisch lebendiges Gesicht, keine mechanische,
Todtenmaske eutgegeuzuhallen. Der geringste eigne Versuch auf
diesem Gebiete liefert den Beweis, dasz schon der blosze Ueber-
setzer es hier mit manigfachen Schwierigkeiten zu thun hat, die
Scharfsinn und Geduld oft auf eine harte Probe stellen; wenn aber San-
Marte seine Arbeit mit dem Namen einer Uebersetzung bezeichnet, so
ist das eben ein bescheidner Ausdruck für ein Werk, das so selbständig
durchdacht, so von neuem im Innern empfangen und so in einem Gusz
und ohne Risse und Fugen herausgestaltet ist , dasz wir es mit viel
gröszerem Rechte als eine freie Nachdichtung ansehn dürfen,
der es kaum an einzelnen Stellen abzumerken ist, dasz sie mit so viel
Treue sich einem fremdsprachigen Original anschlieszt. Selbst wo iu
der Texteskritik und Interpretation offenbare Dunkelheiten zurückge-
blieben sind, hat der Uebersetzer sich mit vielem Glück seines Rechts
bedient, durch geistvolle Divination die Lücken des Texts auszufüllen
und dem Leser einen unverkümmerten Genusz zu vermitteln. Es sei
vergönnt auf Stellen hinzuweisen wie V. 213 ff. 2445 ff. u. a. V. 1180 ff. :
Diex, tu ies Rois et conseillieres.
Et gouvernierres et jugierres,
Sire , delivre Sainte Eglise
De ces trois villes en tel guise
Que je voie Ies trois pucelles.
Or seroient-eles noveles,
Que lonc tems a je nes i vi;
A grant tort en sommes parti.
Und V. 2G6 ff. :
Les Corz sont povres et ombrages.
Lors fuient-il et borz et viles ,
Mes Dex qui set totes les guiles,
Merveillouse justice en prent,
Qu'il les fet vivre trop vilment.
O Gott, du König und Berather,
Regierer, Richter, Herr und Vater,
Befrei die heil'ge Kirche bald
Von der drei alten Vetteln Gewalt
Und führe die drei Jungfrau'n zurück;
So lange sah sie nicht mein Blick,
Dasz ganz als neue sie würden kommen,
's ist Elend, dasz sie uns genommen.
O weh,
Wie arm ich tind düster die Höfe seh !
Da fliehen sie die Stadt' und Schlösser,
Doch Gott kennt all die Lumpe besser
Und übt Justiz bewundernswerth ,
Dasz ihnen er Lumpenleben beschert.
Wo vom Wortlaut abgewichen zu sein scheint, trifft wenigstens der
Sinn wieder mit dem Text zusammen, Avie V. 165 — 107:
S'il estoient tuit en un fou,
Jti des Princes , comme je cuit,
N'i auroit un brülle' ne cuit
Würfe man sie in die Flammen ,
Kein Fürst , nicht einer hielte Stand ,
Der nicht gebraten und verbrannt!
Wörtlich: 'wenn alle Weisen und Tapfern in e'inem Feuer wären, würde
von den Fürsten nicht e'iner dabei sein (gebraten nemlich oder verbrannt).'
Oder V. 902 tf. :
Molt devroit estre chiers prodom.
Hui eSt 11 jors mes c'est ale' ,
Li prodome sont 11 gäbe'
Achtung verdient der Ehrenmann;
Doch herscht die Sitte heut zu Tag:
Dem Ehrenmann folgt Lästrung nach;
wo V. 902 das Gegenteil auszusagen scheint: 'aber heute Ist das vor-
bei!' Aehnlich V. 949. 50. Hinter V. 982 Ist vielleicht ein Punctum zu
setzen und V. 983 le leu vilein von der Hölle zu verstehn , wohin sie, die
gottlosen Kleriker, am Ende der Tage geworfen werden. V. 1110. Uli:
Grant bataille r'ont bien covens,
Quont en 11 tient bien ses convens
Den Conventen auch wurd' angefacht
Manch ernster Kampf, wenn ihre Rechte
Aufi-echt zu halten man gedächte;
Kurze Anzeigen und Miscellen.
193
wo die Uebersetzung' wol ohne Not vom nächsten Wortsinn (die Klöster
haben Kampf und Not, wie man ihre Convente aufrecht halten wollte)
abgewichen ist. V. 1373. 74:
Ne noiis nes amerions pas
Outre le terme laborer
Und groszes Lob wird ihnen blühen,
Wenn sie nicht aus den Schranken scheiden
liesze sich füglich auch so fassen: 'ich möchte die Karthäuser nicht un-
mäszig kränken.' V. 2109. 10:
Nuns ne pot onques acomplir j Dahin wird niemand je gelangen ,
Voloir de farae | Ein Weib zu schätzen,
d. h. zunächst eines Weibes Willen zu thun. — Dies und vieles ähnliche
indes steht nicht selten in so augenscheinlicher Abhängigkeit vom Zu-
stand des Originaltextes, dasz die Uebersetzung vielmehr überall An-
lasz bietet, die Feinfühligkeit und Versgewandtheit des Verfassers zu
bewundern, als sich bei Einzelnheiten abwägend und bemängelnd auf-
zuhalten. Lieber möchte ich hier noch eine Beobachtung aussprechen,
die freilich ein wenig zu viel auf einem bloszeu Gefühl beruht, als dasz
sie sich allgemein formein und nachweisen liesze ; es will mir nemlich
scheinen als wenn derjenige, der eine solche Uebersetzung ohne die
fortlaufende Controle des Urtextes läse, einen nicht unerheblich ab-
weichenden Eindruck von Geist, Richtung und Grundton des Gedichts
bekommen müste ; und als wenn, gerade je gründlicher der Stoff in dem
Nachdichter durchgearbeitet, je selbständiger er wieder ausgestaltet wird,
mit je gröszrer Hingebung er umfaszt wird, desto näher an ihn die
Versuchung herantritt, den Urtext in einem etwas höhern Ton zu sin-
gen, mit etwas frischern Farben zu malen, mit etwas stärkern Accen-
ten zu recitieren. Und so gelungen sonst die Guiot - Uebersetzung Ken-
nern und Laien erscheinen wird, so gelenk sie sich bewegt, so glücklich
sie aus dem Sprachschatze an rechter Stelle das rechte Wort hervor-
zuholen weisz, so erreicht sie doch nicht durchgehends die Simplicität,
Volkstümlichkeit, Naivetät, mit der sich der französische Dichter auch
da noch, wo er pathetisch zu werden scheint, zu bewegen pflegt. Glück-
licherweise ist diese Beobachtung der Art, dasz sie sich mit einer ge-
wissen Notwendigkeit bei allen Uebersetzungen, die von ihrem Originale
durch grosze und tief einschneidende Culturepochen geschieden sind,
in gröszerer oder geringerer Ausdehnung wiederholen wird, wie denn
auf dem Gebiete der Kunst nicht minder wie auf dem der Litteratur
dieselbe Erscheinung nachgewiesen ist. Es kann nicht anders sein,
aus dem Munde des Nachdichters vom J. 1860 wird der alte Guiot des
J. 1180, und sei es auch nur um eines Granes Schwere, ernster, tiefer,
pathetischer, reflectierter , wuchtiger klingen, als sich aus dem Urtexte
im einzelnen herausbeweisen läszt. Gleichwol hegen wir (mit den Ver-
fassern) die Zuversicht (S. VIII), dasz die persönliche Vorführung dieses
scharfen, straffen, so wahrhaft christlich wie frei denkenden Cluniacen-
sermönchs zu tieferem Verständnis des Parcival und zur Erhellung des
historischen Grundes und Bodens, auf welchem die Parcival- und Gral-
Sage sich ausbildete, keine unbedeutende Mitwirkung äuszern wird. —
Die Textesrecension und das ausführliche Wörterbuch,
von denen wir zum Schlusz zu berichten haben, sind die mühsame und
verdienstvolle Arbeit eines Forschers, des Professor Wolfart, der
zeither wol nur im engeren Kreise des Gymnasiums durch methodolo-
gische Elementarbücher bekannt geworden war, der aber durch rastloses
Studium allmählich auf allen Gebieten der Sprachforschung so umfas-
sende , gründliche Kenntnisse gewonnen hatte , dasz ihm nur der ent-
schiedene Drang zu litterarischer Publicität hätte gegeben sein müszen,
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II, Abt, IS61, Hft 4. 13
194 Kurze Anzeigen und Miscellen.
um, wo er zngriff, bedeutendes zu Tage zu fördern. So möge denn
wenigstens die einzige vollendete wissenschaftliche Arbeit dieses uner-
müdlichen Forschers der verdienten Beachtung nicht entgehen. Der
Text ist ein durchaus wortgetreuer Abdruck aus der Me'onschen
Ausgabe der Fabliaux et Coutes. Paris 1808. Tom. II S. 307 ff. Das
Bedauern der Herausgeber, dasz sie weder die beiden M^on sehen
Handschriften noch andere haben vergleichen können, teilen wir in
vollem Masze; denn wenn der mitgeteilte Text nicht selber davon
zeugte, so müste aus den abweichenden Citaten von Roquefort, Eay-
nouard, Le Roux de Lincy zur Genüge erhellen, dasz eine diplomatisch
genaue Texteskiitik hier wie bei so vielen altern Textesabdrücken drin-
gend notthut. Und wenn, wie wir lobend anerkennen, der Herausgeber
sich der damit gezognen Schranken bei seinen Emendationsversuchen
fast immer bewust geblieben ist und sich mit den Conjecturen meist
auf orthouraphischtis oder auf augenscheinlich verderbte Stellen be-
schränkt hat, so würde es dem Berichterstatter noch viel weniger an-
stehn, sich auf das hohe Meer der Oonjecturalkritik zu wagen, so ver-
lockend auch einzelne Stellen dazu einzuladen scheinen: wie denn ein-
zelne Verse und Wörter das ziemlich sichere Zeichen einer Verderbnis
an sich tragen; so unter andern V. 500. 501. 502 (wo vielleicht zu lesen
ist: Avoiis , tex l'a qui n'en a point. S'il ne s'en Joe, bleu Tai coint,
Avers fait a ce qu'il a Ausinc bien com h ce qu'il n'a). V. 527 f.:
Assez cre'ante qui otroie Et assez escorche qui tient , wo für das un-
verständliche cre'ante ein dem escorche paralleles crevante oder gre-
vance (= renverse, aecable) zu erwarten wäre. V. 803. V. 902 (wo hinter
nifes das Komma zu streichen istj. V. 1229. 1232 (dagegen ist V. 1378
keiner Verbesserung bedürftig). V. 1381 ist vielleicht statt ne zu lesen
mes. V. 15Ü7 statt auroient — auroie ja, V. 1717 statt ennuierent
wahrscheinlich ennuieroit. V. 2133? V. 2157. V. 2274 verlangt der
Reim und Sinn deviner statt devenir. V. 2478 ist S'aus verdruckt statt
D'aus. V. 2556 möchte ich statt se met par eis lesen se muert par eis
('der ist geliefert'). Indes bleiben, wie gesagt, die meisten derartigen
Vorschläge zu ^Verbesserungen in den "Wind gesprochen, so lange nicht
der ganze vorliandne ki-itische Apparat ausgenützt ist. Gieichwol liegt
auch so ein verhältnismäszig reinlicher und lesbarer Text vor uns, der
leicht noch gleichmäsziger im Detail hätte werden können, wenn der
Verfasser nicht mit richtigem Takt namentlich die auf gröszere Ein-
stimmigkeit in den orthographischen und grammatischen Formen hin-
zielenden Emendationen in die Noten verwiesen hätte. Ganz treffend
ist in dieser Beziehung der von Ede'l. du Meril (Introd. S. 223) aufge-
stellte Kanon: 'un editeur — doit se contenter de de'gager la grammaire
de son texte des fautes qui l'obscurcissent et ne suivre les regles d'au-
cune autre. II s'eft'orcera seulenient de distinguer les erreurs du copiste
des irre'gularite's qui sont du fait de l'auteur, corrigera les premiferes '
en les laissant soigneusement h cote de ses propres le^ons, et reproduira
religieusement les autres' und S. 229: ''introduire de sa propre autorite
la fixite' de l'e'criture, c'est en re'alite fixer la langue et commettre
un anachronisme que ne saurait justifier le mince avantage d'une
r^gulaute' imaginaire.' — Das Glossaire endlich (S. 156 — 402) ist
eine höchst sorgsame, gewissenhafte, gelehrte Studie und ein sehr werth-
voller Beitrag zur altfranzösischen Lexikographie , den ein künftiger
Lexikograph nicht ohne Schaden wird übersehn dürfen. Hätten Avir
für das Altfranzösische im speciellen bereits mehr als den Roque-
fort und Einzelglossare, Monographien, Collectaneen, hätten wir irgend
ein kanonisches Lexikon für den Gesamtbereich der altfranzösischen
Litteratnr, .so müste mit Fug und Recht die Gewissenhaftigkeit des
Verfassers, die sich kein Wort, keine Wortform entschlüpfen läszt und
Kurze Anzeigen und Miscellen. 195
nirgends entsclieidet , wo sie der Entscbeidung nicht sicher ist, eino
peinlifhe und iiberilüssig-e genannt werden; so aber musz dies Wörter-
buch allen Forsebern, Litterarbistorikern und Etymob)gisten als eine
willkommene Fundgrube erscheinen, aus der sie mit vollen Händen und
in gutem Vertrauen schupfen können , was ihnen des Aufbewahrens
werth dünken mag. Einzelne Artikel dehnen sich in dieser Weise zu
grammatischen, etymologischen und exegetischen Excursen aus, ohne
dasz darum die Jiequemliohkeit im Gebrauche des Glossars gemindert
würde. Ich verweise u. a. auf die Wörter Aller Antoine Bien Buretel
(Coitous II 14 halte ich für eine starke Contraction aus covoitous)
En Faire Larron Molt Mont Que Raancler u. a. hin. Schlieszlich sei
es, lim gewiegteren Kennern einzelne besonders streitige Punkte sofort
zu bezeichnen, gestattet, aufmerksam zu machen auf die Formen Traria
V. 1002, Contraira V. 1985, Marrederie V. 1229, Concier V. 10-43,
Raancler V. 2008, Tröffe V. 75, Mehaing V. 2530, obwol ohne Ein-
sicht der Texte und erhebliche Fortschritte der etymologischen For-
schungen wenig Aussicht zu Erschöpfung der von Wolfart angeregten
Fragen vorhanden zu sein scheint.
Magdeburg. Dr W, Jensch.
• IX.
Bemerkungen über 'die englische Conjugation' von Dr Dressel
Wolfenbüttler Programm von 1860.
Ohne das viele Gute welches in der obigen Abhandlung enthalten
ist zu verkennen, machen wir folgende Bemerkungen:
1) Die Einteilung der Verba in einstämmige und mehrstämmige
und in starke und schwache ist für eine Schulgrammatik, deren Zweck
ist dem Schüler die Formen der Spraclie möglichst übersichtlich und
faszlich zur Anschauung zu bringen, wol unwesentlich; für den ersten
Unterricht genügt eine Auswahl der wichtigsten Verba ; diese und die
übrigen müszen gröstenteils durch den Gebrauch in der Leetüre erlernt
werden; da der Schüler die Verba so einzeln erlernen musz, ist es
für ihn bequemer sie aus einem alphabetischen Verzeichnis aufzu-
suchen; er bildet sich bei einiger Uebung selber die Regeln der Ab-
leitung.
2) Die Regeln, welche den einzelnen Abschnitten am Schlüsse bei-
gefügt sind, sind wenig übersichtlich dargestellt, und in einer Form
und Ausdrucksweise , welche selbst dem , der die Regeln schon kennt,
etwas schwerfällig scheinen.
3) Die Bezeichnung der Aussprache ist zu weit arisgedehnt; da-
durch wird die Uebersicht gestört; wenn ein Schüler weisz dasz bow
wie bau klingt, wird er auch bowing richtig lesen können; es wären
also nur hier und da einige Bezeichnungen der Aussprache anzugeben,
andere , die sich von selbst verstehen , könnten fehlen.
4) Die Bezeichnung der Aussprache durch deutsche Buchstaben ist
undeutlicli, da die deutsche Schrift die Aussprache der einzelnen Wör-
ter doch nicht genau darstellen kann. Mehr zu empfehlen ist die
Walk ersehe Methode. {Eingesandt.)
13
196 Kurze Anzeigen und Miscellen.
X.
Griechische Vorschule oder kurzgefaszte griechische Grammatik in
übersichtlicher Darstellung. Für die untern Gymnasialklassen
bearbeitet von Dr Jordan Bucher. Zwei Teile. I : griech.
Formenlehre. II: griech. Syntax. Tutllingen, Verlag von Eber-
hard Ludwig Kling. 1861.
Der Herr Verfasser sagt in seinem Vorwort, er sei durch die be-
kannte Thatsache, dasz die Erlernung der griechischen Formenlehre den
Schülern viel gröszere Schwierigkeiten als die der lateinischen Sprach-
lehre verursache, durch zwölfjährige eigne Lehrerfahrung und durch
das Streben auf erfolgreichere Weise über jene Schwierigkeiten weg-
zukommen zur Veröffentlichung dieser Vorschule veranlaszt worden.
Hiedurch hat derselbe sich in der That gegründeten Anspruch auf den
Dank der Lehrer der griechischen Sprache erworben ; denn seine grie-
chische Vorschule zeichnet sich durch übersichtliche, methodisch klar
durchdachte und für den Schüler sehr faszliche Anordnung des gram-
matischen sowol als auch des syntaktischen Stoffes höchst vorteilhaft
aus und erleichtert eine gründliche Erlernung der grammatischen und
syntaktischen Regeln auf eine so klare und anschauliche Weise, wie
solche in andern Arbeiten ähnlicher Art noch nicht geboten ist. Darum
vermittelt sie auch den geistig minder begabten^Schülern die dauernde
Aneignung der grammatischen und syntaktischen Kenntnisse auf metho-
disch sicherem Wege in überraschender Zeitkürze, indem sie die nötig-
sten Regeln der Formen- und Syiitaxlehre kurz und verständlich faszt
und in vortreiflichen Tabellen so klar und übersichtlich zusammenstellt,
dasz das zusammengehörige mit einem schnellen Ueberblick als zu-
sammengehörig erschaut und erfaszt werden kann. Beide Teile der
griechischen Vorschule sind für Lehrer und Lernende so angelegt, dasz
an Zeit und Mühe auszerordentlich viel gewonnen und überdies ein
rascher Fortschritt der Schüler neben sichrer und fester Gründlichkeit
erreicht wird.
Von den genannten Vorzügen dieser Arbeit des Herrn Dr Jordan
Bucher habe ich mich, bezüglich des zweiten Teiles, durch praktische
Erfahrungen in meiner Klasse seit einigen Monaten selber überzeugt.
Das Werkchen hat einen ganz guten Druck auf gutem Papier und
umfaszt in gr. 4 - Format I. Teil 44, II. Teil 24 Seiten ; auch der Preis,
I. Teil 36 Kreuzer (V3 Thlr), II. Teil 18 Kreuzer (»/g Thlr), ist sehr billig.
Dr Hetzel.
XI.
Conrad, Dr Jul.., Rector cet., Gradns ad Parnassum sive
Thesaiirus latinae linguae prosodiacus. Editio plane altera,
quam ex aureae aetatis fontibus recenti studio auxil, emendavit
et omni ad versus pangendos supellectili sludiosae iuventuti ne-
cessaria accurate instruxit. (In 2 Lieferungen.) 1. Lieferung.
Leipzig 1860. Arnold. (S. 1—256. Lex. -8.) Geh. Compl. 2 Thlr
71/3 Sgr.
Nachdem erst vor kurzem eine neue (.^e) Auflage des Sintenis-
F r iedemann sehen Gradus durch Dr Koch besorgt worden (Leipzig
Hahn, 1860), über die Rec. in diesen Jahrbüchern 1859 2. Abth. 12. Hft
S. 578 ff. gesprochen, liegt bereits wieder eine neue Ausgabe des Con-
radschen vor, welche, mit der ersten vom Jahr 1829 (Leipzig, Lehnhold)
Kurze Anzeigen und Miscellen. 197
■o
verglichen, allerdings als eine wesentlich andere erscheint, und an der
das lobenswertheste die Entfernung vieles unnötigen Ballastes, bestehend
in Weglassung l);ild ganzer Artikel, bald unnötiger oder verkehrter Epi-
theta, so wie in zweckmäsziger Zusammenziehung der Plirases , zu sein
scheint. Günstig würde daher das neue Werk zu beurteilen sein, wenn
auszerdem der Herr Verf. das in andern ähnlichen Büchern enthaltne
Gute umfassend benutzt , die sonst auf dem Gebiete der Prosodie ge-
maciiten Fortschritte weniger ignoriert, aus eigner selbständiger For-
schung mehr beigebracht, nichts von dem Herkömmlichen ohne Prüfung
andern nachgeschrieben und namentlich die Belegstellen immer aus den
besten Auetoren und den ilinen zweifellos angehörenden Gedichten,
ferner nach den besten Ausgaben, endlich unter zuverlässigrer An-
gabe der Gewährsmänner ausgewählt und citiert hätte. Dasz dies sehr
oft nicht der Fall gewesen und dasz darum der neue Gradus einen nur
geringen k ritis clien W^erth hat, gedenkt Rec. leicht darzuthun, obwol
er absichtlich dabei nur die ersten 8 Seiten des Buchs, diese aber
auch gründlich geprüft hat, was, nebenbei bemerkt, ein saueres Stück
Arbeit war, da auch in diesem (jlradus die Stellenangabe nach Buch
und Vers nicht beliebt worden ist.
Unkritisch ist die Beisetzung der bloszen Chiffre Ov. oder Verg.
zu Versen, die aus erwiesnernias/en nichtovidischen oder niclit-
vergilischen Gedichten entnommen sind, unkritisch auch die Citierung
solcher Verse überhaupt, falls sie sich durch besser beglaubigte ersetzen
lieszen. So ist abstineo mit Pseudoovid. epist, XVII 98 statt mit Ov.
fast. I .354 belegt, abstraho ebenso mit epist. XVI 154 statt etwa mit
Ov. epist. VI 59, Abydos mit epist, XVIII 12 statt mit Verg. georg.
I 207, acerbus mit epist, XXI 46, wofür es Dutzende besserer Belege
gab, Achelous mit epist. Villi 139 statt mit Ov, met. VIII 548,
Achillides mit epist. VIII 3 statt mit Ibis 303, Acontius mit epist.
XX 239 statt mit Ov. trist. III 10, 73, acriter mit epist. XVIIII 15
statt einer beliebigen andern Stelle, adhaereo mit epist. XII 122 statt
etwa mit Ov. met. IUI 693; so ist für Achelois gewählt Pseudoverg.
cop. 15 statt Ov. met. V 552, für acumen cul. 184 statt etwa Ov. fast.
Uli 163; so steht der Name Vergils unberechtigt hinter dena Verse für
Acrisione, der aus dem Gedichte ad Messallam (V. 33) stammt, so der
des Ovid fälschlich nach dem Verse für accuso , der aus der unechten
20, Heroide (V. 71) herrührt, so war für Actaeus statt Pseudoverg, Cir.
102 etwa zu eitleren Ov, met, VII 681, endlich für abripio niclit nötig
auf Properz zurückzugehu, sondern Ov. oder Verg. dafür beizubringen.
Wenig kritische Sorgfalt verräth es, wenn unter abominor
für das passivisch gebrauchte abominatus auszer Hör. noch Ovid zeu-
gen soll, wo vielleicht an Li v ins gedacht war: wenn unter Absyrtus
aus Ov, trist. III 9, 5 citiert ist fuisse locum, wärend dort loco steht:
wenn ferner für ac angeführt wird aus Ov. trist. IUI 3, 13 credo quod
es quod vis ac desine , wo gerade die besser beglaubigte Lesart ist
quod est et vis et desine: wenn weiter unter acclino aus Ov. met, V
72 citiert wird acclinavit ad illum statt in illum: wenn acclivus durch
Ov. fast, V 154 bezeugt werden soll, wo die besseren Handschriften
acclivi iugo bieten: wenn für accolo figuriert Catull, 38, 21, wo eine
Variante nulli accoiuere für nulli coluere gar nicht existiert, wärend
in einem ganz andern Verse (38, 23) multi accoiuere bisher stand,
doch sicher in multei coluere schon des beabsichtigten Parallelismus
halber zu ändern ist: wenn unter a hinter pastor ab Amphryso steht
Ov. und hinter psittacus ales ab Indis Verg., wärend jene Worte bei
Verg. (georg. IUI 2), diese bei Ovid (amor. II 6, 1) sich finden: wenn
abdico belegt ist mit Ov, met. I 617, wo in guten Texten gelesen wird
addicere amores: wenn unter abominor aus Ov. met. Villi 676 citiert
198 Kurze Anzeigen und Miscellen.
•wird vires natura negat statt fortuna: wenn für abrado Hör. epist.
I 7, 50 zeugen soll, wo vielmehr ad ras um quendam sich findet: wenn
unter abstergeo aus Catull. 73, 18 der Vers steht guttis abster-
sisti oniüibus articnlis statt abstersti guttis o. a.: wenn unter
absterreo Hör. serm. II 5, 8^} mit non absterrebitur statt numquam
a. angeführt ist: wenn bei accomniodus die Beweisstelle (Verg. Aen.
XI 522) gar prosodisch verdorben wird durch Verwandhing des richtigen
valles in vallis: wenn für Achaicus Verg, Aen. II -1()2 gewählt ist,
wo Achaia castra sichrer steht: wenn unter Acis citiert wird (Ov.
met. XIII 861) meis complexibus statt amplexibus: wenn für Acro-
corinthus aus Stat. Theb. VII i06 angeführt wird qua suminas tollit
caput Acrocorinthus in auras, wärend dort steht litora qua sunimas
c. A. i. a. tollit: wenn unter den Hundenamen (s. v. Actaeon) ge-
schrieben ist Canace statt Canache, Menaleus statt Älel an eu s, und
gar das unmetrische Agriodos statt Argiodüs, auch dort die drei
Namen Lacon, Aello und Thous ganz fehlen: _wenn unter Actium_ die
Worte des Pi'operz (V 6, 17) gemessen werden Actlä JQleäe statt Actla
iüleäe: wenn für adeps aus Seren. Samon. 155 (einem Dicliter, den wol
nie eines Gradusschreibers Auge erblickte!) angeführt ist cygneas
adipes hilari miscete Lyaeo statt cycneos a. h. miscetoL. : wenn laut
des Artikels adhortor bei Catull. 41, 29 stehn soll rapidum incitat
animum statt anim o : wenn endlich für acredula ein Vers angeblich
aus Ovid entnommen figuriert, der — man staune! — aus des Albius
Ovidius luventinus Elegie de philomela (V. 15) herrührt. Auch
wagt Rec. starke Zweifel zu hegen an der Belegstelle für absque, die
im Lucan , sowie an der für Abjla, die im Martial stehen soll! Wo?
wenn man fragen darf.
Wegbleiben ohne Schaden konnten Artikel wie Aaron, abbas,
Abel, Abraham, Absalon usf. mit ihren unklassischen Gewiihrsmännern
und ihren Quantitätsschwankungen , wegfallen auch als besondere Ar-
tikel die Participia abactus, abditus , abiectus, abruptus, abstinens usf.
und die aus solchen gebildeten Substantiva wie abditum und actum,
ferner die Adverbia wie acriter: hier war Zusammenziehung behufs
Raumersparnis am Platze ; ausfallen sollten auch die beleglosen Artikel
abundantia und Acadinus (?!); zuviel gesagt ist es, wenn in abintegro
die 3e Silbe, in acredula und Acragas die ersten als ancipites angegeben
werden und doch nur Belege für abintegro, Acragas und acredula dabei-
stehen (acredula findet sich übrigens in einem \'erse bei Cic. de divin.
I § 14); zuviel auch, wenn abunde ohne weiteres mit c notiert ist, da
dies Wort nur ara Versende oder mit elidiertem Vocal oder am Schlusz
der Trimeterhälfte sich findet, wonach es ebenso gut e haben könnte,
wie die sehr ähnlichen necesse und teraere ; zuviel endlich, wenn neben
acies ungescheut acici steht, wo erst zu untersuchen war, ob dieser
Genetiv überhaupt bei einem Dichter vorkommt, ob das e als lang oder
liurz anzusehn , ob nicht die Klassiker acie vorgezogen haben würden
(vgl. die .\ndeutungen in des Rec. ^Grundzüge der lateinischen Prosodie
und Metrik' § 3 Ausn. I); wegfallen sollte ferner der ganze Artikel
Acithius, weil dieser sieilische Fluszname (aus Sil. XIIII 269) zu un-
wichtig für ein Schulbuch und zu unsicher in seiner Form ist, ebenso
der Artikel adliorreo , denn der Vers aus der consol. ad Liviam 221,
einem M'achwerke des Mittelalters, den der Hr Verf. natürlich frischweg
mit der Chiffre Ov. ehrt, belegt ebenso gut wie nichts.
Vermiszt wird unter abeo eine Erwähnung der seltsamerweise
anapästischen Form abiit , die etwa mit Ov. fast. IUI 721 zu be-
legen gewesen, und ebenso unter adeo adiTt, wofür Ovid allein fünf
Belege bot (vgl. des Rec. Grundzüge § 18 Ausn.); unter abscondo war
als Perfectum auch abscondidi anzugeben (Sil. VIII 191), um so mehr,
Kurze Anzeigen und Miscellen. 199
da abscondi (bei Seneca , Juvenal , Claiuliau) auch nicht mit bessern
Auctoritäteu zu schützen sein wird; unter absolvo ist das Supinum ab-
solntum nicht einmal an<reo:eben, geschweige denn belegt (Mart. I 82, 3),
wiirend doch gerade die Formen solutum und volutum die ursprüngliche
Quantität von sülüo und vliIüo, wie sie durch evolüisse, persölüenda
u. a. m. (aus der zweiten Haltte des Pentameter!) belegbar ist,
andeuten konnten; bei academia ist der besser bezeugten Messung aca-
demTa mit keinem Worte gedacht, wozu man vgl. des Rec. 'Probeblätter
aus meinem Gr. ad P.'. Progr. des Gymnas. zu Zittau 1859 S. 3, und
dort für anaS qujx nachtrage Xanthias b. Athen. VIII 336® V. 2; unter
Achilles ist nur der contrahierte Genetiv Achilli (mit Verg. Aen. III 87}
belegt, wärend vermiszt werden der regelmäszige Achillis (Ov. Pont. I
3, 74), der viersilbige Achillei (Hör. carm. I 15, 34), der Ablativ Achilli
(Ov. Pont. III 3, 4:^) ; unter Acmon und Actor fehlen die Nachweise für
die Quantität des o in den casibus obliquis, die etwa mit Acmöna aus
Ov. met. XIIII 497 und mit Actöris aus Verg. Aen. XII 94 zu geben
waren: jedesfalls hätte man aus diesen Stellen mehr gelernt als aus
den angefülirten (V. A. X 128. Villi 500), in denen jene Xameu in der
Nominativform und am Versende stehen.
Die Orthographie des Hrn \'erf. steht noch auf sehr primitivem
Standpunkte: so dürften weder abintegro noch abusque in e'in Wort
zu schreiben sein; so ist abiicio gründlich falsch statt abicio, wie
dies schon durch das Vergilisehe re"ife und durch ämlcio schlagend sich
belegen läszt (vgl. des Rec. Probeblätter s. v. reicio); so sollte unter
absum nicht abfui und abfore geschrieben sein, sondern afui afore,
unter absumo nicht altmodisch absum si und absum tum, sondern ab-
sum jisi und absumptum; unter Acastus durfte nicht erst Haemonias
aquas citiert und dann als Epitheton das falsche Aemonius aufgezählt
sein: eine Inconsequenz die sich wiederholt unter Achilles, der anfangs
als Aemonius heros , später als puer H aemonius vorkommt; der be-
kannte tragische Dicbter heiszt nicht Accius sondern Attius; das
schon in lateinischen Worten unerträgliche j ist gar auch in
griechische eingeschmugafelt , denn es steht unter Aclielous eine
Dejanira (!) und unter Actaeon eine Harpyja (!); auch das Ad-
jectiv von Acrisione würde richtiger Acrisionaeus als Acrisioneus lauten,
und ist dafür Verg. Aen. VII 410, wo Acrisioneis wahrscheinlicher ein
femin. singul. ist, nicht eben glücklich gewählt, besser Ov. met. V 239.
Unbestreitbare Fehler aber wie die jetzt anzuführenden lassen
wahre wissenschaftliche Gediegenheit in noch weit höherem Masze ver-
missen: die Insel Abatos wird mit ö als Anapäst statt mit o (aßazog)
als Tribrachys bezeichnet; nach wie vor behauptet das berüchtigte o
anceps in den ersten Personen der Verba (s. abdico, abdlcö, abdö, ab-
duct) usw.) seine Herschaft, wärend längst bekannt ist, dasz dies für
ein o productum zu halten (vgl. Probeblätter unter einem Dutzend Ar-
tikel und Grundzüge § 11); unter abortivus wird die Phrase immaturo
partu e nix US statt editus oder etwas ähnlichen geboten; unter abies
heiszt die Form abietis ein trissyllabum, wärend es ein trisyllabum
{TQiavk?.cißov) ist; unter abundantia kommt ein Adjectiv Amalthaeus
vor, das nach 'Juald'Frog nur Amaltheus oder Amalthius lauten kann;
der unter aecipiter erwähnte Daedaleon heiszt vielmehr Daedalion,
auch geschieht seiner nicht bei Verg. Aen. XI 721 Erwähnung, sondern
bei Ov. met. XI 295; ebendaselbst unter den P2pithetis steht volucris
statt volucer; Achaemenides (unter diesem Wort und nochmals unter
Adamastus) soll im Genetiv is haben statt ae; ähnlich falsch steht
unter Achates: primi Achates statt achafae, und ferner gar unter
Acragas ein Genetiv Acragae statt Acragantis; unter Achelous wird
dessen Tochter zwiefach unrichtig Calirhoe genannt, die vielmehr
200 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Callirrhoe {KaXXiQQdr]) oder Calliroe (KalXiQorj) lieiszt; endlich
für Actium, ii wird Prop. V G, 17 citiert, wo das Adjectiv Actius, a,
um vorliegt.
Der Preis des Buches ist ziemlich hoch, Druck und Papier
tretflich, Druckfehler, teils schon der In Auflage eigen, teils neu
hinzugekommen, sind doch zu zahlreich. Der erstem Art gehören
an: S. 1 Col. 1 Z. 22 adductus statt abductus, S. 2 Col. 1 Z. 1 ab1s
statt abTs , Z. 54 posteä statt posteä, Col. 2 Z. 15 u. 17 limphis statt
lymphis, S. 3 Col. 2 Z. 12 qul statt qui , S. 4 Col. 2 Z. 51 mensis et
Dis statt dis et rnensis , S. 5 Col. 2 Z. 9 dixerit, statt dixerit:, S. 6
Col. 1 Z. 20 virginea statt virgineo, Col. 2 Z. 60 vltreus statt vitreus,
S. 7 Col. 1 Z. 28 cumprimis statt cum primis , Z. 30 ostendat statt
ostentat; neu sind folgende; S. 1 Col. 2 Z. 2_Democriti ^statt Demo-
criti , Z. 35 speluncis statt speluncis, Z. 48 Abel statt Abel, S. 2
Col. 2 Z. 31 limphis statt lymphis, Z. 51 olim statt oHm , S. 3 Col. 1
Z. 3 non statt uön , Z. 13 zu streichen sermonem , Z. 48 ponto statt
Ponto, Z. 51 Ligusticum statt Ligusticum, S. 5 Col. 1 Z. 10 complector
statt complector, Cd. 2 Z. 41 Clarius statt Clanius, Z. 66 nam statt
num, S. 6 Col. 1 Z. 1 nach Achaemenias einzuschieben urbes , Z. 12
solidae statt solitae, Z. 42 profundus statt profundus, Z. 48 nldum
statt nldum, S. 7 Col. 1 Z. 6 A, 11 statt A, 12, Col. 2 Z. 8 Ladon
statt Lädon, ebd. Dromäs statt Dromäs, S. 8 Col. 1 Z. 55 zu streichen
addo, Col. 2 Z. 30 ädivi statt ädlvi.
Statt alles Schluszworts erlaubt sich nun Rec. nur die Frage: kann
man überhaupt auf nicht mehr als acht Seiten eine noch gröszere Menge
von Ungenauigkeiten und Fehlern, kurz Mängeln aller Art füglich er-
warten?
Zittau. ^^ Richard Habenicht.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Mecklenburgische Programme vom Jahre 185 9.
(Schlusz von S. 88-92.)
8. Wismar.] Grosze Stadtschule. Lehrercollegium : Rector
Professor Dr Crain, Dr Frege, Dr Haupt, Dr Nölting, Dr Wal-
ther, Dr Schröving, Dr Sonne, Herbing, Dr Sievert, Krack,
Dr An ding, Cantor Massmann, Schreib- und Rechenmeister Wet-
terich und Mohr, Eleraentarlehrer Grobe und Böhmer, Zeichenlehrer
Ingen. Fangheim. 4 Gymnasial-, 3 Real-, 4 Elementarklassen, 346
Schüler, darunter 116 Auswärtige (I 19, II 22, III 35, IV 41 ; 1 13,
2 25, 3 29; a 48, b 38, c 46 , d 30). Abiturienten 11. Der als Stell-
vertreter des erkrankten Dr Walther interimistisch angestellte Dr
Rosendahl schied aus dem Lehrercollegium: der zeitweilig quiescierte
Dr An ding konnte wieder in seine volle Thätigkeit eintreten. Am
28. Mai starb der von Ostern 1809 bis Michaelis 1843 am Gymnasium als
Lehrer fungierende Dr Plagemann. — Abhandlung von Dr Theodor
Nölting: über das lateinische Deponens (54 S. 4). Nach einer eingehen-
den , übersichtlichen und kritischen Analyse der verschiednen bisher
angestellten Versuche das Deponens zu erklären entwickelt und begrün-
det der Herr Verf. auf Grund der sprachvergleichenden Forschungen
Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, statisl. Notizen. 201
von Pott und Bopp seine Ansicht dahin, dasz in dem dieactiven
Endungen verstärkenden r der passiven oder deponentia-
len Personalen düngen das Reflexivpronomen se enthal-
ten sei, dasz mithin das Deponens verliiiltnismäszig eine jüngere
Schöpfung der Sprache und wenigstens ein fertiges Act ivu m voraus-
setze. Dasz die lateinische Sprache aher das Reflexivpronomen der
dritten Person auch der ersten und zweiten hinzugefügt erläutert der
Herr Verf. dureh die ganz ähnliehe Ausdrucksweise der lithauischen und
slavischen Sprache und durch den Hinweis auf die Neigung der Grie-
chen das plurale Reflexivum eavzcov usw. für die erste und zweite Person
und seit Xenophon sogar den Siuiiular sccvrov für iaavTOv und geccvzov
zu gebrauchen, wie denn auch aus dem Bereich der deutschen Sprache
eine Reihe ähnlicher Erscheinungen von J. Grimm in seiner deutschen
Grammatik aufgeführt sei. 'Jedesfalls', fährt der Herr Verfasser fort,
'wird man anerkennen dasz eben durch diese logische Ungenauigkeit
erst eine in sich so gleichartige und eigentümliche Verbalform entstehen
konnte , wie sie das Deponens-Passivum aufweist. Denn je mehr sich
das zum Ausdruck der reflexiven Beziehung dienende sprachliche Ele-
ment verfeinerte, desto mehr durfte sich auch die Bedeutung dieser
Form vergeistigen, so dasz manche Verben dieser neuen Gattung nur
durch eine leise aber immerhin erkennbare Schattierung von den sinn-
verwandten Activen geschieden sind.' Im weitern Verlauf der Abhand-
lung wird sodann die Frage beantwortet, was den schafl'enden Sprach-
geist veranlaszt habe diese Form zu bilden und welche Bedeutung er
mit derselben verbunden habe. Ein wirkliches Bedürfnis eine Reflexiv-
form zu erzeugen habe nur bei den Transitiven entstehen können, wenn
ihre Thätigkeit allein am Subject zum Vorschein kommen sollte. 'Und
wie natürlich war es dasz die sprachbildende Kraft, die nie zufrieden
mit dem erworbenen sich fortwärend äuszern musz , nicht nur um für
den erweiterten Gesichtskreis des Volks oder für seine tiefere und sin-
nigere Auffassung den gemäszen Ausdruck zu schaft'en , sondern auch
um seinen Schönheitssinn zu befriedigen, welcher nach Abwechslung und
Fülle strebt , dasz diese Kraft sich durch ein so einfaches Mittel ein
neues und weites Gebiet eroberte und ihren Reichtum an Verbalbezeich-
nungen fast verdoppelte. Denn indem sie jedes Transitiv in ein Reflexiv
zu verwandeln im Stande war, gewann sie zugleich ihr Passiv, dessen
Stelle bis dahin die intransitiven Verben mit vertreten hatten.' Der
Bildungsgang der Reflexivform in der lateinischen Sprache aber sei
folgender gewesen: 'Zuerst heftete sich das Pronomen se an die Transi-
tiva , welche durch diese Beschränkung der Thätigkeit auf das Subject
zu Intransitiven wurden und so allmählich zu dem vorhandenen Vorrath
eine grosze Menge neuer Bezeichnungen hinzufügten, die je nach dem
Bedürfnis der Rede eigentliche Intransitive bleiben oder als Passive ver-
wandt werden konnten. Dann trug die Sprache diese neue Form, welche
offenbar das Verhältnis des durch die eigne Thätigkeit zugleich in ein
Leiden versetzten Subjectes schärfer bezeichnete, auf gewisse Intransi-
tive über; darauf bildete sie durch Ableitung neue Verba, welche so-
gleich als eigentliche Reflexiva hervortraten, ohne einem eigentlichen
Transitivum gegenüber zu stehn, z. B. 1) vehi , ferri, volvi, fundi,
angi; 2) mori, pati, sequi, labi, fari, queri; 3") grassari, vectari, versari,
spatiari , fluctuari, aemulari, pigrari, vociferari. Indes damit begnügte
sich die Sprache noch nicht; sie wiederholte bis zu einem gewissen
Masze ihr formales Bildungsprincip auf syntaktischem Wege ; neben
fundi, ferri, verti traten se fundere, se ferre , se vertere, und je weiter
diese Art der Verbindung um sich grifl', desto mehr wurde die Reflexiv-
form der Transitiva zum wahren Passiv. Aber auch die eigentlichen
Deponentia musten mehr und mehr durch dies Gegenübertreten einer
202 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slalist. Notizen,
dem Sinne nach anscheinend gleichen Form in ihrem Wesen eine Aen-
deruiig erleiden; die reflexive Bedeutung wurde feiner, inniger, tiefer;
die Deponentialform konnte selbst entschieden transitive Begriffe er-
fassen , sobald sich nur durchtülilen liesz dasz ihre Thätigkeit nicht
wohl ohne ein Leiden, ohne eine körperliche oder meist innerliche Er-
regung des Subjects ausgeübt werden mochte, und so entstanden solche
Verba wie metior, sortior, mereor, hortor, scrutor.' Diese Theorie über
das Deponens, die wir wenigstens ihren Hauptzügen nach zu referieren
uns bemühten, wird sodann ausführlich im einzelnen nach den ver-
schiedenen Begriffskategorien der Bewegung usw. begründet. Wir
wünschen der sorgsamen und gediegnen, auch für die Synonymik
nicht unwichtigen Abhandlung die verdiente Beachtung und eine weite
Verbreitung.
Bemerkung. Das Programm des Neubrandeuburger Gymna-
siums stand uns zu unserem Bedauern nicht zur Disposition, weshalb
wir für diesmal über dasselbe nicht berichten können.
Güstrow. Dr Nickel.
Ueber die Gymnasien des Herzogtums Nassau berichten wir nach
den Ostern 1860 erschienenen Programmen wie folgt:
1. Hadamar.] Das Lehrercollegium erfuhr in dem verflossenen Schul-
jahre keine weitere Veränderung, als dasz der Elementarlehrer Wag-
ner in Folge seiner Versetzung nach Hoclihelm aus seinem seitherigen
Verhältnis als Musiklelirer des Gymnasiums ausschied. Bestand des
Lehrercollegiums; Director Oberschuhath Dr Schwartz, die Professoren
Lade, Meister, auszerordentl. Professor Barbieux, die Conrectoren
Dr Eickemeier, Colombel, Dr Deutschmann, die Collaboratoren
Dr Krebs, Hetzel, Zeichenlehrer Diefenbach, Hülfslehrer Elemen-
tarlelirer Decku. Der katholische Religionsunterricht wurde von dem
Beneficiaten S ch m e 1 z e i s, der evangelische von dem Pfarrer Schellen-
berg erteilt. Auszerdem erteilte der Convictregens Walter lateini-
schen und geschichtlichen Unterricht vorzugsweise in VII, in welcher
Klasse er auch das Ordinariat verwaltete. Schülerzahl 152 (VII 25,
VI 16, V 17, IV 24, III 22, II 24, I 24). Abiturienten 13. Den Schul-
nachrichten geht voraus: de carminis Hesiodei, quod Opera et Dies inscri-
bitiir, composilione et interpolalionibus. Disputatiö prior. Von dem Colla-
borator Hetzel (10 S. 4). 'Tota haec quaestio duabus partibus con-
tinetur, Prinuim enim quaerendum est, quibus historiae testimoniis haec,
quae tradita est, carminis forma nitatur; deinde, quod quidem maius
est, indagandum, quibus indiciis ex ipso carmine derivatis aut genuinas
aut suppositicias quasvis eins partes esse probari possit.' 'Unum et
continuum Hesiodi carmen esse credo versus 11 — 24. 27 — 39. 202 — 209.
212—224. 239 — 243. 246. 247, 225 — 237 (quae hoc ordine disposita
fuisse infra conabor demonstrare). 248—251. 256—264. 267—300. 302—
310. 312. 313. 315. 316. 383. 384. 388—398. 407—432. 434—437. 448—
454. 458—461. 463. 465—470. 473—482. 403—495. 498. 499. 564—581.
597 — 601. 600 — 617. Cetera omnia post adiecta mihi videntur.' 'In
altera qnaestionis parte hoc sequar, ut primum aperiam , quibus ratio-
nibus adductus illud, quod supra descripsi, unum et continuum carmen
esse iudicaverim , deinde cur cetera seiungenda sint doceam , postremo
exponam , quid de singulis interpolationibus statuendura quave ratione
haec omnia in unum corpus cougesta esse existimem.' 'Omnes locos,
quos interpolatos esse iudicem, enumerabo, temporum, quibus adiecti
mihi videntur, ordine dispositos. Prima igitur aetate Operum carmini
adiecta sunt ea, quae primam eius formam eiusque consilium maxime
respiciunt, atque ab Hesiodi sentiendi genere non nimis recedunt, in
quorum numero habeo in priore carminis parte versus 25, 26. 210, 211.
Berichte über gelelirfe Anstalten, Verordnungen, slalist. Notizen. 203
244,245. 265,260. 320-341. 317—319. 342—377; quibus adli.ierebant
versus 381, 382. 378 — 380: in altera parte vv. 38:i — 387. 309 — 404.
40.1, 406. 433. 438 — 447. 4ri5 — 457. 462. 464. 471, 472. 483—492,
496, 497. 500, 501. 602 — 005. Deiiide praecepta nautiea, vv. 40—40
et 618—630 et 663—686; 631—642 et 646-662; 6-13—645; 687—694;
695 — ~05. Alteri aetati eos locos adscribo , qiios tum demnm iii.sertos
esse verisiniile est, quum prima carmiuis forma additis alieuis iam
ob.scnrata cs.set, quiquo quasi in coiifinio aetatis Hesiodi et aetatis
mysticae positi fuisse videutur. Sunt ii loci vv. 47—105 (in quos post
illatos V. 93, fortasse et 99), 106, 107, 109, 110, 112—201, 108, 111;
223, 238,. 314. Tertia aetate adiecti sunt (fortasse vv. 706 — 723) 724
• — 828 ; jiraeterea prooeniium (vv. 1 — 10), duo denique loci, qui, quam-
quam ab ilio , quod descripsi , genere alieni , tamen alias ob causas in
eorum additamentorura numero habendi sunt, quae atticam aetatem
proxime antecesserunt, versus dico 502 — 503, et quos propter propositi
siuülitudinem ad eundem auctorem referendos esse coniicio , vv. 582 —
5U5, quibns jiost additus v. 59(i.'
2. Weilburg.] Der Collaborator Otto wurde an das Gelelirten-
gymnasium zu Wiesbaden versetzt; die Prorectoren Schulz nnd Stoll
sind zu Profe.'^soren nnd der Collaborator Wagner zum Conrector be-
fördert worden. Anszer den beiden Religionslehrern Stadtpfarrer Dörr
für die evangelischen Schüler und Pfarrer Noll für die katholischen
Sclüiler bilden das LehrercoUegium : Director Schm it t, die Professoren
Krebs, Sclienck, Francke, Schulz, Stoll, die Conrectoren
Becker, Wagner, Cullaborator I5r an ds ch ei d, Hülfslehrer Sauer,
Zeichenlehrer Durst, Tanz- nnd Turnlehrer Lieb ich, Reitlehrer Stroh.
Schülerzahl 113 (I 11, II 18, 111 7, IV 19, V 23, VI 20, VII 15). Abi-
turienten 5. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung von
Professor Schulz: über die Beäeiduvg der germanistischen Studien fiir die
Gegenwart, insbesondere für das Gymnasium (20 S. 4).
3. Wiesbaden.] a) Gelehrtengymnasium. Der Candidat der
Philologie Dr Künkler, welcher dem Gymnasium zu provisorischer
Aushülfe zugeteilt worden war, schied aus dem LehrercoUegium aus,
um eine Privat- Knabenerziehnrigsanstalt in Biebrich zu gründen; in
Folge dessen wurde der Collaborator Otto von dem Gymnasium zu
Weilburg an das hiesige versetzt und derselbe später zum Conrector
ernannt. Das LehrercoUegium bilden; Director Oberschulrath Lex, die
Professoren Dr Cuntz, Kirschbaum, Müller, Dr Lüdecking,
Spiesz, die Conrectoren Bernhardt, Seyberth, Bogler, Otto,
Collaborator Schmi tth enn er , Elementarlehrer Reichard, Zeichen-
uud Turnlehrer deLaspe'e. Auszerdem erteilten die Professoren Eben au
und Dr Greisz, beide von dem hiesigen Realgymnasium, an die dazu
vereinigten Schüler beider Anstalten den Unterricht im Englischen, der
Kirchenrath Dietz den evangelischen und der Kaplan Lorsbach den
katholischen Religionsunterricht. Schülerzahl 208 (1 24, II 22, III 22,
IV 33, V 49, VI 25, VII 33). Abiturienten 9. Den Schulnachrichten
geht voraus: die sogenannten imaginären Wurzeln, Realität derselben, von
Professor Müller (15 S. 4). — b) Realgymnasium. Das Lehrer-
coUegium bildeten: Director Oberschulrath Müller, die Professoren
Ebenau, Greisz, die Conrectoren Dr Casselmann, Dr Sandber-
ge r, die Collaboratoren Dr M enges (den die Anstalt kurz vor Ablauf
des Schuljahrs durch den Tod verlor), Dr Hildenbrand. Den Re-
ligionsunterricht für die protestantischen Schüler erteilte Kirchenrath
Dietz, den für die katholischen Kaplan Lorsbach. Den Unterricht
in der französischen Sprache gab in den beiden obersten Klassen der
Professor am Gymnasium Dr Lüdecking, den gesamten lateinischen
Unterricht erteilte der Conrector am Gymnasium Otto. Schülerzahl 79
204 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
(III 20, II 26, I 33). Abiturienten 10. Den Schulnachrichten geht
voraus eine Abhandlung vom Director: Beiträge zur Terminologie der
griechischen Mathematiker (22 S. 4). Dr Ostermann.
ScHLEiz.] Das zur Feier des Heinrichstags erschienene Programm
enthält auszer einigen Schulnachrichten von dem Director Göll eine
wissenschaftliche Abhandlung des Prorectors Hermann Göll: de Ro-
manorum aedilibus sub Caesaruni imperio commeniatio brevis (12 S. 4). Von
demselben Verfasser ist im Programm des Jahres 1859 eine Abhandlung
erschienen unter dem Titel: über die römische Censur zur Zeit ihres Unter-
ganges (13 S. 4). Dieselbe ist eine Fortsetzung der in der Zeitschrift
für Altertumswissenschaft Jahrg. XIV Nr 64 1856 begonnenen gröszern
Arbeit: über die Fortdauer und die Amtsbefugnisse der republikanische?i
Magistrate zur Zeit der römischen Kaiser. Als Anfang erschien daselbst:
über die Wahlcomitieii der Kaiserzeit ; dann folgte im rhein. Museum für
Philologie XIII 1 1858: das Volkstribunat in der Kaiserzeit; endlich im
Philologus XIV I 1859: der processus consularis der Kaiserz.
Fulda. Br Ostermann.
GroszherzogtumBaden 1860.
t5
lieber die Lyceen und Gymnasien des Groszherzogtums Baden
berichten wir aus den zu Michaelis 1860 erschienenen Programmen
wie folgt:
A. Lyceen.
1. Caelsruhe.] Dem bisherigen Director der Anstalt, Geheimen
Hofrath Dr Vierordt, wurde auf wiederholtes Ansuchen der Wunsch
erfüllt, wegen vorgerückten Alters sein Lehramt mit der Direction nie-
derlegen zu dürfen. Er hatte an 40 Jahre als Lehrer und seit 1855
als Vorstand an der Anstalt gewirkt. An seine Stelle trat Geheimer
Hofrath Professor Gockel., Den Lyceumslehrer Hofmann verlor die
Anstalt durch den Tod. Der Schulamtscandidat Ziegler leistete Aus-
hülfe. Lehrerpersonal: Geheimer Hofrath Professor Gockel, Hofrath
Professor Platz, Professor Gerstner, Professor Böckh, Professor
Zandt, Professor B i s Singer, Professor Kirn , Professor Dr Haus er,
Pfarrer Frommel (evangel. Religionslehrer), die Lyceumslehrer Eisen
(auch Turnlehrer), Roth, die Lehramtspraktikanten D urb an, Dr Böh-
ringer, Dr Grohe, Nicki es (zugleich Turnlehrer), die Lyceumslehrer
F o s z 1 e r, Z e u n e r, Beck. Candidat Z i e g 1 e r. Schülerzahl des Lyceums
336 (VI" 14, VI" 15, V 17, V^ 22, IV" 29, IV» 51, III 54, II 03,
I 71), der Lycealvorschule 215 (III 70, II 03, I 82). Abiturienten 21.
Mit dem Programm ist als Beilage verbunden eine Abhandlung von Dr
Böhringer: der pldlosophische Standpunkt des Sokrates. Ein Bruchstück
aus der Geschichte der griechischen Philosophie (42 S. 8). Der Verfasser
bemüht sich vorzugsweise den anthropologischen Standpunkt und das
ethische Princip des Sokrates dadurch, dasz er sie in directen Zusam-
menhang mit seiner Idee des Wissens bringt, in ein helleres Licht zu
setzen. Um eine alles einzelne umfassende Darstellung ist es ihm nicht
zu thun gewesen. Uebrigens enthält gegenwärtige Beilage nur den
ersten Teil der Untersuchung , welchem ein zweiter folgen soll , der be-
stimmt ist durch eine eingehende Vergleichung des xenophontischen mit
dem platonischen Sokrates im einzelnen das hier gegebene teils zu er-
gänzen , teils näher zu begründen.
2. CoNSTANZ.] Professor Gagg hat die ihm übertragne Lehrstelle
mit dem Beginn des Schuljahrs angetreten; der Lehramtspraktikant
Eiselein wurde zum Lehrer mit Staatsdieiiereigenschaft ernannt; dem
Lehramtspraktikanten Neff wurde gestattet als Volontär einzutreten.
Berichte über gelehrte Ansfalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 205
Bestand des Lehrerpersonals: Director Professor Ho ff mann, die Pro-
fessoren Gagg, Schwab, DrWörl, die Lyceumslehrer Schaber,
Heincmann, Hummelsheim, Kern, Frühe, Eiselein, Schmal-
holz (]Musik- und Zeichenlehrer), die auszerordentlichen Lehrer l'ro-
fessor Seiz (Physik), Pfarrer Jeep (evangel. Relioionslehrer), Neff.
Schülerzahl 244 (VI^ 33, VI" 31, V^ 23, V^ 24, IV 35, IV ^ 33. HI
23, II 21, I 21). Abiturienten 33. Eine wissenschaftliche Abhandlung
ist dem Jahresbericht nicht beigegeben.
3. Freiburg.] Der Hofrath Weis z gerb er wurde wegen andauern-
den Augenleidens bis zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in Pen-
sionsstand versetzt. Die Unterrichtsstunden desselben besorgte der von
Heidelberg berufene Lehramtspraktikant Dämmert. Den Lehrern
Eble und Kappes wurde der Charakter als Professor verliehn ; der
Lehramtspraktikant Mayer wurde zum Lehrer mit Staatsdienereigen-
schaft ernannt. Lehrerpersonal: Director Geheimer Hofrath Dr Nokk,
die Professoren Furtwängler, Eble, Kappes, die Lyceumslehrer
Zipp, Ammann, Lehmann, Bischoff, Hauser, Mayer, Lehr-
amtspraktikant Dämmert, Reallehrer Keller, die auszerordentlichen
Lehrer Director Professor Dr Fr ick, evangel. Stadtpfarrer Hei hing,
evangel. Vicar Walther, Zeichenlehrer G es zier. Schülerzahl 415
(VI^ 29, VI" 45, V« 24, V^ 47, IV ^ 67, IV 59, III 60, II 49, I 35).
Abiturienten 32. Dem Jahresbericht folgt: Zenodorus Abhandlung über
die isoperimetrischen Figuren, nach den Auszügen , ivelche U7is die Alexand-
driner Theon imd Pappus aus derselben überliefert haben, deutsch bearbeitet
von Dr Nokk (33 S. 8).
4. Heidelberg.] Dr Süpfle, Lehrer des Französischen und Eng-
lischen, sah sich aus Gesundheitsrücksichten genötigt seine Stelle nieder-
zulegen. Die von demselben besorgten Unterrichtsstunden im Französi-
schen wurden dem Lehraratspraktikanten Dr Karle übertragen, welcher
bereits als Volontär thätig gewesen war. Der Licentiat Holtzmann
leistete Aushülfe im Religionsunterricht. Lehrerpersonal: zeitiger Di-
rector Hofrath Professor Hautz, alternierender Director Professor Ca-
denbach, die Professoren Behaghel, Helferich, Rummer, die
Lyceumslehrer von Langsdorff, Dr Kössing, die Lehramtsprakti-
kanten Pfaff, Löhle, Dr Karle, Reallehrer S chottl er, Stadtpfarrer
Dr Holtzmann (evangel. Religionslehrer), Waszmannsdorf (Turnen),
Volck (Zeichnen), Rist (Gesan?''). Schülerzahl 186 (VI« 10, Vl>> 20,
V^ 21, Vb 17, IV^ 16, IVb 23, In 33, II 26, I 20). Abiturienten 12.
Dem Jahresbericht folgt: Untersuchungen aus dem Gebiete der klassischen
Altertumsivissenschaft in drei Lieferungen. 1) Bedeutung von des Neu-
platonikers Origenes Werke: ort [lövoq Ttoirjrrjg 6 ßaaiXsvg. II) Selbst-
tödung durch Trinken von Stierblut im Altertume, namentlich bei den
Griechen. III) Kritisch -exegetisches Spicilegium zu etlichen Stellen
aus Aeschylos Sieben vor Theben. Verfaszt von Professor Helferich
(38 S. 8).
5. Mannheim.] Nachdem mit dem Ende des vorigen Schuljahrs der
katholische Religionslehrer Windsches aus seiner bisherigen Wirk-
samkeit ausgeschieden war , um sich zum Eintritt in einen geistlichen
Orden vorzubereiten, trat mit dem Anfang des neuen Schuljahrs der
bisherige Vicar Nor bei an seine Stelle. Noch vor Ablauf des ersten
Quartals verliesz die Anstalt der evangelische Religionslehrer Faiszt,
welchem das Diaconat Eberbach und die damit verbundene Vorstands-
und erste Lehrstelle an der höhern Bürgerschule daselbst übertragen
war. Die durch dessen Abgang erledigten Religionsstunden übernahm
der provisorische Garnisonsprediger Fingado. Die Lehramtsprakti-
kanten Söllner und Trueck traten als Volontäre ein. Der bisherige
Lehramtspraktikant Kremp wurde zum Lehrer am Lyceum mit Staats-
206 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
dienereigenschaft ernannt. Lehrerpersonal : Director Hofrath B e h a g h e I,
Hofrath Kilian, die Professoren Dr Fickler, Baumann, Waag,
Ebner, Schmidt, Deimling, die Lyceumslehrer Dr Schmitt, Kapp,
Kremp, Pfarrer Nor bei (kathol. Keligiuiislehrer), Pfarrer Fingado
(evangel. Keligionslehrer), Stadtrabbiner Präger (Israelit. lieligions-
lehrer), Reallehrer Selz, die Lehramtspraktikanten Söllner, Trueck,
die Zeiclienlehrer Haus z er und Dünckel, Gesanglehrer Wlczek.
Schülerzahl 2.52 (VI^ 12, VI'' 14, V« 21, V 22, IV^ 33, IV ^ 21, III
51, II 40 , 138). Abiturienten 17. Dem Jahresbericht folgt: Beiträge
zur üuszern und innern Methodik des Unterrichts von O. Deimling
(64 S. 8). I. 1) lieber die zweckmäszigste Art der Schülerlocation.
2) Ueber die Aussprache des Altgriechischen in Beziehung auf Acöent
und Quantität. 3) Methodologische Hausmittel und ein gra;umatischer
Pleonasmus. II. 4) Die Autodidakten oder die Siunesanschauung und
die Gewohnheit, ein philosophisches Gespräch.
6. Rastatt.] Dem Lehrer Schlegel wurde der Charakter als
Professor verliehn, der Lehramtspraktikant Seidner wurde als Ly-
ceumslehrer mit Staatsdienereigenschaft angestellt. Eine Veränderung
ist im Lehrerpersonal nicht eingetreten. Schülerzahl 146 (VI^ 21,
Vlb 11, V« 4, V 10, IV^ 10, IVb 19, III 30, II 18, I 23). Abi-
turienten 13. Dem Jahresbericht ist beigegeben: die Fragmente der
Aitia des Kallimachos. Zusammengestellt von Professor Dr Rauch
(80 S. 8).
7. Weetheim.] Dem Lehrer Habermehl wurde der Charakter
als Professor verliehen. Dem Lehramtspraktikanten Schiller wurde
gestattet als Volontär Unterricht zu erteilen. An die Stelle des von
hier abberufenen katholischen Reügionslehrers Pfarrverwesers Mayland
trat der Pfarrverweser Schleyer. Lelirercollegium : Hofrath Hert-
lein, welchem die Direction übertragen ist, die Professoren Dr Neuber,
Föhlisch, Caspari, Dr Habermehl, Reallehrer Ströbe, die Lehr-
amtspraktikanten Platz, Schiller, Pfarrer Maurer (evangel. Reli-
gionslehrer), Pfarrverwalter Schleyer (kathol. Religionslehrer), Zeichen-
lehrer Fries, Gesanglehrer Feigenbutz. Schülerzahl 163 (VI 28,
V 17, IV 38, III 27, II 25, I 28). Abiturienten 16. Dem Jahres-
bericht folgt: zu Vergils Aeneis I 378. Von Professor Föhlisch
(25 S. 8).
B. Gymnasien.
1. Bruchsal.] Der Lehramtspraktikant Brugier, als Volontär
thätig, erhielt eine Lehrstelle am Gymnasium in Donaueschingen. Dem
Gymnasiumslehrer Rivola wurde der Charakter als Professor verliehen;
der Reallehrer Dr Sclilechter wurde mit Staatsdienereigenschaft an-
gestellt, ebenso der Lehramtspraktikant Dr S eidenadel. Bestand des
Lehrerpersonals: Director Professor Scherm, Professor Rivo la , die
Gymnasiumslehrer He rrmann, Wolf, Dr Seidenadel, Reallehrer Dr
Schlechter, geistl. Lehrer Lindner, Lehrer Schleyer (Gesang,
Kalligraphie, Geographie und Rechnen), Hofdiaconus Wo 1 fei (evangel.
Religionslehrer), Bezirksrabbiner Friedberg (Israelit. Religionslehrer).
Schülerzahl 166 (V 15, V 14, IV« 27, IV i' 15, III 36, II 27, I 32).
Dem Jahresbericht folgt: zur Geschichte und Statistik des groszherzoglichen
Gijmnasiums zu Bruchsal. Vom Jahre 1S03 bis auf die neuern Zeiten. Von
dem Director (49 S. 8),
2. BiscHOFSuEiM A. T,] Die Lehramtspraktikanten Büchler und
Kuhn wurden als Lehrer mit Staatsdienereigenschaft ernannt. Lehrer-
personal: Director Professor Reinhard, die Gymnasiiimslehrer Bauer,
K u h n, B ü c h 1 e r, geistl. Lehrer B r e m e i e r, G n i r s, Reallehrer S c h ü s z -
1er, Kaplan Rinderle. Schülerzahl 191 (V» 18, V" 22, IV» 41, IV
40 , III 33, II 17, I 14). Eine wissenschaftliche Abhandlung fehlt.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 207
3. DoNAüESCHiNGEN.j Den Gesanglehrer Böhm verlor die Anstalt
durch den Tod. Den Unterricht in der Mathematik und Naturgeschichte
erhielt nach dem Abgang des an das Lyceum in Constanz versetzten
Professor Gagg der Lehramtspraktikant S ti z enb erger. Der Vorstand
und Lehrer an der höhern Bürgerschule in Ettlingen Eapp wurde an
das hiesige Gymnasium versetzt und die dadurch erledigte Stelle in
Ettlingen dem Lehramtspraktikanten Schindler dahier übertragen.
Der Lehramtspraktikant Dr Winnefeld wurde zum Lehrer mit Staats-
dienereigenschat't ernannt. Der Lehramtspraktikant Brugier, bisher
Volontär am Gymnasium in Bruchsal, wurde an das hiesige Gymnasium
gewiesen mit dem Auftrage, zugleich den kalligraphischen und den Ge-
sangimterricht zu übernehmen. Lelirerpersonal : Vorstand Professor
Duffner, die Gymnasiumslehrer Kapp, Dr Winnefeld, geistl. Lehrer
Birke nmeier, die Leliramtspraktikanten Stiz enb erger, Baer, Bru-
gier, Hofprediger Müller (evansjel. Eeligionslehrer) , Zeichenlehrer
Jäckle. Schülerzahl 82 (V 6, V" 8, IV« 7, IV »> 15, III 21, II J2,
I 13). Dem Jahresbericht folgt: die griechischen Präpositionen, Zweiter
Teil. Von Dr Winnefeld (38 S. 8).
4. Lahr.] Lehrerpersonal des Gymnasiums und der damit ver-
bundnen hohem Bürgerschule: Director Geheimer Hofrath Gebhard,
Professor Fesenbeck h, Professor Joachim, Professor Eisenlohr,
Stein mann, Hillert, Pfarrverweser Förderer (kathol. Eeligions-
lehrer), Gesanglehrer Hockenjos, Zeichenlehrer Geb ha r dt. Scbüler-
zahl 117 (V 15, IV 17, III 17, II 26, I 16, Bürgerschule 3e Kl. 5, 4e
Kl. 21). Da die Ausarbeitung einer wissenschaftlichen Beigabe durch
unvorhergesehue Ereignisse unmöglich geworden war, so hat sich der
Director entschlossen, den von ihm bei dem feierlichen Schluszakte des
verflossenen Jahres gehaltenen Vortrag über den Unterricht in der deut-
schen Muttersprache an den ohern Klassen der Gelehrten- oder 3Iiltelschulen
im Druck herauszugeben (20 S. 8).
5. Offenburg. ] Dem geistlichen Lehrer Eckert und dem Gyra-
nasiumslehrer Blatz wurde der Charakter als Professor verliehen. Leh-
rerpersonal: Director Professor Intlekofer, die Professoren Stumpf,
Eckert, Blatz, Gj-mnasiumslehrer Rhein auer, die Lehramtsprakti-
kanten Stephan, Trunk, Gewerbslehrer Jüllig (Zeichnen und Schön-
schreiben), Oberlehrer Möszner (Gesang), Oberlehrer Kohl er (Instru-
mentalmusik), Pfarrer Bahr (Reliofionslehrer), Lehrer Engelhardt
(Kirchengesang). Schülerzahl 126 (V^ 7, V ^ 18, IV " 16, IV " 26, III
31, II 11, I 17). Dem Jahresbericht folp^t: Bemerkungen zur deutschen
Wortbildung von Professor Intlekofer (32 S. 8).
Fulda, Or Ostermann.
Person alnotizen.
Ernennnng^en, I{efürderang:en, Tersetznng^en:
Ahlwardt, Dr, Privatdocent und Gustos der Universitätsbibliothek
zu Greifswald, zum ord. Prof. in der philos. Facultät das. ernannt
und als zweiter Bibliothekar an der LTniversitätsbibliothek prädiciert. —
Aust, SchAC., als ord. Lehrer am G. zu Krotoschin angestellt. —
Berghaus, SchAC, als ord. Lehrer am Friedrich-Willielms-Gymnasium
in Köln angestellt. — Bursian, Dr Conr. , ao. Prof. in der philos.
Facultät der Univ. Leipzig, zum Prof. der Archäologie und Director des
archäologischen Museums an der Univ. Tübingen ern. — Fischer,
Willi., ord. Lehrer am G. zu Kempen, zum Oberlehrer befördert. —
Grüter, Dr, ord. Lehrer am G. zu Münster, zum Oberlehrer beför-
dert. — Hahn, Dr, ao. Prof., zum ord. Professor in der theologischen
208 Personalnolizen.
Facultät der Universität Greifswald ern. — Haustein, Dr, Privat-
docent an der Univ. und Oberlehrer an der Gewerbeschule, zum Gustos
des kön. Herbariums zu Berlin ern. — Hitzig, Dr Ferdinand,
Prof. an der Univ. Zürich, zum ord. Professor der Theologie und Philo-
sophie an der Universität Heidelberg ern. — von Holtzendorff,
Dr Erz, Privatdoc. der Rechte in Berlin, zum ao. Prof. in der juristi-
schen Facultät der dasigen Universität ern. — Korioth, Weltgeistl. u.
SchAG. , als ord. Lehrer am Progymnasiuüi in Rössel angest. — Lo-
renz, Dr Ottokar, Privatdocent , zum ao. Prof. der österreichischen
Geschichte an der Universität in Wien ernannt.- — Martiny, SchAC,
als ord. Lehrer am Friedrich- Wilhelms-Gymn. zu Berlin angestellt. —
Passow, Dr Arth., ord. Lehrer am Pädagogium zum Kloster U. L. F.
in Magdeburg, als Oberlehrer an das Domgymnasium zu Halb er stadt
versetzt. — Pauly, Dr Reinhold, Prof. in der staatswirthsehaftlichen
Facultät der Universität Tübingen, zum ord. Prof. der Geschichte an
ders. Univ. ernannt. — Pertz, Dr, Assistent an der königl. Bibliothek
zu Berlin, zum Gustos an der Universitätsbibliothek zu Greifswald
ern. — Prill, Dr A. F., SchAC., als ord. Lehrer am Progymnasium in
Rössel angest. — Rehdantz, DrGarl, Prof. am Domgymnasium zu
Halberstadt, als Ir Prof. an das Domgymnasium zu Magdeburg
versetzt. — Schlottmüller, Dr Alfr. , SchAC., als ord. Lehrer am
Friedrich -Wilhelms -Gymnasium in Berlin angest. — Sigwart, Dr,
bisheriger Verweser der zweiten Professorstelle am niedern evang. Gymn.
zu Blaub euren, hat diese Stelle definitiv übertragen erhalten. —
Steinhausen, Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu Coblenz
angest. — Übert, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu Kempen
angest. — Wieder hold, Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu
Insterburg angest. — Wit zel, Otto, Conrector an der Stadtschule zu
Witzen hausen, zum Hülfslehrer am Gymn. zu Kassel ernannt.
Praedicierung^en nnd Ehrcnerweisung^en:
Beurlin, Präceptor am Gymn. zu Ulm, als Prof. praediciert. — ■
Dr Lorenz Diefenbach in Bornheim bei Frankfurt a. M. und Prof.
Dr Gerhardt in Eisleben zu correspondierenden Mitgliedern der
philol.-histor. Kl. der k. preusz. Akademie der Wissenschaften ernannt,
— Häuser, Dr, Prof. an der Universität zu Heidelberg, als Hofrath
charakterisiert. — Köchly, Dr Herm., Prof. in Zürich, zum corresp.
Mitglied der philol.-histor. Kl. der k. pr. Akademie der W. in Berlin
ern. — Pfarrius, Dr Gustav, Oberlehrer am Friedrich -Wilhelms-
Gymn. zu Berlin, als Professor praediciert. — Regentke, ord. Lehrer
am Gymn. zu Ostrowo, als Oberlehrer praediciert. — Roth, Dr Ru-
dolf, Prof. in Tübingen, Sauppe, DrHerm., Hofrath und Prof. in
Göttingen, und Schaumann, Dr, Oberbibliothekar in Hannover,
zu correspondierenden Mitgliedern der philol.-histor. Klasse der königl.
Akademie der W. zu Berlin ern. — Tschack er t, Oberlehrer am
Gymn. zu Ostrowo, als Professor praediciert.
Gestorben :
In der Nacht vom 25. bis 26. Jan. 1861 starb in Naumburg a. d. S.
der em. Conrector des das. Domgymnasium Dr Hieronymus Müller,
bekannt als Uebersetzer des Aristophanes und Platou. — Am 26. Jan. in
Breslau der kathol. Provincial-, Schul- und Regierungsrath K. Barthel,
geb. ebend. 1802. — Am 3. Febr. in Göttingen der ord. Prof. in der
medicin. Facultät der dasigen Universität Dr A. A. Bert hold, geb.
1803 in Soest.
Zweite Abteilung:
für Gyinnasialpädagogik und die übrigen Lelirlacher,
mit Aussclilusz dei' classisclien Philologie,
herausgegeben ?on Rudolph Dietsch.
6.
Die neusten Enthüllungen über die Landesschule Pforte. *)
In den Berliner Blattern für Schule und Erziehung 1861 Nr 4 bis 7
befindet sich ein ausführlicher Artikel betitelt 'Be m e rk ungen über
einige Einrichtungen in der Landesschule Pforte'. Die
Redaction jenes Blattes Iiat denselben, wie sie sagt, nicht auf Veran-
lassung aber mit Einwilligung ihres Verfassers mitgeteilt, was für die
Verantwortung, die derselbe zu tragen hat, völlig gleichgültig ist.
Dieser Artikel ist die zweite Auflage eines Schriftstücks,
das der Verfasser dem Vernehmen nach im October des vorigen Jahrs
sowol an Se Excellenz den Herrn Minister der geistlichen,
Unterrichts- und Jledicinalangelegenheiten von Beth-
mann-H oll weg als auch an den Herrn Ob er pr ä si de n t en der
Provinz Sachsen von Witzleben eingesandt hat und das bereits
vor einiger Zeit eine eingehende officielle Widerlegung bei den
betreffenden Behörden gefunden hat. Die zweite Auflage dieses
Schriftstücks also ist etwas verändert, indem einige Herzensergieszun-
gen und Phantasiestücke des Verfassers weggelassen sind; aber ver-
bessert ist sie im wesentlichen nicht, das gieng auch nicht wol an.
Eine wirkliche Verbesserung wäre, wie sich weiter unten ergeben
wird, nur so möglich gewesen wie bei jenem unbrauchbaren Messer,
das eine andere Klinge und einen andern Griff erhielt und auf diese
Weise brauchbar wurde. Ich habe es hier zunächst nur mit der zwei-
ten Auflage, mit dem Artikel der Berliner Blätter zu thun.
*) Erscheint auch die hier vorliegende Abhandlung zunächst als eine
oratio pro domo, so wird sie doch in diesen Blättern veröffentlicht, weil
— abgesehn von der Pflicht, die einer so ehrwürdigen Anstalt, einer
Zierde und Perle der deutschen Gymnasien, geschuldet wird — der ge-
gen sie geführte Angriff den bewährten Principien der Gymnasialbildung
und Erziehung überhaupt gilt und ein Weck- und Mahnruf ist, gegen
das sich erneuernde Andringen der realistischen und materialistischen
Richtungen für den wahren und echten Humanismus zum Kampf bereit
zu stehn. R, J).
N. Ja'.irl). f. Phil. u. Päd. II. Abt. ISCi. Hft 5. 14
210 Vorlheidigung der Landesschule Pforte.
Der Verfasser der Bemerkungen will also Uebelstände in den
Einrichtungen der Landesschule Pforte aufdecken vor den Augen des
Pub I i cum s, wie er dies bereits vor den Behörden versucht hat —
bis jetzt freilich, so viel uns bekannt geworden ist, ohne Erfolg. Die-
sem Vorhaben liegt bewust oder unbewust die Vorstellung zu Grunde,
dasz entweder den Lehrern der Anstalt gänzlich entgangen ist was er
aus der Ferne mit scharfem Blick erspäht hat, oder dasz sie jene Schä-
den zwar gekannt aber verheimlicht und nicht zu heilen versucht haben.
Es kommt ihm zwar anfangs das Bedenken, dasz er als Laie kein
durchaus competentes, als Vater eines Zöglings der Anstalt,
der übrigens schon vor der VerölTentlichung des Artikels die Schule
verlassen hat, kein völlig unbefangnes Urteil über dieselbe in Anspruch
nehmen dürfe. Indes über dieses Bedenken hilft ihm die Erwägung hin-
weg, dasz die vis inveteratae consuetudinis erfahrungsmäszig dem
klaren Urteil der Leiter und Lehrer derartiger Anstalten Abbruch thut,
wärend dem auszerhalb stehenden der Blick frei bleibe.
Im weitern Verlauf seines Schriftstücks ist es ihm denn auch vollstän-
dig gelungen jenes Bedenken zu überwinden, hingegen ist die letztere
Erwägung so gänzlich in den Vordergrund getreten, dasz er nicht blos
bei den angeblichen Uebelsfänden, seinem eigentlichen Thema, stehen
bleibt, sondern auch direct und indirect eine Anzahl von Anschul-
digungen gegen die Lehrer der Anstalt vorbringt, insbesondere
auch solche, die geeignet sind dieselben in den Augen andrer Schul-
männer in ein scl^echtes Licht zu setzen.
Wenn er trotzdem versichert das Interesse der Anstalt völlig
objecliv im Auge zu haben, wenn er als Zweck seines Artikels an-
gibt er wolle einer guten Sache einen guten Dienst leisten, so wäre
ja das ein recht lobenswerther Wille. Aber es wird sich weiter unten
ergeben, in wie weit er seinen guten Vorsätzen getreu bleibt. Uebri-
gens, meint er, wolle er nur anregen, nicht entscheiden. Nun, mit dem
Entscheiden hat es gute Wege. Es ist dafür gesorgt, dasz die Bäume
nicht in den Himmel wachsen. Das Anregen aber ist ihm wenigstens
insoweit gelungen, als sich hier jemand findet, der ebenfalls um einer
guten Sache einen guten Dienst zu leisten sich die Freiheit nehmen
wird seinen Aufsatz einer etwas nähern Prüfung zu unlerziehn und für
den Frieden und die Ehre der Landesschule Pforte in die
Schranken zu treten, an der er seit einer Reihe von Jahren zu wirken
berufen ist.
Da es für die Beurteilung des Werths eines Schriftstücks eine
der ersten und wichtigsten Fragen ist, aus welchen Quellen dasselbe
die Thatsachen schöpft, auf die seine Beweisführungen sich stützen, so
erscheint diese Frage auch hier gerechtfertigt und zweckmäszig.
Die Bemerkungen der Berliner Blätter können bei dem arglosen
Leser leicht die Vorstellung von einer speciellen Bekanntschaft des
Verfassers mit den Einrichtungen der Landesschule Pforte hervorrufen.
Sie haben einen gewissen Schein und Anstrich von quellen-
mäsziger Darstellung an sich. Da sind ja Zahlenbelege, da ist
Vertheidigung der Landesscluile Pforte. 211
bis in die gröszlen Einzellieiten eingegangen, bis in die Berciüing und
Verteilung des Eierkuchens bei den Scbülerniablzeiten, da ist selbst
das Paradigma eines alldeutschen Adjectivums (freilich faiscli) abge-
druckt. Aber das alles ist eben nur ein leerer Schein, eitel Flitter-
staat und Katzengold. Der Verfasser hat weder durch eigne An-
schauung und Prüfung an Ort und Stelle über die Unterrichts- und
Erziehungsweise der Anstalt oder über die angeblichen Uebelstande,
die er aufzudecken vermeint, sich ins klare zu setzen versucht, noch
hat er aus Schulschriften oder irgend andern authentischen Ak-
tenstücken wenigstens ein einigermaszen haltbares Fundament rich-
tiger Thatsachen für seine Behauptungen zu gewinnen für der Mühe
werth gehalten. Diese Thatsachen hoffe ich im Verlauf dieser Ent-
gegnung durch Darlegung der zahlreichen Irtümer und Unwahrheiten,
die der Berliner Laie sich hat zu Schulden kommen lassen, ins hellste
Licht zu setzen.
Was er vorbringt hat er nur von Hörensagen; es sind Mit-
teilungen oder hingeworfne Aeuszerungen von ehemaligen Schülern
der Landesschule Pforte, insbesondere seines Sohnes oder auch be-
liebiger andrer Personen, Aeuszerungen die er aufgreift, als anerkannte
Thatsachen ohne weiteres hinstellt und in seiner Weise verarbeitet.
Die Frage, ob denn solche Aeuszerungen und Mitteilungen auch wirk-
lich den Werth anerkannter Thatsachen haben, liegt seiner historischen
Darstellung fern. Er hiilte sich zum mindesten sagen müszen, dasz
Aussagen ehemaliger Schüler über die Schule, auf der sie gebildet
sind, zwar gewis nicht ohne Bedeutung für die Charakteristik derselben,
dasz sie aber fast immer parteiisch gefärbt sind, dasz sie entschieden
abhängen von den subjectiven Erlebnissen und Stimmungen jedes ein-
zelnen Schülers wärend seiner Schulzeit. Jeder sieht unbewust die
Schule, die ihn gebildet, durch die Brille seiner Jugenderinnerungen
an. Die einen bewahren ihr ein dankbares und freundliches Andenken,
was zum Beispiel nach meiner und Andrer Erfahrung bei der überwie-
genden Mehrzahl der Pförtner Schüler der Fall ist, und kommen leicht
dazu manche Einrichtungen derselben vielleicht in zu rosigem Lichte
anzusehn. Andre und insbesondere solche, deren Entwicklung auf einer
Anstalt keine gedeihliche gewesen ist, schieben aber auch nur zu be-
reitwillig ihre eignen Fehler und Schwächen den Einrichtungen der
Schule und den Lehrern in den Schuh, Und dasz gar manche Eltern
nur zu leicht geneigt sind hierin ihren Söhnen beizustimmen , statt
sich gewissenhaft zu fragen, was sie von vorn herein in der häuslichen
Erziehung ihrer Kinder verfehlt haben, das ist eine Erfahrung, die
wenigen Schulmännern erspart bleibt.
So viel ist also sicher, gelegentliche Aeuszerungen ehemaliger
Schüler oder andrer, selbst hochgestellter Personen sind an und für
sich allein noch keine authentische Quellen, aus denen man eine sichere
Kenntnis von dem Organismus einer Schule schöpfen kann.
Der Einwurf aber, dasz dem Verfasser der Bemerkungen, weiland
Vater eines Zöglings der Landesschule, die Mittel und Wege sich eine
14*
212 Vertheidigung der Landesschule Pforte.
gründliche Kenntnis von den Einrichtungen der Anstalt zu erwerben,
vielleicht nicht zu Gebote gestanden hätten, kann gar nicht erhoben
Vk'erden. Zahlreiche Fremde besuchen Jahr aus Jahr ein die Pforte.
Jedem Besucher steht es frei sich durch den Augenschein von dem täg-
lichen Leben und Treiben der Schüler in allen seinen Akten und Er-
scheinungen überall zu überzeugen; jedem dem es ernstlich darum zu
thun ist, wird die Gelegenheit geboten sich aus Scluilschriften und
Aktenstücken eine genaue Kenntnis von den Einrichtungen der Schule
zu verschalTen. Selbst Ausländern gegenüber ist dieses Verfahren
ohne Vorbehalt in älterer wie in neuerer Zeit beobachtet worden.
Der Berliner Laie hat also nicht g e th an, was er thun konnte
und thun muste, um die Landesschule Pforte kennen zu lernen.
Er hat es vorgezogen, was er von Hörensagen wüste, ohne irgend eine
Prüfung der angegebnen Art mit der schon bezeichneten Kennermiene
erst vor die Behörden zu bringen, und nun, da diese Maszregel bis
jetzt wenigstens ohne Erfolg geblieben ist, mit seinen Aufdeckungen
und Anschuldigungen vor die 0 e f fen t li ch kei t zu treten.
Was würde man wol von einem Staatsanwalt sagen, der eine An-
klage vor einen Gerichtshof brächte lediglich auf Grund von Aeuszerun-
gen, die er von Hörensagen hat, ohne durch ein Verhör des Angeklagten
eine Grundlage sichrer Thatsachcn festzustellen? Das aber konnte
dem Berliner Laien doch nicht entgehn, dasz blosze Behauptungen vor
einer Behörde oder vor einem wissenschaftlich gebildeten Publicum,
wie die Leser der Berliner Blätter für Schule und Erziehung, eben so
wenig Beweise sind wie vor einem Gerichtshof, dasz auf dem Gebiete
der Pädagogik sowol für Laien als für Schulmänner dieselben Beweis-
regeln gelten wie auf jedem andern Gebiet.
Ich folge nun dem Verfasser der Bemerkungen Schritt vor Schrift
bei seinem Geschäft des Aufdeckens von Uebelsländen.
Zuerst spricht er von den Andachts Übungen der Pförtner
Alumnen. Er sagt: '^ich halte die in der Anstalt übliche Weise der
Gottesverehrung für nachteilig und mit dem wesentlichen Grund-
satze, dasz Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten sei, für un-
vereinbar.' Er erzählt dann den Lesern der BtM-liner Blätter, dasz die
Schüler der Anstalt nicht blos Sonntags die Kirche besuchen und sich
Morgens und Abends zum gemeinsamen Gebet vereinigen, sondern dasz
auch vor und nach den Mahlzeiten gebetet wird. Darüber gerät er in
Aufregung, wie eine Anzahl von Ausrufungen und rhetorischen Fragen
bezeugen. Er meint bei so gehäuften gottesdienstlichen Uebungen
würde das Beten und Singen zur leeren Form, was er durch angeb-
liche Aeuszerungen eines hochgestellten Beamten und eines jungen
Mannes, der die Landesschule früher besucht, bekräftigt, und findet es
unverantwortlich, dasz die Lehrer ihre '^Zöglinge gewöhnen, das
Gebet in solcher Weise zu entheiligen, Gott Jahr ein
Jahr aus täglich zu wiederholten Malen zu belügen.' Bei
solchen Beschuldigungen kommt es ihm gar nicht in den Sinn sich ein-
mal die Frage zu stellen, ob nicht in dem Gemüt der von ihm citierlen
Verlhcidiguiig der Landcsschule Pforle. 213
ehemaligen Schülor mögliclierweise die Schuld zu suchen ist, wenn
wirklich asi ihnen Gebet und Gottesdienst spurlos vorübergegangen
sind. 31it jener K r i tik los i g k ei t, die sich durch das ganze Schrift-
stück hinzieht, setzt er Verirrungen und Vergeluingen einzelner Schuler
und allgemeine Schäden oder Uebelstände in den Schuleinrichtungen
als ganz gleichbedeutende BegrilTe an. Es kommt ihm gar nicht einmal
das Bedenken, ob nicht die Weise der Gottesverehrung in den regel-
mäszigen Andachtsübungeu der Landesschule, Andachtsübungen die er
aus eigner Hrfahrung und Ansciiiiuung gar nicht kennt, in den Gemütern
vieler Schüler auch gutes wirken. Er behauptet mit einer von keinem
Zweifel getrübten Sicherheit, die man sich versucht fühlen könnte mit
einem stärkern Ausdruck zu benennen, dasz nicht etwa einzelne unter
den Schülern, sondern dasz "^die Zöglinge' der Anstalt, das heiszt
die Gesamtheit derselben, täglich zu wiederholten Malen das 'Ge-
bet entheiligen' und "^Gott belügen', und dasz die Lehrer sie
dazu gewöhnen. Ich nehme zu Gunsten des Berliner Laien an, dasz er
sich der Tragweife seiner hier ausgesprochnen Beschuldigungen nicht
klar geworden ist. Aber man höre weiter. Was schlagt er nun als
Kadicalheilmittel vor? Er sagt 'man versammle die Zöglinge nur Mor-
gens und Abends zum Beten des Vaterunsers oder eines andern kerni-
gen Gebets und erhebe die Feier durch einen kurzen Gesang. Er will
also insbesondere alle Tischgebete abschaffen. Wenn das ge-
schehen ist, so holTt er dasz die Schüler ihre Gedanken bei den An-
dachtsübungen auf Gott richten würden. Dieses einfache Mittel zur
Erweckung des religiösen Sinns unter den Schülern wäre also den
Lehrern bis jetzt ganz entgangen? In der That, da müste ja die vis
inveteratae consuetudinis ihrem Urteil nicht blos Abbruch gethan, son-
dern es auch gänzlich verdunkelt haben. Nun man denke sich einen
Schüler, der bisher den Andachtsübungen teilnahmlos und gedankenlos
beigewohnt hat in der Art wie allem Anschein nach der oben citierte
junge Mann, und frage sich ob ein solcher durch den Wegfall der
Tischgebete fortan bei den übrigen Gebeten und dem Sonntagsgoltes-
dienst andächtig gestimmt werden wird. Aber selbst wenn das bei
einem solchen Schiller der Fall wäre oder sein könnte, so würde das
auch nicht im entferntesten die Schluszfolgerung bedingen, dasz für
die Gesamtheit der Schüler jedes Tischgebet abzuschaffen sei. Der
Verfasser der Bemerkungen schein! , indem er die Tischgebete zu
den abzuschaiTenden üeb eis t an den der Landesschule Pforte rechnet,
selbst über die einfache Tiiatsache nicht unterrichtet zu sein, dasz ja
das Tischgebet eine ganz allgemeine fromme Sitte christlicher Erzie-
hungsanstalten ist. Auszerdem empfiehlt er nun aber zur Hebung des
religiösen Sinns den Schülern 'wieder und wieder zu sagen, dasz ge-
dankenloses Beten sündlich und eine Verspottung Gottes
ist'. Hier verwechselt er wieder wesentlich verschiedue
Begriffe, indem er eine aus menschlicher Schwachheit entstandne
Unterlassungssünde, den Mangel an Andacht beim Gottesdienst, der
positiven aus Bosheit des Herzens entsprungnen Sünde, der Verspottung
214 Vertheidiguiie' der Landesschule Pforte
ö""6
Gottes, der Gotteslästerung gleichsetzt. Es ist wol nicht zu befürchten,
dasz ein Lehrer oder Erzieher darauf verfallen wird mit einer solchen
Begriffsverwirrung vor seine Schüler zu treten. Aber auch abgesehn
von dieser, welcher Keligionslehrer wird glauben die Andacht seiner
Schüler beim Gebet dadurch zu heben, wenn er ihnen fort und fort
wiederholt, dasz gedankenloses Beten Sünde sei? Das wiire gerade so
wirksam als wenn man , um der Jugend Liebe zu den Wissenschaften
einzuflöszen, ihr wieder und wieder vorsprechen wollte, dasz gelehrte
Pedanterie unnütz sei, oder um ihren Sinn für die Natur zu wecken,
ihr häufig vorerzählte, dasz süszliche Naturschwärmerei widerwär-
tig sei.
Was nun aber die schwierige Frage anbetrüTt, welches Masz
von Andachtsübungen für die Gemüter einer Jugend wie die Pförtner
ist das richtige und heilsame sei, so bin ich weit entfernt sie hier lösen
zu wollen. Nicht des Gegners halber, den ich hier bekämpfe, sondern
der Schulmänner halber, welche diese Blätter lesen, erlaube ich mir
hier noch einige kurze Bemerkungen über den Gegenstand. Gewis
wird niemand behaupten wollen, dasz bei jedem Gottesdienst stets alle
Mitglieder einer Gemeinde sich vom Anfang bis zu Endo desselben in
einer gleichmäszig gehobnen wirklich andächtigen Stimmung befinden,
dasz nicht gewöhnlich sich auch solche Gemeindemitglieder finden,
welche zum Teil wenigstens ohne gespannte Teilnahme, ja selbst ge-
dankenlos dem Gottesdienst beiwohnen. Wenn nun dieselben Erschei-
nungen sich auch unter der Pförtner Jugend zeigen, die ja wie jede
andre doch erst zur Gottesfurcht und Wissenschaft erzogen werden
soll, so wird das wol keinen Einsichtigen irgend befremden, und eben-
so wenig wird jemand glauben, dasz es erst des f rei en B li ck s eines
auszerhalb der Anstalt stehenden bedurft habe, um den Lehrern über
diese Thatsache die Augen zu öffnen. Dasz dieselben mit der Frage,
wie Gottesdienst und Andachtsübungen für die Schüler der Landes-
schule immer fruchtbarer zu machen seien und welches Ivlasz derselben
heilsam sei, seit einer Beihe von Jahren wieder und wieder sich ange-
legentlich beschäftigt haben, das läszt sich aus Protokollen und ähn-
lichen Aktenstücken jedem zur Evidenz nachweisen. Diese Ueber-
legungen haben in neuerer Zeit dahin geführt, den Besuch des Nach-
mittagsgottesdienstes dem freien Willen der Schüler anheimzustelln.
Dasz aber Leiter und Lehrer der Anstalt sich nur mit der gröszten
Vorsicht dazu entschlieszen , an den althergebrachten mit dem Leben
der Anstalt zum Teil seit Jahrhunderten verwachsenen Weisen der
Andachtsübungen zu ändern, an jener aus der Beformationszeit stam-
menden christlichen Ei n fa s su ng des täglichen Lebens der Schü-
ler, wie ein auszerhalb der Anstalt stehender Kenner es einmal be-
zeichnet hat, der das vom Verfasser der Bemerkungen für sich in
Anspruch genommene freie Urteil Überdieselbe wirklich besitzt,
das wird wol niemandem unbegreiflich erscheinen, der weisz dasz im
Leben der Schulen wie der Familien und der Völker alte feste Tradi-
tionen ein Schatz sind, den man nicht leichtfertig über Bord wirft,
Vertheidiffiing dor Laudesscliulo Pfoilc. 215
■t5""D
am wonigsten nur billige und liolilo Ucdcwcndiingen eines beliebigen
Luien hin.
Noch nnisz ich in Belren" der Andachtsübungen einen Irlum des
Verfassers der Bemerkungen hervorheben. Er bildet sich ein, die
Lehrer selbst seien in BelrelF der Ausdehnung derselben nicht einver-
standen; sonst würden sie ja bei ihren E.xlraneern, das lieiszt Schülern
die bei ihnen in Wohnung und Kost sind, eben so häufige gottesdienst-
liche Uebungen anstellen müszen, wie sie im Alumnate üblich sind.
Diese Schluszfolgerung kann bei dem Leser die Vorstellung erwecken,
als sei der Scharfblick des Berliner Laien sogar bis in den
Schosz der Lehr er f a mi lien, ja bis in die Herzen der Lehrer
gedrungen. Und doch geht dieselbe von einer ganz irrigen Voraus-
setzung aus, die einen Beleg dafür gibt, wie es mit seiner Kenntnis
der Pförtner Zustande steht. Er weisz nicht, dasz die genannten Ex-
Iraneer an den regelmaszigen Andachtsübungen vollkommen ebenso
Teil nehmen wie die Alumnen, mit Ausnahme des gemeinsamen Tisch-
gebets, und zwar das letztere aus dem sehr einfachen Grunde, weil sie
nicht mit den Alumnen zusammen essen, sondern bei ihren Tutoren.
Was aber in den Familien derselben Sitte ist, davon öffentlich
zu reden habe ich kein Recht, glaube sogar, dasz ich mir eine Unge-
bürlichkeit zu Schulden kommen lassen würde, wenn ich es thäte.
Ich wende mich nun zweitens zu denjenigen von dem Laien
der Berliner Blätter aufgedeckten socialen Uebelständen der
Landesschule, die derselbe unter dem Titel Pennalismus zusammen-
faszt. Er sagt: dasz der Pennalismus sich in der Anstalt geltend
macht, wird — erweislich von den Leitern derselben aner-
kannt. Anerkannt ist von denselben n u r so viel, dasz die Neigung
zum Pennalismus und die Gefahr desselben in allen Pension aten
vorhanden ist, dasz bei den eigentümlichen Einrichtungen einer so
in sich abgeschlossnen Anstalt wie die Landesschule Pforte diese Ge-
fahr vielleicht noch näher liegt als auf manchen andern Anstalten, wo
das Zusammenleben der Schüler nicht so eng und dauernd ist und nicht
so ausschlieszlich innerhalb des Kreises der Schulinteressen verläuft
und sich gestallet. Der sogenannte Pennalismus ist eine Aeuszerung
der Selbstsucht im Schülerleben, die eine Ueberlegenheit irgend welcher
Art wie gröszre Körperkraft, vorgeschrittnere geistige Entwicklung,
reifres Alter oder Vorzüge der auszern Stellung zur Bedrückung und
Beeinträchtigung Schwächrer misbraucht. Wer sich klar geworden ist,
wie vielfach auch im Zusammenleben Ervvachsner diese Form der Selbst-
sucht auftritt, wie oft einzelne ihre höhre Stellung, ConneL^ionen, Reich-
tum und andre Vorzüge zur Beeinträchtigung tiefer stehender anwen-
den, der wird sich wahrlich nicht wundern, dasz diese selbstsüchtige
Neigung auch unter unerzognen Knaben oder Jünglingen immer wieder
sich geltend zu machen strebt. Braucht es nun wol erst der Auf-
deckungen eines Berliner Laien, um Behörden oder einem lesenden
Publicum von Schulmännern die Augen darüber zu öffnen, dasz das
auch in Pforte vorkommt? Die Leiter und Lehrer der Anstalt sind nun
216 Verlheidigung der Landesschule Pforte.
aber in der Lage aktenmäszig für jeden , der nicht blind ist oder es
sein will, beweisen zu können, dasz sie jene Neigung zum Pennalis-
mus nicht nur mit ununterbrochner Aufmerksamkeit bekämpft haben,
sondern dasz dieselbe auch seit einer Reihe von Jahren entschieden
im Abnehmen begriffen ist.
Weiter zweifelt der Verfasser der Bemerkungen zwar, ob es über-
haupt rathsam sei einem Schüler die Rechte eines Vorgesetzten über
den andern einzuräumen: eine Einrichtung die bekanntlich nicht blos
auf Erziehungsanstalten, sondern auch auf andern Schulen bis zu einem
gewissen Grade besteht; aber er verwirft das Princip doch nicht ge-
radezu und unbedingt. Es ist deshalb auch nicht nötig hier auseinan-
derzusetzen, wie dasselbe in den Einrichtungen der Landesschule Pforte
gestaltet ist.
Er greift aber nun insbesondere das Strafrocht an, das den
obern Schülern in Pforte den untern gegenüber eingeräumt sei. Doch
über die Grenzen und die Ausübung dieses Strafrechls ist er gänz-
lich im unklaren. Erstens irrt er, wenn er angibt, dieses Straf-
recht sei den Obern oder den Primanern überhaupt eingeräumt. Es
steht vielmehr nur fünfzehn auserlesnen Primanern zu, den sogenannten
Inspectoren, die mit der Aufrechlhallung der Ordnung in bestimm-
ten Grenzen betraut sind und innerhalb derselben die Stellung von Vor-
gesetzten zu ihren Stubengenossen wie zu dem ganzen Coetus der
Alumnen einnehmen. Die Erwägung dasz man diesen Inspectoren, um
eine gesetzmäszige Autorität zu wahren, bis zu einem gewissen Grade,
auch gesetzliche Mittel zu ihrer Aufrechthaltnng an die Hand geben
müsze, weil sie sonst leicht in Versuchung kommen zu diesem Zweck
das Faustrecht zu brauchen, diese Erwägung hat olTenbar schon vor
Alters dazu geführt ihnen eine Art von Strafrecht einzuräumen. Diese
Strafge*walt ist nun aber auf ganz enge Grenzen kleiner Ord-
nungsstrafen beschränkt. Der Inspector kann dem gegen die Haus-
ordnung fehlenden Schüler der untern Klassen höchstens aufgeben
zehn Verse zu lernen oder für einen Tag das Holen des Trinkwassers
für die Bewohner einer Stube zu übernehmen. Weiter geht seine ge-
setzliche Befugnis nicht. Dabei steht denn für jeden einzelnen Fall
dem betreffenden Untern frei, wenn er die vom Inspector verhängte
Ordnungsstrafe nicht für gerechtfertigt hält, an den aufsichtführenden
Lehrer zu appellieren. Irrig ist es, wenn der Verfasser glaubt,
dasz sich dazu schwerlich einer entschlieszen werde. Es ist zur Evi-
denz nachweisbar, dasz das vielfach geschieht und dasz die betreffende
Strafe cassiert wird, sobald sich herausstellt dasz sie ohne ausreichen-
den Grund verhängt ist. Es ist ferner eine gänzliche Entstellung
des Sachverhalts, wenn der Berliner Laie es so darstellt, als wenn
die Ausübung der Strafgewalt seilen der Inspectoren so gehandhabt
würde, dasz jede leiseste Abweichung von der Regel und Hausordnung,
wie geringe Verspätungen, Sprechen zur unrechten Zeit, Nichtmit-
singen beim gemeinsamen Gesang und ähnliches dem Schüler der un-
tern Klasse auch sofort jedesmal eine Strafe von Seiten des Inspectors
Verlheidiguiig der Landesscliule Pforto. 217
zuzöge. Wenn nachweislich aus Strafbücherti der Beweis geführt wer-
den kann, dasz die Zahl der sämtlichen Inspcctorenslrafen in einer
Woche sich jetzt diirchschnitllich nicht über zehn erhebt, oft diese
Zahl nicht erreicht, so sieht jeder einsichtige, was von jener Ueber-
treibung zu halten ist. Es niüste denn jemand glauben, man könne
andcrthalbhundert frische und lebendige junge Seelen so nach der
Schablone dressieren, dasz sie sich zusammen durchschnilllich nicht
mehr als zehn solcher kleinen Unregelmäszigkeiten und Ueberlre-
tungen der Hausordnung wärend einer Woche zu Schulden kommen
lieszen.
Irrig ist ferner, wenn der Verfasser der Bemerkungen es als ein
regelmäsziges Strafverfahren darstellt, dasz Secundanern bei grobem
Verstöszen gegen die Gesetze der Anstalt von dem Collegium der In-
spectoren das Auswendiglernen von 50 Homerversen zudicliert werde.
Diesem Mis verslän dnis liegt folgender Sachverhalt zu Grunde. Es
ist in einzelnen Fällen , wo die Inspectoren eine grobe Ungesetzlich-
keit eines Secundaners wahrgenommen hatten und demselben die förm-
liche Anzeige bei einem Lehrer ersparen wollten, vorgekommen, dasz
sie ihn aufforderten sich einer der oben erwähnten ähnlichen Strafe
von ihrer Seite freiwillig zu unterwerfen. Die Strafe ist also in die-
sem Fall als eine Art Compromisz aufzufassen, dem sich der betreffende
nach freier Enlschlieszung unterwerfen kann oder nicht. Will er es
nicht, so wird die Sache im Wege Rechtens weiter verfolgt, das heiszt
vor das Lehrercollegium gebracht. Jenen a usz erge wöh n I ich en
Compromisz zwischen Schülern hat der Berichterstatter der
Berliner Blätter in seiner verworrnen Weise mit einem feststehenden
gesetzmäszigen Verfahren verwechselt.
Als abschreckendes Beispiel, wie in Folge jener selbständigen
Strafgewalt der Kastengeist sich ausgebildet habe, führt er ferner
an, die Teilnahme eines Secundaners an Vergnügungen der Primaner
oder Tertianer und vice versa sei unbedingt ausgeschlossen. Wer nun
das liest, meint, er kenne das aus eigner Anschauung, und doch hat
er sich blos etwas aufbinden lassen. Hätte er auch nur einen
Blick in den Schulgarten der Landesschule geworfen, wenn derselbe
in Frühlings- oder Sommertagen von den Schülern belebt ist, so hätte
ihm der Augenschein zeigen müszen, wie am Turngerät und bei ge-
meinsamen Spielen die Schüler sich ohne Unterschied der Klassen
unter einander mischen. Da der Berliner Laie weiter keinen Beleg für
seinen angeblichen Kastengeist vorbringt als jene irrige Behaup-
tung, so bin ich nicht verbunden näher darauf einzugehn , inwiefern
eine Sonderung des Verkehrs der Schüler nach den Abstufungen der
geistigen Entwicklung und der körperlichen Reife wie der gemein-
samen Interessen und Lebensthätigkeiten bis zu einem gewissen Grad
sich notwendig entwickeln musz und für eine geschlossne Erziehungs-?
anstalt mehr als eine höchst heilsame Seite hat. Dabei ist auffallend,
dasz gerade jener Verfasser diese Abstufungen unter dem abgedrosch^
nen Titel Kastengeist unter seine Enthüllungen aufnimmt, der in sei-
218 Vertheidigung der Landesschule Pforte.
nem Artikel ein recht ausgeprägtes Bewustsein von dem Unterschied
gebildeter Stände und niederer Stände verrät.
Weiter wird nun aufgedeckt, wie die Tertianer in Pforte zu
gewissen Dienstleistungen verpflichtet seien, für welche in den
gebildeten Ständen die Dienstboten bestimmt sind.
Insbesondere ist es die Verpflichtung der Untern für die Bewohner
ihrer Stube das nötige Trinkwasser von der Quelle zu holen, die
er allenfalls für Kinder der niedern Stände noch gelten lassen will,
aber für Söhne gebildeter Eltern mit sichtlicher Entrüstung ver-
urteilt. Statt nun hier seinen rhetorischen Wendungen zu folgen, will
ich die Sache, wie sie wirklich ist, kurz darlegen. Für die Bewohner
jeder Schülerstube holen in Pforte wie auf ähnlichen Anstalten die
Unter- und Obertertianer, die auf derselben wohnen, das nötige Trink-
wasser in Krügen aus einer sehr stark strömenden Quelle unmittelbar
am Schulhause, so dasz Weg und Aufenthalt dabei ganz gering sind.
Es sind durchschnittlich ein Drittel bis die Hälfte der Bewohner einer
Stube bei diesem Geschäft beteiligt und wechseln nach einem bestimm-
ten Turnus. Sie holen also das Wasser nicht für die Primaner wie
Dienstboten für die Herschaft, sondern sie holen es auch für sich, für
ihre Klassengenossen, für die Schüler der nächst höhern Klassen. Jeder
der von dem Wasser trinkt, hat es in der Regel früher auch eine Zeit
lang für sich und andre aus der Quelle geschöpft. Nicht um 6 Uhr im
Winter, wie der Verfasser falsch angibt, sondern um 7 Uhr wird zum
erstenmal Wasser geholt, und, was er nicht weisz oder wissen will,
sobald einigermaszen kältere Witterung eintritt, werden die Schü-
ler überhaupt vom Wasserholen entbunden und Aufwärter treten für
sie ein.
Einen sittlichen und pädagogischen Grund gegen dieses
Wasserholen durch Schüler bringt nun aber der Berliner Laie gar
nicht vor. Denn wenn wirklich ein Kind gebildeter Eltern unter ge-
gebnen Verhältnissen zu einem gemeinsamen guten Zweck eine ehr-
liche Arbeit thut, die brave Dienstboten auch verrichten, so folgt ja
daraus noch nicht im entferntesten, dasz das schlecht oder schädlich
sei, dasz das gebildete Kind oder die gebildeten Eltern dadurch herab-
gewürdigt würden. Arbeit schändet niemand, das alte Sprüchwort
gilt auch liier. Noch niemand iiat vvol den Einfall gehabt, dasz es des
Königs Rock und das Bewustsein des Soldaten herabsetze, wenn er für
sich und seine Kameraden Wasser trägt, Holz spaltet, Suppe kocht
oder nach Umständen Stiefel versohlt und Hosen flickt. Auch glaube
ich so viel aus Erfahrung zu wissen, dasz zum Beispiel in zahlreichen
echt gebildeten Pastorenfamilien, Familien aus denen sich die Landes-
schule seit Jahrhunderten rekrutiert, der Sohn oder die Tochter vom
Hause sich nicht schämt für die Familie einen Krug Trinkwasser von
der Quelle zu holen. Auch ist es doch im Princip schwerlich zu ver-
werfen , wenn Schüler gewöhnt werden für manche ihrer Bedürfnisse
selber zu sorgen, nicht erst immer nach dem Bedienten zu klingeln,
den ihnen das spätere Leben vielfach doch nicht stellen wird. Man
Veitheidigung der Landessciuile Pforte. 219
kann auch nicht verwerflich finden, dasz ein Schüler, der sich zwei
Jahre lang beim Holen des Trinkwassers für sich und seine Stuben-
genossen beteiligt hat, dann von dieser Verpflichtung befreit wird.
Die Befürchtung aber, dasz durch das Wasserliolen dem Schüler von
vorn herein der Aufenthalt auf der Anstalt verleidet würde, musz ich
so als allgemeinen Satz ausgesprochen auf Grund augenfälliger That-
sachen für durchaus hypochondrisch ansehn. Freilich gebe ich zu,
dasz ein verwöhnter und verzärtelter Knabe, der im elferlichen Hause
gewohnt war den Bedienten in Atliem zu setzen, es zuerst nicht ange-
nehm finden wird, wenn er in Pforte wie seine Mitschüler mit dem
Krug zur Quelle gehn soll. Aber auch solchen Knaben hilft, wenn
sonst nur ein tüchtiger Kern oder gesunder Mutterwitz in ihnen ist,
die Elasticität der Jugend sehr bald über den ersten sentimentalen
Schmerz hinweg, und man kann sie heiter und guter Dinge mit ihres-
gleichen sich an der Quelle tummeln sehn.
Wenn der Verfasser der Bemerkungen es bei der vorliegenden
Frage endlich den Lehrern vorrückt, dasz sie doch die Extraneer vom
VVasserhoIen eximierten, so zeigt das wieder seine ganze Unkennt-
nis der Verhältnisse. Dasz Schüler, die bei Lehrern wohnen, zu einer
Verpflichtung Wasser zu holen nicht herangezogen werden können,
die für Alumnen lediglich aus dem Zusammenwohnen einer gröszern
Anzahl derselben auf je einer Stube entspringt, das liegt doch auf
der Hand.
Unter den Dien stleistungen der Tertianer führt der Laie
der Berliner Blätter ferner an, dasz sie den Primanern beim Ver-
lassen des Speisesaals Serviette, .Messer, Gabel, Brot
usw. auf das Zimmer nachtragen muszen. Dagegen ist ein-
fach zu sagen , dasz fast kein Wort an diesem Gerede richtig
ist. Weder Serviette noch Messer und Gabel werden nach der Mahl-
zeit auf die Zimmer getragen (es müste denn sein dasz die Servietten
gewechselt werden) , noch gibt es eine gesetzliche Verpflichtung für
die Untern den Primanern Brot nachzutragen, und das 'usw.', das sich
hier in den Worten des Verfassers findet, hat wol in der That nur den
Sinn 'und anderes, was ich nicht weisz'. Ueberhaupt aber ist es un-
richtig, dasz die Schüler der untern Klassen den Primanern persönliche
Dienste irgend welcher Art zu^leisten verpflichtet seien.
Hieran schlieszt sich nun die Aufdeckung der 3Iisbräuche,
welcher sich die Schüler bei den Mahlzeiten 'altherkömmlich und
unbekämpft' schuldig machen sollen. Dasz in einer Gemeinde von
180 Schülern bei den Mahlzeiten Ungehörigkeiten und Uebergriffe der
Obern vorkommen können, nun dazu gehörte wol nicht gerade das
Argusauge eines auszerhalb der Anstalt stehenden Kritikers mit freiem
Blick, um das zu entdecken. Wenn er aber sagt, dasz sich die Schüler
solcher Misbräuche 'unbekämpft' schuldig machten, so werde ich
weiter unten noch eine Anzahl andrer Beispiele beibringen, die zeigen,
wie er mit der Miene des Biedermanns Beschuldigungen gegen
die Lehrer der Landesschule vor die Behörden und vor das Publicum
220 Vertheidigung der Landesschule Pforte.
bringt, ohne dasz er auch nur eine Ahnungvon einem Beweise
beizubringen vermöchte. Gegen solche ans der Luft gegrilTne Behaup-
tungen ist es Zeitverschwendung und Papiervergeudung einen Gegen-
beweis antreten zu wollen, so leicht der auch zu führen wäre.
Als den hauptsächlichsten und ganz allgemeinen Misbrauch stellt
unser Kritiker es nun hin, die Primaner bevorzugten bei der
Verteilung der Speisen sich in Bezug auf Quantität und Quali-
tät in so ungebürlicher Weise, dasz die Jüngern darunter in einer
nicht zu entschuldigenden Weise litten. Dies ist nun eben so sicher
eine arge Uebertreibung, als es bare, nackte Unwahrheit
ist, wenn er behauptet, eine solche Ungebürlichkeit würde von den
Lehrern nicht bekämpft, wo sie ihnen entgegentritt. Man kann die
Uebertriebenheit jener Behauptung aber nicht anders mit sinnenfälliger
Sicherheit beweisen, als wenn derjenige, der sich eine Ansicht von
der Sache verschaffen will, sich wiederholt mit in den Speisesaal der
Alumnen begibt und dort mit eignen Augen sieht. Der Enthüller der
Pförtner Uebelstände weisz natürlich auch in dieser Hinsicht ni chts
aus eigner Prüfung, sondern spricht nach, was ihm vorge-
sagt worden ist. Bei der in Rede stehenden Sache darf übrigens
nicht übersehn werden, dasz ein neunzehnjähriger junger Mensch zum
Leben mehr Speise braucht als ein zwölf- bis dreizehnjähriger Knabe
und insofern auch dem Primaner ein etwas gröszres Masz von Speisen
zukommt als dem Untern.
Als Beweis dafür, dasz dem entdeckten Misbrauch durch die
Schuleinrichtungeu förmlich Vorschub geschehe, führt der
Entdecker zweierlei an. Erstens nemlich werde für die Primaner der
Eierkuchen gröszer und von beszrer Qualität gebacken als für die
übrigen Schüler. Mancher Leser wird vielleicht lächeln, dasz ich mich
auch bis in die Bereitung des Eierkuchens zu verliefen anfange. Aber
das hilft nichts; ich habe es nun einmal hier mit einem Gegner zu
thun, auf den kein Verlasz ist, dem man immer ganz genau auf
die Finger sehn musz, eben weil er sich vor dem Publicum wie ein
Sachkenner geberdet. Die Sache verhält sich also folgender-
maszen. Neben der gewöhnlichen Art des Eierkuchens, die der Oeko-
nom zu liefern verpflichtet ist, läszt derselbe herkömmlicherweise aus
gutem Willen noch eine Anzahl Eierkuchen von etwas beszrer Qualität
backen, so weit es die Zeit erlaubt. Diese werden dann so verteilt,
dasz immer an je drei Tischen alle Schüler, auch die untern, davon
bekommen, an den andern Tischen nur die Primaner. Dabei ist es
denn eine ganz allgemeine Sitte, dasz die Primaner von ihren Eier-
kuchen einen Teil an Untere spenden, namentl.ich die sogenannten
Obergesellen an die Untergesellen. Das ist das wahre an der obigen
Enthüllung und ich glaube hiermit die Eierkuchenfrage auf sich beruhn
lassen zu können.
Zweitens entdeckt der Berliner Laie, dasz jährlich am 18n October
die Tertianer als solche vom Genusz des Bratens ausgeschlos-
sen bleiben. Auch diese Sache ist halb und verdreht darge-
Verlheidig^ung der Landesscliiilc Pforte. 221
stellt. Sie verhalt sicli folgciulermaszen. Es wird iirspriinglicli am
lln, jetzt am I811 October, den Schülern ein besonders reichliches
Mittagsmahl gereicht, so dasz dasselbe auch ohne den Braten vollkom-
men ztir Sättigung ausreicht. Am Schlusz erscheint eine gebratne
Gans, <5ine für den Tisch von zwölf Personen, und zwar eine sach-
sische, keine pommersche, was dem Kenner dieGewisheit geben wird,
dasz dieselbe nur ein Gericht des Nachtisches sein kann. Das ist nun
die althergebrachte M a r ti nsga ns, und an diese knüpft sich unter
den Schülern ein Scherz. Nemlich nur derjenige Untre erhalt ein
Stück von derselben, der die Gans in einem Gedicht ansingt oder ein
paar Knittelverse ähnlichen Inlialts zu Papier bringt. Das geschieht
denn auch von vielen zur allseitigen Erheitrung der Tischgenossen,
nnd ich besitze selber eine kleine Sammlung solcher lokaler Volks-
gedichte, in denen natürlich die Gänse des Capitols eine bedeutende
Rolle spielen. Sollte nun ein solcher Martinsscherz, wie sie ja in
guter alfer Zeit so üblich waren im lieben deutschen Vaterland, ein
Scherz an den sich mancher alte Pförtner noch in späten Tagen mit
Vergnügen erinnert, wirklich keine Gnade finden vor den Augen der
höheren pädagogischen Kritik? Ich frage jeden Lehrer und Erzieher,
der es gern sieht, wenn seine Jugend fröhlich und guter Dinge ist, ob
er jNeigung hat gegen diesen Scherz mit dem Gesetzcodex bewaffnet
zu intervenieren, ob er die arme Martinsgans nach mathemalisch-ana-
tomischen Principien in zwölf Teile zerteilen und jedem ein paar Bissen
zuwägen will. Selbst der Berliner Kritiker, der, wie wir weiter unten
sehn werden, ja auch ein mitfühlendes Herz für die Freuden und das
Glück der Jugend hat, wird das wol nicht eigentlich wollen. Er hat
nur wieder nicht gewust, wie die Sache sich verhalte.
Ich komme nun zu dem dritten Hauptübelstand, den der
Verfasser der Bemerkungen aufzudecken meint, die Ueberbürdung
der Pförtner Alumnen mit Unterricht und häuslicher
Arbeit.
Er findet diese Ueberbürdung erstens darin, dasz die Alumnen
mit Ausnahme des Mittwochs, Sonnabends, Sonntags, des Studientags
in jeder Woche und der Sommertage, an denen sie zum Baden geführt
werden, 11 Stunden täglich mit Unterrichtsstunden und Anfertigung
häuslicher Arbeiten beschäftigt seien. Hier ist nun erstens die Zahl
unrichtig, insofern nach Abzug der Zwischenpausen an den be-
treffenden Tagen nur 9 Stunden für jene Beschäftigungen bleiben.
Zweitens auch 9 Stunden Unterricht und Arbeit findet im Winter durch-
schnittlich nur an drei, im Sommer durchschnittlich nur an zwei Tagen
der Woche statt, an der groszen Mehrzahl von Tagen übersteigt die
gesamte Unterrichts- und Arbeitszeit nicht 8 Stunden. Drittens fallen
in diese Zeit auch Schreibstunden, Zeichenstunden, Singstunden und
Tanzstunden. Kein besonnener aber wird diese Uebungen in den Künsten
auf eine Linie stellen mit den wissenschaftlichen Unterrichtsstunden
und den Arbeitsstunden, für die eine angespannte Geistesanstrengung,
eine eigentliche Kopfarbeit gefordert wird. Wenn zum Beispiel ein
222 Vertheidigung der Landesschule Pforte.
Schüler mehrere Stunden mit solcher Geistesarbeit beschäftigt gewesen
ist und er tanzt dann eine Stunde, so ist das für den Knaben oder Jüng-
ling keine Beschwerde, sondern eine Erholung von der Arbeit. Und
ähnliches gilt von den Kunstübungeri des Singens und des Zeichnens.
Wie käme es wol sonst, dasz Tausende von arbeitsamen Menschen
gerade in der Kunstübung Erholung- und Erquickung von angestrengter
Arbeit finden?
Es ergibt sich also, dasz die Pförtner Alumnen durchschnitt-
lich nicht mehr Stunden täglich sich mit ihren wissenschaftlichen
Arbeiten zu beschäftigen angehalten sind, als f leiszige S ch üler
andrer Gymnasien auf dieselben zu verwenden pflegen. Das Trei-
ben fauler Schüler andrer Anstalten wird man aber nicht als Maszstab
für die Einrichtungen der Landesschule Pforte anlegen wollen.
Insbesondere tadelt der Berliner Kritiker, dasz die Pförtner Schü-
ler auch an Sonntagen nicht nur Vormittags, sondern selbst Nach-
mittags würend mehrerer Stunden bes chä ftigt wären. Gewis ist das
der Fall. Aber er weis z nichts davon, dasz die Schüler nicht
genötigt sind diese Stunden auf Schularbeiten zu ver-
wenden, dasz es ihnen vielmehr ausdrücklich gestattet ist in den-
selben Briefe zu schreiben, deutsche Unterhaltungsbücher zu lesen, zu
zeichnen und ähnliche Beschäftigungen vorzunehmen. Welcher ver-
ständige Vater würde nicht seinen Sohn, den er am Sonntag müszig
oder träumend herumstehn sieht, dazu anhalten zu einem nützlichen
Buch zu greifen, einen Brief zu schreiben oder irgend eine Kunstübung
vorzunehmen, ja auch, wenn es nötig ist, zu studieren? Gewis also
kann es keine Erziehungsanstalt verantworten, ihre Schüler den ganzen
Sonntag lang mit Ausnahme des Gottesdienstes nichtsthuend und gaffend
herumlungern zu lassen, eingedenk des Spruchs, dasz Müsziggai^g
aller Laster Anfang ist. Sie hat vielmehr die unabweisbare Pflicht
auch Sonntags ihre Schüler zu irgend welcher nützlichen Beschäf-
tigung zu veranlassen. Soll das aber bei 180 Schülern, die in 15 Stuben
wohnen, erreicht werden, so ist es schlechterdings notwendig, dasz zu
gewissen Stunden des Tags sich jeder in seiner Stube auf seinem Platz
still verhalte, da sonst nur zu leicht einer den andern in seiner ruhigen
Beschäftigung stören würde. Ueberdies erhalten nun aber diese Stun-
den des Sonntags Nachmittags vielfache Abwechslung durch weitre
Spaziergänge unter Führung von Lehrern, durch musikalische Unter-
haltungen, durch Vorlesungen der Lehrer, an denen entweder alle oder
ein Teil der Schüler teilnehmen.
Statt sich nun über diese Einrichtungen, bevor er mit seinen
Enthüllungen vor die Behörden und vor die 0 ef f en tlichkei t
trat, aufklären und belehren zu lassen, zieht der Berliner Laie
es vor, der Anstalt den Vorwurf zu machen, sie lasse den Knaben
undJünglingen das Glück der Jugend und die Freuden
derselben nicht in demMasze zuteil werden, als es mit
dem Zweck ihrer moralischen und intellectuellen Bildung vereinbar sei.
Auch für diesen Vorwurf bringt er nicht den Schatten eines
Vcrtlieidignng der Landesschule Pforte. 223
Beweises. Ich möchte wol wissen, von welcher Lehranstalt der
Welt man das nicht sagen kann, wenn es blos darauf ankommt
frisch darauf los zu behaupten. Vor den Lesern dieses Blattes
darf ich wol hinweisen auf die 'Mehrzahl der ehemaligen Pförtner
Schüler, welche der Landesschule nach unzweifelhaften Anzeichen ein
freundliches und dankbares Andenken bewahren, sicherlich nicht weil
sie meinen, dasz ihnen das Glück und die Freude der Jugend auf der-
selben verkümmert worden wäre. Ich darf ferner die Thatsache an-
führen, dasz die Anstalt bemüht ist auch auszer den täglichen Spielen
und Turnübungen im Schulgarten durch Vergnügungen, wie Schlitt-
schuhlaufen, gemeinsame Spaziergänge, Turnfahrten, Sängerfahrten,
Schwimmfahrteii, Feuerwerk, Tanz im Freien wie in geschlossenem
Raum, Concerten, Theateraufführungen, dramatischen und litterarischen
Vorlesungen, Vorstellungen reisender Künstler u. a,, Abwechslung und
Annehmlichkeit in das Leben ihrer Schüler zu bringen. Ich sage be-
müht ist; denn so wenig ein Wirth im Stande ist eine grosze Gesell-
schaft, die er eingeladen hat, er mag ihr bieten vvas er will, wirklich
zu vergnügen, wenn sie nicht selbst die Stimmung dazu mitbringt und
das beste dazu thut, ebenso wenig kann eine Schule, indem sie ihren
Zöglingen die Gelegenheit zu jugendlichen Vergnügungen bietet, er-
reichen dasz jeder nun nolens volens auch wirklich fröhlich ist. Indes
ein Blick auf das frische und bewegte Treiben der Pförtner Jugend,
wenn sie an Sommerabenden sich im Schulgarten tummelt, würde,
glaube ich, jeden unbefangnen von der Unrichtigkeit des obigen Vor-
wurfs überzeugen. Eine Erfahrung musz ich endlich noch gegen den-
selben geltend machen, dasz nemlich gar nicht selten Kinder aus so-
genannten guten Häusern in groszen Städten gerade dadurch zum Teil
um das Glück ihrer Jugend gebracht werden, dasz man sie aus eiller
Vornehmthuerei abschlieszt von dem frischen und gesunden Verkehr
mit Altersgenossen, weil deren Eltern vielleicht nicht so hochgestellt
sind, dasz man sie durch den ausschliesztichen Umgang mit Erwachs-
nen oder einzelnen wol dressierten und geschniegelten Musterknaben
frühzeitig altklug macht und ihnen jene unmittelbare Empfindungs-
frische und Thatkraft der gesunden Knabenseele benimmt, in der ge-
rade das höchste Glück und das edelste Kleinod der Jugend liegt.
Der Laie der Berliner Blätter behauptet ferner, die Landesschule
Pforte nehme auf die Gesundheit ihrer Zöglinge zu wenig
Rücksicht, indem ihnen an den Werktagen in der Regel nur 2 Stun-
den zur freien Disposition und Erholung blieben. Auch diese Beschul-
digung entbehrt der thatsächlichen Grundlage. Erstens ist die Zahl
von 2 Stunden wie fast alle Zahlenangaben, die sich in
dem unzuverlässigen Schriftstück fin den, fa Isch. Auch
an den wenigen Tagen, wo die Schüler 9 Stunden mit Unterricht und
Arbeit beschäftigt sind, bleiben ihnen jedenfalls 3 Stunden zur freien
Disposition und Erholung. Von diesen können im Sommer alle drei
zur Bewegung im Freien verwandt werden, im Winter wenigstens 2,
wenn man Spazierengehn im offnen Krouzgang des Klosters nicht als
224 Vertheidigung der Landesschule Pforte.
Bewegung im Freien rechnen will. An der Mehrzahl von Tagen aber,
die schon oben erwähnt sind, ist der Erholung und Bewegung im Freien
in verschiedner Weise noch mehr Zeit vergönnt. Diese Zeit aber zu
Spielen, Turnübungen und Spaziergängen in einer anmutigen Berg-
gegend verwandt ist nach ärztlichem Gutachten für die Erhaltung und
Förderung der leiblichen Gesundheit ausreichend. Dasz aber im Gan-
zen eine körperlich gesunde und kräftige Jugend in Pforte erzogen
wird, dafür bietet die verhältnismäszig grosze Zahl derjenigen älteren
Schüler einen Beleg, die jährlich von der Militärcommission zu Naum-
burg zum Soldatendienst für tauglich befunden werden. So standen
zum Beispiel bei der Mobilmachung des Jahrs 1851 sechzehn Abitu-
rienten bereit der Fahne des Königs zu folgen. Dasz diese Jugend
keine schwächliche und kränkliche ist, davon kann sich jeder über-
zeugen, der einmal ihren Turnübungen beiwohnen will, die der Ber-
liner Laie natürlich ebenso wenig kennt wie die übrigen
Einrichtungen der Landesschule.
Die angebliche Ueberbürdung der Alumnen mit Arbeit sucht der-
selbe nun durch die fernere Behauptung zu stützen, dasz das Lehr-
pensum der Landesschule das gesetzmäszige Masz derAn-
forderungen der Gymnasien überschreite. Dagegen braucht
man nur zu bemerken, dasz ja jährlich der Lehrplan der Schule mit
genauer Angabe der Pensen der einzelnen Klassen der Behörde vorge-
legt wird, die also gewis nicht unterlassen haben würde solche Ueber-
schreitungen zu rügen, wenn sie stattgefunden hätten, dasz ferner bei
auszerordentlichen Revisionen der Anstalt durch Mitglieder der Be-
hörden, so viel mir bekannt geworden ist, niemals ein solches Ueber-
masz wahrgenommen worden ist. Der auszerhalb der Anstalt stehende
Laie mit dem freien Blick unternimmt es auch über diesen Uebelstand
den Behörden ein Licht aufzustecken.
Hierbei behauptet er denn, einzelne Lehrer der Anstalt hätten ihm
gesagt, es werde in Pforte ein gründlicheres Wissen verlangt
als auf andern Schulen , die Lehrer derselben müsten also der Ansicht
sein, dasz die andern preuszischen Gymnasien in der wissen-
schaftlichen Ausbildung ihrer Zöglinge hinter dem erforderlichen Masz
von Gründlichkeit zurückbleiben. Durch diese Redewendun-
gen sind nun einzelne oder alle Lehrer der Anstalt in das nachteilige
Licht gestellt, als ob sie in eitler Selbstüberhebung über andere Gym-
nasien urteilten, die sie doch zum Teil gar nicht kennen. Ich habe
Grund zu vermuten , dasz diese Darstellung und Auffassung von ge-
wissen Seiten nicht ohne Bereitwilligkeit aufgenommen worden ist.
Folgendes ist nun aber der Thalbestand von der obigen Behauptung.
Als der Verfasser der Bemerkungen aus seiner Kenntnis einiger Gym-
nasien im Gespräch mit einem Lehrer der Landesschule zu erweisen
suchte, dasz diese Anstalt höhere Anforderungen an ihre Zög-
linge stellte als andere Gymnasien, so ist ihm im wesentlichen erwidert
worden, das sei nicht begründet; der An seh ein davon könne
vielleicht daher entstanden sein, weil eine gründlichere Kenntnis
Verthcidigung der Landcsscluile Pforte.
225
der alten Sprachen in Pforle angestrebt würde als auf manchen
Anstalten. Es gehört walirlicli kein Scharfblick dazu um einzusehn,
das7, das ganz etwas andres ist, als was der Verfasser der Bemerkungen
vorbringt. Was nur von einigen bestimmten eben in Rede stehen-
den oder von manchen Anstalten gesagt war und nur so verstanden
werden konnte, generalisiert er, als gelte es von allen: eine Be-
gri f fs V er w e chs 1 ung, wie er sie sich in seinem Schriftstück mehr-
fach zu Schulden kommen läszt. Wenn es nun Thatsache ist, dasz
auf einigen Gymnasien die alten Sprachen und die mit ihnen unmittel-
bar zusammenhangenden Unlerriclitsfächer vorwiegend gopllegt wer-
den, dasz hingegen andere den neuern Sprachen und Naturwissen-
schaften ein weiteres Feld einräumen, so können Lehrer jener Anstalten
sicher sagen 'wir betreiben die alten Sprachen gründlicher als aiulero
Schulen' und die Lehrer dieser Svir lehren die neuern Sprachen und
die Naturwissenschaften eingehender', ohne dasz diese Aussprüche
nur im entferntesten den Sinn hätten, die gemeinten andern
Schulen oder gar alle andern preuszischen Gymnasien blieben
in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Zöglinge hinter dem er-
forderlichen M a s z von Gründlichkeit zurück.
Mit welcher Leichtfertigkeit aber der Berliner Laie unbe-
gründete Beschuldigungen gegen Leiter und Lehrer der Landes-
schule Pforle vor die Behörde und vor die OelTentlichkeit bringt, dafür
führe ich hier noch folgendes Beispiel an. Er sagt "^das Meistern
anderer Gymnasien sei in Pforte in dem Grade Regel,
dasz nur sehr selten die Novizen (soll heiszen 'Novitien') in
d e rsel b en K I a sse Aufnahme finden, der sie auf den früher von
ihnen besuchten Gymnasien angehört hatten'. Er fügt prophetisch
hinzu 'die Statistik wird das nachweisen'. Die Statistik?
Nun wolan, hier ist sie:
Uebersicht über die von Ostern 1S56 bis Michaelis 1860
aufgenommenen Schüler.
Aufnahme-
termiu.
Von auslänrlischen
Anstalten, v. Eeal-
sehulen oder pri-
vatim vorbereitet
Von inländischen Gymnasien
Summa
g-leicli hoch
gesetzt
tiefer ge-
setzt
O es
> G
0-S
O CS
> a
ä
S
Ostern
Mich.
Ostern
Mich.
Ostern
Mich.
Ostern
Mich.
Ostern
Mich,
1856
1856
1857
1857
1858
1858
1859
1859
18r30
1860
11
5
13
12
7
20
13
10
15
4
9
11
14
13
7
G
9
5
5
10
2
2
1
1
2
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o
17
—
3
27
—
2
25
2
16
1
—
28
—
1
22
—
—
16
1
—
21
—
1
16
—
3
2
3
2
2
1
1
1
1
3
110 I 89 I 11 I 210 II 2 I
Dasz die hier gegebene Tabelle zuverlässig ist, läszt sich
aus den Schulakten nachweisen.
N. Jahrb. f. Pliil. u. P:iil. II. Aht. 1S6I. Hft 5. 15
14 |ttt
leichli
22C Verthcidigung der Landesschule Pforte.
Also von den 100 seit Ostern 1856 in die La n d osscli n I c
von andern preuszischen Gymnasien aiifgenonimnen Schülern
sind 89 in dieselbe Klasse gekommen, in der sie dort saszen, und
wenn man auch noch den Unterschied zwischen Ober- und Unter-
seounda, Ober- und Untertertia berücksichtigt, 73.
Der Leser hat hier ein Pröbchen, mit welclier naiven Leicht-
gläubigkeit der auszerhalb stehende Gönner der Pforte mit dem
freien Blick, den er sich beilegt, beliebiges Gerede aufgreift
und es als Thatsache den Behörden und dem Publicum aufzureden
versucht, ohne zu ahnen, dasz er sich hat etwas aufbinden lassen,
mit welcher zuversichtlichen Dreistigkeit er die Stati-
stik herausfordert, ohne nur an die Möglichkeit zu denken,
dasz dieselbe den Enthüllungen, mit denen er sich breit macht, ge-
radezu ins Gesicht schlagen könnte. Wenn er nun ans derartigem
Stoff Anschuldigungen- gegen die Lehrer der Landesschule dreht
und dabei doch versichert, er habe nur das Interesse der
Schule objectiv im Auge, er wolle keine Misstimmung
erregen, so kann man diese Behauptungen entweder nur als ora-
torische Redewendungen für die Einleitung seines Werks an-
sehn, oder man musz annehmen dasz die Gemütsstimmungen,
in denen er dasselbe schuf, in psychologisch merkwürdiger Weise
wechselten.
Ich musz nun dem Berliner Laien weiter folgen, obgleich ich es,
offen gestanden, mit Widerwillen thue , durch die Irrgänge seiner An-
deutungen über die einzelnen Unterrichtsgegenstände, die
in Pforte übertrieben oder vernachlässigt werden sollen. Der Leser
wolle sich vergegenwärtigen, dasz derselbe niemals einer Unter-
richtsstunde auf der Landesschule beigewohnt hat. In-
dessen wir haben schon gesehn, dasz ihn dergleichen kleine Bedenken
bei seiner kritischen Arbeit nicht stören.
Er beginnt mit dem lateinischen Unterricht und sagt, ge-
stützt auf gewisse Mitteilungen eines frühern Schülers: ^den Schülern
von Untersecnnda ist im laufenden Jahr in der Zeit von Ostern bis zu
den Hundstagsferien, also wärend dreier Monate, das Auswendiglernen
von 135 lateinischen und 94 griechischen Versen aufgegeben worden.
Demnach werden sie im Lauf eines Jahrs circa 5 00 lateinische und
400 griechische Verse erlernen müszen.' Mit dieser ganzen
Statistik ist es wieder eitel Schein und Flitter. Die Thatsache
verhält sich folgendermaszen. Es sind in dem hier in Hede stehenden
Semester von den Untersecundanern im ganzen 132 Ovidverse und
94 Homerverse gelernt worden, also im ganzen 226 lateinische und
griechische Verse. Das macht also in runder Summe etwa fünftehalb-
hunderl Verse für das ganze Jahr. Das obige Mulliplicationsexempel
des Berliner Laien hat also f ü nf teha Ibh u n der t Verse zuviel
herausgebracht, gerade die doppelte Anzahl, die wirklich gelernt
worden sind. Das ist ein neuer Beleg dafür, dasz die Zahlen, die er
vorbringt, nicht als Grundsäulen seiner Beweisführung anzusehn
Vertlieidigung der Landesscliiile Pforte. 227
sind, sondern als blosze m üsz i g-e Seh nör ke 1 an der Ornamentik
seines Werks für das Auge des Lesers.
Er tadelt ferner die umfassenden P r i va t s tudi en , die man
in Pforte von dem Sciiüler verlange. Als Beleg dafür führt er an, dasz
die Untersecundaner der Anstalt in jedem Semester zehn Bücher Ho-
mer und die v i e r C a t i 1 i n a r i s c h e n H e d e n privatim zu über-
setzen hätten. Aus dem Wort übersetzen musz man schlieszen,
der Verfasser bildet sich ein, dasz so ausführliche schriftliche
Ucbcrsetzungen angefertigt würden, oder er hat sich hier wieder ein-
mal unklar ausgedrückt. Angenommen also er wollte sagen 'für sich
lesen', so ist doch auch nach dieser Auslegung die Behauptung völlig
irrig. Weder gibt es eine Vorschrift, dasz in jedem Semester die vier
Calilinarischen Reden, noch dasz in diesen Zeitabschnitten je 10 ßiicher
Homer gelesen werden müsten. Ein Schulmann würde sich auch
wol schwerlich haben einreden lassen, dasz die P ri va t s t u di en der
Schüler auf der Landesschuie in eine solche ihrem Sinn und Zweck
völlig widersprechende Zwangsjacke gesteckt würden. Das aber
bedarf wol vor Sachkennern keiner Rechtfertigung, wenn ein Lehrer
des Griechischen in Untersecunda seine Schüler dazu anregt für sich
fleiszig Odyssee zu lesen und sie wo möglich ganz durchzulesen, -oder
wenn der Lehrer des Lateinischen ihnen unter anderm auch die Cati-
linarischen Reden zur Privalleclüre empfiehlt. Charakteristisch ist es,
dasz gerade in einer Zeit, wo so entschieden die Wiederbelebung oder
Förderung von Privatstudien der Schüler auf der groszen Mehrzahl der
Gymnasien in Angriff genommen worden ist, die Landesschule P forte,
wo seit den ältesten Zeiten unausgesetzt diese P ri va ts t udien einen
wesentlichen Teil des Unterrichts ausgemacht haben, wegen dieser vor
den Behörden und vor dem Publicum von einem Laien unter Angabe
falscher Thatsachen in Anklagestand versetzt wird. Auch
hier zeigt sich wieder dasz er von der Sache, über die er andere be-
lehren will, kein Verständnis hat, wofür die Römer ein kräftiges, aber
sehr bezeichnendes Sprichwort hatten.
Er verwirft nun ferner die Uebungen in der lateinischen Versi-
fication. Gründe bringt er gegen dieselben nicht vor; das ist nun
einmal seine Sache nicht. Er beruft sich nur auf die Autorität von C.
G. Zumpt. Aber auch von diesem bringt er keinen misbilligenden
Ausspruch gegen jene Uebungen bei, sondern versichert nur, dasz die-
selben in dessen Lehrstunden seinerzeit nicht angestellt wurden. Aber
was beweist denn (las? Bekanntlich hängt es nicht von dem einzelnen
Lehrer ab, ob er seinen Schülern Anleitung zur lateinischen Versifica-
tion geben will oder nicht, sondern von dem ganzen Lehrplan der
Schule. Wenn das also auf einer Schule nicht Sitte ist, so folgt noch
gar nicht daraus, dasz jeder Lehrer des Lateinischen an derselben jfiich
jene Uebungen als überflüssig oder schädlich ansieht. Ich kenne Leiter
und Lehrer von Anstalten, die bedauern dasz dieselben an ihren Schu-
len nicht organisiert sind. Es folgt also aus des Verfassers Mitteilung
gar nicht, dasz Zumpt ein Gegner derselben gewesen wäre. Aber
15*
228 Vertheidigiing der Landcsschiile Pforte.
'o
selbst zugestanden, das wäre der Fall gewesen, so lassen sich ja genug
Autoritäten und unter ihnen die Trophäen der Fliilologie in alter und
neuer Zeil anführen, welche die Uebungen in der lateinischen Versi-
fication zum Zweck einer tüchtigen und lebendigen Sprach- und Lit-
teraturkennlnis für sehr nützlich und wesentlich halten. Weslialb ich
entschieden dieser Ansicht bin, brauche ich einem Gegner gegenüber
nicht darzulegen, der keinen Grund gegen dieselbe hat vor-
bringen können.
Weiter legt er nun seine bessernde Hand an den deutschen
Unterricht. Demselben Berichterstalter, der ihm die falschen An-
gaben und verworrnen Vorstellungen über den Unterricht in den alten
Sprachen beigebracht hat, verdankt er auch seine Aufklärungen über
den deutschen Unterricht. Er sagt: ^die Untersecu n daner wer-
den in zwei wöchentlichen Stunden speciell in der Ge-
schichte der sechs deutschen S p r a c h s t ä m m e und ihrer
allmählichen Entwicklung unterrichtet und erlernen
die Unterschiede derselben im einzelnen.' Jemand, der
von den sechs deutschen Sprachstämmen auch nur eine dunkle Ahnung
hatte, konnte sich so etwas unmöglich aufreden lassen oder
einbilden. Aber unser Berliner Laie hälfe sich doch wenigstens
von jemand Balhs erholen sollen, was die Erlernung dieser sechs
Spr;ichstämme und ihrer Unterschiede bis ins einzelne eigentlich auf
sich bat, was sie selbst dem Facligelelirlen für Mühe und Zeit kostet.
Was thut er statt dessen? Um ein Beispiel zu geben, bis zu
welcher S p e c i a I i t ä t man darin gehe, s c h r e i b t e r e i n a 1 1 -
deutsches Paradigma aus einem Heft eines Seh ülers aus
und läszt das drucken, das althochdeutsche Eigenschaftswort plinter,
mittelhochdeutsch blinder. Und das soll nun einen Beweis dafür
abgeben, dasz die Pförtner Unlcrsecundaner speciell die Ge-
schichte der sechs deutschen Sprach stamme erlernen
m listen. Wit demselben Heclit könnte jemand das Paradigma eines
lateinischen Adjectivs, etwa caecus, durchdeclinieren und darauf
die Enthüllung basieren, dasz der Unterricht im La t ei n isch en in
Pforte alles Masz überschritte. Jenes deutsche Paradigma ist also
kein Beweisstück für die an sich widersinnige Behaupding, sondern
ein leeres Schaustück, wie die oben besprochnen falschen Zahlen,
dazu bestimmt seinem Werk den Anstrich quellenmäszigcr Forschung
und gründlicher Kenntnis zu verleihn, von der es himmelweit entfernt
ist. Und wenn er nun noch jenes Paradigma richtig abge-
schrieben zum Druck befördert hätte ! Aber auch das ist ihm gänz-
lich mislungen. Um andre Irtümer zu übergehn, so decliniert er
z. B.das allhochdeutsche Femininum seines Paradigma folgendermaszen:
* Nom. blind as statt: Nom. blintu
Gen. blintiu „ Gen. blinlera
Dat. blintera „ Dat. blinteru
Acc. blinteru „ Acc. blinta.
Insirum. blinta.
Vcrtlicidiguiig der Laiidesscliulo Fforic. " 229
Und in dieser Gestalt ist also das Ding- als Beleg von der Ein-
sicht des Verfassers in den dentsclien Unterricht der
Landossciiiilo erst der Schiilbehörde nnd dann dem wissenschaftlich
gebildeten Publicinn zur Aiifliliirung überreicht worden. Dasz ilmi
nur bei dem Abdruck des Paradigma in den Berliner Blältern, auch
derjenige, dor die Hevision der Druckbogen zu besorgen hatte, nicht
den Dienst leisten konnte, doch wenigstens die gröbsten Schnitzer aus
demselben herauszucorrigieren !
c'
?ilit dem deutschen Unterricht, an dem der Berliner Laie sich in
dieser Weise die Sporen zu verdienen sucht, verhalt es sich einfach
so, dasz die Untersecundaner insoweit in die mittelhochdeutsche Gram-
matik eingofiilirl werden, um in Obersecunda und Prima das Nibelungen-
lied und andre auserlesene Stücke der mittelhochdeutschen Dichtung
lesen und verstebn zu können. Dabei werden ihnen denn auch ge-
legentlich die sechs deutschen Sprachstämme genannt.
Auch wird, um ihnen eine mittelhochdeutsche Sprachform zu erklaren,
gelegentlich auf eine vollere althochdeutsche hingewiesen, aus der sie
entstanden ist, in dem Sinn wie etwa ein Lehrer des Griechischen, um
seinen Schülern die abweichende Accentuation von ixovöoov zu erklären,
ihnen beiläufig sagen würde, dasz diese Form aus einer altern ^ovadcov
contrahiert ist. In diesem Sinn ist das allhochdeutsche Eigenschafts-
wort plinler einmal zur Veranschaulichung an die Wandtafel geschrie-
ben worden, von da in ein Schülerheft übergegangen, hier dem Berliner
Laien in die Hände gefallen, der es nun von Schnitzern entstellt ganz
unbefangen als Beleg seiner Einbildung, dasz den Pförtner Untersecun-
danern die sechs deutschen Sprachstämme gelehrt würden, mittelst des
Preszbengels dem Publicum vor die Augen führt. Die Sache hat ihre
ko m i s c h e S ei te, aber auch ihre er n s te ; sie zeigt wieder einmal
die Armseligkeit des ganzen Schriftstücks, mit dem ich es hier zu
thun habe.
Als Autorität dafür, dasz der Unterricht in altdeutscher Sprache
von den Gymnasien auszuschlieszen sei, führt er '^eine Anzahl urteils-
fähiger' Väter an. Da man aber nicht im enlferntesten erfährt, was
denn diese Väler eigentlich für Gründe gegen jenen Unterricht ange-
ben, so ist auf eine solche Anfiihrung väterlicher Autoritäten vorläufig
nichts zu geben. Bekanntlich ist in neurer Zeit unter Schulmännern
ernstlich die Frage erhoben worden, ob es nicht zur wissenschaftliclicn
Bildung einer vaterländischen Jugend notwendig sei auf Gymnasien so
viel von altdeutscher Sprache zu lehren, dasz dieselbe in den Stand
gesetzt wird, von den vorzüglichsten Denkmälern der Dichtung unserer
Vorfahren eine lebendige Anschauung zu gewinnen, die sie weder aus
abstracter Litleraturgeschichte noch durch litterarisches Aeslhclisieren
jemals erlangen kann. Die Symptome zeigen sich bereits, dasz diese
Ansicht in nicht zu ferner Zeit beim Unterricht praktisch zu allgemeinrer
Geltung gelangen wird.
Von dem Unterricht in der Geographie sagt der Verfasser der
Bemerkungen: Mch zweifle nicht, dasz die Abiturienten in Pforte mit
230 Verlheidiffuti"; der Landesschiile Pforte.
'Gl
der Geographie des alten Griechenlands vollkommen vertraut sind,
glaube aber dasz die Leh rer es nicht würden dara uf ankom-
men lassen wollen, dasz dasAbilurienlenexamen plötz-
lich ohne vorherige Andeutungen auf die Kenntnis von den
amerikanischen Fluszgebieten oder asiatischen Höhenzügen gerichtet
würde.' Er spricht hier blos von dem was er ^glaubt', von dem
was die Lehrer in einem hypothetischen Falle Sv ollen würden*.
Das ist eigentlich beszer, als wenn er an andern Stellen die Miene
annimmt als wüste er etwas zuverlässiges, und dann hinterher
glänzend Fiasko macht. Man könnte also jenes Ph an lasies t ück
als unschuldig bei Seite lassen, wenn er dasselbe nicht durch den
Zusatz würzte "^ohne vorherige Andeutungen', wodurch er den
Behörden und dem Publicum gegenüber die Pförtner Lehrer in das
Licht stellt, dasz sie sich dergleichen unerlaubte Andeutungen von
dem, was sie im Abiturienfenexamen examinieren wollen, zu Schul-
den kommen lieszen. Woher weisz denn unser Kritiker das wie-
der? Hat er Beweise dafür? Doch was frage ich? Er ist ja objectiv,
hat einen freien Blick und will keine Misstimmung erregen. Er liebt
nun einmal die Beweise nicht, wie Falstaff, und wären sie
so billig wie die Brombeeren.
Endlich kommt er auf das Französische zu sprechen, und da
tadelt er denn , dasz der Unterricht im Französischen nach dem Lehr-
plan der Landesschule erst in Secunda anfange, wärend er auf an-
dern Gymnasien in Quinta, spätstens Quarta beginne. Er hat hier, wie
das Sprichwort sagt, wol läuten gehört, weisz aber doch wieder
nicht recht wo die Glocken hangen. Der französische Unterricht
wird in Pforte in fünf abgesonderten Klassen erteilt. Jeder neu auf-
genommene Schüler, der durch ein besondres Examen eine genügende
Kenntnis in den Anfangsgründen des Französischen nachweist , kann
sofort in die dritte dieser Klassen eintreten. Für die übrigen Schüler
beginnt der Unterricht im Französischen, wenn sie nach Untersecunda
versetzt sind. Da sclion vor längerer Zeit auf eine Anfrage an die
competente Behörde die Antwort erfolgte, die französischen Arbeiten
der Pförtner Abiturienten ständen im Durchschnitt denen anderer Gym-
nasien nicht nach, so ist diese Einrichtung des französischen Unter-
richts beibehalten worden, um nicht die beiden untern Klassen der
Landesschule mit noch mehr Arbeiten zu überhäufen. Der Verfasser
der Bemerkungen findet nun den Unterricht im Französischen nicht
blos in Pforte, sondern auch auf andern Gymnasien ungenü-
gend; er deckt also hier einen allgemeinen Uebelstand auf. Wenn
jemand die Ansiclit hat, dasz eine gründlichere, wissenschaftlichere
Betreibung der französischen Sprache eine bildende Kraft für den Geist
der Jugend habe, so stimme ich damit vollkommen überein; ich weisz
nur nicht recht, wo die Zeit dazu hergenommen werden soll. Aber
von einer solchen Ansicht ist in den Bemerkungen des Berliner Laien
nicht die Spur zu finden. Er stellt in dieser Hinsicht den Gymnasien
als Ziel, das sie anzustreben haben, die Schüler zu befähigen, dasz
Vcrllieidigung der Laiidesscluilo Pforte. 231
sie im Eisenba hnwaggon, im Hotel, an der table d'höte
f ra n zö si seh e C on V er sa li 0 n m a c li en können, und er schildert
dabei anschaulich die traurige Lage eines jungen Ulannes, der aul einem
preuszischen Gymniisium gebildet ist, die Geographie von Altika weisz,
aber verstummt sobald Slie französische Unterhaltung im
Waggon beginnt'. In ße?,ug auf solche B o n n e n d res s u r unsrer
deutschen Jugend in der Sprache uiisers Erbfeinds und die ganze
Einpauker ei derselben für bestimmte praktische Zwecke, die
zuletzt im money making gipfeln, wüste ich nichts beszres zu thun als
die treiriichen ^Vorte eines bewährten Schulmanns, des Director
Axt in Kreuznach, die mir aus E il e rs Wandrungen durchs Leben
bekannt geworden sind, als den vollständigen Ausdruck meiner Ueber-
zeugung hier anzuführen. Er sagt: ''das Palladium der deutsciien
Eigentümlichkeit, Ehre und Selbständigkeit beruht wesentlich auf den
deutschen Gymnasien. Hier ist es, wo vorzugsweise als in dem ent-
scheidenden eindrucksfähigen Lebensalter das Salz des Volks bereitet
wird. Hier ist vorzugsweise die Geburtstätte des Geistes, der fort
und fort alle Schichten der Nation bewahrend , läuternd und erhebend
durchdrang und durchdringt. Dieser Geist ist kein andrer als der Geist
der Wahrheit, der uninteressierten Wahrheit. In solchem
Geiste musz auch jede andere Schule wirken, in welcher Art auch
immer sie die Zeit verlangen mag. Wehe unsrem Vaterland, wenn
man ihr das Zugeständnis macht Anstalten zu gründen, wo bereits die
harmlose Jugend unmittelbar auf Schein und rasche Praxis
dressiert, wo ihr die engherzigste, herzloseste Selbstsucht ein-
geimpft wird. Je mehr solche Dämonen heute herumspuken , um so
eifriger gilt es zu wachen , dasz sie fern gehalten werden.'
Ich bin am Ziel, nachdem ich dem Verfasser der Bemerkungen
auf Schritt und Tritt durch Dickicht und Dornen auf seinen haltlosen
Entdeckungsreisen und Irrfahrten gefolgt bin.
Er wünscht schlieszlich seinen Aufsatz dem Urteil unbefangner
und sachkundiger Männer unterzubreiten. Aus demselben Wunsch ist
diese meine Beleuchtung seiner Arbeit hervorgegangen, und ich wage
zu hoffen, dasz sachkundige Männer dieselbe im richtigen Licht ansehn
werden. In diesem einen Punkt stimmen wir also überein.
Aber ich kann von dem Berliner Laien noch nicht lassen , ohne
schlieszlich das Facit zu ziehn von der langen Hechnung, die ich
ihm leider habe aufs Kerbholz schreiben müszen.
Der Verfasser der Bemerkungen also, der in der Rolle eines
Reformators der Landesschule mit der Maske der Ken-
nerschaft erst vor die höchste Schulbehörde, dann vor das
Publicum der Lehrer und Erzieher getreten ist, kennt den
Gegenstand, über den er andere belehren will, die Einrichtungen
der Anstalt, nicht aus eigner Anschauung und Prüfung. Er
spricht nur nach was er von Hörensagen hat und verwechselt
durchgehends Aussagen seiner Berichterstatter und
ThatsacUen. Bei dieser naturwüchsigen Kritiklosigkeit ist
232 Vertheidigiing der Landesschule Pforte.
es erklärlich, dasz er halllos von einem Irlum in den andern
verfällt, dasz er bare, nackte Unwahrheiten sagt, ohne zu ahnen,
dasz das gerade Gegenteil ihm auf die leichteste Weise hand-
greiflich und urkundlich nachgewiesen werden kann, dasz er,
selbst wo seine Aussagen an Thatsachen anknüpfen, diese doch bis
zur Unkenntlichkeit übertrieben und entstellt zu Papier bringt.
Er nimmt ein freies Urteil für sich in Anspruch. Aber sein
Urteil zeigt sich nur frei von der Sorge um die Begründung
seiner Behauplungen , frei von den sonst geltenden Regeln der Be-
weisführung und Schluszfolgerung.
Er behauptet nur das objective In t er esse der Landesschule
Pforte vor Augen zu haben; aber er trägt kein Bedenken eine ganze
Anzahl von völlig unerwiesnen Beschuldigungen gegen
Leiter und Lehrer der Anstalt dreist und leichtfertig erst
vor die höchste Schulbehörde zu bringen, und nachdem die Nichtigkeit
derselben an dieser Stelle nachgewiesen ist, vor dem Publicum aus-
zukramen.
Somit steht der Aufsatz des Berliner Laien im ganzen wie im
einzelnen unter d e m S ta n dp un k t der Kritik, den man an
einen Artikel eines pädagogischen Blattes zu legen berechtigt und ver-
pflichtet ist.
Wenn der Verfasser also hofft, dasz sachkundige und unbefangne
Schulmänner sein Stück Arbeit als Grundlage für weitre Entdeckungen
auf diesem Felde ansehn werden, so musz ich diese Hoffnung bis auf
weiteres doch noch für sanguinisch ansehn. Hohle Wichtig-
m acher ei hält nun einmal vor der öffentlichen Meinung auf die
Dauer nicht Stand gegen die Wahrheit der Thatsachen.
Wer aber von den Lesern dieses Blattes über die thatsächlich
wirklich bestehenden Einrichtungen der Landesschule sich
Aufklärung verschatfen will, wer insbesondere prüfen will, ob das
wahr ist was ich hier über dieselben gesagt habe, der sei hiermit
freundlichst eingeladen die Pforte doch einmal zu besuchen. Er möge
sich versichert halten, dasz alle Mittel und Wege die Anstalt kennen
zu lernen ihm zu Gebote stehn werden, und einer gastlichen Aufnahme
gewis sein.
Pforte. ' W. Corssen.
Kurze AnzoiKen und Misccilen. 233
Kurze Anzeigen und MisceUen.
XII.
Programm des evangelisch - theologischen Seminars zu Schönthal
J860. /. Quaestiones et observationes ad philologiam sacram
Novi Testamenli perlinentes. Scripsit Ephorus Elwert (p. 3 —
24). //. Geschichtliche Notizen über Kloster und Seminar Schön-
thal (p. 25 — 28). ///. Nachrichten über den vierjährigen Kurs
1856—1860 (p. 29—32).
Die in diesem Programm uns mitg^eteilten observationes ad philo-
logiam sacram Novi Testament! von Ephorus Elwert, Dr (und früher
Professor) der Theologie , zu dem Zweck gesammelt , die Grammatiken
von Win er und AI. Buttuiann in einzelnen Punkten zu vervollstän-
digen, verdienen wegen der gründlichen Gelehrsamkeit und Umsicht, mit
der sie jenem Zweck entsprechen und die Erklärung gichtiger Stellen
des N. T. vom sprachlich en Standpunkt aus wesentlich fördern, auch
in diesen Blättern eine eingehendere Anzeige.
Die zuerst erörterte Stelle ist 1 Petri 1 6 und S. Es handelt sich
hier darum, ob äyaXXiäaQ-c auf die Gegenwart oder auf die Zukunft zu
beziehn ist. Der Verf. entscheidet sich , und zwar mit vollem Recht,
für die letztere Auffassung. Er sucht aber diese Beziehung dadurch zu
sichern, dasz er ayalliäa^'S als eine Form des attischen Futurs be-
trachtet. Ausgehend von der Bemerkung A. Buttmanns (S. 45), dasz
ayallidoiiat , deu profanen Scribenten fremd , nur dem Sprachgebrauch
der LXX, des N. T. und der Kirchenschriftsteller angehöre, meint der
Verf. p. 5: 'itaque, ubi neque consuetudo graeca pronuntiationem tem-
perabat, neque analogia quaedam certa ante oculos obversabatur, quid
mirum, si vel auctores verbi vel qui usum eins non respuebant, de
vocali producenda aut corripienda parum anxii et soUiciti fuerint? Erat
insuper , quo induci possent , ut a norma prosodiae deflectereut, simili-
tudineiu dieo, quae inter verba in — uo-i et in — or^co intercedit.' Ref.
will diese Wögliehkeit nicht schlechthin leugnen, aber er hält es für
einfacher, die Praesens form im Sinn ein es Fu tu rs anzuerkennen.
Man würde sich ohne Zweifel sehr irren, wollte man die Dreiteilung der
Zeit in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft als die ursprüngliche
Anschauungsweise der Griechen betrachten, oder verkennen, dasz das
Präsens nicht nur ursprünglich zugleich als Futur diente, sondern dasz
auch späterhin , dasz namentlich im N. T. Präsensformen in der Be-
deutung des Futurs stehn. Es ist gar kein Grund vorhanden, warum
dies nicht sein sollte. Für den ursprünglichen griechischen Sprachge-
brauch glaubt Ref. in seinen Untersuchungen über die griechischen Modi
S. 36 — 38 dies genügend nachgewiesen, auch die Belege geliefert zu
haben, dasz noch im Attischen das Präsens zviweilen die Function des
Futurs mit übernimmt. Hinsichtlich des N. T. hat Buttmann S. 176
seiner gediegnen ueutestamentlichen Grammatik den Gebrauch des Prä-
sens für das Futur ausdrücklich anerkannt und belegt. Ohne Not aber
beschränkt er denselben auf die beiden Fälle a) wo der Begriff des
Verbums die Bedeutung des Futurs in sich schliesze, wiehei iQ%fo9cii
(vnäysiv , 7tog?vfaQ^al) und yi'vsa&ciL, b) wo die futurische Bedeutung
mit Notwendigkeit aus dem Zusammenhang erhelle. Vielmehr liegt
der Grund in der unleugbaren Thatsache, dasz das sogenannte Präsens
nach seinem Grundbegriff die Handlung als werdende darstellt und
darum ursprünglich Gegenwart und Zukunft in sich vereinigt. Somit
hat man nicht nötig Präsensformen, auch bei Verbis puris, welche den
234 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Vocal im Futur verlängern, als Formen eines attischen Futurs zu er-
klären.
Eine zweite Beobachtung § II p. 5 sq. betrifft das Fehlen des Arti-
kels auszer den in den Grammatiken gewöhnlich namhaft gemachten
Fällen. Als Hebraismus wird betrachtet 'quod in omnibus Novi Testa-
ment! libris haud rarura est, nomen, cui genetivus adiuuctus sit, uvkq&qov
jjoni.' Zunächst werden mehrere derartige Beispiele beseitigt, die den
' Artikel mit Recht entbehren, sodann aber einige Formeln aufgefiilirt,
welche sich aus der griechischen Regel nicht rechtfertigen lassen und
ihre Erklärung aus den LXX und dem Hebräischen verlangen. Daran
reiht sich p. 7 sq. die Bemerkung, dasz bei Verbindung eines Nomens
mit dem Genetiv in der Regel der Artikel bei beiden Nomina ent-
weder stehe oder fehle. Unter die Fälle, wo der Artikel fehlt, gehöre,
wenn ein relativer Satz oder ein Particip mit Artikel nachfolge. Bei
dieser Gelegenheit behandelt der Verf. p. 9 die schwierige Stelle Mc.
VII 19. Er hält yia&aQL'^ov für echt. '"Quamvis enira — Ka&cxQi'Scov et
alieno casu et sine articulo cum nomine dcpeÖQwva coniunctum ex usu
Novi Testameuti satis defendi possit, sententia tamen multo concinnior
prodire videtur, si participiura neutrum yia&ccQi^ov ad rem et enuntia-
tionem universam ita referatur, ut dicat, quid haec sibi velit, sive quid
efficiat. — scribarum inscitia hoc factum puto , ut elegantiorem illam
verborum structuram , quae participio neutro efficitur , non intellectam
suo more audacter corrigerent,' Ob die Lesart ncc&aQi^cov eine Con-
struction mit dq^sSQCova voraussetzt, scheint sehr zweifelhaft. — Was
Mc. V 36 betrifft , so zieht der Verf. mit Recht TTCuQaKOvaag vor , das
Tisch endorf aus B L z/ aufgenommen hat. Uebrigens hat auch der
cod. Vat. (vgl. Mai's Ausg. bei Brockhaus) rov lalov^svov und andrer-
seits ist auch wAovcaq xbv löyov laXoviicVOv nicht zu beanstanden (da
er diese Aeuszerung thun hörte). Die von AI. Butt mann aufgestellten
Unterschiede scheinen unhaltbar.
Hierauf wird p. 10 sq. über den Gebrauch des Plurals zur Be-
zeichnung einer Gattung, auch wo in Wahrheit nur an einen einzel-
nen gedacht ist, gesjjrochen und hiebei auch Act. IX 27 TtQOg zovg
dnoazölovg und 1. Cor. XV 29 vttsq tcov v£-aQ(av erörtert. In der ersten
Stelle wird mit Recht erinnert, dasz Gal. I 19 ft fiij nicht eine zu
srsQOV TCOV anoGtölcov gehörige Ausnahme bezeichnen müsze (wie
auch Wiesel er in seinem Commentar zum Galaterbrief S. 75 ff. gründ-
lich bewiesen hat). Wenn aber gesagt wird 'qui ot dnöaxoXoi isto loco
vocantur, non sunt personae apostoloium, sed illa societas , quae et
apostolos et eorum sive amicos sive sectatores complectebatur : ut verbo
dicam, sunt oT tc^qI zovg ccTioatölovg (der Apostelkreis)', so musz Ref.
zweifeln, ob der weitere Begriff von d-rcÖGtoXog, der, wo er in der Apo-
stelgeschichte vorkommt, seine besondern Gründe hat, an dieser Stelle,
wo man doch bei sxeqov tcov cinoaTolcov nur an den abgeschlossnen
Kreis der zwölf Apostel denken kann, angenommen werden darf, noch
weniger aber möchte der Name in dem weiten Sinn zu nehmen sein,
den der Verf. hier ihm beilegt. Vielmehr ist eben auch von diesem
Plural Act. IX 27 geltend zu machen, dasz er zu Bezeichnung der
Gattung dann steht, wo man davon absieht, ob es ein einzelner oder
mehrere sind.
Auf die gründlichste und befriedigendste Weise wird p. IS — 16 die
Bedeutung des schwierigen vtt^q tcov vekqcöv 1 Cor. XV 29 erörtert.
Es wird ebensowol die Ansicht abgewiesen, die eine stellvertretende
Taufe Lebender zu Gunsten der Todten, wie diejenige, die eine Taufe
auf den Grabhügeln der Todten (die Märtyrer) annimmt. Hauptsächlich
aus dem Zusammenhang weist der Verf. nach, dasz ßccmi^sa&ui, vnsQ
rcov vEKQcSv gleichbedeutend sein müsze mit ß. vtieq Xqiotov, 'baptizari
Kurze Anzeigen und Miscellcn. 235
propter Christum , sive eo fine et coiisilio , iit per baptismum Christo
addictiis quaecunqiie suis promisit, tibi propria facias' p. 15. Die Hanpt-
tendcnz des Abschnitts gehe dahin , darzuthun , dasz Glaube und Hoff-
nung der Cln-isten auf der Auferstehung Jesu beruhe. Diesem Haupt-
gedanken sei untergeordnet, was der Apostel V. 21 — 28 de modo et
tempore resurrectionis aliquando futurae sage. Dann kehre er zu dem
Hauptgedanken zurück: ^ut si vana sit spes resurrectionis, ii'ritum esse
moneat vel baptismum vtisq T(3v vstiqcov vel quidquid pro causa Cliristi
apostolus ipse toleret ac sustineat.' Wenn man nun ß. v. r. v. de
baptismo vice mortuorum suscepto verstehe , so fragt der Verf. : 'unde
illi, qui pro aliis baptizantur, repente in medium prodeunt? Hi quaeso
cur soll recensentur sine uUa eorum mentione, qui pro se ipsis in
Christum baptizantur? Nam id quidem non est dubium, planam et
convenient^m fore expositionem , si Paulus hoc loco profiteatur, sublata
spe resurrectionis baptismum Chriatiamxm omnino nihil valere , sin de
singulari quodam baptismo vice mortuorum suscej^to verba faciat, huiusce
ipsius memorandi quae causa aijostolo fuerit, neminem puto intelligere
posse.' Es wird zugegeben, dasz die vorgeschlagne Erklärung durch
das Fehlen des Artikels unterstützt werden würde, doch eine Schwierig-
keit in dem Artikel nicht gefunden. Es weise derselbe nach seinem
anaphorischen Gebraucji darauf zurück , dasz von den Todten bereits
gesprochen sei (p. 14 — 15). Mit letzterem ist Eef. nicht einverstanden,
sondern nimmt an dieser Stelle, wie an andern, wo bei nachdrücklicher
Hervorhebung des Bejrriffs der Artikel unpassend scheint , denselben in
dem öinne von vttsq xcov vstiqoiv ovtcov oder vti^q z(av roiovrcov , ot
vsnQOL sicL. Dasz der Artikel nicht selten diese Wirkung hat, davon
wird man bei näherer Aufmerksamkeit auf die Sache sich überzeugen.
— Noch möchte aber ßef. (in Annäherung an die in den Studien und
Kritiken 18G0 Heft 1 S. 185 ff. versuchte Auffassung) fragen, ob nicht,
wenn unter zcav ve%qcov unstreitig vor allem Christus gemeint ist, doch
auch alle, die zu ihm gehören — eine Gemeinde von Todten — , mit
begriffen sein können? also: die sich taufen lassen um der Todten willen,
d. i. um solchen anzugehören , die doch todt sind ?
P. 16 § IV erwähnt der Verf. den Gebrauch des Präsens , wonach
es das bezeichne: 'quod esse debet vel solet, rectaeque rationi convenit.'
Daraus findet die Mo. X 43 von BC*DLz/ vg. it. dargebotene Lesart
eaxiv gegen farca (A) ihre Rechtfertigung und Erklärung. Auch 1 Cor.
VIII 1 wird aus diesem Gebrauch erklärt 'quod h. 1. dicitur: uos omnes
cognitionem habemus, non de cognitione, quam omnes vere habeant, sed~
de ea, quam habere possint vel debeant , eoque sensu dictum puto, ut
valeat: nostrum omnium est, cognitionem habere.' Ref. ist nicht völlig
hiemit einverstanden. Er ist überzeugt, dasz o'rt itävrsg yvcoaiv ixo^isv
in dem Sinn von Tidvxsis jieV als Concession zu nehmen ist: was die
Götzenopfer betrifft, so wissen wir (so ist gewis), dasz wir alle zwar die
Erkenntnis haben (nemlich V. 4: ort ovdiv siSalov iv zöauaj ktX.).
Der von Anfang beabsichtigte Adversativsatz: aber diese Erkenntnis ist
nicht überall lebendig genug, um das iidcolö&vzov als ein Kd\(iq)OQOV
zu betrachten , wird erst nach einer Unterbrechung V. 7 , und zwar in
einer Schärfe ausgesprochen, die der Concession direct zu widersprechen
scheint. Der Grund dieser Schärfe liegt wol in der dem Paulus eignen
Lebhaftigkeit des Geistes, mit der er sich in das unmittelbar vorliegende
Moment seiner Entwicklung aussclilieszlich versenkt. Wenn es aber
keinem Zweifel unterliegen kann, dasz navtsg {l^sv) yvcoaiv s^ofisv nach
der L^nterbrechung in V. 4 mit ol'öa^ev oxi ovdiv sl'dcoXov sv xo'fffiro
wieder aufgenommen und fortgesetzt wird, so ist auch klar, dasz die
Erkenntnis von der Nichtigkeit der Götzen alle Christen haben
musten und hatten, dasz aber diese Erkenntnis nicht in allen Beziehungen
236 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
sich bethätigte. — Weiter wird aus jenem Gebrauch des Präsens p. 17
erkliirt 1 Cor. IX 17 f.iia&ov s'xco 'praemio dignus sum ', ferner Mattli.
XI 12 ^omnis difficultas illico dilabetui- — si terapus praesens ßLa^szoii
ilio modo positum sumseris, ut id designet, quod esse debeat, sive quod
rerum couditioui, qualis sit, convenit, ut vertere igitur possis: reguuni
caelorum vult vi expugnari' (p, 20). Sicher ist der Sinn: seit dem
Auftreten des Täufers wird das Himmelreich errungen , d. i. kann es
errungen werden; es wird durch eifriges Ringen gewonnen. Dasz im
N. T. sehr' viele Verba, die eigentlich eine ganz specielle und stark in
die Sinne fallende Bedeutung haben, in allgemeinerem und abgeschwäch-
tem Sinn gebraucht werden, ist nicht zu leugnen, und so darf man sich
au ßia^STCci (wird durch Anstrengung errungen) ebenso wenig stoszen,
als Luc. XI 8, wo ein ähnlicher Gedanke ausgeführt ist, an dvai'dnav.
— P. 20 § I behandelt den hebraisierenden indefiniten Gebrauch von
Jtceg, p. 21 sq. den Gebrauch des Substantivs, wo man nur das Personal-
pronomen erwarten sollte, ferner p. 22 die Fälle, in welchen das Personal-
pronomen überflüssig zu stehn oder wo es zu maugeln scheint; endlich
die Eigentümlichkeiten des N. T. im Gebrauch von avzog und l'öios
p. 23 sq.
Maulbronn. Bäumlein.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Königreich Bayern 1860.
Ueber die Studienaiistalten des Königreichs Bayern berichten wir
aus den zu Michaelis 1860 erschienenen Programmen wie folgt:
1. Amberg.] Im Lehrerpersonal traten folgende Verän'lrungen ein.
Der Lehramtscandidat und Assistent an der hiesigen Studienanstalt Jahn
wurde zum Studienlehrer an der lateinischen Schule zu Annweiler er-
nannt und an die hierdurch erledigte Assistentenstelle der Lehramts-
candidat und Assistent an der Studienanstalt zu Aschaifenburg Berg-
mann berufen. Ferner wurde die Lehrstelle der lln Gymnasialklasse
zu Würzburg dem Professor der In Gymnasialklasse daliier Schmitt
übertragen und zum Professor der erledigten In Gymnasialklasse dahier
der Studienlehrer der IVn Klasse der lateinischen Schule des Ludwigs-
Gymnasiums in München Seiz ernannt; ferner der Studienlehrer der
In Klasse der lateinischen Schule dahier Späth zum Studienlehrer der
In Klasse der lateinischen Schule des Ludwigs-Gymnasiums in München
berufen und zum Studienlehrer der In Klasse der lateinischen Schule
dahier der Lehramtscandidat Kastner ernannt. Der Professor der
Mathematik an der hiesigen Studienanstalt Ducrun wurde in die Stelle
eines Mathematikprofessors an der Studienanstalt zu Neuburg a, D. be-
rufen und in die hierdurch erledigte Stelle der Professor von Peszl
von der Studienanstalt zu Freising versetzt. Der Assistent Bergmann
wurde zum Studienlelirer der In Klasse der latein. Schule in Aschaffen-
burg ernannt und die erledigte Assistentenstelle dem Lehramtscandidaten
Priester Liebl übertragen. Lehrerpersonal des Gymnasiums: Rector Dr
Engl mann, Lehrer der I\^n Klasse Professor Merk und für Latein
Stndienlehrer Grosz, Lehrer der Hin Klasse Rector der Landwirth-
fichafts- und Gewerbschule Trieb, Lehrer der Iln Klasse Priester
Berichte über geleluio AnsfaUt'ii, Verordnungen, sfatisl. Notizen. 237
Wifling (zugleich Religioii.slehrer), Lehrer der In Klasse Seiz, Icatho-
lischer Keligionslehrer Seminardirector Professor Dr Sehe Is, protestan-
tischer Kcligionslelirer Pfarrvicar Lotzbeck, Lehrer der A[atheniatik
Professor von Peszl, Lehrer der neuem Sprachen K e im, Lehrer der
hebräischen Sprache Lj-cealprofessor Dr Loch, Zeiclienlehrer Schön-
werth, Lehrer der Stenograpliie Z itzlsperger, Gesanglehrer Priester
Hell. Lehreri)ersonal der lateinischen Schule: die Studienlehrer Bohrer
(für IV, zugleich Keligionslehrer), Grosz (für III), Priester Schrembs
(für II), Kastner (für I), Assistent Liebl (Hl), Dr Schels (katliol.
Religionslehrer), Lotzbeck (evangel. Keligionslehrer), Professor von
Peszl (Mathematik), Schö n wer th (Zeichnen), Hebensperger (Kalli-
graphie), Hell (Gesang). Schülerzahl des Gymnasiums 93 (IV 22, III
22, II 20, I 29), der lateinischen Schule 151 (IV 29, III 35, II 38,
I 49). Dem Jahresbericht geht voraus eine Abhandiung des Lyceal-
professors Dr Uschold: Einleitung in die Philosophie (40 S. 4).
2. Ansbach.] Den Studienlehrer Krausz, Lehrer der Hin Klasse
der lateinischen Schule, verlor die Anstalt durch den Tod. Die dadurch
erledigte Lehrstelle wurde dem bisherigen Lehrer der Hn Klasse Seitz
zuteil, an dessen Stelle der bisherige Subrector und Studieulehrer Doig-
non zu Weiszenburg ernannt wurde. Der bisherige Professor der katho-
lischen Religion Stadtpfarrer Endres wurde zuui bischöflichen Cauoni-
cus in Eichstätt ernannt. Den katholischen Keligionsuuterricht in den
Gymnasialklassen übernahm deshalb der Kaplanverweser S äff er und
später der neu ernannte katholische Stadtpfarrer Henning. Lehrer-
personal des Gymnasiums: Studienrector Professor Dr Elsperger (IV),
Professor Dr Friederich (Mathematik), Assistent von Stromer,
Professor Dr Schiller (III), Professor Dr Hoff mann (I), Pfarrer Dr
Rabus, Stadtpfarrer H enning (Religionslehrer), Stadtkaplan Pf i st e r
(Keligionslehrer), Mösch (Französisch), Professor Dr Schreiber (II),
Weisz (Kalligraphie), Hollenbach (Zeichnen), Mai er (Gesang),
Ulrich (Stenographie), die Assistenten Schöntag und Tauber; der
lateinischen Schule: Dr Ulm er (IV), Seitz (III), Doignon (II),
Bauer (I). Schülerzahl des Gymnasiums 90 (IV 23, III 26, II 17,
I 24), der lateinischen Schule 111 (IV 24, III 29, II 30, I 28). Dem
Jahresbericht ist beigegeben : commentatio de scripiionibus scholnsdcis.
Scr. Dr R. Schreiber (13 S. 4). Der Verfasser spricht seine Ansicht
in folgenden zwei Sätzen aus: I) 'Scriptiones pro loco non plane subla-
tas velim, ne aemulandi Studium cesset, verum sie restrictas , ut ne
ultra scholam latinam extendantur, neve ex omni genere litterarum in
ea traetandarum proponantur, sed in solis latinis subsistant, neque
saepius quam semel per singulos menses. 2) Reliquas autem scriptio-
nes, quae domi cönticiuntur , oranino ab ipso praeceptore eraendan,dos
censeo, verum sie, ut exemplo breviter subscribantur ab ipsis discipulis
vitia a magistro in textu correcta , addita causa et ratione correctionis,
ab illo in censura publica explicata, citato simul competente loco gram-
matico, ut et lectas et intellectas esse correctiones liqueat. Nee inutile
est dictare versionem alteram , a praeceptore scriptam , quam meliores
certe discipuli cum sua comijarenl,'
3. AscHAFFENBUEG.] Der bisherige Studienlehrer der In Klasse der
lateinischen Schule Straub wurde zum Studienlehrer der Iln Klasse
der lateinischen Schule des Wilhelms-Gymnasiums in München ernannt;
an seine Stelle trat der Lehramtscandidat Bergmann, bisher Assistent
in Amberg. Lehrerpersonal des Gymnasiums: Studienrector Dr Holz-
ner, Professor Hocbeder (IV), Professor Dr Seiferling (III), Pro-
fessor Abel (Hl, Professor Wolf (I). Lycealprofessor Dr P. Reuter
(Mathem-i-tik und Physik), Professor S. Reuter (kathol. Religionslehrer),
Stadtpfarrer St ob aus (evangel. Religionslehrer), V er bücken (Fran-
238 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
zösisch), Lutz (Hebräisch), Studienlehrer Engler t (Stenographie),
Kitz (Zeichnen), Mangold (Gesang), Ostermej'er (Musik), Probst
(Turnen); der lateinischen Schule: Seitz (IV), En giert (III), Geb-
hardt(II), Bergmann (I), Professor Dr Reuter (Mathematik), Lutz
(kathol. ßeligionslehrer) , Stobäus (evangel. Religionslehrer), Oechs-
ner (Kalligraphie), Kitz (Zeichnen), Mangold (Gesang), Oster meyer
(Musik), Probst (Turnen). Schülerzahl des Gymnasiums 79 (IV 15,
III 25, 'II 23, I 16), der lateinischen Schule 120 (IV 34, III 26,
II 28, I 32). Eine wissenschaftliche Abhandlung ist dem Jahresbericht
nicht beigegeben.
4. Augsburg.] In dem Lehrerpersonal der Studienanstalt bei St
Step hau ist keine Veränderung eingetreten. Lehrer des Gymnasiums:
Studienrector Rauch, Professor Zillober (IV), Professor Brunner
(Religionslehrer), Professor Kramer (II und Mathematik und Physik),
Professor Permanne (Französisch), Abt Mertl (III), Assistent Sei-
denbusch, Professor Rosa (Mathematik), Professor Reinlein (I);
Lehrer der lateinischen Schule: Ziereis (IV«), Nagler (IV''), Eberle
(III^), Berchtold (III''), Kuhn (11"), Bunk (11''), Rohrmiller
(I^), Weber (I''), Professor Rosa (Mathematik). Schülerzahl des
Gvmnasiums 141 (IV 29, III 34, II 34, I 44), der lateinischen Schule
274 (IV '^ 26, IVb 27, III" 28, III'' 24, II " 26, H" 30, I" 52, I'' 61).
Dem Jahresbericht folgt eine Abhandlung des Professor Bruuner: die
Markgrafen von Eonsberg. Ein Beitrag zzcr Geschichte des bayerischen
Schwabens (46 S. 4). — Auch das Lehrerpersonal der Studieuanstalt bei
St Anna ist i;nverändert geblieben. Lehrer des Gymnasiums: Studien-
rector Dr Me zger (IV), Professor Dorfmüller (III), Professor O pp en-
rieder (II), Professor Dr Cron (I), Professor Wucherer (Mathematik),
Professor Schmidt (Hebräisch), Rons sei (Französisch), Bie'chy
(Stenographie), Hofstätter (Gesang), Pola (Zeichnen); der lateini-
schen Schule: Baur (IV), Greiff (III), Gür sching (II), Mezger (I),
Wucherer (Mathematik), Pola (Zeichnen), Hofstätter und Eich-
leiter (Gesang), Rügemer (Kalligraphie). Schüler des Gymnasiums
44 (IV 12, III 7, II 11, I 14), der lateinischen Schule 88 (IV 17, III
28, II 20, I 23). Dem Jahresbericht ist beigegeben eine Abhandlung
vom Professor Dorfmüller: über die Grundidee des Gottes Hermes.
Zweite Abteilung (44 .S. 4). Nachdem der Verfasser in der ersten Ab-
teilung dieser Abhandlung die Natur des Gottes Hermes, wie sie sich in
der ägyptischen Religionsanschauung gestaltete, dargestellt hat, wendet
er" sich jetzt zur Betrachtung des Wesens des hellenischen Hermes und
bezeichnet zunächst in einigen allgemeinen Zügen die Bedeutung und
den Standpunkt, den die hellenische Mythologie in der Reihe der übrigen
einnimmt, damit es ersichtlich werde, weshalb auch hier ein solches
Götterwesen möglich, ja notwendig sei, in welchem Element sich Hermes
überhaupt hier bewege und wie sich darnach seine Natur gestalten
müsze. In Hermes stelle sich uns eine solche Göttermacht dar, die
schon längst vorhanden gewesen sei und eine grosze , vielumfassende
Bedeutung gehabt habe, wie wir sie im ägyptischen Göttersystem, frei-
lich in ägyptische Form und Gestalt gekleidet, kennen lernten. Athene
habe in einer frühem Gestalt und unter anderem Namen eine das Be-
stehen und die Herschaft des Zeus sehr bedrohende Gewalt gehabt, da
habe sie Zeus in sein Haupt gezogen und sie sei seine liebste Tochter
geworden. Analoge Umänderungen seien ebenso mit andern eingetreten.
Zeus könne in seinem Reich ein solches Bewustsein, eine solche Götter-
gewalt nicht auszerhalb seines Systems stehn lassen, weil sie ihn selbst
bedrohe, weil sie eine Macht auszer ihm, ja über ihm wäre, er müsze
sie in die Schranken seines Reichs zu ziehn suchen, sie einreih^.n in die
Ordnung seiner Herschaft. Derselbe Vorgang finde statt mit dem Wesen
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 230
des Hermes, er müszc der Sohn des Zeus werden. Er werde ein helle-
nisch gestalteter, pl.astisch geformter, dem Wesen der andern äuszer-
lichen Götter ähnlicher Gott. Allein auch in dieser seiner hellenischen
Gestalt leuchte überall sein ursprüngliches, umfassenderes Wesen aufs
deutlichste durch. Seine Universalität, sein Wesen als allgemeines Band
der Einheit aller göttlichen Gewalten sei überall ersichtlich. Was er in
Aegypten im intellectuellen Bewustsein der rein geistigen Anschauung
dargestellt habe , das drücke sich auf hellenischem Boden plastisch-
mytliologisch aus. Dasz Hermes zunächst der Verkündiger, Aussprecher,
Vollstrecker des Willens des Zeus sei , darin liege im Grunde nur
äuszerlich ausgedrückt dasselbe , was in der ägyptischen Auffassung
zuerst innerlich enthalten sei. Wie er in Aegypten die Einheit der
drei groszen Geister in der besondern und selbständigen Gestalt e'ines
Bewustseins concentriert darstelle und das Innere jener Götter in sich
wieder abspiegle und damit ausspreche und darlege, was sie seien, —
ebenso spreche Hermes das Wesen des ganzen Zeus aus , er sei das
Band zwischen den drei Gestalten des Zeus , die Vereinigung der obern
und untern Götterregion , überhaupt der ganzen Kette der göttlichen
Wesen von dem untersten Gebiet bis zu dem obersten, die ja alle blosze
Offenbarungen und Repräsentanten des einen Zeus seien, in dessen Reich
er in äuszerlich plastischer Gestalt überall mythologisch handelnd und
thätig eingreifend auftrete. Hermes sei im Innern seines Wesens der
grosze Vereiniger aller göttlichen Kräfte, Mächte und Regionen, der
grosze Vermittler der ganzen Gliederung und Stufenleiter aller Gebiete
im ganzen Göttersystem. Seine ganze äuszerliche Thätigkeit, alle seine
Aemter und Eigenschaften seien blos die Folgen und Abspieglungen von
jener Innern Natur seines Wesens , welches in den göttlichen Regionen
begründet und dort eigentlich zw Hause sei, Dasz Hermes aber inner-
lich jener grosze, gewaltige Gott sei, sehe man selbst noch an seinen
äuszerlichsten Thaten, sowie an allen seinen Eigenschaften, Handlungen
Tind Functionen. Wenn diese auch zunächst eine untergeordnete , die-
nende Stellung ei-nzunehmeu schienen, so zeige sich doch gerade in der
Eigentümlichkeit derselben, sowie in seiner ganzen mythologischen Ge-
schichte , welch eine inhaltsreiche Tiefe im Innern seines Wesens ent-
halten sei. Der Verfasser betrachtet darauf die einzelnen Gebiete, auf
welchen sich jene Gesamtidee des Hermes im Groszen und Ganzen mani-
festiere, ohne jedoch in die Einzelheiten seiner besondern Eigenschaften
genauer einzugehn. Hermes sei das Band zwischen allen göttlichen
Regionen, er sei der vereinigende Allgeist, der das Untere mit dem Obern
verbinde, und damit auch der dem System des Ganzen dienende Gott.
Dieses sein allwaltendes Wesen beziehe sich aber ursprünglich nur auf
die göttlichen Regionen, auf die Welt der Götter. Alles, was er später
in der Welt der Menschen thue, sei nur aus dieser seiner Stellung in
der Götterwelt abgeleitet und ein schwacher Reflex von jener. Hermes
walte und lebe in dem dreifachen Gebiet der exoterischen Gottheiten,
aber ebenso in der dreifachen Region der höchsten göttlichen Mächte,
die als die rein geistigen Naturen die äuszern Götter in ihrer ganzen
Entfaltung verursacht und hervorgebracht hätten. Der Verf. beginnt
nun, um im einzelnen nachzuweisen wie Hermes in allen Gebieten der
Götter zu Hause sei, mit der Darstellung seines Waltens in der untersten
Region, weil das Obere auf dem Untern beruhe , welches die Grundlage
sei für die ganze Macht der obern Gottheiten , welche gar nicht exi-
stieren würden, wenn nicht jene furchtbare, grauenhafte Macht im
untern Reich zur Ruhe gekommen und die Unterlage bildend den obern
Göttern die Möglichkeit gegeben hätte, sich in der Freiheit eines gei-
stigen Lebens in plastischer Schönheit zu entfalten. Nachdem der Verf.
den Innern Zusammenhang nachgewiesen hat, in welchem der Gott mit
240 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen , slatist. Notizen.
den Gebieten der nntern Welt, mit den Tiefen des Hades und der Perse-
phone, sowie mit den ans diesen Regionen hervorquellenden Kräften des
gesamten Naturlebens stehe , faszt er sein Walten und Leben in den
lichten Höhen der in ewigem Jugendglanz straleudeu Göttergestalten
ins Auge , wo sich die innere Natur des Gottes auf allen Stufen seines
Wirkens nicht weniger deutlich entfalte. Hermes bekunde im Reich
des Zeus die ursprüngliche Allgewalt seines Wesens bei aller Unter-
ordnung und Einfügung in die Ordnungen und Schranken des neuen
hellenischen Göttersystems doch überall in seiner ganzen Wirksamkeit
wie in allen seinen Handlungen , durch welche die auszei ordentliche
Grösze des Gottes stets hindurchleuchte.
5. Bayreuth.] Der Kaplan Holz schuh wurde in gleicher Eigen-
schaft nach Kronach versetzt; an dessen Stelle wurde der katholische
Religionsunterricht dem Kaplan Schäfer übertragen. Den Zeichenlehrer
P flaum verlor die Anstalt durch den Tod ; in dessen Stelle trat vorläufig
der Zeichenlehrer Thiem. Lehrerpersonal des Gymnasiums: Studien-
rector Schulrath Dr Held (IV), Assistent Westermann, Professor
Sartorius (HI), Professor Lot zb eck (II), Assistant W estermay er,
Professor Li enhardt (I), Professor Hof mann (Mathematik und Physik),
Professor Dr Schick (Religionslehrer), Puschkin (Französisch), die
Studienlehrer Gros zma nu und Fries; der lateinischen Schule: Raab
(IV), Groszmann (III), Hoffmann (II), Hesz (I^j, Fries (I a).
Schüler des Gymnasiums 87 (IV 17, III 27, II 19, I 24), der lateinischen
Schule 189 (IV 33, III 27, II 55, I" 36, I« 38). Dem Jahresbericht
geht voraus: quaestiunculae Livianae. Scr. Fr. Sartorius (20 S. 4).
Die behandelten Stellen sind folgende: II 5, 8: ante eminente parti-
culam negativam excidisse. X 31, 15: negationem ante pigeat deesse
non posse. 11.13, 9: Livium non minus quam Dionys. et Plut. signi-
ficare et virgines et pueros Porsenae pro obsidibus esse datos. II 24,
5: praeverti pro praevertisse. II 40, 8: ego nihil iam pati nee tibi
turpius nee mihi miserius possura, nee ut (:= licet) sim cet. IV 3, 7:
plebeiusne. Interpretatio : num perinde valet, si quis rogationem fert,
quam ego, plebeiumne consulem fieri popnlus iubeat, ac si quis dicat,
servum aut libertinura consulem fieri? V 1, 7: omnis rumor, seu verus
seu falsus est, cum seditione comparatus vanus dici potest; est igitur
summae severitatis, eos qui rumores spargunt iniquos, eodem loco habere
atque eos, qui arma capiunt et ad vim inferendam descendunt, id quod
in seditionibus fieri assolet. V 18, 2: addendum videtur fuisse tribu-
bus iure vocatis, dummodo ne cum iis quae sequuntur sed commate
post verba iure vocatis tribubus transposito, cum iis quae ante-
cedunt coniungantur nee categorico, ut ita dicam , sensu sed hypothe-
tico intelligantur. V 2(3, 6: indidem pro indicem. V 2(5, 10: verba
cognitae rebus bellicis virtutis pro spuriis habenda mihi viden-
tur. Quibus verbis eiectis nihil diffieultatis videtur restare , dummodo
specimen non nominativum se^ accusativum esse iudicemus. Matura
autem victoria et specimen virtutis recte a scriptore inter se opponuntur.
Plerumque enim, quibus fortuna maturam victoriam dat, iisdem virtutis
ostentandae occasionem denegat. VI 20, 8: in verbo producendi minus
urgendus est locus, quo illi cives adducuntur , quam consilium, quo ad-
ducti esse dicuntur. Quod si concesseris , non videbitur offendere, si
ecriptor brevitatis causa eadem voce de absente utitur, idque eo minus,
si addit norainatum, Provocavit igitur ad multos cives a se serva-
tos , quorum ceteros in contionem adduxit, unum C. Servilium . quia
aberat, nominavit. VI 30, G: fortunae muta in fortuna. VI 36, 12:
Gronovii lectionem, qui ni expungendum et sortem in sorte mutandum
censuit, probandam esse. VII 5, 9: et ante antea abesse debere, nisi
cui potius videatur post et vox ceteros excidisse. VII 15, 4: dextrum
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slatisf. Notizen. 241
cornu liostium dictator qnum turbasset equitibus, quidquid copiaruin
babebat, ipse in laevum sui exercitus contulit i. e. transduxit, (juippe
quod tiirba hostium in eam pai'tem sese congregante piomi vidisset.
VII 39, 10: Weissenb. verba obscuriora esse censet, quod Livius nus-
qnam conimemoraverit illos milites iniuria affectos esse. At nonne Li-
vius t-atis clare iudicavit, quibus iniuriis illi aß'ecti sibi visi essent que-
reutes eos faciens c. 38 §7: auaequumesse etq. seqq.? Verba
iusauientem ex iniuria non sunt otiosa. Desperant enim quem-
quam posse inveniri, qui sciens , quanto periculo sese obiecturus esset
causa exercitus suscipienda, eam suscepturus esset, aut cui, si quis
eam suscipere vellet, ea committi posset. Cui enira recte nisi iisdem
iniuriis affecto eanique ob causam et ipsi insanienti insanientis exercitus
causam committi posse ? XXIV 25, 2: quid enim sua sponte fecisse
Hieronymum, quid puerum ac vix pubescentem facere potuisse ? XXVII
13, 5: verba et ipsius exstirpanda esse. XXVII 16, 11: ad consti-
tuerat ex iis , quae sequuntur, supplendum esse castra ponere.
XXVII 17, 11: tarnen pro iam. XXVII 47, 10: post processisset
excidisse substitit. XXVII 50, 1: excidisse profectus. XXVIII 15,
5 : ad medias acies aliquanto serius pervenit pugna. Nam ad ea quae
Scipio prudenter instituerat, ne quod robur Poenorum exercitus erat,
pugnam capesseret, antequam cornua hostium devicta esseut, id quoque
accessit, quod forte fortuna elepbanti e cornibus in mediam aciem sese
intulerant, ut eo etiam minus cum Romauis congredi possent. XXVIII
14, 10: nihil causae esse, cur ad coniecturas decurratur. XXVIII 41,
13: mihi particula copulativa verba victor Hannibal et q. sq. con-
iungi videntur cum ea sententia , quam dicturus fuerat Fabius , sed ne
male ominaretur, reticuit, hunc in modum: si P. Licinius fusus
erit et victor H. ire ad urbem perget. Si — est aposiopesis.
XXVIII 43, 4: non dubito , quin aut vulgata quo me retinenda aut
Gronovii (quo et me) coniectura amplectenda sit. XXVIII 44, 18: nulla
legendum esse. XXIX 18, 18: coniunctivum (possit) post indicativum
(polest) non aliam vim habere quam 34, 3, 7. Sensus: nee potest alius
nee optamus ut alius possit. XXIX 31, 5: id quod. XXIX 33, 7: quo
pro qua. XXIX 35, 1: infinitivum perfecti (venisse) hoc loco infin.
fut. exacti vice fungi. XXX 13, 2: augendo dativus est i. e. ad au-
gendum, ut augeret. XXX 30, 10: lectionem fraudaverunt non reci-
piendam esse. XXX 31, 8: manu consertum non est supinum sed
participium idemque fere valet ac si dixisset manu arreptum.
6. Bamberg.] Im Lehrerpersonal sind folgende Verändrungen ein-
getreten: der Studienlehrer der IVn Klasse der lateinisclien Schule
Schrepfer wurde zum Professor der In Gymnasialklasse in Passau
befördert. Die hierdurch erledigte Stelle wurde dem Studienlehi-er der
Hin Klasse der lateinischen Schule zu Münnerstadt Wehner übertragen
und der Studienlehrer der Hin Klasse der lateinischen Schule Spann
in die neisliche Klasse nach Eicbstlitt versetzt; dem Studienlehrer dei
In Klasse Preu wurde das Vorrücken in die dadurch erledigte Lehr-
stelle der Hin Klasse gestattet und der Assistent an der Studienanstalt
zu Landshut Heidegger zum Studienlehrer der In Klasse ernannt.
Der bisherige Professor der IVn Gymnasialklasse Seitz wurde an das
Gymnasium zu Regensburg versetzt und seine Stelle dem Professor der
Hin Gymnasialklasse in Passau Priester Rom eis übertragen. Die Stelle
des bisherigen Assistenten Kastner, dem die Studienlehrersteile der In
Klasse der lateinischen Schule in Amberg übertragen wurde, übernahm
der Lehramtscandidat Klüber. Lehrercollegium des Gymnasiums: Stu-
dienrector Professor Dr Gutenäcker (III), Assistent Klüber, Pro-
fessor Rom eis (IV), Professor Mohr (II), Professor Weippert (I),
Professor Rorich (kathol. Religionslehrer), Professor Höh (Mathematik
N. .7alirb, f. Phil. u. Päd. II. Aht. isOl. Hft j. 16
242 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordiuiiigen, stallst. Notizen.
und Physik), Stadtpfarrer Schneider (evangel. Religionsl.), Gendre
(Französisch) , die auszeroidentlichen Fachlehrer Lycealprofessor Dr
M artinet (Hebräisch), St eng er (Stenographie), Dietz (Gesang),
Ludwig (Musik), Deininger (Zeichnen), Lieut. Mayr (Schwimmen),
Bissiug (Turnen). Lehrercollegium der lateinischen Schule: Professor
Dr Höh (Mathematik), AVehner (IV), Preu (III), Probst (II),
Heidegger (I), Priester Wagner (kathol. Eeligionslehrer), Vicar
Böhner (evangel. Religionslehrer), Schm elz in g (Kalligraphie), die
auszerordentlichen Lehrer Ottenstein (Israel. Religionslehrer), Sten-
ger (Stenographie), Dietz sen. (Gesang), Ludwig (Musik), Dietz jun.
(Gesang), Deininger (Zeichnen), Mayr (Schwimmen), Bissing (Tur-
nen). Schiller des Gymnasiums 97 (IV 17, III 26, II 24, I 30), der
Lateinschule 152 (IV 34, III 35, II 42, I 41). Dem Jahresbericht geht
voraus eine Abhandlung des Lycealprof. Ho f f ma n n: der Ameisensiaat,
dessen Bewohner und innere Organisation (30 S. 4). Systematische Stellung
und Charakteristik der Ameisen. Geschichtliche Bemerkungen. Innerer
und äuszerer Bau des Ameisenstaats. Leben und Treiben im Innern
des Ameisenstaats. Raubzüge und Kämpfe.
7. Dillingen.] Im Laufe des Schuljahrs ergaben sich folgende
Verändrungen im Lehrerpersonal: der bisherige Professor der Religions-
lehre Hiltensberger wurde In gleicher Eigenschaft an die Studien-
anstalt Kempten versetzt und zugleich der Garnisonspriester und Studien-
lehramtsverweser Wildegger zu Lindau zum Professor der Religions-
lehre befördert; der Professor der Hin Gymnasialklasse Englmann
wurde in dieselbe Klasse des Ludwigs-Gymnasiums in München versetzt
und an dessen Stelle der bisherige Studienlehrer Gübel in Landshut
befördert; der bisherige Studienlehrer der Hin Lateinklasse und Verweser
der In Gymnasialklasse Günder wurde zum Professor der In Gymna-
sialklasse befördert, wodurch der für diese Stelle bisher ernannte Pro-
fessor Bauer, welcher dieselbe jedoch nie angetreten hatte, sondern in
seiner bisherigen Verwendung als Assistent In der Oberklasse am Wil-
helms-Gymnasiura in München belassen worden war, nunmehr aus seiner
Beziehung zur hiesigen Anstalt trat. In die durch diese Beförderung
erledigte Stelle der Illn Lateinklasse rückte der Studienlehrer der Iln
Lateinklasse Miller vor und in dessen Stelle der bisherige Studien-
lehrer der In Lateinklasse Eisele und gleichzeitig In letztere Klasse
der bisherige Verweser der Hin Lateinklasse Lehramtscandidat Huber.
Die Stelle eines Assistenten, welche für die Functionen desselben in der
Oberklasse der damalige Verweser der In Gymnasialklasse Günder
neben der Führung seiner Klasse versehn hatte, wurde dem Lehrarats-
candidaten DrMarkhauser übertragen. Lehrer des Gymnasiums nebst
Lateinschule: Rector Professor Pleitner (IV), Professor Göbel (III),
Professor Dausend (II), Professor Günder (I), Professor Pill er
(Mathematik und Physik), Professor Wildegger (kathol. Religions-
lehrer), Lycealprofessor Seibel (Französisch), die Studienlehrer Jnng-
kunz (IV), Miller (III), Eisele (II), Huber (I), Pfarrvicar Pürk-
hauer (evangel. Religionslehrer), Musiklehrer Gebhart, Schöner
(Zeichnen und Stenographie), Assistent Dr Markhaus er. Schüler des
Gymnasiums 40 (IV 10, III 10, II 13, I 7), der Lateinschule 52 (IV 9.
III 10, II 17, I 10). Dem Jahresbericht folgt: de pfnlologia apnd Graecos
commentationem scripsit J. G. Günder (30 S. 4).
8. EiCHSTÄTT.] In dem Personalbestand der Anstalt traten auch
dieses Jahr Verändrungen ein. Der Studienlehrer der IVn Klasse Priester
Widmann wurde zum Professor der Iln Gymnasialklasse In Passau be-
fördert, der Studienlehrer der IIIu Lateinkiasse Priester B oll rückte in
die IVe vor und der Studienlehrer der Hin Lateinklasse zu Bamberg
Spann wurde in die Hie daliier versetzt. Der Assistent Pia nk wurde
Herichte über gelehrte Ansfalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 243
Studienlehrer des untern Cursus der Lateinschule in Kitzingen und seine
Stelle dahier dem Lehramtscandidaten B inhack verliehn. Lehrerperso-
nal des Gymnasiums: Studienrector Professor Mutzl (IV), Professor
Kugler (ill), Professor Fischer (II), Professor Dr Zanuer, Pro-
fessor Eicht er (Mathematik und Physik), die Studienlehrer Boll und
Denk; der Lateinschule: die Studienlehrer Boll (IV), Spann (III),
Denk (II), Zettel (I), Professor Eicht er (Mathematik), Assistent
Binhack. Schüler des Gymnasiums 71 (IV 17, III 18, il 18, I 18),
der Lateinschule 127 (IV 34, III 35, II 36, I 22). Dem Jahresbericht
geht voraus eine Abhandlung vom Professor Kugler: einige Woite über
das Studium der Geschichte und Poesie an den gelehrten Schulen (8 S. 4).
9. Erlangen.] Im Lehrerpersoual ist keine Verändrung vorgekom-
men. Lehrer des Gymnasiums: Studienrector Hofr. Prof. DrDöderlein
(IV), Assistent Autenrieth, Professor Dr Schäfer (III), Professor
Zimmermann (II), Professor Dr v. Eücker (I), Professor Dr Eoth
(Mathematik), Stadtpfarrer Schmitt (kathol. Eeligionslehrer), Stadt-
vicar Dr Summa (Hebräisch), W et zel (Französisch), Ga reis (Zeich-
nen), Herzog (Gesang); der lateinischen Schule: die Studienlehrer Dr
Schmidt (IV), Dr Friedlein (III), Lechner (II, zugleicli Turn-
lehrer), S Orgel (I), Professor v, Eücker (evangel. Eeligionslehrer),
Schmitt (kathol. Keligionslehrer), Gar eis (Zeichnen), Herzog (Ge-
sang), Geis zier (Kalligraphie und Stenographie). Schüler des Gym-
nasiums 57 (IV 13, III 18, II 14, I 12), der lateinischen Schule 74
(IV 10, III 15, II 19, I 30). Dem Jahresbericht geht voraus eine Ab-
handlung vom Studienlehrer Sörgel: de Tiberio et Gaio Gracchis commen-
tutionis particula 1 (24 S. ^4). "'In tanta sententiarum (de Gr.) discre-
pantia operae pretium esse duxi veterum locis , qui de Gracchis agunt,
diligenter inter se comparatis quid ipsi veteres de iis iudicaverint ex-
ponere et demonstrare.'
10. Fkeising.] Da der bisherige Lehrer der Mathematik Professor
V. Peszl auf sein Ansuchen an die Studienanstalt Amberg versetzt
vrorden war, so wurde der Assistent an der Studienanstalt Zweibrückea
Ziegler zum Professor der Mathematik an der hiesigen Anstalt ernannt.
Durch Beförderung des Studienlehrers Krämer zum Pfarramt kam die
Lelirerstelle der IVn Klasse der Lateinschule in Erledigung. In Folge
dessen rückte der bisherige Lehrer der Hin Klasse Priester Wandinger
in die IVe, der Lehrer der Iln Klasse Priester Lacher in die Ille und
der Lehrer der In Klasse Miller in die He Klasse vor; die Lehrerstelle
der In Klasse wurde dem Studienlehrer an der lateinischen Schule zu
Frankenthal Niszl verliehn. Für den beim Beginn des zweiten Seme-
sters ernstlich erkrankten Studienlehrer Lacher wurde der Lehramts-
candidat Jäckl ein als Verweser bestellt. Lehrerpersonal: Lyceal- und
Studienrector Kloster maier, Professor F er c hl (IV), Professor Zehnt -
mayr (III), Professor Hirn er (II), Professor Eupp (I), Professor
Ziegler (Mathematik und Physik), Seise nberger (Eeligionslehrer),
Miche'l (Französisch), die Studienlehrer Wandinger (IV), Lacher
(III), Miller (II), Niszl (I), Jäcklein, Kösporer (Musik und Kalli-
graphie), Schneider (Zeichnen), Candidat Wagner (Stenographie).
Schüler des Gymnasiums 79 (IV 20 , III 14, II 16, I 29), der Latein-
schule 118 (IV 20, III 25, II 33, I 40). Dem Jahresbericht geht voraus :
die Temperatur des Erdbodens und der Erde überhaupt vom Lycealprof.
Dr Meister (24 S. 4).
11. Hof.] Der Lehramtscandidat Do 11 ho pf wurde zum Assistenten
ernannt. An die Stelle des ausgeschiednen Zeichenlehrers Schmidt ist
Maler Könitzer getreten. Lehrerpersonal des Gymnasiums: Eector
Professor Dr Gebhardt (IV), Professor Gebhardt (III), Professor
Macht (II), Professor Dr Bayer (1), Professor Leonhardt (Mathe-
16*
244 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stalist. Notizen.
matik und Physik), Professor Pfarrer Groszmann (evangel. Religions-
lehrer), Professor Eichhorn (kathol. Keligionslehrer), Vaillez (Fran-
zösisch), Dietzel (Gesang), Könitzer (Zeichnen), Assistent Do 11 -
hopf; der Lateinschule: die Studienlehrer Kiedel (IV), ßissinger
(III), Dr Kichter (II), Uuger (I), Vaillez, Dietzel, Könitzer,
Schüler des Gymnasiums 52 (IV 9, III 13, II 12, I 18), der Latein-
schule 74 (IV 20, III 22. II 15, I 17). Dem Jahresbericht geht voraus
eine Abhandlung vom Professor I)r Bayer: Armin, Deutschlands Befreier.
Erste Abteilung (20 S. 4). I) Das deutsche Volk. II) Das Jahrhundert
vor Armins Geburt. III) Armins Geschlecht und Kindheit. IV) Das
Vaterland in Gefahr. V) Armin der Jüngling. VI) Deutschlands Er-
hebung.
12. Kempten.] Der Keligionslehrer Professor Schaur ist zum
Pfarramt übergegangen; an seine Stelle trat der Religionslehrer der
Studienanstalt zu Dillingen, Professor Joh. von Martha Hiltens-
berger. Nachdem dem Assistenten Dollhopf die Assistentenstelle
an der Stiidienanstalt zu Hof übertragen worden war, wurde der Lehr-
amtscandidat Bullinger zum Assistenten an hiesiger Studienanstalt
berufen. Der bisherige Verweser Stegmann wurde zum Professor der
Matheuiatik und Physik ernannt. Lehrerpersonal des Gymnasiums :
Studienrector Professor Hann wacker (IV), Professor Dr Weishaupt
(III), Professor Rott (II), Professor Gerheuser (I), Professor von
Martha Hiltensberger (Religionslehrer), Pfarrer Holzhäuser
(evangel. Religionslehrer), Professor St egmann, Assistent Bullinger,
Edelmann (Zeichnen), Mettenleiter (Gesang); der Lateinschule:
die Studienlehrer Körner (IV), Ebenböck (III), Müller (II), Pechl
(I) , Hiltensberger (Religionslehrer), Holzhauser und Rutz
(evangel. Religionslehrer), Gayrhos (Kalligraphie), Professor Ger-
heuser (Stenographie), Edelmann, Mettenleiter. Schüler des
Gymnasiums 39 (IV 11, III 9, II 9, I 10), der Lateinschule 81 (IV 15,
III 20, II 20, I 26). Dem Jahresbericht geht voraus: Jesu leibliche
und geistige Verklärung aus Vidci's Christiade nach dem Versmasz des Ur-
texts verdeutscht. Mit einer über dieses biblische Epos tmd die religiöse
Grundloge der Poesie handelnden Einleitung von Professor Gerheuser
(28 S. 4).
Vi. Landshijt.] Verändrungen im Lehrerpersonal ergaben sich im
Laufe des Schuljahrs folgende: die durch Beförderung des Lehramts-
candidaten Heidegger zum Studienlehrer in Bamberg erledigte Stelle
eines Assistenten wurde dem Lehramtscandidaten von Teng übertragen.
Der Studienlehrer Priester Göbel wurde zum Professor der Hin Gym-
nasialklasse in Dilligen befördert; in die erledigte Ille Klasse der
Lateinschule rückte der Studienlehrer Zeisz vor iind zum Studienlehrer
der dadurch erledigten In Klas>e der Lateinschule winde der Lehramts-
candidat Höger ernannt. Lehrerpersonal des Gymnasiums: Studien-
rector Professor Dr Fertig (IV), Professor Schuster (III), Professor
Dr Fuchs (II), Professor Broxner (I), Professor Sc buch (Mathe-
matik und Physik), Professor Dr Breiteneicher (kathol. Religions-
lehrer), Stadtpfarrer ?.Ielirmann (evangel. Religionslehrer), Assistent
V. Teng; der Lateinschule: die Studienlehrer Kohl (IV) , Zeisz (III),
Rothhainmer (II), Höger (I), Professor Dr Breiteneicher (kathol.
Religionslehrer), Mehr mann (evangel. Religionslehrer), Freundorfer
(Kalligraphie). Schüler des Gvmnasiiims öfi (IV 16, III 14, II 13, I -J^).
der Lateinschule 12'.) (IV 23', III 2.-, 11 37, I 44). Dem Jahresbericht
folgt eine Abhandlung des Studienrectors Dr Fertig: Magnus Felix
Ennodius und seine Zeit (II. A. Vita S. Epiphanii) (16 S. 4). Nach aus-
führlicher Darstellung des vielfachen Einflusses des Ennodius auf seine
Zeit auf dem Felde der Erziehung und des Unterrichts, nach Schilderung
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 245
seines Anteils an den niederu wie an den höhei-n Schulen und seiner
sich nimmer genügenden Sorge für die Kinder seiner Verwandten und
Freunde und insbesondere der Waisen belinndelt der ^'erfasser in dieser
Abteilung die Frage nach den politisch oder kirchlich bedeutf^amen
Männern , nach ihrem Wirken und ihren Bestrebungen und womöglich
nach ihren Erlebnissen; hier tritt vor allem Epiphanius, der Bischof
von Ticinura, entgegen.. Da des Ennodius Leben des groszen Mannes
licht geordnet und in sich abgeschlossen ist, so hielt es der Verf. nicht
für nötig es in eigner Arbeit umsiuschmelzen und in eine neue Foi-m zu
gieszen, wodurch an geschichtlicher Bedeutung nichts gewonnen worden
wäre, und gibt es daher meist in ziemlich treuer Uebersetzung, so dasz
nur weitschweifiges gekürzt oder gestrichen worden ist (wie gleich die
Vorrede).
14. Mettex.] Im Lehrerpersonal der Studienanstalt imBenedictiner-
stift giengen folgende Verändrungen vor : statt des frühern Professors
der In Gymnasialklasse Pater Mark milier trat der Pater Högl ein;
in die iVe lateinische Klasse rückte statt des vorigen Studienlehrers
Pater Seidenbusch der Lehrer der Hin Klasse Pater Bertold vor;
die nie Klasse übernahm der Pater Sachs. Dem Lehrer der In latei-
nischen Klasse A Pater Deybeck, der zugleich Lehrer der französischen
Sprache ist, war der Pater Trimpl zur Aushülfe beigegeben; dem Pro-
fessor der Mathematik assistierten die Patres Meyer und Leeb. Lehrer-
personal des Gymnasiums: Eector Professor Dr P. Freymüller (IV),
P. Höfer (III), P. Braun (II), P. Högl (I), P. Gerz (Mathematik),
P. Mi ttermüller, P. D eybeck; der lateinischen Schule: P. Bertold
(IV), P, Sachs (III), P. Engelhart (II), P. Deybeck (I A) , P.
Lickleder (I B) , P. Heinl (IC), P. Gerz (Mathematik). Schüler
des Gymnasiums 124 (IV 29, III 2.5, II 35, I 37), der Lateinschule 2(J0
(IV 32, III 46, II 67, I" 24, Ib 43, I'^ 48). Dem Jahresbericht folgt
eine Abhandlung vom Professor der Gescliichte P. Mitt er raül 1er :
Winke und Erinnerungeii zum Slndiuin der Geschichte für Gyinnasiahchüler
(31 S. 4). Die Abhandlung liefert die Fortsetzung und den Sclilusz
des vorjährigen Programms, welches lediglich als Orientierungs - und
Hülfsraittei für die Schüler augeselin werden will. C) Von Errichtung
eines christlich -germanischen Kaisertums bis zur groszen Glauboisspal-
tung (800— i500'). D) Neuere Zeit (1500—1700). Da Karl der Grosze
eine der hervorragendsten Persönlichkeiten und der Träger der euro-
päischen Christenrepublik des Mittelalters sei, so müsze man vor allem
dahin wirken, dasz er nur so beurteilt werde, wie es mit der Wahr-
heit und Treue der Geschichte vereinbar sei. Mehr als achthundert
Jahre lang sei Karl d. G. für alle Geschichtschreiber das gefeierte Ideal
eines christlichen Helden und Kegenten gewesen. Als man aber in
neuerer Zeit die wesentlich christliche Republik, deren Mitbegründer
Karl gewesen, zu zerstören und gründlich zu hassen angefangen, habe
man auch das Werkzeug ihrer Schöpfung entstellen müszen. Darin
liege der hauptsächlichste Grund, aus dem sich die meisten Verun-
glimpfungen Karls erklären lieszen. Mit Unrecht klage man ihn an,
dasz er an seinen Neffen einen Länder- und Thronraub begangen habe;
unrichtig sei, dasz nur Rachgierde' und Herschsucht die Triebfeder des
Feldzugs gewesen sei, den Karl nach Italien gegen Desiderius unter
nommen habe; noch unbilliger als der Vorwurf wegen Italien sei die
Anklage, welche in Betreff der Sachsenkriege gegen Karl vorgebracht
werde; seltsam seien die Ansichten und Auslassungen, welche man über
den Akt der Kaiserkrönung und die Kaiserwürde lesen und hören könne.
An ein altrömisches Kaisertum habe kein Mensch gedacht, sondern nur
an eine äuszere Erhöhung des Schutzamts durch einen Namen, der
allerdings vom alten Kaiserreich hergenommen sei. Man müsze daher
246 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, Statist. Notizen,
die Anfänger des Geschichtsstudiums anweisen , dasz sie von diesem
neuen Kaisertum den Begriff eines geographischen Territoriums, eines
bestimmten LäiKlerbesitzes fern hielten. Eine der gröszteu Geschichts-
lügen sei es , das lOe Jahrhundert als das vorzugsweise eiserne und
finstere darzustellen und zu schmähen, da dieses viele Lichtseiten vor
andern voraus habe. Einer der schwierigsten Punkte der mittelalter-
lichen Geschichte sei der Investiturstreit des lln und r2n Jahrhunderts.
Nach göttlicher Anoidnung sei alles zeitliche Gut, das Gott geweiht
werde, ein Eigentum der Kirche und es wohne nur der Kirche und ihren
Hirten das Recht inne, die kirchlichen Aemter als solche zu besetzen,
d. h. sie geeigneten Personen zu übertragen und die geistliche Gewalt
und den Besitz der zeitlichen Güter auf sie überzuleiten. Zum Teil
schon die karolingischen und besonders die sächsischen Kaiser hätten,
um den weltlichen Vasallen ein Gegengewicht zu geben, die Geistlich-
keit in den Lehnstanfl aufgenommen und mit reichen Begabungen aus-
gestattet. So feudalisiert sei die Kirclie schon in ziemliche Abhängigkeit
vom Staat gerathen und mit diesem mehr als gut gewesen verwachsen.
Allein je mehr sich der Begriff der Laieninvestitur ausgebildet und ver-
sclileclitert habe, desto mehr sei auch der geistliche Hirt vor dem Feudal-
baron in den Hintergrund getreten. Die Laien, befangen in dem Wahn,
alle Bistümer und Abteien gehörten ihnen als Eigentum, um sie nach
Gunst zu verschenken, hätten in den Investierten nur mehr ihre Ge-
schöpfe gesehn, daher von ihnen nicht blos , wie früher, den Eid der
Treue, sondern einen förmlichen Dienst- und Vasalleneid gefordert,
vermöge dessen die Geistlichen ganz in die Stellung aller gewöhnlichen
Vasallen herabgesunken und selbst zum persönlichen Kriegsdienst ver-
pflichtet gewesen seien. Sei nun in den Augen und Plänen der investie-
renden Fürsten und sonstigen Laien der Bischof, Prälat und Priester
nur mehr Vasall gewesen, so sei es nicht zn verwundern, wenn bald
auch alle Scheu vor der Simonie, ja alles Bewustsein ihrer Sündhaftig-
keit verschwunden sei. Von den Kreuzzügen hätten die Schüler wahr-
scheinlich auch schon manches gelesen , was einer Berichtigung zu be-
dürfen scheine. Die Entscheidung der ganzen Frage hange davon ab,
dasz man sich überzeuge, die Kreuzzüge seien nicht nur vernünftig und
christlich, sondern auch gerecht und notwendig gewesen. Friedrich
Rothbart würde als einer der gröszten Fürsten in der Geschichte dastehn,
wenn er die Aufgabe eines römischen Kaisers mit derselben Weisheit
und Kraft gelöst hätte, wie die eines deutschen Königs; dasz Friedrich
dieses nicht gekonnt oder nicht gewollt habe, verdunkele den Glanz
seiner Regierung. Es gebe wenige Institute, welche mit Schmähungen
aller Art in dem Masze und in der Art überhäuft worden seien, wie die
sogenannte Inquisition. Alle kirchlichen Glaubensrichter und nament-
lich auch die sogenannten Inquisitoren hätten Vorschrift smäszig
zuerst durch Ermahnung und Belehrung einzuwirken suchen müszen;
sei dieses mit Erfolg geschehn, so sei der Schuldige meistens ganz
straflos ausgegangen , eine Milde die sich wol bei keinem andern Ge-
richt gefunden habe. Sei aber Hartnäckigkeit zum Vorschein gekom-
men, dann seien allerdings die JV^ittel und Strafen gesteigert worden,
aber nie und nirgends habe eine kirchliche Obrigkeit oder ein Inquisi-
tionstribunal ein Todesurteil gefällt, sondern im äiiszersten Fall habe
man den Verurteilten an das weltliche Gericht ausgeliefert, es aber nie-
mals unterlassen gegen die Verhängung der Todesstrafe im Geiste der
Kirche und ihrer Milde wenigstens formell sich zu verwahren, wenn man
auch wegen der Umstände den wirklichen Vollzug von Todesurteilen
nicht habe hindern wollen. Das, was sich als wesentlicher und wahr-
scheinlicher Inhalt des Knrvereins zu Rense herausstelle, habe Deutsch-
land weder zur besondern Ehre gereicht noch ganz der Billigkeit ent-
Berichte über gelehrte Aiislalteii, Verordnungen, Statist. Notizen. 247
eprochen. Gleichwie die von den Fürsten zu Rense beschlossne Isolie-
rung und ^^er\veltl^cllung des römisch deutschen Reichs, d. h. die schon
von P''riedricli I intendierte Rückicehr zum heidniscli-römisclien Cäsaren-
tum , eher eine Erniedrig-iing als eine Erhöhung' Deutschlands genannt
werden könne, so sei es auch nicht billig gewesen, den Pabst so ohne
weiteres aus seiner bisherigen rechtlichen Stellung zu verdrängen. Es
werde wol wenige Gymnasialschüler geben , die nicht von den ersten
Studienjahren an gelehrt worden wären, vor der Gräuelthat zu erschrecken,
welche zu Constanz an Johann Husz verübt worden sein solle. Die
Streitfrage beziehe sich liauptsächlich auf den Geleitsbrief und den Feuer-
tod. PJin gewöhnlicher Geleitsbrief schliesze die Verurteilung durch den
competenten Ricliter und die Vollziehung des richterlichen Spruchs nicht
aus , und das für die Rückkehr zugesicherte Geleit werde in der Regel
nur bedingt gegeben, d. h. es gelte nur für den Fall der Lossprechung.
Nichts sei klarer, als dasz ein gewöhnlicher Geleitsbrief nur vor unbe-
fugter Gewalt, nicht aber vor dem Urteil schütze, welches der recht-
raäszige Obere in jener Sache fälle, wegen welcher der Angeklagte vor-
geladen und mit einem Geleit versehn worden sei, sowie dasz die Ein-
haltung der Bedingungen wesentlich zur (Gültigkeit des Geleits-
briefs gehöre. Wende man diese Wahrheiten auf Husz an, so könne
weder den Kaiser noch das Concil der Vorwurf treffen, dem Geleitsbrief
entgegen gehandelt zu haben. Wenn mau ferner bedaure , dasz Husz
wegen eines religiösen Irtums mit weltlicher Strafe belegt worden sei,
so laufe dieses auf die Frage hinaus, ob es gut und recht gewesen dasz
die Häresie als Staatsvergehn betrachtet worden sei, abgesehn von dem
Umstand, dasz von Hussens Sätzen mehrere die bürgerliche Ordnung zu
untergraben geeignet, also in der That Staatsverbrechen gewesen seien.
Und wenn man vor der Härte der Strafe zurückschaudre, so müsze
man eben die ganze damalige Zeit und das damalige allerseits beobachtete
Strafverfahren überhaupt, nicht aber die Kirche oder das Concil ankla-
gen, welche um so weniger ein VoAvurf treffen könne, als die Bischöfe
auch bei der Auslieferung Hussens an die weltliche Gerechtigkeit wie
jedesmal dringend gebeten hätten, der Verurteilte möge nicht am Leben
gestraft werden. Man werde nicht müde, den Schülern das 15e Jahr-
hundert als das der Wiederherstellung der Wissenschaften zu rühmen;
das grenze sehr an Uebertreibung. Die ganze Umwälzung des 16n Jahr-
hunderts sei weder eine unbedingte Notwendigkeit noch eine naturge-
mäsze Entwicklung aus der Vergangenheit, noch eine zufällige Wirkung
der Ablaszpredigt gewesen, sondern habe ihren Grund und ihre Quelle
in einer individuellen Verirrung und Krankheit gehabt, welche durch
Vergangenheit und Gegenwart gefördert sich unschwer habe ausbreiten
können, wärend sie unter andern Umständen vielleicht im Entstehn
unterdrückt worden wäre. Zwei traurige Ereignisse bedürften als ver-
einzelte Thatsachen hier keiner Erörterung, wenn nicht der Parteigeist
auch sie für notwendige Entwicklungen eines religiösen Princips ausge-
geben hätte. Die Bluthochzeit in Paris und die Pulververschwörung in
England sollten aus den Grundsätzen des katholischen Glaubens ge-
flossen sein. Allerdings, wenn jede Handlung, jeder Schritt und Tritt
eines Katholiken in der That aus den Principien des katholischen Glau-
bens hervorgehe. So gewis aber dieses eine Ungereimtheit sei, ebenso
gewis sei jenes eine Unwahrheit. Der Vorgang mit Gallilei werde mei-
stens dazu misbraucht, um ein schiefes Licht auf die katholische Kirche,
ihre Grundsätze und ihr Verfahren zu werfen, indem man vorgebe, sie
hemme die freie Wissenschaft und verdamme die Ergebnisse wissen-
schaftlicher Forschungen als Ketzerei. Es sei daher unerläszliche Pflicht,
die Schüler durch Darlegung des wahren Sachverhalts vor solchen Vor-
läumdungen zu warnen. In dem gefällten Urteilsspruch würden nacl»
248 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
Ausweis der Processakten hauptsächlich zwei Momente hervorgehoben,
welche zum Einschreiten und zur Bestrafung Gallileis bewogen hätten.
Es heisze erstens darin, Gallilei lege, um den Einwürfen seiner Gegner
zu begegnen, die heilige Schrift verkehrt und nach eignem Sinn aus,
und habe Sätze aufgestellt , welche nicht nur der Ehrfurcht , die der
heiligen Schrift gebüre, zuwider seien, sondern auch die Autorität der-
selben beeinträchtigten. Im Urteilsspruch werde zweitens gesagt, Gallilei
hätte seine Lehre neuerdings vorgetragen, obschon mau ihm geboten
die ganze Sache auf sich beruhn zu lassen, und obschon er versprochen
sich an dieses Gebot zu halten. Allem Anschein nach habe dieses Gebot
darin seinen Grund gehabt, dasz Rom die neue Theorie nicht zum Gegen-
stand einer theologischen Streitfrage habe machen lassen wollen. Es
sei somit klar , dasz Gallilei in keiner Weise zum Bekenntnis einer Un-
wahrheit gezwungen worden sei und dasz seine Abschwörung auf keine
einzige der von ihm entdeckten und beobachteten astronomischen That-
sachen oder Erscheinungen und notwendigen Schluszfolgeruugen,
sondern nur auf sein Verhältnis sich bezogen habe, in welches er sich
durch seine Behauptungen zu andern Wissenschaften gesetzt habe. Diese
Umschau in der allgemeinen Geschichte schlieszt endlich damit, das We-
sen der Volkssouverainetät auseinander zu setzen. — Referent endet
diese etwas ausführlich mitgeteilte Inhaltsangabe jener Abhandlung mit
der Frage, in wie weit eine derartige Darstellung von Thatsachen mit
der Wahrheit und Treue der Geschichte vereinbar sei.
15. München.] a) Ludwigs- Gymnasium. Im Lehrerpersonal
sind in dem verflossnen Schuljahr mehrfache Verändrungen vorgekom-
men. Der Lehramtscandidat Baader, bisher Assistent an der Anstalt,
wurde seiner Function enthoben und dieselbe dem Lehramtscandidaten
und bisherigen Assistenten der Studionanstalt zu Passau Pusl übertragen.
Der Studienlehrer der IVn Klasse der Lateinschule Seitz wurde zum
Professor der In Gymnasialklasse zu Amberg ernannt, zum Lehrer der
hierdurch erledigten IVn Klasse der bisherige Studienlehrer der Hin
Klasse Kurz und zum Lehrer der Hin Klasse der seitherige Lehrer
der In Klasse La Roche befördert, endlich als Lehrer der In Klasse
der Studienlehrer an der Lateinschule zu Amberg Späth berufen. Der
Professor der Hin Gymnasialklasse Dr Beck wurde auf sein Ansuchen
in den Ruhestand versetzt und die hierdurch erledigte Stelle dem Pro-
fessor Englmann, bisher am Gymnasium zu Dillingen, übertragen.
Der seitherige Zeichenlehrer Dahmen trat auf .seine Bitte in den Ruhe-
stand und die Stelle desselben wurde dem Kunstmaler Zimmermann
übertragen. Lehrerpersonal: Rector Professor Höfer (IV), Professor
Eilles (Mathematik), Professor Englmann (III), Professor Nieder-
mayer (II), Professor Lipp (I), Professor S att 1er, Professor Preger,
Be'dat (Französisch), die Studienlehrer Kur z (IV), La Roche (III),
Dr Lang (II), Späth (I), die .Assistenten Eilles und Pusl. Auszer-
ordentliche Lehrer: Richter (Hebräisch), Carrara (Italienisch), Eve-
rill (Englisch), Zimmermann (Zeichnen), Seubert (Kalligraphie),
Schönchen (Musik), Degele (Gesang). Schülerzahl des Gvmnasiums
107 (IV 18, III 2.Ö, II 32, I 32), der Lateinschule U7 (IV 26, HI 19,
II 1.5, I 37). Dem Jahresbericht ist beigegeben: G. J. Caesaris com-
mentarii de hello Gallico mit Anmerkungen für Schüler. Einleitung und
lib. 1 cnp. 1 — 24. Vom Professor Englmann (24 S. 4). Der Ver-
fasser hat vor Cäsars Commentarien de hello Gallico mit Anmerkungen
für Schüler herauszugeben und teilt daher in diesem Programm eine
Probe jener Ausgrabe mit. Je nach der günstigen oder ungünstigen Auf-
nahme derselben wird der Druck des Buchs erfolgen oder unterbleiben.
Der Verfasser ist bei der Bearbeitung von folgenden Gesichtspunkten
ausgegangen: die sprachliche Seite der Interpretation ist als das wesent-
i
Bericilte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, stallst. Notizen. 249
lichste Moment au die Spitze zu stellen. Um dem Schiiler ein gründ-
liches sprachliches Verständnis des lateinischen Texts zu ermöglichen,
verweist er erstens auf seine Schulgrammatik; hierbei sollen in jedem
Buche der Commentarien die Kegeln ein- oder zweimal citiert und dann
soll im Verlauf bei wiederkehrenden Füllen noch einigemal darauf ver-
wiesen werden, so dasz der Lehrer mit jedem beliebigen Buche beginnen
könne. Zweitens deutet er bei schwierigeren Satzgefügen die Construction
an. Drittens fügt er den dem Lateinischen entsprechenden deutschen
Ausdruck bei, wo anzunehmen ist, dasz der Schüler selber ihn nicht
finden würde oder zu viel Zeit verwenden müste, ohne von seinem langen
Suchen wesentlichen Nutzen zu ziehn. Viertens gibt er den Unterschied
synonymer Ausdrücke, aber nur dann, wenn der Text selbst dazu auf-
fordert oder überhaupt eine schärfere Unterscheidung der Begriffe nötig
scheint. Durch die vorausgehende Einleitung- soll der Schüler geogra-
phisch und historisch orientiert werden und eine klare Einsicht von dem
Heer- und Kriegswesen bekommen. Der Commentar in der mitgeteilten
Probe erstreckt sich auf lib. I cap. 1 — 24. — b) Maximilians-Gym-
nasium. Der Professor der Mathematik Dr Minsinger wurde in den
Ruhestand versetzt; zur Aushülfe in der Mathematik bis zur Wieder-
besetzung' der Professur wurde der Lehramtscandidat Bielmayer be-
rufen, die Lehrstelle der Mathematik aber dem am Wilhelms -Gymna-
sium dahier verwendeten Professor der Mathematik Müller übertragen.
Der Lehramtscandidat Sachs wurde zur Erteilung des Unterrichts in
der Arithmetik für die Ile Klasse der Lateinschule verwendet. Der
bisherige Assistent Völcker wurde zum Studienlehrer in Kusel er-
nannt und dessen Stelle durch den Lehramtscandidaten Kutzer besetzt.
Personalbestand: Rector Professor Dr Beilhack (IV), die Professoren
Stein inger (III), Heumann (III), Linsmayer (II), Schobert (I),
Müller (Mathematik), Dr F is c h er , Pre^ er , Boisot (Französisch),
die Studienlehrer Dr Christ (IV), Arnold (III), Britzelmayr (II),
Schuh (I), Mall, U hl mann (Kalligraphie), Assistent Völcker, die
auszerordentlichen Lehrer Richter (Hebräisch), Everill (Englisch),
Gar rar a (Italienisch), Kahl (Musik), Schönchen (Musik), Fächer
(Gesang), Weishaupt (Zeichnen), Gerber (Stenographie). Schüler
des Gymnasiums 95 (IV 22, III 25, II 19, I 20), der Lateinschule 218
(IV 38. III 44, II 53, I 83). Dem Jahresbericht ist beigegeben: ver-
einzelle Beiträge zur Kermtnis der mustergültigen lateinischen Prosa (Fort-
setzung). Von Professor Heumann (23 S. 4). Ablativ der Art
und Weise. So ziemlich alle lateinischen Grammatiken ficäben die
Regel, dasz bei dem Ablativ der Art und Weise, wenn dieser ein Ad-
jectiv oder Pronomen bei sich habe, die Präposition cum weggelassen
oder auch hinzugesetzt werden könne, lehrten aber nicht, welche Stelle
das hinzugesetzte cum einzunehmen habe, ob z. B. mit welchem Eifer
durch cum quo studio oder durch quocum studio oder durch quo cum
studio zu übersetzen sei. Nun tinde sich aber in der musterg'ültigen
lateinischen Prosa weder cum quo studio noch quocum studio noch auch
quo cum studio, folglich sei die grammatische Regel, insoweit sie cum
zu dem von quo, qua oder quibus begleiteten ablativus modi hinzuzu-
fügen gestatte, falsch. Ebenso fehle cum immer, wenn ein Demonstra-
tivpronomen den abl. modi begleite. Zum Beweis werden zahlreiche
Stellen aus Cicero, Cäsar, Livius u. a. angeführt. Ablativ der Be-
gleitung. Dasz dieser Ablativ, für den recht eigentlich die Präposi-
tion cum da sei , bei militärischen Märschen dieselbe auch entbehren
könne, sobald der Ablativ einen adjectivischen Redeteil bei sich habe,
sei eine Lehre, die nur eine sehr beschränkte Anwendung zulasse. Aus
den angeführten Stellen mit cum , im Zusammenhalt mit den von den
grammatischen Lehrbüchern erwähnten ohne cum, gehe hervor, dasz nur
250 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen.
das von einem Adjectiv begleitete copiis oft, desgleichen exercitu einige-
mal ohne cum vorkomme; dasz aber selbst diese beiden Ablative cum
nicht entbehren könnten, wenn entweder 1) die Präposition sich nicht
an das Subject, sondern an ein Object des Satzes anschliesze, oder 2)
zwar sich an das Subject anschliesze, dieses aber nicht nach eignem
Willen, sondern auf Befehl, Beschlusz , in Auftrag, Sendung u. dgl.
handle, so dasz mittitur, iubetur oder ein ähnliches Wort Prädicat im
Satze sei, oder wenn 3) der Ablativ ein demonstratives, relatives oder
possessives Pronomen zum Attribut habe. Ante von der Zeit ge-
braucht. Diejenigen lateinischen Grammatiken, welche zu abhinc
(von jetzt an gerechnet) bemerkten, dieses Zeitverhältnis werde auch
durch ante mit beigesetztem Pronomen hie ausgedrückt, führten für
dieses hie alle ein und dasselbe Beispiel aus Phaedr. I 1, 10 an: ante
hos sex menses maledixisti mihi. Sie führten aber deshalb kein anderes
Beispiel an, weil es in der mustergültigen lateinischen Prosa kein Bei-
spiel für diesen Gebrauch von hie gebe. Aber auch ante ohne hie sei
in diesem Sinn nicht häufig mit einem Zahlwort, eher noch mit einem
zählenden Adjectiv. Da jedoch hie mit ^em Ablativ häutig in ähnlichem
Sinn von der Zeit gebraucht werde, so werde auch ante mit hie nicht
geradezu verwerflich sein, verdiene aber nicht gelehrt zu werden. Appo-
sition. Die grammatische Regel, dasz die (deutsche) Apposition, auf
welche sich ein Relativ bezieht, im Lateinischen fast immer in den Re-
lativsatz aufgenommen und in den Casus des Relativs gesetzt werde,
behaupte etwas zu viel gegenüber einer Menge von Stellen bei den
Klassikern. Audire mit Particip oder Infinitiv? Dasz die
Verba, welche bedeuten hören und sehen, von unmittelbarer Wahr-
nehmung gebraucht, im Lateinischen statt des Infinitivs das Particip
des Präsens zu sich nehmen , gelte allgemein als Regel. Allein von
Zeugenaussagen scheine dicere audio, nicht dicentem, gesagt worden
zu sein. Coeptus sum. Die grammatische Bemerkung, mit fieri werde
gewöhnlich coepi, nicht coeptus sum verbunden, sei durch den Gebrauch
des Livius nicht gerechtfertigt. — Fragesätze. Fragen des Unwillens
und Staunens, die im Acc. mit Inf. und die im Conjunctiv mit ut stehn,
würden in jeder Grammatik besprochen mit dem Beisatz , dasz sie das
Fragewort ne annehmen oder auch weglassen. Dagegen solche Fragen
im Indicativ würden nicht immer besprochen , und gerade über sie wäre
darauf aufmerksam zu machen , dasz sie nie das Fragewort ne anneh-
men, wenn das betonte Wort der Frage, meistens das Subject, im
Gegensatz zu einem Wort des vorhergehenden Satzes stehe, auch darauf
aufmerksam zu machen, dasz statt des Indicativs dieser Fragen nicht
der Acc. mit dem Inf. anwendbar sei. — Genetivus partitivus. Wo
in den lateinischen Grammatiken vom partitiven Genetiv die Rede sei,
sei gewöhnlich in einer upscheinbaren Anmerkung beigefügt, es sei statt
desselben auch die Präposition ex (de) zulässig. Nun sei aber die Prä-
position mindestens ebenso gebräuchlich, ja sie sei nahezu in jedem
Falle zulässig, der Genetiv aber nicht in jedem Falle. Denn der Genetiv
sei 1) fast unerhört, wenn das Ganze ein von einem Zahlwort be-
gleitetes Substantiv oder blos ein Zahlwort sei, und 2) sehr selten,
wenn der Teil ein nomen proprium sei. Sei der Teil ein nom. subst.
appellat. oder ein dessen Stelle vertretendes Pronomen, dann trete 3) zu
pars, numerus und genus , ferner zu nemo und miliarer Genetiv, zu
andern Substantiven die Präposition. Die Präposition, nicht der parti-
tive Genetiv, sei 4) gewöhnlich, wenn das Ganze im Singular stehe.
5) Die Präposition finde sich angewendet, wenn das Ganze und der Teil
ungleichartig seien, was meist schon an dem verschiedenen Geschlecht
beider zu erkennen sei. 6) Die Präposition in, auch inter (seltener ex
und cum) sei Sprachgebrauch , nicht der gen. partit. , in verkürzten
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slafist. Notizen. 251
Sätzen , in welclien das Ganze durch ein Relativ - oder Demonstrativ-
pronomen, der Teil durch eine Apposition ausgedrücltt sei. — Gerun-
dium. Die grammatische Bemerkung', statt des Dativs des Gerundiums
oder Gerundivs sei ad mit dem Accusativ häutiger, passe nur für das
Gerundiv; denn der Dativ des Gerundiums sei vor Plinius und Quinti-
lian gar nicht im Gebrauch gewesen; er lasse sich aiich nicht durch ein
Beispiel aus der klassischen Zeit erweisen. Der Dativ des Gerundiums
sei ersetzt worden durch den Genetiv, auszerdem durch ad mit dem
Accusativ. — Noch. Vrenn gelehrt werde, das deutsche noch beim
Comparativ heisze etiam , oft werde es gar nicht ausgedrückt, so sei
das nicht unrichtig; aber notwendig sei der Zusatz, dasz etiam fast
nie neben dem Comparativ erscheine, wenn dieser mit seinem eignen
Positiv oder auch Superlativ verglichen werde. — Qu um in Tempo-
ralsätzen. Das temporale quum werde, je nach der erforderlichen
Zeit, mit dem Indicativ des Imperfects oder des Plusquamperfects , so
gut wie des Perfects , verbunden, wenn der Temijoralsatz hervorge-
hoben sei. — ßes gestae. Zu res gestae treten die Attribute der
Grösze, nebst memorabilis, den beiden mit prae zusammengesetzten
Superlativen praeclarissimus und praestantissimus und den adjectivi-
schen Pronomen, als Adjective, alle übrigen als Adverbia. — Wie
weit entfernt. Der Lehre, dasz auf die Frage wie weit entfernt,
d. h. in welcher Entfernung von .... etwas geschehe, in der Regel
der Ablativ, nur ausnahmsweise der Accusativ stehe, sei die Mehrzahl
der klassischen Stellen, bei Livius jedesfalls , entgegen; blos spatio und
intervallo ständen bekanntlich immer im Ablativ. — c) Wilhelms-
Gymnasium. Im Lehrerpersonal ist im verflossnen Schuljahr keine
Veränderung eingetreten. Lehrer des Gymnasiums: Rector Professor
Hut t er und Professor Bauer für IV, Professor Stanko (III), Pro-
fessor Eisenmann (II), Professor Lauth (I), Professor Dr Li er-
be im er, Professor Preger, Professor Dr Mayer, Professor Müller,
Professor Häring; der Lateinschule: die Studienlehrer Fesenmair
(IV), Heisz (III), Straub (II), Strobl (I), Offenbach, Professor
Preger, Assistent Bielmayr, Lehramtscandidat Dembschick,
Pernat (Kalligraphie); den auszerordentlichen Unterricht erteilten
Richter (Hebräisch), Carrara (Italienisch), Everill (Englisch),
Kleiber (Zeichnen), Gerber (Stenographie), Lenz (Gesang), Schön-
chen und Wilkas zewsky (Musik), Schei b m aier (Turnen). Schüler
des Gymnasiums 97 (IV 25, III 15, II 32, I 25), der Lateinschule 217
(IV 47, III 41, n 56, I 73). Dem Jahresbericht ist als Festschrift zur
300jährigen Stiftungsfeier dieser Anstalt beigegeben eine Abhandlung von
dem Rector Professor Hutter: die Haiiptmomenie der Schulgeschichle des
alten Gymnasiums zu München (38 S. 4).
16. MÜNNERSTADT.] Veränderungen im Lehrerpersonal brachte das
abgelaufene Jahr weniger als das vorhergehende. Nur der Religions-
lehrer der lateinischen Schule P. Hepp wurde seinem Wunsche gemäsz
seiner Function enthoben und dieselbe dem P. Böhm übertragen. Lehrer
des Gymnasiums: Rector Professor Lei t schuh (IV), die Professoren
Braun (III), Keller (II), Merkle (I), Keller, Wester, Seeber,
die Studienlehrer Schneeberger und Ullrich, die Lehrer der Musik
Gerhard, Schmitt und Ungemach, Zeichnen- und Turnlehrer Bai s.
Lehrer der lateinischen Schule: die Studienlehrer Wester (IV), Beck
(III), Schneeberger (II), Ullrich (I), Böhm, Gerhard (Kalli-
graphie). Schüler des Gymnasiums 79 (IV 23, III 21, II 15, I 20), der
lateinischen Schule 08 (IV 20, III 25, II 25, I 28). Am 8. August fand
die zweite Säcularfeier des Gymnasiums statt. Dem Jahresbericht sind
zwei Festprogramme beigegeben , von denen das erste eine Abhandlung
des Professor Keller enthält unter dem Titel: monumentum pietatis, quo
252 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen.
Scripte solemnia saeciilaria altera gymnasii Munnerstadiani VI. a. id.
Aug. rite celebranda indicit P. Keller (23 S. 4). ' Quum gyinnasii
Munnerstadiani solemnia saeeularia altera agaraus, viros Augustinianos,
qui praesertim saeculo praeterito optime de eo tractantes litteras et
tradentes sunt meriti , ex annalibus afferre mihi proposui. Sed ante-
quam rem aggrediar, non alieniim videtur esse, de gymnasii nostri prin-
cipiis et incrementis pauea praemonere.' Das andere Program enthält
eine Abhandlung des Studienlebrers Schneeberger: guaestiones dune
(12 S. 4). Quaestio I. Quatenus materia I epistolae libri II Horatii
referenda sit ad mores ingeniumque principis Augusti. ^His ex testi-
moniis apparet, diversissiraum fuisse principis Augusti et Horatii iudi-
cium de litteris veraeque artis natura. Quum autera verum sit illud:
regis ad exemplum totus compouitur orbis , poeta, qua erat integritate
iudicii dicendique libertate, hanc potissimum scribendi materiam videtur
sumsisse , neque quibus in rebus suum iudicium a principe discrepat
dubitat ita dicere , ut videatur ille quidem populi perversos mores iudi-
ciumque corruptum perstringere , revera invebatur in eiim, ad quem est
epistola. Adulatorii dedecoris opprobrium , quod velut maculam Horatii
moribus adhaerere fuere qui putarent, iam nullum esse liquet.' Quae-
stio II. Cic. pro Sext. Ko&c. Am. 5, 11: divinitus (pro dimissius)
sperant.
17. Neubukg a./D,] Im Lehrerpersoual fanden folgende Verände-
rungen statt. Der bisherige Professor der Mathematik Scheidler
wurde vorläufig auf die Dauer eines Jahrs in den Ruhestand versetzt
und an dessen Stelle der Professor der Mathematik an der Studienan-
stalt zu Amberg Ducrun berufen. Lehrer des Gymnasiums: Rector
Thum, die Professoren Kemmer (IV), Niki (III), Mayring (II),
Ratzinger (I), Ducrun, Waldvogel (kathol. Religionslehrer),
Stadtpfarrer Walt er (evangel. Relisiou^elirer), Studienlehrer Daisen-
b erger (Stenographie). Lehrer der Lateinschule: die Studienlehrer Dr
Gerlinger (IV), L eicker t (III), D aisenberger (II), M ehltret te r
(I), Professor Ducrun, Kauszler und Haas (kathol. Religionslehrer),
Walter (evangel. Religionslehrer). Schüler des Gymnasiums 59 (IV
11, III 13, ir20, I 15), der Lateinschule 98 (IV 17, III 2ß, II 32,
I 23). Dem Jahresbericht folgt eine Abhandlung von Professor Niki:
kurze Darstelhmg der Fehler und Gebrechen^ durch welche Athen seine Un-
abhängigkeit verlor (18 S. 4). Nachdem der Verf. kurz auseinander-
gesetzt hat, wo der Grund gelegt worden sei, auf welchem sich Athen
in unglaublich kurzer Zeit zu hoher politischer Bedeutung erhoben habe,
bezeichnet er als Hauptquelle der zahlreichen Gebrechen , welche seit
dem Ende der Perserkriege im atheniensischen Staat bemerkbar werden,
ein durch dexa Reichtum und Luxus hervorgerufnes, nach und nach alle
Schichten der Bevölkerung ansteckendes Sittenverderbnis und als Folge
hiervon die Ausartung der Demokratie. Hieraus seien die Fehler her-
vorgegangen, welche Athen anfangs im peloponnesischen Kriege an den
Rand des Verderbens und später unter die Botmäszigkeit Philipps von
Macedonien brachten. Von der Ausartung der Demokratie wird dann
ausführlicher gehandelt, nachdem zuvor eine Folge derselben besprochen
ist, welche zuerst Unheil brachte: die Erniedrigung der Bundes-
genossen zu Unterthanen der Athener. Nachdem dann der
Verf. die Ausartung der Demokratie von ihrem Entstehn bis zu ihrer
Vollendung mit Berücksichtigung der Hauptmomente verfolgt hat, be-
spricht er noch in Kürze einige damit zusammenhangende Uebel , die
am nachteiligsten wirkten und von Isokrates und Demosthenes am mei-
sten beklaert werden, nemlich Ungerechtigkeit und Willkür, Habsucht,
Bestechlichkeit, Trägheit im Waffendienst, fortwärende unberufene Ein-
mischung in fremde Angelegenheiten.
Bericlito über gelelirle Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 253
18. Nürnberg.] Der Professor Dr Kecknagel, welcher bisher den
französischen Unterricht au der Oberklasse erteilt hatte, wurde auf sein
Ansuchen dieser Function enthoben und dieselbe dem Professor Her cid
übertragen. Der Pfarrer Steger, welcher den Keligionsunterricht an
der lateinischen Schule erteilt hatte, sah sich durch die Erweiterung
seiner Amtsgeschäfte veranlaszt, um Entbindung von diesem Lehramt
nachzusuchen. In Folge dessen wurde der Religionsunterricht den Pro-
fessoren Dr Endler und Dr Wulf fei, sowie dem Candidaten der Theo-
logie Alb recht übertragen. Auch im katholischen Religionsunterricht
trat ein Lehrerwechsel ein, indem Stadtkaplan Haas zum Pfarramt
ernannt und dessen Lehrstunden dem Stadtkaplan Keck übertragen
wurden. Lelu'er des Gymnasiums: Rector Professor Dr Heer wagen
(IV), die Professoren Dr Recknagel (III), Herold (II), Dr Eud-
1er (I)^ der lateinischen Schule: Professor Dr Wolfiel (IV), Meyer
(III) , Hoffmann (II), Assistent Ehemann, Wild (I"), Hart-
wig (I *>), Krafft (1"=). Fachlehrer der Studienanstalt: Lehrer der
evangel. Religion für die Gymnasialklassen DrWölffel, Dr Endler,
für die lateinische Schule: dieselben und Candidat Albrecht, der
kathol. Religion Kaplau Keck, der Mathematik Professor Fischer,
der französischen Sprache Professor Herold, der hebräischen Sprache
Hoffmann, des Gesangs Emmerling, des Schönschreibens Häuz-
1er, des Zeichnens Schreiber, der Stenographie Krafft. Schüler
des Gymnasiums 103 (IV 29, III 23, II 21, I 30), der lateinischen Schule
2;)3 (iv 33, III 33, II 51, I« 57, I" 52, I <= 67). Dem Jahresbericht
geht voraus eine Abhandlung vom Rector Dr Heer wagen: zur Ge-
schichte der Nürnberger Gelehrtenschulen in dem Zeitraum von 1485 bis 1526
(37 S. 4).
10. Passaü.] In die durch Ernennung des Professor Romeis zum
Professor der IVn Gymnasialklasse in Bamberg erledigte Lehrerstelle
der Hin Gymnasialklasse dahier rückte Professor Widmann vor und
zum Professor der Iln Gymnasialklasse wurde der seitherige Studien-
lehrer der IVn Klasse der Lateinschule des Wilhelms- Gymnasiums in
München Liepert befördert. Lebrerpersonal des Gymnasiums: Rector
Dr Hoffmann, die Professoren Beutlhauser (IV), Widmann (III),
Liepert (II), Schre'pfer (I), Dr Nirschl (kathol. Religionslehrer),
Pfarrer Bauer (evangel. Religionslehrer), Professor Hollweck (Mathe-
matik), Professor Ammon (Physik), Professor Dr Anzenberger
(Hebräisch), Vorhölzer (Französisch), Studienlehrer Wild (Steno-
graphie), AVagner (Zeichnen), Geyer (Gesang), Lehramtscandidat
Scharrer (Assistent); der Lateinschule: die Studienlehrer Leitl (IV),
Fisch (III), Wild (II), Vältl (I), Miloche (Gesang), Cortolezis
(Schreiben). Schülerzahl des Gymnasiums 124 (IV 32, III 34, II 27, I 31),
der Lateinschule 206 (IV 44, III 50, II 63, I 49). Dem Jahresbericht
geht voraus: einige Worte über Stenographie. Geschichte, Wesen, Ver-
breitung und Nutzen derselben, von dem Studienlehrer Wild (27 S. 4).
20. Regensbdrg.] Der Studieulehrer der IVn Klasse Mehl er schied
aus, nachdem er zum Canonicus an dem Collegiatstift zu St Johann
dahier ernannt war. Die hierdurch erledigte Lehrerstelle wurde durch
Ascension besetzt und zum Studienlehrer der In Klasse der As'-i.stent
am Gymnasium Adam ernannt; die erledigte Stelle eines Assistenten
erhielt der Lehramtscandidat Söldner. Aus dem Lehrerpersonal des
Gymnasiums schied der Professor Weyh, dem seiner Bitte entsprechend
wegen nachgewiesener körperlicher Gebrechen in den temporären Ruhe-
stand auf ein Jahr zu treten bewilligt worden war. In Folge dessen
wurde der Professor Seitz von Bamberg an das hiesige Gymnasium
versetzt. Lehrerpersonal des Gymnasiums: Rector Professor Hin ter-
huber (III), die Professoren Klein stäub er (IV), Reger (II),
254 Personalnotizen.
Seitz (I^), Langoth (I '>) , Steinb erger (Mathematik und Physik),
Meilinger (kathol. Religionslehrer), Albrecht (Französisch), Pro-
fessor Dr Reischl (Hebräisch), Schnitzlein (Englisch), Stuclienlehrer
Adam (Stenograi3hie) , Otto (Zeichnen), Bühling (Gesang), Zell er
(Turnen); der Lateinschule: die Studienlehrer Oberndorfer (IV ^),
Harrer (IVb), Tafr athsh o f er (III ^), Dr Spandau (III b), Weisz-
gärber (II), Adam (I), kathol. Religionslehrer : Professor Meilinger,
Oberndorfer, Harrer und Tafr athsh o f er , Professor Langoth
(evangel. Religionslehrer), Professor Klei ns tauber (Geschichte für
die Protestanten), Huther (Mathematik), Lecker (Kalligraphie).
Schüler des Gymnasiums 154 (IV 31 , III 28, II 43, I^ 24, I»» 28), der
Lateinschule 230 (IV ^ 29, IV 24, III ^ 34, Uli' 38, II 48, 1 57).
Dem Jahresbericht geht voraus eine Abhandlung vom Studienlehrer Dr
Spandau: zur Kritik und Interpretation des Shakespear eschen Othello
(13 S. 4).
(Fortsetzung im nächsten Heft.)
Fulda. Dr Ostermann.
Personal notizen.
Ernennung:en, Befürderung^eo , Tersetznng^en :
Adler, Dir. des Gymn. in Köslin, in gl. Eigensch. an das Fried-
richscoUeg. zu Königsberg in Pr. versetzt. — Balcaczyk, Jos.,
Pfarrcooperator in C^swi^cim, zum Religionslehrer am 4kl. Untergymn.
in Krakau ernannt, — Becker, Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn.
zu Saar brück angest. — Becker, Dr Gust., Adjunct an der Landes-
schule Pforte, als ord. Lehrer am neu errichteten Gymn. zu Memel
bestätigt. — Beisert, Dr, Oberl., zum Director des Gymn. zuBunz-
lau berufen. — Berger, Dr W., Lehramtspraktikant in Karlsruhe,
zum Bibliothekar an der Universität zu Freiburg ern. — Bertram,
Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Pädagogium U. L. Fr. zu Magdeburg
angest. — Bonaldi, Pet., Suppl. am Gymn. zu Vicenza, zvim wirkl.
Gymnasiallehrer ebendas. befördert. — Conrlid, Dr Joh. Bapt.,
SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zuCoblenz angest. — Erhardt,
Prof. am untern Gymn. in Ehingen, erhielt die erledigte Stelle eines
Hauptlehrers am obern Gymn. zu Ellwangen. — Fuk, Frz, Lehrer
am Franz- Josephs -Untergymn. zu Lemberg, in gl. Eigensch. an das
Gymn. zu St Anna in Krakau vers. — Gädke, Realschuldirector in
Memel, zum Director des neu errichteten Gymn. daselbst berufen. —
Haacke, Dr, Oberlehrer am Gymn. zu Nord haus en, in gl. Eigensch.,
aber mit dem Prädicat Professor, an das Pädagog. U. L. Fr. zu Magde-
burg versetzt. — Hacker, Dr, Adjunct an der Ritterakademie zu
Brandenburg, als ord. Lehrer am Cölnischen Realgymn. in Berlin
angestellt. — Hanslik, DrEd., Ministerialconcipist in W.ien, unter
Belassnng in seiner amtlichen Stellung zum ao. Prof. der Geschichte und
Aesthetik der Tonkunst an der Wiener Universität ernannt. — Har-
nischmacher, früher Rector in Linnich, zum ord. Religionslehrer
am Gymn. zu Münstereifel ern. — Hilgers, Dr, SchAC, als ord.
Lehrer am Gymn. zu Trier angest. — Holzinger, Prof. in Aarau,
zum Rector der Kantonsschule und des Gymn. daselbst ern. — Jacobs,
Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu Cottbus angest. — Kef er-
st ein, Dr, Privatdocent in Göttingen, zum ao. Prof. in der philos.
Facultät der dasigen Universität ern. — Kopp, Dr, bisher am Gymn.
zu Stargard, als ord. Lehrer an das Gymn. zu Greiffenberg vers.
— Krehl, Dr L. , Secretär an der königl. Bibliothek zu Dresden,
Personalnolizon. 255
zum Bibliothekar an der Universitätsbibliothek zu Leipzig und zum
ao. Prof. in der philos. Facultiit der das. Universität ern. — Kreuzer,
Karl, 2r Ciistos an der Wiener Universitätsbibliothek, zum Universi-
tätsbibliotliekar in Gratz ern. — Lehmann, Dr, ord. Lehrer am
Gymn. in Greifswald, zum Director am Gymn. zu Neustettin ern.
— Liep, Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. in Creuznach an-
gestellt. — Marbach, Prorector an der Realschule z. heil. Geist in
Breslau, zum ao. Prof. in der philos. Facultät der dasigen Universität
ern. — Mihelic, Dr Karl Leop., Universitätsbibliotliekar zu Gratz,
wurde aus Dienstrücksichten zum 2n Gustos an der Universitätsbiblio-
thek in Wien ernannt, ilim aber gestattet den Titel eines Uuiversitäts-
bibliothekars fortzuführen. — Müller, Dr Paul, als Collaborator am
Domgymn. zu Merseburg angest. — Nieländer, Dr, als ord. Lehrer
am Gymn. zu Landsberg an der W. angest. — Nowakowski,
Ed., zum 2n Scriptor an der Universitätsbibliothek in Lemberg ern.
— Paulsen, Dr, als Oberlehrer am neu organisierten Gymn. zu Memel
angest. — Peters, Dr Karl, Universitätsprof. der Mineralogie zuPesth,
zur Verwendung der Hochschule in Wien zugewiesen. — Kangen, Dr,
SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu Düren angest. — Köder, Dr,
Director am Gymn. zu Neuste ttin, in gleielier Eigensch. an das Gymn.
zu Köslin versetzt. — Sack, Dr, Oberconsistorialrath in Berlin, zum
ord. Honorarprofessor in der theol. Fac. der das. Universität ern. —
Sauio, Ober!, in Memel, zum Oberl. an dem neu err. Gymn. eben-
da.selbst ern. — Schibier, Professor in Aarau, zum Conrector an
der Kantonsschule und Rector der Gewerbschule daselbst ernannt. —
Schmidt, Gust., als Oberlehrer am neuen Gymn. zu Memel angest,
— Schmidt, Alb., Lehrer, als ord. Lehrer am Friedrich- Wilhelms-
Gymn. zu Posen angest. — Schnelle, Dr Karl, ord. Lehrer am
Gymn. zu Hamm, zum Oberlehrer daselbst befördert. — Schwarz-
lose, Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu Inst er bürg angest.
— Schwarzmann, Präceptor in Ellwangen, zum Prof. am untern
Gvmn. in Ehingen ernannt. — Seh wer dt, Dr, Gymnasiallehrer in
C ob lenz, zum ao. Prof. in der philos. Fac. der Akademie in Münster
ern. — Siebert, ord. Lehrer am Gymn. zu Thorn, in gl. Eigensch.
an das Gymn. zu Hohen st ein versetzt, — Stibohar, Alex., Priester
der Erzdiöcese Agram, zum Religionslehrer am kön. Gymn. zu Agram
ern. ■ — Stier, SchAC, als Collaborator am Gymn. zu Greif fenberg
angest. — Storch, als Oberl. am neu errichteten Gymn. zu Memel
angest. — Tillmanns, Dr , SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu
Cleve angest. — Usener, Dr Herrn., Adjunct am Joachimsthalschen
Gymn. zu Berlin, zum Professor an der Universität und an der Kan-
tonsschule in Bern ern. — Vorreiter, Dr, SchAC, zum ord. Lehrer
am Gymn. zu Gütersloh ern. — Wagemann, Dr theol,, Archidiaconus
in Göppingen, zum ord. Prof. in der theolog. Universität in Göt-
tingen ernannt. — vorm Walde, Dr Frz, SchAC, als ord. Lehrer
am Gymn. zu Coblenz angest. — Waldhauer, Lehrer, als ord. Lehrer
am neuen Gymn. zu Memel äugest. — AV eis zack er, Hofkaplan und
Oberconsistorialrath in Stuttgart, erhielt die erledigte Lehrstelle für
Kirchen- und Dogmengeschichte in der evang. -theol. Fac. der Univ.
Tübingen übertragen.
Praedicierung;en and Ehrenerweisung:en;
Erler, Dr, Ob er I.^ am Pädagogium in Züllichau, als Professor
praediciert, — Ett ensperger, Praeceptor am Gymn, in Ellwange«,
als Professor praediciert. — Dr Foss, Oberl. am Friedrich- Wilhelms-
Gymn. zu Berlin, desgl. — Gerhard, Dr Ed., Director der Skulp-
turen-Galerie der Museen und ord. Prof. in Berlin, als Geheimer Re-
256 Personalnolizen.
gfieningsrath charakterisiert. — Graut off, Dr, ovd. Lehrer am evang:el.
Gymn. zu G r os z -Gl ogau, als Obeilehrer praediciert. — Haupt, ])r
Mor., I rof, in Berlin, von der phil.-histor. Klasse der königrl. Akade-
mie der W. zu ihrem Secretär gewählt und als solcher bestätigt. —
Krasper, Oberlehrer am Domgymn. zu Magdeburg, als Prof. prae-
diciert. — Liebig, Dr, ord. Lehrer am Gymn. zu Görlitz, als Ober-
lehrer praediciert. — Märcker, Dr F. A., Privatdocent an der philos.
Fac. der Uni\r; in Berlin, erhielt das Prädicat Professor verliehn. —
Munk, Dr Ed., Oberlehrer am evang. Gymn. zu Gr osz-Glogau, als
Professor i^raediciert. — Schult !ien, Collaborator in Nienburg, als
Oberlehrer praediciert.
Pensioniert:
Der Rector der Kantousschule und des Gymn. in Aar au Prof. Dr
Rud. Rauchenstein und der Conrector der Kantonsschule und Rector
der Gewerbschule ebendas. Prof. Rytz wurden auf ihr Nachsuchen
von ihren Rectoratsfunctionen entbunden.
Oestoi-ben :
Am 6. Febr. zu Plauen der emer. Prorector des dasigen Gymna-
siums Got tfried Pfretzschn er. — Am 9. Febr. zu Rom Vinceuzo
Castellini, Prof. der arab. Litteratur und Scrittore des Syrischen und
Arabisclien an der Vaticana, 45 J. alt. — Am 10. Febr. zu Brunn der
ständische Archivar Dr J. Chytil, als Forscher in der Geschichte Mäh-
rens bekannt. — Im Febr. zu Cambridge Dr Jp h n Wi llia m Donald-
8on, Vorsteher der kön. Edwardsschule zu Bury St Edmonds, Philolog
und Orientalist, noch nicht 50 J. alt. — Am 5. März zu Bonn Dr Chr.
Heinr. Ernst Bischoff, Geh. Hofrath und Prof. med. — An dems.
zu Gera der Prof. der Mathem. u. Physik am Gymn. Rutheneum Carl
Friedr. Eysel im 71n Lebensj. — Am 12. März zu Wien Herrn.
Da üb er, Assistent am k. k. Hof-Mineralienkabinet, bekannt durch seine
Forschungen über Krystallographie, geb. zu Gandersheim am 23. August
1823. — Am 30. März in Bonn der ord. Prof. jur. Dr Pet. Frz Dei-
ters, im 58n Lebensj. — Am 5. April in Breslau der ord. Prof. der
Mathem. an der das. Univers. Dr Ferd. Joachimsthal, geb. 1818
in Goldberg. — Am 8. April in Jena der ord. Prof. jui-. an der Univ.
Geh. Justizrath Dr Guy et, geb. 1802 in Homburg. — Am 26. April in
München der ord. Prof. der Gesch. an der Univ. Dr Phil. Jac. Fall-
merayer, geb. 1791 in Tyrol. — Am 27. April in Weimar der Prof.
am das. Gymn. Dr G. E. F. Lieberkühn. — Am 28. April in Mar-
burg der ord. Prof. der Philos. und Pädagog. Dr Christi. Heinr.
Koch, geb. 1781. — Am 9. Mai in München der Prof. Dr Ernst von
Lasaulx, geb. 1805 in Coblenz, seit 1844 in München. — In der Nacht
vom 9—10. Mai in Bonn der k. russ. Staatsrath Prof. Dr Friedr.
Loren tz, seit mehrern Jahren Docent der Geschichte an der dortigen
Universität.
Zweite Abteilung:
für Gymnasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Ausschlusz der classischen Philologie,
herausgegeben von Rudolph Dietsch.
1.
Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. Her-
ausgegeben von Dr M. Lazarus und Dr IL Steinthal.
Berlin, Dümnilers Verlagsbuchhandlung. Erster Jahrgang.
1859—60.
Eine ^Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft'
scheint nur dem zweiten Teil ihres Titels nach in diesen Jahrbüchern
besprochen werden zu können; wenn aber der zweite mit dem ersten
unauflöslich zusammenhängt, so wird auch dieser und somit das ganze
Unternehmen Rücksicht verlangen. Das erste Auftreten der neuen Zeit-
schrift hat wol in weiteren Kreisen nicht blos Aufsehen sondern sogar
einiges Befremden und Bedenken erregt. Nicht blos war das Wort
'Völkerpsychologie' in der wissenschaftlichen Welt fast unerhört (zu-
erst und wol einzig gebraucht von Dr Lazarus 1851 in einer Abhand-
lung im deutschen Museum * über Begriff und Möglichkeit der Völker-
psychologie als Wissenschaft', vgl. desselben 'Leben der Seele', Berlin
1857, zweiter Band S. 251; dann von Dr Steinlhal in seinem Buche
'Grammatik,, Logik und Psychologie' und zuletzt, schon mit Ankündi-
gung der Zeitschrift, am Schlusz der zweite» Auflage seines 'Ursprungs
der Sprache') — es konnte auch die Frage auftauchen: wie kommt die
Sprachwissenschaft zu dieser Verbindung mit der noch unbekannten
Grösze? welcher Teil oder welche Behandlungsweise der Sprachwis-
senschaft verschafft ihr die Ehre, der Völkerpsychologie die Schleppe
zu tragen? Empirische Sprachwissenschaft kann nicht gemeint sein,
für diese existieren bereits hinlänglich viele und namhafte Organe;
philosophische Sprachwissenschaft aber ist selbst, wenn nicht von
zweideutigem Rufe, doch noch etwas so unbestimmtes, dasz sie zur
Aufhellung und Empfehlung der Völkerpsychologie wenig beitragen zu
können scheint. Man wurde fast auf die Annahme gedrängt, es müsze
hier einmal eine unbekannte oder unzuverlässige Grösze die andere
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. 1861. Hft 6. 17
258 Zeitschrift für Völkerpsycliologie und Sprachwissenschaft.
erklären und stützen, eine Annahme die vielleicht das Ziel nicht so
weit verfehlte und auch an sich selbst nicht so verkehrt ist wie sie
scheinen mag-. Wollte man etwa noch wissen, ob in dieser Verbin-
dung der zwei Wissenscliaften die eine der andern untergeordnet oder
ob beide zu vollständiger Wechseldurchdringung coordiniert seien, so
enthielt die Voranstellung der 'Völkerpsychologie' (und zwar in et-
was feilerer Schrift) auch darüber wenigstens eine Andeutung; das
Wörtchen 'und' bleibt freilich, wie bekannt, eines der vieldeutigsten
und liesz auch im vorliegenden Falle noch mehrere Auslegungen zu.
Ref. gesteht, dasz er selbst beim ersten Hören von der neuen Zeit-
schrift Gedanken von der angegebenen Art hin und her wälzte, aber
einerseils steigerle dies nur seine Neugierde, anderseits bürgte ihm
der wissenschaftliche Ruf der Herrn Herausgeber dafür, dasz nichts
ganz verfehltes herauskommen konnte; das näher interessierte Publi-
cum war auch durch die schon oben genannten Schriften, wozu noch
das von Dr Steinthal herausgegebene 'System der Sprachwissenschaft'
von lleyse zu zählen ist, einigermaszen vorbereitet. Es blieb also
vernünftiger Weise nichts übrig, als durch vorurteilslose Einsicht in
das erste Heft zu erfahren, was die Herausgeber selbst zu geben be-
absichtigen und versprechen. Der nächste Maszstab der Beurteilung
ist doch immer des Autors eigener Wille und sein Zeugnis davon ; in
zweiter Linie musz dann freilich auch die Berechtigung dieses Willens
selbst untersucht werden. Es schlieszt sich daran, wenn die vorige
Frage nicht durchaus verneinende Antwort fand, die weitere nach der
Leistungsfähigkeit, so weit sie prognostiziert werden kann; ihre
völlige Erledigung findet sie aber am sichersten bei der letzten, der
Hauptfrage nach dem Werlh der vorliegenden Leistungen, nur
dasz ein Endurteil in dieser Richtung nach einem Jahr noch nicht ge-
fällt werden kann.
Die 'Ankündigung' welche dem ersten Hefl der neuen Zeitschrift
vorgeheftet war, begann: 'die Völkerpsychologie ist als eine beson-
dere Wissensciiaft bis auf den heuligen Tag noch nicht voriianden; der
Boden für dieselbe aber ist gewonnen, der Grund auf dem sie erbaut
werden soll, ist bereitet die Aufgabe dieser Wissenschaft ist
im allgemeinen diese: eine Erkenntnis des Volksgeistes zu bereiten,
wie die bisherige Psychologie eine des individuellen Geistes erstrebte;
oder: diejenigen Gesetze des menschlichen Geistes zu entdecken, wel-
che zur Anwendung kommen, wo immer Viele als eine Einheil zusam-
men leben und wirken. Alles was im Verlauf der Geschichte als Saat
oder Frucht . . . des» öffentlichen Geisteslebens sich darstellt, hat als
Quelle oder llülfsquelle in den Forschungskreis dieser Wissenschaft
einzutreten: von der Bodenbeschaffenheit des Wohnsitzes, von der
physiologischen Bestimmtheit des Leibes eines Volkes durch alle Art
Strebungen und Leistungen des Cullurlebens bis hinauf zu den Ideen,
welche den Genius einer Nation erfüllen und bewegen.' — 'Die Sprach-
wissenschaft,— und auch als deren Organ betrachten wir unsere
Zeitschrift, — hat die Erkenntnis der Idee der Sprache und deren
Zeitschrift für Völkerpsycliologie und Sprachwissenschaft. 259
\\ irkung und Ausbreitung in siiniliichon Sprachen der Menschheit zur
Aufgabe. Verschieden von Philologie und rein empirischer I.inguislik
hat sie auf dem Wege der exaclen Forschung .... vornehmlich die
psychologischen Gesetze zu erforschen, . . . nach weichen die Idee
der Sprache sich im Menschen verwirklicht. Die Sprache aber ist
jedesmal Eigentum einer Gesamtheit ....'. Nach beiden Seilen, der
iinmiltelbar und der sprachlich psychologischen, wurde die zu liefernde
Arbeit als eine dreifache bezeichnet: l) Aufstellung volks- und
sprachpsychologischer Gesetze aus Thatsachen beider Gebiete; 2)
Darstellung von Thatsachen, welche durch ihre Eigentümlich-
keit die Erforschung jener Gesetze befördern oder veranlassen. 3)
Berichte und Urteile über Schriften, welche uniniltelbar oder
mittelbar in das Gebiet der Zeitschrift und ihrer Hiilfsvvissenscliaften
einschlagen. Ausdrücklich wurde 'jede Arbeit auf dem Gebiete der
Sprachwissenschaft zugleich als eine Mitarbeit auf dem Gebiete der
Völkerpsychologie begrüszt'. Die Bescheidenheit, womit wiederholt
wird ^es gelte mit der Zeitschrift für Völkerpsychologie diese Wissen-
schaft selber erst zu begründen', sticht etwas ab gegen das gleich
darauf hervorgehobene Selbstbewustsein der neuen Wissenschaft von
ihrer ^theoretischen Würde', welche uns in allzuhohe \\ orte gefaszt
scheint. Wenn es nemlich dort heiszt, 'wie viel höher eine Nation
stehe als der Einzelne, und wie viel höher die gesamte Menschheit als
die einzelne Nation, um so viel stehe die Völkerpsychologie, welche
zugleich die Psychologie der Menschheit sei, höher als die bisherige
Psychologie des Individuums', so mag der Vordersatz dieses Schlusses
zwar nach der gewöhnlichen Vorstellung und für eine Steigerung der-
selben zu rhetorischen Zwecken einen gewissen, jedenfalls leicht niis-
verständlichen , Sinti haben, streng wissenschaftlich ist er schwerlich
festzuhalten. [Uis sind die von der Hegelschen Philosophie (der doch
die Herausgeber nicht angehören) beliebten Kangordnungen im Reich
des Daseins, auch des geistigen, so zuwider, dasz wir zu jener mit
Hecht berüchliglen 'Aufhebung' niederer Sphären in den höh«rn zu-
rückzukehren nicht einmal scheinen möchten. Wir stellen jeuer
einseitig linearen Anschauung entgegen die mindestens ebenso berech-
tigte, von Steinthal selbst anderswo verfochtene Fiächenanschauung,
d. h. die absolut wechselseilige Bedingtheit zwischen niedern und
höhern Begriffen, woraus auch für die Wissenschaft folgt eine voll-
ständige Gleichstellung aller Disciplinen samt ihren Gegenständen,
nach ihrer 'Würde', denn von blosz logischer Ordnung ist ja nicht
die Rede. So lange Volksseelen und eine Menschheitsseele nicht bes-
ser nachweisbar sind als einst die Weltseele oder nicht ebenso unab-
weisbar anzunehmen wie die Seele des Individuums, während auf der
andern Seite die relative Bedingtheit des letztern durch die Gesamtheit
ebenso wenig jemand leugnen wird, hätte diese Relativität zur Fest-
stellung der ^ Würde' einer eben erst auskriechenden Wissenschaft wol
bessere Dienste geleistet als deren Erhebung über die länger bewährte
mütterliche Psychologie schlechthin. Wir bestreiten auch die prak-
17*
260 Zeilsclirifl für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.
tische Bevorzugung der Gesamtheiten vor dem Einzelnen nach jenem
hlosz quantitativen Maszstabe; wenigstens darf das Individuum nie
blos als Mittel geschätzt weiden. Von der 'praktischen Bedeutung,
welche die Völkerpsychologie einst erlangen könne', jetzt schon zu
reden fände die "^Ankündigung' selbst 'mislich'; sie kann aber der
lockenden Aussicht doch nicht ganz entsagen. Die Geschichte kann
die 'Lehrerin der Nationen' nur sein, wenn sie 'neben den Thalsaclien
auch die Ursachen, in den Erscheinungen auch die Gesetze des gesam-
ten geistigen Lebens erkennt.' Dies wird nochmals als die 'Aufgabe
der Völkerpsychologie' bezeichnet, welche 'vorzubereiten und auszu-
bauen das Ziel dieser Zeitschrift' sei.
Es wäre unbillig, die Tendenz der Zeitschrift blosz nach einer
'Ankündigung' beurteilen zu wollen, worin sie natürlich nur in ge-
drängter und doch auch wieder einigermaszen rhetorischer Form ent-
halten sein konnte. Die Herausgeber haben es denn auch an weiterer
Aufklärung, in ausführlicherer und strengerer Form nicht fehlen lassen.
Die Zeilschrift selbst wird S. 1 — 73 eröffnet durch 'einleitende Gedan-
ken über Völkerpsychologie', über Gegenstand und Methode derselben
im allgemeinen, worüber zu reflectieren auch der erste Teil unserer
Arbeit ist. Auch diese 'einleitenden Gedanken' sollen blos zur 'vor-
läufigen Verständigung' dienen, 'den allgemeinen Zweck' des zu er-
richtenden Gebäudes und, ungefähr 'wenigstens, den Plan desselben —
natürlich durchaus unmaszgeblich — darzulegen suchen.' 'Scharf und
fest hat eben erst die (fertige) Wissenschaft selbst ihr Wesen nach
Form und Inhalt zu bestimmen; denn es gehört zur Natur alles mensch-
lichen Wissens, dasz man erst im rüstigen Fortschritt die Wege des-
selben, an erreichten Zielen neue Bahnen und nach gefundenen Lösun-
gen neue Probleme deutlicli erkennt.' (S. 2.) Wenn die Herausgeber
in dieser vorsichtigen Haltung hätten bleiben können, so wären wir
des grösten Teils unserer Einwendungen überhoben gewesen. Wir
gestehen aber, dasz es sehr schwierig ist, bei Gründung einer ^^'is-
senschaft durch eine Zeitschrift den rechten Ton anzuschlagen und ein-
zuhalten und wollen uns durch keine Vorurteile abschrecken lassen
das weitere zu sehen.
'Wir gelangen zu einem Einblick in unsere Wissenschaft von
drei verschiedenen Standpunkten aus : von einem psychologischen,
einem anlhropologischen und einem geschichtlichen. Von allen drei
Standpunkten aus hat sich im Grunde schon längst das Bedürfnis einer
solchen Wissenschaft kund gegeben und an vortrefflichen Vorarbeiten
fiir sie fehlt es gar nicht; nur ist man sich bisher weder jenes Bedürf-
nisses noch dieses Zweckes der Vorarbeiten recht bewust geworden.'
Die psychologische Einleitung geht aus von dem vielgebräuchlichen
Worte 'Volksgeisl', das doch, um wissenschaftlichen Werth zu erlsin-
gen, eine genauere BegriffsbestiminiHig verlange. 'Die Psychologie
lehrt, dasz der Mensch durchaus und seinem Vi'csen nach gesellschaft-
lich ist.' 'Der Geist ist das gomeinsrhafiliche Erzeugnis der mensch-
lijchen Gesellschaft.' (S. 3.) Die gesellschaftliche Natur des Menschen
I
Zeitschrift für Völkcrpsycliologie und Sprachwisseiiscliaff. 201
wird niemand bestreiten, dasz aber der Geist von der Gesellschaft
'erzeiiift' werde sclieiiit uns eine allzu nieciianisclio Ausdrucksweise,
jedenfalls einseitige Hervorhebung des einen von zwei absolut sich
bedingenden Polen; nach der sonstigen philosophischen Anschauung
ist der Geist, der individuelle sowol als der nationale, wenn nicht
geradezu unerzeugt, doch ebenso sehr selbst schon ursprünglich er-
zeugend. Doch das kann sich im Verlauf ausgleichen. Die durch die
Rücksicht auf die örtlich zeitlichen und nationalen Bedingungen der
Persönlichkeit geforderte Ergänzung der Psychologie kann nicht hin-
terher zugesetzt werden, sondern es niusz '^ der Mensch als gesell-
schaftliches Wesen, d. h. die menschliche Gesellschaft, also ein ganz
anderer Gegenstand als der einzelne Mensch', schon vorher M)esonders
untersucht' worden sein. 'Es handelt sich um den Geist einer Gesamt-
heit, der noch verschieden ist von allen zu derselben gehörenden ein
zeinen Geistern und der sie alle beherscht.' (S. 5.) Auch hier nuiszen
wir gegen die unmittelbare Gleiclisctzung von "^Mensch als geselliges
Wesen' mit ^uenschlicher Gesellschaft' als einem ganz anderen "^Gegen-
stand', und gegen die schlechlhiiiige 'ßeherschung' der Einzelgoister
durch den Gesamtgeist vorläulig noch protestieren, teils im Interesse
der gewöhnlichen Logik, teils in dem der vorigen Bestimmungen selbst,
mit denen die jetzigen oirenbar nicht recht harmonieren. 'Es verbleibe
also der Mensch als seelisches Individuum Gegenstand der individuel-
len Psychologie . . .; es stelle sich aber als Fortsetzung neben sie die
Psychologie des gesellschaftlichen Menschen oder der menschlichen
Gesellschaft.' Der Ausdruck 'Völkerpsychologie' für die letztere \\ird
dadurch motiviert, dasz für den Einzelnen die Volksgemeinschaft die
nächste, absolut notwendige und wesentlichste Vermittlung mit der
Gattung bilde, welche ihrerseits an die Verschiedenheit der Völker
gebunden sei. Wenn im Lauf der Geschichte geistige Gemeinschaften
entstehen, welche die Schranken der Volkseinheit durchbrechen, 'so
wird die Völkerpsychologie solche Erscheinungen nicht minder zum
Gegenstand ihrer Belrachfnng zu maciien haben', um so mehr als doch
auch hier ein vorhersehender Volksgeist zu Grunde liegen kann, wofür
beispielsweise der wesentlich germanische Charakter der mittelalter-
lichen Culturgemeinschaft angeführt wird (S. 6), wobei jedoch 'Volk'
nicht in dem strengen Sinne genommen ist, den wir ihm unten zuge-
schrieben linden werden. Die Völkerpsychologie hat sich also zu be-
gründen 'als Wissenschaft vom V'^olksgeiste, d. h. als Lehre von den
Elementen und Gesetzen des geistigen Völkerlebens.' (S. 7.) Beiläufig
wird, mit Hücksicht auf Herbarfs Annäherung an die Idee einer solchen
Wissenschaft, das Verhältnis derselben zur Politik dem der Pädagogik
zur individuellen Psychologie gleichgesetzt. Politik und Pädagogik
sind praktische Wissenschaften, Kunstlehren; die Psychologie, auch
des Volkes, bleibt eine rein theoretische Wisseiiscliaft, synthetische
Grundlage jener Anwendungen. (S. H-9.) Sofern aber der Staat nicht
blosz 'eine Wirkungsform geistiger Kräfte' ist, sondern als 'Complex
äuszerer Verhältnisse, Thätigkcitcn und Mittel eine reale, vom Volks-
262 Zeilschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaff.
geist verschiedene Maclif bildet', gleichsam den M.eib', in dem der
Volksgeist wie eine Seele wohnt, 'verhält sich die Völkerpsychologie
zur Politik wie die individuelle Psychologie zur Physiologie', nur dasz
'der Volksgeist auf die Form des gesellschaftlichen Lebens (den Staat)
noch ungleich gröszern Einflusz übt als die Seele auf ihren Leib'.
(S. 10.) Hier beginnen die trotz leilweiser Verdeutlichung des schwie-
rigen Gegenstandes anderweitige Verwirrung mit sich führenden Ana-
logien vom Verhältnis zwischen Seele und Leib, welches selbst so
höchst unklar und streitig ist, daher verbunden mit dem nicht viel
festeren zwischen Seele und Geist und dem ebenfalls flüssigen Gegen-
satze von Individuum und Gesamtheit, bald auch noch mit dem von
Natur und Geist, ein wahres Chaos von Begriffen hervorbringen musz.
'Da der Volksgeist doch nur in den Einzelnen lebt und kein vom Ein-
zelgeist abgesondertes Dasein hat, so kommen in ihm natürlich nur
dieselben Grundprozesse vor wie in diesem . . ., nur complicierter
oder ausgedehnter.' 'Ein Volk hat in seiner Dichtung seine Einbil-
dungskraft, zeigt seinen Verstand im praktischen Lehen, sein Gefühl
in der Ueligion.' 'Die Verhältnisse, welche die Völkerpsychologie be-
trachtet, liegen teils zwischen den Elementen des als Einheit gedach-
ten Volksgeistes, z. B. zwischen Religion und Kunst, teils zwischen
den Einzelgeistern die das Volk bilden.' (S. 10 — II.) Vom Volksgeiste
laufen offenbar in der ganzen bisherigen Erörterung zwei Auffassungs-
weisen neben einander. Er wird als ein von den Einzelnen verschie-
denes Wesen dargestellt, soll aber sein Dasein nur an oder in den
Einzelnen haben, die ihn 'erzeugen', aber auch wieder von ihm 'be-
herscht' werden. Wir wollen nicht die Unvereinbarkeit beider be-
haupten, sind aber sehr gespannt, ihre Vereinigung bald irgendwie
erklärt zu linden. Vom Volke selbst kann, dasz es in den einzelnen
Culturelementen die einzelnen Seelenkräfle 'zeige' oder vollends
'habe', nur uneigentlich gesagt sein, was dann, der Einheit der Hede-
weise wegen, ausdrücklich bemerkt werden sollte. Ueberhaupt könn-
ten aber mit demselben Recht wie Volk und Volksgeist auch jene ein-
zelnen, aber allen Einzelnen gemeinsamen Culturelemenle und Geistes-
Ihäligkeiten mythologisch-allegorisch personificiert werden, was frei-
lich mehr einer künstlerischen als einer wissenschaftiiciien Darstellung
von Völkerpsychologie ähnlich sähe. Hier nuiszen wir nur noch fra-
gen, ob, angenommen dasz der Volksgeist nur in den Einzelnen lebe
ohne eine eigene Substanz zu sein, in ihm 'natürlich' nur dieselben
Prozesse vorkommen wie im Einzelgeist. Diese Folgerung scheint
uns keineswegs so selbstverständlich; es fragt sich, ob bei der grösz-
ern ' Complication und Ausdehnung' der in ihm sich wiederholenden
Prozesse des Einzelgeistes nicht einige derselben eben durch die quan-
titative Zunahme des Ganzen auch qualitativ wesentlich verändert oder
fast ganz verdunkelt und unterdrückt, dagegen andere dem Einzelgeist
fremde hervorgerufen werden. Was wir hier gegen die Herausgeber
bemerken, müszen wir auch gegen die ähnlichen Behauptungen fest-
halten, die S. 388—391 von anderer Seite vorgebracht werden, übri-
Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. 263
gens dort verbundon mit einer entschiedner nominalisllschen Ansicht
von VolUägoist ('real sind einzig und allein die Individuen'), ein Be-
weis (iasz man von Völkerpsychologie reden kann ohne über specula-
tive ürundlagon derselben einig zu sein. Nur niil jenem Vorbehalt also
können wir dem SchUiszsatz der Auseinandersetzung S. ll'dasz die
individuelle Psychologie zugleich die Grundlage der Völkerpsycholo-
gie enthalte', beistimmen.
Von Seite der Anthropologie ölTnel sich der Eingang in die 'Völ-
kerpsychologie', sofern jene auch von der DilTerenz der Volkscharak-
tere und den Gründen derselben handelt, nur freilich in ungenügender
Weise, weil die physiologischen und klimatischen Verhältnisse, von
denen sie ausgeht, zur Erklärung der psychischen Thatsachen des
Volksgeisles nicht ausreichen. (S. 12. Man vergleiche dazu die Be-
sprechung von 'Waitz, Anthropologie der Naturvölker' S. 394 — 412
d. Z.) An die Anthropologie schlieszt sich die Ethnologie, welche
nur zu ihrem zoologischen Gebiet einen psychologischen Teil hinzu-
zufügen hätte, worin die spezifischen Lebensweisen und Thätigkeits-
formen, die geistige Natur der verschiedenen Völker zu ergründen
wäre, angeknüpft an die Geographie in der Weise von Ritter und vie-
len Neuern (vgl. die Anzeige von 'Andree, geograph, Wanderungen'
S. 212 — 20, und von 'ßogumil Goltz, der Mensch und die Leute',
S. 244 — 53 d. Z.) und an die Geschichte, in Analogie mit den zoolo-
gischen Schichten der Erdrinde, wie in den Abhandlungen des Baron
von Eckstein (von denen auch die Zeitschrift S. 266 — 294 eine Probe
enthält), S. 13—15.
Bei dem dadurch herbeigeführten dritten Standpunkt, dem ge-
schichtlichen, entsteht die Frage, ob die Psychologie überhaupt den
Natur- oder den Geschichtswissenschaften beizuzählen sei. Sofern sie
eine gleichbleibende Geselzmäszigkeit gewisser Prozesse darstellt,
scheint sie zu den Naturwissenschaften zu gehören; da sie aber zu
ihrem Gegenstande den Geist hat, dessen Wesen auch Freiheil und
Fortschritt enthält, so wird ihre Stellung eine mittlere sein, entspre-
chend der Doppelseitigkeit des Geistes selbst. Die Aufgabe der Psy-
chologie ist aber eben nicht blosz, das Nebeneinander dieser zwei Sei-
ten im Geiste, sondern ihre 'Vermittlung und Durchdringung' nachzu-
weisen, welche als die spezifische Gesetzmäszigkeit des Geistes über
den ewigen Kreislauf der Natur hinausgeht, (S. 15 — 17.) Worin die-
ser Fortschritt bestehe wird S. 18 sehr treffend gezeigt, in einer die
Schleiermachersche Theorie von ethischen 'Organen' und 'Symbolen'
vertiefenden ^^'eise. Wenn nun die Naturwissenschaften in Naturge-
schichte und Naturlehre zerfallen, jene das gewordene wirkliche Da-
sein beschreibend, diese sein Werden aus den wirkenden Elementar-
kraften erklärend, wenn also, wie schon der Name zeigt, die srlslecht-
hin sogenannte 'Geschichte' auf Seite des Geistes der 'Naturgeschichte'
entspricht, so musz der 'Naturlehre' die Völkerpsychologie als 'Phy-
siologie des geschichtlichen Lebens der Menschheil' gegenübertreten.
'Wie die Biographie der einzelnen Persönlichkeit auf den Gesetzen der
264 Zeilschrift für Völkeriisychologie und Sprachwissenschaft.
individuellen Psychologie beruht, so hat die Geschichte, d. h. die Bio-
graphie der Menschheit, in der Völkerpsychologie ihre rationale Be-
gründung zu erhalten. Die Psychologie in ihren beiden Zweigen hat
also für Biographie und Geschichte zu leisten was die Physiologie für
die Zoologie'. (S. 19.) Auch diese Analogien haben wie die obige von
Seele und Leib entnommene, wovon sie nur eine Fortsetzung sind,
etwas einleuchtendes, bestechendes, gewis auch etwas fruchtbar an-
regendes, aber sie verletzen das nüchtern wissenschaftliche Gewissen.
Nachdem gerade vorher das Hinausschreiten des Geistes über die Na-
tur so schön gezeigt worden, fallen wir mit dem Schlusz von ihr auf
ihn in die blosze Parallele zurück. Es werden die Fugen des wissen-
schaftlichen Gebäudes verrückt, wenn hier die (Völker-)Psychologie
als Physiologie (der Geschichte) erscheint, wärend S. 216 — 17 beide
Wissenschaften sorgfällig unterschieden und die Physiologie vom un-
mittelbaren Bereich der Zeilschrift ausgeschlossen wird, um nicht durch
'voreilige und zu weit übergreifende Verbindung von Disciplinen fal-
sche ßegrilTe' zu veranlassen. Gerade der Zusatz (Physiologie) Mer
Geschichte', welcher das schroffe einer förmlichen Gleichsetziing mil-
dern soll, bricht auch einer bloszen Vergleichung die Spitze ab, indem
er den ganzen Standpunkt verschiebt. Es stört uns auch die damit zu-
sammenhangende Incongruenz des Begriffes ^Völker' (-psychologie)
mit dem Begriff (Lebensgeschichle der) ^Menschheit'. Bedenken gegen
den Namen ' Völker-psychologie' in dieser Hinsicht werden auch von
dem schon oft citierten Mitarbeiter S. 390 — 92 erhoben, und durch
die Gegenbemerkung der Redaction S. 391 Note, dasz der Name 'so
zu sagen a poliori gewählt' sei, nicht beseitigt; aber, zugegeben dasz
'Völkerpsychologie' nach der einen Seite gleich gelte mit 'Volkspsy-
chologie', wie dann besser gesagt würde, nach der andern mit 'psy-
chologischer Anthropologie' als Psychologie der Menschheit nacii S. 391,
zugegeben ferner dasz die Menschheit nur in den Völkern bestehe
und lebe, so musz sie doch daneben noch etwas für sich sein, so gut
wie das Volk noch etwas neben und über den Individuen war, wenn
wenigstens mit einigem Sinn von einer Lebensgeschichte desselben
analog der des Individuums soll gesprochen werden können. Jeden-
falls kann hier, wie schon oben beim Volk im Verhältnis zum Indivi-
duum, gefragt werden, ob sich nicht im Zusammenwirken der Völker
Erscheinungen und Gesetze ergeben, die beim einzelnen Volk nicht
vorkommen und auch für die Gattung als relativ selbständige Einheit
eine eigene physiologische und psychologische Grundlage ihrer Ge-
schichte verlangen. Wird ihr nur die des nächst untern Gliedes zuge-
schoben, so entgeht sie diesem, die Verschiebung pflanzt sich vor-
und rückwärts fort und endigt mit Unterkühlung des ganzen Baus, der
unvermeidlichen Folge des 'vorläufigen' Construierens unfertiger Be-
griffe. Dieses bei jedem Schritt wiederkehrende Bedenken wiegt
schwerer als die andern, mit deren Beseitigung die Herausgeber S. 21
— 22 leichtes Spiel haben, dasz nemlich eine psychologisch begriffene
Geschichte ihre Würde und Erhabenheit verliere und dasz die Causa-
Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. 265
lität die Freiheit vernichte, was schon dnrcli die frühere Feslstellnng'
des geistigen VN'esens gegenüber der Natur erledigt ist. Der bisheri-
gen '^ Philosopliie der Geschichte' wird mit Ixecht vorgeworfen, dasz
sie 'statt Gesetze der Völkerentwicklung zu entdecken, meist nur
eine übersichtliche und räsonnierende Darstellung des geistigen Inhalts',
der Errungenschaft gewisser Perioden gegeben habe, was von der
Hegeischen noch in besonderem Sinne gilt. (S. 20.) Solcher Armut
gegenüber werden die'Ciilturhisloriker, Philologen und Sprachforscher'
empfohlen, deren ^Verke als Maierialiensnmmlungen von Thatsachen
'sich zur Völkerpsychologie verhalten wie Biographien und Novellen
zur Psychologie', d. h. einer nutzbaren Bearbeitung fiihig aber auch
bedürftig sind. (S. 23.) Es wird betont, Masz die Völkerpsychologie
nur von den Thalsachen des Völkerleliens ausgehen kann', sich
von constructivem Verfahren und metaphysischen Streitfragen fern hal-
ten solle. Die Quelle der Thalsachen ströme reichlich genug; auch für
die Kindheit des 31enschengeschlechts gewähre die zunehmende Be-
kanntschaft mit den wilden Völkern, die Erkenntnis der Urzusländo
aus der etymologisch erhellten Ursprache der Culturvölker und die
Anschauung relativ wilder naturwüchsiger Zustände des jungem Ame-
rika Belehrung genug. (S. 24.) Wir stimmen in diesen Appell an die
'Thatsachen' freudig ein; wenn aber S. 252 über die Darstellungsweise
von B. Gollz richtig bemerkt wird, 'es fehle ihr meist an jenen exacten
Mittelbegriffen, durch welche aus der ganzen Breite der einzelnen
Thatsachen allmählich zu den höchsten Ideen aufgestiegen wird', er
trachte im Gegensatz zu aller 'Betrachtung der Dinge mit fertigen
scheniatischen nnd scholastischen Begriffen' nach einer 'mystischen'
unmittelbaren Verbindung des Individuellsten mit dem Allgemeinsten,
wovon auch die Speculalion zuweilen angeflogen werde, die wahre
Erkenntnis aber sich enthalten müsze, so möchten wir erinnern, dasz
eine gesunde 'Mystik' geschichtlich die Vorläuferin groszer geistiger
Reformen zu sein scheint, dasz auch die kleinere Reform, deren Trä-
gerin die 'Zeitschrift für Völkerpsychologie' werden soll, noch ziem-
lich tief in jener 'Mystik' steckt und dasz wir alle, Redactoren und
Mitarbeiter, uns gleichmäszig bestreben müszen, den S. 253 aufge-
stellten Canon nie aus den Augen zu verlieren.
'Das ganze Gebiet völkerpsychologischer Thatsachen zerlegt sich
in zwei Teile, Es soll gehandelt werden vom Volksgeisle und von
den Volksgeistern, und zwar beides zugleich mit Bezug auf Geschichte
... Es verhalten sich beide Teile der Völkerpsychologie zur Geschichte
als synthetische Grundlage derselben; davon abgesehen aber steht der
erste Teil zum zweiten selbst wieder in gleichem Verhältnisse.' (S. 25.)
Oder noch vollständiger: die Psychologie steht zur Biographie und
Geschichte in dem Gegensatz der erklärenden Naturwissenschaft zur
beschreibenden, der Wissenschaft von den abstracten Elementen zu
der von den concreten Producten (s. oben); relativ genommen steht
aber die individuelle Psychologie zur Völkerpsychologie und deren
erster Teil zum zweiten in demselben Gegensatze. (S. 26.) Dasz die
266 Zeilschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.
individuelle Psychologie abstracter sei als die Völkerpsychologie ist
jedenfalls nur sehr ^relativ' richtig, sofern nemlich das Individuum
allerdings nur im Schosze eines Volksganzen vorkommt; im übrigen
verhält es sich nach gewöhnlicher Ansicht, ja auch nach der von den
Herausgebern sonst so stark hervorgehobenen Priorität eben dieses
Volksganzen, eher umgekehrt und die Völkerpsychologie erscheint
besonders für den Anfang 'abstract' genug! 'Demnach können wir den
ersten Teil völkergeschichtliche Psychologie nennen, den
zweiten psychische Ethnologie, wärend für das Ganze der Name
Völkerpsychologie gelten mag.' S. 27.
Erst nach diesem Ueberblick bringen nun die 'einleitenden Ge-
danken' selbst den uns schon längst in drohender Gestalt aufgestiege-
nen 'Zweifel an der Anwendung des Begriffs der Psychologie auf das
Völkerleben', dasz nemlich 'weil eine Psyche des Volkes im eigent-
lichen Sinn undenkbar, die Substanz, welche als Träger der Thätigkeit
gedacht werden musz , zu fehlen scheint.' Gegen dieses Hauptbeden-
ken werden wir zunächst damit getröstet, dasz 'die Erkenntnis der
Substanz und Qualität der Seele keineswegs das Ziel oder auch nur
das Wesentliche der Aufgabe sei, welche die Psychologie zu lösen
habe.' 'Vielmehr besteht diese wesentlich in der Darstellung des
psychischen Prozesses, also in der Entdeckung der Gesetze, nach de-
nen jede innere Thätigkeit des Menschen vor sich geht, und in der
Auffindung der Ursachen und Bedingungen jedes Forlschrittes und
jeder Erhebung in dieser Thätigkeit. Wir könnten deshalb, da man...
den unterschied zwischen Seele und Geist darin begreift, dasz jene
eine Substanz, ein reales Etwas, dieser aber mehr die blosze Thätig-
keit bedeutet, die Psychologie in Seelenlehre und Geisteslebre unter-
scheiden, so dasz jene . . . eigentlich einen Teil der Mela|)hysik oder
Naturphilosophie, diese . . . die eigentliche Psychologie ausmacht.'
'Von einer Völkerpsychologie' kann dann also nur die Kede sein 'als
Volks gei st e sichre in dem engern Sinne, wie man auch von der mo-
ralischen Persönlichkeit eines Siaales, einer Gesellschaft redet.'
S. 28. Aber was soll solches in der wissenschaftlichen Psychologie
am wenigsten gangbare und schon S. 7 in starken Ausdrücken als un-
genügend erklärte 'Gerede'? Und 'wenn auch eine subslanzielle Seele
des Volksgeistes nicht erfordert wird ... so müszen wir doch jeden-
falls und nur um so mehr den Begriff des Subjects feststellen um
von ihm etwas (die geistige Thätigkeit mit ihren Gesetzen) prädizie-
ren zu können.' Wir haben also mit jener Teilung der Psychologie
nicht viel gewonnen; im Hintergrund der Geisteslebre lauert die still-
schweigend immer vorausgesetzte Seele, um in irgend einer Gestalt,
sei es auch nur als 'Subject' hervorbrechend ihr zurückgedrängtes
Recht geltend zu machen. Wir sehen uns neuerdings in metaphysische
Speculationen gestürzt und können von einem 'Subject ohne Seele'
nichts erwarten als die Hegeische Auflösung aller Substanz in der ab-
soluten Tbiiligkcit mit allen Widersprüchen der causa sui. Doch sehen
wir zu was herauskommt. ' Die blosze S u m m e aller individuellen
Zeilschrift fiir Völkcrpsycliologie und Sprachwissenschaft. 267
Geisler in einem Volke kann nicht den BegrilF ihrer Einheit aus-
machen', nur Mas subsfanziello Wesen des Volksgeistes', der die
Vielheit erst zu einem Volke macht; er selbst ist also ^ das allen
Einzelnen Gemeinsame der innern Thätigkeit.' (S. 29.) Nun kehren
die unvermeidlichen Schwierigkeiten wieder. S. 30 heiszt es : ^Kast
alle Momente des geistigen I.ehens . . . bilden trotz ihrer Differenz und
Zersplitterung in den Individuen, durch ihren innern Zusammenhang
eine wahrhafte Monas im Volksgeiste, sind der geforderten Einheit
des Subjects darin völlig angemessen und dadurch geeignet als Priidi-
cate desselben bezeichnet zu wcKJen. Andrerseits ist aber doch der
Volksgeist nicht eine solche Monas, dasz der Einzelne sich gänzlich
in ihr verlöre; es ist vielmehr auch dies wesentlich fiir den Volksgeist,
von den Einzelnen fortwiirend getragen und geschalFen zu werden'.
Die Wechselwirkung, die wir oben für dies Veriiällnis verlangteu, wird
S. 31 förmlich zugegeben, aber sie läszt wahrlich den BegrilF ^Monas'
weder als identisch mit 'Volksgeist' noch 'im Volksgeisl' zu, vollends
keine Monas, die das Priidicat 'Subject' zu tragen im Stande wäre.
Anschaulich, und dabei eben so scharf als tiefsinnig, erscheint
uns die folgende Entwicklung des Begriffes 'Volk' S. 32 — 38. Hier
mag die Annihme eines wahren Subject-Objectes .^ eines nur in ewiger
Selbsterzeugung existierenden BegrilFes eine Stelle haben; aber ein
solches nationales 'Ich' verlangt wie das individuelle ein substanziel-
les Substrat der absoluten Thätigkeit die es selber ist. Als solches
erscheinen in der Darstellung nur die Einzelnen, in deren jedem sich
das Bewusfsein der Volkseinheit vollziehen musz, um dem Begriffe
*Volk' selbst Wahrheit zu geben. Die Herausgeber erkennen selbst
gar wol den Zirkel, in dem sie sich mit der Definition S. 35 bewegen:
'ein Volk ist eine Menge von Menschen , welche sich für ein Volk an-
sehen', sie finden ihn aber im Wesen der Sache selbst liegend und
lehnen die Verantwortung dafür mit dem Satze ab, dasz die bestimm-
tere Definition eben nur jedes betreffende Volk selbst zu geben, die
Wissenschaft die verschiedenen nur zu erläutern habe; aber wie sie
trotzdem in den Widersprüchen des BegrilFes fortfahrend den Satz S. 36
aufstellen mögen: 'genauer ausgedrückt ist Volk das erste Erzeugnis
des Volksgeistes; denn nicht die Einzelnen als solche schafFen das
Volk, sondern insofern sie ihre Vereinzelung aufheben', begreifen
wir in der That nicht mehr. Das 'Volk' soll ein 'geistiges' (man
möchte fast eher sagen 'geisterhaftes') Wesen sein, 'ohne etwas was
man anders als nach bloszer Analogie ganz eigentlich seinen Leib nen-
nen könnte'; und doch soll es erst noch einen Volks gei st geben und
das 'Volk' selbst 'dessen erstes Erzeugnis' sein, also das Compositum
vor dem Simplex! Wir anerkennen, dasz der BegrilF 'Volk' objecfiv
mit Widersprüchen behaftet ist (wie die einzelnen wirklichen Volks-
charaktere nach S. 220 und wie ähnliche scheinbare SubstanzbegrilFe
nach S. 505 ff.), aber nach unserer Ansicht sollte man bei der Lösung
stehen bleiben, dasz die Einzelnen das Volk nie sind, sondern es nur
unaufhörlich in ihrem Bewustsein schaffen. Ein BegrilF von so luftig
208 Zeilscluift £ür Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft,
subjectivem Wesen eignet sich höchstens zum heuristischen Erkennl-
nisprincip einer Wissenschaft (dann hätte er aber offen vorangestellt
werden und die folgenden mühseligen Deductionen unterbleiben sol-
len), nimmermehr zu ihrem Realgrund und Namen. Das populäre Den-
ken fühlt sich zwar immerfort gedrängt, dem Volk Leib, Seele und
Geist in der Weise wie dem Individuum unterzuschieben, aber das
wissenschaftliche widerstrebt der Versuchung, jenen Act förmlich,
mit Anspruch auf strenge Geltung und weitere Anwendung, zu voll-
ziehen; es leidet lieber einen Widerspruch zwischen sich und der
Wirklichkeit als in seinem Innern allein und gelröstet sich einer all-
mählichen Aufhebung des erstem, indem entweder weitere Untersuchun-
gen uns berechtigen werden, jene Hypostasen im Gebiet des Volks-
lebens wirklich anzunehmen oder durch anderweitige Ergebnisse jener
Drang von uns weichen wird. Versuchsweise, von subjectiv ästheti-
schem Standpunkt aus und, was nicht unwesentlich ist, im Rückblick
auf eine entsprechende Leistung, übrigens sehr anziehend und lehr-
reich bei aller Kürze, hat neulich G. Freitag, am Schlusz des zweiten
Bandes seiner 'Bilder aus der deutschen Vergangenheit' S. 401 — 406,
von 'Seele' und 'Persönlichkeit' des Volkes, vom Verhältnis des Ein-
zelnen zur Gesamtheit, von der Verschiedenheit der Leben^gesetze
beider, zuletzt auch von Völkerseelen , als den höchsten geistigen Ge-
bilden die unserer Erkenntnis zugänglich seien, gesprochen. In dieser
freieren Weise davon zu reden mag jedem erlaubt und sogar persön-
liches Bedürfnis sein, wird aber auch noch fiir längere Zeit die ein-
zige Weise bleiben, in der von jenen Mysterien geredet werden kann;
eine Wissenschaft 'Völkerpsychologie' hat Freitag wol weislich nicht
genannt. Gerne möchten wir aus der groszen Liberalität, womit die
Heransgeber am Schlüsse der Einleitung S. 69 — 73 nochmals über die
Unabhängigkeit der Völkerpsychologie von metaphysischen Voraus-
setzungen, sogar von bestimmten psychologischen Principien,
über die breite Grundlage, auf der ans dem Besondern das Allgemeine
sich gleichsam von selbst eiliebesi soll, über das freie Zusammenwirken
aller Mitarbeiter reden, den Schlusz ziehen, sie seien im Grunde mit
unsern Restrictionen vollkommen einverstanden und legen auf die Ge-
staltung ihrer Ideen als besondere Wissenschaft selbst kein groszes
Gewicht; aber dann hätten sie auch dem Versuch derselben nicht so
viel Raum und Schein gönnen und sich wenigstens auf dem Titel der
Zeitschrift des fatalen Wortes 'Völkerpsychologie' enthalten müszen,
womit sie wahrscheinlich dem ganzen Unternehmen mehr Feinde als
Freunde zugezogen haben. Wir meinen mit Dr Gerland S. 387: 'Die
Wissenschaft der Völkerpsychologie kann nur insofern als eine wirk-
lich neue auftreten als sie das was bisher zerstreut auf dem Gebiet
der Naturwissenschaften . . . der Sprachforschung, der Geschichte und
namentlich dem der Psychologie geleistet wurde, einheitlich zusammen-
faszt. Das Auftreten einer solchen Disciplin ist mit der gröszien Freude
zu begrüszen, denn es beweist wie endlich die einzelnen Zweige der
Wissenschaft in sich fest genug begründet sind um über ihre Grenzen
Zeilsclirift für Völkerpsycliologie und Sprachwissenschaft. 2(>9
zu blicken inid sich ^egensftifig' zu ergänzen.' Wir hegen die Ueber-
zengiing, dasz alles >>'esenHiche und Dauerhafte, was in dem Unter-
nehmen der Zeitschrift liegt, sich auch in weniger aulTallender Form
vielleicht noch vorteilhafter ankündigen und an die vorhandenen Vor-
arbeiten anknüpfen liesz, aber ebenso bestimmt sprechen wir die An-
sicht aus, dasz der mit dem andern Verfahren begangene Fehler kei-
neswegs entscheidend für das Unternohmen im ganzen sein kann, mit
dem jeder aufmerksame und für die Sache selbst offene Leser sich im
übrigen leicht befreunden wird. Nachdem wir also den einzigen Tadel,
zu dem wir uns im Interesse der Wahrheit veranlaszt fanden, ohne
hückhalt, vielleicht nur zu ausführlich, geiiuszert haben, können wir
um so freier und freudiger unsere lebhafte Zustimmung zu allem fol-
genden, von dem bisherigen ziemlich unabhängigen, bezeugen, und
wenn wir den Rest des Programms, der concreter von den einzelnen
Gegenständen und den Beiträgen der verschiedenen Wissenschaften
zum gemeinsamen Zwecke handelt, dargelegt, sodann die besondere
Stellung der Sprachwissenschaft im ganzen Plane werden geprüft ha-
ben, bleibt uns nichts übrig als die bedeulendern der bisher erschie-
nenen Arbeiten, die nicht schon gelegentlich erwähnt wurden, kurz zu
charakterisieren. Anzeige von^ 'Anzeigen', so weit sie nicht allgemei-
nere bereits ausgehobene Gedanken enthalten, wird niemand erwarten;
aber auch zu ausführlicher Recension der eigentlichen Abhandlungen
würde uns der Raum und Sachkenntnis in den verschiedenen Zweigen
gebrechen. Es kann auch nicht darauf ankommen, einzelnen etwaigen
Fehlern nachzuspüren, wenn nur der Beweis geleistet ist, dasz das
neue Gebiet des Anbaus fähig und werth ist und denselben zu finden
begonnen hat, natürlich nur auf einzelnen Punkten; denn niemand wird
verlangen, dasz der erste Jahrgang auch nur Anfänge in allen Zweigen
aufweise; er kann in dieser Beziehung für die Zukunft der Zeitschrift
so wenig maszgebend sein als die systematischen Partien der Einleitung.
'Es sind zunächst in einem besondern Capitel die Einflüsse der
Natur, des Bodens, Klimas, der Nahrung usw. zu erwägen. Dieses
Capitel musz besonders dem Naturforscher empfohlen werden'. S. 38.
'Wichtiger noch als die Natur sind die Schicksale der Völker, und
besonders von constitutiver Wichtigkeit für den Volksgeist nach seinem
innern Wesen sind die vorgeschichtlichen Schicksale. Es gehört jedes
Volk erstlich einem Völkerstamme, einer Rape an'. S. 39. 'Unter den
Elementen des Volksgeistes selbst , . . steht obenan die Sprache.'
Sie ist das erste Erzeugnis, der vollkommenste Ausdruck des Volks-
goisies, und von mächtiger Rückwirkung auf ihn. S. 39. 'Alle Ele-
mente die das Volksbewustsein ausmachen, Religion, Sitte, Verfassung
usw. sind ein Gedanken inha 1 1; die Sprache allein stellt neben dem
Vorstellungsinhalt in den Wörtern auch die Gedanken form dar, die
Gedanken b e weg ung in der Wortbeugung und den Satzbildungsmit-
teln. Die Sprache enthält nicht blos die \A'eUanschauung des Volkes,
sondern ist auch das Abbild der anschauenden Thätigkeit selbst.'
'Die nächste Aufgabe wäre die Betrachtung des Wortschatzes als des
270 Zeilschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.
Umfangs des Begriffskreises eines Volkes. Charakteristisch ist schon
die Weite des ümfangs, ob eine Sprache überhaupt wortreich ist;
wichtiger aber noch ist der lieichltim oder die Armut innerhalb der
besondern Gebiete . . . Aber nicht sowol auf die Manigfalligkeit der
Vorstellungen kommt es an als auf die Tiefe und Schärfe, Avomit Völ-
ker das Wesen der Dinge und Begriffe erfassen, auf die Wesentlich-
keit mehr als auf die Feinheit der Unterschiede welche sie hervorhe-
ben.' Sodann wären 'die Gesetze der Entwicklung der mehrern Be-
deutungen eines Wortes aus der etymologischen, und somit auch des
Wortschatzes aus der verhäitnismäszig geringen Anzahl von Urwur-
zeln, sowol im allgemeinen als auch mit Bezug auf das Charakteristi-
sche der einzelnen Völker darzulegen. Dasselbe ist zu thun für die
Wortbildungs- und Flexionsmitlel . . . Endlich sind Gesetze aufzustel-
len für die Entwicklung und Geschichte der Sprachen überhaupt.'
S. 42 — 43. Eine weitere Ausfuhrung und Ergänzung dieses Planes
enthält der ' Entwurf eines Systems der Etymologie, mit besonderer
Rücksicht auf Völkerpsychologie', S.'-SiO — 87 d. Z.
Mit der Sprache eng verknüpft ist Mythologie. '3Iythologie
ist eine Apperceptionsform der Natur und des Menschen, eine Anschau-
ungsweise auf einer gewissen Stufe der Entwicklung des Volksgeistes;
sie schlieszt keinen Inhalt aus, welcher Gegenstand des Volksbewusl-
seins werden kann', und so wird S. 85 ff. gezeigt, wie sie auch in
der innern Sprachform selbst ihr Wesen treibt. 'Nicht aus Beligiosiläl
sehen die ältesten Zeiten alles mythologisch an, als waren sie religiö-
ser gewesen als spätere Zeiten, sondern weil der Volksgeist zuerst
nur mythologisch appercipiert, bildete er in der Urzeit auch seine
Religion mythologisch; und so waren alle seine Erkenntnisse, weil
sie mythologisch waren, zugleich auch religiös. . . Alle Mythologie
gilt als religiös, eben weil sie grosze, allgemeine Apperceptio-
nen enthält, die Religion aber die Sehnsucht und teilweise Erfüllung
der Apperception von Natur und Welt durch einen höchsten Begriff
ist . . . Man kann heute noch beobachten wie das Volk Mythen dichtet
nnd jedes Kind hat seine kleine Mythologie . . . Die Mythologie, über-
haupt die Sage, ist darum so wichtig für die Völkerpsycjjologie, weil
sich hier, \^ie nirgends sonst, die Prozesse der Apperception und
Verschmelzung in den groszartigsten Zügen studieren lassen. Die Um-
geslallungen, welche die Sage im Lauf der Jahrhunderte und Jahrtau-
sende erfährt, bieten die anziehendste Erscheinung der Geschichte
des Volksgeistes dar.' S. 44 — 45. In dieser Hinsicht wird daher be-
sonders die vergleichende Mythologie empfohlen. S. 46. Weitere
Bemerkungen über Mythologie finden sich in der Besprechung von
'Humboldts Briefen an Welcher' S. 233 — 44 d. Z.
Von der Religion, welche also von Mythologie zu unterschei-
den ist, weil sie den ganzen Menschen, auch 'seine praktische und
gemütliche Seite zeigt', wird S. 47 — 49 gehandelt. Hervorgehoben
wird S. 48, wovon S. 504 — 510 bei einem besondern Anlasz weiter die
Rede ist, dasz auch innerhalb einer gemeinsamen Religion wie das
Zeifschrifl für Völkerpsychologie und Sprachwiss(Misc!iaff, 271
Cliristonfiim jedos Volk die seinige, sein Christentum habe. Ueber
die Herausbildung des Monotlieisnuis aus dem Polytheismus handelt
Steinllial S, 328 — 345 *zur Charakteristik der semitischen Völker.'
In Sage und Cultus liegen die ersten Elemente der Dichtung'
und der übrigen Künste . . . Wie Sprache, Mythus und Heligfion
Schöpfungen des Volksgeistes sind, so sind auch die Anfänge der Poesie
Volksdichtung, die sich am wunderbarsten im Epos offenbart. Die
homerische Frage kann nur durch vergleichende Erforschung aller
Volksliltoraluren mit Hinsicht auf das Verhältnis des einzelnen Dichters
zum Volksgeist überhaupt gelöst werden. S. 50. Sprichwort und Fa-
bel, beide auf volkstümlich epischer Grundlage, verdienen noch be-
sondere Beachtung. S. 51. Der Aufsatz von P. Heyse 'über italiani-
sche Volkspoesie' S. 181 — 212 d. Z. ist besonders für die gegenwärtige
Zeitfrage höchst interessant.
Die Verbreitung der Schrift macht in der Entwicklung des
Vülksbewustseins den nichtigsten Abschnitt. Mit ihr beginnt das wirk-
liche Selbstbewustsein des Volkes und die Civilisalion , aber auch die
Zeit, wo sich der Einzelne dem Volke gegenüberstellt, sich aus der
(jesamlheit mit individueller Eigentümlichkeit heraushebt . . Das Ver-
hältnis des Einzelnen zum Volksgeiste vor und nach dem Entstehen der
individualisierenden Cultur bildet den Kernpunkt mancher völkerpsy-
chologischen Frage. Es unterscheiden sich hier nicht nur die einzel-
nen Völker je nach der Macht mit welcher das Allgemeine den Einzel-
nen beherscht oder nach der Freiheit mit der sich letzterer eigentüm-
lich bewegt und auf das Allgemeine selbständig wirkt, sondern auch
die besondern Thätigkeitsweisen des Volksgeistes gestatten hier dem
Einzelnen mehr oder weniger freien Spielraum . . . Die Sprache dürfte
auch für diese Frage die lehrreichsten Aufschlüsse gewähren, gerade
weil in ihr die Macht des Volksgeistes am entschiedensten, die des
Einzelgeistes am unwirksamsten ist. Und dennoch, was hat Luther für
die deutsche Sprache geleistet! wie viel Lessing, Göthe, Vosz ! . .
Nicht nur durch die Sprache, selbst durch die Kunslform ist der
Schriftsteller an den Volksgeist gebunden . . . Die dramatische Form
vorzüglich ist bei jedem Volk anders entwickelt ... Es war nicht
etwa blos ein Misverständnis des Aristoteles, was dem französisclien
Drama seine Beschränktheit gab, sondern diese lag im Schönheitssinne
des französischen Volksgeistes. Die ins Corsett gesteckte Tragödie
war schon vorausbestimmt durch den in der Mitte geschnürten Alexan-
driner, dessen sie sich bediente, dieser aber durch die Vorliebe des
französischen Volkes für Sinnsprüche, Antithesen, Schlagphrasen,
wofür sich jener Vers besonders eignet'. S. 52—54. Man nehme hiezu
die Abhandlung 'über das Theatralische in Art und Kunst der Franzo-
sen' S. 478 — 501 d. Z., besonders für die Unterscheidung des neufran-
zösischen Geschmacks vom mittelalterlichen.
Im praktischen Leben des Volksgeistes handelt es sich zuerst
um den 'Ursprung der Sitten', worüber Dr Lazarus S. 437 — 77 aus-
führlicher seine Gedanken dargelegt hat. 'Die Sitte entsteht unbewust
272 Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.
und iinbeabsiclitigt' aus dem Schosze des Volksgeistes, wird eben
darum eine Macht über den Einzelnen und ist ursprünglich selbst Sitt-
lichkeit und Religion. Die Anwendung der Schrift findet zuerst statt
für Aufzeichnung von Gesetzen und macht dadurch auch im prakti-
schen Leben Epoche. Die durch das geschriebene Gesetz veräuszer-
lichte Sittlichkeit musz den Einzelnen jetzt vermittelt werden, was
aber nach den verschiedenen Volksschichten in verschiedenen Graden
geschieht, selbst einen besondern Stand für dieses Geschäft hervor-
ruft und auch zur Unterscheidung göttlichen und menschlichen Rechtes
führt, später zum Versuch, die alten fremd gewordenen Vorstellungen
für die Vernunft neu zu begründen, zum Gegensatz des Esoterischen
und Exoterischen und bis zur sophistischen Läugnung aller objectiven
Wahrheit. S. 55 — 58.
Endlich wirkt die Beschäftigung des Menschen auf seinen
Charakter zurück, in verschiedener Weise bei Jäger- und Hirtenvöl-
kern, bei Ackerbauern, Handwerkern, Handel- und Schifffahrt treibenden.
Von der Beschäftigung und dem öffentlichen Leben wird bestimmt das
Haus- und Familienleben, die Stellung der Frauen, und alle diese
Elemente zusammen reflectieren sich im Gemülsleben des Volkes.
S. 59. Höhere und niedere Thäligkeiten des Geistes üben auch im
Volke gegenseitigen Einflusz aufeinander, S. 60, und was Herbart im
Individuum 'die Enge des menschlichen Geistes' genannt hat, findet
sich auch im Volksgeiste, indem zu verschiedenen Zeiten meist nur
je eine der verschiedenen Thätigkeitsrichtungen zum Bewustsein des
Volkes kommt und sein ganzes Interesse in Anspruch nimmt, unter
dieser herschenden Richtung des 'Zeitgeistes' die andern in ihrer Pro-
ductionskraft gehemmt liegen. Was aber beim Individuum Augenblicke,
sind beim Volke Jahre und Jahrzehende. Das Masz dieser Enge ist
bei verschiedenen Menschen und Völkern verschieden; es hängt aber
von ihm das ganze geistige Vermögen und Thun ab. Das bedeutendste
Gegengewicht liegt in der Beweglichkeit des Geistes, wobei der
Mangel des Neb en einander durch ein rascheres Na ch einander aus-
geglichen wird, in einer S. 103 u. 111 Anm. noch näher angedeuteten
Weise. S. 61 — 62. Diese letztere Parallele scheint uns unhaltbar, wie
jede vom Individuum auf das Volk direct gezogene. Momentanes Vor-
hersehen einer Vorstellung mit Niederhaltung der andern ist vom her-
schenden Zeitgeist nicht blos quantitativ, sondern in Folge davon eben
auch spezifisch verschieden; was dem letztern auf Seite des Indi-
viduums viel eher entspricht ist die auch im Einzelleben periodisch
erscheinende Hinwendung zu vorzugsweisen Beschäftigungen mit ver-
schiedenen Hauptgegensländen, deren Reihenfolge bei glücklichen und
bedeutenden Persönlichkeifen oft auf einen höchsten Zweck oder Beruf
hinausläuft, im Grunde übrigens bei jeder geordneten Lebensführung
wenigstens dahin zielen sollte.
Die Volksgeister sind auch, wie aus dem eben gesagten hervor-
geht, nicJits starres, ewig sich gleichbleibendes; sie verändern sich in
der Gescliiclite ... In dieser Veränderung derselben ist ein Fortschritt
1
Zeitschrift für Völkerpsycliologie und Sprachwissenschaft. 273
und ein Verfall, aber niemals eigentlich ein Rückschritt erkennbar.
Denn beim Verfall eines Volksgeistes im allgemeinen sind Fortschritte
in einzelnen Richtungen sehr wol möglich, und dem liefern ßlicke
olTenbart sich im Verfall die Vorbereitung zu einer neuen Erhebung ...
Der Fortschritt in der Weltgeschichte im ganzen erstreckt sich auch
auf die Weise und Macht des Gefühls wie auf den eigentlichen Denk-
prozess selbst. S. 63. Den Unterschied im Denken zeigt uns die Spra-
che, und nur sie, durch den verschiedenen Styl der Litteraturen. Der
Styl ist nicht nur eine eigentümliche, dem Denken aber gleichgültige
Anwendung der Sprachform, sondern er beruht wesentlich auf der
Gedankenbewegung selbst . . . Der Unterschied zwischen der antiken
und modernen Prosa beruht darauf, dasz wir schneller denken, vie-
les verschweigen, was wir darum doch nicht ungedacht lassen, nnd
dies wird dadurch möglich dasz die Vorstellungen, wie sie uns unsere
Sprache in Wörtern und Formen bietet, dichter sind, d. h. dasz
mehr Inhalt in ihnen zusammengewickelt liegt. So bewegen wir lange
Reihen in zusammengepresztem Znstande durch ein Wort oder eine
Construction im Nu, welche die Alten, um sie klar zu denken, aus-
einander wickelten, was wir nicht brauchen und, wenn es noch heute
geschähe, langweilig finden würden. Dieser Fortschritt im Denken
selbst ist ähnlich dem . . zwischen dem geübten Mathematiker und dem
Anfänger. Was sich dieser mühselig auseinander legen musz, faszt
jener massenhaft verdichtet zusammen und denkt es doch sicherer,
schärfer, bestimmter. Dies erinnert überhaupt an die wachsende Lern-
fähigkeit und zunehmende Schnelligkeit des Lernens heutzutage gegen
früher . . Die geistige Kraft selbst zwar wächst nicht, aber der Geist
schafft sich unaufhörlich neue Organe und mittelst ihrer wirkt er
immer schneller und immer mehr. S. 64 — 65. 'Als Beispiel unserer
verdichteten Vorstellungen im Vergleich zum Denken der Alten' wird
S. 153 in anderem Zusammenhang angeführt das Ciceronische: quibus
besliis erat is cibus ut alius generis bestiis vescerentur — 'was nicht
mehr sage als unsere Zusammensetzung: den Raubthieren', Der Grieche
wäre um ein ebenso kurzes Compositum vielleicht weniger verlegen,
auch kommt es uns beim Uebersetzen oft umgekehrt schwer an, antike
Kürze des Ausdrucks nachzuahmen. Indes kann obige Erörterung
schon darum nicht ganz aus dem Leeren gegriffen sein, weil es uns
ohne verkürzte Arbeitsmethoden schlechterdings unmöglich werden
müste, die wachsende Wucht der Vergangenheit zu bewältigen und
weiter zu überliefern, man müste denn eine mit dem Fortschritt fort-
schreitende Verflachung aller Kenntnisse behaupten.
In Bezug auf die Geschichte eines Volkes wird S. 65 — 66 eine
allmähliche Charakterbildung wie beim Individuum behauptet und die
Gesetze derselben zu entdecken aufgegeben, in der That keine ein-
fache Arbeit! Betreffend den Untergang eines Volkes wird S. 67 be-
hauptet: ein Volk stirbt nur von innen heraus. 'Die Römer haben kein
einziges lebendiges Volk vernichtet; sie haben nur die Todten begra-
ben.' Als Grund der innem Auflösung wird angeführt: eine zu kräf-
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. H. Abt. ISCI. Hft 6. 18
274 Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.
üge Entwicklung der Eigentümlichkeiten der Einzelgeister musz dem
Gesamtgeist schaden. Das Volk wird sich in Parteien spalten und da-
durch erschöpfen. Schwingen sich einzelne Geister zu besonderer
Höhe und steigern in sich den Inhalt des Volksgeistes, so bleiben sie
einsam und das Volk sinkt vielmehr zurück. So entschwinden dem
Volksgeiste seine alten Ideale, indem Einzelne sie am glänzendsten
enthalten. — • Wenn so die höchsten Blüten des Volksgeistes das Signal
seines Verfalls sind und sein Gedeihen an eine gewisse massenhafte
Miltelmäszigkeil gebunden scheint, so können wir von ihm überhaupt
keine allzuholie Idee fassen. Er scheint ein noch endlicheres Wesen
als das Individuum und das heutige Geschrei nach Nationalitäten ist
vielleicht nur das Zeichen, dasz sie überhaupt im Absterben begrilfen
sind, wie wir jetzt die Volkssagen und -brauche für die Bibliotheken
sammeln, weil sie lebendig nicht mehr haften wollen. Doch die Völ-
kerpsychologie soll ja keine Politik treiben, dagegen mit der Sprach-
wisse nschaft sich besonders innig verbinden.
Wir geben die besondere Wichtigkeit der Sprache für den Volks-
geist (s. oben) vollkommen zu und freuen uns, dasz die Sprachwissen-
schaft nach dieser Richtung in Dienst gerufen wird; aber dasz sie vor-
zugsweise Bezeichnung sogar im Namen der neuen Zeitschrift ver-
langte, vermögen wir nicht einzusehen und halten wir für die mögliche
Quelle neuer Misverständnisse. Die neutrale Stellung der Sprache, die
ihr eine Auszeichnung vor allen andern Elementen des Volksgeistes
zu verdienen scheint, beruht darauf dasz sie von allen Offenbarungen
desselben die älteste und die alle andern bedingende ist; denn was
wären Religion, Kunst, Gesetzgebung oder wie wären sie überhaupt
nur möglich, wenn nicht, abgesehen von der Sprache als unmiltelbar-
stem Medium aller geselligen Mitteilung, durch die Schöpfung der
Sprache als allgemeinen Apperceptionsmittels der Geist zu jenen wei-
tern Sch()pfungen erst gereift und vorbereitet wäre? Aber die Sprache
hat doch auch ihre Schranke. Aeslhetische, ethische, religiöse Ge-
fühle finden in ihr keinen genügenden unmittelbaren Ausdruck und ge-
ben ihr selbst ebenso manigfache Anregung als sie von ihr empfangen.
Religion, Lebensweise der Völker auf den untern Stufen, ja selbst auf
der Mdassischen', werden durch Darstellung von Cultusgegenständen
und -handlungen, von Scenen des häuslichen und ölTentlichen Lebens
in tönender und bildender Kunst gewis viel erschöpfender dargestellt
als durch sprachliciie Beschreibung, und vom Sprachbau allein läszt
sich auf den ganzen geistigen Inhalt des Volkes nicht mit Sicherheit
schlieszen. Insofern also ist die Sprache selbst mehrfach bedingt und
steht in gleicher peripherischer Linie mit den andern Elementen um
den Mittelpunkt des Volksgeisles herum. Ferner soll ja nicht die
Sprachwissenschaft überhaupt, sondern nur soweit sie Ausbeute für
die Völkerpsychologie liefert, oder durauf hin dasz sie solche liefere,
in die Zeilschrift aufgenommen werden; das ist aber durch das blosze
* und Sprachwissenschaft' nicht bezeichnet; dieses 'und' deutet am
wenigsten Unterordnung eines Gegenstandes unter eine höhere Rück-
Zeitschrift für VöIUerpsycliologie und Spracliwissenscliaft. 275
sieht, sondern Coordinicriing oder blosze NebeneinandersloIIiing' von
(lisparatem an. Unserer Meinung nach verdient und verlang:l die
'Sprachwissenschaft' eine eigene Zeitschrift so gut wie die andern
llülfswissenschaflen der Völkerpsychologie solche besitzen; ist es zur
Slunde nicht möglich ihr das zu gewähren und kann aus andern Gnin-
dt-n die Keilschrift für Völkerpsychologie ihr diesen Dienst el)enfalls
nicht leisten, so sollten die Herausgeber der letztem entweder mit
jenem Worte sich begnügen oder neben der Sprachwissenschaft auch
die andern Hülfswissenschaften nennen, aber nicht bei der Halbheit
stehen bleiben, das Gan^e und einen seiner Teile hinzusetzen. Für
ein so lockeres Gewebe wie die Völkerpsychologie vorläufig ist,
passte wol am besten ein ebenfalls lockerer, weifsinniger und doch
auch nicht ganz neuer Name, etwa '^Zeitschrift für Philosophie der
Geschichte', in welchem Vorschlag wir abermals mit dem Mitarbeiter
S. 390 zusammentrefTen. Wir wüsten nichts von dem oben durchgan-
genen Stoff, was sich nicht ebenso gut oder besser unter jenen Tifel
unterbringen liesze als unter den jetzt gewählten. Sollte sich im Ver-
lauf der Jalirgänge innerhalb jenes Allgemeinen eine besondere Rich-
tung durch Fruchtbarkeit hervorthun und auf einen engern Kreis fest-
setzen, so wäre es immer noch unbenommen, demgemäsz den Namen
des Organs zu modifizieren. Es ist auch dies ein blosz formeller Punkt,
aber ein litterariscbes Unternehmen, das auf einen so weiten Kreis be-
rechnet ist, hat solche Rücksichten der Klugheit nicht ganz zu ver-
gessen. Ref. persönlich kann sich mit der Zeitschrift in jeder Ge-
stalt befreunden und fühlt sich durch den Zusatz 'Sprachwissenschaft'
ganz besonders angesprochen; auch musz er versichern dasz die in
diesem Zweig bisher erschienenen Arbeiten, so weit ein Urteil darü-
ber ihm zusteht, dem Namen alle Ehre machen und von der Wahl des-
selben in anderer Hinsicht unabhängig sind. Einige Bemerkungen über
dieselben mögen uns dem Schlnsz dieser Anzeige zuführen.
In einer an des altern Psychologen Moritz Gedanken 'iiber die
unpersönlichen Zeitwörter' angeknüpften Befrachtung S. 73 — 89 han-
delt Steinihal über das Verhältnis von Psychologie und Grammatik
überhaupt. Er zeigt S. 76, dasz Moritz bei seinem Versuche nicht
recht gewust zu haben scheine, 'üb er psychologische Untersuchungen
durch Anlehnung an sprachliche Thalsacben fördern oder ob er gram-
matische Probleme nach psychologischen Grundsätzen auflösen wollte.
. , . Im erstem Falle liegt der Irlum nahe die Psychologie auf Gram-
matik gründen zu wollen, wie andere Logik auf sie gegründet haben,
oder aus der Grammatik ein System der Psychologie zu ziehen, ^^ie
andere dieselbe zu einem System der Logik machen wollten.' Es er-
gibt sich S. 82 'dasz wir denselben Gedankeninhalt, d. h. h er densel-
ben innem Vorgang, der doch nur einer psychologischen Analyse un-
terliegen kann . . ., in zwei von einander verschiedenen sprachlichen
Formen ausdrücken können. In jeder dieser beiden Formen liegt eine
besondere sprachliche Analyse desselben psychischen Prozesses, den
sie beide darstellen . . . Die grammatische Analyse ist also der psy-
18*
276 Zeitschrift für Völkerpsychologie und Spracliwissenschaft.
chologisclien nicht congruent; sie laufen höchstens parallel und man
kann nicht glauben, mit der psychologischen Analyse zugleich die
grammatische zu haben.' (S. 83). Wir finden hier den Ausdruck nicht
ganz klar; die Meinung kann nur sein: auf dem Standpunkt des heu-
tigen mechanischen Sprachgebrauchs ist es für den prakti-
schen Sinn einerlei, ob ich sage: 'es freut mich dasz — ' oder Mch
freue iiiich dasz — ', aber wenn die grammatische Form nicht die-
selbe ist , so kann nach dem ursprünglichen dynamischen Ver-
hältnis beider Elemente auch die psychologische Analyse nicht die-
selbe sein. In der gleich nachher zu besprechenden gröszeren Ab-
handlung beweist Sleintlial, dasz jeder besondern grammatischen Er-
scheinung ein besonderer psychologischer Vorgang zu Grunde liege,
und insofern kann nie gesagt werden, es sei in verschiedenen sprach-
lichen Formen * derselbe Inhalt'; es kann der Mnhalt' dem 'Innern
Vorgang' nicht gleichgesetzt werden. Wir können sagen: von den
mehrern sprachlichen Analysen entspricht keine der psychologischen,
oder alle gleich gut, je nachdem wir bei 'psychologisch' an das
Theoretische oder das Praktische, das Objective oder das Subjective
denken. Und wenn es weiter S. 83 heiszt: 'darum geht jeder irre,
der in der Sprache Wahrheit sucht oder in sie hinein trägt, sei es
metaphysische oder logische oder auch psychologische', S. 84: 'die
Sprache lehrt so wenig Psychologie wie Physik; wer sie erforscht
sieht nur wie sie das natürliche und seelische Lehen auffaszt', so
scheint uns doch, nur diesmal durch übertriebene Schärfe des Aus-
drucks, auch hier Wahres mit Falschem gemischt. Freilich 'übertragen
sich die Formen der psychologischen Prozesse nicht unmittelbar in
den Laut'; freilich ist die Sprache 'nicht reines Werden im Geiste
sondern die erste That des Geistes, und darum ist ihr alles Aeuszere
und Innere . . bloszer Stoff, an dem sie ihre formende Kraft versucht;'
aber 'wie viel Schein, so viel Hindeutung auf das Sein' heiszl es auch
hier. Die Sprache ist gewis niclit ' die ' Wahrheit , weder die ganze
noch die unmittelbare, aber 'Wahrheit' überhaupt, in irgend welcher
Gestalt, eulhält sie gewis, nemlicli eben psychologische, und diese ist
ein Abglanz der metaphysischen. Die Sprache 'lehrt' allerdings nicht
selbst, es nuisz ihr die entbindende Wissenschaft zu Hülfe kommen,
aber jede wahre Wissenschaft 'lernt' doch das Beste, was sie nachher
'lehrt', von ilirem Gegenstund selbst, zunächst also Stoffliches, nicht
die Methode, und wenn nicht sfolTliche Bereicherung der Psychologie
aus der Sprachwissenschaft zu gewinnen wäre, so würde die letztere
überhaupt nicht als Hülfswissenschaft von der erstem in Anspruch ge-
nommen. Oder ist etwa die Psychologie ihrerseits fertig und sucht
nur formelle Anwendung, ohne von der Sprache seiher noch lernen
zu können, weil es S. 84 heiszt: 'die Gründe, warum sie (die Sprache)
dies (das subjective Auffassen der Welt) so oder anders thut, lassen
sich nur durch die Psychologie begreifen.'
In dem Gespräch 'über den Idealismus in der Sprachwissenschaft'
S. 294 — 328 wird die richtige Methode für Betrachtung grammatischer
Zeilsclirift für Vülkerp»ycIioIogie und Sprachwissenschaft. 277
Erscheinungen gegen Endo, nach mancherlei Irrwegen, dahin zusam-
mengefaszt ^ dasz der Sprachforscher auf alles was objectiv genannt
werden kann und was (nach der gewöhnlichen Ansicht) allen Sprachen
als zu bezeichnendes zu Grunde liegen soll (wie Casus und Präpositio-
nen) verzichten nuisz, dasz er die Sprachen als rein subjective Ge-
bilde anzusehen hat' S. 326. .Tede Sprache ist eine eigene VVellan-
schauung und Wellschöpfung, d. h. sie schafft sich in der besondern
Anschaung dieses Volkes selbst erst die Objecto and Verhältnisse, die
sie bezeichnen soll, und die eigenliimliche Weise dieser Bezeichnung.
(S. 314 — 15.) '^Hat also eine Sprache z. B. blosz Casus und keine Prä-
positionen oder umgekehrt, so scheint sie diese nur zu haben, hat
aber (da jene beiden zusammengehören als allgemeine und besondere
Raumbezeichnung) keins von beiden, sondern etwas drittes ganz
anderer Art, welches nur eine gewisse Analogie mit jenen beiden
hat.' (S. 323.) Es kann also kein Maszstab von einer Sprache oder
Sprachfamilie an die übrigen angelegt werden als der einer blosz re-
lativen Vergleichung; 'jede Sprache ist eine Nationalmetaphysik
und -logik'. (S. 305.) Sollen diese Composita nicht als leeres Wort-
spiel eine conlradiclio in adjecto enthalten, so liegt darin entweder
die Aufhebung des Begriffs einer allgemein gültigen Metaphysik und
Logik überhaupt, oder wenigstens der Gedanke, dasz wissenschaft-
liche Metaphysik und Logik ganz ohne nationale Beimischung unmög-
lich seien, dasz sie sich jederzeit nur aus der rudimentären Gestalt,
worin sie in der Sprache liegen, hervorbilden und höchstens in der
Zusammensetzung ihrer farbigen Slralen das reine Licht darstellen;
auch so würde der Sprache ein Beitrag zur Erkenntnis der ohjectiven
Wahrheit zuerkamit bleiben. — Was das Aeuszere dieser Arbeit be-
trifft, so könnte gefragt werden, ob die zwar mit Freiheit und Ge-
schick angewandte, aber immerhin etwas weitschweifige Dialogenform
zur Gewinnung der Resultate wesentlich war und in Beziehung auf das
Volumen zu ihnen im Verhältnis stehe, oder ob nicht der ebenfalls
dialektisch lebendige aber nicht förmlich dialogische Styl, worin
Steinlhal in andern Arbeiten Lessing sich zum Vorbild zu nehmen
scheint, passender wäre. Er hat sich aber auch als Meister des streng
abhandelnden Styls bewährt, ohne bei aller Gründlichkeit und Aus-
führlichkeit trocken zu werden, in dem Aufsalz über 'Assimilation
nnd Atlraction' (S. 93 — 179), der als Muster für psychologische Be-
handlung sprachlicher Gegenstände gellen musz. Wenn im vorigen
der nicht speciell philosophisch gebildete Leser bei Gelegenheit des
sprachlichen Gegenstandes zugleich unmerklich mit der Quintessenz
aller Philosophie und insbesondere mit der Herbariischen ' Methode
der Beziehungen' und ' zufälligen Ansichten ' bekannt gemacht wird,
bekommt er hier, mit wollhuenden Unterbrechungen, einen ganzen
Curs Herbartischer Psychologie zu hören. Aber nicht wegen dieser
Zugaben blosz empfehlen wir diese Abhandlung einem weitern Lesei-
kreis, sondern weil darin der Beweis geleistet ist, dasz die psycho-
logische Sprachwissenschaft die Berührung mit concreten Fragen nicht
278 Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.
scheut und nicht zu scheuen braucht und dasz die ^Philologie im
engern Sinne' die ihr dargebotene Freundeshand anzunehmen im In-
teresse ihrer eigenen Ergänzung vvol tliut. Einen vollständigen Aus-
zug dieser Arbeit zu geben erlaubt ihr Umfang und ihre strenge Con-
tinuität nicht; nur einzelne Partien derselben können ihrem Haupt-
inhalte nach hier angeführt werden. Zuerst werden an Beispielen un-
terschieden, zur vorläufigen Orientierung, die Fälle '^ rückN\ irkender
und vorgreifender Attraction' S. 95. Dann wird am Beispiele Her-
manns gezeigt, wie wenig die ältere Grammatik mit ihrem Dualismus
zwischen ratio und usus solche Erscheinungen zu würdigen wüste.
'Statt den Mangel an BegrilT auf Seite des Forschers einzugestehen
behauptete man, im Gegenstande selbst läge die Unvernunft.' S 97.
Gegenüber dieser und der ebenso unzureichenden Ansicht, wonach
alles aus einem 'organischen Streben' der Sprache erklärt werden
sollte (vgl. noch S. 169 f. Anm.), wird nach Grimms Vorgang die At-
traction mit der Assimilation in Parallele gesetzt. S. 98. Der eigent-
liche, unabsichtlich schöpferische Künstler ist auch bei der Attraction
das Volk, nicht einzelne mit Absicht jener sonst schon geläufigen
Redewendungen sich bedienende Schriftsteller, und es wird gezeigt,
dasz auch Grammatiker wie Kühner in einzelnen Aeuszerungen auf
jene Ansicht hindrängen. S. 99. Die Attraction kann nicht von dem
Boden der übrigen Sprachformen abgelöst, nicht als Widerspruch ge-
gen die Sprachgesetze erklärt werden. Es ist zu untersuchen: welche
Prozesse sind es, die beim Sprechen jene Erscheinungen hervorbrin-
gen, welches sind die Bedingungen, der Verlauf derselben? S. 100.
Erst nachdem die Ursachen ihres unbewusten Vorkommens erforscht
sind, kann nach dem Zwecke bei bewuster Anwendung (unbewust
spielt er auch in der Reihe der Ursachen mit) gefragt werden S. 101.
Das Wort ist eine Reihe von Lauten wie der Satz eine Reihe von Wör-
tern; beiderlei Reihen gehorchen denselben psychologischen Gesetzen.
(Ein merkwürdiges Beispiel davon S. 225 — 26 Anm.) Abgewiesen
wird aucli noch die Vorstellung, dasz die Wörter selbst gewisse Kräfte
und Thätigkeiten haben, als Rections-, Attractronskraft u.dgl. 'Solche
mythische Kräfte überall aufzulösen ist Saclie der Wissenschaft.'
S. 102. Es wird nun eine allgemeine psychologisciie Grundlage über
das Verhältnis von Zweck und Mittel in der Spraciie , resp. über die
relative Unabhängigkeit des sprachlichen Mechanismus vom gedanken-
haften Zweck, und über den Ablauf von Vorstellungsreihen vorgetra-
gen. S. 102 — 112. Nur eine Hauptstelle von allgemeinerer Bedeutung
heben wir hier aus. 'Es sind viele Thatsachen, besonders das Wesen
der Sprache, welche uns nötigen auszer dem Bewiistsein ein unbe-
wustes Reich seelischen Lebens anzuerkennen, wo nicht nur aller
Reichtum der Seele ruht, sondern auch die bedeutungsvollsten schö-
pferischen Prozesse vollzogen werden . . . .Teno Tiefe der Seele steht
aber mit dem Bewustsein in ununterbrochenem Verkehr und die Be-
deutung der Sprache liegt gerade darin, die Vermittlung zwischen
den beiden Seelenreichen zu bilden, die lebendigen Adern, welche
Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. 279
forlwärend das geistige Blut in das Bewuslsein führen wie in eine
Lunge, um es hier zu erfrischen, und dann Mieder in den geistigen
Organismus zunicUlreiben , um ihm Wachstum zu geben . . . Das Be-
wuslsein ist der Mund der Seele; sie hat auch einen Magen und Lymph-
gefäsze, wo sie verdaut und den nährenden SlofT in succum et sangni-
nem überführt.' S. 109 — 10. Es folgt dann, von S. 112 an, die An-
wendung dieses Allgemeinen zunächst auf die Erscheinungen der Assi-
milation , wovon S. 129 — 132 ein Beispiel mit aller Ausführlichkeit
behandelt wird, S. 134 ein gelegentliches Beispiel eines Schlusses von
einem sprachlichen auf ein cullurliistorisches Factum. S. 139 beginnt
die Behandlung der Attraction, deren Begriff jedoch erweitert wird auf
mancherlei Abweichungen von der Congruenz (vielleicht wirklich im
einzelnen zu weit; der scheinbare Infinitiv der deutschen Verba ano-
niala slatt des Partie. Prät. neben einem davon abhängigen amiern In-
finitiv ist zunächst zu erklären aus dem formellen Zusammenfallen
ihrer altern starken Participien ohne 'ge' — mit dem Infinitiv; dagegen
gehört hieh.er noch der Fall; ölßic, ymvqs, yivoio S. 172 — 73), beson-
ders aber auf die Verschränkung von Haupt- und IN'ebensatz. S. 141.
Beispiele S. 147 — 56. Daran schlieszt sich die eigentlich sogenannte
Attraction des Relalivs, progressiv und regressiv, besonders im Grie-
cliischen S. 156 — 7l. Indem übrigens alle Atlraction entsteht aus dem
Kanipfe einer an sich untergeordneten, aber vorauseilenden Vorstellung
gegen die Construction des Ganzen, kommt sie nahe genug dem, was
man sonst als ^Anakoluth' ihr gegenüberstellt. Wenn jene auf ^unpas-
sender V^erknüpfung', dieses auf ^verkehrter Trennung' beruhen soll
(vgl. S. 97), so zeigt die Verschränkung ein mittleres, Hervorhebung
eines Hauptbegriffs, durch relative Trennung der Sätze, die ihn gemein
haben, und so läszt sich die Attraction, da sie selber nur eine ver-
stärkte Art von Verschränkung ist, leicht auf ^Trennung' zurückführen,
ein Beweis wie weit man mit solchen Allgemeinheiten kommt. Bemer-
kenswerlh ist noch die Schluszbetrachtung über die blosz nationale und
relative Geltung dieser Construclionen , S. 173 (den Unterschied der
deutschen Attraction von der griechischen, 174 — 75), die ästhetische
Berechtigung derselben, auch der Assimilation mit Beziehung aufWol-
laut und Gleichgewicht zwischen Kraft und Weichheit, wiederum mit
nationalen Unlerschieden S. 176 — 77. Das Sciiluszurteil über die Af-
tractionen ist, dasz sie nicht Zerstörungen sind, sondern nur Störun-
gen, heilsame, belebende, der sonstigen Einförmigkeit, welche aber in
späteren Zeitcu das herschende wird. S. 178^—79.
Mcht minder gelungen ist die Abhandlung der etymologischen
Hauptfrage ^über den V^'andei der Laute und des Begriffs' S. 416 — 32.
Mag auch das Resultat S.428 von der gewöhnlichen Annahme, dasz ein
Wort mehrere Bedeutungen habe, praktisch nicht stark abweichen,
es musz doch als eine bedeutende theoretische Aufklärung jedem er-
wünscht sein, dessen Denkbedürfnis und vermögen über das Alltäg-
liche hinausreicht. Auch über Assimilation und Atlraction erfahren
wir rein sprachlich nichts Neues; mancher hat vielleicht solche psy-
2S0 Zeilschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.
chologische Umschreibungen bei sich selbst schon versucht und not-
dürftig zu Stande gebracht. Aber den grossem Zusammenhang, der
hinter diesen Einzelfällen liegt, hat er wol kaum geahnt, noch weni-
ger dasz man Spracherscheinungen auf diesem Wege nicht blosz er-
klären, sondern auch wieder zur Erklärung anderer geistiger Erschei-
nungen verwerthen kann. — Nahe verwandt mit der scheinbaren Viel-
bedeutigkeit der Wörter ist die ^Manigfaltigkeit des sprachlichen Aus-
drucks nach Laut und Begriff^ welche Pott S. 254 — 60. 346—48. 511
— 18 nach einigen einleitenden Bemerkungen an einer Reihe von Bei-
spielen, die seiner breiten Gelehrsamkeit zu Gebote stehen, zu be-
leuchten angefangen hat. Wenn er S. 255 sagt, dasz die ursprüng-
liche Incongruenz zwischen reinem Gedanken und Sprachform sich in
groszer Verschiedenheit der Vorstellungsweisen desselben Dings bei
verschiedenen Völkern, sogar bei Individuen desselben Volkes zeige,
so dasz vom Hörer, meist ihm selber unbewust, unendlich mehr hin-
zugedacht werde als der Sprecher im Wort ihm darbringe so musz
hinzugefügt werden, dasz umgekehrt der Hörer, eben weil er so viel
vom Seinigen hinzudenkt, vielleicht eben so viel von dem was der
Sprecher denkt, nicht auffaszt, so dasz das reine Verständnis
sowol durch jene Ergänzung als durch diesen 3Iangel Abbruch leidet.
Es ist ist das alte Problem von der Unübersetzbarkeit der Sprachen in
einander, von der Unzulänglichkeit alles streng geschichtlichen Wissens,
von der Aullösung der Wissenschaft und Geschichte überhaupt in lau-
ter relative Staudpunkte. Der Standpunkt solcher Betrachtung selbst
aber ist keineswegs eine trostlos unfruchtbare Skepsis; er hält zwar
das Selbstbewustsein von der Relativität alles Wissens nicht für
den Inhalt des absoluteu Wissens selbst, aber in jener Relativität
sieht er den Anhalt alles wi rkli chen Wissens. Diese der Gegenwart
immer mehr aufgehende Einsicht hat auch die 'Zeitschrift für Völker-
psychologie und Sprachwissenschaft' ins Leben gerufen; sie macht
sich zum Organ der Verbindung auf jener breitesten und darum allein
festen Basis und will dadurch eine Verjüngung aller Geisteswissen-
schaften, vorzüglich also auch der Philosophie selbst herbeiführen.
In diesem Sinne empfehlen wir sie nochmals, als zeitgemäsz und
darum wesenhaft, der warmen Teilnahme von Lesern und Mit-
arbeitern. Sie ist ganz wesentlich wie ihr Hauptgegenstand, die
Sprache, und mehr als irgend ein anderes Organ, auf allseitige leben-
dige Gemeinschaft und Mitteilung gegründet.
Zürich. Dr L. Tobler.
Kurze Anzeigen und iMiscellen. 281
Kurze Anzeigen und Miscellen.
XIII.
Zur richtigen Würdigung des antiken Heidentums im Gymnasial-
unterriciit.
Der Gymnasialpädagogik liegt keine Frage näher, als die, in welches
Verhältnis die Studien des klassischen Altertums zum Christentum zu
stellen sind. Dem Lehrer der alten Sprachen darf es bei der Leetüre nicht
gleichgültig sein, dasz der Unterschied, welcher zwischen dem Heiden-
tum und seiner menschlichen Weisheit und der ewigen Wahrheit besteht,
dem Schüler zum" Bewustsein komme; dem Lehrer der Religion, wenn
er die L^eberzeugung vollständig teilt , dasz die antiken klassischen
Schriftsteller das beste Bildungsmittel für die Zwecke, welche das Gym-
nasium zu verfolgen hat, bilden, musz eben so sehr daran liegen seiner-
seits dem Altertum gerecht zu werden, wie die Anknüpfungspunkte, die
es bietet , für seinen Unterricht zu nützen. L^nd sollen wir noch von
dem Lehrer der Gescliiclite und von denen reden, weiche die Aufgabe
haben, die Anschauungen und Gedanken in schriftlichen Aufsätzen sam-
meln, ordnen, darstellen zu lassen? Die Gymnasialpädagogik stellt den
Grundsatz fest , dasz das Herausstellen der vollen Wahrheit wie auf
jedem so auch auf diesem Gebiete der einzige richtige Weg sei, aber
zu seiner richtigen praktischen Durchfüiirung ist eben erforderlich, dasz
man wisse , was die volle Wahrheit sei , was im Unterricht als solche
hingestellt werden könne, was nicht. Wenn demnach auch die zweite
Abteilung dieser Jahrbücher das Gebiet der klassischen Philologie und
Altertumswissenschaft vollständig der ersten überläszt, so kann sich die-
selbe doch nicht den Erscheinungen auf demselben verschlieszen, welche
überwiegend ein pädagogisches Interesse haben. Man hat mit Recht für
die Wahl der platonischen Dialoge zur Leetüre den Grundsatz geltend
gemacht, dasz diejenigen sich am meisten dazu eignen, in welchen das
Lebensbild des Sokrates am anschaulichsten vor die Seele des Schülers
tritt. Es gilt nun aber auch zu zeigen , was an Sokrates als das Er-
habene erscheint, worin er aber dennoch von dem, was das Christentum
gibt, verschieden bleibt. LTnter diesem Gesichtspunkte, als eine Hin-
weisung zur praktischen Lösung einer Frage, welche der Lehrer für den
Unterricht sich stellen musz, bitte ich die folgende Anzeige zu betrach-
ten und zu würdigen. R. D.
Des Sokrates Leben ^ Lehre vnd Tod nach den Zewjm'ssen der Allen
dargestellt von Ernst von Lasaulx. München 1858, litlera-
risch-arlislische Anstalt der J. G. Cotta'sclien Buchhandlung,
122 S. gr. 8.
Es liegt nahe , eine Betrachtung des Sokrates nach seinem Leben
und seiner Lehre nicht für sich und losgerissen von dem Zusammen-
hange , in welchem er mit der ganzen Thätigkeit des denkenden Geistes
bei den Hellenen steht, sondern gerade in der Weise anzustellen, dasz
daraus seine Stellung zu Vorgängern wie Nachfolgern mit deutlicher
Bestimmtheit erkannt werden kann. Denn nicht nur die Beziehung ist
lehrreich, in welche ein Philosoph zu den frühern Systemen seiner Wis-
senschaft tritt, sondern auch der ganze Zusammeidiang, in welchem er
mit der voraufgegangnen , in der Litteratur vorzugsweise sich kund-
gebenden geistigen Entwicklung seines Volks steht. .Man verfolge nur
den Weg hinunter vom Aescbylos bis zum Euripides "der vom Herodot
282 Kurze Aiizeiffen und Miscellen
D'
bis zum Xenophon, so wird raau in der gtuizen religiös -sittlichen Auf-
fassongsweise ein allmähliches Heranreifen dessen linden , was in dem
Öokrates einen besondern Ausdruck und eine umfassende Geltung ge-
wonnen hat. Wir wundern uns, und gewis mit Recht, dasz Hr v. L.
diesen ihm doch augenscheinlich so nahe liegenden Weg in seiner an-
ziehenden Darstellung nicht eingeschlagen und verfolgt hat; ohne Frage
hätte er auf demselben wichtige Ergebnisse gewonnen und sich vor der
Gefahr einer Einseitigkeit bewahrt, die mit dem Mangel einer strengen
geschichtlichen Continuität mehr oder weniger immer verbunden ist.
Derselbe Gang, den die geistige Volksentwicklung bei den Helleneu
genommen hatte, zeigte sich auch in der ßildungsgeschichte des Sokrates.
Von dem theoretischen Festhalten der mit den Naturkräften mehr oder
weniger verbundnen Götterwelt gieng er zu einer mehr praktischen Er-
fassung der sittlichen Aufgaben und Principien über. Sokrates war als
Jüngling wunderbar ergriffen von der Weisheit, die man Naturwissen-
schaft nennt , und trachtete begierig nach ihr. Aber er verzweifelte
daran sie zu erkennen und hielt seine Natur für die Erforschung dieser
Gegenstände nicht für ausreichend. Und als er einst vom Anaxago-
ras hörte, dasz der weltbildende Verstand der Urheber aller Dingo sei,
freute er sich ungemein , einen Lehrer nach seinem Sinn gefunden zu
haben. Als er aber sah, dasz Auaxagoras von jenem Weltverstande sehr
wenig Gebrauch mache und beim Erklären der Natui'er.scheinungen die
Luft und den Aether und das Wasser und alles andere als Ursachen
eher annahm denn jenen, fühlte er sich bitter enttäuscht. So kam er
denn zu der Ueberzeugung, der Mensch sei nicht dazu berufen, die Ge-
heimnisse der Gottheit und die Gesetze der Natur und des Weltalls zu
erforschen, sondern vor allen Dingen für seine Seele zu sorgen. Nie
werde es etwas schätzenswertheres geben als wahre Seelenbilduug; durch
die Forschungen der Natur]ihilosophen werde das ganze Leben in An-
spruch genommen und der Hauptzweck desselben , sittlich besser zu
werden, leicht verfehlt. So wandte er sich denn nach den allbekannten
Aussprüchen des Altertums mit völliger Aufgebung der Naturphilosophie
den praktischen Zweigen der Ethik und i'olitik zu.
Die erste und giöszte Aufmerksamkeit wandte Sokrates auf sich
selbst und suchte seine Fehler kennen zu lernen und zu verbessern;
was er als Norm für andere geltend machte, das Uebermasz zu meiden
(ro ^rjdsv äyav) , das übte er zuerst an sich selbst. Nach dieser Seite
hin erscheint er als ein Vorläufer derjenigen Richtung, die sich nach-
mals in einer der sokrati^cllen Schulen am schärfsten ausspricht: der
höchste Grad der Bedürfnislosigkeit mache der Gottheit am ähnlichsten;
daher blieb er auch sein ganzes Leben hindurch in freiwilliger Armut.
— Ferner hebt der Vf. als einen eigentümlichen Charakterzug bei ihm
die Gewohnheit hervor, plötzlich in Nachdenken versunken stehn zu
bleiben, bis ihm klar geworden, was er gesucht hatte. Die von Hrn
V. L. herangezogne Vergleichung mit einem morgenländischen Heiligen
liegt nahe, musz aber mit Vorsicht gebraucht werden. Eine ähnliche
Bewandnis hat es mit seinem Sca(.i6viov, der unter den verschiedensten
Bezeichnungen bei ihm vorkommenden innern Stimme, die ihn wol
abhielt von dem, was er zu thun im Begrifif war, aber niemals zu etwas
angetrieben hat, Sie war also blos negativer Natur, nur dasz sie in
allen Fällen, wo sie nicht abhielt, als zulassend betrachtet werden kann,
wie sie denn auch nach Xenoph. mem. IV 8, 1 bisweilen ihm Vorzeichen
gab von dem, was er thun und nicht thun sollte. Die Wirkung derselben
erstreckte sich aber sogar ül^er seine Person hinaus : auch für seine
Freunde machte er Gebrauch von dieser abrathenden Stimme (Xenoph.
moni. 11,4. Flut, mor. p. 581 '*''), und Sokrates selbst glaubte dabei
an wirkliche göttliche Eingebungen. Hr v. L. glaubt, die Philosophie
Kurze Änzeij-en und Miscelleii. 283
'o
müsze sich eutschlieszeii auch diese Oft'enbarung Gottes , die sie nicht
verstehe, dennoch als Thatsaclie gelten zu lassen. 'In der That', sagt
er, Mer g-öttliche Genius begleitet uns überall hin und spricht stets zu
uns als M.vstag-og des Lebens' (dieser Ausdruck mit Bezug auf eine Stelle
des Menaiuler); ''wir aber hören und beachten seine Stimme nur dann,
wenn die Leidenschaft in uns scliweigt und unsere Seele still ist in sich
selbst.' Ja er glaubt bemerkt zu haben, dasz alle ursprünglichen Men-
schen ein solches öaifiöi'tov in sieh haben und dasz kein groszer Mann
je ohne seinen Dämon gewesen ist, den Gott lenkt (Pind. pyth. 5, 122).
Es werden mit uns manche Leser dieser Auffassung des Verf. nicht
folgen können. Es scheint hier ein qualitativer Unterschied der Men-
schen in geistiger Beziehung vorausgesetzt zu sein, der wol im allge-
meinen dem Standpunkt des Altertums entspricht und daher dem Sokra-
tes zu seiner eigentümlichen Anschauung eine relative Berechtigung
gewährt, aber mit dem Wesen des Christentums unvereinbar ist und
deshalb auf eine höhere und allgemeinere Geltung keinen Anspruch
machen kann. Insbesondere dürfte die Annahme, dasz ein Mensch zur
vollen Harmonie seiner Kräfte gelangt, dann andere bis dahin unbe-
kannte Kräfte zu entwickeln beginne , so dasz er vermöge der wieder
erlangten Ursprünglichkeit seines Wesens mit allem Besseren in der
Welt, aucli mit dem Zukünftigen, in substantieller Verbindung stehe, mit
dem Wesen der Sünde nach der Lehre der Schrift nicht zu vereinigen sein.
Mit dem Daimonioa setzt Hr v. L. eine dritte Eigentümlichkeit des
Sokrates, die Ironie, in eine enge Verbindung. Er leitet sie aus jener
Innern Dnplicität seines Bewustseins ab, die ihn in sich neben der eig-
nen eine zweite Stimme vernehmen liesz, der er als der höheren unbe-
dingt gehorchte und wogegen alles Menschliche gering erschien. Es ist
also 'der ungeschminkte Abdruck seiner wunderbar gemischten Natur
gewesen, der UMtürliehe Ausdruck des neuen göttlichen Geistes, der in
ihm zum Druchbruch gekomnien war', also nicht ein Product der Re-
flexion, wie Aristoteles (Eth. Nicom. 4, 13) es darstellt. — Wir würden
vielmehr geneigt sein, die Ironie einerseits mit der Eigentümlichkeit
seiner Lehrmethode, anderseits mit jenem nicht hinreichend erklärten
Begriffe der oocpi'a in Zusammenhang zu bringen, den ihm auf die Frage
seines Schülers Chairephon der delphische Gott in dr-r beachtenswerthen
Verbindung mit Sophokles und Euripides beilegte. Es musz hier die
Lehre in ihrer unmittelbaren Beziehung zum Leben, jener dem helleni-
schen Geiste so wunderbar eingeprägte Sinn zu einer scharfen Auffas-
sung und prägnanten Bezeichnung allgemeiner, für das Leben beziehungs-
reicher Wahrheiten, wie sie den Inhalt der kurzen Gnome und des sinn-
vollen Apophthegrna bilden, gemeint sein: sonst würde nicht gerade eine
solche Zusammenstellung haben gewählt werden können. Mit diesem
Sinn verband sich naturgemäsz auch jede Abwehr vermeintlichen Wis-
sens und eingebildeter Einsicht bei sich selbst und andern, und gerade
diese fand in der Ironie ihren angemessnen Ausdruck.
Sol rates verkannte aber den notwendigen Zusammenhang des Sitt-
lichen mit dem Religiösen nicht und der Verf. hat diese Seite seiner
Schilderung lebendig und treffend hervorgehoben. Die Frömmigkeit war
ihm die einzig richtige Vorbedingung alles Wissens und Handelns, und
er verlangte daher von einem jeden, dasz hiermit der Anfang gemacht
werde. Sokrates bedient sich zum öftern des kosmotheologischen
Beweises , der von der Zweckmäszig;keit der Welteinrichtung auf die
Vernünftigkeit ihres Urhebers schlieszt. Darum sollen wir, ihre Werke
anschauend, sie anbeten und verehren; denn so wie die andern Götter,
wenn sie uns gutes schenken, dabei nicht in die Sichtbarkeit treten, so
wird auch der das ganze Weltall ordnende und zusammenhaltende Gott,
der alles Gute und Schöne in sich faszt, nur in der Grö^ze seiner Werke
284 Kurze Anzeigen und Miscellen.
geschaut, nicht in seiner Innern Weltokonomie {tccds dt ol'^ovoficov döga-
TO? Tjiitv ECZLV , Xen. mem, IV 3, 13). Darum müszen wir von dem
gewordnen zurückschlieszen auf den Urheber desselben und die in dem-
selben wirkende unsichtbare Macht verehren. Sokrates war von einem
objectiven Weltverstande fest überzeugt; so gut wie in den einzelnen
Menschen müsze auch in der Welt und Weltordnung Verstand sein. Auch
in Bezug auf die Gegenwart, Weisheit und Gerechtigkeit der Götter legte
er ihnen höhere Eigenschaften bei, als das volkstümliche Bewustsein in
sich trug; dennoch aber ist sein Ausdruck über die Götter im Groszen
und Ganzen, namentlich in Bezug auf das Verhältnis derselben zu der
postulierten Einheit der göttlichen Macht, schwankend. Er zieht darum,
halb instinctiv halb absichtlich, die neutrale Bezeichnung (to &8iov) vor,
schreibt diesem aber Kräfte und Eigenschaften zu, die nur einem per-
sönlichen Wesen zukommen können. Wenn er aber für dasselbe auch
den Ausdruck ro Saiaöviov gebraucht, so ist es klar, dasz er die im
Innern des Menschen und die in den Offenbarungen der Mantik sich
kundgebende Stimme für eines Wesens und Ursprungs ansieht. Zu einer
ganz festen Klarheit mi;sz er nicht gelangt sein oder diese Frage als
eine mehr theoretische und daher für das sittlicbe Handeln weniger ein-
srreifende bei Seite gelassen haben. So kommen denn persönliche ße-
Zeichnungen wie o oTEog, o aoq)og orj^iovQyog , o fg o^QXVS ^olwv av-
d'QcÖTCOvg neben pantheistisch aussehenden Formeln wie rj iv xa ticcvtI
cpQÖvrjOLg, [■navrj aficc ndvzcov STtLfisXfi'aQ'ca und neben der volkstüm-
lichen Bezeichnung Ol d'soi! vor. Von einer offenkundigen Oppo sition
gegen den nationalen Polytheismus, wie die altern ionischen, dorischen
und eleatischen Philosophen sie übten, ist allerdings ebenso wenig hier
eine Spur als von der wissenschaftliehen Begründung eines Monotheis-
mus, nach welchem der griechische Geist mit seinem innersten Verlangen
gestrebt hat, ohne mit der Kraft des Erkennens ihn erreichen zu können.
Wenigstens haben wir kein einziges Zeugnis der hauptsächlichsten von
ihm handelnden Quellen dafür, und was von seinem Schüler Antisthenes
berichtet wird (vgl. Cic. n. d. I 13 , 32), darf nicht ohne weiteres auf
ihn übertragen werden. Auf diesem Gebiet liegt die Ursache der gegen
ihn gerichteten Verfolgung ebensowenig als in seiner praktischen Gottes-
verehrung, die sich vollkommen und willig dem Herkömmlichen (vöfico
nöXscog oder ytarcc rä TtccVQia) anschlosz. Man darf in dieser Beziehung,
wenn der Ausdruck von Lasaulxs: sein ganzes Leben sei ein fort-
gesetztes Gebet gewesen, auch zu viel sagen und über den Standpunkt
des Altertums überhaupt hinausgelni möchte, doch jedenfalls das Wort
des Maximus Tyrius (11, 8): fjv 6 ßi'og ZcoKQärsi (leatog Evxrjg, auf ihn
anwenden.
Von gröszerer Bedeutung noch als seine Ansicht vom Wesen der
Götter könnte sein Glaube an die Unsterblichkeit der Seele sein,
wenn nicht von derselben der Begriff der Ewigkeit und der persönlichen
Fortdauer noch bestimmt geschieden werden müste. Sokrates behauptet
aufs entschiedenste: wenn irgend etwas Menschliches, so nehme die
Seele an dem Göttlichen Teil (rov Q'^iov (ihzix^i, Xen. mem. IV 3, 14);
sie lasse sich überhaupt nicht begreifen ohne die göttliche Weltseelo
(Plat. Phaedr, p. 88, 2 ff.). Mit dem Begriff der Göttlichkeit ist aber
für den antiken Standpunkt noch nicht ojine weiteres der der ewigen
Lebensdauer gegeben, wenn auch Cicero (Lael. 4, 13) in Bezug auf ihn
gleich auch dieses hinzufügt: animos hominum esse divinos iisque quum
e corpore excessissent reditum in caelum patere optimoque et iustissimo
cuique expeditissimum. Andere Stellen beweisen wenigstens nicht un-
mittelbar jenen Satz; nur bezeichnet er es wiederholt beim Platon als
eine alte Lehre der Priester und aller echten Dichter , dasz die Seele
des Menschen unsterblich sei, und in seiner gerichtlichen Vertheidigung
Kurze Anzeigen und Miscellen. 285
-will er nur dartlnui , (Ihsz ilcr Tod, wie in;ui ihn auch betrachte, in
keinem Fall ein Uebel sei. Auch das sagt er sehr schön, dasz nicht
der Tod, sondern die Sünde für den Verständigen zu fürchten sei (Plat.
Gorg. p. 163, S: kvto ^8v yccg x6 äno&vrja'KSiv ovdng cpoßfirai., uaiig
jujj navTccnaeiv ulöyiOTÖg rf kkI avccvSQog sgtlv, x6 dt ääiyisii' (poßei-
T«i). Hr V. L. führt aber auch Stellen aus den am entschiedensten un-
echten Dialogen wie dem Axi chos (an einer andern Stelle, S. 50, spricht
er freilich von dem 'Verf. des Axiochos') an, die jedenfalls nicht in
gleichem Masze beweisende Kraft haben können, zumal wenn sie neues
hinzufügen. Und wenn er an die Aehnlichkeit des dort für (pQOV(}iov
gebrauchten Ausdrucks C'K'iivog, Zelt, der auch bei Pythagoreern und
])emokrit vorkommt, mit neutestamentlichen Stellen (2 Kor. 5, 1. 2 Petri
1, 13) erinnert, so ist dabei doch nicht zu vergessen, dasz derselbe bei
sehr verschiednen Grundvorstellungen statthaft ist und dasz hier nach
dem wesentlichen Unterschied zwischen der antiken und der Schrift-
vorstellung vielmehr zu unterscheiden statt zu vergleichen war.
Dieser Lehre des Sokrates von Gott und der mensclilichen Seele
entsprach seine Ethik oder sie war ihm die eigentliche Hauptsache;
Philosophieren war ihm nichts anderes als Tugend ausüben. Darum
wollte er auch die Menschen antreiben zur Erkenntnis und zur Aus-
übung der Tugend. Wer in Wahrheit nichts lieber sein wolle als
tugendhaft, für den sei jede andere Wissenschaft leicht. Der ganze
innere Mensch solle e'iner, e'in Ganzes sein; denken und wollen, ken-
nen und können dürfe nicht zwie-pältig in ihm sein; da aber das Wissen
das specifisch höhere und göttliche sei, so müsze sich diesem das Wollen
unterordnen, so dasz es nur ein Gut, die rechte Erkenntnis, und nur
e'in Uebel, die Unwissenheit, gebe; darum sei es auch eins der gröszten
Güter für den Menschen, sich täglich über die Tugend zu unterreden;
der schönste Ruhm sei, in dem tüchtig zu sein, worin man es schei-
nen wolle.
Die wichtigsten Lehrsätze des Sokrates auf diesem praktischen
.Gebiet des Sittlichen hat der Verf. hervorgehoben, aber die einzelnen
Belege dafür vielleicht nicht immer ganz recht gedeutet, wie die aus
dem platonischen Theätet: t] ipi'X'^ avrrj y.u&' ccvrrjV nQayfiatsvf tat
ttiq}. rcc ovrcc, noch auch genügend nach ihrer Bedeutung und Beweis-
kraft gesondert. Unverkennbar bezeichnet Sokrates als das Heiligste
unter allem einen guten Menschen {ttÜvtcov iSQcötaTOv) , und zugleich
ist ihm das sittlich Gute und Böse nichts leibliches, sondern vielmehr
etwas in der Seele des Menschen liegendes, diese aber, der AVeltseele
analog , hat ihr Leben in dem Erkennen , die Tugend ist daher eine
Wissenschaft, aber eine und dieselbe bei allen, nur nach den Gegen-
ständen, auf die sie gerichtet ist, eine verschiedene Gestalt annehmend.
Andere Belege, wie die aus Alcib. 1 und Max. Tyr. 26, 7 entnommenen,
wornach, wenn der Seele das Erkennen genommen und das Können ge-
geben, der Sünde freier Lauf gelassen wird, scheinen in diese Ge-
dankenreihe nicht notwendig hinein zu gehören, vielleicht sogar über
den Bereich derselben ganz hinaus zu liegen. Mit dem Hauptsatz aber
hängt die bekannte Lehrbarkeit der Tugend zusammen, die ja nicht
blosz dann folgerichtig ist, wenn die Tugend Erkenntnis ist, sondern
auch dadurch sich bestätigt, dasz sie thatsächlich durch Unterricht und
Uebung ausgebildet und vermehrt werden kann. Hier möchte freilich
Sokrates selbst in den strengen Consequenzen seiner Principien zuletzt
gegen seine eigne Ueberzeugung und gegen die altertümliche Anschauung
überhaupt anstoszen. Wenn er demgemäsz alles schlechte Handeln aus
dem Mangel an richtiger Einsicht herleitet , weil keiner freiwillig und
gegen sein besseres Wissen sclilecht und böse sei , sondern nur unfrei-
willig böse handle: so ist damit die Natur der Sünde und das feind-
286 Kurze Anzeigen und Miscellen.
selige Verhältnis der von der Leidenschaft bewegten Begierde und Willens-
macht, selbst auf dem Standpunkt schon, den das Altertum erreichte,
verkannt oder wenigstens gering geachtet. Die Alten wüsten recht gut,
welchen Reiz das Verbotne habe , und wenn sie auch nicht sagen konn-
ten, wie der Apostel Paulus (Köm. 1, 19): das Gute, das ich will, thue
ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, thue ich, so kannten
sie doch nur zu wol die Macht der Begierde, die oft der schärfsten und
richtigsten Erkenntnis widerspreche. Weil aber die Erkenntnis der
Sünde, wie sie aus der Offenbarung stammt, allerdings eine ganz andere
ist, so hätte die sokratische Auffassung auch nicht mit dem eben ge-
nannten Paulinischen Spruch verglichen, sondern ihm scharf gegenüber-
gestellt werden sollen. Aristoteles (eth. Nicom. 7, 3 vgl. 6, 13) scheint
in dieser Beziehung schon das richtige angedeutet zu haben, dasz die
Tugend von der Erkenntnis zwar unzertrennlich, aber doch keineswegs
mit ihr identisch sei. Sokrates durfte das wol mit einander eng ver-
binden, aber er hätte es nicht verschmelzen, sondern genau unterschei-
den sollen. Wir haben uns hier, sowol in der historischen Angabe der
überlieferten Gedanken und Lehrsätze als auch in der freien Beurteilung
derselber), vor einer modern-heidnischen Auffassung sorgsamst zu hüten,
die, je ähnlicher oder verwandter sie der antiken ist, desto leichter das
zu liefernde reine Bild des Altertums trüben kann. Eine solche Besorg-
nis liegt nahe, wenn es z. B. S. 47 heiszt: 'er (Sokrates) wollte —
durch Einigung des vernünftigen Denkens und des sittlichen Wollens
die ursprüngliche Harmonie i'nrer Seelenkräfte den Menschen wiederge-
winnen helfen.' Dieser Satz möchte für den antiken Standpunkt zu
hoch, für den christlichen semipelagianisch erscheinen.
Wenn aber auch Sokrates alle Tugend in die Erkenntnis setzte, lag
doch jeder unlautere Wissensdünkel keinem ferner als ihm; weise zu
heiszen komme nur Gott zu. Hiermit steht auch der bekannte, ihm ge-
wöhnlich ohne Bedenken zugeschriebne Spruch in engster Verbindung:
er wirise nur das eine, dasz er nichts wisse (Diog. Laert. 2, 32. Cic.
acad. I 4, IG). .Aber gerade an dieser Stelle scheint der Mangel einer
genauen kritischen Sichtung bei Hru v. L. mit am stärksten hervorzu-
treten. Zwischen allem dem , was hier so ohne Unterscheidung zusam-
mengestellt worden ist , musz sorgfältig und genau geschieden werden.
Denn eine Aeuszerung, wie sie aus Theodoret. de Graec. äff. 1 , 85
angeführt wird: ÜQxr] äga yvcaosojg r/ys dyvoi'ag t] yvcooig, sagt doch
keineswegs ganz dasselbe, was die eben angeführte, und wiederum das
Epikurische : initium est salutis notitia peccati (Sen. ep. 28 , 9) , ist
wesentlich davon verschieden. Vollends aber ist das Wissen und Er-
kennen, welches um seines sittlichen Werthes willen Sokrates zur Haupt-
sache eriiob, von dem Weise sein, das der Apostel Paulus (1 Kor. 3, 18)
meint, nicht graduell, sondern fundamental zu unterscheiden.
Wenn der Verf. weiter daneben drei Güter nennt, die in echt helle-
nischem Sinne von Sokrates als die höchsten gepriesen würden, nemlieh
Seelenreichtum, Musze die Schwester der Freihet, und Freundschaft,
so mangelt für die anziehende Trias nur die scharfe Begründung; we-
nigstens enthalten die angeführten Stellen, wie die aus der Anthologia
Pal., wenn sie überhaupt dafür gelten kann, nicht genug, und andere
sind als schöne Aeuszerungen des Aristoteles, Cicero u. a. von den ein-
fachen Lehren des Sokrates geradezu zu trennen.
Wenn endlich Hr v. L. das Urteil, welches Sokrates in Bezug auf
Geschlechts- und Unzuchtsünden fällt, wesentlich vom Standpunkte der
Klugheit und des praktisch Empfehlungswerthen angesehn wissen möchte,
so kann dieser Maszstab doch oflFenbar selbst für den hellenischen Ge-
sichtskreis kaum zugelassen werden. Mag auch immerhin gern einge-
standen werden können, dasz die Regeln des Sokrates praktisch unfehlbar
Kurze An/.ciffcn und Miscellcii. 28"
■ö
vichtijjor frngrlffen sind als ein theoretischer Rigorismus, der in That
und >\'iihrlicit nicht beobachtet wird: mag der Verf. auch ..mit Recht
fragen dürfen, ob, so gewis aucii die christliche Ethik diese Sache tiefer
aufgefaszt habe, auch das Leben der christlichen Völker besser sei: es
musz mindestens deutlich gemacht werden , wie ein Grieche zu solcher,
die Reinheit und Idealität des Sinns so wesentlich und gewaltig beein-
trächtigenden Vorstellungsweise kommen kann , wenn ihm nicht das
wahre Verhältnis zwischen dem Leibe und der Seele gänzlich verschoben
worden und jede Ahnung , dasz unser Leib ein Tempel des heiligen
Geistes ist, nicht einmal in weiter Ferne vernehmbar ist. Ohne solche
Einschränkung ist eine Billigung des antiken Standpunkts nach unseieui
Dafürhalten wenig statthaft.
Wir kommen auf einen andern Punkt, die Anklage und Verfolgung
des Sokrates. H. v. L. findet die Ursache derselben in der Polemik des
Sokrates gegen die athenische Staatsverfassung und in seiner ganzen
Stellung ihr gegenüber. Die Demokratie, welche unmittelbar nach den
Perserkriegen mit IJeseitigung aller aristokratischen Bestandteile einge-
führt und bis in die letzten Consequenzen hinein ausgebildet worden
war, erschien ihm als eine monarchische Willkürherschaft, und er er-
laubte sich über sie und die Männer, welche sie repräsentierten, eine
sciionunpslose Kritik. Perikles habe durch seine Aeckerverlosungen,
Schauspielgelder und richterliche Diäten, die er eingeführt, die Athener
zu Söldlingen erniedrigt und aus einem arbeitsamen Volke zu faulen,
feigen, geschwätzigen, geldgierigen und genuEzsüchtig-en Menschen ge-
macht. Er bekennt offen von sich die Ueberzeugung, dasz er und einige
wenige Athener sich der wahren Staatskunst befleiszigten, dasz aber
sein Daimonion ihm ausdrücklich verbiete, mit dem athenischen Staats-
wesen sich zu befassen (fto/ svavxiovxoi xa Ttolixiv.cc tiqÜxxsiv Apol.) ;
nur sein Leib wohne im Staate , seine Seele anderswo . die Menschen
und die Natur und das AVelfall erforschend (Theaetet.). Dabei aber
verkennt er die guten P^igenschaften an seinen Mitbürgern nicht, die
Redefreiheit, die bei ihnen hersche, ihre Ehrliebe und ihr Wolwollen
{cpiloxi^öxaxOL y£ ■/.ai cpiXoqjQOviazaxoi Ttavxav); axich erfüllte er seine
Bürgerpflichten gewissenhaft, machte drei Feldziige mit, in denen er sich
unerschrocken und tapfer und als Retter seiner Freunde zeigte, und war
noch in seinem 67n Lebensjahr Mitglied des Raths der Fünfhundert,
widersetzte sich aber jedem ungerechten und gesetzwidrigen Ansinnen;
denn zu einer wider göttliches und menschliches Recht verstoszendeu
Handlung liesz er sich nie bewegen {ovSlv aceßeg oväh avoaiov ovxs
TTQaxTovxog ovxs l^yovxos, Xen. mem. I 1, 11). Das alles gab ihm eine
geistige Ueberlegenheit, die entweder Liebe oder Hasz gegen ihn wecken
muste. So zog er denn die edlere Jugend an sich, wärend ihn die
Komiker verspotteten und die unwissende Menge ihn unter die Sophisten
zählte, die er selbst so eifrig bekämpfte. Die wiederholten Anträge
fürstlicher Gönner, wie des makedonischen Königs Archelaos, der thes-
salischen Herscher Skopas zu Krannon und Eurylochos zu Larissa, lehnte
er ab und blieb gern in seiner frei gewählten Ai-mut, auf seinem Antlitz
die immer gleiche Heiterkeit und den tiefen Frieden und Gleichmut sei-
ner Seele offenbarend.
Nachdem Hr v. L. die bekannten Klagepunkte näher erörtert und
beleuchtet hat, fällt er über die vielbesprochne Berechtigung zur An-
klage des Sokrates das L^rteil , dasz man in der That, wäre das dama-
lige Athen noch das alte gewesen in Glauben und Sitten und gäbe es
keinen höheren Standpunkt der Beurteilung als den des jeweiligen
Staatsrechts, zugestehn müste, Sokrates habe als athenischer Bürger
in seiner Beurteilung der athenischen Demokratie, wenigstens in der
Form seines Tadels Unrecht gehabt: ''ganz so wie die christlichen
28S Kurze Anzeigen und Miscellen.
Märtyrer , wenn man sie nach dem römischen Staatsrecht beurteilen
wollte.' Der Verl", kommt also nicht ganz zu dem extremen Urteile
F orch ham mers, dasz niemals von einem gesetzlicheren Gerieht ein
gesetzlicheres Urteil gesprochen worden sei als dasjenige, wodurch So-
krates zuerst des Verbrechens des Unglaubens an die Staatsgötter und
der Verderbung der Jugend schuldig erkannt und darauf zum Tode ver-
urteilt wurde; aber er hat auch die mancherlei dagegen vorgebrachten,
nicht unerheblichen Gründe (z. B. von Bendixen) nicht genügend berück-
sichtigt, zum Teil nicht einmal erwähnt. Je wichtiger dieser ganze
Punkt für die Beurteilung des Sokrates und seiner Zeit, ja teilweise des
ganzen hellenischen Altertums ist, um so sorgfältiger war er zu behan-
deln und um so weniger befriedigt die Arbeit des Verfassers in diesem
Teil. Zwischen dem Sokrates, dessen freie Wahl und eigne Bestimmung
ohne einen andern Beruf, als wozu ihn das allgemeine staatsbürgerliche
Princip berechtigte , ihn zum Lehrer der Jugend gemacht hatte , und
einem heutigen im Dienste des Staats stehenden Lehrer ist ein bedeuten-
der Unterschied, den der Verf. (Anm. 246) nicht hätte übersehn sollen.
Dieser würde den Staat selbst und unmittelbar angreifen, in dessen Auf-
trag er lehrt; Sokrates handelte nach der beinahe atom.istischen Freiheit,
welche die demokratische Verfassung Athens gestattete, und wenn sie
ihm dieselbe Machtvollkommenlieit in Urteil und Rede nicht zugestehn
wollte, bewies sie dadurch, dasz sie selbst auf einem unterhöhlten Böden
stehe und dasz sie ein Princip aitfgestellt habe, welches am letzten Ende
sich selbst zerstören müsze. Das war die viel strengere Rechenschaft,
von der er seinen Richtern sagte, dasz ein anderer kommen werde sie
von ihnen zu fordern. Darum beseelte ihn ein edler und gerechter Stolz,
der ihn einer Menge gegenüber, deren innere Haltlosigkeit er nur zu
wol erkannte, jede tiefere Vertheidigung und jedes gerechte Mittel der
Befreiung verschmähen liesz. Das mochte ihm auch wol die innere
Stimme sagen, wenn sie ihm warnend entgegentrat (vvavricöQ'ri ro Sat-
^övtov, Xen. mem. IV 8 , 5) , aber darum sind wir noch nicht berech-
tigt, ^eine von der Gottheit verlaugte Huldigung ihrer Befehle' darin
zu finden.
So gieng Sokrates denn, 'wie ein leichter Fuszgänger', sagt der
Verf., 'heiter aus der Welt und arm wie er gekommen war, 399 Jahre
vor der Geburt Jesu Christi, dessen wahrhaftiger echter Vorläufer unter
den Hellenen er gewesen ist. Und es wird einstimmig ?inerkannt, sagen
Xenophon, Piaton und Aristoteles, dasz Sokrates durchaus keinem
Menschen ähnlich sei, weder unter den alten noch unter den jetzigen,
und dasz nie seit Menschengedenken einer mit schönerem Gleichmut der
Seele den Tod ertragen habe als Sokrates. Ich finde dies alles so inner-
lich grosz und doch so echt menschlich, dasz ich glaube, es wird kei-
nen wolgearteten Menschen geben, der auch heute, nach mehr als zwei
.Jahrtausenden, den Platonischen Phädon lesen kann, ohne sich im Inner-
sten ergriffen, erschüttert, gereinigt, erhoben und gestärkt zu fühlen.
Wahrhaftig, er starb wie ein heiliger Mensch: als er fast schon den
Todesbecher in der Hand hielt, sprach er noch so, dasz er nicht zum
Tode, sondern empor in den Himmel geführt zu werden schien' (a. Cic.
Tusc. I 29, 71).
Indem wir diese letzten Aeuszerungen des Verfassers mitteilen, ohne
dasz wir nötig haben vor den Lesern dasjenige zu sondern, was davon
unbedingt unterschrieben itnd was dagegen nicht angenommen werden
kann, wenden wir uns zu dem letzten, dem Verf. vielleicht am meisten
am Herzen liegenden Abschnitt, worin er den 'Heros', den er geschildert,
'mit dem höchsten aller Heroen, mit Jesus Christus, zu vergleichen'
unternimmt, wobei er sich wol bewust ist, manchen seiner Zeitgenossen
vielleicht ein Aergernis zu geben , wofür er sich aber auf den Vorgang
Kurze Anzeigen und Miscellen. 289
der Väter der Kirche und einiger unter den Neuern (Justinus Martyr,
Augustinus, Marsilius Ficinus ; Hainaun, Delbrück, Baui) beruft. Auch
Referent gehört zu denen, die eine solche Zusammenstellung eben so
statthaft als lehrreich linden: nur musz recht angelegentlich es darauf
abgeschn sein, in allen einzelnen Stücken weit mehr zu unterscheiden
als ähnlich zu finden. Nur dann sind wir vor der groszen Gefahr
bewahrt, die sich hier für die wissenschaftliche Erkenntnis wie für den
christlichen Glauben in gleichem Älasze ergibt.
Wenn das System der typischen Theologie, d. h. die Lehre dasz
es vorbildliche I'ersönlichkeiten zu der höchsten des Menschensohnes
gebe, überhaupt zulässig sei: dann, meint der Verf., sei hier wenn
irgendwo ein echtes Vorbild Christi klar erkennbar. Nach dem noch
weiter hinzugefügten scheint uns der Begriff des Typischen weder klar
noch scharf genug gefaszt zu sein; denn wenn auch das Hellenische von
dem Alttestamentlichen wesentlich (und anders als es die letzten Worte
des Buchs: dasz 'unzweifelhaft das beste der christlichen Lebenslehre
dem Hellenismus ungleich näher stehe als dem Judaismus ', vermuten
lassen) verschieden ist, so ist doch auch hier der Begriff des Tj'pischen
von dem Propädeutischen und Prophylaktischen , wenn auch eher von
dem eigentlich Prophetischen, zu trennen. Mögen noch so viele Winke,
Andeutungen, Aehnlichkeiten oder Entstellungen geoffenbarter Wahrheit
auf diesem Gebiet sich finden: sie können immer nur vereinzelt erschei-
nen, niemals in dem vollen Zusammenhange e'iner menschlichen Persön-
lichkeit vereinigt sein , wenn man nicht die gottmenschliche Natur des
Heilands zerteilen und eine Eeihe von Aeuszerlichkeiten sammeln will,
in welcher gar nichts Wesentliches und Bedeutungsvolles verborgen liegt.
Solcher Art aber ist es, wenn der Sohn des Bildhauers mit dem Zimmer-
mannssohn, der Name 27a>xpar?ys von amriJQ mit dem Namen 'Irjaovg
von taaig, die Anbetung der Magier an der Krippe des Heilands mit
jenem syrischen Magier, der nach Athen gekommen und dem Sokrates
seinen gewaltsamen Tod vorausgesagt haben soll , die Berufung der
Jünger des Herrn mit der Begegnung des Xenophon in der engen Gasse
und der Aufforderung titov tol'vvv zal /.iciv&avs verglichen oder die
Aehnlichkeit zwischen dem Nikodemus und dem Eukleides , der Nachts
mit Lebensgefahr von Megara nach Athen kam um den Sokrates zu
hören, oder zwischen den Lehrplätzen beider gefunden wird. Geht man
aber von diesen Aeuszerlichkeiten weiter hinweg, dann stellt sich sofort
auch in weitem Masze der Abstand zwischen beiden heraus. Wenn
Aristides mit dem geliebten Lehrer in e'inem Hause und womöglich
e'inem Zimmer zusammen zu sein, am liebsten neben ihm zu sitzen und
ihn zu berühren wünscht, so ist dieses paränetische Verhältnis einer
anregenden und imponierenden menschlichen Persönlichkeit doch himmel-
weit verschieden von der wunderkräftigen Ausströmung höheren Lebens
aus dem Leibe des sündlosen Heilands auch unter blosz äuszerlicher
Berührung. Und wenn in der Lehre beider auch einzelne merkwürdig
ähnliche Aussprüche sich finden sollten, so verschwinden diese doch bei
näherer Erwägung; denn das ist ja gerade der wesentlichste und ent-
scheidendste Punkt, dasz, wenn auch bei Sokrates mehr auf das Leben
und Handeln als auf die Lehre ankommt, doch eben bei Christo das
volle Leben und die tiefe Lehre ganz und gar eins sind. Und doch ist
auch zwischen dem Grundsatz des Sokrates: sich die Feinde zu Freun-
den zu machen, und der Feindesliebe Christi ein wesentlicher Unter-
schied; das Zeugnis über die Bosheit der Welt ist noch ganz etwas
anderes als der Vorwurf gegen die Thorheit des athenischen Staats-
wesens, und wenn CLristus nicht seine, sondern Gottes Ehre sucht, der
ihn gesandt hat, so sucht er damit ganz etwas anderes als Sokrates,
wenn er die Ehre Apollons sucht, dessen Wort er wahr machen müsze,
N. Jahrb. f, Phil. ii. Päd. II. Abt. 18G1. Hft 6. 19
290 Kurze Anzeigen und Miscellen.
denn dieses Wort war ja doch nnr bfstimint , ihm Ruhm vor den Men-
schen zu verschaft'en. Wol mag dem Alkibiades bei den Reden des
Sokrates das Herz gepocht haben und das Auge übergegangen sein,
aber daraus, dasz auch den Jüngern auf dem Wege nach Emmaus das
Herz brannte, darf man nicht sofort den Schlusz ziehn, dasz Lukas und
Johannes den Piaton gelesen haben müszen. Bei der Ironie des Sokra-
tes findet der Verf. selbst mehr Gegensatz als Parallele; da müszen
denn, um eine Aehnlichkeit zu entdecken, die Apokryphen herhalten,
die manchen 'vollkommen echt' ersclieineuden Zug bewahren. Noch
weniger gern vermögen wir der Vergleichung der letzten Lebeusschick-
sale zu folgen. Gerade in dem Tode des Herrn tritt seine Liebe und
seine Hoheit im reichsten Masze uns entgegen; es wird ein Opfer für
die ganze Welt gebracht, wärend der Tod des Sokrates nur zu ihm,
den Seinigen und seinen Jüngern in Beziehung stehn konnte. Darum
passt auch der Vergleich zwischen dem Symposion mit seinem helle-
nischen Glanz, wo der sinnlich schöne und liederliche Alkilnades au der
Seite des Sokrates sitzt, und dem einfachen Liebesmahl Christi nicht,
wo der keusche und reine Lieblingsjünger an seiner Brust ruht. Bei
dem Verkaufe des Heilands um dreiszig Silberlinge lag doch die Ana-
logie des alttestamentlichen Josephs weit näher als die Absicht der treuen
Schüler des Sokrates, ihn für dreiszig Minen loszukaufen; die Aehn-
lichkeit aber zwischen dem letzten Schicksal jenes Verrätliers und die-
ser falschen Ankläger wird von dem Verf. selbst wieder durch die Be-
merkung aufgehoben, dasz überhaupt grosze Missethäter oft zuletzt einen
Hasz gegen das eigne Leben bekommen. Eine Parallele zwischen der
feinen Verspottung der Komiker und der rohen Mishandlung der Kriegs-
kneclite wird mau kaum im Ernst benutzen wollen. Aber die Tliränen
Christi über Jerusalem und die Hinweisung des Sokrates auf den Schaden,
den sich die Athener selbst zufügen, sind schon darum wesentlich von
einander verschieden, weil die Perspective nicht zu verkennen ist, durch
welche in dem Falle Jerusalems das Weltgericht sich spiegelt; nicht
minder das Gefühl der Verwaisung bei den Schülern des Sokrates und
die Verheiszung des Herrn, sie nicht Waisen zu lassen, oder das Zeugnis
des römischen Hauptmanns hier ('Gottes Sohn') i^nd des Gefängnis-
wärters dort ('der edelste, sanfteste und beste derer, die noch jemals
hierher gekommen sind'). Eher können wir die Aelinlichkeit beider,
dasz sie selbst nichts schriftliches hinterlassen haben, sowie dasz die
Verschiedenheit der realistischen Auffassung Xenophons und der ideali-
stischen Piatons dem Unterschied der somatischen Evangelien von dem
pneumatischen Evangelium in gewisser Weise entspreche, gelten lassen;
wenn aber auch die geistige Auferstehung des Sokrates in seinen Schü-
lern und die angebliche Erscheinung des schon gestorbenen vor dem
Chier ICyrsas sogar nocli parallelisiert werden soll, — vermögen wir in
der That nicht weiter zu folgen. Zum Schlusz hebt der Vf. denn doch
selbst noch wieder hervor, dasz Sokrates sich bemüht habe, immer bes-
ser zu werden und seine Freunde besser zu machen, Christus aber sagen
konnte: wer unter euch kann mich einer Sünde zeihn? dasz Sokrates
von dem delphischen <3rakel für den weisesten erklärt worden ist, in
Christo aber alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen
liegen, weil in ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt.
Darnach wird sich denn auch der Unterschied zwischen dem Logos des
Sokrates und dem Ijogns dos Johannes wol bemessen lassen.
Die Altertumswissenschaft hat eine grosze, würdige, unveräuszer-
liche Aufgabe: sie soll den schönsten und besten Schatz, den in Wort
und That, Werk und Gesinnung das Altertum in sich verborgen hat,
zu Tage fördern und im rechten Licht allen vergegenwärtigen; damit
sie das aber in lauterster AA'eise voUziehn könne und sich eben so sehr
Kurze Anzeigen und Miscellen. 291
vor der Verkpiinnng wie vor der TJeberschätznn» der Licht- nnd Schatten-
seiten bewahre, musz sie vor allen Diiij^en mit jener Mäszif^ung und Be-
sonnenheit gerüstet sein, die uns so hell iu der griechischen GacpQoavvrj
entgegentritt, Friedr. Uibher.
XIV.
Zur albanesischen Sprachfrage.
Unterzeichneter teilte vor einiger Zeit in diesen Jahrbüchern (Bd
LXXXII Heft 6 S. 203 f.) einiges zur albanesischen Sprachfrage mit.
Ein Aufsatz in der in Athen erscheinenden politisch -wissenschaftlichen
Zeitschrift H'ElTtiq vom 15. November 18G0, von dem Griechen Evangel.
Zappas, wahrscheinlich dem nemlichen, der zur Einführung der 'OkvybTiLd
im Königreich Griechenland Anlasz gegeben und die nötigen Geldmittel
dafür bestimmt hat (s. Jahrbücher 1859 Bd LXXIX Heft 1 S. 41), ver-
anlaszt mich, weiter auf diesen Gegenstand zurückzukommen, da jener
Aiifsatz zu obigem Zweck manches interessante enthält. Bereits seit
längerer Zeit lernen die Albanesen auch die altgriechische Sprache, und
sie haben dazu an den Schulen eigne, in Griechenland selbst gebildete
griechische Lehrer. Ihre eigne Sprache ist nocli zur Zeit keine ge-
schriebne; auch ist unter ihnen selbst die Meinung aufgetaucht, dasz
die Albanesen, wenngleich ihre Gesamtzahl vielleicht anderthalb Millio-
nen ausmacht, einer geschriebnen Sprache gar nicht bedürfen, weil
'die Sprache ihrer Vorfahren, der alten Hellenen, noch vorhanden sei',
auch auszerdem die albanesische Sprache es niemals zu einer wissen-
schaftlichen Geltung bringen werde. Gleichvvol hat man für die Alba-
nesen die Notwendigkeit eingesehn, ein bestimmtes System aufzustellen,
um ihnen die Erlernung der griechischen Sprache zu erleichtern und zu-
gleich die albanesische Sprache zur Herausgabe der nötigen Bücher
und zum Gebrauch für gewisse besondere und alltägliche Bedürfnisse
geschickt zu machen. Unter anderem ist zu diesem Zweck vorgeschla-
gen worden, die vierundzwanzig Buchstaben des griechischen Alphabets
beizubehalten und zugleich aus ihnen einige andere zusammengesetzte
Schriftzeichen zu bilden , deren sie zur notwendigen Bezeichnung und
zum Ausdruck für gewisse der griechischen Sprache fehlende Laute der
albanesischen bedürfen. Der genannte Zappas hat, wie er bemerkt,
dies System in einer von ihm errichteten Schule in der Walachei beim
Unterricht albanesischer Kinder eingeführt, und er ist der Meinung.
dasz dadurch diese letztern für den Unterricht selbst wenigstens an Zeit
viel ersparen müszen, auch wenn sie sonst keinen Vorteil davon haben
sollten. Er spricht sich a. a. O. im einzelnen weiter über dies albane-
sische Alphabet aus, namentlich auch über die aus griechischen Buch-
staben zusammengesetzten, dem Griechischen selbst fremden acht Zei-
chen der albanesischen Sprache und deren Aussprache. Für diese der
albanesischen Sprache eigentümlichen acht Laute werden dort die grie-
chischen Schriftzeichen: aa, vt , ttJ, vt'C, _§, », v und ^ vorgeschla-
gen, und zu deren Erklärung wird bemerkt, dasz
60 wie das französische ch in chanter,
rr „ ,, „ d in dieu,
TT^ ,, ,, ,, tch in Tchanderli , Städtchen in Kleinasien,
vz^ ,, „ ,, gh in gheda, gherai, Name eines Chan's in der
Krim ,
£_ ,, ,, ,, eu in bonheur, henreux ,
ö ,, ,, ,, u in public,
V „ ,, „ gn in gagner,
5 ,, ,, ,, j in Jalousie,
19*
292 Kurze Anzeigen und Miscellen.
ausgesprochen wird. Das, was in dieser Beziehung dort weiter im ein-
zelnen mitgeteilt wird, lasse ich jedoch hier gänzlich unberücksichtigt,
da es weniger hierher gehört. Dagegen sind dem Aufsatz des genann-
ten Zappa'! , wie es scheint , von der Eedaction der ^Elniq selbst einige
linguistische Bemerkungen beigefügt worden, die ein allgemeineres In-
teresse haben und woraus ich das nachfolgende entlehne. Zuvörderst
wird bemerkt, dasz das Albanesische weder mit den romanischen Spra-
chen noch mit den slavischen verwandt sei, vielmehr sei es eben so ein
Dialekt der hellenischen Sprache, wie das Tzakonisclie (Lakonische),
das in der Provinz Kynuria im Peloponnes (die vor dem Freiheitskriege
den Namen Tzakonien führte) noch gegenwärtig geredet wird, und jeder,
der sich die Mühe nehme, einzelne tzakonisclie oder albanesische Worte
näher zu betrachten und etymologisch zu prüfen, werde finden, dasz sie
mehr oder weniger als hellenische gelten müszen. Zur Bestätigung dieser
Behauptung werden versch'edene Beispiele aus dem Albanesischen bei-
gebracht; aber nicht alle, die dort angeführt werden, können nach dem,
was dabei aus der Beziehung auf das Altgriechische sich ergibt , dafür
gelten. Anders ist es in dieser Hinsicht mit den folgenden freilich nicht
zahlreichen Worten, welche ich daher hier unter der Voraussetzung
entlehne , dasz der Verfasser des Aufsatzes in Ansehung der Bedeutung
der albanesischen Worte recht hat. Jedenfalls legen auch diese wenigen
Beispiele wiederholt für die auch von andern behauptete Verwandtschaft
des Albanesischen mit dem Altgriechischen Zeugnis ab.
BGGts bedeutet im Albanesischen: ist; altgriechisch aavi,
ovX — — — der Stern , hängt mit dem altgriechischen ov}-og, ovXiog
(stark, kräftig, heftig) zusammen, und bei Homer findet sich ov-
Xtog aarrJQ ,
tT^ovaz£ — ihr habt gelernt, das altgriechische sipiao[icci,
SvrsQÖßs — — — verändern, ändern, aus dem altgriechischen ste^oo»,
(iiQi-, (iiQS — — — schön, das altgriechische i'fiSQog ([^istQa , sich
sehnen, lieben),
ßEvm — — — gehn , altgriechisch ßccivco.
Auch hier wird übrigens die Meinung ausgesprochen, dasz das Studium
der albanesischen Sprache im allgemeinen in gleicher Weise, wie das
des tzakonischen Dialekts, der Sprachforschung Nutzen gewähren könne,
und dasz es daher namentlich im Interesse der altgriechischen Sprach-
wissenschaft und der vergleichenden Sprachkunde liege, das Aussterben
des einen oder andern dieser Dialekte zu verhüten und zu verhindern,
und vielmehr auf jede Weise dafür zu sorgen, dasz beide von der be-
treffenden Jugend gehörig erlernt und getrieben werden, mündlich und
schriftlich. Der tzakonische Dialekt bedarf keiner andern Schriftzeichen
als der griechischen; dagegen ist für den albanesischen und für die ihm
eigentümlichen rauhen Buchstaben ein anderweiter Ersatz nötig, der
sich indes nicht blos auf albanesische Worte und im allgemeinen auf
die albanesische Sprache , sondern namentlich für fremde Eigennamen
und für technische Ausdrücke auch auf die griechischen Buchstaben
würde erstrecken müszen. Wir können, wird dort gelegentlich bemerkt,
manche solcher Eigennamen mit griechischen Buchstaben nicht wieder-
gaben, wir müszen vielmehr diese Eigennamen auf unsere Weise schreiben
und umgestalten oder verstümmeln. Der Verfasser stellt die der grie-
chischen Sprache fehlenden Laute anderer moderner Sprachen zusam-
men und macht zugleich Vorschläge, wie sie im Griechischen ersetzt
weiden könnten. Indes kommt auch dies hier nicht weiter in Betracht,
da es nur für die Griechen selbst von besonderem Interesse sein kann.
Auszerdem erwähne ich noch , dasz in dem angezogenen Aufsatz
des Evangel. Zappas der Name: Albanien von dem keltischen: Alb
oder Alp. d. i. Berg, abgeleitet wird; dagegen nennen sie den Felsen:
Kurze Anzeigen und Miscellen. 293
skimpi (ffxt'fi^ri) und die auf Felsen sich aiifliHlteudeu Adler und undereii
Vögel GKtfinöi'ia und Gv.ltis , wonnch dann ein Bewohner der Felsen und
]'>ergc den Namen 2,'-/.i7Terä() (l)ekainitlicli der ei<;ne Name der Albanesen)
fiilire. Es ist dies eine andere Erklilrmig des Namens Skipetar als die,
welche ich selbst am Schlüsse des obgedachten Aufsatzes in deu Jahr-
büchern versucht hatte.
An der bereits oben angeführten Stelle dieser Zeitschrift stellte
ich aus der oftgenannten griechischen Zeitschrift Nea UavöcoQcc eine
Anzahl albanesischer Worte zusammen, die durch ihre Verwandtschaft
mit altgriechischen Worten über den Zusammenhang zwischen diesen
beiden Sprachen weitere Aufschlüsse zu geben geeignet sind und welche
im einzelnen die Ansicht bestätigen, die A. Schleicher in seinen
'linguistischen Untersuchungen' (II S. 13'.)) ausspricht, dasz 'nicht nur
die albanesische Sprache als indogermanisch zu betrachten, sondern
dasz es auch mehr als wahrscheinlich sei, dasz sie im pelasgischen
Familienpaar wurzle, und zwar dem Griechischen näher stehe als dem
Lateinischen'. Da in der gedachten griechischen Zeitschrift (Nr 262 vom
Jahr 1861) der Verfasser der früher zusammengestellten -<ff^iy9a'q9(« 'El-
}.r]voalßa7'nirj weitere diesfallsige Mitteilungen macht, so benutze ich
sie, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das im allgemeinen früher
von mir Erklärte, für die nachstellende Zusammenstellung, so weit die-
selben auch wirklich dem angegebnen Zweck entsprechen, was allerdings
keineswegs von allen von dem griechischen Gelehrten dort zusammen-
gestellten Worten gelten dürfte. Uebrigens bemerkt letzterer, dasz er
den eigentümlichen Laut der albanesischen Sprache zwischen den Vo-
calen s und o zum Unterschied durch deu Doppellaut so (in albanesischen
Worten) bezeichnet habe.
^äXog, blanker, metallener Vorsprung an der Vorderseite des Helms,
vom Helmbusch bis vorn nach der Stirn gehend, — alb, finälof,
die Stirn , der Vorsprung.
"Oaas (Dat. oaaoig), die Augen, — alb. gl.
'SlXävrj , der Ellnbogen, der Arm, — alb. XotQOS , die Hand.
rövv (to: yovvara), das Knie, — alb. yiovvLOEX.
KtJq, das Herz, — alb. y>t«'9, der Busen (im bildlichen Sinne).
Usdilov , nädiXa, Sohle, Fuszbedecknng, — alb. noxila, Fuszsohle.
Ilovg {noöög), der Fusz, — alb. finäQ- , d. i. die Sohlen unter den
Fusz binden , so wie ^TtdO" , sie abbinden.
$wg (qpoi^), der Mann, tapfrer Bursch, — alb. (iTtovQOS,
Tezza, freundliche oder ehrende Anrede Jüngerer an Aeltere, Väterchen,
— alb. xdztcc, Anrede des Vaters oder Aelterer (im Neugriechischen
ist razäg der Vater — Papa, wie die Kinder sagen).
MaQntco, fassen, ergreifen, halten {fiägr], die Hand), — alb. (iccq,
n'=:hmen.
Tlviiutog, der hinterste, der letzte, — alb. nctfihcc, später.
Zico, sieden, kochen, wärmen, — alb. ^sXi ""Ux, wärmen. Das Feuer
nennen die Albanesen i.iciQ und angebrannte Kohlen tiqovox (von nig).
Sskag, das Licht, der Schimmer, — alb. glXu, Flamme.
^Xo^ (qsAoyo's) , die Flamme, — alb. qp.Ua'jios,
'ixävco, i'xoj , kommen, gehn, — «Ib. i'nosyv , gehn, fortgehn, fliehn.
/Ifjti|iiof, das Gekochte, TtETtro). kochen, reifen (von der Sonne, die das
Obst kocht und zur Reife bringt), — alb. nsii^ia, Obst.
TlfTrXog. das Gewand, die Hülle, — alb. nXiä(p.
Tloggco , irögaco , weiter, fort, — alb. tgtiÖq , entfernen, wegschicken,
^nagäg , gehn, spazierengehn.
ÄQrjvfj, yigovvrj, die Quelle, — alb, KQOva,
294 Kurie An /.eigen iiiiii Miscellen.
^iy/og, Glanz, Licht, — alb. cp&yyil , KoLle.
Jaivvucii {äctivvvro) , schmauszen, — alb. wirrfu.
rarög (von yaco , yt'yroucci) , — alb. yart', fertig:, bereit.
dov.oi'^ca , scheinen, den Anschein haben. — alb. vxovy.v.sii (dnchem).
Ävco {lvG(o), lösen, befreien, — alb. XiCioi.
Fvco (von yivcüay.co, erkennen), — alb. y^öx, gnoh.
rioicö {~ocö) , machen, thun , — alb. ni'i , UTTOsyv.
UiuTilcö, 7zi'a7r'.T]ut , füllen, vollmachen, — alb. tmXtö'i.
Tlsvco {^Ttsvouai'), arbeiten, — alb. ■rtoi'voi,
hiBQÖsig, reizend, anmntig, — alb. usi'qos, (.lh'qo^, schon, liebenswürdifi,
Ilai'co, schlagen, — alb. anü,
'Eu8v (i^ov), — alb. uoVfjS (muve).
Titag (TiTCiv), der Kächer, — die Albanesen sagen zu unartigen Kin-
dern, um sie zu schrecken und einzuschüchtern rixal riral
Ilovg (noQf(o, nögog), — die Albanesen brauchen das "Wort njQ,
wenn sie den Kimleru das Aufrechtstehn lehren wollen.
Niözov, vcözci ^aläoarjg (bei Homer), — alb. vor, das Schwimmen,
rorä^, der Schwimmer.
näotMcu, erwerben, haben, — alb. xau, haben, davon :r«r«. ich hatte.
Zrj^co , sieben, — alb. air , das Mehl durchsieben.
&ovQ6(a (-ö-or^jo,;) , anstürmen, — alb. tovqsu.
OQffög, OQcpuvög, verwaist, — alb. ovoQrpoBQ und ovciQCfOSQ.
OQQOg, Molken, — alb. x^9°^'
'Piy^co, schaudern, — alb, y/.Qi'yv, frieren.
TQi'aiva, der Dreizack, — alb. rgieXs , der Eohrer.
Aoxog, der Hinterhalt, Versteck, — alb. Xf xi , .\ngst , Versteck.
MrjarcoQ, der Kather, verständiger Mensch, — alb. iilsctsq, einsichts-
voll, klug.
P?]'(Tffu) . Qrf/vviii, zerreiszen, — alb. ygtg.
Aotyig, Verderben, Unheil, — alb. P.q-, Unglück.
KoQvg (Gen. -nÖQvd-og), der Helm (Teil der Bewaffnung), — alb. KÖgSa^
das Schwert.
Zni'^a, auL^t] , jeder kleine piepende oder pfeifende Vogel, — alb.
OTZiCx , die Vögel.
S:ToS6g. heisze Asche, unter der noch Glut vorhanden ist. — alb. a^ov.
ZniXäg, Felsen, Klippen, besonders die vom Meere ausgehöhlt sind,
— alb. OTtiXa.
'ATQS'necog , wahr, wirklich, — alb. VTQfv.i.
'Oatiov, ooTUQtov, Knochen, Knöchelchen, — alb. e'oTQa, Knochen.
©STig, in der altgriechischen Mythologie eine der vorzüglichsten Nerei-
den, — - alb. VTfz, das Meer.
Kegtoucö, verhöhnen, schmähen, — alb. y.^oröyv , schelten, tadeln.
Jlht] ,'Urtei\, Entscheidung. — alb. yv.iV.//.
KovXsög, Scheide, — alb. KOvXizos, Beutel, Sack.
Ji'nXa^, Doppelmantel, — alb. vzmXoivia , Aermel.
Nsueaig, Unwille, Tadel, — alb. vo^uoi^i.
Ovy. , nicht. — alb. vov-a.
'Eyyvg, f'yyvd'^v , nahe, in der Nähe, — alb. yyiäzoB.
"Acp&ovov, genug, — alb. aq^r.
"Eros, das Jahr, — alb. ovtz , ovCiz (vjet).
Jr]&ä, lange, lange Zeit, — alb. vziaci , viel.
Tlf^O'cö, verwüsten , — alb. TtQiCx.
Nvvi, jetzt, — die Albanesen in Griechenland sagen dafür J'uvi.
Mfiav, [.iiy.QOZSQog , kleiner, — alb. ,uiyxo, sehr klein.
AloXä , bewegen, — alb. Xiög, Xiöz.
Pccc, die Tochter des Urauos und der Gaia, — alb. yf, die Wolke.
"Epf^og, Dunkel, Finsternis, — alb. fQOiz.
K(irze Alizeigen und iMisceilen. 295
*o
BaLVCo, gehen, — all), ovcc.', ovccirs. O'daovs , wir sind gegangen,
ovävof , sie sind gegangen.
IJcölog, Tt(o).üoiov . Füllen, — all). aXiinvXiov.
Mo%}.6g , Kiegel, Haiken znni \"erselilieszeii der Thür, — alb. X6g.
KctTbX(o , ver.stehn , begreil'en, — alb. -/.uzi^,
<pQ>'t,, Schauer, Furcht, — alb. cpQLV.oc (neugr. qc^ix/j).
TJh'v&os , Ziegel, — alb. n?Jg , irdenes Getasz.
■^^t']'^? 1 «C'^to? , kräftig, jung, — alb. ovixt^oF (nur von Mädchen).
Till, regnen (davon vScoq) , — alb. ovyios , das Wasser.
Tv, dor. für av , — alb. ti.
HSi, nach vorausgehendem i^uiv oder t6, als auch, — alb. ids.
Zum Schlusz stehe noch die Bemerkung, dasz auch in dem Glossa-
rium, welches G. Stier in Wittenberg in seiner zur vierhiindertjährigen
Feier der Universität Greifswald im Namen des Wittenberger Gymna-
siums verfaszten Gratulationsschrift*") und zu den darin mitgeteilten
albanesischen Dichtungen des Hieronymus de Kada gegeben hat, manche
Belege für die Verwandtschaft der altgriechiscben und albanesischen
Sprache sieh finden, worauf ich diejenigen verweise, die sich für den
Gegenstand selbst interessieren. Dr Theod. Kind.
*) Der Titel derselben ist: amplissimo in academia Gryphisvaldensi
jthilosophorum ordini saecuhim quartiim cum universa academia dieXVII.
Octobris MDCCCLVI. prospere gloriose fructuose peractum cet. con-
gratulatur gymuasium Vitebergense. Braunschweig , Schwetschke und
Sohn. 1850.
Berichte über gelehrte AnstaUen, Verordnungeu, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Königreicli Bayern 1860.
(Fortsetzung von S. 236—254.)
21. Schweinfurt.] In dem Lehrerpersonal hat sich im verflossuen
Schuljahr nichts geändert. Studienrector Professor Dr Oelschläger
(IV), die Professoren Dr von Jan (III), Dr Wittmann (II), Dr En-
derlein (I), Hartmann (Mathematik und Physik), die Studienlehrer
Pfirsch (IV), Zink (III), Dr Pfaff (II), Schmidt (I), Stadtpfarrer
Büttner (Geschichte), Stadtkaplan Dr Stein (kathol. Religionslehrer),
Hof mann (Zeichnen), Seh neider (Gesang). Schüler des Gymnasiums
54 (IV 16. III 14, II 6, I 18), der lateinischen Schule 62 (IV 14, III
14, II 20, I 14). Dem Jahresbericht folgt eine Abhandlung des Studien-
rectors Professor Dr Oelschläger: Beiträge zur Erklärung der Sa-
uren des Horaz (20 S. 4). Die behandelten Stelleu sind folgende:
I 1, 2:^. 69. 84. 88. 2 , 74. 3, 1. 25. 69. 4, 19. 69. 5, 15. 36. 6, 34.
7, 2. 10. 8,1. 9, 19. 10, 16. 50. 53. II 1 , 6. 2, 1 ff. 3, 60. 202.
274. 5, 59. 95. 6, 61. 8, 65. Durch diese vortretflichen Beiträge zur
Erklärung der Satiren des Horaz wird das Verständnis des Dichters
wesentlich gefördert; Referent macht daher alle Freunde horazischer
Dichtung auf dieselben aufmerksam.
296 Berichte über gelehrte Aiistallen, Verordnungen, statist. Notizen.
22. Speiek.] Der Studieiilehrer an der lateinischen Schule zu Neu-
. Stadt a./H. Eiumert erhielt die durch das Aasscheiden des Studieu-
lehrers Sand erledigte Lehrstelle für die unterste Klasse der Latein-
schule. Lehrer des Gymnasiums: Kector Dr v. Jäger, Conrector Fi-
scher, die Professoren Schvverd (Mathematik und Physik), Osthelder
(IV), Langer (III), Borscht (II), Dr Fischer (I), Schedler
(kathol. Religiouslehrer), Sturtz (evangel. Religionslehrerj, Schaller
(Französisch), Keppel (Assistent), Schelle (Assistent), Zäch (Zeich-
nen), Wisz (Musik), Mühe (Stenographie); der Lateinschule: Professor
Fahr (IV), die Studienlehrer Krieger (III), Lehmann (II), Em-
mert (I), Schedler (kathol. Religionslehrer), Sturtz (evangel. Reli-
gionslehrer), Lehmann (Kalligraphie). Schüler des Gymnasiums 111
(IV 20, III 29, II 36, I 2G), der Lateinschule 143 (IV 36, III 42, II
26 , I 39). Eine wissenschaftliche Abhandlung ist dem Jahresbericht
nicht beigegeben.
23. Straubing.] Der temporär quiescierte Studienlehrer der IVn
Klasse der Lateinschule Dr Burg er trat für immer in den erbetnen
Ruhestand. Der bisherige Assistent Höger wurde zum Studienlehrer
der In Klasse an der Studienanstalt zu Landshut ernannt; an dessen
Stelle trat der Lehramtscandidat Höfer. Lehrer des Gymnasiums:
Studienrector Professor Tausch eck (III), die Professoren Andelts-
h aus er (IV), Enzensperger (II), Erk (I), Schmidt (Mathematik
und Physik), Pielmair (kathol. ReÜgionslehrer) , Stark (evangel.
Religionslehrer), Port (Französisch), Assistent Höfer, die auszer-
ordentlichen Fachlehrer Erk (Hebräisch), Lämmermeyr (Zeichnen),
Sp anfehlner (Turnen), Aign er (Musik), Weingart (Stenographie);
der lateinischen Schule: die Studienlehrer Krieger (IV), Schedlbauer
(III), Spanfehlner (II), Mutzl (I), Professor S chmidt (Mathematik),
Pielmair (kathol, Religionslehrer), Stark (evangel. Religionslehrer),
Bergmann (Kalligraphie). Schüler des Gymnasiums 54 (IV 16, III 12,
II 10, I 16), der Lateinschule 97 (IV 25, III 18, II 17, I 37). Dem
Jahresbericht folgt eine Abhandlung von Professor Enzensperger:
üöer alle und neue Idylle (14 S. 4). Die Untersuchung ist nicht zu Ende
geführt; die Fortsetzung soll später folgen.
24. WÜRZBUEG.] In dem Lehrerpersonal trat in dem verflossnen
Studienjahr folgende Aenderung ein. Dem seitherigen Professor der
Religionslehre und Geschichte Streit wurde eine katholische Pfarrei
verliehn. Die Verwesung der erledigten Lehrstelle wurde dem Dom-
capitular Dr Himmelstein übertragen, bis der zum Professor der
Reiigionslehre und Geschichte ernannte Priester Steige rwald den
Unterricht übernahm. Dem Professor der Hin Gymnasialklasse Dr
Karl wurde der erbetne Ruhestand bewilligt. In die erledigte Lehr-
stelle rückte der seitherige Professor der Iln Gymnasialklasse Weig and
vor und die hierdurch sich erledigende Lehrstelle der Iln Klasse wurde
dem Professor der In Klasse in Amberg Schmitt übertragen. Dem
temporär quiescierten Professor der IVn Lateinklasse "W icke nmay er
wurde wegen nachgewiesner Dienstunfähigkeit der erbetne Ruhestand
für immer bewilligt. Dem bisherigen evangelischen Religions- und Ge-
schichtslehrer an der Lateinschule Stadtvicar Fickenscher wurde das
Stadtvicariat Kissingen übertragen und der zum Stadtvicar dahier er-
nannte Predigtamtscandidat Baum mit der Erteilung dieses Unterrichts
beauftragt. Bis zur Ankunft des letztern besorgte diesen Unterricht der
Stadtvicar Engelhardt. Dem Lehrer der Religion und Geschichte an
der Lateinschule Adel mann wurde eine katholische Pfarrei übertragen.
Lelirerpersonal des Gymnasiums: Studienrector Professor Dr AVeid-
mann(IV), Professor Vierheilig (Mathematik und Physik), Professor
Steigerwald (kathol. Religions- und Geschichtslehrer), Stadtvicar
ßerichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stalist, Notizen. 297
B
anm (evanp^el. Reli{}:ions- und Gesehichtslelirer), Dr Hostotnbe
^Französisch), Assistenten: die Studienlelirer Behringer und Dr Gras-
berger; Professor Weigand (III), Professor Schmitt (II), Professor
Hannwacker; Lehrer der Lateinschule: Professor Dr Keller (IV),
Assis\..it K n i erer, Studienlehrer Alzheimer (III), Professor Dr Ger-
hard (II), Dr Grasberger (I*"), Behringer (I''). Schiiierzalil des
Gymnasiums 105 (IV 19, III 2() , II 24, 1 '66), der Lateinschule 238
(IV 48, III 58, II 62, I" 34, I'' 36). Dem Jahresbericht folgt eine
Abhandlung von dem Studienlehrer Alzheimer: die ThicliKtahenschvifl;
Entstehung und FerhreUniu] derselben bei den ältesten CAÜturvölkern (43 S. 4).
25. ZwEiBKÜCKEN.] Der Assistent der Mathematik Ziegler wurde
als Professor der Mathematik au das (Jymnasium zu Freising berufen,
zu seinem Nachfolger der Lehramtscandidat Heel ernannt. Der Pro-
fessor Finger (evangelischer Religionslehrer) folgte dem Ruf an eine
öffentliche Bildungsanstalt seiner Vaterstadt Frankfurt a./M. ; an seine
Stelle trat der bisherige Pfarrvicar Krieger als Professor. Der bis-
herige Assistent Weisz wurde zum Studienlelirer in Bergzabern be-
fördert. Die dadurch erledigte Assistentenstelle wurde dem Lehramts-
candidaten Her ding übertragen. Lehrerpersonal der Studienanstalt:
Rector Professor Dr Dittmar (IV), die Professoren Fischer (III),
Butters (II), Müller (I), Dursy (Mathematik und Physik) Krieger
Perzl (Zeichnen). Schülerzahl des Gymnasiums 111 (IV 26, III 22,
II 30, I 33), der Lateinschule 86 (IV 27, III 21, II 15, I 23). — Am
n. August V. J. fand die 300jährige Jubelfeier des Gymnasiums statt. —
Dem Jahresbericht folgt als Programm der Jubelfeier eine Abhandlung
von Professor Müller: commentationis , qua de Phüostrati in coniponenda
memoria ApoUonii Tyanensis flde quaeritur. Part. III 28. Die Unter-
suchung ist noch nicht zu Ende geführt.
Fulda. Dr Ostermann.
Königreich Württemberg 1860.
Ueber die Gymnasien des Königreichs Württemberg berichten
wir aus den zu Michaelis 1860 erschienenen Programmen wie folgt:
1. Ehingen.] Den Professor Böser verlor die Anstalt durch den
Tod. Die erledigte unterste Lehrstelle wurde dem Präceptor B a u r
übertragen. Für die erledigte Lehrstelle am obern Gymnasium wurde
Professorats- Verweser Dr Wahl definitiv ernannt. Der Bestand des
Lehrerpersonals pflegt in den württembergischen Programmen nicht auf-
geführt zu werden, was sonst überall geschieht. Schülerzahl 182, und
zwar oberes Gymnasium 88 (I 14, II 25, III 23, IV 26), unteres Gym-
nasium 94 (I 24, II 14, III 25, IV 11, V 10, VI 10). Dem Jahresbericht
des Rector Bomback ist vorausgeschickt: Ciceros Rede pro Alilone ins
Griechische übersetzt von Professor B irkler (28 S. 4).
2. Ellwangen.] Gym nasiu m und Realschule. Den Präceptor
Feyl verlor die Anstalt durch den Tod. Die erledigte 2e Hauptlehrer-
stelle am obern Gymnasium wurde dem Professor Leonhard, die 3e
dem Professor Zorer, die 4e dem Dr Schnitzer übertragen; die 5e
versah aushülfsweise Dr Bischof. Der Lehramtscandidat Sommer
wurde in die neugeschaffne Stelle eines Gymnasiums- Vicars eingesetzt.
Die durch den Tod des Präceptors Feyl erledigte Stelle wurde dem
Lehramtscandidaten Schwarzmann übertragen. Schülerzahl: a) Gym-
nasium 101 (untere Abteilung 70, obere 31), b) Realschule 22. Dem
von Rector Scheiffele mitgeteilten Jahresbericht geht voraus: das
298 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
Griechinche auf dem Gymna/tiwn vom Professor Dr Schnitzer (21 S. 4).
Der Verfasser will 1) dasz in dem obern Gymnasium dem Griechi-
schen die gleiche Stundenzahl wie dem Latein gewidmet werde
und dasz in beiden Lehrfächern die möglichst gleiche Behandlung
des Gegenstandes eintrete; 2) dasz jeder Schüler des obern Gymna-
siums zur Teilnahme am griechischen U u t e r r i c h t v e r f) f 1 i c h -
tet werde.
3. Heilbkonn.] Von den beiden neu errichteten Lehrstellen an
der untern Realschule wurde die erste dem Reallehramts- Candidaten
Benignus, die zweite dem Reallehramts-Candidateu Rös z le übertragen.
Der Professor am obern Gymnasium und Ephorus des Pensionats Adam
wurde seinem Ansuchen gemäsz auf die erledigte Stelle eines Professors
am Seminar in Urach versetzt. Der bisherige 4e Professor am obern
Gymnasium Dr Rieckher rückte in die erledigte Stelle eines 3n Pro-
fessors vor und die erledigte Stelle eines 4n Professors sowie die eines
Vorstands des Pensionats wurde dem Rector der Latein- und Realschule
in Cannstatt Kraut übertragen. Dem Zeichenlehrer Läpple wurde
der Titel eines Professors verliehn, denselben verlor jedoch bald darauf
die Anstalt durch den Tod; in die Functionen dann trat der Zeichen-
lehrer Deschner. Candidat Fink leistete Aushülfe. Der Rector
Mönnich wurde wegen anhaltend leidender Gesundheit in den Ruhe-
stand versetzt. Schülerzahl 480, und zwar a) Gymnasium 277, Ober-
gymnasium 52, Untergymnasium 175 (I 15, II 37, III 13, IV 31, V 2f>,
VI 26, VII 35, VIII 41), bj Realanstalt 181 (I 18, II 47, III 37, IV 36,
V 43), Elementarschüler 72. Abiturienten 4. Pensionat 52. Dem von
dem Rectoratsverweser Professor Dr Finckh verfaszten Jahresbericht
ist vorausgeschickt eine Abhandlung des Professor Dr Hermann: zier
Geschichte und Ki'itik des Diogenes von Sinope (37 S. 4).
4. RoTiWEiL.] In dem Lehrerpersonal hat keine weitere Verände-
rung stattgefunden, als dasz dem Professoratsverweser Ott die sechste
Lehrstelle am obern (irvmnasium übertragen wurde. Schülerzahl 107,
und zwar am obern Gymnasium 60, am untern 47. Dem Jahresbericht
vom Rector Laudiert geht voraus: Charaklerisdk des Bischofs und
Chronisten Otlo vo7i Fieisingen vom Professor Gaiszer (32 S. 4). Der
Verfasser, welcher einen in neuerer Zeit wiederholt behandelten Gegen-
stand einer neuen Reliandlung unterzogen hat, war hierbei hauptsäch-
lich von dem Bestreben geleitet, eine eingänglichere Charakteristik der
Schriften Ottos zu geben, den Plan und Gang seines gröszern Werks,
der Chronik, sowie dessen eigentümliche Weltanschauung im Zusammen-
hajig darzustellen. Otto sei unter den deutschen Geschichtschreibern
der erste gewesen, welcher die Universalgeschichte von hohem, philo-
sophischen Principien aus behandelt und dadurch die Tiefe des deutsehen
Geistes, der ja im Mittelalter seine schönsten Blüten getrieben, auch
auf diesem Gebiet rühmlichst bewälirt habe. Der Verfasser wünscht
daher, dasz er recht bald als einer der Heroen der deutschen Geschicht-
schreibung durch kundige Hand in die Ehrenhallen der 'Monumenta
Germaniae' eingeführt werde. I) Ottos Leben und Wirken. II) Otto
als (Teschichtschreiber. Stand der damaligen Historiographie. — Otto.?
Befähigung zum Geschichtschreiber. Seine Chronik ; Plan und Gang
derselben. Weltanschauung. Sprache und Darstellungsgabe Ottos.
5. Stuttgart.] Der Gesangunterricht am Mittel- und Obergymna-
sium wurde dem pensionierten Hofsänger Kunz und dem Professor
Gantter übertragen. Der Lehramtscandidat Sauer leistete Aushülfe;
dem Lehramtscandidaten Seh neider wurden die Functionen eines Hiilfs-
lelirers für den mathematischen Unterricht am Obergymnasium über-
tragen. Der Institutsvorsteher König von Ludwigsburg wurde zum
Schreiblehrer am Gymnasium ernannt. Die Stelle eines Hülfslehrers
Berichte über gelehrte Anstultcn, Verurdimngen, Statist. Notizen. 290
wurde von dem Lehriimtscandidaten Dorn und nach dessen Ernennung
zum Priiceptor in Cannstatt von dem Lehramtscandidaten Klaiber ver-
sehn. Der Lehramtscandidat Kauffmann leistete Ansliülfe für den zu
einer wissenschaftlichen Reise beurlaubten Gj'mnasiallehrer Märklin;
der Lehramtscandidat Lauser wurde zum Amtsverweser für den er-
krankten Professor Holz er ernannt; der Vicar am Obergymnasium
Professt)r Haakh erhielt auf ein Jahr Urlaub; zu seinem Stellvertreter
wurde Dr Herzog- ernannt. Schülerzahl 525, und zwar Oberjrymna-
sium 104, Miftelgymnasium 194, Unterg-ymnasium 227. Dem Jahres-
bericht vom Kector Scinnid geht voraus eine Abhandlung von Professor
DrKöstlin: über die UuverüinlerlichkeU der organischen Species (37 S. 4).
Ueber Ulm vgl. Heft 1 S. 45—48.
Fulda. Dr Ostermann.
PreuszenlSöO.
Aus den Programmen des Königreichs Preuszen, welche zu Ostern
und Michaelis 18D0 erschienen sind, teilen wir folgendes mit:
I. R h e i n p r o v i n z 1860.
L Aachen.] In dem Lehrercollegium haben im verflossnen Schul-
jahr folgende Veränderungen stattgefunden: nach dem Abgang des ersten
Oberlehrers Dr Menge rückten die nachfolgenden Oberlehrer auf und
der bisherige fünfte ordentliche Lehrer Dr Renvers wurde zur vierten
Oberlehrerstelle befördert; der bisherige commissarische Lehrer Dr Mi 1 z
ist als sechster ordentlicher Lehrer angestellt worden. Lehrerpersonal:
Director Dr Schön, die Oberlehrer Dr Klapper, Professor Dr Oe-
beke, Dr Savelsberg, Dr Renvers, Religionslehrer Spielmans,
die ordentlichen Lehrer Oberlehrer Dr J. Müller, Chr. Müller,
Bonn, Körfer, Syre'e, Dr Milz, Pfarrer Nänny (Hülfslehrer für
evangel. Religion), Stiftsvicar Fuchs (Hülfslehrer für kathol. Religion),
Schreiblehrer Schmitz, Gesanglehrer Baur, Zeichenlehrer Neid inger,
Turnlehrer Rensing. Schülerzahl 391 (I 73, II 9ü , III 54, IV 57,
V 55, VI 56). Abiturienten 35. Den Schulnachrichten geht voraus:
Bemerkungen über mathematischen Unterricht an Gymnasien. Ueber Bildung
von Zahlengröszen. Vom Oberlehrer Dr Renvers (8 S. 4).
2. Bedburg.] An die Stelle des mit dem Schlusz des vorigen Schul-
jahrs ausgeschiednen Inspectors Hinzen trat der bisherige Kaplan
Fuszbahn; der bisherige wissenschaftliche Hülfslehrer Dr Wiel wurde
zum ordentlichen Lehrer befördert. Lehrerpersonal: Director Roeren,
Religionslehrer Brück mann, die ordentlichen Lehrer Oberl. Becker,
Oberlehrer Blase, Noel, Heicks, Dr Caspar, Dr Wiel, wissen-
schaftlicher Hülfslehrer Hü hier. Oberlehrer Blase leitete auch den
Turnunterricht. Schülerzahl 43 (I 6, II 15, III 8, IV 8, Vorbereitungs-
klasse 6). Abiturienten 2. Den Schulnachrichten geht voraus: 1) über-
die vorchristlichen Opfer. Erste Abteilung. Von dem Religionslehrer Brück-
mann (26 S. 4). I) Wesen und Ursprung des Opfers. II) Die Opfer
der patriarchalischen Zeit. 2) Nekrolog des frühern Ober- und Studien-
directors der rheinischen Ritter- Akademie P. J. Seul (8 S. 4).
3. Bonn.] Einen schmerzlichen Verlust erlitt die Anstalt durch den
Tod des Gymnasiallehrers G. Dronke. Der Lehramtscandidat Dr
Lexis hielt sein Probejahr ab; als zu Ostern die Schulamtscandidaten
Dr Wiel iind Leber eine commissarische Beschäftigung, der erste am
Gymnasium zu Trier, der andere in Aachen erhielten, traten Dr Konen
und Dr Dronke ein, ura das vorschriftsmäszige Probejahr abzuhalten.
Lehrerpersonal: Director Professor Dr Schopen, die Oberlehrer Re-
macly, Freudenberg, Zirkel, Dr Klein, Religionslehrer Dr Dü-
bel mann, die ordentlichen Lehrer Oberlehrer Werner, Kneisel,
300 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slatist. Notizen.
Oberlehrer Dr Humpert, Sonnenburg, Dr Binsfeld, Pfarrer Wol-
ters und Professor Di este 1 (evangel. Religionslehrer), Kaplan Sassel
(kathol. Religionslehrer), die commissarischen Lehrer Bruders, Dr
Strerath, Grevelding, Dr Küppers, Dr Deiters, Gesanglehrer
Lützeler, Zeichenlehrer Philippart. Schülerzahl 357 (1*18, Ib 35,
II'' 29, IIb 33^ ina 27, III "^ 30, IV ^ 28, IV ^ 28, V ü5, VI 64). Abi-
turienten 18. Den Schulnachrichten geht voraus: observationes Ovidianue
criticae. Von Dr Binsfeld (13 S. 4).
4. Cleve.] Im verflossnen Schuljahr haben drei Lehrer gleich-
zeitig die Anstalt verlassen: Oberlehrer Dr Schwalb übernahm die
Leitung eines Töchterinstituts und einer damit verbundnen Schule in
Neuwied; Oberlehrer Dr Wulfert folgte dem Ruf als Director an das
Gymnasium in Herford; Hülfslehrer Dr Lüdke gieng als ordentlicher
Lehrer an die Realschule nach Stralsund. In das Lehrercollegium traten
ein: Oberlelirer Dr Seh mied er, bisher am Joachimsthalschen Gym-
nasium in Berlin, als Hülfslehrer: Dr Tillmanns und Bernhardi,
bisher an der Realschule in Lippstadt. Am Ende des Schuljahrs schied
aus seiner Stellung der Director Dr Herbst, um einem Ruf als Director
an das Friedrich- VVilhelms-Gyranasiura in Köln zu folgen. Dem Gym-
nasiallehrer Dr Hundert wurde der Oberlehrertitel verliehn. Das Leh-
rercollegium bildeten: Director Professor Dr Herbst, Oberlehrer Dr
Feiten, Oberlehrer Dr Schmieder, Oberlehrer Dr Hundert, Gym-
nasiallehrer Jacob, die Hülfslehrer Bernhardi und Dr Tillmanns,
Kaplan Dr Driessen, die Elementarlehrer Tüllmann und Oxe'; Zei-
chenunterricht erteilte Kreisbaumeister Giersberg, Gesangunterricht
Musikdirector Fiedler. Schülerzahl 100 (I 9, II 14, 111 19, IV 18,
V 20, VI 20). Abiturienten 5. Den Schulnachrichten geht voraus:
specimen emendatioyium conscripsit H. Jacob (25 S. 4). I) Emendationes
Lycurgiae. II) Emendationes Ampelianae.
5. CoBLENz.] Die Veränderungen im Lehrercollegium waren folgende :
Vicar Neis trat aus seiner Stellung als Hülfslehrer für den katholischen
Religionsunterricht und gieng als Pastor nach Lauscheid; Dr Hilgers
wurde nach Köln versetzt; Dillenburg erhielt eine commissarische
Beschäftigung am Gymnasium zu Emmerich; Candidat Kühl nahm eine
Lehrerstelle an der hohem Stadtschule zu Gladbach an; der Geistliche
Dr Steinhausen wurde aus Emmerich wieder an das hiesige Gymna
sium berufen; dem Dr Seh wer dt, der bisher am Gymnasium zu Köln
commissarisch beschäftigt war, wurde die sechste Lehrerstelle verliehn;
der Hülfslehrer für den evangelischen Religionsunterricht Rimbach
erhielt die Stelle eines Inspectors der Erziehungs- und Besserungsan-
stalt zu Boppard , die Functionen desselben übernahm der Lehrer an
der höhern Stadtschule Freudenborg; der Oberlehrer Professor Bigge
folgte einem Rufe als Director des neu gegründeten katholischen Gym-
nasiums an der Apostelliirche zu Köln; Dr Lauffs übernahm eine Leh-
rerstelle bei der höhern Realschule zu Köln, Lehrerpersonal: Director
Dominicas, Religionslehrer Schubach, Oberlehrer Floeck, Ober-
lehrer Dr Boymann, Oberlehrer Happe, die ordentlichen Lehrer
Klostermann, Dr Montigny, Dr Baumgarten, Stumpf, Dr
Maur, Dr Schwerdt, Hülfslehrer Stolz, Rector Troost (evangel.
Eeligionslehrer), die commissarischen Lehrer Dr Ste inhausen (kathol.
Religionslehrer), Dr Conrad, Meurer, Freudenberg, Zeichenlehrer
Gotthard, Gesanglehrer Mand. Schülerzahl 420 (I ^ 19, I ^ 19, II'
33, II b 34, III 79, IV 90, V 76, VI 70). Abiturienten 18. Den Schul-
nachrichten geht voraus: de nova Aescliyli Agamemnonis recensione spe-
cimen. Scripsit Fr. Ign. Schwerdt (24 S. 4).
0. Duisburg.] Den Oberlehrer Fulda verlor die Anstalt durch den
Tod. Candidat Natorp trat zur Vertretung des Professors Hüls-
Berichte über g^elehrfe Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen. 301
mann, zugleich aber zum Ersatz des in der Realschule fehlenden Leh-
rers ein. Der Lehrer der Mathematik erhielt den Titel als Professor.
An die Stelle des Candidaten Keuchen, welcher ausgeschieden war
um eine Lehrerstelle an der hohem Bürgerschule in Rheydt zu über-
nehmen, ti-at Candidat Dickh aus. Lehrerpersonal: Director Dr Eich-
hoff, Professor Köhnen, Professor und Keligionslehrcr Hülsmann,
Oberlehrer Dr Liesegang, Oberlehrer Dr Lange, die Gymnasiallehrer
DrWilms, DrFoltz, Schmidt, die Reallehrer Klan ke, Polscher,
Werth (auch ordentlicher Lehrer des Gymnasiums), die Candidaten
Keuchen, Natorp, Dickhaus, Zeichenlehrer Knoff, Kaplan Gail-
lard (kathol. Religionslehrer), Werth Lehrer der Vorschule. In die
Stelle des Candidaten Natorp ist nun Dr Fischer, dermalen Lehrer
an der Realschule in Erfurt, ernannt worden und wird mit dem neuen
Schuljahr eintreten ; desgleichen ist für die vierte Lehrerstelle an der
Realschule Dr M eigen, bisher Lehrer an der Realschule zu Marien-
burg, ernannt worden. Schülerzahl des Gymnasiums 168 (I 24, II 27,
III 30, IV 31, V 20, VI 36), der Realschule 53 (I 12, II 26, III 15),
der Vorschule 33. Abiturienten 10. Dem Jahresbericht ist beigegeben:
de consecrationis dedicationisque apud Romanos generibus variis. Pari. 1.
Memoriae solemnium saecularium III gymnasii Duisburgensis a. d. XV.
Kai. Nov. a. MDCCCLIX celebratorum consecravit Dr C. Eichhoff,
gymnasii director (23 S. 4).
7. Düren.] Die durch die Trennung der Secunda nötig gewordene
Vermehrung der Lehrkräfte wurde dadurch beschafft, dasz der Geistliche
Schulamtscandidat Con rads, nachdem er sein Probejahr zur Hälfte am
Gymnasium zu Bonn abgehalten hatte, zur Vollendung desselben und
zugleich zur vollständigen Wirksamkeit eines Lehrers dem Gymnasium
überwiesen wurde. Der Zeichenlehfer Nagel folgte einem Ruf an die
Realschule zu Köln; die erledigte Stelle wurde dem Maler Sommer
übertragen. Lehrercollegium: Director Dr Meiring, Oberlehrer und
Religionslehrer Elvenich I, Oberlehrer Ritzefeld, Oberlehrer Dr
Spengler, die ordentlichen Lehrer Esser, Ciaessen, Hagen, Dr
Schmitz, Dr Se'ne'chaute, Candidat Conrads, evangel. Pfarrer
Reinhardt, Zeichenlehrer S o mm er, Gesanglehrer J onen. Schüler-
zahl 180 (I 25, IIa 28, IIb 34^ m 20, IV 35, V 21, VI 17). Abi-
turienten 10. Den Schulnachrichten geht voraus: studia orthoepica et
orlliograpMca Latina. Scr. Dr Schmitz (16 S. 4).
8. Düsseldorf.] Mit dem Beginn des Schuljahrs wurde der Gym-
nasiallehrer Dr Frieten, bisher an dem Gymnasium zu Münstereifel,
in sein Amt eingeführt; zugleich trat Dr Uppenkamp in die vierte
Oberlehrerstelle ein und übernahm Candidat Ho üben commissarisch
eine Lehrerstelle. An die Stelle des evangelischen Religionslehrers
D roste, der zu einem Pfarramt in Berlin erwählt worden war, trat
Dr Herbst. Die von dem Inspector der Akademie AVintergerst ,
der seine Versetzung in den Ruhestand nachgesucht hatte , erteilten
Zeichenstunden wurden von dem Maler Holthausen übernommen. Der
Schulamtscandidat Menge hielt sein Probejahr ab. An dem Schlusz
des Schuljahrs wurde Dr Krausz an das katholische Gymnasium an
der Apostelkirche in Köln versetzt und Dr Kühl, bisher an dem altern
katholischen Gymnasium in Köln beschäftigt, zum vierten ordentlichen
Lehrer ernannt. In die Stellen eines dritten und eines fünften ordent-
lichen Lehrers traten Kaiser und Houben ein. Lehrerpersonal:
Director Dr Kiesel, Oberlehrer Grashof, Religionslehrer Kr ahn,
Oberlehrer Mar CO witz , Oberlehrer Dr Schneider, Oberlehrer Dr
TTppenkamp, die ordentlichen Lehrer Dr F rieten, Kirsch, Kaiser.
Kühl. Houhen, Dr Herbst, Hülfslehrer Stein, Schulamtscandidat
Houben, Maler H olthausen. Schülerzahl 290 (I 29, II « 16, IIi'28,
302 Berichte über gelehrte Ansfallen, Verordnungen, Statist. Notizen.
III 46, IV 52, V 52, VI 67). Abiturienten 6. Den Schnlnachrichten
geht voraus eine Abhandlung des Oberlelirers Dr Schneider: über die
bei gegenseitige?- Beriihrung vo7i Körpern verschiedner Temperatur entstehen-
den Klangfiguren (15 S. 4).
9. Elbeefeld.] Der erste Gymnasiallehrer Dr Baumeister folgte
einem Ruf an das Gymnasium zu Lübeck; in Folge dessen rückten die
vier folgenden Lehrer Dr Petri, Dr Petry, Dr Crecelius und Dr
Vogt in die nächst höhere Stelle auf; die Versehung der fünften Lehrer-
stelle wurde dem Caudidaten der Theologie Gros eh provisorisch über-
tragen; auszerdem leistete der Candidat der Philologie Drinhaus einige
Zeit Aushülfe. Lehrercollegium: Director Dr Boutervvek, die Ober-
lehrer Professor Dr Clausen, Professor Dr Fischer, Dr Völker,
die ordentlichen Lehrer Dr Petri, Dr Petry, Dr Crecelius, Dr
Vogt, Candidat Grosch, Candidat Drinhaus, Gesang- und Schreib-
lehrer Kegel, Kaplan Rum pen (kathol. Religionslehrer), wissenschaft-
licher Hülfslelirer Dr Wiecke, Zeichenlehrer Bramesfeld. Schüler-
zahl 24Ö (I 20, II 38, III« 41, III b 25, IV 27, V 28, VI 41, Vorschule
25). Abiturienten 13. Den Schulnachrichten geht voraus die Abhand-
lung des Gymnasiallehrers Dr Crecelius: über die Wurzeln MA und
MAN. Der Verfasser erkennt hierin zwei anfangs getrennte Wurzeln,
von denen die eine sich aus ma zu man erweitert, wärend die andere
von Anfang an man gelautet habe. Die verschiednen secundären Be-
deutungen der Wurzel werden in bestimmte Gruppen verteilt und aus
der vorausgesetzten Grundbedeutung entwickelt.
10. Emmerich.] Der Schulamtscandidat Dr Steinhausen, der
interimistisch den Religionsunterricht erteilt hatte, wurde nach Cobleuz
zurückberufen, und der Schulamtscandidat Thürlings, welcher auch
nach seinem Probejahr als Hülfslehrer thätig gewesen war, nach
Münstereifel versetzt. Der bisherige Kaplan Dr Richters wurde als
Religionslehrer definitiv angestellt, der Schulamtscandidat Dillenburg
commissarisch beschäftigt. Lehrerpersonal : Director Nattmann,
die Oberlehrer Dederich, Hotten rott, Knitterscheid, Religions-
lehrer Dr Richters, die ordentlichen Lehrer Dr Havestadt, Dr
Gramer, Dr Ehlinger, Candidat Dillenburg, evangel. Pfarrer
Uhlenbruck, Zeichenlehrer Sweekhorst. Schülerzahl 126 (I 18,
II 16, III 21, IV 20, V 19, VI 32). Abiturienten 8. Den Schulnach-
richten geht voraus eine Abhandlung des Oberlehrers Dederich: Bei-
träge zur ältesten Geschichte des clevischen Landes zur Zeit der Römer-
herschaft und der Normannen fahrten (22 S. 4).
11. P]ssEN.] An die Stelle des als Oberlehrer nach Wesel berufnen
Dr Frick wurde Dr Anton, zuletzt an dem Gymnasium zu Stendal
beschäftigt, an die Stelle des als Oberlehrer nach Kempen berufnen Dr
Gansz der bisherige wissenschaftliche Hülfslehrer au dem Gyinnasium
zu Münster tenDyck berufen. Lehrerpersonal: Director Dr T op hoff,
die Oberlehrer Buddeberg (zugleich Religionslehrer), Litzin ger,
Mühlhöfer, Seemann, die Gymnasiallehrer A chternb o seh, Seck,
Dr Anton, ten Dyck, kathol. Religionslehrer Kratz, Zeichen- und
Schreiblehrer Steiner, Gesanglehrer Helfer, Schülerzahl 243 (I 41,
11'^ 13, IIb 25, III 42, IV 44, V 39, VI 39). Abiturienten 24. Den
Schulnachrichten geht voraus : de C. lulii Caesaris com?nentarioru7n fide.
Scr. Ferd. Seck. Part. I (11 S. 4).
12. Köln.] a) Katholisches Gymnasium. Dr Schwerdt
wurde zu einer ordentlichen Lehrerstelle an dem Gymnasium zu Coblenz
befördert; an seine Stelle trat der Schulamtscandidat Dr Hilgers,
welcher zuletzt au dem Gymnasium zu Coblenz commissarisch beschäf-
tigt gewesen war. An die Stelle des ausgeschiednen Caudidaten Enders
trat der Candidat Straubinger. Die Caudidaten Dr Hünnekes und
Berichte über gelelirli- Anstallen, Verordnungen, stalisl, Notizen. 303
Dr Röckerath hogannen ihr Probejahr. Der ordentliche Lehrer Nie-
g'eniann wurde zum dritten Oberlehrer an dem neuen kathol. Gymna-
sium an der Apostelkirche befördert. Das älteste Mitglied des Lehrer-
collegiunis , welches bereits im Jahr 1814 hier in seiner Vaterstadt in
das höliere Lehramt eingetreten war, ist mit dem l. October auf sein
Ansuchen in den Ruhestand getreten. Das Gymnasium , welches in den
letzten Jahren zu einem vollständigen Doppel- Gymnasium mit 16 ge-
trennten Klassen herangewachsen war, wird mit dem Beginn des neuen
Schuljahrs auf ein einfaches Gymnasium mit 8 Klassen zurückgeführt
werden. In Folge dessen werden fast sämtliche commissarisch beschäf-
tigte Lehrer mit dem I'^nde des Schuljahrs ausscheiden. Lehrerpersonal:
Director Ditges, die Oberlehrer Professor Dr Ley, Dr Pütz, Reli-
gionslehrer DrVosen, DrSaal, Kratz, Dr Stau der, die ordent-
lichen Lehrer Professor Kreuser, Rheinstädter, Oberlehrer Vack,
N lege mann, Oberlehrer S c hafteubrand, Dr Charge', die wissen-
schaftlichen Hülfslehrer Gor ins, Dr Rangen, Dr Hilgers, Ho 11 er,
Grundhewer, Dr Walde, Dr Busch, DrKuhl, Zons, Dr Langen,
Stranbinger, die Probecandidaten DrHünnekes, Dr Röckerath,
Schreiblehrer Baum, Zeichenlehrer Dreesen, Divisionsprediger Hun-
ger (evaugel. Religiouslehrer). Schülerzahl 021 (I* 48, I** 51, 11" 74,
IIb 69^ ni 8(3, IV 88, V 97, VI 108). Abiturienten 43, Den Schul-
nachrichten geht voraus eine Abhandlung des Oberlehrers Dr Saal:
de demorwn Alticae per tribus flistrihntione. Part. 1: demos tribiis Erech-
iheidis tenens (39 S. 4). — b) Frie d ri ch -Wilhelms -Gymnasium.
Mit der interimistisclien Verwaltung der Directorstelle wurde der Pro-
fessor Hos z auch für das neue Schuljahr beauftragt. Der Probecan-
didat Dr Behr ns erteilte Aushülfe, und zwar zunächst zur Erleichterung
der drei Lehrer, welche die Lectionen des verstorbenen Directors Knebel
übernommen hatten. Der katholische Religionslehrer Dr Schlünkes
folgte einem Ruf als Regieruugs - und Schulrath bei der Regierung zu
Düsseldorf und der Oberlehrer Dr, Probst einem Ruf als Director des
Gymnasiums zu Cleve. Lehrercollegium : die Oberlehrer Professor Hosz,
Dr Pfarrius, Regierungsrath Gr asho f (evangel. Religionslehrer), Dr
Schlünkes (kathol. Religionslehrer), Oet tinger, Haentjes, Dr
Probst, Dr Eckertz, Feld, die Gymnasiallehrer Dr Weinkauff,
Dr Kocks, die Hülfslehrer Berghaus, Serf, Candidat Dr Behrns,
Gesanglehrer Musikdirector Weber, Zeichenlehrer Nagel. Schülerzahl
344 (I" 25, Ib 35, II« 24, II'' 2(3, III 57, IV 67, V 54, VI 56). Abi-
turienten 27. Den Schulnacbrichten geht voraus eine Abhandlung vom
Hülfslehrer Serf: über die Bewegung eines tnateriellen Punktes auf der
Oberfläche eines homogenen Rotations- Edipsoids in Folge der von der Masse
des letztern nach dem Nemtonschen Gesetz auf Um ausgeübten Anziehung
(21 S. 4).
13. Kreuznach.] Der katholische Religionslehrer Kaplan Weisz-
brodt wurde zur Pfarrei in Tholei befördert; an seine Stelle trat
Kaplan Bourgeois. Dem Gymnasiallehrer Dr Liep in Anklam wu'de
die am Gymnasium erledigte Ijchrerstelle übertragen. Lehrerpersonal:
Direeior Professor Dr Axt, die Oberlehrer Professor Grabow, Pro-
fessor Steiner, Waszmuth, die ordentlichen Lehrer Dr Dell mann,
Oberlehrer Mö bring, Oxe', Dr Liep, Kaplan Bourgeois, wissen-
schaftlicher Hülfslehrer Weinmaun. Zeichenlehrer Cauer. Schüler -
zahl 174. Abiturienten 5. Den Schnlnachrichten geht voraus eine Ab-
handlung vom Director Dr Axt: Coniectan^a ffomerica (43 S. 4). Die
behandelten Stellen sind folgende: Iliad. I 133 — 34: öqjQCC = dum, el&ccQ
statt kvtÜq. II 2.'^9: ag yag firj naiSEg. II 703: noViov öe rov (oder
ntv) «pj'O''. II 791: ^i'aciTO Sf ^uocprjv. II 813 — 814; rrjv jjtoi qc^ Q-foI
äv&QcjTTOi Sf r? arjfiK, III 180: daiqQ avr' i^ög ton Hwämdog,
304 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
rj not' sjjv yg i. e. vel fuit saltem. IV 17: ft Srj ircog vel st S'' ovv
Tiag. IV 487: [iij neos, cog itavdyQoio Ilvov dipcat-v dXövreg. V 516:
(iSTÜlXriaav ds fitv ovxi. V 554: oico rajäs. VI 124: ov ai ys yaQ
not' oder ov (lev (}iriv) yccQ os y onancCy oder ^ccxijo' svi. VI 447:
SV S' uq' iym. VI 492— 493 nach figP.rjCfi ein Komma. VII 113—114:
Tovxca -HS — Qiyria'. VII 128 wird nach oi'-Kco das Komma getilgt und
gelesen: 'Agysicov aicov. VII 443 — 464 verdächtig. VIII 108: ovg x6x
an . VIII 166: osys dai^ovi dcöaco. IX 452: l'v' ix'^V Q^'-i^'- Y^-
Qovxi oder tx^r]Qixi(i' s ySQOvxi, oder TtQOiMiyrjv' , l'v' dnex&rjQai^i ys-
Qovxi. X 345: avxoi. X 499: ßvv 8 r] eIqsv lauGt oder avv ds Sri
fIqfv. XI 636 — 637: imitatione sunt e^cta ad huiusmodi locos: II.
XVI^140— 144. XI 650: aysg. XI 696— 697 : st'Afi:', dsigag fii^Xa XQf^-
Mo'fft'. XI 762: cog si'^i' i] nox' bov ys fiEir' dvögäaiv. XII 23: v.ovCrj
nut dgrjL&öav. XIII 287: ovSs xig — xsöv v,e. XIII 315 — 316:
jitf-V statt ju-tv. XIV 102: drjlrjasxciL Aorist. XV 18: oxs x' vipöc'
dvsKQS aa. XV 302: Tsi^yigog MrjQiövrjg xs Mf'yjjg t' dxdlavxog "Aqjji.
XV 680: avvavsiQSxcii. XVI 58: xrjv fi' dip oder «,' sksxo. XVI 99:
vd) <J' SKÖvrjiisv olsdQOV. XVI 650 — 651: drjäacci und sIolxg, ocpsi-
Isisv. XVII 16: zur Vermeidung des Hiatus tm I'/x' sa oder fi?j s^' sa.
XVIII 100: liiELO 81 8srjasv oder i^ov 8} Ssrjosv. XIX 43: oT ys — ^sv
fvov. XIX 93: TTilvaxaL, dXld ydo ri ys. XIX 302: ndxooyilov Ttgö-
cpaaiv, Kat, o avxcov oder ngocpaaiv y , aiia o avxcov %?jof SKaöxrj.
XX 14: >t«t avxog oder ^sx^ dXlovg. XX 121 — 122: fif'ya KQUxog, sv 8s
TL — ysvta&co. XX 215: ovv statt av. XX 316 — 317: Ttdca &SQr]xat
i. e. incensa exuretur. XX 362: Kar« oxix^g. XX 493 — 494: v.xsivaiv
rovg scpsncDV. XXI 190: [itv t= atqui , xcSv statt xcß. XXI 249 — 250:
[isv statt (ilv. XXI 534: STtst y' sg xsix^g dvaTtvsvaovxai oder dva-
Ttvsvaovci. XXII 84 : olIsvs 8s 8i]tov dv8Qcc xsi'xsog svxog Icov. XXII
157: TtagdSgci^' 6 jisv, XXII 202: ttms 8s vvv. XXII 349: si' fiOL 8s-
nd^ig xs Kai si-noadyiig {SsKaKtg xal isfucoaKig) kX-vx' änoiva, XXII
492: air^tct oder dg' siai. XXIII 74: dXdXrj^i' d^icp' . XXIII 200— 213
sollen einer spätem Zeit angehören. XXIII 296 — 297: 8cögov , l'v' o[
firj snoL^'. XXIII 597 — 598: nsgi axdxvsg oder Ttsg dßxdxvsg avv
sigGTß i. e. uti circnm sive penitus spicae recreantur , simula^ rore per-
fuuduntur. XXIV 56: yisvov snog. XXIV 68: i^^idgxavov igcov. XXIV
721 — 722: axovosaaav doiSrjg oi'firjv 8rj oder fisv &griVSOv oder ol^iov
äg' s&grjvsov. Odyss. I 443 soll nach Ttavvvxiog und dcöxco das Komma
wegfallen. IV 353: oV 8' dsl ßovXovxa i scov fi. s(p. IV 546: rj ydg
s'xi ^coov oder fisv — t] fiLV 'Ogsoxrjg. 646 soll der Genetiv von ßirj
abhängen. IV 692: sx&tJQSis. V 206: ksv st8sir]g. VII 69: xfti(ir]xaL
y' svi daxsL. IX 63: (ptXovg 8 oXsa. IX 470: Ttdvx' sv vrjL, XII
305: yXacpvgfiv svsgysa vrja. XII 389 — 390 werden für eingeschoben
erklärt. XIII 189 — 191: nsgl 8' äg &s6g, ocpga (donec) y.sv. XV
268: rj noxs y' -^v.^ XV 317: ciaa' sQ-sXoisv. XVI 2^1 •.Jm^vaovxsg.
XVI 437: ov8' soaöiisvög ys ysvrjxai. XVII 344: y,gsag, '6ac' oi ;^frpfg.
XVII 485: Kai 8s oder Kai ydg dsot. XVII 586: og xig dv sf-q. XVII
593: |w« q)vXdliov. XVIII 223: näg ovk, si xi ^stvog. XVIII 246:
sl ndvxsg as l'8oi.v dv' 'Idciov oder nag xig as i8oi — 'Jx<^'ög. XVIII
278: sndyovai. XVIII 289: og xig oder xoi dgsaxög. XVIII 383: ov-
vskÜ nsg. XIX 312: vno &viji6g oisxai. XIX 315: sGxi — ri nox'.
XX 242: avxdg snsi ccpiv. XX 383: o ksv ys xoi d^iov aXcpoi. XXI
260: Kai tv k' sicö^sv. XXII 290: tot'. XXIII 16: sigovaa. XXIII
52: acpco'C y' snißrjxov. XXIV 72: csv statt xoi. XXIV 263: ^(osiv =
spirare, scvai :=r superesse. XXIV 289: ^' ttot'.
(Fortsetzung folgt.)
Fulda. Dr Ostermann.
Zweite Abteilung:
für Gymnasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Ausschlusz der classischen Philologie,
herausgegeben vou Rudolph U i e t s c h.
8.
Die deutsche Sprache. Von August Schleicher. Stuttgart,
J. G. Cotta's Verlag. 1860.
Dasz dieses Werk kein gevvölinliches sei, und dasz wissenscliafl-
liclie Erg'ebnisse hier mit einer seltenen Klarheit und in lebendioer
Form dargestellt werden , darauf läszt uns der Name des Verfassers
von vorn herein sclilieszen; denn Schleicher beherscht ein sehr be-
deutendes Material und versteht es, v»'ie wenige, die Resultate seiner
Forschung- und der Forschungen seiner Fachgenossen in durchsichtige
Bilder zu fassen. Das ist ihm nun in dem vorliegenden ßuche im
vollsten Masze, und wol in einem vollem als in irgend einem frühern
gelungen; darum dürfen wir auch erwarten, dasz damit der Zweck
erreicht werde, den der Verf. im Auge hat, dasz viele, viele gebil-
dete Männer aller deutschen Gaue sich daraus Kunde ihrer Mutter-
sprache schöpfen und ihrem Sinn für das Vaterland eine neue Unter-
lage gewinnen. Wir hegen noch eine weitere Hoffnung, wir meinen,
es könne nicht anders sein als dasz ein solch reiches und klares Buch
auch manchen Lehrer des Deutschen erwecken und nicht minder dazu
beilragen müsze, dasz die Vertreter der classischen Philologie allge-
meiner Notiz nehmen von dem, was die historische Sprachforschung
überhaupt und für unser selbst jetzt noch herliches Deutsch insbesondere
geleistet; dieses Werk Schleichers ist eines der Werke, welche die
Klage, als könnte man doch nur mit unsäglicher Mühe in jenes Heilig-
tum eindringen, immer ungerechter erscheinen lassen. Unter den all-
gemeinen Punkten sind wir nur in einem mit Schi, nicht ganz einver-
standen, in seiner Auffassung von der Aufgabe der Sprachphilosophie
und von dem ursprünglichen Wesen der Sprache überhaupt. Das ist
aber ein Punkt, der einen sehr winzigen Teil des Buches ausmacht
und die Behandlung des Einzelnen nicht inficiert. Sucht der Leser
Belehrung und Erhebung auf diesem Gebiete, so werden ihm die in
dem neuesten Werke Steinthals, des Schülers und Kritikers von
Humboldt, und von Heyse und Lazarus reichlich geboten. Wir sind
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. ISUl. Hft 7. 20
306 Schleiclier: die denlsclie Sprache.
überzeugt, dasz Schi, selbst sich mehr und mehr, wo er Fragen der
Art, die einmal nicht seine eigenste Sache sind, berührt, sich an jene
begabten und begeisterten Männer anlehnen wird, welche umgekehrt
wieder von ihm lernen könnten. Doch wenden wir uns dem Einzel-
nen zu.
S. 3 — 117 handelt unter dem allgemeinen Titel 'Einleitendes'.
I) Von der Sprache im allgemeinen, von ihren verschiedenen Formen
und Sippen. II) Vom Leben der Sprache. III) Vom indogermanischen
Sprachstamme. IV) Von der deutschen Sprache. V) Von der hoch-
deutschen Sprache. VI) Von der Sprachwissenschaft. Das Wesen des
Wortes und somit der gesamten Sprache wird durch drei Moment«
bestimmt, durch Laut, Form und Function. Eine vierte Betrach-
tungsweise ist die syntaktische. Die Lehre vom Laute ist die
Lautlehre, die von der Form (in welcher Weise ein Ausdruck der
Bedeutung statllindet) die Morphologie, die wissenschaftliche Dar-
stellung der Function (der Entwickelung der BedeuUingen in der Be-
deutungs- und Beziehungswurzel und im ganzen Worte, also was
Haase nur in weniger tiefem und umfassendem Sinne einst Bedeutungs-
lehre genannt) — bisher auch noch nicht einmal versucht — ist die
Fu ncti on sl ehr e und die Lehre vom Satze die Syntax. Schi,
versucht nacl» diesem eine morphologische Einteilung der Spra-
chen, die recht nützlich sein kann, wenn man bei dem Aeuszerlichen
nicht stehen bleibt, und des Verf. Formeln bieten uns ein nicht unge-
fälliges Bild. Isolierende Sprachen heiszen ihm diejenigen, welche
ihre Elemente nicht verschmelzen, sondern Wurzel (?) neben Wurzel
stellen. Eine zweite Klasse bilden die zusammenfügenden Spra-
chen mit der Abart der com bi ni er en d en. Die wichtigste und dem
eigentlichen Wesen der Sprache am meisten entsprechende Klasse bil-
den die Flexionssprachen, in denen sich Ausdruck der Bedeutung
nnd Beziehung innig durchdringt. Dieser Klasse gehören nur zwei
Sprachstämme an, der semitische und der indogermanische,
also die Sprachen der Culturlräger in der bisherigen Geschichte der
Menschheit. Die dann folgende Schilderung und Scheidung dieser
beiden Sprachstämme hebt das Charakteristische derselben in scharfen
Zügen hervor, und da stellt sich die klare plastische Einheit und Ein-
fachheit des Indogermanischen mächtig heraus. Sind die semitischen
und indogermanischen Sprachen je eines gewesen, so fällt das jeden-
falls nicht in die Zeit einer einigermaszen abgeschlossenen Entwickelung
beider. Vielleicht nimmt der Leser, nachdem er sich hier zurecht ge-
funden, noch Steinlhals Sprachtypen zur Hand und dringt dann noch
tiefer in den Charakter der beiden gewaltigen Sprachstämme ein.
Sprach Sippen oder Sprach stamme werden erkennbar und
durchsichtig durch das Verhältnis, in welchem die Laute ihrer einzelnen
Glieder zu einander stehen, wobei man natürlich deren eigentümliche
Lautgesetze erkannt haben musz. Diese Lautgesetze gefunden und fest
begründet zu haben ist also ein wesentliches Verdienst der historischen
Sprachforschung. Ob es nun aber denkbar wäre, dasz morphologisch
Schleicher: die deutsche Sprache. 307
verschieden gebaute oder auf verschiedenen Stufen stehende Sprachen
verwandt seien, darauf lassen wir uns aus gutem Grunde nicht ein;
sicher wäre dann die Verwandtschaft zu erkennen viel schwieriger, da
gerade die Beziehung ausdrückenden Elemente uns auch einen reichen
und sichern Stoff zur Vergleichung der Laute bieten. Doch unter-
scheiden sich nun die Sprachfamilien und die einxelnen Sprachen nicht
nur nach den Lauten, selir oft sind auch in den einen noch Wurzeln
lebendig, die in andern nicht mehr treiben, und dasselbe Verhältnis
zeigt sich im Ausdrucke der Beziehung. Beimischung von Fremdwör-
tern kann natürlich die Sprache nicht bis ins Innere allerieren. Da
sprachliche Sippen stets aber im Laufe der Zeit erst entstandene
sind, so kommt Schleicher mit darauf, zuerst nun vom Leben der
Sprache zu reden. Das zunehmende materielle Leben fällt in eine
vorgeschichtliche, das abnehmende und sich zersplitternde in die
geschichtliche Zeit. Sprachbildung und Geschichte sind sich ablösende
Thätigkeiten des Menschen, zwei OlTenbarungsweisen seines Wesens,
die nie zugleich stattfinden, sondern von denen stets die erstere der
zweiten vorausgeht. Sprache und Geschichte bilden der Völker Na-
tionalität. Wie die Sprache entstanden, darauf meint Schi., müste die
Sprachwissenschaft eigentlich nicht antworten. Wir sind der Ansicht,
dasz die Sprachwissenschaft, mag man auch ihren Begriff weiter oder
enger, höher oder tiefer fassen, jedenfalls an diesen Fragen das höch-
ste Interesse haben müsze, weil das Wesen des Keimes eine grosze
Bedeutung für dessen Entwickelung haben wird. Die Sprachen, da
können auch wir einstimmen, stammen nicht von einer einzigen Ur-
sprache; Menn aber verschiedene Laute und verschiedene Entwicke-
lungsfähigkeit von Anfang an dagewesen, dann wird auch kaum die
Form aller Sprachen durchaus identisch gewesen sein, obgleich wir
sie noch nicht geschieden zu denken vermögen. Wie lange nun die
Entwickelung der Sprache gedauert, wer wollte das bestimmen? Durch
Probabilitätsrechnung kommt der Verf. auf mindestens 20000 Jahre.
Sobald die Sprache auf ihrem Höhepunkte angelangt, fieng ihr Verfall
an Diesen Verfall kann man natürlich am leichtesten da verfolgen,
wo die Entwickelung am reichsten war, d. h. im Indogermanischen.
Man sucht sich die Laute bequemer zu machen, das ist eine physio-
logische Operation und ist also physiologisch zu erklären. Der Aus-
druck wird manigfach verwittert und eigentümlich bestimmt. Das
Streben nach Gleichartigkeit schränkt den üppigen Reichtum ein, As-
similation und Analogie erklären uns vieles. Es zeigt sich ein Ringen
nach Vereinfachung der sprachlichen Form: denke man hier nur an die
Declination, an ihre Verluste in Bezeichnung des Numerus und der
Casus, an die Magerkeit der lateinischen und germanischen Gonjuga-
tion. Was die Sprachen in früheren Zeiten hält, ist das Gefühl für
die Function der einzelnen Elemente des Wortes. Sprachgefühl und
Integrität der lautlichen Form stehen in geradem, Sprachgefühl und
Lautgesetze, Analogie, Vereinfachung der sprachlichen Form in umge-
kehrtem Verhältnisse zu einander. Sehr früh suchen die Sprachen den
20*
o08 Schleicher: die deutsche Sprache.
ihnen gewordenen Verlust zu ersetzen durch Zusammensetzung-
und Umschreibung; erstere ist verschieden, indem entweder — ■nnd
das geschieht schon in verhältnismässig sehr alter Zeit — Verbalfor-
men unmittelbar, wie im Lateinischen, an einen andern Verbal stamm
antreten oder zwei volle Verbalfurmen an einander anschieszen, wie
in den romanischen Sprachen. Dasz diese Auflösung der alten Formen,
dieser Uebergang von Synihesis in Analysis auch seinen Einflnsz auf
den Salzbau äuszern musz, ist einleuchtend. Aber auch die am meisten
heruntergekommenen Flexionssprachen sind dennoch von den isolie-
renden grundverschieden, nicht nur weil gerade die Wurzelverände-
rung auch bei der stärksten Abschleifung der Endungen haftet und
diese <loch nirgend völlig scliwinden, sondern auch weil der Sinn,
der ursprünglich in den ßeziehungsausdrücken lag, immer noch im
Hintergrunde wirksam ist.
Unter den Sprachsippen ist für die Erkenntnis des Deut-
schen die indogermanische die wichtigste, weil jenes ein Glied
dieser ist. Nicht nur wird nun erst durch die umfassendere Umschau
der Charakter der gesamten deutschen Wurzel- und Formenbildung
klar, sondern eben durch diese Klarheit stellt sich jetzt auch das Ei-
gentümliche des Deutschen im rechten Lichte dar, seine äuszere An-
mut, sein innerer Reichtum. Das indogermanische umfaszt acht Haupt-
familien: die indische, deren G r un d s pra che im Ve da zu suchen,
aus welcher sich das Sanskrit, die grammatisch geregelte Schrift-
sprache und die volksmäszigen Präer i tsprachen entfalteten ; 2) die
eranische, deren Grundsprache nicht erhalten ist, welcher dann
das A l tper s is che und A l Iba kt r i s ch e am nächsten stehen. Das
Armenische bildet eine eigentümliche Nebenart des Eranischen. Die
dritte Familie ist die griechische, von der vielleicht eine Abzwei-
gung im A 1 b a nesis che n liegt. Auch hier ist uns die Grundsprache
nicht erhalten, am Ireuesten sind ihr der dorische und äolische Dia-
lekt geblieben. Ebenso wenig können wir von der vierten itali-
schen Familie, zu welcher auszer dem Lateinischen das Umbrische
und Oskische zählen, die Grundsprache in der Litteratur noch nach-
weisen. In der keltischen Familie fehlt nicht nur diese, sondern
es gehen überhaupt Denkmale böhern Allers ab. Der sl a vis c h e n
Grundsprache steht am nächsten das Altbulgarische. Vom Li-
tauischen, dem das nun ausgestorbene Altpreuszische innig
verwandt ist, ist die altertümlichste Gestalt das Hoch li t a uisc h e
im südlichsten Teile des preuszischen litauischen Sprachgebietes. Die
deutsche Familie besitzt keine Grundsprache mehr, aber das Goti-
sche weicht nicht weit ab. Wir entdecken aber auch nähere Familien-
verwandtschaflen , wie diejenige zwischen den beiden asiatischen
oder arischen Familien, in Europa diejenige zwischen der gr i ecli i-
sch en (a 1 ba n esische n), italischen und keltischen. Die al-
tertümlichste asiatische und die ihr am nächsten kommende südeuropai-
sche Grundsprache sind Töchter einer asialisch-südeuropäischen Grund-
sprache gewesen. Italisch und Kellisch blieben aber, wie die neuesten
Schlciclicr: die deulsclie Sprache. 309
Forscliungeii sehr waiirscheinlich machen, nach der Lostreniiung' des
Griechischen noch länffcre Zeit als ein Gan/.es heisammen. Die nördliche
europüisciie Ableilmig oder die slav.-litanisch-denlsclie ist weniger al-
terliinilicli, nnd wir diirfen annehmen, dasz die Griipiie zuerst aus den
indogermanisclien Spraclien sich ausgeschieden habe. Den ursprüng-
lichen Wülinsitz der Träger dieser indogermanischen Grundsprache
verlegt auch Schleicher, wie alle neuesten Forscher, nach Cenlralhoch-
asieti, westlich vom Belurtag und Mustag. Was der Verfasser über
indogermanische Mythologie hinzufügt, wird er gegenüber Kuhns
Schriften kaum beweisen wollen.
IV. Von der deutschen Sprache. Diese fällt in einer ersten
Periode mit der indogermanischen Ursprache zusammen, in einer
zweiten bildet sie eine Einheit mit dem Slavischen. Da sind die alten
Aspiraten aufgegeben, ebenso der alte Conjunclivus, der, wie im
l.ateinischen, vom Optalivus mit vertreten wird, und das Augment,
ein vorgesetzter Instrumentalis (ursprünglich d 'mit dem damals');
manche Wurzeln und Worte sind eigentümlich. Die deutsche
Grundsprache zeichnet sich aus durch die Lautverschiebung, durch
eigentümliche Sonderung der bestimmten und unbestimmten Adjecliva,
durch Festhalten am allen Vokalsysteme und Weiterentwickelung des-
selben in höchst regelfester Weise, durch Beibehaltung des alten Per-
fectums und neue Bildung eines solchen, durch eigentümliche Wurzeln
und Wörter. Als Beispiel wählt der Verf. die Lautverschiebung. Nur
in den Mediae für die alten Aspiralae stimmen die slavisch - kellische
und die deutsche Grundsprache zusammen. In diese Periode der einen
deutschen Grundsprache versetzt Schi, die Entstehung (?) der deut-
schen Mythen und die Ausbildung der altern epischen Dichtung. Die
vierte und letzte Periode ist historiscii. Sie beginnt mit der Schei-
dung der einen deutschen Grundsprache in mehrere Mundarten, die
sich zu selbständigen Sprachen entwickeln. So zerfiel die alte deut-
sche Grundsprache durch innern Prozess allmählich ins Gotische, ins
Deutsche im engern Sinne, und ins Nordische. Das Gotische
ist lautlich ausgezeichnet, es besitzt allein noch das Mediopassivum,
das auch Kelten und Slaven nicht mehr haben; unter den deutschen
Dialekten hat nur das Gotische noch Perfectreduplication. Doch hat
es schon gelitten: ein strenges, von Westplial entdecktes Auslauts-
gesetz tilgte manche ursprünglich auslautende Consonanten, und kürzte
und verllüchtigte auslautende Vokale und Vokale der auslautenden
Silben. Das Gotische verlor Formen, welche das Deutsche im engern
Sinn und das Nordische noch besitzen. So ist in einzelnen alid, Ver-
balendungen noch älteres da, und es hat den Instrumentalis erhalten;
über das Perfect mit s im Ahd. und Nord, werden wir unten sprechen.
Das Deutsche im etigern Sinn teilt sich schon friih in Niederdeutsch,
Sächsisch, Altsächsisch und Angelsächsisch, neben weichen
das Friesische als besondere Abzweigung steht. Unterschiede des
Deutschen vom Gotischen und Nordischen liefen nicht nur im Wort-
vorrathe, sondern auch in der Grammatik, wie z. B. die deutschen
310 Schleicher: die deulsche Sprache.
Sprachen die zweite Person Singiilaris Perfecli nicht durch /, sondern
durch i mit dem Ablaute des Plur. bilden, eine Bildung- die erst das
Neuhochdeutsche wieder verläszt, indem es diese Form mit der zwei-
ten Person Präs. Sing, gleich machen will. Wie sich das Sächsische
ins Plattdeutsche und Niederländische verzweigt, das An-
gelsächsische ins Englische übergeht, so das Nordische ins
Isländische und das neunordische Schwedische und Dänische.
V. Von der hochdeutschen Sprache. Die althochdeutsciie
Sprache (vom 7n — lln Jh., wo die Vokale der auf die Stammsilbe
der Worte folgenden Silben nicht mehr nur vereinzelt in ein ununter-
schiedenes e übergehen) kennen wir nicht in einheitlicher Form, son-
dern nur aus den Denkmalen der nicht mehr völlig gleichsprachigen
oberdeutschen Stämme der Franken, Alamannen und Schwaben und
der Baiern; aber eine Scheidung der fränkischen, alamannisch-
schwäbischen, bairisch- österreichischen Dialekte ist aus mehreren
Gründen schwer durchführbar. Auszerdem bietet uns das Althochd.
verschiedene Altersstufen. Eigentümlich dem Abd. ist nun die zweite
Lautverschiebung, die sich jedoch nur allmählich entwickelt und an sich
und wegen der Verschiedenheit ihres Maszes in verschiedenen ober-
deutschen Gegenden noch viel anomaler ist als die urdeulsche; das
verfolgen wir hier nicht im Einzelnen. Dieser Auseinandersetzung
folgen sehr hübsche Winke über den Charakter der althochd. Litlera-
tur und ihren wesentlichen Unterschied von der mittelhochdeutschen.
In der mittelhochdeutschen Sprache bleiben die Vokale der Stamm-
silben im Ganzen dieselben, wie im Abd. und ebenso die Consonanten
dieselben, wie im mildern Abd. Gerade der Verlust der vollen Vokale
der Endsilben macht das Mhd. erst recht geeignet die höchste Feinheit
und Regelmäszigkeit des Versbaues zu erreichen. Verschiedene Mund-
arten lassen sich auch im Mhd. noch spüren, doch eine Mundart, Mhd.
im engern Sinn, gelangt zur allgemeinen Geltung als Sprache derLitlera-
tur und des höhern Umganges, nemlich die schwäbische. Die Blasse
der fremden Wörter entstellt die Sprache nicht, es herscht darin ein
feines Ebenmasz der Enlwickelung. Der Ton macht die Silbe noch
nicht lang, wie im Nhd., welches dadurch, dasz der Ton die Quantität
bestimmt, ei n tön ig wird. Das Neuhochdeutsche ist keine Mundart:
es ist sprachlich unnatürlich, aber eben deswegen ist es geeignet zum
gemeinschaftlichen Bande. Nach dem entwickelt der Verf. in
scharfen Zügen die nun wol allgemein angenommene Ansicht über die
Entstehung und Entwickelung der'neuhd, Schriftsprache und der neu-
hochd. Mundarten, welche letztern trotz dem Mangel an Sprachgefühl
manches Werthvolle bewahrt haben und zwar nicht überschätzt, aber
noch minder verachtet werden dürfen. Gelegentlich gibt Schleicher
interessante und die Nichlfachmänner gewis sehr überraschende Auf-
schlüsse über Wörter und Eigennamen, die in aller Munde sind; falsch
ist aber Albert aus al-berht statt aus adal-berht 'für oder im Ge-
schlechte leuchtend' erklärt. Im sechsten Abschnille der Einleitung
gibt der Verf. seine Ansicht von der Sprachwissenschaft, was niemand
Scilleicher: die deutsche Sprache. 311
ungereimt linden kann. Er trennt hier die Sprachwissenschaft oder
(jlottik von der S p ra cli ph i I os op h i e, welche die Lehre von der
Idee der Spraclie umfasse und deren (ji;hiet ein abstraktes, ideelles
sei, (ind von der Philologie. Die Glottik habe zum Ohject einen
Naturorganismns. Gewis herscht ein wesentlicher Unterschied zwi-
schen Sprachwissenschaft und Philologie, nur wird keine der beiden
die andere ungestraft übersehen dürfen. \\'ir können uns wenigstens
nicht denken, wie der Sprachforscher, sobald er sich einer Sprache
specieil zuwendet, den in andern Lebensgebieten sich kund gebenden
Nationalgeist unbeachtet lassen möchte, und wie der Philologe ver-
stände, was die ihn beschäftigende Nation in einem Hauptzvveige, in
der Sprache, geschalfen habe, ohne beim Sprachforscher in die Schule
zu gehen. Was nun aber das Verhältnis der sog. Glottik zur Sprach-
philosophie betrifft, so haben wir oben schon uns dahin ausgesprochen,
(lasz Schleicher hier die Kluft zu weit annimmt. Wer die neuern Ar-
beiten auf dem Felde der letztern kennt, weisz, dasz es sich dort um
sehr Concretes handelt, dasz die heulige Sprachphilosophie ohne die
historische Sprachforschung überhaupt nicht da wäre, diese aber von
jener gehoben und innerlich bereichert wird.
Es folgt nun als zweite Abteilung die mittelhochdeutsche
und neuhochdeutsche Grammatik.
Der Verf. will in wissenschaftlicher Ordnung nur die Elemente
mitteilen, nur eine Anregung zur Würdigung und zum grammalischen
Verständnisse des Mittelhochdeutschen und Neuhochdeutschen geben.
Aber das sind Elemente ganz anderer Art, als was man sonst so nennt:
auf den wichtigsten Punkten heben sie das Wesentliche in der schön-
sten Entwickelung hervor und vereinfachen durch die wissenschaftliche
Leuchte das Verschlungene und Verworrene. Zuerst kommen die Vo-
kale zur Behandlung. Um die Veränderlichkeit der deutschen Vokale
zu begreifen, musz man in die fernste Zeit des indogermanischen
Stammes sich zurück versetzen. Das älteste indogermanische Laut-
syslem trennte drei Grundvokale a, i, u. Zum Zwecke des Beziehungs-
ausdruckes sind diese einer bestimmten, allen dreien gleichartigen
Steigerung unterworfen, d. h. a wurde vorgeschoben, und mit dieser
Steigerung mag sich die Ursprache begnügt haben. Von der Trennung
aber in die einzelnen Sprachen entwickelte sich eine zweite Steige-
rung durch Vorsetzen eines n -{- a -— ä. So entstanden äa , äi, an.
Grundform, erste und zweite Steigerung bilden zusammen eine Vokal-
reihe, deren demnach drei sind. Aa und äa flössen bald in a zusam-
men, aber zwischen ä aus aa und ä aus äa musz einst ein Unterschied
bestanden haben. In der deutschen Grundsprache schwächte sich a oft
in u u. i, und wir bekommen da die Reihe i u r/ ä (für aa) ä (f. äa). Das
Deutsche sucht die erste und zweite Steigerung des a aus einander zu
halten, es bietet für die zweite e. Nur das Gotische färbt das ä der
ersten Steigerung nach i hin zu e. Wir finden aber a auch oft an der
Stelle eines ä für aa der Ursprache. Vor zwei Schluszconsonanten
findet sich im Deutschen kein echtes u oder i, nur u und i als Schwä-
312 Schleicher; die deufsche Sprache.
chung von a: binde, vulfs, für ursprüngliches varkas. Die I- und U-
Reihe sind ilirer ursprünglichen Dreigliederigkeit treu geblieben. Die
I Reihe lautet im Grunddeutschen und Gotischen: I, ei, ai, später i, i,
ei (e) ; die Ü-Keihe: u, in, au, später u, iu (io, ie), ü, oii (o). Schon
früh schmelzen vereinzelt iu zn u zusammen, das got. o geht meistens,
wo es in lebendigem Zusammenhange steht, in ahd. uo über. Selbst
das 31hd. steht also in seinem Vokalismus noch auf bezüglich ursprüng-
licher Stufe. Nach Darlegung des deutsciien Vokalsystems — denn das
ist es im schönsten Masze — zählt der Verf. vorläufig die mittelhoch-
deutschen Consonanten auf, was hier besonders darum geschehen musz,
weil vokalische Veränderungen, die nun zur Sprache kommen, teik
weise durch umgebende Consonanten bedingt sind. Nur die höchsten
Steigerungen der beiden Parallelreihen, der i- und u-Reihe, sind im
Deutschen von folgenden Consonanten abhängig. Folgt auf grund-
deutsches ai ein r, h, w, so tritt im Hochdeutschen e dafür ein, wie iu
lerau u. s. f. ; folgt auf grunddeutsches au (ou) ein h, r, I, n, d, t, z, s,
so tritt dafür ö ein, eine Erscheinung die teilweise auch im Lateini-
schen wiederkehrt. Zuweilen wirkt ein vorausgehendes w ein, wie in
wohha, woche für weche. Sehr wichtig sind für das Deutsche der erst
allmählich sich entwickelnde Umlaut durch folgendes i der nicht stamm-
haften Teile des Wortes und die ältere von Grimm sogenannte Brechung
eines u und i der Wurzel durch folgendes a, beides besondere Arten
der Assimilation, die im Ahd. auch noch in anderer Weise stattfindet.
Ob diese Assimilation nur Bequemlichkeit der Aussprache sei, ob nicht
auch der Sinn für Worteinheit mitwirke? In der Regel, aber nicht
immer, — und diese Ausnahmsfälle sind sehr interessant — , bleibt die
Wirkung verlorner und veränderter Laute. Diese bleibende Wirkung
ist grammatisch auszerordentlich bedeutsam, indem sie uns auf den
alten Bau der Worte leitet. Sie hat namentlich mit darauf geführt
die a-, i- und u-Declination gehörig zu scheiden. Aber noch auf andere
Art entwickeln sich im Deutschen vokalische Laute, so namentlich
durch Spaltung von w nach Vokalen in uw und durch Ausstoszung von
Consonanten zwischen Vokalen, lieber letztere Erscheinung besitzen
wir eine besondere Abhandlung von ,1. Grimm. Sehr alt ist im Deut-
schen der Perfecldiphthong, — im Mhd. meist ie — , indem der alle
Reduplicationsvokal mit dem Wurzelvokal zusammenrinnt. Wir lassen
uns hier auf die Frage nach dem ursprünglichen Vorgange nicht ein,
möchten aber doch auf die diesfälligen Untersuchungen Jacobi^s hin-
weisen. Eine alte, auch im Oskischen vorkommende Ausstoszung des
Consonanten findet sich in mere, mcr, eine Masse von jungem im Mhd.
Zuletzt erfolgt noch, nur nicht unumschränkt, die Verflachung der
nicht betonten Vokale in ein unscheinbares e, welches je nach seiner
Stellung ein tonloses oder stummes ist, so dasz wir (nehmen wir noch
das in Stammsilben vereinzelt statt a stehende e hinzu), im Mhd, nicht
minder als fünf Formen dieses Lautes erhallen. Ueber anderes, das hier
noch verfolgt wird, besonders über den nenhd. VoUalismus treten wir
nicht weiter ein. Was für jeden Abschnill unseres Buches gilt, dasz
Schleicher: die deutsche Sprache. 313
die Thatsachen in ihrer Eiitvvickelung mit bewiindernswerlher Klarheit
dargestellt werden, wollen wir für diesen reichen Abschnitt ausdrück-
lich anführen. Nachdem Schi, im zweiten Abschnitte die Consonanten
in ihrem Systeme und in ihrer Veränderung behandelt, geht er mit
dem dritlen zur Besprechung der Wurzeln und Vokalstämme über.
Erst der historischen Sprachforschung verdanken wir eine strenge
Auseinanderhaltung von primären und secundären Wurzeln, Stamm
und Wort. Hauptsächlich der verschiedenen Functionen wegen darf
man nicht nur, sondern soll man Pronominalwurzeln und Verbalwur-
zeln auseinanderhalten. Steinthal in seinem treiflichen Buche über die
Sprachtypeu zeigte die Richtigkeit dieser Scheidung in ihrer ganzen
Grösze. Ueberall gibt nun der Verf. sicher leitende Winke über die
Formation, also die Gestaltung der Wurzeln, der Stämme und die Zu-
sammensetzung, die Bildung der Zahlwörter u. s. f. Ob nicht die Ge-
mination des n in den Casus des deutschen Infinitivus ihren grammati-
schen Grund habe? darauf scheint das Altsächsische sicher hinzuwei-
sen, üer vierte Absclinitt umfaszt die Flexion, Declination und Con-
jugalion. Ein prächtiges Stück Arbeit, in welchem wol nicht nur
rücksichtlich der Methode, sondern auch riicksichtlich des StolTes am
meisten dem Verf. Eigentümliches sich findet. Nomen und Verbum
sind dem Verf. gleich ursprünglich: zuerst behandelt er die Decli-
nation, die in Nominaldeclination, in pronominale und in die des
ungeschlechtigen persönlichen Pronomens zerfallt. Das Pluralzeichen
ist ursprüngl. sa (in erweiterter Form sam 'mit'), das meist (warum
nicht immer?) nach dem Casuszeichen steht. Der Dualis (übrigens
im Deutschen verkommen) ist aus dem Pluralis entstanden. In den
Casussuffixen kann Verschiedenheit stattfinden. Das Deutsche kennt
in seiner ältesten uns vorliegenden Sprachform im Singularis fünf,
im Pluralis vier Casus, da hier der Instrumentalis abgeht. Im Dativ,
Singularis der u- und i-Declination sieht Schi, alte Locative mit vor-
ausgehender Steigerung des Themenvokales, so dasz anstai (got.) für
anstaji und sunau (got.) für sunavi stände. Der Instrumentalis auf u
wird nach bestimmten Analogien aus -ami, -am erklärt, das dann selbst
für -abhi steht. Die Declination des Subst. ist natürlich nur eine, die
je nach den Stammauslauten in Arien zerfällt, zunächst in die vo-
ka lisch e (und diese wieder in die a-, u- und i-Declination) und con-
sonantische (die der sehr häufigen n-Stämme, welche man schief
schwache Declination nennt, und die der r-Stamme in Verwandt-
schaffswörtern; wir finden übrigens auch sonst noch Reste der Conso-
nanten-Declination oder Uebergänge in dieselbe). TrelTlich wird dann
das Allgemeine im Einzelnen ausgeführt und selbst der Anfänger, der
der Leitung aufmerksam folgt, musz da eine klare Einsicht in die
historische Entwickeluiiff gewinnen. Auch das ahd. gewöhnlich nur
im Plural von Neutren sich zeigende ir, mhd. und nhd. er, findet hier
die richtige Erklärung, welche Bopp freilich längst angebahnt hat.
Wir wollen nur zweierlei hinzufügen: der Uebertritt von ahd. -a.s-
Stämmen (aus denen die auf ir hervorgegangen sind) in a-Stamme iin^
314 Schleicher: die deutsche Sprache.
det sich schon in der Vedasprache, und das ir kommt nicht blosz im
Sächsischen, auch im Ahd. wiewol nur sehr vereinzelt, auch im Sin-
giilaris vor. Die Pronominaldeclination hat manches Eigentümliche,
besonders spielt da der zwischen den ersten Stamm und die Endung
eingefügte Stamm sma eine bedeutende Rolle. Nicht richtig erscheint
uns Schi. AulTassung der Declinalion von der, diu, daz und von diser.
Bopp hat diese in seiner vergleichenden Grammatik so trefflich erör-
tert, dasz wir seiner Auseinandersetzung nichts hinzufügen dürfen.
Ebenso stimmen wir ßopp in der Annahme durchaus bei, dasz in den
Endungen des von Grimm stark, von Schi, besser unbestimmt
genannten Adjectivums der Pronominalstamm ji — ja stecke. Was das
Verhältnis der Possessivpronomina zum Genetivus des persönlichen
Pron. betrifft, so möchte sich für manche indogermanische Sprache,
und auch für die deutsche, eher umgekehrt, als es Schleicher thut, be-
weisen lassen, dasz der Genetivus des Pron. pers. aus dem possessi-
ven genommen sei. Im übrigen geht Schi, auf eine Erklärung der
Pron. pers. nicht näher ein. In Kürze, aber mit groszer Anschaulich-
keit ist dann noch der Gebrauch der Casus als Adverbien behandelt.
Die Adverbien, die ahd. auf o, mhd. auf e enden, sind vielleicht ur-
sprüngliche Instrumentale.
Für die Conjugalion geht der Verf. von dem verhällnismäszig
Allgemeinsten, den Personalendungen, aus. Nur in der deutschen
Grundsprache erscheint auch ein 3Iediopassivum, dessen Endungen
den sanskritischen und griechischen entsprechen, aber schon im Goti-
schen teils in Verwirrung gerathen, teils sehr verstümmelt sind. Die
Endungen weisen vollere und stumpfere Formen auf, im Deutschen die
letztern im Optativus (Conjunctivus). Das Perfeclum halte ursprüng-
lich die vollen Endungen, welche sich aber durch Einflusz der Itedu-
plication kürzten. Leicht erklären sich die Formen des Singularis,
über die des Pluralis herscht unter den wisserisehafilichen Sprachfor-
schern eine doppelte Ansicht, indem die einen in ihnen eine Zusam-
mensetzung zweier Pronomina sehen (so auch unser Verf.), die andern
Pluralbildungen des einen Pronomens , wobei dann freilich die dritte
Person Schwierigkeiten machen musz. In dieser dritten Person sieht
der Vf. eine Composition der Stämme na u. ta. Auffallend ist im Ahd.
die erste Pers. Pluralis mes , wo das Gotische nur m statt ma , mas
bietet, und ihre Erklärung aus dem urindogermanischen masi, welche
Graff, Bopp, Benfey wahrscheinlich linden, ist denn doch nicht gerade
leicht und einleuchtend. Das modale i oder ya setzt Schi, identisch
mit dem Pronominalstamme ya , der im Sanskrit das P»elativum bildet
und im Griechischen als og auftritt. Mit dieser Meinung, die er schon
längst geäuszert, steht wol der Verf. ganz allein: alle andern Forscher
finden darin die Wurzel i (ire) oder yä 'gehen', auch 'wünschen'. Der
Tempora gibt es im Deutschen nur zwei: Präsens und Perfectum; das
einst zweifelsohne vorhandene Futurum ist verloren. Das Perfectum
ist auf zwei Weisen gebildet, und da sind die Ausdrücke stark und
schwach am Platze. Denn die letztere Bildung, die zunächst in ab-
Schleicher: die deiilsche Sprache. 315
geleiteten Verben auftritt, miis/; das Verbuin tuon zu Hilfe neiimen,
während die erstere ursprünglich in der Reduplicalion und in einer
bestimmten Gestaltung der Wurzelvokale besteht. Schi, hat sich wol
flisscndich entlialten die verschiedenen Laute im Pluralis Perf. zu erklä-
ren. Verschieden aber bei verscliiedenen Stammverben wird schon in
der indogermanischen Ursprache gebildet der Präsensstamm, und
da ist die Zerlegung der Stammverba in Klassen zu suchen, wie das
schon die altindischen Grammatiker einsahen. Die deutschen Stamm-
verba sind meist im Präsens ohne äuszern Zusatz auszer a, der Wur-
zelvokal wird dabei entweder gestärkt (gesteigert) oder geschwächt,
oder er bleibt unverändert. Die wenigen Fälle, in denen das Präsens
einen Zusatz am Ende der Wurzel zeigt, bilden eine Klasse für ^ich,
ebenso die bindevokallosen Präsensstämme und endlich diejenigen,
deren Perfecte als Präsentia verwendet werden, wie mag u. s. f. Die-
sen sechs Klassen treten die abgeleiteten Verba gegenüber. Wir ge-
hen nicht auf die Einzelheiten ein, so lockend es ist, und erlauben
uns nur eine Einwendung, welche übrigens die treffliche Anordnung,
durch welche eine schöne Klarheit über das ganze Gewebe ausgegos-
cen wird, nicht stört. Was die Formen, wie scrirumes usw. betritTt,
die Schi. S. 286 als Reste einer Perfectbildung mit der W. as (vgl.
scripsi) aulTassen will, so haben wir darüber unsere abweichende
Meinung schon in der Z. f. vgl. Sprachf. geäuszert, viel einläszlicher
spricht aber dagegen Jlüllenhoff im neuesten Hefte von Haupts Zeit-
schrift. Nach dem Charakter dieses Buches hätte man erwarten sollen,
dasz die ursprüngliche Bedeutung der Präteritopräsentia mit einem
Worte berührt würde. Bei einigen, wie bei sollen und dürfen, ist
dieselbe allerdings noch zweifelhaft, bei den meisten aber sehr leicht
nachzuweisen.
Der Anhang enthält Einiges aus der mittelhochdeutschen Syntax;
über die mittelhochdeutsche Verskunst; Wörterverzeichnisse zur Lehre
von der richtigen Schreibung des Neuhochdeutschen; Nachträge;
Register.
Trelfend sind in der Syntax einige charakteristische Eigentüm-
lichkeiten unserer altern Sprache herausgehoben. In der mittelhochd.
Verskunst liegt die Geschichte der ganzen altdeutschen Verskunsf, die
eines gründlichen Studiums im höchsten Grade würdig ist. Lachmann
hat das Verdienst das Wesen derselben aufgedeckt zu haben, hat es
aber Andern überlassen seine reichen Beobachtungen zu einem Ganzen
zusammenzufügen.
Wir scheiden von diesem Werke mit hoher Achtung und wünschen
ihm die ^^'irksamkeit die es verdient.
Zürich im März 1861. H. Schweizer-S klier.
316 Schulfragen.
9.
Schulfragen.
(Fortsetzung von S, 1 — 12.)
Concentration und Decentration des Unterrichts.
13.
Es gibt in der Schule nicht minder als in Slaat und Kirche ge-
wisse Zeitfragen, welche durch alle Biälter gehen, die Herzen
alier Schulmänner bewegen und eine solche Bedeutung erhalten dasz
sie als eigentliche Lebensfragen für die Schulen gellen könnten.
Ob sie es wirklich sind? ob sie bis in das innerste Mark unserer
Schulen hinabreichen? ob sie eine umbildende, neugestaltende Kraft
besitzen? Wer mag so leichthin darüber aburteilen? Mögen diese
Ideen ihre Kraft durch die Wirkung beweisen welche sie ausüben.
Bis dahin kann es für sie und ihre Vertreter nur erwünscht und för-
derlich sein, wenn sich von hier und von dort Zweifel und selbst
Widerspruch gegen sie erhebt. Dieser Widerspruch wird sie reizen
ihre Kräfte zu spannen, um sich durch die That als lebendige, wir-
kende Ideen zu erweisen.
So hat in unseren Tagen das Wort von der Concentration
des Unterrichts einen guten Klang. Wie verderblich ist die Zerstreu-
ung der Seele, die Zersplitterung der Kräfte? wie viel mehr ist sie
es in einer Zeit wie die unsere, die so sehr in das Aeuszere, Materielle,
Viele hinaussirebt und hinaustreibt? Wie würden sich unsere Leistun-
gen heben, wenn es uns gelingen wollte die geistigen Kräfte, das
lebendige Interesse der Jugend mehr zu sammeln, es auf einen oder
wenige Punkte zu concentrieren? Diese Vorstellungen erscheinen so
einfach wahr, so unwiderleglich, dasz es, sollte man glauben, nur
darauf ankäme dies Princip einnial recht fest zu fassen, recht coiise-
quent durchzufuhren, um des gün.sligslen Erfolges sicher zu sein.
Möchte man, sagen auch wir, doch nur einmal diese Concentra-
tion so consequent verfolgen, die Consequenzen dieses Princips wür-
den sicher nicht auf sich warten lassen. Nicht dasz unsere Schulen
sich von einer Zahl von 7Ä)ii,\\ugvn leeren würden: dieser Schaden
könnte als ein vorübergehender erscheinen: sondern diejenigen an
denen diese Probe gemacht werden sollte würden selbst Gefahr laufen
geistig zu verkümmern und Kräfte zu verlieren deren Einbusze
schmerzlichst empfunden werden würde. In der That, wir haben
fceine Ursache ängstlich zu sein. (Jott sorgt schon dasz die Bäume
■nicht in den Himmel wachsen, dasz es in der Sphäre des Unterrichts
•und der Erziehung nicht auf die Dauer zur einseitigen Verfolgung
irgend eines derartigen Princips kommen kann; indes entbindet
uns dieser Umstand nicht von der Pflicht jenes Princip näher zu prüfen
und uns, wo möglich, von der Unwahrheil und Widernatürlichkeit
desselben zu überzeugen. Wir werden dem Ansinnen der Concen-
Schul fragen. 317
'e
{ratioii dann um so leichter, nni so froher, um so enlschiedner ent-
gegentreten können. Vielleicht auch dasz unsere Erörterung' nicht
blosz in der Sphäre des Negativen stehen hleibt, sondern weiter
geht positive Kesullate zu erstreben und zu erreichen.
Zwar es liegt, wie es uns scheint, schon im Begriff der Con-
centration dasz sie nicht zu denken sei ohne eine ihr entsprechende
Decentration und diese geradezu voraussetze, dasz, wie die
Cenlripetalkraft oiine eine sie bindende Centrifngalkraft das ^^'ellaII,
so sie die Bildung der Seele, die sittliche Erziehung der Jugend zer-
stören würde. Denn alles Leben, leibliches wie geistiges, ist und
vollzieht sich nur in dieser Beziehung zweier einander entgegenge-
setzter Hichtungen aufeinander. Man sollte also billig überhaupt nicht
von der einen dieser Hichtungen ohne die andere sprechen, sondern
nur von dem Verhältnis welches zwischen ihnen festzustellen, von
der Beschränkung in welche sie, die eine durch die andere, zu setzen
wären. Es könnte sehr wol wieder ein Tag kommen wo man, wenn
die concentrierende Bichtung das Masz überschritte, von der Not-
wendigkeit einer Decentration sprechen nuisfe. Es könnte jedoch
auch dann nur von einer relativen Decentration die Bede sein, welche
bis zur Wiederherstellung des Gleichgewichts, aber auch nur so weit,
zu verfolgen wäre. Wir haben es, mit andern Worten, weder mit
Concentralion noch mit Decentration, sondern mit dem Verhältnis
beider zueinander zu thun.
Es ist daher nicht zu verwundern dasz unsere Vorfahren zu ge-
wissen Zeiten geradezu nach einer Decentration im Unterricht ge-
strebt haben, auch nicht dasz hierbei, wie es bei jeder derartigen
geistigen Bewegung natürlich und notwendig ist, wol das rechte Masz
überschritten ist. Wenn sich zu gewissen Zeiten der Unterricht auf
gewisse Gegenstände beschränkte, welche nicht mehr in dem richtigen
Verhältnis zu der auszerhalb der Schulen geltenden Bildung standen,
und auch diese Gegenstände in einer gefährlichen Einseitigkeit betrieb,
so war es natürlich dasz die entgegengesetzte Richtung, und auch diese
wieder bis zu einem Extreme, verfolgt wurde. Diese undulierende
Bewegung ist im Geistiger» überall wahrzunehmen und die wahrhaft
fruchtbringende: sie musz es auch in der Erziehung sein. Welche Re-
sultate verdanken wir ihr! Wie dankbar sollten wir jeder Bewegung
mit unsern Blicken folgen welche auf dem Gebiete des Unterrichts, der
Erziehung hier einer Concentration, dort einer Decentration zustrebt!
Alle Blüten des pädagogischen Lebens sind dort zu suchen! Wir hät-
ten ohne sie keinen Arnos Comenius, keinen A ngust H er ma n n
Francke, keinen Friedrich August Wolf.
Ich habe mit groszem Interesse diese Bewegung herüber und
hinüber beobachtet, selbst in der Geschichte einzelner Schulen, die ja
doch die Richtungen der Zeit abspiegeln. Vielleicht dasz ich einmal
die Zeit gewinne die Ergebnisse dieser Studien mitzuteilen. Es liegt
uns, in den Programmen zumal , ein reiches und immer noch wachsen-
des Material vor. Indes weisz ja jeder Schulmann, wie man auf dem
318 Schulfragen.
hallischen Pädagogium nach dem Vielen gestrebt hat. Friedrich August
Wolfs höchste, edelste, reinste Wirksamkeit ist durch den Gegensatz
hierzu hervorgerufen: und doch ist auch bei ihm noch der decentrie-
rende Sinn und Geist überwiegend. So hat er in seinen Vorlesungen
gewirkt, so die Altertumswissenschaft gestaltet; so haben auch seine
Schüler kein Bedenken gelragen mit ihren Primanern drei lateinische
und eben so viele griechische Autoren gleichzeitig neben einander zu
lesen. Hiermit nicht zufrieden forderte er dasz den klassischen Lectio-
nen gewisse Disciplinen beigefügt würden, die leider aus unsern Schu-
len wieder verschwunden sind. Auszer der Litterarge schichte
waren für griechische und römische Antiquitäten, für My-
thologie, für Rhetorik und Poetik, für Prosodie und Metrik
besondere Lectionen angesetzt. Manche treffliche Bücher, wie das
gröszere von Schaff, das kleinere von Haacke, sind hierdurch
veranlaszt worden, jetzt vergessen, wenn nicht etwa noch Director
Poppo in Frankfurt an dem ihm bewährten Gebrauche festhält. Wolf
hat das Viele nicht gefürchtet, weil er sich und seine Schüler im
Besitz des Einen wusle in welchem diese Vielen gebunden und ver-
bunden waren: in der Liebe zu den Alten und in dem Glauben
an dieselben.
14.
Der Unterricht und die Erziehung der Jugend können, dies wird
man uns zugestehn müszen, nicht auf diese oder jene aprioristische
Sätze gebaut werden: sie sind durch die Kreise des Lebens und der
Thätigkeit für welche, durch die Wissenschaften und Künste durch
welche sie gebildet wird, wie durch die Natur der zu bildenden Le-
bensaller mit Notwendigkeit bestimmt. Wir geben dem zarteren Kinde
nicht die derbere Kost deren das spätere Lebensalter bedarf; wir
versagen dem Knaben den Genusz die Nerven reizender Gelränke:
sollen wir der Seele, dem Geiste des Knaben und Junglings nicht
wenigstens eine gleiche Berücksichtigung seiner Natur gewähren?
Mich dünkt, wir thun dies in der Schule nicht, wenigstens lange nicht
genug. Wir handeln vielmehr bei der Wahl unserer Lehrgegenstände,
bei der Methode unsers Unterrichtes vielfach so als ob eine innere
Uebereinstimmung zwischen dieser und der Natur unserer Zöglinge
eine sehr unwesenlliche Sache wäre.
Wenn wir im Lateinischen die dichterische Leetüre in den beiden
untersten Klassen ganz und gar vernachlässigen und sie dann von
Quarta bis Secunda so stiefmütterlich abfinden , wie fast überall ge-
schieht; wenn wir uns einbilden dasz ein Tertianer an den Feldzügen
des Cäsar oder den Reden Ciceros ein wirkliches tieferes Interesse
haben könnte; wenn wir einen Tertianer mit den brandenburgischen
Markgrafen und Kurfürsten zu Tode martern und ihm die Heroen der
Weltgeschichte unbekannt bleiben lassen welche jeden eines sittlichen
und patriotischen Gefühles empfänglichen Knaben und Jüngling ent-
zücken müssen; wenn wir trotz Diesterwegs trefflicher und einsichti-
Sciliilfragen. 319
ger Malimmg einem Oii'^rfancr und Tertianer mit Sätzen, die allenfalls
einen Primaner ansprechen und die man daher billig bis Prima auf-
sparen sollte, die Mathematik verleiden, so läszt man sich, dünkt
mich, mehr von dem objecliven und absoluten Werthe eines Autors,
von gewissen patriotischen Tendenzen oder von den Gesetzen einer
Wissenschaft, nicht aber von den Hiicksichlen leiten welche für die
Anordnung des Unterrichts den Kanon hergeben miiszen, von der Be-
achtung der Natur des zu bildenden Lehensalters selber. Und dies ist
ein Ilauptvorwurf der uns Lehrer trifft, uns alle, ich bin weit entfernt
mich davon ausnehmen zu wollen. Wir würden vielfach anders urlei-
len und handeln, wenn wir mehr die Jugend studierten; wir würden
sie, auch in ihren fehlerhaften Neigungen, ja bei ihren Vergehungen
und Sünden anders und humaner behandeln.
Und welches ist denn nun, in der Hinsicht die uns hier zunächst
beschäftigt, die Natur des Knabenalters? wie verändert sie sich in
ihrem leisen und stillen Uebergange in das des Jünglings? Wir sind
weit entfernt von dem Gedanken hier eine psychologische Analyse
derselben geben zu wollen; es ist uns genug an der Ueberzeugung
dasz der Knabe vielmehr eine Empfänglichkeit für das Viele, ein In-
teresse an dem Neuen, eine Regsamkeit und Beweglichkeit der Seele
besitzt welche ihn einerseits hindert über ein bestimmtes Masz hinaus
bei einem Gegenstande zu verweilen und es ihm andrerseits leicht und
ungefährlich macht von einem Gegenstande zum andern überzugehen.
Die Folge hiervon ist dasz seine Gedanken mehr auf der Obertläche
der Dinge herumspielen, dasz seine Neigungen und Abneigungen von
einem Gegenstande zu dem andern überspringen, dasz eine tiefere
Liebe und eine Begeisterung bei ihm noch nicht Wurzel schlagen kann,
dasz er daher auch, wenn man erst seinen Eigensinn und Trotz ge-
brochen hat, willenlos der Leitung und dem Einllusz des Lehrers sich
hingibt. Es bedarf keiner Andeutung, wie die Natur des Jünglings
in allen diesen Beziehungen sich auf die entgegengesetzte Weise
gestaltet.
Alle Erziehung ist, wie mich dünkt, ihrem innersten Wesen nach
darauf hingewiesen sich in einem stetigen eben so sonderbaren wie
interessanten Widerspruch zu bewegen. Freilich es ist derselbe Wi-
derspruch in welchem sich all und jedes Leben befindet. Die Erzie-
hung hat den zu erziehenden Knaben zugleich ins Au^e zu fassen als
den der er ist und als den der er werden soll. Sie hat also zugleich
seinen gegenwärtigen Zustand anzuerkennen und zu negieren, sich an
das gegebene anzuschlieszen und dies zu bekämpfen; fügen wir aber
auch hinzu, indem sie das geistige und sittliche Leben zu neuen und
wieder neuen Entwickelungen führt, die früheren Formen zu erschaf-
fen und zu bewahren, nur dasz diese nicht mehr als die letzten und
für sich geltenden, sondern als Glieder in einer groszen Kette, als
Momente in dem reichen Ganzen eines vollen Menschenlebens erschei-
nen. Es ist der Begriff des Aufgehobenseins, in welchem sich die He-
gelsche Philosophie einst so gern ergieng. Wer uns also sagt dasz
320 Schulfragen.
der Knabe aufhören solle Knabe zu sein, dem erwidern wir; gewis
das soll er, insofern er nichts weiter ist als ein Knabe; er soll aber
in der Aufeinanderfolge seiner Lebensgestaltungen Kind, Knabe, Jüng-
ling, Mann bleiben bis an die Schwelle des Grabes. Und das ist sicher
dasz wer einen Knaben bilden und erziehen will seine Natur kennen
und anerkennen, d. b. liebend auf sie eingehn und an sie sich an-
schlieszen musz.
Und beobachten wir nun dies Lebensaller genauer, so ist es nicht
möglich über seine wesentlichen Züge zweifelhaft zu sein. Man ver-
suche es zwei Stunden hinter einander dieselbe Lection zu nehmen,
wie wenig wird, selbst bis in die obersten Klassen hinein, die zweite
der ersten an Frische, Teilnahme und Erfolg entsprechen? Selbst ein
Homer und Sophokles lassen sich nicht so lesen. Man treibe in einer
Klasse eine und dieselbe grammatische Regel ohne Abwechselung, wie
wird man die Aufmerksamkeit am Ende auch nur einer Stunde nach-
lassen sehn! Eben so wichtig ist es nicht einen Lehrer überwiegend
in einer Klasse zu beschäftigen. Ich habe z. B. meist gröszere Heg-
samkeit und bessere Resultate gesehen, wenn das Griechische und das
Lateinische an zwei Lehrer, beide natürlich von gleicher Tüchtigkeit
vorausgesetzt, als wenn sie an einen Lehrer gegeben waren. Der
Wechsel der Lehrer wirkt, innerhalb gewisser Grenzen, eben so be-
lebend und erfrischend, wie der Wechsel der Plätze in den verschie-
denen Lehrstunden in unteren und mittleren Klassen wirkt. Die über-
grosze Zartheit fürchtet die Anreizung zum Ehrgeiz von diesem Wech-
sel, eine Gefahr die wahrhaftig mehr ein Phantom in der Seele der
Lehrer und, wenn sie wirklich da sein sollte, mit leichtester Mühe
zu umgehn ist, bei weitem mehr als sie die belebende Kraft einer
wechselnden Nachbarschaft zu schätzen weisz, die doch so schwer zu
ersetzen ist. So lange noch das Knabenalter fortdauernd ist und dio
Knabennatur wirkt, reizt das Certieren; es kommen dann von selber
die .lahre in denen die Jugend, zartfühlender als ihre Lehrer, gegen
dies Certieren, ja selbst gegen eine Translocation am Schlüsse eines
gröszern Abschnittes Abneigung empfindet, und derjenige dem ein
höherer Platz zuerteilt wird sich einer solchen Auszeichnung eben so
sehr schämt, wie der zurückgesetzte darüber entrüstet und erbittert
ist. Die Natur ist in dem einen wie in dem andern Falle zu achten.
Wir können sie natürlich unterdrücken und zerstören, wie man einem
Menschen eine Hand abhauen kann, aber wir können sie nicht durch
eine andere bessere Natur ersetzen. Welche Frucht diese Misachtung
hat ist sehr leicht zu sehen. Es ist mir oft gelungen in eine stagnie-
rende oder blasierte Klasse einfach dadurch dasz ich in ihr certieren
liesz wieder Fleisz und kindlichen Sinn zurückzuführen.
Bei dieser Natur des Knabenalters wird man daher mehr auf eine
angemessene Manigfaltigkeit in den Lehrgegenständen Bedacht nehmen
müszen : bei der Mischung von Concentration und Decentralion , wie
wir dieselbe oben gefaszt haben, wird hier die Decentralion noch das
prävalierende Element bilden müszen.
Schulfragen. 321
Ich will nicht dagegen polemisieren dasz man den lateinischen
Unterricht in Sexta und Quinta mit zehn Stunden bedacht hat; aber
ich sehe doch, wenn ich in meine Jugend zurückkehre, dasz man es
in diesen zehn Stunden nicht weiter bringt als ehedem in sechs, viel-
leicht nicht einmal so weit. Für das zarte Knabenalter ist diese mas-
senhafte Stundenzahl viel zu grosz und schwer, viel zu ermüdend und
abspannend. Verteile man die zwölf Stunden wärend der Woche die
jetzt auf das Lateinische und Deutsche fallen in anderer Weise, mei-
nethalben zu gleichen Teilen, man wird sicher erfreulichere Resultate,
bessere Leistungen im Lateinischen und einen höheren Grad von allge-
meiner geistiger Bildung sehen. Es läge, sollte man meinen, sehr
nahe die kalligraphischen Stunden für das Deutsche oder Lateinische
tributär zu machen, die Zeichenstunde mit der geometrischen Formen-
lehre in Verbindung zu setzen, den Gesang mit der Deciamation usw.
Beobachtet man aber den natürlichen Zug im Knaben, so wird man
finden dasz es ihm nicht einfällt ein Gedicht zum Declamieren zu wäh-
len welches er bereits gesungen hat oder von andern hat singen hören,
dasz er die kalligraphischen Vorschriften meidet bei denen er wieder
auf dieselben Materialien stözt denen er bereits in anderen Lehrstun-
den begegnet ist, dasz er immer und immer wieder in jeder Lection
besondere Stoffe zu erhalten wünscht, dasz er also in eben demselben
Masze vor der Concentration des Unterrichts zurückscheut in welchem
wir darin einen ganz besondern Segen für die Schulen zu erblicken
meinen. Fast möchte man sagen, der Knabe ahne dabei eine Absicht
und werde dadurch verstimmt. Oder richtiger, die Seele des Knaben
ist noch nicht dazu angelhan zu ahnen dasz es möglich sei zugleich
zwei Zwecke zu erstreben: sie ergreift daher den einen Gegenstand
der ihr gerade vorliegt mit allem Feuer und aller Energie, hat aber,
wärend sie dies thut, keinen Sinn für andere. Der Augenblick und
das Gegenwärtige sind ihre Sphäre. Seit man meint, es sei möglich
mit und an dem Lateinischen zugleich auch das Deutsche zu erlernen,
ist es mit dem Deutschen immer schlechter und schlechter geworden,
und mit dem Lateinischen nicht besser. Es ist auch im Lernen mit dem
Knaben einmal nicht anders als sonst im Leben bestellt: er geht lieber
einen und denselben Weg zweimal als dasz er zwei Aufträge auf
einem Wege ausrichtet.
Ist dem nun so, so ist die Besorgnis vor dem vielen in einer
Sexta und Quinta durchaus nicht so begründet, wie es beim ersten
Blick scheinen möchte. Es sind viele kleine Quellen welche ihre Was-
ser der Seele des Knaben zuführen müszen, die für einen groszen und
vollen Strom noch zu schwach ist. Wenn also nicht andere Gründe
es verbieten, so mag man immerhin neben der Geographie Geschichte,
neben dem Rechnen die geometrische Formenlehre, neben dem Latei-
nischen das Französische treiben lassen. Ja ich habe es selbst erfah-
ren wie auf eine ziemlich eingeschlafene Klasse eine neue Disciplin
die man in dieselbe hineinwirft belebend wirken kann, so belebend
dasz auch andern Disciplinen von diesem Leben ein Teil zu Gute
N. Jahrb. f. Phil. u. PU. II. Aht, ISOl. Hft 7. 21
322 Schiilfragen.
kommt. Es ist nicht zu bezweifeln dasz meine Leser, wonn sie, nnd
daran zweifele ich nicht, über die Prämissen mit mir einverstanden
sind, diesen Faden noch forfspinnen nnd noch weitere Consequenzeii
ziehen werden, namentlich für das Innere der einzelnen Lecfionen.
Ich für meine Person hatte nicht diese oder jene Aendernng bei den
bestehenden Lehrplanen im Aug^e, sondern wünschte nur einem ver-
kehrten Principe entgegenzutreten, einem Principe das in neuerer Zeit
so bedeutende Vertreter gefunden hat und daher um so gröszere Be-
achtung, um so nachdrücklicheren Widerspruch verdient.
15.
Was die mittleren Klassen der Gymnasien betrifft, so ist in den-
selben eine hinreichende Fülle von Disciplinen in Bewegung gesetzt,
nm den Bedürfnissen des Knabenalters Genüge zu leisten. Nur in
Quarta würde, wenn man nicht die Vermehrung der Stundenzahl fürch-
tet, ein letzter Unterricht in der Botanik und Zoologie mehr an seiner
Stelle sein als in Tertia, wärend für diese eine möglichst populär ge-
haltene experimentale Physik sich eignen möchte.
Es ist vielleicht schon von Andern der Wunsch ausgesprochen
worden dasz das Gymnasium schon in anderen Klassen als in der
Prima mit gewissen Disciplinen ahschlieszen möchte. Mit der Natur-
beschreibung würde dies demnach in Quarta geschehen. Nach unserer
Meinung sollte dies auch in andern Disciplinen der Fall sein. Wir
rechnen dahin das Französische. Die Lilteratur dieser Sprache ist
nicht von einer solchen inneren Bedeutung dasz man um ihrer willen
diese Sprache bis nach Prima hinein verfolgen sollte. Die Fähigkeit
aber französische Prosa zn lesen könnte sehr wol in Secunda erreicht
sein. Was der Schüler in Prima zu dieser Fähigkeit hinzu?ewinnt ist
nicht so bedeutend dasz es sich der Mühe verlohnte diese Lection bis
zum Abilurienlenexamen fortzuführen. Wir müszen uns damit zufrie-
den geben mühsam zusammenzuhalten was in früheren Klassen erwor-
ben ist, oft allerdings auch, noch viel mühsamer ein kümmerliches
Wissen zusammenzustöppeln oder eine sehr äuszerliche Boutine zu
schaffen, damit wir bei dem Abiturientenexamen nicht gar zu kümmer-
lich bestehen. Wenn man mit dieser Sprache in Secunda abschlösse,
nnd zwar mit einem ernsliich gemeinten Examen abschlösse, und eine
offenkundige Trägheit und Geringachtung gegen diese Sprache mit
NichtVersetzung strafte, so würde man sowol im Interesse der Con-
centration als in dem des Schülers selber zu Werke gehen. Natürlich
müste man die Zahl der Lehrslunden von zwei auf drei oder vier er-
höhen, M'ofür sich die erforderliche Zeit auf andere Weise würde ge-
winnen lassen.
Wenn nun so in diesen Klassen weder für gröszere Concentration
noch für eine gröszere Decentration viel Baum bleibt, so fragt sich
doch ob nicht im Innern der einzelnen Lectionen sowol nach der
einen wie nach der andern Seite manches zu thun möglich sein sollte:
vielleicht zu gleicher Zeit nach beiden Seiten, da möglichen Falls in
Sclmlfragen. 32.'
'>
'o
dieser oder jener Disciplin ein cliaoJisclier Zustand slatlfinden könnte
welcher sowol Sclieidung- als Verbindung, sowol Vervielfachung- als
Vereinfachung erforderte. Wir nehmen nicht einen derartigen Zustand
als factisch vorhanden an, sondern wollen nur auf die Möglichkeit und
auf die Gefahren eines solchen aufmerksam machen. Unsere Betrach-
tung ist, wir wiederholen es, überhaupt nicht auf vorhandene Zustände,
sondern mehr auf das BegrilTliche gerichtet.
Sehen wir z. B. die alten Sprachen an, wie sehr ermöglichen sie
eine Vereinfachung, wie sehr lassen sie diese wünschen! Des gram-
matischen iMaferials ist im Lateinischen wie im Griechischen eine un-
endliche Masse angesammelt. Es hat niemand eine Ahnung hiervon,
auszer wer selbst das Glück gehabt hat von dieser Last unbeschwert
seinen Weg durch die Schule zu gehen. Mit welcher Sublililät wird
die griechische Formenlehre nach Krüger gelernt, damit der Schüler,
ja keine unattische Form in sein Gedächtnis aufnehme! Wie wird ihm
selbst die normale, analoge Formation z. B. bei den Verben auf {ic
gerügt, wenn die Attiker dabei ihre Absonderlichkeiten haben. Statt
das Attische in die Anmerkung zu verweisen, wenn es überhaupt in
die Grammatik gehört, und das Regelmäszige lernen zu lassen, was
hernach in der allgemeinen Graecität wieder zu seiner verdienten Gel-
tung gekommen ist, wird jetzt der attische Provincialismus als das
Normale hingestellt, und hierdurch dem Schüler die einfache und
klare Grundanscliauung verdunkelt und zerstört. Wie wird man einst
noch zu Werke gehen, wenn die Grundsätze und der Higorismus des
holländischen Atficisten auch bei uns allgemeine Anerkennung Finden
sollten! So ist es in der Syntax, so in der Etymologie, so im Latei-
nischen, so im Griechischen: von einer Unterscheidung zwischen
LernstofT und grammatischem Wissen wie es dem Gelehrten gebührt,
wie es in den Commentaren zu den Autoren am Platze ist, kaum eine
dämmernde Ahnung. Warum haben unsere Vorfahren im Schreiben
wie in der Interpretation so viel mehr geleistet? Weil ihre Seele von
diesen Minutien, die sicher eine Zierde des Gelehrten, aber keine Aus-
zeichnung für den Schüler sind, frei war und so ihre Schwingen zu
eigner Thäligkeit und zu freiem Schaffen leichter und froher regen
konnte. Hier thut uns Vereinfachung dringend Not. Und was hier
von der Grammatik gesagt ist, gilt eben so in den obern Klassen für
den deleclus verhoi-um , für die Kunst der Composition. Es gibt
Schulen in denen die Lehrer auch in dieser Hinsicht von dem Wissen
ausgehen und ihre Schüler daher mit einer unerhörten Last des Wis-
sens überbürden. Wir kennen keinen verkehrleren Weg als den die
Kunst des Lateinschreibens auf das Studium von Büchern, wie die Sti-
listiken von Heinichen oder Berger, oder die Uebungsbücher von
Seyffert oder Nägelsbach es sind, zu gründen, oder ihnen syno-
nymische Handbücher in die Hände zu geben, statt dasz man einfach
an die Leetüre sich anschlicszen, an der Leetüre dem Schüler ein Ge-
fühl für den lateinischen oder griechischen Sprachgebrauch und weiter
für die Kunst der Darstellung und eine Freude daran erwecken, dort
21 *
324 Schulfragen.
den Schüler zu sorgfälliger Beobachtung reizen, zum Sammeln sprach-
licher Schätze zwingen, beim Schreiben auf die treue Benutzung des
dort selbslerworbenen lialten, diese anerkennen und auszeichnen, die
Eitelkeit welche sich mit fremden Federn schmückt strafen und vor
allem nach dem Einfachen streben sollte. Dies ist der Weg den ich
stets verfolgt habe und auf dem ich bis jetzt immer noch mit Ehren
bestanden habe. Jetzt wissen unsere gelehrten jungen Herren tausend
Dinge die wir nicht gekannt haben und sind im Stande bei einem
Ruhnken und Hermann Nachlässigkeiten zu rügen; aber die Kunst des
Laleinschreibens kommt uns darüber abhanden oder ist es vielmehr
schon. Man lese doch die Programme: wie viele sind noch unter den
Lehrern da die in einerseits zuchtvoller, andrerseits leichter, klarer
und gefälliger Sprache Latein zu schreiben verstünden? Hier ist uner-
meszlich viel für Concentration und Vereinfachung des Unterrichts zu
thun, und wir wollen es unsrerseits nicht an ernsten, eindringlichen
Worten fehlen lassen pro virili parte dem Unwesen, welches hier ein-
gerissen ist und welches der sichere Blick Wicses gleichfalls er-
kannt hat, entgegenzutreten. Damit ist aber auch der Weg zur De-
centration gebahnt und Kraft dafür gewonnen.
Die Art der Concentration welche wir so eben mehr angedeutet
als ausgeführt haben schlieszt eigenllicli schon die Möglichkeit einer
gröszeren Vielseitigkeit oder, worauf es endlich hinausläuft, Frei-
heit des geistigen Lebens in sich. Es ist die Hand dazu geboten, ja
die Notwendigkeit uns auferlegt, die Leetüre mit einer gröszeren Ma-
nigfaltigkeit, in einem weiteren Umfange zu betreiben, andere Ge-
sichtspunkte als die grammatischen dabei ins Auge zu fassen, die Ue-
bungen im Schreiben, welche jetzt mehr und mehr in das todt Mecha-
nische herabgesunken sind und der geistigen Bildung mehr entgegen-
wirken als förderlich sind, freier, allgemeiner, geistig erweckend und
belebend zu machen. Die Leetüre tritt wieder in die Stelle welche sie
ursprünglich eingenommen hat, welche ihr von den gröszten Pädago-
gen jederzeit zugestanden worden ist, und auch bei ihr ist es nicht
mehr das Grammatische oder die Form allein was bei derselben den
Schülern zum Bewustsein gebracht werden soll, sondern daneben der
Inhalt, das Reale, worauf alle deutschen Schulmänner, von Melanchlhon
bis Wolf, das Hauptgewicht gelegt haben. Auch wir meinen dasz es
die Rücksicht auf den Inhalt sei welche bei der V^'ahl der Leetüre
die Direction zu führen habe. Es ist viel weniger von Bedeutung für
die Jugend dasz die Sprache die volle Klassicität habe, als dasz durch
die Lectüro dem Schüler ein für ihn bedeutender Inhalf zugeführt
werde. Was man auch sagen möge, für die klassische Form hat der
Knabe der mittleren Klassen noch kein Auge und noch kein Interesse,
wärend ihn ein groszer und interessanter Inhalt bereits zu bewegen im
Stande ist. Aus diesem Grunde vertheidige ich den so viel und mit so
guten Gründen angegriffenen und doch für uns um seines sachlichen
Inhalts ganz unersetzlichen Nepos. Aus diesen Gründen würde ich,
wenn ich Macht hätte es auszuführen, den Cäsar, der für die Tertia
Scliulfragen. 325
'o
ganz ungeeignet ist, daraus verweisen und den Curtiiis oder Livius
an dessen Stelle setzen. Aus diesen Griindeti wiinsclile icli vor allen
Dingen die poelisclie Lecliiro wieder in alten Ehren zu sehen, sie die
dem Knabenaller so entsprechend ist und die ihr gewidmete Mühe so
reich lohnt. Wenn dann die Composition, von dem Bann des Gramma-
tischen erlöst, sich wieder in gröszerer Freiheit bewegen kann, auch
die poetische wieder in die Schulen zurückkehrt, wenn je nach der
Alterstufe auch die Zunge des Knaben zu lösen der Versuch gemacht
und ihm der Mut eingedöszt wird was er eingesammelt und sich zu
eigen gemacht hat auch seines Ortes wieder zu üben und zu verwer-
then, wenn, woran es ganz und gar fehlt, die eigene freie Thäligkeit
der Jugend in privater Leetüre belebt wird, so ist, denke ich, hinrei-
chender Raum dargeboten um nach allen Seiten hin die Seele zu freier
Beschäftigung zu entlassen. Unsere Schüler gehen im Mecha nis ch e n
unter, nicht unter der Last der vielen zu lernenden Dinge. Der Keim
des Todes sitzt an einer ganz andern Stelle als wo ihn viele suchen.
Nur wenige hielten sich über den Wassern, landen aber geistig er-
schöpft, abgelebt, blasiert an dem jenseitigen Ufer. Es ist eine Le-
bensfrage, mehr als es die um Concentration ist, wie wir es anfangen
sollen diesem Geist des Mechanischen zu begegnen.
Was wir von den alten Sprachen gesagt haben gilt ohne Zweifel
auch von anderen Gegenständen des Unterrichts. Fast überall ist hier
Vereinfachung, dort gröszerer Reichtum zu wünschen: hier ein gerin-
geres 3Iasz des Wissens, dort eine gröszere Fülle des Könnens: hier
eine Befreiung von den Fesseln des Systems, dort ein Blick in das
Weite und Freie. Ueber die Mathematik haben wir schon oben gespro-
chen. Wer da sieht wie sie getrieben wird, hört auf sich zu wundern
dasz so wenige Lust und Freude an ihr behalten: er wundert sich
vielmehr dasz auch nur noch so wenige da sind welche ihr treu blei-
ben. Ich tadele nicht die Lehrer, sondern die Methode, die wesentlich
darin besteht dasz sie keine Methode ist, dasz sie System und Methode
für identisch hält, dasz sie gerade eben so zu Werke geht wie wenn
wir Philologen die Grammatik in Sexta mit einer Lautlehre auf Grund-
lage der comparaliven Grammatik beginnen wollten. Es ist, wir sagen
es gerade heraus, auszer Diesterweg kein einziger Mathematiker der
für die Methodik dieser Disciplin wirklich etwas gelhan hätte.
Es ist eben so in der Geschichte. Auf den preuszischen Gymna-
sien isc Vorschrift dasz in der Tertia die brandenburgisch-preuszische
Geschichte gelehrt werde. Diese Bestimmung, so gut gemeint wie sie
ist, hat doch dazu beigetragen die richtige Verteilung des geschicht-
lichen Stoffes zu erschweren und zu verhindern: sie hat aus dem was
in einem gröszeren Ganzen, in der deutschen Geschichte, einen ange-
messenen Platz einnehmen würde eine für sich ein Ganzes bildende
Disciplin gemacht, welche den Schüler einer Tertia nicht ansprechen
kann. Die ältere Geschichte der Mark, die übrigens für einen Pom-
mer oder Schlesier gerade eben so viel Werth hat wie die pommersche
und schlesische Geschichte für einen Märker, müste in wenigen Stun-
326 Schulfra^ren.
den durchflogen werden. Jetzt wird sie gründliclist nionatelaiig breit
getreten. Die spätere Geschichte von dem grossen Kurfürsten an ist
wesentlich deutsche Geschichte und von dem Sttindpunkle dieser, oder
vielmehr sie ist eine europäische und von dem Standpunkte einer Ge-
schichte des europäischen Staatensystems zu behandeln. Wer die Ho-
henzollern dieser Zeiten nicht als europäische Fürsten faszt, bringt
ihre Grösze und Bedeutung nicht zur Geltung, entläszt die Knaben
welche keinen weiteren Unterricht erhalten mit Vorstellungen welche
des preuszischen Namens — ich spreche von dem geschichtlichen —
unwürdig sind. So sind wir in der Notwendigkeit auf der einen Seile
Beschränkung auf das allernotwendigste, auf der andern die Ausbrei-
tung des Blickes über die Grenzen Preuszens und Deutschlands hinaus
fordern zu müszen.
Man wird es mir erlassen in gleicher Weise über den Religions-
unterricht, in welchem mehr als in jedem andern gefehlt und blindlings
umhergetappt wird, über das Französische usw. zu sprechen. Ueber-
all liegen chaotische Massen vor uns, welche dem Unterricht hemmend
entgegentreten. Ueberall sieht sich der denkende Lehrer darauf hin-
gewiesen nach der einen Seite hin zu vereinfachen, nach der andern
den Umfang des Gesichtskreises zu erweitern. Gelingt es ihm diese
entgegengesetzten Richtungen in eine einheitliche Beziehung auf ein-
ander zu bringen, so kommt — expertus dico — sofort Licht, Klar-
heit, Interesse und Erfolg in seine Thätigkeit und in seine Schüler.
(Fortsetzung im nächsten Heft.)
Greiffenberg. Dr Campe.
Kurze Anzeigen und Miscellen.
XV.
Zur Geschichte der Pädagogik.
Joh. Heinrich Voss ist als Schulmann weniger bekannt, denn
als Gelehrter und Dichter. Man hat vvol stets eine Vorstellung davon,
wie anregend sein Unterricht gewesen sein müsze, aber von seinen
praktischen Grundsätzen und Ansichten weisz man nur wenig. Um so
mehr werden die Leser dieser Zeitschrift mit uns Herrn Rector Dr
Vollbrecht in Otterndorf dankbar sein, dasz er uns ein Aktenstück
mitgeteilt hat, welches eben so in die Pädagogik seines berühmten Vor-
gängers , wie in die Leistungen der Zeit auf dem Gebiet des Gelehrten-
schuhvesens klaren Einblick gewährt. ^. D,
Vorschläge zur Einrichtung der Lehrsiunden für die erste Klasse.
Aus dem Aufsatze des würdigen Hm R. Riilikopf sehe ich, dasz
er den Ehlerschen Voi'schlag, die hebräische Sprache von den öffent-
lichen Stunden auszuschlieszen, in Ausübung gebracht hat. Freilich ist
der Zweck einer lateinischen Schule Ausbildung des Geistes und des
Kurze Anzeiijcn und Miscellen. 327
'o
Herzens imd Vorberüitiuig zu akademisclien Wisseiiscliat'ten, und mau
sieht Iveinen Grnnd, warum der künftige Thcolog sich von dem g-emeiii-
schaftiichen Unterriclit mehr zueignen soll, als der Jurist oder Mediciner,
noch warum, wenn jener 2 Stunden Hebräisch verlangt, nicht diese eben-
sogut 2 Stunden über die Pandekten oder über den Hippokrates ver-
langen könnten. Aber da gleichwol der junge Theolog die ersten Kennt-
nisse der hebräischen Sprache von der Schule mitbringen musz , so ist
die natürliche Folge jener Verbesserung, dasz man dem Rector 2 hebräi-
sche Privatstunden zur Pflicht macht und also seine gesetzmäszigen 2rt
Stunden, wofür er besoldet wird, zu 28 Stunden erhöht. Das ist gut
genug. Aber, fragt der Billigdeukende, ist die vorgeschriebene Anzahl
von Stunden denn so gering oder der Lohn für die Arbeit so reichlich,
dasz man dem Rector noch mehr aufbürden darf? Was Hr Ruhkopf
aus Gutmütigkeit freiwillig übernimmt, darf kein Gesetz werden. Also
der Lohn musz mit steigen. Der Rector musz, auch im Verhältnis der
inäszigen Besoldung für 2Ö Stunden, wenn ich sie mit stehendem Gelialt,
Accidentien, freier Wohnung, öffentlichem Schulgeld usw. zu 1000 Mark
rechnen darf, für 2 Stunden mehr noch 75 Mark haben. Wer sichert
ihm die, wenn nur wenige oder, wie leicht geschehen kann, nur ein
einziger unter den Schülern ist, der Tlieologie studieren will? Ich
denke also, da immer eine Unbequemlichkeit bleibt, man läszt es beim
Alten, bis eine wesentlichere V^erbesserung des Ganzen möglich wird,
und sucht die Nicht -Theologen wärend des Hebräischen, so gut man
kann, durch Vergleichung lateinischer, französischer oder englisclier
Uebersetzungen (ich wählte die LXX) zu beschäftigen. Oder wenn dieses
ZTi mutlos scheint, so nehme einer von den beiden ersten Lehrern die
Schüler beider Klassen in den geographischen Lehrstunden zusammen,
und der andere wende die 2 ersparten Stunden zum Unterricht im Hebräi-
schen an. Dieser Rath könnte noch auszerdem Anlasz geben , durch
gegenseitige Dienstleistungen die collegialische Verbindung zu einer ge-
fälligen und heitern Freundschaft zu erhöhn.
Der Grund, warum man das Hebräische aus dem genieinscliaftlichen
Unterricht wegwünscht , gilt noch mehr von der Erklärung des Neuen
Testaments; denn hier entschuldigt nicht einmal die Not. Ist der Zweck
die griechische Sprache zu lernen, so kann man kein Buch wählen, wo-
bei sich leichter eine täuschende Einbildung von erworbenen Sprach-
kenntnissen einfindet, als das Neue Testament, dessen Schreibart, der
Absicht der heiligen Männer gemäsz, so unperiodisch und unrein ist.
Wir leben, Gott Lob, in Zeiten, da man schon ehrlich bekennen darf,
dasz uns das Neue Testament so wenig zum Behuf der griechischen
Sprachkenntnis als das Alte zur Entscheidung astronomischer Aufgaben
verliehn worden. Man will also blos den jungen Theologen vorläufig
mit der jüdisch -griechischen Sprache des h. Buchs bekannt machen?
Dabei wird, wenn es Nutzen haben soll, schon ziendiche Kenntnis der
echt griechischen Sprache sowol als der hebräischen, vielleicht auch
syrischen und vorzüglich der 70 Dolmetscher vorausgesetzt, und auch
dann gehört diese Vorübung für Privatstunden. Für den gemeinschaft-
lichen Unterricht ist es hinlänglich das Neue Testament zum Nachschla-
gen der Beweisstellen beim Religionsunterricht zu gebrauchen oder höch-
stens e'ine Stunde zur kursorischen Lesung der Evangelisten anzuwenden,
damit die andere für den griechischen Prosaiker oder Dichter, den man
eben liest, erübrigt werde. Beiläufig merke ich an, dasz ich Homers
Odyssee unterhaltender als seine Ilias, und Lucians auserlesene Ge-
spräche und den ApoUodor unterhaltender als Xenophons philosophische
Schriften, die Cyropädie nicht ausgenommen, beim Unterricht gefunden
habe, und dasz ich's für nützlich halte auch mit Tlieokrits und Moschus
und Bions Idyllen, den vorzüglichsten wenigstens, abzuwechseln, damit
328 Kurze Anzei^eti und Miscellen.
die jungen Leute auch die kleine Nebenkenntnis des dorischen Dialekts
aus der Schule mitbringen, deren Mangel so viele von dem Genusz jener
anmutigen Meisterwerke zurückhält.
Für die lateinische Sprache scheint mir auf der einen Seite zu viel,
auf der andern zu wenig zu geschelin. Man macht zu viel Exercitia
und liest zu wenig musterhafte Prosaiker. Die vier Nachmittagsstunden,
die m-in Dichtern widmet, führen zu andern Zwecken, als einen guten
lateinischen Stil zu bilden. Auszerdem finde ich nur eine Stunde, worin
Cäsar kursorisch, und noch eine, worin Livius, vermutlich auch kurso-
risch (denn sonst sehe ich gar nicht, was man mit einer Stunde anfangen
kann), gelesen wird. Von Cicero, den man, um gut lateinisch schreiben
zu lernen, zuerst und zuletzt lesen sollte, werden nur die Briefe, wobei
man so häufig durch die verwickelten Umstände der Geschichte und
durch die jungen Leuten nicht leicht begreifliche Politik aufgehalten
wird , und auch diese nur , wenn die Exercitia noch etwas Zeit übrig
lassen, also flüchtig getrieben. Und Terenz, der gleichfalls nur im
Vorbeigehn erscheint, lehrt uns freilich eine schöne, aber für den heu-
tigen Gebrauch veraltete Sprache. Wie ist es möglich, dasz junge Leute
sich dabei eine Geschicklichkeit erwerben, die eine sehr vertraute Be-
kanntschaft mit dem Genius der ciceronischen Sprache erfordert: die
Geschicklichkeit , ihre ßegrifl'e nach römischer Weise zu umfassen und
zu ordnen, sie so rein und scharf auszudrücken, dasz weder etwas an
ihrer Bestimmtheit fehlt, noch ein überflüssiger Nebenbegrifl" das Gemälde
verwirrt, immer Worte von gleichem Gehalt und Adel, weder zu poe-
tische noch zu gemeine, zu wählen, wozu selbst in unserer Muttersprache
eine sehr sorgfältige Uebung gehört, und endlich die ganzen Perioden
nach den vielfachen Erfordernissen des Nachdrucks und der Leidenschaft
und nach dem Wohlklang des oratorischen Numerus , der für jede Gat-
tung des Stils, für jeden Inhalt andere Wendungen verlangt, zu gründen?
Eigentlich lernen wir die lateinische Sprache, nicht um das Ver-
gnügen zu haben, was wir deutsch gedacht, auch mit lateinischen Re-
densarten bezeichnen zu können, sondern um die vortrefflichen Schrift-
steller, die ihre sehr bildsame Sprache nach dem Muster der griechischen,
der schönsten die jemals geblüht hat, zum feinsten Ausdruck edler und
reizender Gedanken ausgebildet haben, zu studieren, und durch Entwick-
lung der verborgensten Tugenden ihrer Kunst, die ein leichter Schleier
von Nachlässigkeit verhüllt, unser eignes Gefühl für das Wahre und
Schöne zu schärfen. W^enn das nicht wäre, so hätten die neuern Er-
zieher, wie sie sich nennen, vollkommen Recht, welche, selbst in der
alten Litteratur verwahrlost, gleich dem schwanzlosen Fuchs in der
Fabel, den patriotischen Rath erteilen, dasz man, um Zeit zu ersparen,
das wenige Brauchbare der Alten aus Uebersetzungen erlerne und sich
hauptsächlich zu nützlichen, d. i. zu erwerbenden Mitgliedern des Staats,
denn von Veredlung der Menschheit ist nicht die Rede, und, was sonder-
bar dagegen absticht, zu Jesuitenlatein plappernden Papageyen vorbereite.
Nach ihrer Voraussetzung lernt man also aus Homer einige Fabeln, aus
Livius und Tacitus eine Folge von Historien und aus Cicero einige ver-
worrene Begriffe der Philosophie und Rhetorik, die man aus neuern Ueber-
setzungen und Compendien, aus Damms Götterlehre und der Acerra
philologica weit ordentlicher , gründlicher und schneller erlernen kann.
Des angeführten Zwecks wegen, nemlich um die lateinischen Schrif-
ten zu verstehn, wäre es wol nicht nötig uns mit lateinischen Exercitien
zu plagen , oder es müste eben so nötig sein auch die von Ernesti und
jedem denkenden Schullehrer verlachten griechischen und hebräischen
Exercitia wieder einzuführen. Aber die lateinische Sprache ist seit der
Wiederherstellung der AVissenschaften die gemeinschaftliche Sprache der
Gelehrten in Europa geworden; viele Bücher schreibt man am besten
Kurze Anzeigen und Miscellen. 829
lateinisch, und bei vielen Gelegenheiten, besonders bei Prüfungen, wer-
den lateinische Unterredungen und Abhandlungen gefordert. Ohne mich
hier auf die Frage einzulassen, ob eine solche Einrichtung, die durch
einen ungefähren Zusammenflusz von Umständen aufgekommen ist, so
gar heilsam sei, dasz ihre allmähliche Verjährung uns mit einer neuen
Barbarei bedrohe: darf ich nur sagen, das Bedürfnis ist noch da; wer
auf den Namen eines Gelehrten Anspruch macht , musz es sich gefallen
lassen manchmal lateinisch zu reden und zu schreiben, und um dieses
zu können , musz er lateinische Exercitia machen.
Die Exercitia sind von zweierlei Art: entweder den Anfänger in
den Kegeln der Grammatik zu üben , oder den Geübteren die Fertigkeit
eines reinen und zierlichen Ausdrucks zu verschaffen. Die grammati-
schen Uebungen, wobei man dem Lehrlinge die Redensarten vorsclireibt,
erfordern keine sonderliche Vorkenntnis , auch schadet es nicht, wenn
der Inhalt ein wenig altfränkiscli ist, wie z, B. die Lichtischen For-
meln. Aber bei den Uebungen des 8tils musz man vorsichtiger sein.
Denn ein Schüler, der schon mit eignen Kräften den schicklichsten Aus-
druck, die stärkste Wortstellung, die lebhafteste und gefälligste Wen-
dung des Rhythmus zu suchen wagt, hat gewis auch schon Selbstgefühl
genug, manches von dem Gefundenen seines Beifalls nicht unwürdig zu
schätzen und mit unruhiger Erwartung des Kathederlöbchens in seiner
Seele zu bewegen. Ich rede hier vun der edelsten Gattung der Schüler,
an den schläfrigen ist vollends die Mühe verloren. Wenn nun aber der
ungeübte Jüngling fast immer einen verkehrten Ausdruck, eine deutsch-
lateinische oder falsch gezierte, d. i. nach den gröbsten Bemerkungen
der gewöhnlichen syntaxis ornata erkünstelte Ordnung oder Unordnung
der Worte und einen holpricliten numerus wählt und dieses zusammen
seinem Gedächtnisse einprägt? Und wie kann er, der alles deutsch zu
denken und von Wort zu Wort ins Lateinische zu übersetzen gewohnt
ist, wie kann er, wenn ihn nicht der Genius der römischen Sprache
unmittelbar begeistert, ohne lange und vertrauliche Bekanntschaft mit
den besten Prosaikern des ciceronischen Zeitalters so schreiben, dasz
Cicero es wenigstens verstehn würde? Wie kann er besser schreiben,
als manche unsrer neumodischen Lehrer sogar in gedruckten Blättern:
wo die buntscheckigste Mischung von komischeu und ernsthaften und
feierlichen Redensarten , wo die Sprache des alten Plautus mit der
Sprache des Tacitus und Vergils und der neuern obscurorum virorum,
die das jüngste Modegeschwätz unserer Schönschreiber nach dem Vo-
kabelbuch verdolmetschen, gleichsam im hölzernen Marionettentanz
dahergaukelt und mit possierlichen Stellungen und Sprüngen die Ge-
danken des Schriftstellers ausdrückt?
Nach meiner Einsicht musz also der Schüler, statt durch früh-
zeitige und überhäufte Stilübungen sein Gedächtnis mit barbarischem
Latein zu beflecken, vor allen Dingen lateinisch zu denken gewöhnt
werden. Und dies kann nicht besser geschehn, als durch fleiszige und
sorgfältige Erklärung des Cicero. So sehr ich auch sonst die Abwechs-
lung in der Wahl der Autoren liebe, so habe ich mir doch niemals er-
laubt, den Schriften dieses bewunderungswürdigen Römers weniger als
4 Stunden wöchentlich zu widmen. Oft werden es sogar 6, und auch
dann bleibe ich der Regel: non multa, sed multum! eingedenk. Ich
entwickle jede Schönheit des Gedankens und des Vortrags, verändere
die Worte und die Stellung derselben und zeige an, warum jedes andere
schlechter ist; ich versuche, nachdem ich wörtlich habe übersetzen las-
sen , die Kraft und Schönheit der lateinischen Wendung durch ähnliche
deutsche zu erreichen, und mache auf die verschiedneu Vorteile und
Mängel beider Sprachen aufmerksam, und wenn alles klar ist, so rufe
ich jemand auf, die erklärte Stelle lateinisch herzusagen. Ich habe
330 Kurze Anzeigen und Miscellen.
gefunden, dasz diese Uebung für Lehrer und Schüler gleich angenehm
und von ungleich gröszerein Nutzen ist, als das ewige Exercitien-
schreiben. Oft werden auch lange Stellen aus Ciceros Keden auswendig
gelernt und vom Katheder gehalten. Die Reden werden ununterbrochen
wöchentlich 2 Stunden sorgfältig erklärt und ins Deutsche übersetzt; in
den übrigen Stunden pflege ich mit dem Buche de officiis usw., mit der
Strothischen Sammlung der Briefe, welche die Geschichte der sinkenden
Republik enthalten, und mit der vortrefflichen Schrift de oratore abzu-
wechseln. Ueberhaupt gebe ich nie unter 10 — 11 lateinische Stunden
die Woche, wovon in 4 zwei Dichter (Iloratius, Vergilius, Plautus,
Ovidius oder Terentius) und in 6 — 7 auszer Cicero abwechselnd Livius,
Tacitus, Plinius, Pomp. Mola mit d'Anvilleschen Charten, Sallust usw.
erklärt werden. Zu schriftlichen Stilübungen, deren ich bei andern
eben so notwendigen Arbeiten nicht mehr als höchstens eine rathsam
finde, dictiere ich eine deutsche Uebersetzung von Quintilians anwend-
barsten Vorschriften oder aus einem der neueren Lateiner , die sich
nach Cicero gebildet haben, Manutius, Muretus usw., weil ich mir
selbst nicht zutraue, so musterhaftes Latein zu schreiben und ich doch
meinen Schülern vollkommene Muster zur Nacheiferung glaube vorlegen
zu müszen. Schwerere Germanismen (ich verstehe darunter sowol Wör-
ter als Redensarten) lasse ich )iiünd!ich auf verschiedene Weise über-
setzen , damit der Schüler beim Niederschreiben sich nur mit der Wahl
des Besseren beschäftige, ohne in Gefalir zu sein, sich durch verkehrte
Anweisung des Wörteil)uchs eine barbarische Redensart ins Gedächtnis
zu sclireiben. Auch auf die Anwendung seltner Au.-drücke und auser-
lesener Wortstellungen, wodurch die lateinisclie Si)raehe von der unsri-
gen abweicht, mache ich beim Dictieren aufmerksam. Und wenn ich
die zu Hause oder in der Schule corrigierten Bücher zurückgegeben
habe , so lasse ich das Original meiner Uebersetzung unter das Exerci-
tium schreiben, damit der Schüler sowol durch die Freude des Getrof-
fenen als durch den Verdrusz des Verfehlten zur lebhafteren Anstren-
gung seiner Kräfte ermuntert werde. Ich will nicht sagen , dasz diese
Art von Stilübungen die einzige gute sei, aber eine der besten ist
sie gewis.
In der rhetorischen Stunde werden vermutlich auch gute deutsche
Schriftsteller erklärt, sonst wäre derselbe Fall, den ich eben bei der
Behandlung der lateinischen Sprachübnngen bemerkt habe , auch bei
den deutschen zu bemerken: dasz man die Jugend ohne Muster der
Nachahmung blos durch trockene Regeln zur richtigen und schönen
Schreibart anführen zu können glaubt. Aber wenn auch meine Ver-
mutung richtig ist , so scheint mir doch e'ine Stunde zu wenig zu sein.
Mit der Erklärung deutscher Autoren kann die Aufmerksamkeit auf
richtige Aussprache und Tonhaltung, auf die Regeln der Grammatik
und, wenn es Dichter sind, der Prosodie und Verskunst verbunden wer-
den. Denn es ist unrühmlich für jeden wolerzognen Deutschen, zumal
wenn er ein Gelehrter sein will, seine Muttersprache nicht zu kennen,
und ihr jede Abweichung von der Sitte der beiden alten oder eigentlich
der lateinischen Sprache, da sie auf manche Eigenheit stolz sein darf,
als Untugend anzurechnen.
Ich fasse das wenige, was ich noch zu sagen habe, am besten zu-
sammen, wenn ich das jetzige Lectionsverzeichnis des Hm R. Ruhkopf
kurz wiederhole und darauf ein anderes nach meiner Vorstellung da-
äruntersetze :
Kurze Arizeiffcii und lliscellen.
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332 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Auweisung zu den römischen und griechischen Altertümern
braucht, wie zur Mythologie usw., nicht in besondern Stunden gegeben
zu werden, sondern man handelt gelegentlich dies und jenes Kapitel
ab und legt dann etwa den Nieupoort, Potter, Natalis Comes usw. vor.
Die Wahl der lateinischen und griechischen Dicher und Prosaiker bleibt,
wie die Wahl der deutschen Lesebücher, dem Lehrer frei; blos Cicero
ist bestimmt. Wäre es der Gesundheit nicht gemäszer, erst mit 2 Uhr
anzufangen? Voss.
XVL
Pädagogische Aphorismen, angeknüpft an Döderleins öffentliche
Reden Hin Tl.
Der hochverehrte, weil um Wissenschaft, um Schule und Leben
hochverdiente Herr Studienrector Professor Dr Döderlein, hat uns
mit dem dritten Bande seiner öffentlichen Reden abermal ein rei-
ches gar köstliches Geschenk gemacht, an welchem wir von neuem die
Feinheit, Klarheit, Tiefe, Kraft, Frische, Fülle und Ausgiebigkeit seines
Geistes, seinen eindringenden Spür- und Scharfsinn, seine gediegene, auf-
fassende, lebendige Gelehrsamkeit, umsichtige Beobachtungsgabe, ein
hoch und warm für alles Wahre, Gute, Schöne, für edle Menschlichkeit
schlagendes Herz und das virtuose Rede- und Darstellungsgeschick be-
wundern müszen , welches den Ernst und Scherz, die Ironie und Satire,
den Witz und Humor zu mischen und mit Salz, mit dem feinsten von
allem, dem Attischen, zu würzen versteht. Groszer, inniger Dank dem
würdigen, geist- und gemütvollen , wirklich gesinnungstüchtigen Manne,
dem Fleisch und Blut gewordenen Chorführer der Humanität vom rein-
sten nicht etwa Wasser, sondern vollwichtigsten Gehalt, der, mit seinen
eignen Worten zu reden, die über 40 Jahr von ihm bekleidete yrftj/«-
GiccQx^^ füi" seinen Hauptlebensberuf hielt , ohne darüber die ihm zuge-
wiesene akademische Tliätigkeit zu vernachlässigen oder für die Förde-
rung der ihm zugänglichen Zweige des Altertumsstudiums ganz unthätig
zu bleiben, "Ovulo xov y^waiov ;ua'pii'! rufe ich dem ausgezeichneten
Weisheitslehrer aus frohbewegtem Herzen zu. Wahrlich! sie sind sel-
ten, sehr selten die akademischen Lehrer, welche, wie unser Döderlein,
mit Fug und Grund in ihrem Handsiegel einen gekrönten Doppeladler
führen könnten, deren einer den ruhmreichen Universitätsprofessor, der
andere den Studienrector vom besten Schrot und Korn bedeutete, und
soll's der Vogel der Minerva sein, gut, so creiere ich frischweg, auf meine
eigne Schöpferhand hin , eine neue Sjüelart von Eule , die voll berühri-
gen, glücklichen Eifers am hellen, lichten Tage fliegt und, gleich ihrer
bekannten Collegin , dem Nachtvogel , Feuer und Licht geisterleuchtend
aus feurigen, blitzmächtigen Augen sprüht; möge denn die viva vox
egregie ducentis noch recht lange und oft in der groszen Bildungsfrage
der Jugend ein licht- und entscheiduugsvolles Wort abgeben!
In dem Anhange unter Nr III von S. 297 — 305 bietet der wahrhaft
hoch würdige Mann uns 'pädagogische und didaktische Apho-
rismen' dar, von denen ich den gröszern Teil hier mitteilen und zu-
gleich mit meinen Bemerkungen begleiten will. Bei dem einen und
andern werde ich mit Worten des Horaz (Epod. IV 2) sagen:
'tecum mihi discordia est',
jedoch im Geiste der dyci&rj fQig (Hesiod. fpya;24) ohne Hader, Zank,
Streit, Krieg und Feindschaft, friedsam und human, in Gemäszheit und
zu Ehren des Namens, den wir führen, und hält Döderlein es mit
dem Redner Coelius , von dem Seneca (de ira 3, H) vermeldet: <^non
Kurze Anzeigen und Miscellen. 333
tnlit Coelins adsentientem et exclaraavit: 'die aliqnid contra, nt diio
simus ! ' nun dann stünden wir beide, wenn schon niclit Miseliöfe, doch
nicht haderhaftig (1 Timoth. 3, 2 — 3) in der concordia discors ohne
Stachel, Gift und Galle.
1.
'Die taktische Kunst der Pädagogik stellt die Liebe ins Vorder-
treft'en und macht die Strenge zur Reserve ; aber wenn der Feind im
Vorteil und im Siegen ist, musz die Strenge ins Vordertreffen vorrücken,
dagegen die Liebe die Reserve bilden, jedoch in möglichster Nähe ihre
Aufstellung nehmen.'
Treffend die vom Kriegswesen entlehnte Bildlichkeit, in welcher
dieser pädagogische cccpoQia}i6g auftritt ! Zu dem fragenden Ausruf
Hiobs (VII I) 'musz nicht der Mensch immer in Streit sein auf Erden?'
hat in Wahrheit kein Menschenkind mehr Grund und Ursache als eben
der Schulmann. Die Lehrer und Erzieher der Jugend können vorzugs-
weise das Wort Senecas (epist. U) auf sich anwenden: 'nobis quo-
que militandum est, et quidein genere militiae, quo numquam quies,
numquam otium datur.' Wie die ecclesia nach der Anschauung der
alten Dogmatiker militans ist, so auch erfahrungsgemäsz und von Amts-
wegen die schola. Ein zum Streit und Aufruhr gerüstetes Heer von
Unarten, Ungezogenheiten und Fehlern legt und sperrt sich wider den
Lehrer und verwandelt seine Arbeit in einen Kai'npf, der eine grosze
Entscheidung hat, in ein Ringen und Fecliten, einen W'iderstand bis
aufs Blut. 'Jugend hat nicht Tugend ', soll jedoch für sie gewonnen,
zu ihr gezogen werden; sie, die lose, über Rand und Band hinaus-
schweifende Jugend , soll ihr Herz zur Zucht geben und ihre Ohren zu
vernünftiger Rede (Spr. Salom. 23, 12;, sie aber weigert sich ihrer,
läszt Rath und Lehre fahren , lockt wider den Stachel , folgt ihrem Mut-
willen, ihren Anschlägen, Einfällen und Gelüsten in Thorheit und Un-
verstand, sie, die Weisheit und Verstand annehmen (Spr. Salom. 4, 5)
und unter das Gesetz des Gehorsams gebeugt werden soll, für dessen
pädagogische Bedeutung der Ausspruch Plutarchs zeugt: '^ ncitösLcc
iari ^slsrr] svTcsiQstag.'' Was uns gewiegte Kenner der menschlichen
Natur lehren: 'nullum animal morosius est, nullum maiore arte tractan-
dum , quam homo.' — (Seneca de dem. I 17) 'natura contumax est
humanus animus et in contrarium atque arduum nitens, sequiturque
facilius , quam ducitur.'
'Nitimur in vetitum semper cupimusque negata' (Ovid. Am. III
4 , 17) , dazu liefert uns vorzugsweise das Dichten und Trachten der
Jugend, in welcher die Lebensgeister glühen und sprühen, das Kraftge-
fühl und der Freiheitstrieb hoch aufwallen, ja nicht selten übersprudeln,
die schlagendsten Beweise. Opposition, Rebellion, Krieg, Krieg und
nochmals Krieg, das ist ihre Losung! streitlustig und kampfbereit läszt
sie sich in voller Rüstung auf der Schulbank nieder, attakiert und pro-
vociert ihre Lehrer and Leiter, ficht mit ihnen und zwingt sie die
W^affen zu ergreifen. Sind diese nun klug und weise, wie sie sollen,
dann greifen sie zu der bei weitem besten, stärksten und wirksamsten
aller Waffen, auf welcher der Trost der Zuversicht eingegraben steht:
SV tovTM viKTJceisl uud dicsc ist nicht Spiesz, nicht Schwert, nicht
Stock und Stange, Ruthe oder Knute, es ist — die Liebe. 'Omnia
vincit Amor' (Verg. Eclog. X 69). 'Amor magister est optimus ' (Plin.
ep. IV 19, 4). Das Wort des Apostels Paulus (1 Cor. XVI 14) 'alle
eure Dinge lasset in der Liebe geschehen' und den Rath des Heca-
ton bei Seneca (ep. IX 0) 'si vis amari, ama!' wozu die Aufforderung
Martials (VI 11, 10) trefflich stimmt 'ut ameris, ama!' halte der Leh-
rer immerdar in seinem Gedächtnis , darin ist der Segen seiner Arbeit,
seiner Mühen beschlossen. Er sei naiSe^aatT^g im edelsten, reinsten
334 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Sinne des Worts, beharrlich und g-rosz in der Pelikanstugend hingeben-
der, durch nichts zu erschütternder Opferfreudigkeit , und erkläre g'ele-
gentlich den Umstand, warum amo 'ich liebe' die erste und doceo 'ich
lehre' die zweite Conjugation sei, wie jener primus rector Portae, von
dem unser Döderlein in der zweiten Sammlung seiner Eeden und
Aufsätze S. 41 also erzählt: 'ein ehrwürdiger Mann, der vor 300 Jah-
ren die berühmte Schulpforte als ihr erster Rector einrichtete und
leitete, stellte die Frage auf, warum amo ich liebe die erste und doceo
ich lehre die zweite Conjugation sei, und beantwortete sie selbst mit
einem sinnigen Humor: weil der Lehrer seine Schüler zuerst lieben und
dann erst lehren solle.'
So wirft nun die taktische und strategische Kunst der Pädagogik
das alte Tyrannenwort: 'oderint, dum metuant' weit hinter sich und
postiert die Liebe, die langmütige, freundliche, sich nimmer erbittern
lassende, nicht nach Schaden trachtende, alles hoffende, rettende Liebe,
sie die nimmer aufhört, ins Vorder- wie ins Hintertreffen, ins Centrum
wie auf den rechten und den linken Flügel, läszt sie den Anfang, dio
Mitte und das Ende aller ihrer Operationen sein , macht sie zu ihrem
Feldgeschrei, die auch ihr Sieges-, ihr Triumphlied sein wird; demnach
darf dieselbe nie und ninmier zur Reserve geschrieben werden, musz
das punctum saliens auch in der Strenge bleiben, die nur ein modus
amandi ist ; aucli darf der Feind nie im Vorteil und im Siegen sein, das
wäre schon mehr als eine halbe Niederlage, ein Ohnmachtszeugnis für
den Pädagogen; also Strenge aus Liebe, in Liebe, mit Liebe, oder
nach Luther: 'der Apfel bei der Ruthen!' Liebe aber wie Strenge
müszeu selbstverständlich immer unter Leitung der den Menschen erst
wahrhaft zum Menschen machenden, sein Thun und Lassen bestimir.en-
den Vernunft stehn, welche verhütet dasz die Liebe in schlaffe, schwäch-
liehe Nachsicht, ultraliberale Schonung, sentimentale Weichlichkeit und
jene Affenliebe umschlage, die den Gegenstand ihrer Zärtlichkeit erdrückt
oder einen Taugenichts grosz zieht, und dasz die Strenge in Härte und
unmenschliche Grausamkeit ausarte, die Wut schnaubt, mit Scorpionen
züchtigt und sich in einen leibhaften Büttel, Häscher, Schergen, Frohn-
vogt, Zuchtknecht und jähzornigen Schlaghart umsetzt, der das alte
Wort: 'ö ju-jj dagsig äv&ooynog ov TraLSfVfzat' durch Beulen und Blut-
striemen , durch Verrenken und Verkrüppeln der jugendlichen Glieder
erläutert und praktisch commentiert. S e n e c a s Worte (Epist. XXXVIl 4) :
'si vis omnia tibi subicere , te subice rationi. multos reges, si ratio te
rexerit. ab illa disces, quid et quemadmodum adgredi debeas ' gelten
auch der strategischen Pädagogik. 'Wo man nicht mit Vernunft han-
delt', heiszt's in Salomos Sprüchen (19, 2), 'da geht's nicht wol zu',
da verkümmert und verkommt die Frucht des Geistes, Liebe, Geduld,
Freundlichkeit, Sanftmut und allerlei Gütigkeit (Gal. V 22. Ephes. V 9),
jener amabilis chorus virtutum leniorum, die den Kern und die Krone
edler Menschlichkeit bilden.
2.
'Mancher Lehrer lobt seine Schüler nie und erwartet, dasz die Ne-
gation des Tadels schon als Belobung und Belohnung von ihnen aufge-
nommen werde. Vortrefflich, wenn der Lehrer selbst in den Augen
seiner Schüler ein Heros und ein fast übermenschliches Wesen ist; denn
dann kann niemand von ihm etwas höheres als ein Zeichen der Zufrie-
denheit erwarten, so wenig als von Gott. Allein das sind seltene Wun-
dermänner. Ist die Enthaltung vom Lob ein Grundsatz des Lehrers,
etwa um seine Schüler vor Eitelkeit und Hochmut zu bewahren , so
wirkt sie nicht günstig; sie macht den Eindruck der malignitas, einer
kargenden Misgunst. Er gebe so oft er kann seine Zufriedenheit
laut, aber mit ruhigem Ernst zu erkennen, und wenn er gar lohen
Kurze Arizoioren und Miscellen. 335
'o
kann, la«se or die Scliiilor dio lebhafte Freude, die es ihm mache,
flUilen und mitemiifinden. Wenn der Schüler nach dem Lob seiner Lehrer
iunerhalb der Öchulwände eiiVig trachtet, so ist das etwas ganz anderes,
als wenn er nach einer oÜ'entlichen Auszeichnung, etwa diinh ein l'reis-
buch, geizt. Jenes ist so naiiirlicli, wie dies uunatüilich ist. Nur die
gemeine Natur zeigt sich gegen das Lob aus dem Munde des Lehrer."?
gleichgültig. Dagegen habe ich oft erlebt, dasz edlere Naturen einen
öffentlichen Schalpreis mit einer gewissen Schani in Empfang nahmen.
Mutet mau dem Schüler zu, mit seinem guleii Bewustsein und der stil-
len Zufriedenheit seines Lehrers sich zu begnügen, so ist das ein mora-
jischer Rigorismus.'
Dasz mancher Lehrer seine Scliüler nie lobt und erwartet, die Ne-
gation des Tadels von ihm schon als Belobung und Belohnung aufge-
uomuien zu seiin, darf selbst unter der hier angegebenen Voraussetzung
nicht für vortrefflich gelten; einmal ist diese Schüleransicht irrig,
dann auch die daran geknüpfte Behauptung, dasz in Folge der bezeich-
neten Maxime des Lehrers niemand von demselben etwas höheres, als
ein Zeichen der Zufriedenheit erwarten könne; ein solches wäre
ja mehr, als eine Negation des Tadels, und laszt sich füglich als Be-
lobung oder Belohnung betrachten.
Der Leiirer, der seine Schüler nie lobt nnd von ihnen erwartet,
dasz sie die Negation des Tadels sclion als Belobung und Belohnung
ansehii sollen, ist, glimpflieh gesagt, ein unpädagogischer Kauz, der
sich nicht auf die menschliche Natur, namentlich nicht auf das Wesen
und die Art der Jugend versteht und einen Antrieb und Stachel zum
Rechten und Gehörigen auszer Acht läszt, der in der Hand der acoLpfjo-
avvrj zu groszeu und schönen Erfolgen führt. Der Misbraucli hebt den
Gebrauch nicht auf, und wenn ich schon die vielfach auf Schulen so
beliebte und florierende Prämienwirtschaft herzlich verabscheue, welche
mit Ordensbändern, Ehrenkreuzen, Medaillen, goldnen und silbernen
Pinnen, VVolverhaltungspfennigen, Wettpreisen, Honigkuchen und Zucker-
brezelu um sich wirft, die Kränze der Auszeichnung und Ehre sehr niedrig
aufhängt und schon für eine dürftige, halbe Anstrengung eine volle und
ganze Belohnung in Bereit<;chaft hält, ja das Schein verdienst, die er-
schlichene und erborgte Würdigkeit, oft unter Paukenschall und Trom-
petengeschmetter, zur Bestätigung des Sprichworts: ^beaucoup de bruit,
peu de fruit', decoriert, so musz ich doch, im wolverstandnen Interesse
der Pädagogik, die laute Anerkennung und Belobung des Schülers, der
tapfer strebend das rechte getroffen und wacker ausgeführt, fordern, ja
sie als Pflicht und Schuldigkeit des Lehrers bezeichnen; ein 'pulchre,
bene, recte', zu rechter Zeit und an rechter Stelle über das Thun und
Treiben des nach Erkenntnis und Wahrheit, nach Wissenschaft und
Weisheit trachtenden Schülers ausgesprochen , leistet deu Bildungs-
zvvecken kräftigen Vorschub, gibt dem jugendlichen Geiste Freudigkeit,
Flügel und Schwungkraft auf der Bahn des Gesetzes und Fleiszes, der
Zucht, Ordnung und Sitte, und stärkt in ihm den Ent>'chlasz, noch eif-
riger dem nachzudenken, was lieblicTi und was wol lautet, was etwa
eine Tugend und etwa ein Lob ist (Phil. IV 8). Suillius und Cossutia-
nus sprechen bei Tacitus (Ann. XI 7) ein wahres, auch von dem Leh-
rer der .Tugend wol zu beherzigendes Wort aus: ''sublatis studiorum
pretiis etiam studia peritura, ut minus decora.' So gebe denn der
Lehrer, dem weisen Rathe unseres Dö der lein gemäsz , so oft er kann
seine Zufriedenheit laut, mit ruhigem Ernste zu erkennen, und
wenn er loben, d. h. vorzügliches in Führung und Leistungen aner-
kennen kann, lasse er die Schüler die lebhafte Freude, die es ihm mache,
fühlen und mitempfinden, gewöhne sie aber im Schweisze des Angesichts
freudig und unverdrossen das Gute um des Guten willen zu thun, ohne
336 Kurze Anzeigen nnd Miscellen.
Aussicht auf Anerkennung, Lohn, Preis, Ehre und Dank von Menschen
her, drücke ihnen mit aller Kraft der Rede zur Beherzigung tief in
die Seele das Wort des Herrn: 'wenn ihr alles gethan habt, was euch
befohlen ist, so sprecht: wir sind unnütze Knechte, wir haben gethan,
was wir zu thun schuldig waren' (Luc. 17, 10), wecke und unterhalte
in ihnen, mit Hinweisung auf den Rath des Persius (IV 52):
'tecum habita; noris, quam sit tibi curta supellex',
neben der Bescheidenheit, jene heilsame Unzufriedenheit mit sich selber,
die vor Dünkel, Ansprüchen, Anmaszung, vor Ueberschätzung, Eitel-
keit, Selbstgefälligkeit, Stolz und Hoffahrt bewahrt, heisze sie allezeit
eiuhergehn in Demut der Engel, an welchen Gott auch noch Tadel findet,
und bringe sie dahin, dasz sie aus Herzensgrund freudig den Aussprü-
chen alter und bewährter Weisheit zustimmen: 'recte factorura verus
fructus est fecisse, nee ullum virtutum pretium dignum illis extra ipsas
est' (Senec. de dem. I 1) und '^nuUum theatrura virtuti conscientia
malus est' (Tusc. II 26).
Entweder ich irre mich stränich oder es ist jetzt hohe, ja höchste
Zeit, unsere Jugend für ihren Wandel und Weg durch's Leben mit dem
Urteil des alten Cato innig zu befreunden, der erklärte, er wolle lieber
dasz man frage, warum ihm keine Ehrensäule, als warum sie ihm er-
richtet worden ; wie stellt sich denn die Welt zu der Aufforderung
Sirachs (VII 22) : •■ einen treuen Knecht und fleiszigen Arbeiter halte
nicht übel'? Sind die bekreuzten und besternten Groszwürdenträger,
die Männer von groszem Einflusz und Einkommen allezeit und durch-
weg auch die der Würdigkeit, der Ehre, des Verdienstes? wäre es un-
gereimt, was folgende Reime besagen?
^Faulenze und schreie
Und du bekömmst für Zweie,
Arbeite und schweige
Und du erhältst die Neige.'
Es ist und bleibt in Wahrheit ein hochherliches Ding um den
'virtutis verae custos rigidusque satelles'
(Hör. ep. I 1, 17), um einen Mann, der nicht Menschen, sondern Gott
zum Dienste das thut, was er nun einmal nicht lassen darf, ohne seinen
Werth zu verlieren und ihm, der ein rechter Richter ist, zu misfallen.
Hie Rhodus, hie salta!
3.
fleh habe wo! schon manchmal einem jungen Lehrer vor seinem
ersten Gang ins Lehrzimmer folgende Anweisung gegeben: Sie werden
mit der Unart des Plauderns zu kämpfen haben. Wenn Sie das erste-
mal einen Plauderer bemerken, so dürfen Sie nichts thun als innehal-
ten und so lange schweigen, bis der Plauderer schweigt. Dann fahren
Sie fort, ohne ihn auch nur durch einen Blick zu strafen. Den zweiten
Plauderer dürfen Sie schon scharf ins Auge fassen, bis er Ihrem Auge
begegnet und schweigt. Auch der dritte Plauderer will immer noch nicht
härter angelassen sein, als mit der verwunderten Frage: 'ist denn das
üblich an hiesiger Schule, dasz, wärend der Lehrer spricht, die Schüler
ungefragt selbst auch sprechen? Ich glaube das nicht und will das nicht;
es stört.' Auf diese Weise hat selbst ein achtjähriger Schüler den ent-
schiedenen Willen und die ruhige Energie des Lehrers erkannt, wärend
sie doch alle Pfeile des Verweises und der Strafe noch ungebraucht im
Köcher behält. Am stärksten ist, wer mit dem geringsten Kraftaufwand
sein Ziel erreicht; die Stufenleiter ist die Faust, das Wort, der Blick,
der Gedanke — und wer mit dem bloszen Gedanken regieren könnte,
wäre ein gottähnlicher Regent. Ein anderer Lehrer zerschlägt gleich
in der ersten Stunde das Lineal an dem unbotmäszigen , um sich in
Respekt zu setzen.'
Kurze Anzeigen nnd Miscellen. 337
Ein Jugendlelirer , zumal ein angehender, der sich von einem so
geistvollen, einsichtig^en, erfahnuiK'sreiclien , in Dingten der Pädagogik
und Didaktik stimmberechtigten Gelehrten, wie D öder lein ist, be-
rathen lassen kann , hat in Wahrheit allen Grund , solch einen Vorteil
hoch anzuschlagen, und musz si( h bemühen diese Gelegenheit und Gunst
gewissenhaft aiiszubeuten , zugleich aber auch sich mit allem Fleisz
hüten, die gegebene Anweisung für einen unverbrüchlichen Kanon, für
eine Schablone zu halten , nach welcher er caeca fide auf's Gerathewol
darauf los arbeitet. Mit derartigen Instructionen und immerhin wolge-
meinten Fingerzeigen ist's eine eigne, misliche Sache. Duo cum faciunt
idem , non est idem. 'Eins schickt sich nicht für alle'; 'nisi per te
sapias, frustra sapientem audias' lehrt Publius Syrus, für frustra
könnte es zu Zeiten füglich auch heiszen: cum tuo et alterius incom-
modo. 'Sehe jeder, wie er's treibe', hat vor allem seine Geltung bei
dem Lehrer und Erzieher der Jugend, der sich aus selbsteigner, leben-
diger Praxis herausgestalten und zu dem klug und bedächtig um sich
schauenden Meister durch- und emporarbeiten musz , der in Berücksich-
tigung der Individualität und geistigen Schattierung seiner Jünger leh-
rend und leitend nicht ausschlieszlich ein Verfahren , e'ine Methode für
alle einschlägt und festhält, um jeden, auf seine Bedürfnisse, sein Ge-
artetsein eingehend, wahrhaft zu fördern und dahin zu bringen, wohin
er ihn von Berufswegen bringen soll und musz. ' Est rerum omniura
usus, hominum adhibita sollertia', sagt Caesar (de bell. civ. II 8), das
möge sich der Lehrer zur Lehre auf die Tafeln seines Herzens schreiben.
In dem schwei'sten, mühseligsten, ein ganz ungewöhnliches Masz
von Klugheit, Einsicht, Takt und Geschick heischenden Geschäft, dem
der Jugendbildung, kann und wird selbstverständlich der Irtum , der
Fehl- und MisgrifF nicht ausbleiben. Quintilian jagt dem Lehrer mit
der ersten Hälfte der an ihn gestellten Forderung: 'ipse nee habeat
vitia nee ferat' einen heiligen, durch Mark und Bein zuckenden Schreck
ein, doch 'es irrt der Mensch, so lange er strebt', kein Meister fällt
vom Himmel, docendo disciraus, das Lehrgeld für den Lehrer musz oft
der Schüler zahlen, ihm die Sporen verdienen helfen. So ist's nun
einmal , so wird es bleiben in dieser Welt der Mängel und Unvollkom-
menheit.
Das erste, was die Schule von ihrem Zögling verlangt und ver-
langen musz, ist ein ges et z mäsziges Verh al ten; aus den Gesetzen,
die ihn bei seinem Eintritt in dieselbe empfangen, soll er seine Freiheit
schöpfen, die nie zur Ungebundenheit werden darf, in Gehorsam und
durch Gehorsam gegen dieselben sich das erwerben, was einzig nur zu
seinem Frieden dient, sein Heil wie seinen Euhm ausmacht. Diese
Gesetze , zu deren gewissenhaftester Beobachtung er sich durch Hand-
schlag verpflichtet, sollen und müszen bei ihm einen Leib, Fleisch und
Blut, Kern und Kraft gewinnen, ein Leben zu führen im Geist und in
der Wahrheit; 'hänge sie', sagt Salomo (Spr. 3, 3 — 4), 'an deinen
Hals und schreibe sie in die Tafeln deines Herzens, so wirst du Gunst
und Klugheit finden, die Gott und Menschen gefällt.' Der zum Hüter
und Wächter derselben bestellte Lehrer darf nicht schlafen noch schlum-
mern, musz allen Unsitten, jeder Ungebür sofort kräftig und nach-
drucksvoll entgegentreten. Ordnung regiert die Welt, regiert die Schule!
In der Sammlung des auf das Wort der Lehre stetig merkenden Geistes,
in völliger, ungestörter, ausdauernder Hingabe an das zur Bearbeitung,
Verarbeitung und Aneignung vorgelegte, in der Ruhe, dieser bekannten
ersten Bürgerpflicht, sah denn auch mein würdiger Freund, der selige
Oberschulrath Zehlicke in Parchim , Cardinaltugenden des Schülers,
die er ihnen zur andern Natur zu machen bestrebt war und noch, nach-
dem er längst erreicht hatte, worauf er mit allem Eifer hingehalten,
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. U. Abt. 1861. Hft 7. 22
338 Kurze Anzeigen und Miscellen.
pflegte der liebenswürdige Mann, im alten Ordnungs- und Zuchtgelei^e
sich treulich fortbewegend, wärend des Unterrichts einmal über dns
andere ein gedehnte.s, scharf prononciertes 'ruhig!' in den Schülercötus,
der sich mäuschenstill verhielt , hinein zu knarren und zu schnarren.
Lächerlich das, in seinem Grunde jedoch achtbar und lobwürdig. Der
junge Lehrer, der sein Debüt vor Schülern macht, musz , wenn er das
erstemal einen Plauderer bemerkt, etwas anderes thun als innehalten,
und so lange schweigen, bis der Plauderer schweigt, ohne ihn auch nur
durch einen Blick zu strafen. Er musz das Gesetz der Schule aufrecht
und im unverletzten Ansehn halten, den plaudernden sofort zur Ordnung
rufen, ihn rügen mit sanftem Geist, in liebevoller, das treue Herz auf
der Zunge tragender Zuspräche. Bei der von unserem Döderlein in
Vorschlag gebrachten Procedur wird, nach meinem Dafürhalten, des
Glimpfes, der Nachsicht und Duldung viel zu viel geübt. Welch unge-
bürliche, die lernlustigen und lerneifrigen Schüler beeinträchtigende, den
Lehrgang unterbrechende Concession an den ersten und zweiten Plau-
derer! Der wagt's nicht uns zu unterbrechen, denken nun vielleiclit
beide , unterläszt aus Feigheit den Ordnungsruf; kann es befremden,
wenn sie sich noch mehr herausnehmen? Die Frage der Verwunderung,
mit welcher der dritte Plauderer angelassen werden soll, kann leicht
den Lehrer, der sie aufwirft, compromittieren, sofern das ironisch-
Skommatische desselben einen vorlauten Naseweis und Gelbschnabel, ein
vorwitziges Keckhähnchen von Schüler zu der Antwort treiben könnte:
'was Sie, Herr Doctor, dem A. und B. ohne Verweis haben hingehn
lassen, ist mit nichten usus der Schule, und was Sie nicht glauben,
das sollten Sie dann auch nicht für möglich halten.' Und nun gienge
das Hin- und Herreden vom Stapel, fielen auf beiden Seiten Aeuszerun-
gen ärgerlicher Art, eins gäbe das andere , es käme schlieszlich zu einem
d^mele' furieux zu groszem Nachteil für Lehrer und Schüler.
Was der Lehrer an Ordnungs- und Gesetzwidrigkeiten bemerkt
— leider entzieht sich vieles auch seiner wachsamsten Aufmerksamkeit,
z. B. die Zettelwanderung unter den Tischen — , dem darf er nicht
ruhig und still zusehn ; es kann lange dauern , bis der erste Plauderer
in der Lebendigkeit seines Wesens, im Feuer seiner Mitteilsamkeit sich
ausplaudert und der zweite dem Auge des Lehrers begegnet, und
kommt's endlicli dazu, dann ist's noch fraglich, ob er in Folge dieser
Augenbegegnung sich zu dem erwarteten Schweigen bequemt. Die Ju-
gend ist besonders aufgelegt, Excesse zu verüben; wo sie es mit einem
jungen, neuen Lehrer zu thun hat, da versucht sie es wieder und wie-
der, ob sie denselben nach ihrem Sinn modeln und sich zurichten, was
und wieviel sie ihm bieten, wie weit sie es in der Zuchtlosigkeit treiben,
was sie von ihm und dem Schulgesetz abdingen, whs sich herausnehmen
könne; in ihrem Uebermut geht sie darauf aus, dem Lehrer Verlegen-
heiten zu bereiten, ihm Widerpart zu halten, ein Bein zu stellen, seine
Auctorität zu Falle zu bringen und den unter ihre Botmäszigkeit ge-
brachten in den Sack zu stecken; da gilt's denn, den Schulmeister
herauszukehren und gehörig ins Licht zusetzen, das O vidisc he (rem.
am. 480):
'est aliquid valida sceptra teuere manu'
in der vollen Glorie seiner Kraft und Herlichkeit strahlen zu lassen,
das 'principiis obsta ! ' energisch zu bethätigen , seinem Amte und An-
sehn nicht das geringste zu vergeben und den Schülern durch die Art,
sich ihnen gegenüber zu nehmen den Beweis in die Hand zu liefern, dasz
er nicht der Mann sei, der in schwächlicher Nachsicht mit sich han-
deln, mit sich spaszen und spielen lasse, dasz er Subordination quand
meme verlange und grosze Stücke von dem kategorischen Imperativ
halte. — Du weiszt was du sollst und wozu du hier bist, weg also mit
Kurze Anzeigen und MisceUen. 339
dem Plaudern! hier habe ich zu reden, du hast's nur dann, wenn du
von mir gefragt wirst ! So etwa laute der Ordnungsruf an den Plau-
dernden, die Keprimande.
Der junge Lehrer, der sich anschickt seinen ersten Gang mit den
Schülern zu machen, sage es sich vorher zweimal und dreimal, dasz
die Art, wie er ihn macht, auf lange hin, wenn nicht gar für immer,
über das wichtigste, was ihm nicht fehlen darf, entscheidet, über sein
Ansehn, seine Auctorität. In dem hellen, vollen Bewustsein, dasz er das
Zeug habe, der Forderung des Dichters:
^wer lehren will, der gebe was'
nicht ohne Segen zu entsprechen, trete er furchtlos und ruhig, besonnen
und kräftig, fest und freudig auf, ein Fackelträger der Humanität, die
aus ihm selbst gewinnend hervorleuchtet. Er weisz dasz er sich nicht
ein kümmerliches , lückenhaftes Wissen für das Bedürfnis e'iner Lehr-
stunde mühsam zusammengelesen, dasz er sattel- und bügelfest in seinem
Fache ist, er hat ein Herz für die Jugend und den kraftfreiidigon Wil-
len, es ihr in dem Reichtum seiner Treue und Gütigkeit zu erschüpszen;
ausgestattet mit dem Talente der Geduld , steht er in der tröstlichea
Zuversicht, dasz das Gute, welches nach Können und Vermögen er un-
ablässig zu fördern wie berufen so bereit ist, eine göttliche Gewalt
habe, die den Widerstand der Unvernunft früher oder später brechen
und siegend Segen um Segen ins Leben ergieszen werde, und hat den
durch keine Kränkung, keine Verlästerung zu erschütternden, aushar-
renden Mut in der Seele, auch für den Undank, die Verkennung zu
arbeiten. Angesichts der Misvergnügten , seiner Zucht und Führung
W^iderstrebenden zeigt er sich mit dem Cousul Quinctius (Liv. 3 , 08)
auf e'inen Ton gestimmt, welcher ausruft: ^vellem equidem vobis pla-
cere, Quirites, sed multo malo vos salvos esse, qualicumque erga me
animo futuri estis ! '
'Heitern Sinn und reine Zwecke;
Nun! man kommt schon eine Strecke!'
Dieses Wort Goethes wird sich auch an ihm, dem unverdrossenen,
mutig und edel strebenden, zu seinem und seiner Schüler Frieden erfüllen.
Anlangend die Schluszbemerkung: 'am stärksten ist, wer mit dem
geringsten Kraftaufwand sein Ziel erreicht; die Stufenleiter ist die Faust,
das Wort, der Blick, der Gedanke', so trage ich noch den Wink ein
und bezeichne das Regiment mit dem bloszen Gedanken als ein über
gottähnliches Regententum und alles menschliche Vermögen hinaus-
liegendes, für Menschen offenbart sich der Gedanke in Werk und
Wink , in Blick und Wort.
4.
'Es würde ein Riesenschritt in unserer National- und besonders
Jugendbildung sein, wenn wir alle und nicht am wenigsten die Erzieher
uns gewöhnten, Schläge, die ein Mensch als Züchtigung bekömmt, von
ihrer rein tragischen Seite zu betrachten. Wir Deutschen stehn hierin
in der Mitte zwischen den Slaven und Romanen. Für den Russen ist
ein geprügelter Mensch etwas natürliches, alltägliches ; für den Deutschen
ist er etwas ungewöhnliches, welches bald Bedauern erregt, weil er dessen
Schmerzen mitfühlt, bald auch zum Lachen reizt, weil er ihn mit einer
fühllosen und ehrlosen Sache verwechselt sieht; für den Franzosen ist
es eine durchaus ernsthafte Sache, gleich als wenn die Schläge den Men-
schen nicht nur für den Augenblick zur Sache machen, sondern ihn für
immer entmenschen und entehren. Auch der ungebildete Franzose, der
vor einer blutigen Hinrichtung nichts weniger als zurückbebt, wird nicht
ohne Innern Abscheu und Grauen einer Prügelexecution zusehn ; ein
Deutscher auf der gleichen Bildungsstufe trägt kein Bedenken ihr nach-
22*
340 Kurze Anzeigen und Miscellen.
zulaufen. Ein deutscher Lehrer kann nicht leicht verberibus mnlcare
mit durchprügeln übersetzen lassen, ohne dasz die Schulknaben wie
über einen Spasz lachen.
Das absolute Verbot körperlicher Züchtigung in den Schulen ist
bedenklich, so lange der Knabe zu Hause an Ohrfeigen, Stock und
Peitsche gewöhnt ist, und sich nur in der Schule davor sicher fühlt,
weil sein Lehrer ohnmächtiger ist als sein Vater.'
Falls die Prügelstrafe überhaupt noch eine Stelle im Strafcodex
einnehmen soll, gewöhne man sich sie als eine Degradation unter die
animalia bruta und im Vergleich zum Ritterschlag mit dem Schwerte,
gleichsam als einen Rindviehschlag mit dem Ochsenziemer, als eine mit
Centnerwucht auf die ganze Lebenszeit des durchgeprügelten geworfene
Schmach, als eine Art von Hinrichtung zu betrachten, bei welcher dem
Deliquenten zwar nicht der Kopf, wol aber die Ehre abgeschnitten wird.
— Der Schluszgedanke regt die Frage an: darf die Zuchtprocedur, die
Roheit und Brutalität des Hauses, auf den Wahn des Knaben hin, den
vernünftigen Erziehungsgang der Humanität anstrebenden Schule discre-
ditieren und ist in Wahrheit und Wirklichkeit der Stock- und Knuten-
meister von einem Vater mächtiger, als der humane, geistestüchtige
Zuchtniei.3ter der Schule?
5.
'Mancher Lehrer gefällt sich darin, seinen Schülern begreiflich zu
machen, dasz er nur ihr älterer Freund sei und mit ihnen fortzulernen
habe. Bei wenigen mag dies aus der unlauteren Quelle einer captatio
benevolentiae hervorgehn, bei vielen ist es der Ausdruck einer wah-
ren Demut oder einer aufrichtig gemeinten Liberalität. Aber ein kluges
Wort ist es in keinem Fall, am wenigsten wenn der Lehrer noch jun;-
genug ist, um wirklich ein Freund seines Schülers sein zu können.
Aber sein Amt macht ihn eben zu etwas anderem, zu einem Herrn und
Meister, der allerdings so freundlich sein darf als er will, ohne da-
durch das zu werden, was die Jugend einen Freund nennt. In verbis
ne simus faciles! Der Lehrer hebt dadurch den specifischen Unter-
schied, der zwischen ihm und dem Lehrling naturgemäsz besteht, selbst
auf und substituiert einen graduellen. Die Ehrfurcht zurückzudrängen,
damit die Liebe desto mehr Platz gewinne, ist ein bedenkliches Ver-
fahren, mit dem man sich nicht einmal Dank verdient; denn das Gefühl
der Ehrfurcht steht an wolthuender Kraft auf der gleichen Stufe mit
dem der Liebe, und je kräftiger der Knabe und Jüngling — wenn er
nicht wirklich gemeiner Natur ist — , desto unentbehrlicher erscheint
ihm jenes Gefühl.'
Auch der junge Lehrer kann wirklich ein Freund seines Schülers
sein, und ist er's nicht, dann soll er es werden, nicht jedoch im Sinne
des lustigen Bruders und Kumpans, einer durch wechselseitiges du etwa
gar bei vollem Glase besiegelten Kameradschaft- welche aus gemein-
schaftlichem Beutel wirtschaftet, sondern der Treue, der liebenden,
opferfreudigen Hingebung des kundigeren, umsichtigeren Geisteshelfers
>ind Berathers bei schwerem Werk. Anstatt 'wenn der Lehrer noch
jung genug ist, um wirklich ein Freund seines Schülers sein zu
können', wollte Döderlein wahrscheinlich schreiben: wenn der
Lehrer noch zu jung ist, um usf., obschon auch bei dieser Fas-
sung Döderleins Behauptung sich nicht halten läszt; kann doch der
Lehrer selbst jünger als sein Schüler und gleichwol Freund desselben
sein, wozu die Erfahrung Thatbeweise liefert. Mit dem Herrn und
Meister von Amtswegen kann der Freund sehr gut Hand in Hand
gehn, und freundlich sein flieszt, nach meiner Ansieht der Sache,
mit Freund sein in eins. Ich habe Schüler gehabt, die um vier Jahre
Kurze Anzeigen und Miscelien. 34t
älter wareu als ich selber, uuil sie wiederholt aufgefordert, mich in ihien
Angelegenheiten, ihrem Wissensstreben als iliren Freund betrachten zu
wollen , der mit ihnen fortzulernen habe, — sie erlebten auch jeweilig,
dasz ich nicht in allem und jedem , was zu wissen gut und löblich ist.
fix und fertig war, hier irrte, dort mit einem unumwundenen 'nescio!'
hervoi'gehn rauste — , und wüste nicht, dasz ich mit dergleichen Aeusze-
rungen , die aus reiner Quelle flössen, einen dummen Streich gemacht
hätte, und ist es auch nicht gerade die Ehrfurcht, in und mit welcher
sich der Schüler seinem ihm an Jahren nahestehenden, vielleicht glei-
chen, ja mitunter Jüngern Lehrer zuneigt, so kann es doch die von
Anhänglichkeit, Pietät, Dank, Liebe und herzlich-treuer Verehrung ge-
tragene Scheu sein, einer solch redlichen, lautern, mit Selbstverläugnung
auf sein Wohl eingehenden, teilnahmvollen Seele, die den Vorgesetz-
ten in das Gewand edelster Humanität, gewinnender Güte kleidet, wehe
zu thun , sie zu beleidigen und zu kränken. Vortrefflich das, was in
diesem Betracht Seneca (de benef. VI I(i) beibringt: ^quid ergo?
qua re et medico et praeceptori plus quiddam debeo nee adversus illos
mercede defungur? Quia ex medico ac praeceptore in araicum trans-
eunt et nos non arte, quam vendunt , obligant, sed benigna et familiari
voluntate.' Etwas ganz anderes ist's, wenn sich der Lehrer hinter den
Namen Freund versteckt und das Fortlernen mit seinem Schüler mit
auffälliger, captivierender Beflissenheit betont, um seine Schächerschaft
im Wissen und Können zu verbergen, und nichts so gut und sicher weisz,
als dasz für diesmal der Jünger über dem Meister ist. Fortzulernen
hat auch der unterrichtetste Lehrer, warum also im Stückwerk mensch-
lichen Wissens dies dem Schüler verschweigen ? Ein Tag lehrt den an-
deren, kein Mensch lernt je aus, dazu der Irtum, der ihn nie verläszt.
'Nemo mortalium omnibus horis sapit' (Plln. N. H. VII 40). 'Homines
dum docent, discunl' (Senec. ep. VII 8). Das kann der tüchtige, mit
seinem Beruf es treu und ehrlich meinende Lehrer, unbeschadet seines
Ansehens , dem Schüler offen und rückhaltlos sagen.
6.
'Oft kommt ein Lehrer in Versuchung ein Unrecht zu begehn, wenn
er einen Schüler zur Unzeit lachen oder lächeln sieht. Wie schon
Montaigne bemerkt, äuozern sich die entgegengesetzten Gemütsbe-
wegungen auf einerlei Weise. Der tapfere Herzog von Thüringen zitterte
wie Espenlaub, wenn die Schlacht beginnen sollte. In der Todesangst
stellt sich häufig der Lachkrampf ein. Eine Frau erzählte tiefgebeugt,
wie sie innerhalb vierzehn Tagen ihre fünf Kinder verloren habe, bis sie
vor Lachen nicht weiter sprechen konnte. Wenn ein Schüler in dem
Augenblick , wo er von seinem Lehrer gescholten wird , lächelt, so ist
das häufiger ein Ausdruck der Verlegenheit als des Spottes. Er bemüht
sich nur nicht trotzig zu erscheinen und erscheint so allzu freund-
lich, oder er hat Mitleid mit sich selbst, d. h. mit seiner Schuld, wärend
für den Lehrer die Misdeutuug nahe liegt, dasz er heimlich verlacht
werde. Und wenn andererseits ein anderer Schüler von cholerischer
Natur beim Tadel die Stirn runzelt, so ist dies häufiger Zorn gegen sich
selbst, als Trotz gegen den Tadler. Oder wie soll sich der Schüler
beim Tadel benehmen ? soll er absolut eine traurige melancholische Miene
zeigen, als ob es nur e'in Temperament gäbe? oder soll er keine Miene
verziehn, wie ein stoischer Philosoph und wie ein russischer Grenadier
unter dem Korporalstock? '
Zur Vervollständigung des ersten Satzes trage ich nach: wenn er
ihn darauf hin ohne weiteres hart anliesze. Die Sache selbst ist aller
Beachtung werth. In meiner Schulpraxis erlebte ich folgenden Fall :
Als ich einst den Aufsatz eines durch Fleisz, Strebelust und gute Führung
342 Kurze Anzeigen und Miscellen.
mir sehr lieb und werth gewordenen Primaners, nach meiner Gewolin-
heit vor ihm stehend, durchnahm und an iler Arbeit nach Anlage und
Ausführung, Inhalt und Darstellung viel zu tadeln hatte, steckte der
junge Mann ein ganz eigentümliches Lächeln auf und begleitete meine
Ausstellungen mit einem Verdrusz und Misstimmung verrathenden nön-
Tivaiia und Kopfschütteln. Als ich ihm bemerklich machte, dasz es hier
nichts zu lachen, wol aber viel ernsthaft und ernstlich zu beherzigen
gebe, erwiderte der getadelte: 'er wisse und begreife nicht, wo ihm bei
Ausarbeitung des in Rede stehenden Elaborats der Kopf gestanden , ein
Kobold müsze dabei die Hand im Spiel gehabt haben; sein Lachen
rühre aus purem Aerger über sich selbst her; gerade von diesem Aufsatz
Labe er, in Betracht der darauf verwendeten Zeit, Mühe und Sorgfalt,
mit einiger Zuversicht gehofft, er solle ihm meine Zufriedenheit eintra-
gen, und nun, wunderlich genug, Fehler über Fehler, Misgriff auf Mis-
griff, eine schwächliche Leistung vom Anfang bis zum Ende.' Da hiesz
es denn auch: 'in Vitium ducit culpae fuga' (Hör. ep. ad Pis. 31).
Also Vorsicht und Bedachtsamkeit ! Die Miene , das Gebahren des an-
dern haben mitunter ganz andere Quellen und Motive, als wir mutmaszen
oder gar argwöhnen.
'Quid quod non crirainationibus tantum', sagt Seneca (de ira II
22), 'sed suspicionibus inpellimur et ex voltu risuque peiora interpretati
innocentibus irascimur?'
Wie sich der Schüler beim Tadel benehmen solle? ßund heraus-
gesagt: 'natürlich und anständig'.
7.
'Das beste ist, wenn der Schüler seinen Lehrer liebt und sich vor
ihm schämt; das zweitbeste, wenn er ihn fürchtet; schlimm, wenn er
ihn haszt; das schlimmste, wenn er ihn verachtet.'
Wie gefällt unserem Groszmeister vom (pädagogischen Lehr-) Stuhl
Döderlein der folgende Stufengang vom besten zum schlechtesten,
den ich latine, unter Rücksichtnahme auf die feinen Begriffsbestim-
mungen in dessen vortrefflichem Werk: 'lateinische Synonyme und Ety-
mologieen', also geordnet habe: revereri ac suspicere, colere, observare
in parentis loco , diligere, amare, contemnere ac despicere , odisse?
8.
'Ich pflege meinen erwachsenen Schülern die Führung eines regel-
mäszigen Tagebuchs dringend anzurathen, um des augenblicklichen
Vorteils wie des künftigen Vergnügens willen, ungerechnet die stete
Uebung im Concipieren. Ein solches Tagebuch läszt sich nach dreierlei
Grundsätzen führen :
1) über das ganz äuszerliche Leben, die eingehaltene Tages-
ordnung, Erlebnisse, Bekanntschaften, Tagesereignisse;
2) über die geistigen Errungenschaften, Lesefrüchte, Excerpte
aus Büchern, Erinnerung an lehrreiche Gespräche, Formulierung eigner
Gedanken und Einfälle, Fragen die weiteres Nachdenken in Anspruch
nehmen. Wer aus einem Tage gar keinen geistigen Gewinn dieser
Art zu verzeichnen hat, den straft später der Anblick dieses Leerlaufs
oder 'Fehlberichts' leicht mit dem Vorwurf: hunc diem perdideram;
3) über die sittliche Vervollkommnung, wie Lavater jede Be-
gehungs- und Unterlassungssünde sich zu seiner Bestrafung vorerzählte
und sogar illustrierte.
Bei der ersten Art, die ich als minimum empfehle, herscht die
iucunditas vor, bei der zweiten, die ich fast zur Pflicht mache, die
utilitas. Die dritte Art ist nicht für jedermann.
Sehr empfehlenswerth. Zu 3: Die Seele soll sich täglich verhören
und zur Rechenschaft ziehn. Wie rührend schön und zur Nachahmung
Kurze Anzeigen und Miscellen. 343
reisend ist das, was Seueca (de ira 3, 30) von dem edleu Römer
iSextius erzählt: 'faciebat hoc Sextius , ut consummato die, cum so ad
nocturnam quietem recepisset , interrogaret animuin suum : quod hodie
nialiim tunm sanasti? cui vitio obstitisti? qua parte melior es? Desinet
ira et moderatior erit, quae seiet sibi cotidie ad iudicem esse venien-
dum. quicquam ergo pulchrius hac consuetudine excutiendi totum diem ?
Qualis ille somiius post reeognitionein sui sequitur? quam tranquillus,
quam altus ac über, cum aut laudatus est aniraus aut admonitus et
speculator sui censorque secretus cognoscit de moribus suis ? Utor hac
potestate et cotidie apud me causam dico. . . . nihil mihi ipse abscondo,
nihil transeo. qua re cnim quicquam ex erroribus meis timeam , cum
possim dicere: vide ne istud amplius facias: nunc tibi iguosco.'
Warum D öder lein zu Nr 3 nicht mehr beibringt, als das von ihm
eiuigermaszen bespöttelte Verfahren Lavaters und die kurze Erklärung,
die dritte Art sei nicht für jedermann, vermag ich mir nicht zu deuten.
Wenn nach J. Classens Mitteilung in dessen ausgezeichneter Recen-
sion der öffentlichen Reden Döderleins (s. erste Abteilung dieser
Jahrbücher für Philologie und Pädagogik Band LXXXl Heft 10 S. 657)
der unvergeszliche Friedrich Jacob, weiland Director des Gym-
nasiums zu Lübeck , einen wahren Widerwillen gegen das Halten von
Tagebüchern bei jungen Leuten geäuszert, weil er davon teils ver-
frühte Reflexion , teils unvermerkte Gewöhnung an Unwahrheiten be-
fürclitete , so hat sich dieser Meisterpädagog von einer etwas gräm-
lichen, schier spitzfindigen Besorgnis eines etwaigen Misbrauchs einer
au sich nichts weniger als verwerflichen Sache gegen dieselbe einnehmen
lassen. Wann sollen denn, wenn ich fragen darf, die erwachsenen Schüler
anfangen, Reflexionen anzustellen? Selbsttäuschungen ist auch der Wahr-
heit liebende und eifrig suchende Jüngling ausgesetzt, ohne deshalb den
Zug zur Unwahrheit zu nehmen.
9. (Död. 13).
'Hamann lobt seinem Bruder in einem Brief vom 30. October 1759
Wagners mir unbekannte griechische Grammatik von ein paar Bogen :
"■sie hat alle die Vollkommenheiten, die ich einem Schulbuch wünschte,
kurz, rund und trocken. Es gehört aber beinahe eben so viel Mühe
dazu, dergleichen Bogen zu lesen, als sie zu schreiben.' Sehr wahr!
Und wem wird das Glück beschieden sein, eine lateinische Elementar-
grammatik in diesem Geist zu schreiben?
Ein Lehrbuch kann nicht trocken und kurz genug sein. Es musz
das Bedürfnis in dem Schüler rege machen, seinen Inhalt durch die
viva vox des Lehrers erschlossen und erläutert zu sehn. Enthält es
Begriffsbestimmungen, so müszen diese mit solcher logischer Schärfe
abgefaszt sein, dasz eben diese Schärfe sie der Erläuterung fähig macht.
Im entgegengesetzten Fall, wenn das Lehrbuch an sich schon verständ-
lich ist und nicht bei Andeutungen und Rätseln stehn bleibt , spielt der
Lehrer eine traurige Rolle. Er musz dann blos abfragen, wiederholen,
umschreiben, und ist der Diener seines Lehrbuchs statt sein Hypophet
und Dolmetscher zu sein.'
In den Worten: 'ein Lehrbuch kann nicht trocken und kurz genug
sein* liegt eine Uebertreibung. Wozu doch grösztmöglichste Trockenheit
anstreben, durch welche dasselbe zu einem klapperdürren Skelett hinab
sänke? Hinsichtlich der grösztniöglichsteu Kürze erinnere ich an das
Horazische 'brevis esse laboro, Obscurus fio', wozu dasselbe geflissent-
lich zu einem verschlossenen Buche machen? und wenn es auch
vorzugsweise nur andeuten, Winke geben soll, wozu in Rätseln reden,
die einen UTroqprJrjjs verlangen? Es kann, ja es soll an sich verständ-
lich sein, ohne darum eingehende Erläuterungen, Entwicklungen, Excursa
344 Berichte über gelehrte AnstaUeii, Verordnungen, stallst. Notizen.
und Zusätze des Lehrers überÜüssig zu machen. Es empfehle sich das-
selbe durch die Tugenden der Präcision, Gedrängtheit, der Schärfe in
den Begriffsbestimmungen, durch einen gewissen Lakonismus, welcher
der Behaltbarbeit förderlich und zugleich ein wirksames Bildungsmittel
des Geistes ist. Gewinnt dasselbe in dem Lehrer, der sich seiner beim
Unterricht bedient , einen geschickten , kenntnisreichen , in Sokratischer
Mäeutik wolgeiibten Diener, dann kommt es in gute, in die rechten
Hände; das alvizTsa&ocL ist nicht die Aufgabe eines Lehrbuchs oder
Leitfadens,
10. (Död. 14).
'Ein Fuhrwerk hat neben den Rädern auch einen Hemmschuh; bei
der Erklärung eines Schriftstellers sollen die Schüler den Rädern glei-
chen, welche möglichst schnell vorwärts eilen , der Lehrer aber das Ge-
schäft des Hemmschuhs übernehmen, so oft es nötig ist.'
Das möglichst schnelle Vorwärtseilen der Schüler bei Lesung eines
Schriftstellers läuft gegen das anavds ßgadeag an, und soll der Lehrer
dabei das Geschäft des Hemmschuhs übernehmen, dann wollen wir ihm
zugleich auch noch das des Schmierens zuteilen, was dem movere et
promovere trefflich zu Statten kommen wird, fährt jedoch der Schüler
strebsam und treufleiszig auf dem nxrjvov kqucc tcöv Movaccwv , dann
natürlich bekommt er oder vielmehr sein Fuhrwerk keine Schmiere.
Neustrelitz. Efjgert.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Preuszen 1860.
(Fortsetzung von S. 299—304.)
L Rheinprovinz 1860.
14. MÜNSTEKEiFEL.] Der Gymnasiallehrer Dr Frieten wurde au das
Gymnasium zu Düsseldorf berufen; zur provisorischen Stellvertretung
trat Thürlings ein, welcher bisher am Gymnasium zu Emmericli
thätig gewesen war. Lehrerpersonal: Director Katzfey, Dr Hage-
lüken,DrHoch, DrMohr, DrvanEndert (Religionslehrer), Dr
Thisquen, Gramer, Thürlings, Dr Stahl. Schülerzahl 158
(I 36, II« 24, IIb 27, III 25, IV 21 , V 14, VI 11). Abiturienten 18.
Den Schulnachrichten geht voraus ein anonymes historisches Gedicht :
les empereurs Romains depuis Jules Cesar jusqu' au Grand Constantin , her-
ausgegeben , mit Notizen über dessen Ursprung und mit Anmerkungen
begleitet durch den Oberlehrer Dr Mohr (13 S. 4V
15. Neusz] Der Religionslehrer E seh w eiler schied aus dem
LehrercoUegium aus, um die ihm übertragene Stelle als Oberpfarrer in
Schieiden zu übernehmen; in seine Stelle trat Dr theol. Kleinheidt.
LehrercoUegium: Director Dr Menn, die Oberlehrer Dr Bogen, Hem-
merling, Dr Roudolf, Religionslehrer Dr Kleinheidt, Dr Ahn,
Quosseck, die Gymnasiallehrer Waldeyer, Köhler, die com missa-
rischen Lehrer Sommer, Windheuser, Musikdirector Hartmann
(Gesanglehrer), Maler Küpers, Pfarrer Leendertz (evangel. Rel).
Schülerzahl 275 (I^ 12, I ^ 23, 11^ 33, 11" 40, III 35, IV 35, V 52, VI 34
obere Realklasse 5, untere 6). Abiturienten II. Den Schulnachrichten
geht voraus ein Bericht über die Schillerfeier des Gymnasiums zu Neu.sz.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen. 345
16. Saarbrücken.] Nach Schlusz des Wintersemesters folgte Dr
Hacker einen Ruf als dritter Adjunct an der Kitterakademie zu Bran-
denburg; in seine Stelle trat provisorisch der Schulamtscandidat Dr
Becker ein. Lehrerpersonal: Director Peter, die Oberlehrer Prof.
Dr Schröter, Schmitz; Goldenberg, Dr Ley, Dr von Velsen,
Küpper, Dr Becker, Oberpfarrer Ilse (ev, Rel.), Kaplan Wawer
(kath. Rel.), Simon, Schnabel (Zeichnen), Hollweg (Lehrer der
Vorbereitungsklasse). Schülerzalil 185 (1« 8, 117, IIP 26, IIP 5, IV«
14, IV» 10, V 31, VI 4:}, Vorbereitungski. 41). Abiturienten 2. Den
Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung des Dr von Velsen:
observaliüiies criticae in Aristophanein (15 8. 4). Die behandelten Stellen
sind folgende: Thesmoph, vs. 431 (ed. Th. Bergk , Lips. 1852); 536 sqq.
Ecclesiaz. vs. 48. 282. 4S8. 574. 900—911. 998. 1105 sqq. Vesp. vs. 71.
303. 906. 935.
17. Trier.] Im Lehrercollegium haben im Laufe des Schuljahrs
folgende Veränderungen stattgefunden: im Herbst schieden von der
Anstalt die beiden Schulamtscaudidaten Rosen berg und Reinckens.
Dagegen trat beim Beginn des neuen Schuljahrs der Schulamtscandidat
Dr Huyn nach seiner Entlassung vom Heeresdienst wieder in seine
frühere commissarische Wirksamkeit ein. Nach dem Ausscheiden des
ältesten ordentlichen Lehrers Simon, dem auf sein Ansuchen die Pen-
sionierung bewilligt war, wurde der Schulamtscandidat Kruse aus
Heiligenstadt berufen. Die Erledigung der ersten ordentlichen Lehrer-
stelle durch den Rücktritt des Gymnasiallehrers Simon hatte die As-
cension der übrigen ordentlichen Lehrer und die definitive Anstellung
des bisherigen wissenschaftlichen Hülfslehrers Piro zur Folge. Dem
ordentlichen Lehrer Schmidt wurde das Prädikat eines Oberlehrers
beigelegt. Der ordentliche Lehrer Giesen wurde zu der vierten Ober-
lehrerstelle an dem Gymnasium zu Bonn befördert. Den beiden Candi-
daten Dr Verbeek und Fisch wurde die Ableistung des vorschrifts-
mäszigen Probejahrs gestattet. Lehrerpersonal: Dir. Dr Reisacker,
die Oberlehrer Prof. Dr Hamacher, Dr Könighoff, Korzilius
(kath. Religionslehrer), Houben, Flesch, die ordentlichen Lehrer Dr
Hilgers, Oberl. Schmidt, Fisch (kathol. Religionslehrer), Blum,
Giesen, Dr Conrads, Dr F ritsch, Piro, Pfarrer Blech (evang.
Religionslehrer), die commissarischen Lehrer Scherfgen, Dr Wolff,
Dr Huyn, DrWiel, Kruse, die Probecandidaten Dr Verbeek,
Fisch, Schreiblehrer Paltzer, Zeichenlehrer Kraus, Gesanglehrer
Hamm. Schülerzahl 521 (I^ 28, I " 44, 11^ 54, II " 72, III 70, IV 96,
V 79, VI 78). Abiturienten 28. Den Schulnachrichten geht voraus eine
Abhandlung vom Oberlehrer Houben: qnalem Homerus in Odyssea fin~
xerit Ulixem. Part. II (13 S. 4). Der erste Teil enthielt corporis Uli-
xis imaginem, in dem zweiten wird auseinandergesetzt, quales eins mo-
res sint et Ingenium, quibus animi virtutibus poeta eum ornaverit.
18. Wesel.] Das Lehrercollegium ist unverändert geblieben; das-
selbe bilden: Director Domh. Dr Blume, die Oberlehrer Professor Dr
Fiedler, Dr Heidemann, Dr Müller, Dr Frick, die Gymnasiall.
Dr Ehrlich, Tetsch, Dr Richter, Meyer, Dr Lipke, Pfarrer
Sardemann (evang. Rel.), Kaplan Holt (kath. Rel ), Gesanslehrer
Lange, Zeichenlehrer Düms. Schülerzahl 201 (I 11, II 29, III 40,
IV 43, V .S4, VI 44). Abiturienten 8. Den Schulnachrichten geht vor-
aus : Dionym Byzanlii Anaplum Bospori ex Gillio excerptiim edidit et ilhi-
stravit Dr O. Frick. Accedit tabula geographica (38 S. 4).
19 Wetzlar.] An die Stelle des Directors Dr Zinzow, welcher
dem Rufe zur Gründung und Leitung eines städtischen Gymnasiums in
Pyritz gefolgt war, trat der bisherige zweite Oberlehrer am Gymna-
sium zu Soest Lorenz. Der Candidat Eben leistete Aushülfe. Den
346 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen.
Oberlehrer Dr Fritsch verlor die Anstalt durch den Tod. Lehrerper-
sonal: Director Lorenz, die Oberlehrer Professor Dr Kleine, Elser-
mann; die ordentlichen Lehrer Dr Kir ebner, Dr Jäger, Dr Hoche,
Rüttger, Candidat Eben, Caplan Querbach, Gesangl. Strunk.
Schülerzahl 119 (I 11, II 17, III 21, IV 28, V 16, VI 26). Abiturien-
ten 7. Den Schulnachrichten geht voraus: die bei Einführung des Dire-
ctor s und des ersten ordentlichen Lehrers Dr Kirchner gehaltenen Reden
(15 S. 4).
II. Westphalen.
1. Ahnsberg.] Den Oberlehrer und katholischen Religionslehrer
Severin verlor die Anstalt durch den Tod; Candidat Contzen,
welcher zur Abhaltung seines Probejahrs in das Lehrercollegium einge-
treten war, leistete Aushülfe. Der Schulamtscandidat H eis sing hielt
sein Probejahr als Mathematiker ab. Lehrercollegium: Director Dr
Ho egg, die Oberlehrer Fiele r, Kautz, Laymann; die Gymnasial-
lehrer Nöggerath, Dr Schürmann, Dr Temme, techn. Lehrer
Härtung, provis. Hülfslehrer Dr Brieden, Pfarrer Bertelsmann
(evang. Rel.) ; die Candidaten Contzen und Heissing. Schülerzahl
236 (I 47, 11 27, III 52, IV 37, V 33, VI 40). Den Schulnachrichten
geht voraus eine Abhandlung von Dr Temme: der mathematische Unter-
richt in seiner Beziehung zur philosophischen Propädeutik (21 S. 4).
2. Bielefeld.] An Dr Hage mann s Stelle trat Dr Lüttgert,
der zuletzt eine ordentliche Lelirerstelle am Gymnasium zu Sorau be-
kleidet hatte. Der Schulamtscandidat Gausz, der sein Probejahr ab-
gehalten und später eine Lehrerstelle commissarisch verwaltet hatte,
übernahm ebenfalls commissarisch eine Stelle am (iymnasiura in Köln.
Die neu creierte Lehrerstelle erhielt Dr Rosendahl, der zuletzt an
der Stadtschule in Delitzsch beschäftigt gewesen war. Der Schulamts-
candidat Reibstein trat sein Probejahr an und wurde commissarisch
verwendet. Mit Beginn des neuen Schuljahrs soll eine Real -Prima er-
richtet werden. Lehrercollegium: Director Dr Schmidt, die Oberleh-
rer Prof. Hinzpeter, Bertelsmann, Jüngst, die ordentl. Lehrer
Oberl. Dr Schütz, Oberl. Collmann, Wortmann, Dr Lüttgert,
Kottenkamp, Dr Rosendahl, Cantor Schröter, katliol. Pfarrer
Plantholt, Cand. Reib stein, Schülerzahl 296 (I 10, II 18, III 26,
IV 44, V 47, VI 45, Ilr. 13, III r. 21, Vorschule 72). Abiturienten 9.
Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung von Dr Rosen-
dahl: Consonanz und Tonleiter^ vom mathematisch-physikalischen Stand-
punkte betrachtet (15 S. 4).
3. BiuLON.] Wärend des Schuljahrs sind zwei Mitglieder des Leh-
rercollegiums ausgeschieden, die Gymnasiallehrer Hasse und Kaiser,
der erstere um eine Kaplanei in Soest , der zweite um die Pfarrstelle
zu Rhode zu übernehmen. An die Stelle derselben wurden berufen Dr
Kemper, der an dem Progymnasium zu Rheine gewirkt hatte, und Dr
Kirchhoff, zuletzt am Gymnasium zu Paderborn, als Oberlehrer. Der
Schulamtscandidat Franke trat sein Probejahr an. Lehrerpersonal:
Director Dr Schmidt, die Oberlehrer Dr Rudolphi, Dr Kirchhoff,
die Gymnasiallehrer Becker, Peitz, Dr Kemper, Leinemann,
Weber, Harnis ch m a eher , Candidat Fr a u ke. Schülerzahl 251.
Abiturienten 14. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung
des Oberlehrers Dr Kirchhoff: Thucydides Graecorum ingeniosus rerum
geslarum scriptor atque inter o?nnes , qui similes exstilerunt , atitiquilalis hi-
storicos princeps (22 S. 4).
4. BuRGSTEiNFUET.] Der erste Gymnasiallehrer Dr Wilms folgte
einem Ruf an das Gymnasium zu Duisburg, der Pastor Schimmel gab
seine Stelle als Religionslehrer auf. Nachdem der Oberlehrer Rohde-
■vvald zum Director ernannt war, wurde der bisherige 2e Oberlehrer
Berichte über geleluie Anstalten, Verordntingen, stallst. Notizen. 347
Heuermann zum Prorector und In Oberlehrer, clor bisherige 3e Ober-
lehrer Kysüus zum 2n Oberlehrer befördert und der Oberl. Schütz,
bisher am Gymnasium zu Minden , in die 'Se Oberlehrerstelle berufen.
Durch das Eintreten der Schulamtscandidaten DrBanning, Viefhaus
und Dr Eschmann erhielt das Lehrercollegium bis zum Sclilusz des
Soinmersemesters einen bedeutenden Zuwachs. Die Gymnasiallehrer
Kloster mann, Orth und Dr Kleine rückten nach dem Abgang des
Dr M'^ilms in die le, 2e und 3e Gymnasiallehrerstelle auf. Lehrerper-
sonal: Director Kohdewald, die Oberlehrer Prorector Heuermann,
Kysäus und Schütz, die Gymnasiallehrer Klostermann, Orth,
Dr Kleine, Gymnasialelementarlehrer Lefholz, Pastor Grevel, die
Candidaten Dr Banning, Viefhaus, Dr P^schmann. Scliülerzahl
8(5 (V'g. 9, Ii'r. 4, Hg. 14, Hr. 5, HIg. 12, Illr. 5, IV 14, V 14, VI 9).
Mit dem neuen Schuljahr wird durch die Errichtung der Ober-Prima
des Gymnasiums und der Realschule der vor 7 Jahren mit der VI. und
V. begonnene und seitdem durch successive Vermehrung der Klassen und
Lehrer fortgesetzte Ausbau des Gymnasiums vollendet. Eine wissen-
Bchaftliclie Abhandlung ist nicht geliefert.
5. Coesfeld.] Die seit einiger Zeit erledigte Stelle eines wissen-
schaftlichen Hiiifslehrers wurde dem Schulamtscandidaten DrDycklioff
übertragen. Der ordentliche Lehrer Dr Tücking wurde zur Ueber-
nahme einer ordentlichen Lehrerstelle am Gymnasium zu Münster abbe-
rufen. In Folge dessen rückte Dr Huperz in die vierte Lehrerstelle
auf, die fünfte erhielt der Schulamtscandidat Dr Sc her er. Der Schul-
aintscandidat Faber wurde commissarisch beschäftigt. Lehrerpersonal:
Director Prof. Dr Schlüter, die Oberlehrer Prof. Rump, Hüppe,
Dr Teipel, die ordentlichen Lehrer Oberl. Buerbaum, Bachoven
von Echt, Esch, Dr Huperz, Dr Seh er er, wiss. Hülfslehrer Dr
Dyckhoff, Hofprediger Doepping (evang. Rel.), Gesangl. Fölmer,
Zeichenl. Marschall, Cand. Faber. Schülerzahl 146 (I ^ 15, I^ 29,
II 26, III 29, IV 19, V 17, VI 11). Abiturienten 18. Den Schulnach-
richten geht voraus die Abhandlung des Prof. Rump: geometrische und
trigonometrische Auflösungen einiger Dreiecks- und Vierecksaufgaben (18 S. 4).
6. Dortmund.] An die Stelle des Hiiifslehrers Dr Schmitz, wel-
cher einem Ruf als ordentlicher Lehrer an die höhere Bürgerschule zu
Wehlau gefolgt war, ist der Schulamtspraktikant Bode, bisher an dem
kurhessischen Gymnasium zu Marburg, berufen. Lehrercollegium: Dir.
Prof. Dr Hildebrand, die Oberlehrer Prorector Dr Böhme, Voigt,
Dr Gröning, Dr Junghans, Varnhagen, Schramm, die ordent-
lichen Lehrer Dr Natorp, Wex, Jenner, Rokohl, Mosebach;
wiss. Hülfslehrer Bode, Pfairer Prüm er (ev. Rel.), Pfarrer Kerlen
(ev. Rel.), Probst Wie mann (kath. Rel.), Kaplan von Schiigen
(kath. Rel.\ Kaplan Manegold (kath. Rel.). Schülerzahl 231 (IgTlS,
Hg. 22, HIg. 22, IV g. 17, V42, VI 52, Ir. 3, Hr. 11, IIIr.20, IVr. 26).
Abiturienten 9. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung
vom Oberlehrer Voigt: über die Brechung des Lichtes in sphärischen
Linsen (16 S. 4).
7. Gütersloh.] Am Ende des Sommersemesters schied aus dem
Lehrercollegium der theologische Hülfslehrer Kannegieszer, um
einem Ruf als Inspector-Adjunctus am Dora-Candidatenstift in Berlin zu
folgen, in seine Stelle trat Pastor Braun aus Bielefeld ein. Nach Be-
endigung seines Probejahrs wurde der Schulamtscandidat Greve zum
wissenschaftlichen Hülfslelirer ernannt. Am Ende des Wintersemesters
schied der Oberlehrer Bach mann, um einem Ruf als Rector des Ly-
ceums in Wernigerode zu folgen. Lehrerpersonal: Director Dr Rum-
pel, die Oberlehrer Schöttler, Scholz I, Dietlein, die Gymnasiall.
Dr Peter mann, Scholz II, Muncke, Goecker, Pastor Braun,
348 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
Hülfslehrer Greve. Schülerzahl 176 (I 32, II« 29, II i» 23 , III 37, IV
25, V 13, VI 17). Abiturienten 10. Den Öchulnachrichten geht voraus:
historische Betrachtung über Gulaler 3, 28 vum Director Dr Kumpel
(22 S. 4).
8. Hamm.] In dem Lebrercollegium hat im verflosznen Schuljahr
keine Veränderung stattgefunden. Dasselbe bilden: Director Dr Wen d t,
die Oberlehrer Prof. Eempel, Prof. Dr Stern, Dr Haedenkamp,
die ordentlichen Lehrer Dr Schnelle, Oberl. Hopf, Dr Heraus, Dr
Leideuroth, Gymnasial - Elementarlehrer Brenken, Pfarrer Platz -
hoff (evang. Rel.), Kaplan Trippe (kath. Rel.). Scliülerzahl 102 (I 10,
II 20, III 29, IV 34, V 31, VI 28). Abiturienten 7. Den Schulnach-
richten geht voraus: das Lehen des Bischofs Meinwerk bis zum liöinerzug
Heinrichs II. Von Dr Leidenroth (24 S. 4).
9. Herford.] Eine Veränderung hat das Lebrercollegium wärend
des Schuljahrs nicht erfahren, wol aber steht eine solche mit dem
Schlusz desselben in Aussicht, indem der Director Dr Schmidt aus
seiner Stellung austritt, um das Directorat des groszherzogl. Mecklen-
burg. Gymnasiums zu Neustrelitz zu übernehmen. An seine Stelle wird
der bisherige Oberlehrer am Gymnasium zu Cleve Dr Wulfert treten.
Lehrerpersonal: Director Dr Schmidt, die Oberlehrer Dr H Öls eher,
Dr Knoche, Dr Mark er, die ordentlichen Lehrer Petri, Dr Faber,
Nieländer, Gymnasial -Elementarlehrer Haase, Pastor Kleine (ev.
Eel.), Dechant"^Heysing (kath. Rel.). Schülerzahl 128 (I 12, II 15,
III 22, IV 29, V 26, VI 24), Den Schulnachrichten geht voraus: com-
vientniionis de Aeschyli Supplicum stasimo prima particula I, scr. H. Petri
(8 S. 4).
10. Kempen.] Mit dem Schlusz des vorigen Schuljahrs verliesz die
Anstalt der Director Dr Höting, um einem Ruf als Director des ka-
tholischen Gymnasiums zu O.snabrück zu folgen. In seine Stelle wurde
Dr Schür mann, bisher ordentlicher Lehrer am Gymnasium zu Münster,
berufen. Am Ende des vorigen Schuljahrs traten ferner aus ihrer Lehr-
thätigkeit am hiesigen Gymnasium die Schulamtscandidaten Ho üben
und Stroux, jener um zum Gymnasium zu Düsseldorf, dieser um zur
höhern Stadtschule zu Eupen als Lehrer überzugehn. Als Oberlehrer
wurde an das Gymnasium berufen Dr Gansz, bisher ordentlicher Leh-
rer am Gymnasium zu Essen, als ordentlicher Lehrer Fischer, bisher
wissenschaftlicher Hülfslehrer am Gymnasium zu Münster. Zu Ostern
endlich verliesz die Anstalt der commissarische Lehrer Dr Paessens,
um als Lehrer an die Realschule zu Ruhrort überzugehn; in seine Stelle
trat der Schulamtscandidat Uebert, bisher am Gymnasium zu Reck-
linghausen. Lebrercollegium: Director Dr Schür mann, die Oberlehrer
Dr Bohle, Dr Gansz, die ordentlichen Lehrer Dr Stolle, Gramer,
Fischer, wissenschaftlicher Hülfslehrer Hecker, Schulamtscandidat
Uebert, Zeichenlehrer F er l ings, Gesanglehrer Grobben. Schüler-
zahl 125 (I 22, II 32, III 10, IV 19, V 23, VI 19). Abiturienten 12.
Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung des Oberlehrers Dr
Gansz: quaestiones Euhemereae (27 S. 4). I. De Euhemeri patria et
aetate. II. De Euhemeri scriptis. III. De Euhemero philosopho. IV.
De Euhemero historico. V. De Euhemerismo.
11. Minden,] Das Lebrercollegium verlor den ersten Gymnasial-
lehrer Schütz, welcher als Oberlehrer nach Burgsteinfurt berufen war,
den Oberl. Pfautsch, welcher als Oberlehrer nach Landsberg a. d. W.
gieng, und den wissenschaftlichen Hülfslehrer Sardemann, welcher in
Hagen eine Beschäftigung gefund.Mi hatte. Die hierdurch im Lehrer-
collegium entstandenen Lücken wurden dadurch beseitigt, dasz der
Oberlehrer Schütz in die 4e, der Gymnasiallehrer Haupt in die .5e
Oberlehrerstelle , der Gymnasiallehrer Quapp in die le, der provisori-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnunrren, Statist. Notizen. 349
(»che Gymnasiallehrer Freyta^ in die '2e Gymiiasiallelirerstelle aufrück-
ten, der Candidat Dr Grosser in die )^e GymnasialJelirerstelle berufen
wurde und die Candidaten Radebold und KliJne als Piobanden ein-
traten. Ijehrercollegium: Diiector Wilms, die Oberlehrer Zillmer,
Dr Dornheim, Dr Güthling, Schütz, Haupt, die ordentlichen
Lehrer Quapp, Freytag-, Dr Grosser, Meier heim, Elementar-
lehrer Kniebe, Elementarhülfslehrer Johans mann, die Oandidaten
Kadebold, Klöne, Pastor Dieckmann (kath. Relig.). Schülerzalil
318 (lg 17, II g 17, III g 46, IVg 29, Ir 4, II r 24, III r8ü, IVr2S, V 54.
VI 43, VII 20). Abiturienten des Gymnasiums 5, der Realschule 2.
Den Schulnachrichten ist beigegeben : zur Gesclnclite des Gymnasiums zu
Minden. Vom Director Wilms. Erstes Heft: die Reformation in Minden
(71 S. 8).
12. Münster.] Mit dem Anfang des Scliuljahrs verlieszen die An-
stalt Dr Kölscher und Dr Schürmann, der erste als Director an
das Gymnasium zu Recklinghausen, der andere als Director an das Gym-
nasium zu Kempen berufen; ferner die bisherigen wissenschaftl. Hülfs-
lehrer Fischer, ten Dyck und Dr Richter, von denen der erste
als Gymnasiallehrer nach Kempen, der zweite nach Essen, der dritte
nach Recklinghausen gieng. Die Candidaten Pfeiffer und Dr Peters
verlieszen nach vollendetem Probejahr die Anstalt, der erste um am
Progymnasium zu Dorsten , der andere um zu Vreden eine Lehrstelle
zu übernehmen. Der Candidat Dr Seh er er wurde als aushelfender
Lehrer nach Coesfeld, der Candidat Plagge an das Progymnasium zu
Dorsten berufen. Ihr Probejahr vollendeten um Ostern die Candidaten
Dr Schnorbusch und Dr Lenfers, blieben aber beide als aushel-
fende Lehrer am Gymnasium beschäftigt. Zur Abhaltung des Probe-
jahrs traten beim Gymnasium ein die Candidaten Halbeisen, Dr
Schlüter, Dr St räter, Horstmann und Berthold. In die durch
Ausscheiden des Dr Kölscher erledigte achte Oberlehrerstelle wurde
Dr Schipper befördert; die nächsten ordentlichen Lehrerstellen wurden
durch Ascension wieder besetzt, als achter ordentlicher Lehrer ist Dr
Tücking vom Gymnasium zu Coesfeld berufen. Im Anfang des Schul-
jahrs trat Dr Focke als Hülfslehrer beim hiesigen Gymnasium wieder
ein, nachdem er ein Jahr lang eine Lehrstelle am Progymnasium zu
Dorsten verwaltet hatte. liehrercollegium : Director Dr Schultz, Prof.
Welter, Prof. Dr Bon er, die Oberlehrer Dr Koene, Dr Füisting,
Lauff, Dr Middendorf, Kölscher, Dr Schipper, Hesker, Dr
Grüter, Dr Offenberg, die Gymnasiallehrer Dr Salzmann, Löb-
ker, Dr Kosius, Dr Grosfeld, Dr Tücking, Bisping, Auling,
Pfarrer Lüttke, Wormstall, Dr Kemper, Dr Focke, Dr Schnor-
busch, Dr Lenfers, die Candidaten Halbeisen, Dr Sträter,
Horstmann. Berthold. Schülerzahl 651 (1^45, !•» 60, 11» 74, II^
87, III» 81, III b 81, IV 03, V 57. VI 73). Abiturienten 44. Den
Schulnachrichten geht voraus: I. Philoctetaearum emendationum decas.
II. De fragmento antiqui codicis Ovidiani. Vom Director Dr F. Schultz
(10 S. 4). Die behandelten Stellen sind folgende: Sophocl, Philoct.
V. 175. 190. 228. 425. 647—648. 684. 691. 716. 779. 800.
13. Paderborn.] Der Gymnasiallehrer Kirchhoff folgte einem
Ruf zur Uebernahme der zweiten Oberlehrerstelle an dem Gymnasium
zu Brilon. Die Candidaten Löns vmd Dr Grautegain hielten ihr
Probejahr ab. Lehrercollegium: Director Prof. Dr Ahlemeyer, die
Oberlehrer Prof. DrLeszmann, Prof. Dr Gundolf, Schwubbe,
Dr Feaux, Bäumker, die ordentlichen Lehrer Oberl. Dieckhoff,
Schüth, Dr Otto, Dr Giefers. Grimme, DrVolpert, Hörling,
Hülsenbeck, die Hülfslehrer Hövelmann, Dr Tenckhoff, die
Schulamtscandidaten Dr Lücken, Dr Hester, Löns, Schreiblehrer
350 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen.
Kurze, Gesanglebrer S panke , Zeichenlehrer La ud age. Schülerzahl
462 (la 45, Ii'48, II "» 34, II "2 34, II'' 43, III ^< 33, 111^2 33, III b' 29,
III b 2 28, IV 52, V45, VI 38). Abiturienten 40. Den Schulnachrichten
geht voraus eine Abhandlung von Prof. Dr Gundolf: über die Lehre
vom Lichte (22 S. 4).
14. Recklinghauskn.] Mit dem Beginn de^ neuen Schuljahrs traten
in dem Lehrercollegium mehrfache Veränderungen ein. Der bisherige
Director der Anstalt Professor Bone folgte einem Ruf als Director an
das Gymnasium zu Mainz; in dessen Stelle trat Dr Hölscher, bisher
Oberlehrer am Gymnasium zu Münster. Die wärend des vorigen Schul-
jabrs vacante Lehrstelle wurde durch Berufung des Dr Richter, der
bisher an dem Gymnasium zu Münster beschäftigt war , ausgefüllt, so
dasz nunmehr Uedinck die erste, Dr Stelkens die zweite, Baeck
die dritte, Dr Richter die vierte ordentliclie Lehrstelle bekleiden.
Cand. Uebert begann sein Probejahr, verliesz aber schon um Ostern
wieder die Anstalt, indem er einem Ruf an das Gymnasium zu Kempen
folgte. Anfangs Mai trat Cand. Schräder sein Probejahr an. Lehrer-
collegium: Director Dr Hölscher, die Oberlehrer Professor Caspers,
Hohoff, Püning, die ordentlichen Lehrer Uedinck, Dr Stelkens,
Baeck, Dr Richter, Candid. Schräder, Gesanglehrer Feldmann,
Zeichenlehrer Busch. Scbülerzahl 140 (I 42, II 30, III 25, IV 13, V
14, IV Iß). Abiturienten 14. Den Schulnachrichten geht voraus eine
Abhandlung vom Dr Stelkens: über den Brief an Diognet (22 S. 4).
Die Absicht des Verfassers ist zunächst, die Schüler der obern Klassen
des Gymnasiums mit diesem höchst wichtiaen Briefe bekannt zu machen,
und er hat deshalb nach einer kurzen Zusammenstellung dessen , was
über den "\^erfasser vorgebracht worden ist. und der Resultate, die über
die Zeit der Abfassung und den Empfänger des Briefs erzielt sind, sich
vorzugsweise mit dem Inhalt desselben beschäftigt.
(Fortsetzung folgt.)
Fulda. Dr Ostermann.
Personalnotizen,
Ernennung:en, Befürdernngen, Tersetzangen;
Angel i, Jos., Weltpriester, Suppl. am kk. Gymn. zu Triest, zum
wirkl. Religionslehrer an ders. Anstalt ernannt. — Becker, Lehrer aui
Gymn. zu Brilon, zum Oberlehrer das. befördert. — Behrns, SchAC,
als ord. Lehrer am Gymn. zu Hamm angestellt. — Bernhardt, E.,
Conrector am Gelehrtengymn. in Wiesbaden, zum Professor an ders.
Lehranstalt ernannt. — Bruns, Dr Karl Georg, ord. Professor in
Tübingen, zum ord. Prof. in der Jurist. Facultät der Universität Berlin
ernannt. — Büdinger, Dr Max, in Wien, zum ord. Prof. für allge-
meine Geschichte an der Hochschule in Zürich ernannt. — Dihle, ord.
Lehrer am Gymn. zu Nordhausen, zum Oberlehrer befördert. — Duden,
Dr, als Oberlehrer am Gymn. zu Soest angestellt. — ■ Funck, Oberlehrer
am Gymn. zu Aurich , zum Conrector an derselben Schule ernannt. —
Gatscher, P. Albert, Stiftspriester und Prof. am kk. Gymn. zu den
Schotten in Wien, zum Director derselben Anstalt ernannt (s. Helfer-
storfer). — Gerkrath, Dr, Privatdocent in Bonn, zum ao. Professor
in der philos. Facultät des Lyceum Hosianum in Braunsberg ern. —
Gleditsch, SchAC, als ord. Lehrer am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium
in Berlin angest. — Grosch, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. in
J^lberfeld angest. — Hahn, von, Dr jur., Hofrath und ao. Prof. in
Personalnotizen. 351
Jena, zum ortlentl. Honorarprofessor ernannt. — Halbeisen, Ferd.,
Geistlicher, zum ord. Lehrer am Gymn. in Münster ern. — Heinze,
The od., SchAC, als Collaborator am Gymnasium in Stettin angest. —
Helferst orfer, Othmar, Hofprediger, Subprior des Scliottenstiltes
zu Wien , legte nach seiner Erwählung zum Abte die Direction des mit
dem gen. Stift verbundnen kk. Obergymnusiums nieder (s. Gatscher). —
Holtzmann, H., Lic. und Privatdocent der Theologie zu Heidelberg,
zum ao. Prof. befördert. — Hundt, Dr, als ord. Lehrer am Gymn. iu
Miihlhausen angest. — Ilgen, Conreetor an der höhern Bürgerschule
in Wiesbaden, in gl. Eigenschaft an das Gj'mnasium zu Weilburg ver-
setzt. — Klostermann, ord. Lehrer am Gymn. zu Burgsteinfurt, zum
Oberlehrer an ders. Anstalt befördert. — Kretschmer, Dr, SchAC,
als Adjanct an der Landesschule Pforte angest. — Laas, Dr, SchAC,
als ord. Lehrer am Friedrichsgymnasium in Berlin angest, — Laves,
SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. in Lyck angest. — Leyendecker,
SchAC, als Collaborator am Gymn. in Hadamar angest. — Lierse-
mann, Dr, als ord. Lehrer am Magdalenen-Gymnasium zu Breslau an-
gestellt. — Lünemann, Dr G., ao. Prof., als ord. Prof. der protestan-
tischen Theologie an die protestantische Facultät zu Wien berufen. —
Marquardsen, Dr A., ao. Prof. in Heidelberg, zum ord. Professor
des deutschen Staatsrechts an der L^niv. Erlangen ernannt. — Müller,
Ado., SchAC, als Adjunct am Gymn. in Wittenberg angest. — Nöl-
dechen, Dr, Predigt- und Sehulamtscand., als ord. Lehrer am Stifts-
gymn. zu Zeitz angest. — Palm, Präceptur in Schorndorf, zum Prof.
am evangelischen Seminar in Maulbronn ernannt. — Pongracic, Frz,
Suppl. am königl. Gymnasium in Essegg, zum Lehrer am Gymn. zu
Warasdin ern. — Eeidt, Dr, SchAC, als ord. Lehrer am Gymnasium
zu Hamm angest. — Riehm, Lic. Ed., Privatdocent der Theologie zu
Heidelberg, zum ao. Professor das. ernannt. — Riehm, Präceptorats-
verweser am untern Gymn. in Tübingen , zum Präceptor in Wildberg
ernannt. — Roseck, Dr, als ord. Lehrer am Magdalenen-Gymnasium
zai Breslau angestellt. — Schell, Dr, Prof, zu Marburg, als Prof. der
Mathematik an die polytechnische Schule in Karlsruhe berufen. —
Schillbach, Dr, als ord. Lehrer am Elisabethgymn. zu Breslau ange-
stellt. — Schindler, SchAC, als ord. Lehrer am Gymnasium zu Tilsit
angest. — Schmidt, Dr Mor., ao. Prof. der Philos. an der Univer-
sität Jena, hat einen Ruf nach Dorpat erhalten und angenommen. —
Sehnorbusch, Dr Ant., wissensch. Hülfslehrer, zum ord. Lehrer am
Gymn. in Münster ernannt. — Störmer, Collab., zum ord. Lehrer am
Magdalenen-Gymn. in Breslau befördert. — Temme, Dr, Gymnasial-
lehrer in Arnsberg , wurde als erster Oberlehrer an das Progymnasium
in Rheine berufen und bestätigt. — Tüll mann, Dr SchAC., als ord.
Lehrer am Friedrichs-Gymnasium in Berlin angest. — Volckmar, Dr,
Subconrector am Gymn. zu Aurich , zum Conreetor an ders. Schule be-
fördert. — Weber, Dr Hugo, als ord. Lehrer am Gymn. zu Mühl-
hausen angest. — Wehren pfennig, Dr, Gymnasiallehrer in Berlin,
zum Director des litterarischen Bureau im k. preuszischen Staatsmini-
sterium ernannt. — Weinhold, DrKarl, Prof. an der Univ. Gratz,
als ord. Prof. der deutschen Sprache und Litteratur an die Univ. Kiel
berufen. — Weldert, Karl, SchAC, als Collab. am Gelehrtengymna-
sium in Wiesbaden angest. — Witt, DrKarl, SchAC, als ord. Lehrer
am Gymn. in Gumbinnen angest. — Wuttke, Dr, ao. Prof. in Berlin,
zum ord. Prof. in der theolog. Facultät der Univ. in Halle ernannt.
Praediciert;
Die Oberlehrer Flöck am Gymnasium in Coblenz, Dr Kämpf am
Gymn. zu Neu-Ruppin, Prorector Dr Pitann am Gymn. zu Greiffen-
352 Personalnolizen.
herg, erhielten das Prädicat als Professoren, der Gymnasiallehrer Dr
Resier in Oppeln als Oberlehrer. — Der ord. Prof. an der Universität
in Göttingen, Dr Herrn. .Sauppe wurde als kön. hannoverscher Hof-
rath charakterisiert. — Der Oberlehrer Dr Schütz am Gymn. zu Pots-
dam erhielt das Prädicat Professor.
Gestorben :
Am 12. März zu Marburg in Kurhessen der Prof. der Mathematik
au der dasigen Universität Dr Müller. — Am lö. März in Bonn der
Sanitätsrath, Kreisphysikus und Docent Dr Böcker. — Am 28. März
in Innsbruck der kk. Universitätsprofessor Dr Ign. Pfaundler. — Im
März zu Athen Obermedicinalrath und Prof. an der Otto-Universität Dr
Kostis, im 45. Lebensj. — Am 10. April in Brunn nach kurzem Auf-
enthalt daselbst Dr Heinr. Aug. Stähl in, Consistorialrath und Prof.
an der kk. evangel. -theolog. Facultät zu Wien, im 49. Lebensj. — Am
14. Mai in Potsdam der emeritierte Conrector Prof. Schmidt. — Am
29. Mai in Paris der durch seiue politische Laufbahn bekannte Ge-
schichtsforscher Joachim Lelewel, geb. am 20. März 1786. — Am
5. Juni in Marburg der Prof. botan. Geh. Mediciualrath Dr Wande-
roth, 88 J. alt. — Am 21. Juni in Weimar der ausgezeichnete For-
scher auf dem Gebiete der Mythologie und Altertumswissenschaft, Hof-
rath Dr Ludwig Preller, geb. 1809 zu Hamburg, früher als Prof.
der klass. Philologie an den Universitäten zu Kiel , Dorpat und Jena
thätig, seit 1847 groszherzoglicher Oberbibliothekar in Weimar. — Am
22. Juni in Wien der kk. Haus-, Hof- und Staatsarchivar Joh. Paul
Kaltenbäck, als Forscher auf dem Gebiet der österreichischen Ge-
schichte bekannt, geb. am 11. Januar 1803. — Am 3. Juli zu Leipzig
der erst seit dem 20. April dieses Jahres das Kectorat am Gymnasium
zu St. Thomä bekleidende Dr C. H. A. Lipsius, geb. 1805 zu Grosz-
hennersdorf in der sächsischen Lausitz. [Dem trefflichen Manne ist ein
Ehrengedächtnis gesetzt worden in der ausgezeichneten Rede, welche
vom Colleg. III der Thomasschule, Dr A. C. A. Z est er mann in der
Thomasschule gehalten und auf Verlangen (Leipzig, Brockhaus 1861.
31 S. 8) in Druck gegeben wurde].
Zweite Abteilung:
für Gymnasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Ausschlusz der classischen Philologie,
herausgegeben ?ou Rudolph Dietsch.
Schulfragen.
i Fortsetzung von S. 316—326.)
16.
Alle Uebergänge im Leben vollziehen sich allmählich; ehe wir
uns dessen versehen, ist der Knabe zum Jüngling geworden, wie das
Mädchen zur Jungfrau ; wir finden einen andern uns gegenüber, schwei-
gend, ernst, das Auge nach innen gerichtet, mit tiefster Seele sich hin-
gebend und vertiefend, dem Wechsel feind , dem Einflusz von auszen
sich entziehend und eigne Wege suchend. Es ist klar dasz, wie es
auch von weisen Behörden geschehn ist, dieser Eigentümlichkeit des
jugendlichen Alters Rechnung zu tragen, dasz dasselbe nicht wider
seinen Willen auf Wege zu drängen ist auf denen es sich selbst zer-
stören könnte. Das preuszische Reglement für die Prüfung der Abi-
turienten hat in dieser Beziehung einen Weg innegehalten, auf welchem
es ebensowol die Achtung vor den Wissenschaften auf denen die Schul-
bildung beruht zu wahren, wie der Natur der Jugend die notwendige
Berücksichtigung zu gewähren sucht. Es erkennt z. B. die hohe Be-
deutung einer tüchtigen mathematischen Bildung an, will aber von sei-
ner strengen Forderung absehn, wenn jemand den Mangel in jener
durch überwiegende Leistungen auf andern Gebieten ausgleicht und
dadurch den Beweis liefert, dasz es die Begeisterung für eine Disciplin
gewesen sei, was ihn verhindert habe nach einer mehr allgemeinen
Bildung zu streben.
Haben wir nun bei den untern und mittlem Klassen naturgemäsz
darnach gestrebt, der Vielheit und dem weitern Umfang des Wissens
Raum zu gewinnen, so fordert uns hier die Natur des jugendlichen
Alters ebenso auf ihr zu einer immer concentrierteren Thätigkeit be-
hülflich zu sein, ihrer Richtung auf Concentration wenigstens nicht
entgegenzuwirken, nicht mehr entgegenzuwirken als die Rücksicht auf
die Forderungen des Lebens und der allgemeinen Bildung es unabweis-
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. AM. tSGl. Hft 8. 23
354 Schulfragen.
lieh gebietet. Sehr erfahrene Pädagogen haben in dieser Beziehung es
bereits wiederholt ausgesprochen, dasz das habitare in uno, ver-
sa r i in m u 1 1 i s das Princip sein miisze, welches uns hierbei zu leiten
habe, und dasz es, wenn man dies Princip festhalte, möglich sei eine
eben so solide wie vielseitige Bildung zu gewinnen. Wir wüsten kein
besseres Princip an dessen Stelle zu setzen, es handelt sich nur darum
dasz es richtig angewandt werde.
Wenn wir die alten Schulmänner von ihrer Schulzeit erzählen
hören, so ist es erstaunlich wie einfach ihre häusliche Thätigkeit
bei aller Vielheit ihrer Lectionen gewesen ist. Es kam dies daher
weil die alten Pädagogen zwar die geistige Beschäftigung für viele
Gegenstände erforderten, die eigentliche Arbeit aber auf wenige, ja
man kann sagen auf das Studium der Klassiker beschränkten. Wir
unsererseits wissen diesen Unterschied nicht zu machen, sondern neh-
men für jede Disciplin ohne Unterschied einen verhältnismäszig glei-
chen Anteil an der Arbeit in Anspruch. Dies ist der Misgriff, den wir
begehn, und an diesem Misgriff sind zum gröszten Teil die Anordnungen
wegen der Abiturientenprüfungen schuld, welche uns wider unsern
Willen auf diese Abwege treiben. Es wird, da aus dieser Quelle so
unsäglich viel Unheil flieszt, nötig sein bei diesem Punkte noch einige
Augenblicke zu verweilen.
Es ist eine sehr weit verbreitete und sehr tief gewurzelte Mei-
nung in der Schulwelt, dasz es nötig sei mit einer Lection, welche
bei den Schülern in Achtung stehn solle, ein möglichst groszes Quan-
tum von Arbeit zu verbinden. Jüngere Lehrer namentlich verzweifeln
daran, in einer Lection bedeutendes zu leisten mit der sich eine solche
Arbeit nicht leicht verbinde. Wir wollen auch nicht in Abrede stellen,
dasz es sich namentlich in den unteren Klassen wirklich so verhalte.
Der Knabe hat für eine Wissenschaft noch keinen andern Maszstab der
Schätzung. In oberen Klassen ist dies durchaus nicht der Fall. Der
Lehrer, welcher seine Schüler geistig anzuregen und in Spannung zu
erhalten vermag, bedarf dieses Mittels nicht, ja würde es für gewisse
Lectionen ablehnen müszen, um diese nicht wesentlich zu alteriereu
und ihrer wirkenden Kraft zu berauben. Für diese Lectionen, fordern
wir, musz die Arbeit entweder ganz beseitigt oder auf ein Minimum
beschränkt werden, und zwar eben so sehr im Interesse der Jugend
wie in dem des Gegenstandes selber.
Ich nehme die Religion als Beispiel. Es ist mir nicht bekannt,
wie man auf andern Gymnasien dabei zu Werke geht: was ich selber
davon gesehn habe ist so angethan, dasz ich bei jedem Examen, dem
ich beiwohne, Gott inbrünstig danke, dasz ich nicht unter den ge-
prüften zu sitzen und eine solche Prüfung zu bestehn brauche. Ich
spreche nicht vom Katechismus, von Gesangbuchsliedern, von Psalmen
und messianischen Stellen, von Stellen des Römer- und Galaterbriefs,
von dem Zusammenhang des Alten und Neuen Testaments, den sie in
ihrem Gedächtnis haben sollen: nicht von dem wesentlichen Inhalt der
Glaubenslehre ihrer Kirche, von dem sie Rechenschaft zu geben haben,
Schulfrag-en. 355
'e
wenn alle diese Dinge nur etwas mehr als todter Gedächtniskram wären,
nur etwas von wirklicher Ueberzeiigung: und lebcndig-em Glauben darin
wäre, wenn sie nur einigermaszen mit der übrigen allgemeinen geisti-
gen und sittlichen Bildung der jungen Leute in Einklang ständen, wenn
man nur schwache Hoffnung hegen dürfte, dasz diese Dinge ihnen nicht
ein äuszerliches Gut bleiben, sondern zu einem Anker in der Not, zu
einer Stütze in Stunden der Versuchung, zu einer Quelle reiner Sitt-
lichkeit werden würden. Wenn nun das letztere nicht der Fall ist
und doch mit s o v i e 1 e r M ü h e so viele Schätze eines todten Wissens
aufgehäuft werden, sollten wir da nicht wünschen dasz die ganze Thä-
tigkeit, welche man von dem Schüler für diese Disoiplin zu fordern
habe, auf ein warmes Interesse und eine gespannte Aufmerksamkeit,
auf eine Teilnahme nicht blos im Hören, sondern im Mildenken be-
schränkt werde? Wir würden allerdings keine Examina haben in
denen eine Unmasse theologischen Wissens zu Tage gefördert wird,
wol aber Examina in denen der religiöse Sinn des Jünglings, die
Klarheit und Schärfe seiner allgemeinen Vorstellungen über die Re-
ligion, über das Sittliche, über Tugend, Pflicht usw. ermittelt werden
könnte, wenn nicht überhaupt ein Examen über diese Dinge als unge-
eignet erscheinen sollte. Dies ist die Weise in welcher zu unserer
Zeit der Religionsunterricht erteilt wurde und durch welche uns diese
Leclionen in der Hand edler rationalistisch gebildeter Lehrer zu den
für Geist und Gemüt erquicklichsten Stunden wurden. Zu dieser Weise
werden auch wir zurückkehren müszen, wenn wir unsere Gewissen
nicht mit dem Vorwurf belasten wollen das religiöse Leben in der
Jugend zu ertüdten, und in denen welche wir zu gläubigen Christen
erziehen wollen Gleichgültigkeit gegen die Religion überhaupt hervor-
zurufen. Das heiszt: die Thätigkeit des Schülers ist für die Lehr-
stunde in Anspruch zu nehmen und auf diese zu beschränken, mit
häuslicher Arbeit ist der Schüler für diese Lection nicht zu belasten.
Es gibt der Disciplinen noch mehr auf welche dieser Grundsalz
seine Anwendung findet: es gibt auch Autoren welche in dieser Weise
mit den Schülern gelesen werden können, ohne dasz die Lection da-
durch an Frucht für sie verliert, ja ich wage es zu sagen, wodurch
sie entschieden gewinnt. Natürlich wird von dem einzelnen vieles
wieder verloren gehn : aber die allgemeine Wirkung wird eine um so
bedeutendere werden. Von dem Geist des Autors, von seinem sitt-
lichen und politischen Charakter, von der Grösze des Gegenstandes
wird mehr in der Seele haften bleiben, als bei einer statarisch-strengen
Leetüre. So sollte man sich bei Homer, bei Livius, bei Herodot nicht
mit Wiederholungen aufhalten : diese Autoren wiederholen sich bei
fortschreitender Leetüre von selber: ja ich bin bei ihnen so weit ge-
gangen, dasz ich gar keine Präparation gefordert, sondern mich mit
einer zweiten häuslichen Leetüre des gelesenen begnügt habe. Zu der
letzteren aber kann man die Schüler leicht veranlassen, wenn man sie
reizt aus dem gelesenen sich für ihren eignen Gebrauch das darin ent-
haltene sprachliche Material zu sammeln. Hierbei ist vorauszusetzen,
23*
356
Schulfragen.
dasz der revidierende Director oder Scliulrath keine Paradeleistunffeii
zu sehen verlangt, sondern divinitrend zu erkennen sucht , was die
Scliüler bei dieser immerhin mit Mängeln behafteten Beschäftigung
doch an geistiger Kraft, an raschem Ueberblick, an Sinn und Liebe für
den Autor gewonnen haben. Dagegen wird es immer Autoren geben,
bei denen jedes Wort, ja jede Silbe ernstlich erwogen, die sicherste
Einsicht gefordert, jeder Schritt nicht einmal, sondern zehnmal getlian
werden musz, Autoren wie Sophokles, Demosthenes, Plato, Thuky-
dides, Cicero, Sallust, Quinctilian, Tacilns, Horaz und Vergil, welche
der etwa besorgten Leichlfertigkeit der Leetüre das Gegengewicht
halten x^erden. Denn hier gilt die Losung Miihe und Arbeit, und eben
um für diese Mühe und Arbeil Zeit und Kraft zu gewinnen, wollen
■wir, dasz dort die Arbeit der Schüler vermindert und die Wirkung
der Lehrstunde erhöht werde. Sollte jemand hierzu bedenklich den
Kopf scliütleln, so kann ich versichern, dasz ich mit mehreren Collegen
diesen Weg versucht und dasz wir ihn gangbar gefunden iiaben: dasz
die Autoren, welche ich so mit ihnen gelesen habe — Terenz, Livius,
die Briefe Ciceros — ihnen besonders lieb geworden sind: vor allem
dasz sie, seitdem sie sich zu dieser Thätigkeit gewöhnt haben, auch
bei der Maturitätsprüfung sich als umsichtiger und gewandter erwie-
sen haben.
Die Leser werden diesen Gedanken, der, ich hin dessen gewis,
im höchsten Grade fruchtbar werden kann, weiter verfolgen müszen ;
wir selbst wenden uns zu den Arbeiten oder der Arbeit der Schüler,
um zu sehen was aucii in dieser Beziehung für die Concentration ihrer
Thätigkeit gethan werden könnte. Die Arbeit der Schüler ist im all-
gemeinen von doppelter Art; erstens eine freie, von der Schule und
den Anregungen der Schule unabhängige, wie Leetüre deutscher Klas-
siker, Leetüre von Geschichlswerken usw. Zu dieser fühlen sich die
besten Jünglinge gerade am meisten hingezogen, zumal wenn das In-
teresse an einem Autor (Shakespeare) auch zugleich das geistige Band
zwischen einem engeren Freundeskreise befestigt und erhält. Hierauf
hat die Schule, unseres Bedünkeiis, sich jeder positiven Einwirkung
zu enthalten, so sehr sie auch dieselbe wünschen und sich ihrer freuen
sollte. Sie tliiit genug, wenn sie aus der Ferne beobachtet, Uehernui.-x
verhütet, dem Streben nach Genusz, welches sich auch hiermit verbiü
den kann, entgegenwirkt; würde sie viel weiter gehen, so würde sie
störend und zerstörend eingreifen. Es sind ja die ersten Versuche des
Jünglings auf eignen Füszen zu stehn und eigne >A'ege einzuschlagen.
Diese Versuche sind ein noli me tangere; sie können nicht zart und
leise genug behandelt werden. Es ist die decentrierende Richtung
welclie sich hierin ihrer entäuszert. — Was die anderen Arbeilen an-
betrilft welche die Schule selber ihren Zöglingen zumutet, so stehn
sie alle in einer unmittelbaren Beziehung zum Unterricht, indem sie
auf diesen vorbereifen oder ihn fortsetzen oder dem darin mitgeteilten
Material durch eigne Verarbeitung eine andere Form geben oder For-
men nachbilden welche ihnen der Unterricht vor Augen gestellt hat,
Schulfrtigcn.
357
oder enfflieszondes foslliallen, zerstreutes sammeln, bodeiitendes' und
werlhvolles ausscheiden — wer kann die verscliiednen Arten dieser
Arbeiten anfzaiiien? Genng dasz nie in Vergessenheit gerallie, d;iSÄ
zwischen der Tiiafigkeit in der Sclinle und dem häuslichen Fleisze ein«
lebendige tiefe Rinheit stattfinde, dasz sowol der Unterriciit auf eine
sich daran sclilieszende Arbeit Bezug nehme als die Arl)eit in einer
Continuilät mit dem Unterricht stehe. Dies gibt, mit Umsicht ausge-
führt, eine Sammlung und Festigkeit des geistigen Lebens der Jugend,
welche nur segensreich wirken kann. So einfach diese Wahrheit er-
scheint, so vielfach sie auch bereits ausgesprochen ist, wird es doch
nicht nutzlos sein , noch einige Angenblicke bei ihr zu verweilen.
Wenn jene Einheit nicht eine schöne Redensart sein soll, so musz
die Composilion sich der Lectiire anpassen, und zwar demjenigen Teilo
der Lectiire, welcher nach Form oder Inhalt oder nach beiden zugleich
zu der Composition in der nächsten Beziehung steht. Es gibt, dünkt
mich, kaum etwas verkehrteres als, wenn der Livius die Hauptlecliiro
bildet, die Scripta ans iMiiret oder linlinken anfertigen zu lassen, oder
wenn der Plalo gelesen wird, den StolT zu den Exercitien aus PIntarch
zn holen. Wenn der Lehrer diesen Uebelsland beseitigen will, so wird
ihm kaum etwas anderes übrig bleiben als die Aufgaben für die Com-
posilion sell)st auszuarbeiten, was daher auch bereits von mehr als einer
Seite her geratben ist. Der Zeitverlust , welchen das Diclieren aller-
dings mit sich führt, steht in keinem Verhältnis zu dem Vorteil, welcher
dadurch gewonnen wird. Wir haben nicht nötig zu erinnern, dasz bei
fortschreitender Entwicklung die Imitation entbehrlicher wird, bis end-
lich die Zeit kommt wo die Imitation ganz aufhört und die lateinische
Sprache wie die Muttersprache zu freiem Gebrauch sich darbietet. Wir
möchten zugleich erinnern, dasz auf den Schulen zwar der Stil der
Rede und der der wissenschaftlichen Disceplalion genügend geübt zu
werden pflegt, dagegen der geschichllicbe Stil vernachlässigt und, wo
dies nicht geschieht, eher Curtius als Cäsar oder Livius dabei als Vor-
bild betrachtet wird. Dies ist nach unserem Dafürhalten eine Verkehrt-
keit. Das Ideal lateinischer Historie ist Livius und diejenigen welche
unter den Neueren in lateinischer Sprache haben Geschichte schreiben
wollen, wie Bembo, haben sich allein an Livius gehallen, natiiriich
als geistvolle und gebildete Männer, indem sie nicht blos in seinen
Formen , sondern vielmehr in seinem Geiste arbeiteten.
Des gleichen Anschlusses sind auch die freien lateinischen Arbei-
ten bedürftig. Die Leetüre bietet des besten StofTes hierzu eine so
unendliche Fülle, dasz es schwer zu begreifen ist wie Schüler oder
Lehrer nach Aufgabensammlungen , wie es auch die von Sanppe ist,
greifen sollten, il. h. nach Sammlungen, welche dem Schüler ein Quan-
tum rohen Materials von auszen her zuführen und ihm zumuten hieraus
ein eignes Ganzes zu bilden. Ich suche meinesteils Aufgaben, für
welche den Schülern der Stoff und die Gedanken aus dem vollen In-
nern zuströmen, so dasz sie selbst einen Drang in sich empfinden dem
was sie lief bewegt einen Ausdruck zu geben. Denn allerdings vvün-
358 Schulfragen.
sehe ich dasz sie mit bewegter Seele, mit einem Pathos schreiben. Wo
dies ist, wächst ihnen, mit Goethe zu sprechen, über Nacht auch die
angemessene und gebildete Form zu. Denn wie wir bereits oben ge-
sehn haben, so ist auch hier das reale Element das präponderierende.
Meine besten Arbeiten erhalte ich, wenn ich nach der realen Seite hin
das Rechte getroffen habe. — Wenn aber so die Production sich der
Leetüre anschlieszen soll, soll nicht auch die Leetüre auf jene erstere
Rücksicht nehmen? soll sie nicht, zumal da so reiche Auswahl für
eine Prima vorliegt, darnach streben, der Seele der Jugend einen sie
ansprechenden und ergreifenden StolF zu bieten? Ich habe alle Ach-
tung vor Halms Urteil und Takt; aber was Reden M'ie die pro Sestio,
pro Sulla für Schulen sollen, bin ich auszer Stande zu begreifen; auch
die Verrinen ermüden den Sciiüler, daher Zumpt sie für die Universität
bestimmte; von den Calilinarischen würde die erste völlig ausreichen;
dagegen sind die pro Flacco, welche eine von Wolfs Lieblingsreden
war, und die pro Murena des besten Stoffes voll. Ebensowenig kann
der ßrulus als Ganzes den Schüler fesseln; viel eher, wenn er nicht
zu schwer wäre, könnte dies der Orator. Auch die Bücher de oraloro
ragen über die Schule hinaus. Dagegen sind für den Schüler, der den
Aristoteles selber noch nicht lesen kann, die philosophischen Schriften
Ciceros eine unschätzbare Leetüre, doppelt jetzt , wo sie es sind aus
denen der Schüler die allgemeinen religiösen und sittlichen Ideen ge-
winnen musz. Denn ist die Jugend selbst die Lebenszeit, welche für
das Ethische und das Historische, nicht für das Juristische oder Poli-
tische eine vorzügliche Empfänglichkeit besitzt, nun wol ! was zögern
wir ihr die geistige Nahrung darzubieten nach welcher sie verlangt?
sie in Ideenkreise hineinzuführen aus denen ihr auch eine reiche Fülle
von Stoff für die eigne Production zuflieszen wird? Ich wundere mich
nicht, wenn meine Schüler für Plato schwärmen und für Cicero kalt
bleiben, ich wundere mich aber auch ebensowenig, wenn sie die Offi-
cien und die Briefe Ciceros mit Interesse lesen, und dagegen nicht be-
greifen wie man die Miloniana oder die zweite philippische so über
alle Maszen hat bewundern können. Die hohe rednerische Kunst er-
kennen wenige von ihnen; für das Eibische haben sie alle ein tiefes
Gefühl und ein sich annäherndes Verständnis. Die Beziehung zwischen
Leetüre und Production ist also, ich wiederhole es, eine gegenseitige,
und beide werden wollhun in dem Ethischen und Historischen ihren
Vereinigungspunkt zu suchen.
Und nun nooh eins von vielem , was mir auf der Seele liegt. Als
Wolf für griechische und römische Altertümer und Litteraturgeschichte
usw. besondere Leclionen wünschte, war es, wenn auch darin ein Zu-
wachs zu dem Vielen zu liegen schien, doch vielmehr eine Richtung
auf Concentration welche ihn leitete. Der Schüler hat im Laufe der
Jahre eine Masse einzelner Kenntnisse gesammelt; aber er weisz nicht
was er damit machen, er hat keinen Ort wo er sie hinthun soll. Die
Folge davon ist dasz sie ihm wieder verloren gehn. Gewisse Dinge
lernen sich nur, wenn sie zu einem Ganzen gesammelt werden; sie
Scluilfraffen. 359
't3
verkommen, wenn man sie in ihrer Vereinzelung läszl. Die Erfahrung
wird jedem Leiirer sagen, ob Wolf, wenn ihn dieser Grund bestimmte,
im Irlum war. Ich wenigstens habe auf diesem Gebiete, auch bei den
besten Schülern, mit der horribcisten Unwissenheit zu kämpfen, einer
Unwissenheit unter der natiirlicii auch die Production schwer zu leiden
hat. Um diesem trosllosen Zustande ein Ende zu machen, musz man
zuerst sich überzeugen, dasz alles beiläufig gelernte auch eben nur
beiläufiges ist und bleibt und nie zu einem wirklichen Besitz wird,
zweitens dasz eine private Lectiire zu eignem Studium den Schülern
gar nicht zugemutet werden kann, drittens dasz es an sich vernünftig
ist das viele einzelne, das einem vor Augen gekommen ist, vor dem
Wiederverlorengehn zu schützen. Hierzu müszen sich in Prima
wöchentlich zwei Stunden finden , ohne dasz man nötig hat die Zahl
der Lehrstunden zu vermehren. Wir zeigen das Bedürfnis an, mögen
andere die Mittel bedenken diesem Bedürfnis zu begegnen.
17.
In dem preuszischen Reglement über die Prüfung der Abiturienten
ist eine Bestimmung gegeben nach welcher über die Leistungen der-
selben in jeder einzelnen Disciplin in der Weise ein bestimmtes
Urteil abgegeben werden soll, dasz diese entweder für vorzüglich
oder für gut oder für befriedigend oder für nicht befrie-
digend erklärt werden. Ein in gleicher Weise gefasztes Gesamt-
urteil wird bis jetzt über die zur Universität abgehenden Zöglinge
der Gymnasien noch nicht gefällt. Da aber bei den realen Bildungs-
anstalten die von ihnen entlassenen Schüler für vorzüglich, für gut
oder für genügend bestanden erklärt werden und kein Grund abzu-
sehn ist, warum in dieser Beziehung zwischen den verschiedenen
Schulen ein Unterschied gemacht werden sollte, so habe ich es für
angemessen gehalten, die Frage nach der Zweckmäszigkeit oder Un-
zweckmäszigkeit jener Prädicate anzuregen. Es liegt mir vor allem
daran, die Erfahrungen kennen zu lernen welche man in dieser Hin-
sicht an Kealschulen gemacht hat, und zu Mitteilungen über dieselben
anzuregen. Mögen sie nicht ausbleiben, mögen sie auch nicht lange
auf sich warten lassen!
Ich für meine Person bin, bis jetzt wenigstens, ein entschiedener
Gegner von dem jetzigen Verfahren: ich bin der Ueberzeugung dasz
dasselbe die Unbefangenheit und Lauterkeit des Urteils gefährde
welches die Lehrer über ihre Schüler auszusprechen haben, und der
Milde und Humanität widerstreite welche den Lehrern ihren Pfleg-
lingen gegenüber so vvol ansteht und so natürlich ist. Ich bleibe zu-
nächst bei der Anwendbarkeit dieses Verfahrens in der Maturitäts-
prüfung stehn.
Das Eigentümliche dieses Verfahrens besteht nicht sowol darin,
dasz man den Werlh einer Leistung oder den Grad von Kenntnissen
und Fertigkeiten durch Prädicate zu bezeichnen sucht, sondern dasz
es den Schulen auf das Bestimmteste untersagt ist, diesen Prädicaten
360 Schulfragcn
ö'
durch gewisse Zusätze eine Modificalion zu gehen. Es ist direct ver-
boten z. B. das Urteil befriedigend durch ein fast oder kaum
H. dgl. weniger scharf und bestimmt hinzustellen. Die Lehrer sollen
sich endlich entsclieiden , ob sie ja oder nein sagen wollen; sie sollen
genötigt werden aus einer Unsicherheit herauszutreten in welcher sie
oft durch die Einwirkung des PIlichfgefiihls von der einen und dos
Wolwollens von der andern Seile her gehalten werden. Wer, so
scheint es, sollte dieses Hindrängen auf Entschiedenheit nicht billigen?
Ich meine, jeder, vorausgesetzt nemlich dasz diese Schärfe und
Entschiedenheit eine mit der Sache vereinbare und aus ihr selber sich
ergebende ist. Allein hat man wol überlegt, woher es kommt dasz
die Lehrer samt und sonders geneigt sind ihr Urteil nicht so kurzweg
auszusprechen, dasz sie vielmehr dasselbe durch diese oder jene Zu-
sätze in eine gewisse Unbestimmtheit zu ziehen suchen? und sollte
dieser doch sicher sehr zu beachtende Zug nicht noch in etwas an-
derem als in einer Art von Charakterschwäche ihren Grund haben
können? nicht vielmehr in dem Gefühl dasz es vielleicht überhaupt
unmöglich sei eine Leistung mit dieser ohne Zweifel jedem Minister
erwünschten Kürze 'ohne Phrase' zu bezeichnen?
Sicherlich verhalten sich befriedigend und nicht befrie-
digend nicht wie zwei in einem Punkte aneinanderstoszende Teile
einer Linie, so dasz man nur diesen Punkt festzustellen hatte, um sei-
nes Urteils sicher zu sein. Vielmehr sind befriedigend und nicht
befriedigend Punkte zwischen denen sich eine sehr ausgedehnte
Linie hin erstreckt, von welcher gewisse Teile sich mehr dem einen,
andere dem andern Punkte nähern, und zwar so dasz zwischen jenen
Punkten Mischungen verschiedenster Art und Uebergänge von dem
einen zu dem andern stattfinden. Ich bin oftmals in der Lage gewesen
zwischen diesen beiden Prädicaten wählen zu sollen, wärend ich
beide für unwahr hielt. Diese Lage ist für einen Menschen von Ge-
wissen eine schreckliche. Man würde ihr nicht ausgesetzt sein, wenn
es gestattet wäre durch Mittel welche die Sprache bietet und das
Gefühl fordert jene Mischungen und Uebergänge zu bezeichnen, welche
überdies ja bei weitem häufiger erscheinen als die Fälle, in denen ein
absolutes Urteil ohne Bedenken gefällt werden kann. Und dies halte
ich denn allerdings für den wahren Grund, weshalb die Lehrer sich
so sehr gegen jene Präcision des Urteils sträuben: die Liebe zur Wahr-
heit vereinigt sich bei ihnen mit dem Wolwollen für ihre Pfleglinge.
Das Bedenkfin ist natürlich bei den Prädicaten befriedigend
und nicht befriedigend, bei denen oft die Zukunft des jungen
Mannes auf dem Spiele steht, gröszer als bei Prädicaten welche mehr
eine grössere oder geringere Auszeichnung des Schülers aussprechen.
Die letztere kann er entbehren, wenn es auch wünschenswerth ist
dieselbe zu bezeichnen. Wäre nur die Wahl der Ausdrücke eine an-
gemessenere! So ist namentlich das Prädicat vorzüglich völlig
dem subjectiven Belieben der Urteilenden anheimgegeben und ein
Krieg zwischen Lehrercollegien und wissenschaftlichen Prüfungscom-
Schulfragen. 361
missionen, zumal wenn deren Mitglieder nie Lehrer gewesen sind, gar
nicht zu vermeiden. Ich für meine Person habe mir eine Vorstellung
von dem entworfen, was etwa von dem Lehrer an einem wolbegablen
Schüler zu- erreichen ist; durch eine lange Praxis des Unterrichts ge-
winnt diese Vorstellung mehr und mehr Sicherheil. Erreiche ich die-
ses Ziel, so nenne ich seine Leistung vorzüglich; einen andern ohjec-
tiveren Maszstab als diesen kenne ich nicht, würde aber sehr dankbar
sein, wenn jemand genauer sagen wollte was er unter der vorzüg-
lichen Leistung eines Schülers verstände. Ueber gut ist der Zweifel
geringer; es ist die natürliche Mitte zwischen dem vorzüglichen und
dem befriedigenden.
Wenn einmal das Prädicat vorzüglich als eins der vier, zwi-
schen denen wir zu wählen haben, gegeben ist, so liegt es auch im
Interesse der Schule davon Gebrauch zu machen, und es da anzuwen-
den , wo ein Schüler das beste was man von einem Schüler hoffen
kann erreicht hat. Es für auszerordentliche Fälle aufzusparen, etwa
für eigentlich geniale Leistungen , würde ungerecht sein. Man würde
damit dem Schüler, dem Publicum und den Behörden gegenüber das
Bekenntnis ablegen dasz noch nicht das höchste Ziel der Leistungen
erreicht worden sei. Warum nimmt man nicht zur Bezeichnung des
Grades Zahlen? Zehn gegen eins, kein Mensch würde gegen Nr 1
etwas einzuwenden haben, dem jetzt das Wort vorzüglich impo-
niert. Sollen unsere Schüler und sollen wir darunter leiden, dasz von
den Behörden ein Ausdruck gewählt ist der das Urteil befangen
macht? Soll es denn einmal sein, so wähle man doch die Zahl und
lasse jene unbeholfenen und unzweckmäszigen Prädicate fallen.
Oder besser, man gebe überhaupt diese Art von Charakteristik
auf und lasse wieder Urteile geben, welche, natürlich mit weiser Be-
nutzung jener und ähnlicher Prädicate, die Leistung ganz objectiv
würdigen. Mit welchem Prädicat will man denn einen Aufsatz belegen,
welcher Sachkenntnis, Gedankenreichtum, Folgerichtigkeit im Denken
u. dgl. enthält, aber iVIangel an gewandter, lebhafter Darstellung zeigt?
Das Gute und die Mängel lassen sich vortrefflich aussprechen: die Zu-
sammenfassung in ein Urteil mit einem Prädicat ist eine Unmöglichkeit
und wirft die ganze ernste Handlung der Subjectivität und dem Zufall
zu. Wir halten jene Prädicate, wie gesagt, für überflüssig und für
sehr bedenklich. Sie sind ohne Zweifel trefflich für die Verwaltung,
welche darnach die Schüler rubriciert, aber nachteilig für die Schulen,
welche durch sie auf eine falsche Strebsamkeit hingewiesen und das
Glänzende dem Ernsten, Soliden, Tüchtigen vorzuziehn gereizt werden.
Hierüber noch ein Paar Worte.
Auf den Gymnasien der Provinz — und diese sind es doch, die
allein in Betracht kommen, nicht die Paar Gymnasien, welche die Mög-
lichkeit haben ihre Alumnate mit den talentvollsten Knaben aus der
ganzen Provinz zu besetzen — findet sich in allen Klassen eine selt-
sam und doch so natürlich gemischte Schülerzahl, einige wenige wirk-
liche Talente, viel millclmäszige Köpfe und einige schwach begabte,
362 Schulfragen.
die aber gleichwol ihre Carriere durch die Schule machen müszen,
weil die Eltern, Geistliche, Lehrer, nicht die Mittel haben, sie in
einen bürgerlichen Beruf treten zu lassen, wol aber es durch Entbeh-
rungen jeder Art ermöglichen sie durch die Schule gehn zu lassen.
Aus diesen Zöglingen soll nun die Schule etwas machen, und sie thut
es in treuer, mühvoller Arbeit, in unermüdeler liebender Sorge.
Denn, man glaube es uns, den Lehrern aus der Provinz, den Schwa-
chen wird die gröszere Hälfte unserer Liebe zuteil; die Talente be-
dürfen ihrer weniger: wir streben nicht zu glänzen, wir suchen nicht
das Unsere; wir mühen uns auch aus kümmerlichen Talenten das Mög-
liche zu bilden. Ob der Staat es uns Dank weisz, ist eine andere
Frage; wir rechnen aber auch nicht auf den Dank des Staates, obwol
ihm aus den jungen Leuten welche wir ihm bilden seine treuesten
und besten Diener erwachsen.
Natürlich nun ist unsere Aufgabe nicht sowol eine geistige als
eine sittliche — man wird mich nicht misverstehn wollen; es wäre
betrübend in einer so ernsten und heiligen Sache — . Es gilt die
jungen Leute sittlich zu wahren, jede .Art von Zerstreuung von ihnen
abzuwehren, jede Art von luxuriierender geistiger Beschäftigung ihnen
fern zu halten, sie immer auf das Notwendige hinzuweisen und hierin
zu befestigen, dann aber, auch bei maszigen Fortschritten, sie zu er-
mutigen, ihnen den Lohn der Treue vor Augen zu halten und sie zu
stützen, zu halten auf jedem Schritte. Und sie wissen es was wir
ihnen sind, wissen es uns in treuer Liebe Dank. Natürlich nun können
wir an derartigen Prädicaten keine Freude finden, welche uns kein
Mittel bieten den treuen Fleisz zu ehren und anzuerkennen, welchen
unsere Schüler bewiesen haben und durch den sie das geworden sind
was sie sind. Für uns und für sie wäre, wenn sie sich als befrie-
digend erweisen, eine grosze Freude; wenn sie dagegen an diesen
Prädicaten mit anderen gemessen und vergliclien werden sollen, wür-
den wir beschämt dastehn müszen, wenn wir auch im Verhältnis mehr
geleistet haben als etwa die Pforte. Kurz, unsere Schüler passen nicht
in dies Schema hinein, sind uns, offen gestanden, zu lieb und zu schade
dazu, erscheinen uns, selbst wenn ihre Prädicate weniger in die Augen
fallen, doch, wenn wir die andere, die sittliche Seite, die Bildung ihrer
Gesinnung, ihres Charakters dazu nehmen, völlig eben so reif, als wenn
wir sie als vorzüglich bestandene Zöglinge zu der Universität ent-
lassen wollten.
Verschone man uns also mit dergleichen Rubriken und bringe ja
nicht diese Bubriken in ein letztes Urteil über unsere Zöglinge, wenn
man nicht eine Formel findet, durch welche die Summe von geistiger
und sittlicher Bildung ausgedrückt wird. Der Staat selbst urteilt
später über seine Diener nicht in dieser Weise. Er weisz ihre Kräfte
«nd ihre Brauchbarkeit zu würdigen und sie darnach zu verwenden,
aber in sein Gesamturteil über sie nimmt er auch ihre Treue auf. Ob
der liebe Gott uns dermaleinst nach vorzüglich, gut, befriedi-
gend klassificieren wird, wollen wir dahin gestellt sein lassen.
Greiffenberg. (Fortsetzung folgt.) Campe.
Bemerkungen zu Curlius griecli. Scliulgrammalik. 363
10.
Bcmerknngen aus der Praxis zu der griechischen Schulgrammatik
t'OTi Dr Georg Curtins. Vierte berichtigte Auflage. Prag
ISOO, Tempsky, XIV u. 308 S. 8.
Nicht die Formenlehre ist es welche die folgenden Bemerkungen
zunächst veranlaszt hat, da ja das günstige Urteil, welches über diesen
ersten Ilauptteii der griechischen Scliulgrammalik von Curtius ge-
fällt worden ist, schwerlich erheblich zu modidcieren sein dürfte.
Denn, um die Gründe für das beifällige Urteil kuVz anzudeuten: der
SlolT ist in solcher Umgrenzung aufgenommen, dasz die im Bereiche
der Schule vorkommenden Erscheinungen in hinreichender Vollständig-
keit besprochen werden; die Behandlung des Stoffes ist der Art, dasz
alles in übersichtlicher Anordnung und deutlicher Unterscheidung vor-
geführt, Haupt- und Nebensachen auch durch die Form des Drucks
unterschieden und die Eigentümlichkeiten der Dialekte, hauptsächlich
des homerischen, in zweckentsprechender Weise unter dem Texte kurz
berührt werden. Die gesamte Darstellung ist in einer einfachen, trotz
einiger terminologischen Neuerungen leicht verständlichen Sprache ge-
halten. Was ferner die Benutzung der neueren sprachwissenschaft-
lichen Forschungen betriiTt, welclie in der Lautlehre und in weiterem
Umfange in der Flexionslehre zur Anwendung gekommen sind, so ver-
dient die sich kundgebende vorsichtige Maszhaltung, bei welcher nur
unbedingt Sicheres Aufnahme gefunden hat, um so mehr alle Aner-
kennung, da der Herr Verfasser zu den Hauptvertretern der neuern
Linguistik gehört und demnach zu einer Ueberschreitung der dem
Schulunterricht geziemenden Grenzen leicht sich verleiten lassen
konnte. Demnach ist in der That die Behandlung welche die Formen-
lehre in der vorliegenden Schulgrammalik erfahren hat eine ange-
messene und besonders in wissenschaftlicher Hinsicht ein Fort-
schritt von gröszter Bedeutung. Dagegen ist freilich in Bezug auf
Brauchbarkeit für die Schule ein Bedenken nicht ganz zu ver-
schweigen.
Der praktische Schu-lmann kann sich nemlich der Befürchtung
nicht erwehren, dasz der Hauptzweck der mittleren Klassen: mög-
lichst rasche und möglichst sichere Aneignung der wirklich
vorkommenden Formen, durch die dem Buche zufolge überall
dazwischen tretende Reflexion in solchem Masze beeinträchtigt
wird, dasz der von dieser Seite erwachsende Nachteil den wissen-
schaftlichen Verteil leicht überwiegen möchte. Doch, wie gesagt,
nicht die Formenlehre, sondern die Syntax ist der Gegenstand un-
serer gegenwärtigen Bemerkungen.
In Bezug auf die Behandlung dieses zweiten Hauplteils der Gram-
matik ist zuvörderst ebenfalls zu loben, dasz der Stoff in angemessener,
das heiszt schulmäsziger Vollständigkeit und Umgrenzung aufgenom-
men ist. Daher bietet das Buch den in der That erheblichen Vorteil,
dasz der Schüler dasselbe durch den ganzen Gymnasialcursus hindurch
364 Bemerkungen zu Curtius griecli. Schulgrammatik.
gebrauchen, also zu der so sehr wünschenswerlhen genauen Vertraut-
heit mit seiner Grammatik gelangen kann. Auch ist die äuszere An-
ordnung und übersichtliche Gliederung des syntaktisciien Stoffes durch-
aus beifallswiirdig.
Dagegen musz Einsender, bei aller Hochachtung gegen den ver-
dienstvollen Verfasser, unumwunden erklären dasz der innern Durch-
führung vielfach diejenige Klarheit und Schärfe mangelt, welche man
von diesem Teile einer Schulgrammatik zu fordern berechtigt und
verpflichtet ist. Und es ist dieses um so mehr zu bedauern, als ja die
Syntax für die von der Schule erstrebte geistige Durchbildung von
unendlich gröszerer Wichtigkeit ist als die Formenlehre. Es geschieht
im Interesse der Schule, wenn hier auf einige der bedeutenderen
Mängel der vorliegenden Grammatik in der Hoffnung aufmerksam ge-
macht wird, dasz dadurch eine allgemeinere Prüfung des jedenfalls
höchst beachtenswerthen Buches hervorgerufen und vielleicht der Herr
Verfasser veranlaszt werden möchte dasselbe durch Umarbeitung des
syntaktischen Teils für den Unterricht brauciibarer zu machen. Wir
beschränken unsere Bemerkungen auf die fundamentalen Hauptpunkte,
welche für eine Menge von Einzelheiten formgebend sind und die Auf-
fassung derselben regeln. Denn wenn diese Hauplpartien richtig, klar
und in streng logischer Ordnung hervortreten, so mag man über noch
so viele Unrichtigkeiten im Einzelnen hinvvegsehn, indem diese durch
den Unterricht und durch Nachbesserungen bei neuen Auflagen leicht
ihre Erledigung finden. Gerade jene Hauptparlien aber leiden in der
vorliegenden Grammatik vielfach an einer Unklarheit und Verworren-
heit, deren nachteiligen Einflusz auf eine gesunde Auffassung der
Lehrer nicht wird abwenden können. Wir heben folgendes aus.
I.
Satz. 1. In § 361 , 3 b wird das Prädicat bezeichnet als 'das-
jenige was ausgesagt wird.' Auf der Grundlage dieser allerdings
brauchbaren Definition des Prädicals kann der Schüler nur dann zu
einer weitern klaren Einsicht in das Wesen des Prädicats gelangen,
wenn ihm, wie z. B. in der vorlrefl'Hchen lateinischen Grammatik von
Dr M. M ei ring, 2e Auflage (vgl. §§ 4l(). 417. 427. 428. 4ö8), gesagt
wird: 'das Prädicat des Salzes ist immer ein Verb um; es sind aber
u scheiden 1) Verba von vollständigem BegrilTe, 2) Verba von un-
ollsländigem Begrifl'e, der durch ein Nomen als Merkmal des Siibjects
oder Objecis ergänzt wird.' Alsdann erklären sich alle Erscheinungen
aind Gestaltungen des Prädicals ebenso einfach als deullich. Wie aber
verfährt die vorliegende Grammatik? 'Das Prädicat', heiszt es a. a. 0.,
'ist entweder ein verbales oder ein nominales. Verbal ist das
Prädicat, das in der Form eines Verbum finitum ausgesprochen wird;
KvQog ißaaUcve; nominal dasjenige, das in der Form eines Nomens
(Substantivs oder Adjectivs) ausgesprochen wird: KvQog ßaßiXsvL; i]v.'
Es wird im zweiten Falle die alte durchaus unwissenschaftliche, ja
widersinnige Ansicht zurückgerufen, das Verbum ehmi sei nicht Prä-
Bemerkungen zu Curlius griech. Schulgramnialik. 365
(lical, sondern »in bloszes Verbindungswörtclien (copula). Wie soll
•'S sich der Schüler denken oder der Lehrer ihm begreiflich machen,
dasz ein so vollsliindig in persona, numero, tempore, modo ausge-
prägtes Verbum (fVrA i}f, Eazai. usw.) blos zur V^erbindung diene, wie
etwa T£ oder nal'! Wie soll man es erklären, wenn bei Aufhebung
der Satzform durch den Accusaliv c. inf. die sogenannte copula doch
bleibt und in den lurinitiv übergehl? ^^'ie soll man sich helfen, wenn
statt cli'ai ähuliclie Verba eintreten, wie yiyi'Söß-at usw.?
2) Wärend nach § 361, 4 das Prädicat entweder ein verbales
oder ein nominales ist, heiszt es. § 361, 7 plötzlich und unerklärlich:
^ein nominales Prädicat neben dem verbalen erfordern häufig die
intransitiven und passiven Verba, welche werden, gemacht wer-
den, erscheinen, genannt, ernannt, gewählt werden und
ähnliches beleuten KvQog tyivExo ßaöiXivg. Also sind hier
sogar zwei Prädicale vorhanden, bei denen es dem Schüler schwerlich
klar wird, in welchem Verhullnisse der Selbständigkeit oder Abhängig-
keit er sicii die beiden zu einander denken und was er mit der aus
dem deutsclien und laleinischen Unterricht erlernten Regel anfangen
soll, dasz ein Salz auch nur ein Prädicat habe.
3) In Verbindungen wie: ZQiraLuc aTirjk&ov, Aansdaifiovcoi vßn-
QOt acpiKOVTO^ OQKLÖg 60t Xeyoi wird das Adjectivum (offenbar näher
bestimmender Zusatz zum Prädicat) als 'ergänzendes Prädicat'
aufgefaszt, so dasz wiederum der Satz zwei Prädicate enthält, ohne
erkennen zu können in welchem Verhältnisse dieselben zu denken
seien, üebrigens zeigt sich schon hier ein Beispiel von den dem
Buche eigentümlichen Begriffsverwechselungen. Denn wärend in § 361,
8 auf den verwandlen Gebrauch des Participiums (§ 589 fl.) hinge-
wiesen wird, sagt eben dieser § 589 (an sich richtig): 'das Parlicip
dient ähnlich wie der Infinitiv (§ 560) zur Ergänzung eines
Verb ums', so dasz also die sehr verschiedenen BegrilTe '^ergänzen-
des Prädicat' und 'Ergänzung des Prädicals' als gleichgeltend
hingestellt werden.
4) Nachdem nun dem Schüler statt eines einzigen (stets verbalen)
Prädicals bereits dreierlei Prädicate vorgeführt sind: a) ein verbales,
b) ein nominales, c) ein verbal-nominales, \>ird ihm § 361, 10 noch
ein viertes Prädicat in der Form des Accusativus als ein 'abhän-
giges' namhaft gemacht, in Fällen wie: ot TliQüat rov Kvqov eI'Xovto
ßaßikia (PaöiXea Prädicat). Wie verträgt sich aber diese Aufstellung
mit der Regel § 361, 5, dasz das Prädicat mit dem Subject überein-
stimmen müsze, 'und zwar das verbale Prädicat im Numerus, das no-
minale im Numerus und im Casus'? Und wie soll man es gegenüber
derselben Vorschrift des § 361, 5 rechtfertigen, wenn es im § 417 gar
heiszt: 'der Genetiv steht prädicativ'? Und doch wird auch
auf den § 361, 7 verwiesen, wo das durchaus nominativische Bei-
spiel sieht: KvQog iyivexo ßaatXsvgl Ebensowenig stimmt mit § 361, 5
der Inhalt der Anmerkung zu § 438, wonach es auch einen prädica-
tiven Dativ gibt.
366 Bemerkungen zu Curtius griech. Scluilgrammatik.
In der That, das Prädicat hat in der vorliegenden wSchulgrammatik
eine wahrhaft proleusartige Verwandlungsfähigkeit. Kein Wunder da-
her, dasz die Auffassung und Bezeichnung desselben sich zuletzt zur
bloszen 'pradicativen Bestimmung' verflacht (§ 568. 570. 572).
Es ist aber kaum zu erwähnen, dasz ein Schüler, der schon in
der Auffassung des Prädicats, von welchem alle sprachliche Be-
trachtung ausgehn musz, zu solchen Schwankungen angeleitet wird,
unmöglich zu einer gesunden sprachlichen Auffassung überhaupt ge-
langen kann.
II.
Die Casuslehre entbehrt ebenfalls in manchen wesentlichen
Punkten der zur Begründung einer klaren Auffassung der Verhältnisse
erforderlichen Schärfe in der Gliederung der Darstellung.
A) Accusativ. §395: ^der Accusaliv ist der Casus des Ob -
j ec ts . . . . ; das Object ist entweder ein ä usz er es, d. h. auszerhalb
der Handlung liegendes, von ihr betroffenes: rvTtrco xov dovXov, oder
ein inneres, d. h. in der Handlung selbst schon enthaltenes: xvnxco
7tEvri]K0VT<x TiXijyäg.'' Will man diese Unterscheidung von äuszern und
innern Objecten auch einmal gelten lassen, so ist doch nicht einzusehn,
wie nach § 400 c in Beispielen wie: Okvi.i7Ticc vtxäv, ya^ovg iöviäv^
V06T0V 6övQ6f.uvoc usw. in n e r e Objecte liegen; denn in der Hand-
lung des vLKccv selbst müste, was doch offenbar nicht der Fall ist, das
Object ^OXv[iTCi(x nach der Behauptung der Grammatik schon enthalten
sein; ebenso müste in iönäv das Object ya^ovg, in oövQSöO'ai das
Object voötov schon vorhanden sein: was offenbar falsch ist.
B) Genetiv. Wenn der partitive Genetiv in § 412 nach her-
kömmlicher Weise als Casus des ^zu teilenden Ganzen' (statt ^der zu
teilenden Gesamtheit') erklart wird, so wollen wir dieses nicht
hoch aufnehmen, obgleich das Richtige bereits sehr deutlich durch die
Meiringsche lateinische Grammatik (2e Aufl. §512.513) vorgezeich-
net war. Wol aber ist die Verworrenheit hervorzuheben, in welche
der Schüler geführt wird, wenn er in dem nemlichen § angeleitet
wird, unter dem Gesichtspunkte des parlitiven Genetiv (des 'zu
teilenden Ganzen') auch Ortsangaben wie Oijßai rijg Boiatcag und
Gradbestimmungen wie elg rovxo trjg avoLag aufzufassen, und zwar
nach folgendem Begriffsgange: rjjg BoicoTLag hier das 'gröszere
Ganze', aber eigentlich das *z u teilende Ganze'; avo/ag hier der
'Grad', aber eigentlich das 'zu teilende Ganze'! Ist es doch klar
genug, dasz das erste Beispiel den Genetiv des Angehörens enthält
(Meiring § 503) , das letztere auf eine M aszb es li m mung zurück-
zuführen ist (Meiring § 526 in Verbindung mit § 521). Und davon
abgesehn, so liegt der 'Grad' doch in romo, nicht, wie es das Buch
angibt, im Genetiv avoiag. Es mag der Wunsch beigefügt werden,
dasz man doch nach dem Vorgange der Mei r ingschen lateinischen
Grammatik (§ 512 fl". u. 520 IT.) endlich anfange, den Genetivus parli-
livus und den Genetiv bei Maszbestimmungen ganz und gar zu trennen,
da sie innerlich gar nichts mit einander gemein haben. Es sei noch
Bemerkungen zu Ciirtius griech. Schnigrammalik. 3G7
bemerkt, dasz ein Genetiv des Stoffes (§ 418) schwerlich erkannt
wird in den Beispielen: za cor« IvinhiGav 6 a i[xoviag aocpiag' 6
nctQcav KaiQog %oXl'fjg cpQOvxiöog %al ßovXrjg öurai.
C) Dativ. Die nach den §§ 430 und .431 vorgenommene Unter-
scheidung zwischen dem 'Dativ der beteiligten Person' und dem
'Dativ des Interesses' kann nur Verwirrung erzeugen. Denn er-
stens ist in ßo)j&co TOig Ov^^äyoLg der Dativ unverkennbar nicht blos
*Dativ der beteiligten, entfernter von etwas betrolTenen Person,
auf welche sich die Handlung bezieht', sondern auch 'Dativ des In-
teresses', d. h. die Person bezeichnend, 'für welche — in deren
Interesse — etwas ist oder geschieht.' Dann ist nicht abzusehn, wie
bei fiju/, yiyvo^iciL und ähnlichen Verben derjenige Dativ, welcher 'den
Besitzer' bezeichnet (§ 432 b) , unter allen Umständen ein Dativ des
Interesses sei; oder was für ein Interesse kann ein Schüler in dem
folgenden Beispiel entdecken:
noXvg de ftot EdTCSro Xaog
rijv odbv rj 6^] k'iicXXeu i^ol zccKa K7}öe l'öeöQai
(Odyss. VI 134)?
Ferner müsle man erwarten, dasz in § 433 c der Dativ, welcher 'die
mit dem Gemüt teilnehmende Person (ethischer Dativ) bezeichnet',
nicht als 'Dativ des Interesses', sondern gerade als 'Dativ der be-
teiligten, von etwas betroffnen Person ' hingestellt wäre. Neben
dem Dativ der beteiligten Person und dem Dativ des Interesses wird
drittens aufgeführt der 'Dativ der Gemeinschaft' zum Ausdruck
der Gemeinschaft, des Uebereinstimmens oder des Zusammentreffens.
Die Aufstellung dieser dritten Gebrauchsweise des Dativs stimmt aber
nicht zusammen mit der anfänglichen Definition des Dativs, als welcher
'im allgemeinen die Person oder Sache bezeichnet, welche zu einer
Thätigkeit iu einer entfernteren Beziehung steht' (§ 429).
Denn vergeblich sucht man bei dahin gehörigen 'Verben, Adjectiven
und Adverbien, welche Gemeinschaft, Uebereinstimmung, freundliches
oder feindlichesZ u s a mm eu tr e f f e n bezeichnen', nach einer 'ent-
fernteren' Beziehung der Person oder Sache, vergeblich z. ß. bei
%oivcovsco, Gvixg)cov£oo , (laxo^ai, bei o avrog, l'dtog, endlich bei ccjxci
und ofiov.
Nach Behandlung des instrumenlalen Dativs wird zuletzt noch in
den ^§ 441 — 443 ein 'loserer Dativ' aufgeführt. Zunächst musz die
Bezeichnung 'loserer' Dativ an sich als verwerflich angesehn wer-
den, da sie der Bestimmtheit sprachlicher Anschauung entgegen arbeitet.
Sodann ist aber auch keineswegs einzusehn, weshalb der Dativ der
*Art und Weise' Giyy, j3f«, arcovöij usw. und der Dativ der be-
stimmt begrenzten Zeit (§ ^41 und 443) trjöe xy watI, ty vörtqula
usw. loser sei als der 'instrumentale Dativ' öovgi, cpvaei. (§ 438
und 439).
III.
Tempora. Das 20e Kapitel (Lehre 'vom Gebrauche der Tem-
pora') zeigt erhebliche Mängel. Schon gleich die ersten Sätze von
368 Bemerkungen %\\ Curfius griech, Scliulgrammatik.
§ 484 enlhallen und bewirken eine schiefe Vorstellung: ^bei der Be-
zeichnung der Zeit unterscheidet man im Griechischen: l) die Zeil -
stufe. Die drei Zeitstufen sind: Ge gen wa r t , Ve r ga n genhei l,
Zukunft.' Als wenn man von den drei Zeitgebieten das eine höher,
das andere niedriger denken müste oder auch nur könnte! Aber bei
weitem gröszere und schädlichere Irrungen folgen in der Lehre von
der 'Zeitart' (sonderbare Bezeichnung für das, was man sonst die
Beschaffenheit oder den Stand der Handlung nennt). Nemlich:
'der Zeitart nach ist eine Handlung entweder
a) dauernd, z. B. yiyvcSaKSiv (allmählich) kennen lernen, oder
b) ein treten d, z. B. yvcHvai erkennen (inne werden, merken), oder
c) vollendet, z. B. iyvconhai, erkannt haben, wissen (lateinisch
nosse) . . . .'
*Dit/ eintretende Handlung bezeichnen die Formen der Aorist -
Stämme.'
Es ist hier nicht der O/t näher zu untersuchen, ob in der Be-
zeichnung der eintretenden Handlung wirklich die Grundbedeu-
tung der Aoristformen enlhallen sei; aber wenn eine Schulgrammatik
diesen Formen eine solche Bedeutung einmal beilegt, und zwar so
ausdrücklich in einer der Tempuslehre zu Grunde gelegten E i n tei-
lung, so musz gefordert werden, dasz die desfallsigen Bestimmungen
in allen bezüglichen Fällen auf das strengste festgehalten werden.
Nun begegnet man aber bei Curtius folgendem unseligen Schwanken
des Ausdrucks, durch welches alle Bestimmtheit der sprachlichen An-
schauung von vorn herein unmöglich gemacht wird:
1) 'Der Indicativ des Aorists ist das Präteritum der eintre-
tenden Handlung, bezeichnet daher die 'in die' Vergangenheit
«eintretende' H a n d 1 u n g ' : § 492.
2) 'Der Grieche gebraucht den Indicativ des Aorists, wenn er
vergangene Tiiatsachen erzählen, wenn er vergangene Handlungen blos
als geschehn ('eingetreten') angeben will': § 492.
3) 'Da der Indicativ des Aorists eine Handlung blos als 'in die'
Vergangenheit 'eingetreten' bezeichnet' usw.: § 493.
4) 'Der Indicativ des Aorists wird (in Bedingungssätzen der Nicht-
wirklichkeit) gesetzt, wenn eine 'in der' Vergangenheit nicht
'eingetretene' Bedingung angegeben wird': § 539.
Also 'eintretend', 'eingetreten', 'in die Vergangen-
heit eintretend', 'in die Vergangenheit eingetreten',
«in der Vergangenheit eingetreten': all' diese, durchaus
verschiedenes besagenden Ausdrücke werden zur Erklärung einer
und derselben Tempusform gebraucht!
Eine besonders überraschende Begriffswandelung erleidet der
Aorist als Particip nach §496 Anmerkung. Es soll hier nemlich
ausgedrückt werden, 'dasz das Eintreten einer Handlung schon
vor einer andern Handlung vergangen ist', wobei man sich ver-
gebens fragt, woher plötzlich das 'vor' und 'vergangen' nach Masz-
gabe der ursprünglichen Definition in das Tempus komme. Man sieht,
Bemerkungen zu Curlius griech. Schulgrammalik. 369
die BegrilTswandelungen sollen dazu dienen, die Widerspriiclie zu ver-
decken, weiche sich nach allen Seilen hin ergeben, wenn man die
dem Aorist in 'Jj 484 c gegebene Gi undbedeiiliing in khirer AtiFfassung
anwenden will. Das Verderbliche eines solchen Verfahrens für den
jugendlichen Geist liegt nicht blos darin, dasz sich eine klare An-
schauung des Aorists unmöglich gewinnen laszt, sondern iiuch und
noch mehr darin, dasz dazu angeleilel wird, unklare BegrüVe so zu
modeln, dasz dadurch Falsches als richtig bewiesen wird.
Weniger nachteilig ist es, dasz die Grammatik einen Widerspruch
offen bestehen läszt. So heiszt es § 498: 'viele Verba, deren Prä-
sensstamm einen Zustand bezeichnet, drücken in sämtlichen Aorisl-
formen das Eintreten in diesen Zustand aus, als: .... ßaOileveiv
König sein — ßaaikevaai König werden.' üemgemäsz miiszen die
in der Anmerkung zu § 390 stehenden Worte : ^agetog ißaölXivGe
ra navTa £5 '/.al zQiäKoi'za ez)] eigentlich so iibersetz.t werden ;
^Darius wurde im Ganzen sechsunddreiszig Jahre König' (die Hand-
lung 'trat' so lange bei ilim 'ein'): eine freilich unrichtige Auflassung,
statt deren der Herr Verfasser es denn auch vorgezogen hat, aller-
dings im Widerspruch mit §498, zu sagen: * Darius regierte im
Ganzen sechsunddreiszig Jahre.'
IV.
Modi. Diese sind § 507 ff., was die Regeln im Einzelnen be-
trifft, ganz zweckentsprechend behandelt. Aber die Lehre von den
Modis in z i: s a m m enges etzten Sätzen wird § 519 durch 'Vorbe-
merkungen' eingeleitet, welche den in der Regel richtigen Begriff,
den der Schüler vom zusammengesetzten Salze aus dem deutschen
und lateinischen Unterricht mitbringt, völlig verwirren. Es wird eine
Grundlage gelegt, bei der man es als ein Glück ansehn kann, dasz
davon im folgenden kein durchgreifender Gebrauch gemacht wird :
was freilich wiederum unwissenschaftlich genug ist. Es wird aufge-
führt a) Coordination, b) Correlation, c) Subordination,
vvärend die Wissenschaft wie die Praxis sonst nur Coordination
und Subordination gegenüberstellt und zu letzterer auch die Cor-
relation rechnet. Als Wesen der Correlation wird angegeben, dasz
die beiden Sätze 'wechselseitig auf einander bezogen werden', und
Nr 3 hinzugefügt, dasz der eine Satz Vordersatz, der andere
Nachsatz heisze. Dasz die beiden Sätze wechselseifig auf einander
bezogen werden, ist richtig, aber für eine Einteilung, wobei Coor-
dination und Subordination zur Sprache kommt, ohne Bedeutung. Eine
wechselseitige Beziehung findet ja auch bei der Verbindung von zs —
jcat, jufv — di u. dgl. statt, was offenbar Coordination ist. Es be Uirf
kaum der Erinnerung, dasz die bei Curlius gemeinte Correlation
zur Subordination gehört. Wie wenig klar sich der Herr Ver-
fasser ist, ersieht man aus dem ersten Beispiel (unter 3) : a>g löev^
(ög ^iv iöv xokog^ wo das erste cog zwar durch 'wie' übersetzt «er-
den kann, aber nicht das vergleichende 'wie' ist, welches offen-
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. 1S6I. Hft 8. 24
370 Bemerkungen zu Curlius griecli. Schulgrammalik.
bar gemeint ist, sondern das temporale = *als', und demnach
selbst nach der Theorie des Buches 7,nr Subordination zu setzen
wäre (vgl. § 556). lieber das Subordinationsverhällnis der correla-
tiven Vergleichungssätze kann zum Ueberflusz verglichen werden
Meiring "^Erörterungen zur lateinischen Grammatik' Is Heft S. 17.
— Was übrigens die bei Curtius als Merkmal der Correlation an-
gegebenen Benennungen Vorder- und Nachsatz angeht, so be-
trelTen diese die Stellung, nicht das Satzverhaltnis , und finden ihre
Anwendung ebensogut auch auf die Subordination. Ebenso gelten die
bei der Subordination angegebenen Benennungen Haupt- und Ne-
bensatz nicht minder für die Correlation.
Wenn, wie gesagt, von der hier gelegten falschen Grundlage im
folgenden zum Glück kein durchgreifender Gebrauch gemacht wird,
so fehlt es doch nicht ganz an verwirrender Anwendung. In § 520
usw. folgen 'allgemeine Bestimmungen über den Gebrauch der Modi
in abhängigen Sätzen', d. h. nach § 519 c und 4 in subordi-
nierten Sätzen. Nun treten aber unter dieser Kategorie in § 524 ff.
auch die Bedingungssätze auf, bei denen nach § 519 , 3 und auch
nach § 534 nicht Subordination, sondern Correlation statt-
findet'!
Die gegebenen Nachweisungen werden hinreichen zu zeigen, dasz
der Werth der beiden Teile der Curtius sehen Grammatik im um-
gekehrten Verhältnis steht. Ist in der Bearbeitung der Formenlehre
in wissenschaftlicher Hinsicht ein Fortschritt von gröszter Be-
deutung geschehn, so erscheint dagegen die Behandlung der Syntax
als ein Bückschri 1 1 gegen manche der bisherigen Leistungen , in-
sofern ihr gerade die erforderliche wissenschaftliche und, was
vor allem nötig ist, die klare, logische Verarbeitung des Stoffes in
den fundamentalen Haupfpartien fehlt.
Einsender dieses würde sich freuen, wenn es dem Herrn Ver-
fasser gefallen wollte, unter Berücksichtigung der obigen Bemerkun-
gen die Syntax einer vielfachen Umarbeitung zu unterziehn und da-
durch diesem wichtigsten Teile seines Buchs einen dem ersten Teile
gleichkommenden Werlh für die Schule zu geben.
[Eingesandt.]
Kurze Anzeigen und Miscellen.
XVII.
l) W. Gesenius: hebräisches Elementarbiich, herausgegeben von
Rö dig er. 18e Anßage. Leipzig, Emil Graul. 1857. Auch unter
dem Titel : W. Gesenius: hebräische Grammatik,. neu beorheitel
und herausgegeben von Rad ig e r. I8e Auflage, mit einer Schrift-
tafel. Leipzig, E. Graul. 1857. VI u. 320 S. 8.
Kurze Anzeiffen und Miscellen. 371
'O
2) W. G esenius: hehräisches Elemevlarbuch. 1r Teil. Auch unter
(lern Titel: hehrüisclies Lesc/wch, herausgegeben von Dr Au-
gust II e iliystedl. ^e Auflage. Köln 1858, Seemann. X u.
222 S. 8.
1. Unser neuer Bearbeite!' liat auch in der 18n Auflage soviel als
möglich gar manches unter den Erinnerungen von Seiten der Eecensen-
ten ignoriert, anderes aber nicht ganz unbeachtet gelassen, namentlich in
folgenden Paragraphen Verbesserungen angebracht: § I. 1 , 2. § 2 , 4.
§ 144. — Kleinere Zusätze, Aenderungen oder genauere Bestimmungen
finden sich z. B. § 9, 1. § 1(5, 2. § 21, 1. § (58, 1. § 110, 2 c. § 137
Anm. 3. § 138 Anm. 3. § 155, 1 a usw. — Ein Stellenregister ist,
wenn auch nur 'mäszigen Umfangs ', beigefügt. Referent findet auch
einzelnes so zu sagen stillschweigend verbessert. — In der Einleitung
wird das Assyrische mit dem Alt-Babylonischen als eine vierte Hauptver-
zweigung der semitischen Sprache genannt. — § 2, 4 sjiecificiert mehr
die Schriften der ersten Periode nach ihrem sprachlichen Wertli. In
§3,4 bleibt sich der \'erf. gleich und nennt weder den Vorgänger des
Gesenius, den usw. Vater, noch Gesenius selbst als Begründer
einer in mehrerer Hinsicht vergleichenden orientalischen und occidenta-
lisclien Grammatik, noch auch Neuere als Gegner des letzteren oder
als Anhänger, jedoch mit Verbesserungen seines Systems aufgetretene,
indem er wieder mit Sehr ad er (1798) schlieszt. Jedenfalls war bei
'(pliilosoph. rationelles Element usw.)' Ewald zu nennen, wenn es
auch seiner Darstellung an einer gröszern Verständlichkeit mangelt.
Ein Vergleich der hebräischen Bestandteile mit den griechischen, wie
es mit Recht von T hier seh geschehn ist, hat wieder nicht stattge-
funden. Emendiert ist § 9, 1 das feste ä, ''das nicht leicht ver-
drängt wird'. Es hiesz sonst fälschlich: ^das unverdrängbare', wie auch
hier § 25, 2 citiert wird, als Beleg. — § 15. Von den Accenten. Dem
Wunsche eines nicht unbedeutenden Recensenten (in diesen Jahrbüchern),
hier schon die penacuten Wörter zu nennen, ist abermals nicht Folge
geleistet worden. — § 1(5, 2 ist das Setzen des Metheg bestimmter ausge-
drückt, so wie § 21, 1 die Regel über die Aspiration der tenues. Fälschlich
heiszt es wieder a. a. O. Anm. 2, (5, dasz das Schwa vor Tf. t!3 . ^5
mobile sei. ■ — § 68 , 1 ist genauer die Schwäche des N der V. n"2 ent-
wickelt. — In den Paradigmen V^ ist weggelassen bei ^XiXt ^-^^liT
(eigentlich ÜÜj'p'T). — S. 178 '^'\l war bei § 84 b zu eitleren. — § 110 c
gibt eine genauere Erklärung der lockern Verbindung zwischen Nomen
regeus und Genetiv: verglichen ist ein Beispiel rUJn^l^ nSpSlTt mit
dem Arabischen, wo das 2e Nomen — Apposition — , mithin erscheint es
wie eine Hendiadys (vasa sc. auruni). — § 137 Anm. 3 ist mit Recht das
Beispiel Jes. 7, 29 weggelassen, da hier otfenbar nur durch ein falsches
Auffassen ein Uebergang von einer Person zu einer andern angenommen
werden kann. — § 138 Anm. 3 ist der Acc. instrum. bei p^T und ähn-
lichen Verbis näher erklärt und auf irrig dahin gerechnete Stellen hin-
gewiesen. Bestimmter ist die Auffassung § 144 über die copiila. —
§ 155, 1 a ist das fälschlich als Hendiadys gedeutete Beispiel 1 Mos.
3, 16 (vgl. Tuch Genes, a. a. O.) mit einem richtigeren 2 Chron. 16, 14
vertauscht worden. Die Paradigmata verb. sind ebenfalls unveränderfe
geblieben. Keine unwesentliche Zugabe ist aber das Stellenregister.
Die aufeinanderfolgenden Ausgaben unserer Grammatik beweisen übri-
gens, dasz sie sich, trotz so vieler Concurrenten , gleichwol im Ge-
brauch erhält, was sie, wie bisher, ihrer populären Darstellung zu
verdanken hat.
24*
372 Kurze Anzeigen und Miscellen.
2. Zu den wesentliclien Verbesserungen dieser neuen Auflage gc
hören znniichst die vollständig beigedruckten Accente. Die grammati-
schen Anmerkungen, insbesondere die syntaktischen, sind bedeutend
vermehrt worden und das Wortregister ist durch Citate bereichert. In
Hinsicht der Anmerkungen ist das Lesebuch eher zu reichlich als zu
dürftig ausgestattet und kann dadurch mancher Lehrer, dem keine aus-
führlicheren Commentare zu Gebote stehn, damit hinlaiiglicli ausreichen.
Noch immer sind aber nicht für die Initiative leichtere Stücke, in der
Art und Weise wie es in ähnlichen Coinpendien der Fall ist, beigefügt
worden. Dankenswerth sind die Citate aus Ewalds Grammatik und
anderen Schriften desselben. Um auf einzelnes zu kommen, so ist
1 Mos. 3, 14 die Erkliüung der misverstandenen Ilendiadys bei
i3"'"i;'T73bl rinKb scharfsinnig: auch gehört hieher die deutlichere Auf-
fassung in V. 11) Ü-INH b.\ Nn'^l. — Zu V. 43 — J^tiJwS Nipi — kann
auch noch die ähnliche Etymologie von femur und femina der Anmer-
kung beigefüo^t werden. Bei mehreren Erklärungen sind auch Verglei-
chungen mit dem Französischen (und Englisclien) angebracht, z. B.
1, 3. 24. — 7, 12 Anm '40 ist im Hebräischen runde Zahl' beizufügen:
auch 70 (und 10); 1 Mos. 37, 2 m5;~I !^^!^ usw. schärfer erklärt und mit
einer ähnlichen englischen Phrase verglichen. Besonders sind die An
merkungen vermehrt in der Geschichte Josephs, so: V. 7. 39, 9. 40, 10.
41, 10. 44, 3. Zur Anmerkung 45, 8 t^I^'lsb ^N würde sich am besten
die Stelle 2. Kun. 5, 13 eignen. — ■ Geschichte Simsons 16, 10 ribri^;
Hiphil von 7^11 nach Ewald und (erst späterhin) nach Gesenius,
der es früher von -»!" ableitete. Fürst ninnnt dagegen: Fiel I Vnri
und Fiel II Vnn an, beide von bnrj. 1 Sam. 17, 34 niirj-rij") "^"nNl^ Kn^
die neuere Erklärung gibt jetzt mehr Aufschlusz. In St. 9 Salomö K. 3,
18 ist ausführlicher erklärt und bestimmter über ■T''in|] gesprochen.
Ilr Abschnitt: poijt. St. Vorerinnerungen. Die litterarischen Nach-
weisungen sind vermehrt: doch hätten auch Antons (weiland Rector
in Görlitz) getreue Uebersetzungen erwähnt werden können. Ps. 8 V. 2
ist i^3ri erklärt nach Ewald für i^^vj und verglichen mit rftVw deh-
nen (nicht ganz dürfte jedoch Maurers Ansicht n;ri = !l3r]3 verworfen
werden). Auch der Hymnus auf Jehovah als Weltscliöpfer (Ps. 104) ent-
hält mehrere in den frühern Ausgaben ungern verraiszte Erläuterungen,
80 V. 22 zu n"lTri. 10St.Spr.31. Lob einer tugendhaften Hausfrau. V.29
nilln nila*!, woselbst durch mehrere passende Citate die Stellung von
3'n vor dem Substant. 2"ut erklärt ist. 11 St. Hiob 39, 30: hier ist zu-
zusetzen lyb?": für ^y^;ib";. 15 St. Jesaias 14, 12 'in">i?""|4! Vb;r7.,
die Uebersetzuhg Glanz.ster'n wird: 'du sollst jammern (heulen)' vorge-
zogen. Philippsohn (Bibelwerk) vermutet, es sei hier ein vom babylo-
nischen Könige gewählter Titel zu verstehn. St. 16 Joel I 3 "nllN TlT-
erläutert durch eine Stelle Herodots 9,8. — Das Wortregister enthält
erwünschte Citate für die Schüler, die jedoch vor der Leetüre den an-
gezeigten Druckfehlern ihre Aufmerksamkeit schenken dürften. Neben
80 sehr vielen in neueren Zeiten erschienenen ähnlichen Compendien
wird auch das unsrige immer noch seinen Werth behalten, zumal die
Stücke gut gewählt sind.
Mühlhausen in Thüringen. Dr Mühlbenj.
Kurze Anzeigen und Miscellen.' 373
XVIII.
Das Neugriechische in seiner Bedeutung für das Altgriechische.
Die 'Güttinger gelehrten Anzeigen' 1S57 S. 29:^ — 316 briichten einen
viell'acli interessanten und zu manchen Betrachtungen und V'ergleichungen
besonders anregenden A'^ortrag von Ernst (Jurtius: ''das Neugriechisclie
in seiner J5edeutuug für das Altgriechische, so wie für vergleichende
Spraclienkunde'. Ich weisz nicht, ob er diejenige Beachtung und
Würdigung gefunden hat, die er verdient, und möchte daher unsere
Hellenisten und Lin<;uisten, für welche derselbe doch zunächst geschrie-
ben ist, aucli jetzt noch wiederholt auf ihn aufmerksam machen. Es
künnte auszerdem gar leicht geschehn, dasz sie sich beschämt fühlen
würden und müsten, dafern sie die lehrreichen Winke und interessanten
Andeutungen zur richtigeren Beurteilung und Würdigung der neugrie-
chischen Sprache an und für sich und in ihrem Verhältnisse zur alt-
griechischen gar nicht oder nicht nach Gebühr beachten wcdlten. We-
nigstens hat der Vortrag bei dem neugiiechischen Volke selbst und in
dessen wissenschaftlichen Kreisen, für welche er doch nicht bestimmt
war, gleichwol eine gewisse Aufmerksamkeit erregt, und er hat dort
sogar einen Uebersetzer gefunden. Aus Triest kam mir nemlich unter
der Aufschrift: EqLiccvxiMozri(i rf/g if(oriQag fllr]viiii^g ttqos t* tijv ag-
%niuv yXcSaoav tikI ngog tfJv ovy-AQivrArjv y coGOoloyCccv eine in treff-
lichem Neugriechisch verfaszte Uebeisetznng jenes Vortrags zu, die den
durch philologische und philosopiiische Studien auf einigen deutsclien
Universitäten (Leipzig und Berlin) gebildeten ionischen Griechen Dr
Livadas, Director der griechischen Schule in Triest, zum Verfasser
hat. Es ist jedenfalls an sich erfreulich und es verdient bemerkt zu
werden, dasz das zu neuem wissenschaftlichen Leben erwachte Griechen-
land auch auf eine solche Weise, wie dies hier geschieht, die für das-
selbe irgendwie belangreichen Stimmen deutscher Wissenschaft beachtet
und sie sich aneignet, um daraus für sich selbst zu lernen, und ich
habe daher nicht unterlassen wollen, dies hier besonders zu benierken
und der neugriechischen Uebersetzung jenes Vortrags ausdrücklich zu
gedenken. Dabei hat der genannte grieidiische Uebersetzer sich nicht
blos auf die Uebersetzung allein beschränkt, vielmehr zu einigen Stellen
des Vortrags weitere Bemeikuiigeu liinzngefügt, die auf den Gegenstand
selbst eingehn und manche Aussprüche des deutschen Gelehrten berich-
tigen oder doch näher beleuchten, auch, dieselben moditicierend , in ge-
wisser Weise beschränken. Auch um deswillen meinte ich hier jener
Uebersetzung gedenken zu müszen, und bemerke in dieser Hinsicht, da
wol die letztere selbst nicht Vielen in Deutschland zugänglich sein wird,
so wie im Hinblick auf jene Anmerkungen, hier nur noch folgendes.
Nicht blos in dem gedachten Vortrage, sondern auch von Anderen
vorher und nachher ist es als auffallend und gewissermaszen als eine
Barbarei bezeichnet worden, dasz die neugriechische Sprache die Präpo-
sition (xttÖ mit dem Accusativ verbindet, inid wie Professor Curtius
anführt, hat sogar ein 'geistreicher' Gelehrter geradezu die Frage auf-
geworfen: 'welche Zukunft kann ein Volk haben, das dnö mit dem
Accusativ gebraucht?' Dagegen wird nun a. a. O. mit Recht bemerkt,
dasz die alten Griechen auch sagten aitciiT.ä as tcc ;u9?j((«Ta, oder
äcpaiQco as xf^v ßi'ß?.ov , und dies sei gerade nicht sehr vei'schieden
von (YLTCO « TT o öf T« ;j;p r/fiaTOf , ccigw änö «rf rrjv ßi'ßlo" , so dasz
demzufolge dnö auch in der altgriechischen Sprache zwar nicht als
Präposition, doch in A'erbalzusammensetzungeu mit dem Accusativ ver-
bunden werde. *)
*) Aehnlich wird auch noch das Zeitwort änoazsQco im Altgrieclii-
schen gebraucht. D. E,
374 Kurze Anzeigen und Miscellen.
In Betreff der Ausspi-ache des Griechischen nach den verschiedenen
Ansichten des Erasmus und Eeuchlin und was besonders die Aussprache
des r] anlangt, bemerkte Curtius a. a. O., unter Bezugnahme auf Mnl-
lachs 'Grammatik der griechischen Vulgarspraclie' (Berlin 1856), dasz
der Vocal tj in vielen Fällen die alte Aussprache nach Erasmus beibe-
halten habe, und dasz sich dafür aus der neugriechischen Sprache eine
grosze Menge Beispiele aufstellen lasse, wie dies auch Mull ach und
Curtius thun. Dagegen erinnert jedoch der neirgriechische Gelehrte,
dasz nicht in allen von Curtius angeführten Beispielen: KQrji-ivog,
nlrjQÖvw, ai]y.6vw , yrjQcia, xIij^qj] , leßrjTiov, novrjiiivog, vrj&co (jetzt
yve^a) die erasmische Aussprache des r] Anwendung finde. Auch sei
es jedenfalls richtiger zu sagen, dasz die neugriechische Volkssprache
den altaeolischen Gebrauch des f statt tj beibehalten habe: äSmiaat =
adi-urjacii^ "Aq-tis = "Agsq (s. Ahrens 'Dialekte der griechischen Sprache'
S. 102). Selbst Homer habe schon ^f^o's für It^^os gebraucht (Od.
V. 402). *) Dr Theod. Kind,
XIX.
Das altgriechische ada und aCf^a und das neugriechische
XQayovdico und TQuyovÖiov.
Auch neugriechische Gelehrte beschäftigen sich gegenwärtig mit der
vergleichenden Sprachkunde, wofür sie bereits einen eignen neuen Aus-
druck {ovy%QLTiv.ri ylcoGooloyia) gebildet haben. Einer dieser Gelehrten
ist Spyridon Zampelios, der Sohn des im J. 185G verstorbenen
Leukadiers Joannes Zampelios , durch den zuerst unter den neugriechi-
schen Dichtern die nationale Tragödie sprachlich und gegenständlich
zu besonderer Anerkennung gelangte, indem er teils vor teils nach der
Erhebung des griechischen Volks im Jahre 1821 die geschichtlichen
Gestalten des Timoleon, Georg Kastriota, Konstantin Paläologos, Rigas,
Karaiskakis, Botzaris, Odysseus, Kapodistrias u. a. zu Gegenständen
seiner dramatischen Dichtungen machte. Ueber sein lebhaftes Interesse
an der vergleichenden Sprachkunde , so wie über letztere überhaupt,
spricht sich der genannte Spyridon Zampelios in einer kleinen
Schrift aus, die im J, 1859 in Athen unter dem Titel erschien: Ilö&fv
Tj ■aoLvr] Af'^/g r Qay ovd oS , und in welcher er zugleich unter anderem
bemerkt, dasz, nachdem er eine Schrift : 'ttcqI cvyy^vfi'ag aQxai'av sXXr}-
vtyicov nal vsoXaziviy.cav SiccliKzcov ' in zwei Bänden ausgearbeitet (die
jedoch nicht gedruckt zu sein scheint) , es ihm zu einem wahren Be-
dürfnisse geworden sei, mit der Etymologie, der vergleichenden Wurzel-
erforschung (Qi'Qoloyia) und der Entstehung der Worte sich zu beschäf-
tigen, indem er 'der Ueberzeugung sei, dasz jedes Wort, möge es noch
in Gebrauch sein oder nicht, eine geschichtliche Thatsache in sich fasse,
die einer besondern Untersuchung bedürfe, und einen Strahl der groszen
Sonnenscheibe in sich schliesze , welche das System der gesamten Na-
tionalität (eines Volks) darstellt,' Von dieser Ueberzeugung geleitet,
gehe er den Spuren der Geschichte eines Worts mit dem nemlichen
Eifer nach, wie er das Leben eines berühmten Mannes studiere oder
die Ursachen und Wirkungen hervorragender historischer Thatsachen
untersuche.
Einen Beleg hierfür enthält die angeführte Schrift über die Ent-
stehung des neu- oder gemein -griechischen Wortes xQayovdä , aus Avel-
*) Ein ähnliches Verhältnis findet auch in Ansehung des altgriechi-
schen vrjQÖg, NrjQTjtg statt, wofür die neugriechische Sprache vsqov
(das Was&er) und NeQutda, 'AvsQutdcc sagt. D. E.
Kurze Anzeigen und Uliscellen. 375
eher ich naclisteheudea , da es das Interesse in mehr als e'iner Hinsicht
anspricht, in möglichst p^edrängter Darstellung-, übrigens ohne weitere
Kritik, hier zusammenstelle. Das Wort XQCtyovdi'co gebrauchen nenilich
die Neugriechen in der Bedeutung: singen (von Menschen, seltener oder
gar nicht von Thieren, von denen das Wort: K^Xadico, ^rjXud'tco , xot-
Xa^Ho gesagt wird), und zwar gebrauchen sie es, im Gegensatz von
ipdXXco , das den Kirchengesang bezeichnet, von jedem anderen auszer
diesem, also von jedem nicht kiichlichen , von dem profanen Gesang,
und das einzelne Lied selbst, das Gedicht, heiszt: XQKyovdiov , tgu-
yovSi. Vorzugsweise wird letzteres von den Volksliedern gesagt, die
das neugriechische Volk für die verschiedensten Ereignisse, Beziehungen
und Verhältnisse des luiuslichen und öffentlichen Lebens (jedoch immer
mit Ausschlusz des Gottesdienstes und also des Kirchengesangs), auch
des politischen Lebens in der reichsten Manigfaltigkeit besitzt und
singt , die es selbst schafft und teilweise umbildet oder auch weiter-
bildet.
Zampelios untersucht nun die Frage, wie es gekommen sei, dasz
dem Volke das Wort adco und dufiu (höchstens dies letztere kennt das
neugriechische Volk) habe verloren gelien können und verloren gegangen
sei. Der Grund dieses Wegfalls, sagt er, der Grund des fast gänzlichen
Verlorengegangenseins der beiden Worte kSco und aaua aus dem Munde
und aus dem Leben des Volks, das doch so viele andere Worte des
gewöhnlichen Lebens aus dem altgriechischen Sprachschatze bewahrt
hat, musz ein innerer sein, er musz in einem Wandel der Sitten und
Gebräuche, in einem W^echsel des Ideengangs und der Anschauungen
liegen, der im Volke vorgegangen ist, und dieser Grund musz sich in
den geschriebenen Geschichten des Volks oder in dessen mündlichen
Ueberlieferungen auffinden lassen , oder er ist die Folge gewisser ver-
änderter Verhältnisse im Leben des Volks, der Ausflusz äuszerer Um-
stände, die Wirkung moralischer Einflüsse auf das Gefühl, auf die
Denk- und Auffassungsweise des Volks. Um diesen Grund aufzufinden,
betrachtet Zampelios zunächst die altgriechische Dichtkunst in ihren
drei wesentlichen Hauptbestandteilen (Epos, Lyrik, Drama), sowie nach
ihrem eigensten Wesen und Geiste, nach ihrer Stellung und ihrem Berufe,
sowie nach ihren Zielen und nach den Wegen , um diese Ziele zu er-
reichen , und dann faszt er in gleicher Weise die neiigriechische Dicht-
kunst ins -Auge, welche er von dem Eintritt des Christentums an datiert,
das die Welt der Mythe vernichtete. Er führt dieselbe ihrem eigentüm-
lichen Wesen nach auf die drei Klassen des Volks selbst zurück, in
denen in der christlichen Zeit das mittel -griechische Staatsleben von
Byzanz, allein oder doch vorzugsweise, sich äuszerte, nemlich die Geist-
lichkeit (heilige Lyrik), die Vornehmen — Gelehrten — (profane —
gelehrte — Dichtkunst) und das Volk (Volkslied), und er charakterisiert
sodann diese drei Klassen der neugriechischen Dichtkunst nach Form,
Wes'3n, Zweck und Mittel. Es ist hier nicht der Ort, des weiteren auf
diese Charakteristik einzugehn. Nur folgendes kommt zu dem vorlie-
genden Zwecke, und zwar als Ergebnis der ganzen Untersuchung und
zur Beantwortung der obigen Frage in Betracht. Das Ergebnis selbst
ist dieses. Nachdem die griechische Poesie unter dem Einflüsse des
Christentums eine andere Gestalt in allen obgedachten Beziehungen an-
genommen hatte, sie der alten Prosodie verlustig gegangen, die Aus-
sprache eine einfachere geworden war , auch die Kunst der Musik eine
Veränderung erlitten hatte und in Folge des Wegfalls des alten Theaters
auch die rythmische Declamation verschwunden war, ward die Poesie
selbst entweder gar nicht mehr nach den alten Regeln gesungen oder
sie wurde nur das Vorrecht weniger Sänger (QocrpcoSäv). Gleichwol be-
wahrte sie noch immer den vaterländischen und nationalen Charakter
376 Kurze Anzeigen und Miscellen.
der Dramatik (SQafiariTiötrjTog), und nach Art der alten epischen, lyri-
schen und dramatischen Dichtungen waren die Lieder {Qarpcpdijfiata') des
neugriechischen Volks teils von der erzählenden, teils von der rührenden
Gattung, auch oft sogar mit tragischer Wirkung. Gewöhnlich war jedes
dieser Lieder ein episches, jedoch nur aus wenigen Versen bestehend,
übrigens nicht ohne den Keiz des Dialogs, das nach Wahl und Belieben
des Dichters mit mehr oder weniger Leidenschaft irgend ein häusliches
Leid , die Lösung eines unerklärlichen Unglücks , einen tragischen Zu-
fall im politischen oder im Privat-leben erzählte. Dazu kam nun noch,
dasz , wärend diese Volkslieder, die freien, ungesuchten und absichts-
losen Erzeugnisse der unmittelbarsten Empfindungen, der Phantasie und
der Sehnsucht des \'olks, die naturwüchsigen Kinder des Augenblicks
und der Gegenwart, übrigens immerhin einer im Ganzen traurigen und
unlieiivolleu Gegenwart, auch der sprachliche, volksgemäsze Ausdruck
des empfänglichen Volksgeistes und des richtigen Gefühls des Volks in
jener langen und unheilvollen Zeit nach Verlust der politischen Freiheit
waren, diese Sprache des Herzens vor der Kirche und ihren Dienern, so
wie vor den Gelehrten, den byzantinischen Atticisten , keine Gnade, ge-
schweige Pflege fand , diese vielmehr in übel angebrachtem Eifer und
nicht ohne Hochmut jene Ausdrucksweise des Volks als eine gemeine
und bettelhafte Dichtkunst, wie sie sie geradezu nannten, zu fortwären-
der Knechtschaft verdammten.
Auf diese Weise — also schlieszt Zanipelios seine diesfallsige
Untersuchung — gerieth in der christlichen Zeit das altgriechische Wort
a^u), das den von den Gesetzen der alten Musik und Poetik geregelten
(jesang bedeutete, auszer Gebrauch, und statt dessen kam das alte
Wort rgaycoSsco , in seiner aeolischen Form rgocyovöico, jedoch mit einer
ausschlieszlichen neuen Bedeutung in der Spraclie des Volks zur allge-
meinen Anwendung. Bei den alten Griechen bedeutete das Wort xqu-
yco^tco anfänglich so viel als: declamieren, in hohem, prachtvollem Tone
erzählen und in Reimen darstellen , dann aber auch in Folge langen
Gebrauchs, statt des Worts aSoo selbst: singen mit Tönen der Vocal-
und Instrumentalmusik, denen nach und nach das Gedicht angepasst
wurde. TgayäSia oder XQayovdia nannte die gemeine Ausdrucksvveise,
nemlich die neue Sprache (ytoivri cvvr]9fic<), jene nacli Art der Vorfahren
gesungenen episcli-lyrischen Lieder, die diese selbst zgaycoSoviifvc:, d. i.
äS,ioSQa[i,ätL6Ta kkI deivd, nannten, wie sie auch sagten: zQOcycpSovufvog
ßi'og , d. i. ein Leben voll tragischer Unfälle, und latoQi'a rsTgaycoSr]-
ijifvr], d. i. eine Geschichte nach der Art der Unglücksfälle der tragischen
Bühne. So sagt Suidas: TgayaSi-^öv, xb ^una&ig' ineiitSQ yicci rj
ToccycpSia ^^Tta&cöv TtQayudxcov ccTcayyflTLKrj , und so ist es denn auch
gekommen, dasz die neugriechische Sprache mit den Worten XQayovS^co
und TQayovdiov in der Litteratur des neuen Griechenland eine neiie
Epoche der Poesie bezeichnet.
In sprachlich -etymologischer Hinsicht bemerkt Zampelios in Be-
treff des Worts ci3a> (singen) , dasz dasselbe von aco . arj^ii (blasen,
hauchen) abstamme, und dasz damit auch, der Wortbildung und dem
Sinne nach, die Verba ;i;aa», jjkt'gj und j;«('i'(a zusammenhängen, indem
der Hauch nur durch den geöffneten Mund ausgehn kann. Von j;«j/qj
leitet er weiter cano und canto der Römer, canto der italienischen,
spanischen und walachischen (rumänischen) Sprache und chanter der
Franzosen ab. J)r Theod. Kind.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stalisl. Notizen. 377
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Preuszen 1860.
(Fortsetzung von S. 344—350.)
II. Westphalen. (Fortsetzung.)
15. Soest.] Mit dem Beginn des Schuljahrs trat der Schulamts-
candidat Dr Duden commissarisch in die letzte ordentliche Lehrstelle
ein. Dr Kr iegeskot te, welcher seit Mich, 1854 insbesondere für den
Unterricht in den neueren Sprachen angestellt war , gab seine Stellung
zu Michaelis aus freiem Entschlusz auf. Der 2e Oberlehrer Lorenz
folgte einem Ruf als Director des Gymnasiums zu Wetzlar; in Folge
dessen erhielt Dr Duden die 2e Oberlehrerstelle, Dr Legerlotz aua
Magdeburg die 3e ordentliche Lehrerstelle, die 4e verwaltete wUrend
des Wintersemesters Dr Rüdiger als provisorischer Hülfslehrer, der
zu Ostern in seine Heimat, das Königreich Sachsen, zur Uebernahme
einer Gymnasiallehrerstelle zurückkehrte. Von Ostern ab wird der
Schulamtscandidat Bertram die Verwaltung dieser Stelle commissarisch
übernehmen. Der mit dem katholischen Religionsunterricht beauftragte
Kaplan Lillotte wurde in das Pl'arramt zu Warstein berufen; in seine
Stelle ist Kaplan Hasse von dem Gymnasium zu Brilon berufen wor-
den. Lehrercollegium: Director Dr Jordan, die Oberlehrer Professor
Koppe, Dr Duden, Vorwerck, die ordentlichen Lehrer Schenck,
Stein mann, Dr Legerlotz, Gronemeyer, Candidat Bertram,
Pfarrer Daniel (evang. Relig.), Kaplan Hasse (katli. Rel.). Schüler-
zahl 183 (I 24, II 27, lU 31, IV 25, V 30, VI 46). Abiturienten 9,
Den Schulnachrichten geht voraus: die Kapelle St. Petri auf dem v. Hon^
rode-Pletlenberg-Oirschen und die Kapelle St. Johannis auf dem v. Huberg'-
schen Hofe. Vom Oberlehrer Vorwerck (21 S. 4).
16. Waeendüef.] Im Lehrercollegium kam, abgesehen davon das?
die Schulamtscandidaten Wissing und Lucas eintraten, keine Verän-
derung vor. Dasselbe bilden: Director Dr Lucas, die Oberlehrer Dr
Combrinck, Bause; die Gymnasiallehrer DrHillen, DrPeltzer,
Theising, Dr Erdtman, Frese, Hülfslehrer Dr Goebbel, die
Candidat en Wissing und Lucas, Zeichen- u. Schreiblehrer Helm ke,
Gesanglehrer Pfeiffer. Schülerzahl 271 (P 50, I" 52, 11^35, IIb 27,
III« 21, Illb 27, IV 22, V 22, VI 15). Abiturienten 2'.^, Den Schul-
nachrichten geht voraus eine Abhandlung von dem Director Dr Lucas;
Gottfried von Villehardouin (20 S. 4).
III. Schlesien.
1. Breslau.] a) Elisabe t- Gy m n asium. Der Cand. Dr Lau.»
bert schied zu Ostern, der Candidat Dr Wer ckm eist er zu Michaelis
aus. Den 2n Elementarlehrer Blümel verlor die Anstalt durch den
Tod; an dessen Stelle rückte Mittelhaus auf, als 3r Elementarlehrer
wurde Kramer berufen. Lehrerpersoual: Rector Dr Fickert, die
Oberlehrer VVeichert, Kampmann, Stenzel, Guttmann, Rath,
Kambly, Hänel. Körber, Neide, die ordentlichen Lehrer Speck,
Fechner, Wieszner, die Elementarlehrer Seltzsam, Mittelhaus,
Kramer, Gesangl ehrer Pohsner, Zeichenlehrer Bräuei'. Schülerr
zahl (i44 (I 32, II 32, III 45, IV« 38, IV *> (II, V« 60, V >> 60, VI« 61,
VIb r;8, VII« 77, VII ^ 61, VII -^ 40). Abiturienten 18. Den Schulnach.
richten geht voraus: In Cyclopem fah. Eurip. commentariorum part. I.
378 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
Scripsit Dr C. Wiessner (20 S. 4) [v. 1 — 79]. — b) Gymnasium
zu St. Maria Magdalena. Der Sehulanitscandidat Dr Proll wurde
zum Collaborator eruanut. Der CoUaborator Dr Kl e mens folgte einem
Kuf als Oberlebrer au das Gymnasium in Stolp ; die Verwaltung der
Stelle wurde einstweilen dem Schulamtscandidaten Dr Laubert über-
tragen. Einen zweiten Verlust erlitt das Gymnasium durcb den Abgang
des 6n Collegen Königk, welcher zu Michaelis die Leitung der höhe-
ren Mädchenschule in Liegnitz übernahm. In die erledigte Stelle rückte
der 7e College Friede und in dessen Stelle College Simon vor, in die
8e wurde Dr Lindner, bisher Lehrer am Pädagogium in ZüUichau,
berufen. Der Schulamtscandidat Gleditsch übernahm einige Stunden.
Lehrerpersonal: Director Dr Scliönborn, Prof. Dr Lilie, Prof. Dr
Sadebeck, Oberlehrer Dr Beinert, Oberlehrer Palm, Oberlehrer Dr
Schuck, Oberlehrer Dr Cauer, Dr Beinling, Friede, Simon,
Dr Lindner, CoUab. John, Collab. Dr Proll, Cand. Dr Laubert,
Gesangl, Kahl, Zeiclienl. Eitner, Schreibl. Wätzoldt. Schülerzahl
705 (la 17, 1" 26, IIa 34^ nb 49^ ma 58^ mb 71^ jy 90, V 85, VI
84, Elementarklassen 182). Abiturienten 15. Den Schulnachrichten geht
voraus: de carmine Horatiano duodetricesimo lihrl prinii scripsit Friede
(25 S. 4). Zugleich ist dem Programm beigegeben zur Feier der 25jäh-
rigen Amtsthätigkeit der Professoren Dr Lilie und Dr Sadebeck am
31. Januar 1860 eine Abhandlung des Directors: über die Schul- und
Kirchenordnung des Raths von Breslau vom Jahr 1528 (23 S. 4). ■ — •
c) Katholisches Gymnasium, Candidat Ziron trat sein Probe-
jahr an; Candidat Dr Grimm verliesz die Anstalt, um als Religions-
lehrer an das Gymnasium zu Katibor überzugehn. Lehrercollegium :
Director Dr Wissowa, die Oberlehrer Janske, Wink 1er, Dr Pohl,
Dittrich, die Gymnasiallehrer Hauptmann Idzikowski, DrBaucke,
Dr Kuschel, Dr Seh edler, Reiigionslehrer S chol z, Dr Baum gart,
Dr Görlitz, Religionslehrer Dr Kuobloch, Sehn eck, Collaborator
Mohr, Professor Dr Schmölders, Sprachlehrer Scholz, Hülfslehrer
Dr Plebanski, Gesanglehrer Bröer, Zeichenlehrer Schneider,
Schreiblehrer Gebauer, Schreiblehrer Schmidt. Schülerzahl 754
(I^ 56, l^ 56, 11^ 59, IIb 71, 111" 44, Illb 53, IV« 65, IV^ 59, V«
51, V^ 44, VI^ 66, Vlh 45, VII 53, VIII 32). Abiturienten 33. Den
Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung vom Oberlehrer Dr Pohl:
die Dämonologie des Plutarch (28 S. 4). — d) Friedrichs-Gymna-
sium. Der Schulamtscandidat Dr Bach versah eine Lehrerstelle; der
Candidat Meyer hielt sein Probejahr ab. Lehrercollegium: Director
Dr Wim mar, Professor Dr Lange, Professor And er ss en, Dr Geis-
ler, Dr Grünhagen, Hirsch, Rehbaum, Bach, Religionslehrer
Schiedewitz, Dr Magnus, Zeichenlehrer Rosa, Sprachlehrer Frey-
mond, Sprachlehrer White law. Schülerzahl 216 (I 17, II 33. 11158,
IV 46, V 42, VI 20, VII 60). Abiturienten 2. Den Schulnachrichten
geht voraus: lectiones Aristoteticae. Pars II. Vom Director Dr Wim-
mer (20 S. 4). (Aristotelis de generatione animalium lib. II. III.
IV. V.)
2. Brieg.] Den Professor Kaiser verlor die Anstalt durch den
Tod; in Folge dessen rückten die nachfolgenden Lehrer auf und der
Schulamtscandidat Dr Schneider erhielt die erledigte Lehrerstelle.
Lehrercollegium: Director Professor Guttmann, Professor Scliön-
wälder, Professor Hinze, Oberlehrer Dr Tittler, Oberlehrer Dr
Döring, Mende, Kün tz el, Pr i fich, Holzheimer, Dr Schneider.
Schülerzahl 278 (I 31, II 27, III 66, IV 68, V 47, VI 39). Abiturien-
ten 14. Den Schulnachrichton geht voraus: die beiden Dulder, Hiob und
Odysscus, vom Professor Schönwälder (20 S. 4). Der Verfasser be-
handelt folgende Punkte: die Namen Hiob und Odysseus, Verfasser,
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 379
Zeit der Abfassimt^, Form der beiden Werke, Textkritik, Inhalt, Ueber-
eiustimmung und Geg'ensatz (auch in religiöser Beziehung).
3. Glatz] In dem Lehrercollegium trat keine Veränderung ein.
In dem Vorstand der mit dem Gymnasium verbundnen Erziehungsanstalt,
dem Convictorium, trat die Veränderung ein, dasz Subregens Jentsch
nach einjähriger Wirksamkeit in die Seelsorge zurückkehrte; an seine
Stelle wurde der Licentiat der Theologie Langer berufen, Lelirer-
collegium: Direutor Dr Schober, die Oberlehrer Professor Dr Hei-
nisch, Professor Dr Schrayim, Dr Wittiber, die Gymnasiallehrer
Küsner, Regens Strecke (Religionslehrer), Beschorner, Glatze I,
Collaborator Dr Schreck, die Candidaten Maiwald, Oberdick,
Schreib- und Zeichenlehrer Förster. Schülerzahl 320 (I 32, II 46,
III 42, IV 50, V 79, VI 71). Abiturienten 12. Den Schuhiachrichten
gellt voraus eine Abhandlung vom Oberlehrer Dr Wittiber: über
atmosphärische Electricilät und Gemüter^ insbesondere die Gewitter der Graf-
schaft Glatz (23 S. 4).
4. Gleiwitz.] Das Lehrercollegium ist unverändert geblieben; das-
selbe bilden: Director Nieberding, Professor Heimbrod, die Ober-
lehrer Liedtki, Rott, Dr Spiller, die Gymnasiallehrer Wolff,
I'olke, Steinmetz, Sockel (Religionslehrer), Dr Smolka (Religions-
lehrer), Schneider, Hawlitschka, die CoUaboratoren Puls und Dr
Völkel, Hülfslehrer Hansel, Superititendent Jacob (evangel. Re-
ligionslehrer), Zeichenlehrer Peschel. Schülerzahl 431 (I 17, 11^ 20,
11" 31, IIP 40, Illb 55, IV* 47, IV« 42, V* 51, V^ 49, VI' 41, VI«
38). Abiturienten 8. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung
von dem Oberlehrer Rott: die Atmosphäre unserer Erde. (Fortsetzung.)
(19 S. 4).
5. Grosz- Glogäu.] a) Evangelisches Gymnasium. Nach
dem Abgang des Dr Hoppe wurde die erste Collaboratur definitiv dem
Candidat C. Schmidt übertragen, mit der Verwaltung der zweiten
wurde der Schulamtscandidat E. Schmidt, welcher eben sein Probe-
jahr an dem hiesigen Gymnasium beendigt hatte, beauftragt. Lehrer-
collegium: Director Dr Kl ix, die Oberlehrer Prorector Dr Petermann,
Dr Rühle, Stridde, die ordentlichen Lehrer Beissert, Dr Grau-
toff, Scholtz, Binde, Collaborator C. Schmidt, Schulamtscandidat
E. Schmidt, Turnlehrer Haase. Schülerzahl 277 (I 38, II 47, III»
31, III »> 31, IV 52, V 40, VI 38). Abiturienten 13. Den Schulnach-
richten geht voraus: Philipp Melanchthon, der Präceptor Germaniae. Eine
Skizze zur Erinnerung an die dritte Säcularfeier seines Todes am 19. April
1800. Von dem Director Dr Klix (20 S. 4). — b) Katholisches
Gymnasium. Das Lehrercollegium ist unverändert geblieben; das-
selbe bilden: Director Dr Wentzel, die Oberlehrer Professor Uhdolph,
Dr Müller, Eichner, von Raczek, Padrock, die Gymnasiallehrer
Knötel, Religionslehrer Licentiat Hirschfelder, Dr Franke, die
Candidaten Köszler und Wentzel, Divisionsprediger Rühle, Ge-
sanglehrer Rector Bat t ig, Zeichen- und Turnlehrer Haase, polnischer
Sprachlehrer v. Woroniecki. Schülerzahl 296 (I 52, II <> 29, IP 29,
III 39, IV 48, V 43, VI 56). Abiturienten 20. Den Schulnachrichten
geht voraus : über den Gebrauch des lateinisdten Reflexivs. Ir Teil. Vom
Oberlehrer Eichner (19 S. 4). Der vorliegende erste Teil handelt von
dem Gebravich des Reflexivs in den einfachen Sätzen.
6. Görlitz] Das Leln-ercollegium, welches im verflossnen Schul-
jahr unverändert geblieben ist, bilden folgende Mitglieder: Director Dr
Schutt, die Oberlehrer Professor Dr Struve, Hertel, Kögel, Dr
Wiedemann, Jehrisch, die Gymnasiallehrer Dr Höfig, Adrian,
Dr Liebig, Wilde, Dr Joachim, Hülfslehrer Dr Frahn ert, I'farrer
Stiller (kathol. Religiouslehrer), Musikdirector Kling euberg, Zeichen-
380 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen.
lehrer Kadersch, Schreiblehrer Pinkwart, Turnlehrer Böttcher.
Schülerzahl 22G (I 20, 11^ 12, 11" 15, III ^ 31, 111" 46, IV 39, V 36,
VI 27). Abiturienten 7. Den Schulnachrichten ist beigegeben als Ein-
ladungsschrift zu dem von Ger sdor f fschen, dem Gehlerschen, dem
Hill eschen und dem Lob- und Dankactus eine Abhandlung von dem
Gymnasiallehrer Adrian: de cafitico quod est apud Eicripidem Bacch.
vv. 367—426 ed. Herrn. (35 S. 4).
7. Hirschberg.] Mit dem Schlusz des Sommersemesters endete die
Thätigkeit des Dr B e 1 i t z als Hülfslelirer ; an seine Stelle trat der
Schulamtscandidat Wild. Nachdem eine besondere Lehrstelle für die
elementaren Unterrichtsfächer des Kechnens, Schreibens, Zeichnens und
Singens gegründet war, schieden Maler Troll und Cantor Thoma aus
ihrer bisherigen Thätigkeit aus; in die neu gegründete Lehrstelle trat
der Elementarlehrer Müller ein. Lehrercollegium : Director Dr Diet-
rich, Prorector Thiel, Oberlehrer Dr Möszler, Conrector Krüge r-
mann, Oberlehrer Dr E x n e r, Oberlehrer Dr Haacke, Dr Werner,
auszerordentliche Lehrer Professor Dr Schubart h, Hülfslehrer Wild,
Pastor W e r k e n t h i n, Pfarrer Tschupp ick, Lehrer Müller. Schüler-
zahl 173 (I 8, II 17, III 40, IV 47, V 35, VI 26). Abiturienten 5.
Den Schulnachrichten geht voraus: Darstellung eines Lehrganges, bei
welchem ein enger Zusammenhang ztvischen der methodischen Erlernung grie-
chischer f^ocabeln und dem übrigen Unterricht in dieser Sprache erreicht
wird, und Entwurf eines für diesen Zweck berechneten Vocabulars. Von
Dr Werner (24 S. 4).
8. Läuban.] Das Lehrercollegium ist unverändert geblieben; das-
selbe bilden: Director Dr Schwarz, Prorector Dr Pur mann, Con-
rector Haym, Oberlehrer Dr Zehme, Oberlehrer Faber, Collaborator
Dr Peck, Collaborator Faber, Dr Meves, Cantor Böttger, Kaplan
Kreuz. Schülerzahl 98 (I 16, II 21 , III 16, IV 10, V 15, VI 14).
Abiturienten 3. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung des
Prorectors Dr Pur mann: Hugonis Purmanni Silesii quaestionum Lucretia-
narum particula altera (19 S. 4).
9. Leobschijtz.] Das Lehrercollegium hat keine Veränderung er-
litten. Dasselbe bilden: Director Dr Kruhl, die Oberlehrer Professor
Dr Fiedler, Schilder, Dr Winkler, Religionslehrer Kirsch, die
Gymnasiallehrer Tiffc, Dr Welz, Stephan, Kleiber. Collaborator
Meywald, die Schulamtscandidaten SchÖnhuth und Ludwig, Zei-
chenlehrer Kar ig er. Schülerzahl 360 (I 37, II 59, III 56, IV 70, V
82, VI 56). Abiturienten 10. Den Schulnachrichten gelit voraus : Werth
der mathematischen Studien für Schule und Leben. Von dem Director
Dr Kruhl (13 S. 4).
10. LiEGNiTZ.] a) Gymnasium. Das Lehrerpersonal wurde in
diesem Jahre vervollständigt, indem dem Candidaten Peiper nach Ab-
leistung seines Probejahrs die bisher commissarisch von ihm verwaltete
Hülfslehrerstelle definitiv übertragen und der Lehrer an der hiesigen
Provincial-Gewerbeschule Matthias zum Zeichenlehrer des Gymnasiums
ernannt wurde. Lehrerpersonal: Director Professor Dr Müller, Pro-
fector Dr Brix, Conrector Balsam, Oberlehrer Matthäi, Oberlehrer
M äutler, die Gymnasiallehrer Göbel, Hanke, Harnecker, Peiper,
K^plaa König, Zeichenlehrer Matthias, Cantor Franz, Turnlehrer
Premier -Lieutenant Scherpe. Schülerzahl 237 (I 28, II 31, III 37,
iV 56, V 49, VI 39). Abiturienten 11. Den Schulnachrichten geht
voraus eine Abhandlung von dem Oberlehrer Mäntler: Koriiith unter
den Ki/pseliden (13 S. 4). — b) Kitte r - A k ad em ie. Das Lehrer-
c'olloginm hat in dem verflossnen Schuljahr keine Aenderung erfahren.
Dasselbe bilden: Director Professor Dr Sauppe, Professor Dr Schei-
tel, Professor Gent, Professor Dr Platen, die Oberlehrer Dr Schirr-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen. 381
mach er, Dr Scli ön ermarlc, Dv P roll er, Dr Freiherr vonKittlitz,
Weisz (erster Civil-lnspector), Dr Meister (zweiter Civil- Inspector),
Oberkaplau Kitter (katliol. Keligionslelirer) , Premier-Lieuten. Haaso
(militär. Inspector), technische Lehrer Kittmeister a. D. Hänel (Stall-
meister), Premier-Lieutenant öcherpe (Fecht- und Turnlehrer), Reder
(Gesanglehrer), B lütter bauer (Zeichenlehrer). Scliülerzahl PJG (120,
II 33, IIP 31, III >> 18, IV 18). Abiturienten 7. Den öchuinachrichten
geht voraus: guaes/ioncs Quintilianeae. Von dem Inspector Dr Meister
(23 S. 4).
11. Neisse.] Das LehrercoUegium ist unverändert geblieben. Das-
selbe bilden: Directur Dr Zastra, die Oberlehrer Köhnhorn, Pro-
fessor Dr Hoffmann, Professor Kastner, Otto, Schmidt, die
Gymnasiallehrer Seema n n, Religionslehrer Got seh li ch, Dr Teuber,
Mutke, die Colhiboratoren Kleineidam, Wutke, Candidat Dr Re-
gent, Zeichenlehrer Anders, Gesanglehrer Jung. Schülerzahl 379
(I 40, 11" 30, II'' 44, III 47, IV 64, V» 40, V 2 43, VI» 39, VI « 32).
Abiturienten 11. Den Schulnachrichten geht voraus: Ajax, Tragödie
des Sophokles, im yeismasze der Urschrift übersetzt vom Director Dr
Zastra (23 S 4).
12. Oels.] Im Lehrerpersonal hat keine Veränderung stattgefunden.
Dasselbe bilden: Director Dr Silber, Prorector Dr Bredow, Conrector
Dr Böhmer, Oberlehrer Kämmerer, Rehm, Dr Anton, Rabe,
Barth, Coliaborator Gasda, die Hültslehrer Keller und Hanisch,
Pfarrer Nippel (kathol. Religionslehrer). Schülerzahl 277 (I 37, II 34,
III ä 38, III h 39, IV 51, V 47, VI 31). Abiturienten 14. Den Schul-
nachrichten geht voraus: 1) Geschichte des Gymnasiums (Fortsetzung^.
Von M. Rehm (34 S. 4). 2) Ueber rocabularien. Von dem Director
(4 S. 4).
13. Oppeln.] In dem Lehrerpersonal w^ar mit dem Anfang des
Schuljahrs insoweit eine Veränderung eingetreten, dasz statt des auf
seinen Wunsch aus der Function eines Lehrers der polnischen Sprache
ausgeschiednen Kaplan Speil der Kaplan Banner diesen Unterricht
an der Anstalt übernahm. Der Schulamtscandidat Dr Pöppelmann
trat zur Abhaltung seines Probejahrs ein. Lehrercollegium : Director
Dr St inner, die Oberlehrer Dr Ochmann, Dr Kayszier, Religions-
lehrer Husz, die Gymnasiallehrer Dr Wagner, Oberlehrer Peschke,
Hab 1er, Dr Resler, Dr Wahn er, Coliaborator Röhr, Candidat Dr
Pöppelmann, Prediger Aebert, Kaplan Banner, Zeichen- und
Schreiblehrer Buffa, Gesanglelirer Kothe, Turnlehrer Hielscher.
Schülerzahl 395 (I 34, II 52, III 57, IV' 41, IV 2 40, V» 46, V^ 41,
VI 84). Abiturienten 15. Den Schulnachrichten geht voraus : Rede zu
der Geburtslagsfeier Sr Majestät des Königs und der damit verbtmdnen
Einweihung des neuen Gymnasial Klassenhauses, von dem Director Dr
Stinner (8 S. 4)
14. Ratibor.] Mit dem Beginn des Schuljahrs wurde Professor
Dr Wagner als Director eiugelührt. Der katholische Religionslelirer
Hnizdill schied aus seinem Verhältnis zum Gymnasium aus. Den
Oberlehrer Kelch verlor die Anstalt durch den Tod. In Folge dessen
ascendierten die folgenden sechs Lehrer und erhielt der bisherige Hülfs-
lehrer Dr Levinson die 6e ordentliche Lehrerstelie; die bisherige
Hült'slehrerstelle wurde in eine 7e ordentliche Lehrerstelle verwandelt
und dieselbe dem bisherigen Gesang- und Turnlehrer Lippelt über-
tragen. Lehrercollegium: Director Professor Dr Wagner, Prorector
Keller, Conrector König, Oberlehrer Fülle, die ordentlichen Lehrer
Oberlehrer Reichard t, Kinzel, Wolff, Dr Storch, Menzel, Dr
Levinson, Superintendent Redlich (evangel. Religionslehrer), Licent.
Thienel (kathol. Religionslehrer), Lippelt, Kaplan Schäfer, Zei-
382 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
chenlehrer Lieutenant Schaff er. Schülerzahl 374 (I 39, II 55, III*
48, III" 61, IV^ 42, IVb 41, V 45, VI 43). Abiturienten 29. Den
Schulnachrichten geht voraus: Ciceros Rede für den M. Marcellus , latei-
7iisch und deutsch mit Jnmerkioigen. Von dem Prorector Keller (26 S. 4),
15, Sagan.] In dem Lehrerpersonal hat keine Veränderung statt-
gefunden. Lehrercollegium: Director Dr Ploegel, die Oberlehrer Pro-
fessor Dr Kay ser, Frank e, die Gymnasiallehrer Lei p elt, Varenne,
Dr Hildebrand, Schnalke, Dr Michael, kathol. Religionslehrer
Matzke, Hiili'slehrer Dr Benedix, evangel. Keligionslehrer Prediger
Altmann, Gesang-, Zeichen-, Schreib- und Rechenlehrer Hirsch her g.
Schülerzahl 166 (I 13, II 21, III 24, IV 43, V 30, VI 35). Abiturien-
ten 6. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung vom Reli-
gionslehrer Älatzke: üOer die Aufgabe des Ileligionsunterrichis an den
Gymnasien (20 S. 4).
16. ScHVf-EiDNiTZ.] CandidatWild schied aus, um eine Hülfslehrer-
stelle an dem Gymnasium zu Hirschberg zu übernehmen. Lehrerpersonal :
Director Dr Held, Prorector Dr Schmidt, Conrector Rösinger,
Oberlehrer Dr Golisch, Dr Hilde brand. Freyer, Dr Dahleke,
Dr Schäfer, Eischoff, Archidiaconus Rolffs (Religionslehrer),
Oberkaplan Kiesel (Religionslehrer), Candidat AV i 1 d , Turnlehrer
Amsel. Schülerzahl 351 (I 34, II 51, III 63, IV 63, V 68, VI 60).
Abiturienten 17. Den Schulnachrichten gelit voraus eine Abiiandlung
von dem Gymnasiallehrer Frey er: über die einem Vierseit eingeschriebnen
KegelschniUe (16 S. 4).
IV. Sachsen.
1. Eisleben.] In die erledigte 8e Lehrerstelle wurde Dr Köper t
berufen. Lehrercollegium: Director Professor Schwalbe, Professor
Dr Mijnch, Professor Dr Gerhardt, Oberlehrer Dr Genthe, Ober-
lehrer Dr Schmalfeld, Oberlelirer Dr Rot he, die Gymnasiallehrer
Dr Gräfenhan, DrKöpert, Gesang- und Elementarlehrer Schnei-
der, Zeichenlehrer Ruprecht, Religionslehrer Diaconus Schlunk.
Schülerzahl 223 (I 21, II 27, III 40, IV 41, V 46, VI 48). Abiturien-
ten 8. Den Schulnachrichten geht voraus: Rede in der Aula des königl.
Gt/mnasiums zu Eisleben am 10. November 1S59. Gehalten vom Oberlehrer
Dr Genthe (19 S. 4).
2. Erfdkt.] Ins Lehrercollegium traten als ordentliche Lehrer ein
Rudolph! und Dr Anton, von denen der letztere bisher Lehrer am
städtischen Gymnasium zu Danzig gewesen war. Lehrercollegium : Di-
rector Professor Dr Schüler, Professor Dr Schmidt, Professor Dr
Kritz, Professor Dr Richter, Professor Dr Weis z e nborn, yOber-
lehrer Dr Kay ser, die ordentlichen Lehrer Dr Kroschel, Dr Anton,
Rudolphi, Dufft (Lehrer der Arithmetik und Kalligraphie), Con-
sistorialrath Scheibe (evangel. Religionslehrer), Rector Nagel (kathol.
Religionslehrer), Musikdirector Gebhardi (vertreten durch Cantor
Zink), Zeichenlehrer Professor Dietrich. Schülerzahl 189 (I 23, II
20, III 39, IV 36, V 33, VI 38). Abiturienten 11. Den Schulnach-
richten geht voraus: de hominis hahitu natiirali quam Aristoteles in Ethicis
Nicomacheis ■proposuerit doctrinam, exposuit H. S. Anton (27 S. 4).
3. Halbkrstadt.] In dem Lehrercollegium sind im Laufe des Schul-
jahrs mehrfache Veränderungen vorgekommen. Die durch den Tod des
Zeichenlehrers Elis erledigte Stelle wurde durch den Kunstmaler Wo Itze
wieder besetzt. Den Oberlehrer Ohlendorf verlor die Anstalt durch
den Tod. Die so vacant gewordene Stelle wurde durch Ascension wie-
der besetzt, indem Oberlehrer Dr Rinne in die 5e, Dr Wolter stör ff
in die 6e Oberlehrerstelle, Dr Will mann in die 7e, Dr Wutzdorf
in die 8e und Dr Fritze, der bisher als wissenschaftlicher Hülfslehrer
Berichte über golchrlo Anstallon, Verordnungen, slatist. Notizen. 383
ang'estellt. war, in die 9e oidentliclie Lehrerstelle aufrückten. Dr Rü-
diger, woiciier znr Aushülfe von i^resdeu berufen war, verliesz zu
Michaelis die Anstalt, um au dem Gymnasium zu Soest eine Lehrer-
stelle zu übernehmen, und die durch des Dr Fritze Aufrücken erledigte
Hülfsleiu-erstelle wurde interimistisch .dem Candidaten des Predigt- und
Scliulamts Drenckmann übertragen. Lelirercollegium: llirector ür
Schmid, die Professoren Dr Schatz, Bor mann, Dr Hincke, Dr
Rehdantz, die Oberlehrer Dr Rinne, Dr Wolt erst orf f, die ordent-
lichen Lehrer Dr Willmann, DrWutzdorf, Dr Fritze, Ilülfslelirer
Drenckmann, Zeichenlehrer Woltze, Gesanglehrer Held. Sciiüler-
zahl -JÜü (Selecta 8, I 23, II 40, III 68, IV 56, V 40, VI 41). Abitu-
rienten 16. Den Schulndchrichten geht voraus: liomeis Ilias. In Stanzen
und zugleich in freien Nibehaigenstrophen übersetzt von Ferd. Rinne.
Sechster Gesang, als Probe (18 S. 4).
4. Halle.] a) Lateinische Hauptschi; le. Bei der Eröffnung
des neuen Schuljahrs wurde der Collaborator und Aufseher auf der
Waiseuanstalt Rietz eingeführt. Leluercollegium: Director Dr Eck-
stein, die Oberlehrer Dr Liebmann, Professor Weber, Professor
Scheuerlein, Dr Arnold, Dr Fischer, Dr Oehler, Weiske, Dr
Irahof, Prediger Plath, die Collaboratoren F rahner t (beurlaubt),
Opel, Dr Weber, Finsch, Dr Schwarzlose, Neu her t, Linden-
born, Leidenroth, Rietz. Auszerdem waren mit Rücksicht auf die
Beurlaubung zweier Lehrer beschäftigt: der Reallehrer Harang, die
Hülfslehrer Gollum, Brodtmann, Weber, Meinhold und die tech-
nischen Lehrer Musikdirector Greger (Singen), Kupferstecher Voigt
(Zeichnen), Oberlehrer Bilke (Turnen). Schülerzahl 001 (I^ 44, I '• 40,
II ä» 28, II "2 30, II" 36, III« 51, III b 51, IV « ' 30, IV «2 31, 1^58,
V 49, V*» 54, VI« 48, VI" 51), und zwar 368 Stadtschüler, 195 Alumnen
und 38 Orphani. Abiturienten 42. Den Schulnaehrichten geht voraus:
1) Der Dienst des Freiherrn C. Hild. von Canstein an der heiligen Schrift.
(Bruchstück eines Beitrags zur Geschichte des Spenerisch-Franckischeu
Pietismus.) Abhandlung des Oberlehrers Prediger Plath (30 S. 4).
2) Zwei Schnlredeii bei der Feier von Schillers hundertjährigem Geburtstage
und zur Gedächtnisfeier des Todestages Ph. Melanchthons , gehalten von
dem Director Dr Eckstein (16 S. 4). — b) Pädagogium. Das
Lehrercollegium hat in dem verflossneu Schuljahr mehrere Veränderun-
gen erfahren. An die Stelle des ausgeschiednen Dr Müller trat der
Candidat der Theologie Je r icke als Hülfslehrer ein. Der Hülfslehrer
Hundt gab seinen Unterricht auf, um eine Lehrerstelle an der höhern
Bürgerschule zu Schwerte anzutreten. Eine Anzahl der dadurch vacant
gewordenen Stunden wurde dem Hülfslehrer Weicker übertragen. Zu
Neujahr übernahm der Reallehrer Hahnemann den bis dahin vom
Schulamtscandidaten Fischer erteilten mathematischen Unterricht. Zu
Ostern schied der Schulamtscandidat Dr Vor reit er, um eine Lehrer-
stelle an dem Gymnasium zu Gütersloh zu übernehmen; der Candidat
der Theologie Krüger trat an seine Stelle. Lehrercollegium: Director
Dr Kr am er, Professor Dr Daniel, Professor Dr Voigt, Oberlehrer
Dr Dryander, Nagel, Dr Thilo, Janke, Götting, Weicker I,
Rendant Höszler, die Hülfslehrer Jericke, Weicker II, Krüger,
Hahnemann, Brodtmann, Zeichenlehrer Vo igt, Gesanglehrer Gre-
ger. Schülerzahl 139 (I 22, II« 12, II " 13, III« 20, III" 15, IV 20,
V 18, VI 19). Abiturienten 12. Den Schulnachrichten geht voraus:
a) Rede zur Feier des hundertjährigen Geburtstags Schillers, b) Rede zur
Feier des hundertjährigen Todestages des Grafen v. Zinzendorf, vom Insp.
adj. Professor Daniel (18 S. 4).
5. Heiligenstadt.] Der Schulamtscandidat Kruse verliesz nach
Beendigung des Probejahrs die Anstalt. Lehrercollegium : Director
384 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, stallst. Notizen.
Kramarczik, die Oberlehrer Burchartl, Dr Gaszraann, Wald-
maiin, die Gymnasiallehrer Behlau, Schneid erw irth, Peters,
Rathmann (evangel. Religionslehrer), Schulamtscandidat Grothof,
Schreiblehrer Arend, Gesanglehrer Ludwig, Zeichenlehrer Himold.
Schülerzahl 211 (I 29, II 30, III '51, IV 32, V 43, VI 26). Abiturien-
ten 18. Den Schulnachrichten geht voraus: Festrede des Db^ectors über
die Majestät und ihre Atlri/jule, gehalten am 15. October 1858 (8 S. 4).
6. Magdeburg.] a) Kloster Unser Lieben Frauen. Mit
äem Anfang des neuen Schuljahrs trat an die Stelle des Dr Legerlotz
der Candidat des Predigtamts Lohmann als provisorischer wissen-
schaftlicher Hülfslehrer. Aus dem Lehrercollegium schied aus der Re-
ligionslehrer Dr Danneil, um in ein Pfarramt überzugehn. Mit dem
neuen Schuljahr wird Hahn als Hauptlehrer der Vorbereitungsklasse
eintreten. Lehrercollegium: Director Propst Dr Müller, Professor Dr
Scheele, Professor Hennige, Professor Dr Hasse, Professor Mi-
chaelis, Oberlehrer Dr Feld hü g el, Oberlehrer Dr Götze, Oberlehrer
Dr Ilberg, Dr Leitzmann, Dr Arndt, Dr Passow, Banse, Dr
Ortmann, Gloel, die Hülfslehrer Winter, Dr Gerland, Lohmann,
Friedemann (auch Turnlehrer), Gesanglehrer Musikdirector Ehrlich,
Zeichenlehrer Historienmaler von Hopffgarten, Hahn. Schülerzahl
408 (I 28, 11^ 25, IIb 26, HI» 35, mb 51^ jya 57, lyb 50, V= 41,
yb 39, VI« 32, VI b 24). Abiturienten 17. Den Schulnachrichten geht
voraus: ein Problem aus der Dynamik. Von Dr Leitzmann (37 S. 4).
— b) Domgymnasium. Die durch den Tod des Lehrers Hase er-
ledigte 8e Lehrerstelle wurde durch Aufrücken der nachfolgenden Lehrer
wieder besetzt, so dasz der bisherige Hülfslehrer Wolfrom in die 12e
ordentliche Stelle einrückte. In Folge dessen trat Dr Legerlotz, der
wärend des Winterhalbjahrs am hiesigen Kloster-Gymnasium beschäftigt
war, als auszerordentlicher Hülfslehrer ein, verliesz aber am Ende des
Schuljahrs die Anstalt wieder, um einem Ruf als 3r ordentlicher Lehrer
an das Gymnasium zu Soest zu folgen. Mit dem 1. October trat Pro-
fessor Dr Sucro nach öOjähriger Wirksamkeit an einer und derselben
Anstalt in den von ihm erbetenen Ruhestand. Der Schulamtscandidat
Künstler leistete Aushülfe. Candidat Pfanne verliesz die Anstalt,
um einen erkrankten Prediger zu vertreten. Lehrercollegium: Director
Professor Wiggert, Professor Pax, Professor Wolfart, Professor
Ditfurt, Oberlehrer S aupp e, Oberlehrer Kr asp er, Go r gas. Schön -
gtedt, Hildebrandt, Vogel, Weise, die Hülfslehrer Wolfrom,
Dr Legerlotz, Brandt (Schreiblehrer), Gesanglehrer Kämpfe,
Zeichenlehrer AI der. Candidat Pf a nne. Schülerzahl 463 (I 41, II 33,
III« 25, HI" 39, IV» 50, IV^ 52, V« 49, V " 58, VI 62, Vorklasse 54).
Abiturienten 23. Den Schulnachrichten geht voraus: Lessing und das
Drama (erstes Stück) von A. Wolfrom (20 S. 4).
7. Merseburg.] Im Lehrercollegium ist keine Veränderung einge-
treten. Dasselbe bilden: Director Dr Scheele, Conrector Professor
Oster wald, Subrector Thielemann, Oberlehrer Dr Gloel (auch
Turnlehrer), Mathem. Dr Witte, die Collaboratoren Dr Sc hm ekel und
Bethe, Musikdirector Engel, Zeichenlehrer Naumann, Candidat
Campe. Schülerzahl 155 (I 17, II 21, III 38, IV 32, V 30, Vor-
bereitungsklasse 17). Abiturienten 8. Den Schulnachrichten geht voraus:
Rede am hundertjährigen Geburtstage Schillers vom Gymnasiallehrer Bethe
(10 S. 4).
8. MÜHLHAUSEN.] Das Lehrercollegium hat keine Veränderung er-
fahren ; das.selbe bilden: Director Dr Haun, Prorector Professor Dr
Ameis, Dr Hasper, Fa bland, Recke, DrDilling, Dr Roseck,
Dr Schippang, Diaconus Barlös ius (Religionslehrer), Musikdirector
Schreiber, Zeichenlehrer D r e i h e 1 1 e r, Schreiblehrer Walter, Schreib-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 385
lehrer Marcard. Schülerzalil 147 (I 11, II lä, III 24, IV 27, V 35,
A'oibereituugsklasse 35). Abitiirienteu 2. Deu Schnhmchrichten geht
voraus: Blicke in die Verg(mgenlieit^ Gegenwart und Zukunft des Gymna-
siums zu Mühlhausen vom Director Dr Haun (."iS S. 4).
V). Naumbukg.] In dem Lelirercollegium des Domg-. trat keine weitere
Veränderung ein, als dasz der Conrector Dr H o 1 1 z e zum Professor ernannt
und der Schulamtscandidat We ise, der seiüier als Hülfslebrer fungiert
hatte, definitiv als Lehrer angestellt wurde. Lelirercollegium : Director
Dr Forts ch, Domprediger Mitzschke, Professor Hülsen, Professor
Dr Holtze, die Gymnasiallelirer Silber, Dr Opitz, Dr Holstein,
Ha s per, Weise, Musikdirector Claudius, Sprachlehrer Laubs cli er,
Zeichenlehrer Weide nbach, Schreiblehrer Künstler. Den 5. Mai
feierte die Anstalt den Tag, an welchem der Director vor 25 Jaliren
sein Amt als Director des Domgymnasiums angetreten hatte. Schüler-
zahl 260 (I 27, II 38, III 59, IV 62, V 54 , VI 20). Abiturienten 14.
Den Schulnachrichten geht voraus: Schiller als nationaler Dichter. Schnl-
rede vom Gymnasiallehrer Silber (15 S. 4).
10. NoKDHAusEN.] Eine Veränderung im Lehrerpersonal fand nicht
statt. Lelirercollegium: Director Dr Schiri itz, Conrector Dr Rotb-
maler, die Oberlehrer Dr Haacke, Dr Kosack, die Gymnasiallehrer
Dihle, Nitzsche, Reid em eister , Teil, Musikdirector Sörgel,
Schreib- und Zeichenlehrer Deiche, Elementarlebrer Dippe. Schüler-
zahl 272 (I 14, II 12, III 29, IV 34 , V 61 , VI 53, Vorbereitungs-
klasse 69). Abiturienten 8. Den Schulnacbrichten geht voraus eine
Abhandlung des Gymnasiallehrers Reidemeister: über Aebed Jehova
(17 S. 4).
11. QüEDLiNiiURG ] Eine Veränderung im Lehrerpersonal fand nicht
statt. lichrercollegium : Director Professor Richter, die Oberlehrer
Professor Schumann, Dr Schmidt, Kallenbach, Dr Matthiä,
Goszrau, Pfau, Pastor Eichenberg, Schulze, Hülfslebrer Dr
Nicolai, Sciireib- und Zeichenlehrer R i e c k e, Musikdirector Wacker-
mann. Schülerzahl 258 (I 20, II 36, III 56, IV 40 , V 53, VI 53).
Abiturienten 12. Den Scliulnachrichten geht voraus eine Abhandlung
vom Subrector Kallenbach: über T. Livius im Verhältnis zu seinem
Tf'erke und zu seiner Zeit (43 S. 4). Der Verfasser geht die fünfuud-
dreiszig uns erhaltenen "Bücher der Geschichte des Livius in der Ab-
sicht durch, um alle die Bemerkungen und Aussprüche zu sammeln,
welche einigen Aufschlusz über die Zuwendung des Livius zu
der Vorzeit und seinem Werke, sowie über die Abwendung
desselben von seiner Zeit geben können, und sie nach eben diesen
Gesichtspunkten zu ordnen, wie wenig sich auch die Einzelheiten zu
einem Ganzen gestalten werden. Dabei wird unter Festhaltung der
örtlichen Verhältnisse und unter Hindeutung auf die Zeitverhältnisse,
in denen Livius lebte, einerseits sein wissenschaftlicher Geist
und Sinn und andererseits sein sittlich- religiöser Charakter
beobachtet. Da die vollständige Mitteilung der Betrachtung über die
Abwendung des Livius von seiner Zeit den Umfang einer Pro-
grammschrift überschreiten würde , so folgt aus dem noch übrigen Teil
der Abhandlung nur noch ein Nachweis der Stellen , worin sich Livius
teils indirect durch ein hinzugefügtes ''damals ', teils direct und im be-
stimmten Gegensatze gegen seine Zeit über die äuszern und Innern Ver-
hältnisse, den Zustand des Heeres, den äuszern und Innern Kampf, die
Politik , Religion und Sitten der Weltstadt in seinem Jahrhundert an-
deutungsweise ausspricht.
12. RoszLEBEN.] In dem Lehrercollegium der Klosterschule Rosz-
leben ist keine Aenderung eingetreten. Dasselbe bilden: Rector Pro-
fessor Dr Anton, Professor Dr Herold, Professor Dr Sickel, Pro-
N. Jahrb. f. Phil. u. Pä.l. II. Abt. 1861. Hft 8. 25
386 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, sfatisl. Noiizen.
fessor Dr Steudener I, Dr Stend ener II, Dr Gi selce, Dr Müller,
Oberi>rediger Wetzel, Cantor Härtel. Schiileizahl lOi (I 29, 11 32,
III 20, IV 12). Abiturienten 14. Den Schulnachrichten geht voraus
eine Rede von Dr Steudener: über Schillers Bedeutumj für die heulige
Bildung (12 S. 4).
l'i. Salzwedel.] Das Lehrercollegium , vyelches unverändert ge-
blieben ist, bilden: Director Dr Hense, Professor Gl ie mann, Ober-
lehrer Dr Hahn, Oberlehrer Dr B es zier, die ordentlichen Lehrer
Förstemann, Dr Henkel, Dr Steinhart, Dr Wichmann, Hiilfs-
lelirer Peters, Zeichen- und Schreiblehrer Alder. Schülerzahl 220
(I 15, II 23, III 3f>, IV 35, V 54, VI 57). Abiturienten 7. Den Schul-
iiachrichten geht voraus: de Lucaid schedis rescriptis Vindobonensibus.
Scripsit Dr Steinhart (22 S. 4).
14. Schleusingen.] Das Lehrercollegium, in welchem eine Aende-
rung nicht eingetreten ist, bilden folgende Mitglieder: Director Pro-
fessor Dr Härtung, Conreetor Dr Altenburg, Oberlehrer Vo igt -
land, Dr Merkel, Geszner, IJader, Archidiaconus Langethal
{Religionslehrer), Cantor Hesz, Wähle. Schülerzahl 117 (I 22, II 17,
III 21, IV 22, V 35). Abiturienten 3. Den Schulnachrichten geht
voraus: grammaticoruin Graecorum de infinilivi natura placila examinavit
Bader (14 S. 4).
15. Schul -Pfoeta.] Der 2e Adjunct Dr Heine verliesz die An-
stalt, um bei dem Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Posen als ordent-
licher Lehrer einzutreten; seine Functionen übernahm der Schulamts-
candidat DrHeinze. Lehrercollegium: Rector Dr Peter, Professor
und geistl. Inspector Niese, Professor Dr K oberstein, Professor Dr
Steinhart, Professor Dr Jacob i, Professor Keil, Professor Bud-
densieg, Professor Buchbinder, Professor Dr Corssen, die Ad-
juneten Dr Euler, Dr Becker, Dr Franke, Dr Heinze, Musik-
director Seiffert, Zeichenlehrer Hoszfeld, Schreiblehrer Karges.
Schülerzahl 203 (I» 31, I»» 23, 11" 41, II b 36, IIP 37, III ^ 35). Abi-
turienten 18. Den Schulnachrichten geht voraus: Erzhischof Willigis von
Mainz in den ersten Jahren seines Wirkens. Geschichtliche Abhandlung
von Dr Euler (46 S. 4). Der Verfasser hat versucht, Willigis Bedeu-
tung als Kanzler, als Erzkanzler und Erzbischof unter Otto II nach
allen Seiten hin zu erörtern. Was er unter Otto III und Heinrich II
gewirkt, soll einer spätem Darstellung vorbehalten bleiben.
16. Stendal.] Das Lehrercollegium hat auch in dem verflossnen
Schuljahr einige Veränderungen erfahren. Der Hülfslehrer Dr Pallmann
verliesz die Anstalt, um eine ordentliche Lelirerstelle an der Handlungs-
schule zu Magdeburg zu übernehmen j ebenso der Hülfslehrer Dr Gros z er,
um in Minden als Gymnasiallehrer angestellt zu werden. Ihre Ste'lcn
wurden ersetzt durch den Eintritt des Dr Schuchardt und des Schul-
amtscandidaten Liebliold. Den Conreetor Professor Eich 1 er verlor
die Anstalt durch den Tod. Lehrercollegium: Director Dr Krahner,
Professor Dr Sehr ad er, die Oberlehrer Prediger Beelitz, Dr Eitze,
Schötensack, die ordentlichen Lehrer Dr Berthold, Götze,
Backe, Härter, die Hülfslehrer Dr Schuchardt, Candidat Lieb-
hold. Schülerzahl 311 (I 26, II 31, III» 43, III" 50, IV 29, IV»> 27,
V 63, VI 42). Abiturienten 7. Den Schulnachrichten geht voraus: über
die Thraker .1 als Stammväter der Guthen, und die Verzweigungeii des gotlii-
schen Völkerstamms. Abteilung 1. Historische Untersuchung vom Ober-
lehrer Schötensack (25 S. 4).
17. ToRGAü.] In dem Lehrercollegium erfolgte ein Wechsel in der
Lehrstelle für französische und englische Sprache in den Realklassen;
es schied zu Ostern Dr Dihm ans, um in die gleiche Lehrstelle an der
Realschule zu Perleberg überzugehn. Erst für das Winterhalbjahr ge-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 387
lang die Besetzung derselben mit Dr Bobe', zuvor Oberlehrer an der
Kealschnle zu KieuznHch, den jedoch die Anstalt noch in demselben
Jahr durch den Tod verlor. Lehrercollegiuni : Director l)r Graser,
Prcifessor Dr Arndt, Professor Ko thm ;inn, Uberlelircr Dr liandric k,
Oberlehrer DrFrancke, die Gymnasiallehrer Kleins chm idt, Hertel,
Michael, Dörry, Weber, Müller, Schmelzer, Cantor Brey er,
Hiilfslehrer Lehmann, Arcliidiaconus Bürger. Schülerzahl 277 (I g.
18, I r. 4, II g. 32, II r. 18, III ^ g. 28, III i- g. 28, III r. 13, IV 47,
V 58, VI 31). Abiturienten 8. Den Schulnachrichten geht voraus: de
locis aliquoL (Juinüliani emendinidis. Scripsit Doerry (11 S. 4). Die
behandelten Stellen sind folgende: Inst. Orat. X 1, 90 (ex rec. Spald.);
X 3 , 13 (ex rec. Zunipt.); X 3, 20 (ex rec. Spald.); X 3, 21 (ex rec.
Spald.); X 3, 23 (ex rec. Spald.); X 3 , 25 (ex rec. Spald.); X 1 , 104
(ex rec. Zumpt.).
18. Wittenberg.] Aus dem Lehrercollegium schied mit dem Schlusz
des vorigen Schuljahrs der erste Adjunct Dr Förster, um eine Stelle
am Gymnasium zu Güstrow anzunehmen. In die erledigte erste Ad-
junctur rückte der bisherige zweite Adjunct Knappe; die provisorische
Verwaltung der zweiten Adjunctur wurde dem Schulamtscandidaten Dr
Scholle übergeben. Der Schulamtscandidat Lan-ge setzte das an der
Realschule zu Perleberg begonnene Probejahr fort. Lehrercollegium:
Director Professor Dr Schmidt, die Oberlehrer Professor Wensch,
Professor Dr Breitenbach, Dr Bernhardt, Dr Becker, Stier,
ordentl. Lehrer Dr AVen trup, Adjunct Knappe, Candidat Dr Scholle,
Zeichen- und Schreiblehrer Sehr eckenberger , Gesanglehrer Stein.
Schülerzahl 313 (I 45 , II ^ 36 , IIb 34^ m 52 , IV 66 , V 46, VI 34).
Abiturienten 25. Den Schulnachrichten geht voraus : difficiliores aliquot
Gorgiae Platonici loci acmraüus explicali. Vom Director Dr H. Schmidt
(12 S. 4). Die behandelten Stellen sind folgende: p. 453«=: 6 tu noCa
^acüv ktI. 455'^: ovS ccqck SiSuayiccli-Kug v-tX. 460*=: ovy.ovv äväyv.ri
■ntl. 461'': rj ohi ort v.zl. 461'*: v.al ^yco iQ-sXa v.tI. 405'': axrjauat
y.al y^QwwdGi xrA. 405"=: öufQ aivzoi liyco v.tI. 406 <=: vri zov v.vva
v.xl. 407"; fi 8\ dvvaiiig hzX. 470"'': ov'aovv, cö &av[ici.aLS xrA. 472":
^aQZVQrjGOvai aot -azX. 473" qji'iov ytxQ es jiyov^ai. 473'*: ovzs 6
di'v.rjv SLÖovg. 473^: iTtstSrj rj cpvXr] v.zX. 475*^: OTi ovSsv iOL-A.tv,
467"— 481''.
19. Zeitz.] In dem Lehrercollegium ist keine Aenderung einge-
treten. Dasselbe bilden: Director Professor Dr Theisz, Professor Dr
Ho che, Fehmer, Müller, Dr Rinne, Dr Bech, Stade, Cantor
Nelle, Ströbel. Schillerzahl 171 (I 14, II 17, III 40, IV 44, V 34,
VI 22). Abiturienten 4. Den Schulnachrichten geht voraus eine Ab-
handlung von Dr Rinne: Einleitung in die rhetorisch- stilistische Dispo-
sitionslehre in neuer Begründung und Gestaltung als heuristisch - dispositionale
Compositionslehre (34 S. 4).
V. Brandenburg.
1. Berlin.] a. Joachimsthalsches Gymnasium. Den Gesang-
lehrer Cantor Wendel verlor die Anstalt durch den Tod; seine Stelle
wurde dem Gesanglehrer Weisz verliehen. Der Schulamtscandidat Dr
Hampke verliesz die Anstalt, um eine Lehrerstelle am Gymnasium zu
Danzig zu übernehmen; an seiner Statt wurde dem Gymnasium der
Schulamtscandidat Dr Kieszling überwiesen. Mit Ablauf des Winter-
halbjahrs schied aus dem Lehrercollegium der Adjunct Dr S chmieder,
um eine Oberlehrerstelle an dem Gymnasium zu Cleve zu übernehmen ;
die durch seinen Weggang erledigte Stelle wurde dem Candidaten Dr
Kieszling verliehen. Mit Ableistung seines Probejahrs war der Schul-
amtscandidat DrWachsmuth beschäftigt. Lehrercollegium: Director
25*
388 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
Scliulr. DrKieszIing, die Professoren Dr Conrad, DrPassow, Ja-
cobs, Dr Seif fert, Dr Ra SSO w, Schmidt, Täuber, Dr Kirch hoff,
die Oberlehrer Dr Planer, Dr Pomtow, Dr Hollenberg, die Ad-
juncten Dr Simon, Dr Dondorff, Dr Usener, Lic. Weingarten,
Nötel, Dr Kieszling, Schulamtscandidat Dr Wachsrauth, Prof.
Fabbrncci (Italienisch), Oberl. Dr Philipp (Englisch), Prof. Bell er-
mann (Zeichnen), B rügner (Planzeichnen), Leszhafft (Schreiben),
Musikdirector Dr Hahn (Gesang), Weisz (Gesang). Schülerzahl 331
(lä 29, 1^ 32, 11^ 37, 11" 39, lll^» 28, III»2 28, 111 ^ 50, IV 39, V 29,
VI 20). Abiturienten 19. Den Schulnachrichten ist vorausgeschickt eine
Abhandlung des Adjunct Dr Dondorff: die loiüer auf Euhüa (öO S. 4).
Der Verfasser will mit der Zusammenstellung der Nachrichten über die
älteste Geschichte Euböas die Probe seiner Auffassung von den loniern
machen. Er hat die Geschichte gerade dieser Insel gewählt, nicht nur
weil sie zu den ältesten Slammlanden der lonier gerechnet wird, son-
dern auch weil hier die Verliältnisse einfacher, die Ueberlieferungeii
weniger verworren und widersprechend lauten als in Attika, und da
auch die Geschichte dieser Landschaft schlieszlich nicht ohne die Eu-
böas, mit welcher die ihrige in engster Wechselbeziehung steht, aufge-
klärt werden kann. Da nun aber die lonier unter verschiedenen Namen
auftreten, so begnügt sich der Verfasser nicht damit, die Nachrichten
über Euböa zu sammeln, welche speciell der lonier Erwähnung thun,
sondern faszt auch die übrigen Stämme daselbst und ihre Herkunft ins
Auge. Des Verfassers Auffassung von den loniern ist folgende: laonen
oder loner sei nicht der Name eines für sich abgeschlossenen Volks-
stammes, sondern müsze vielmehr als Collectivname mehrerer semitischer
Stämme, wie der Philister, Kitier, Karer betrachtet werden, die anfangs
zerstreut die Inseln des ägäischen Meeres bewohnten, dann aber an den
Küsten Kleinasiens und Syriens feste AVohnsitze einnahmen. So locali-
siert sei der Name, und zwar zunächst wol von der karisch -lycischen
Küste aus, auch den Griechen durch vereinzelte Niederlassungen an
ihren Gestaden bekannt geworden. Bemerkenswerth aber sei, dasz alle
von ihm nachgewiesenen Spuren des loniernamens im ionischen Meer,
an der Küste der Philister, Syrer und Karer auf Kreta, wie auf einen
geraeinsamen Mittelpunkt hinweisen. Daher wird vermutet, dasz die so-
genannte Minoische Thalassokratie, die erste beglaubigte Thatsache der
griechischen Geschichte, auch zugleich der Ausgangspunkt für den Na-
men der lonier gewesen sei. Wenn derselbe anfangs ganz allgemein
auf alle die Völker übertragen worden, welche von Kreta aus die grie-
chischen Meere beherschten , so begreife sich, wie er von den Orientalen
allen Bewohnern der Inseln und Küsten des ihnen bekannt gewordenen
Mittelmeeres habe beigelegt werden können. Somit nähere er sich wie-
der der Ansicht von Curtius. Auch er erkenne noch vor der Zeit der
sogenannten ionischen Wanderung lonier in Asien an, ja er könne sich
selbst mit der ionischen Abkunft des Danaos und Kadmos einverstan-
den erklären. Allein die lonier seien ihm nicht ein von Anfang an
geographisch und ethnographisch abgegrenztes A^nlk , sie seien von
Hause ans nicht pfriechischen , sondern jedenfalls überwiegend semiti-
schen Charakters, und es sei daher nicht statthaft, von einer einfachen
Rückwanderung der späteren lonier Attikas nach Kleinasien zu spre-
chen. Diese Auffassung werde für weitere Untersuchungen über das
Verhältnis des alten Griechenlands zum Orient von Wichtigkeit sein;
es sei damit noch bestimmter, als es nach der Curtius'schen Hypothese
habe der Fall sein können, das Mittelglied gefunden, welches die Ge-
schichte beider Continente miteinander verbinde, durch welches die eine
so zu sagen in die andere sich umsetze, und man werde sich in Zulamft
nicht mehr sträuben, gewisse Einflüsse des Orients auf die Entwicklung
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 389
der griechischen Cultur anzuerkennen, die man bisher abzuleugnen sich
Mühe gegeben. — b. Friedrich -Wilhelms-Gy mn as in m. Im Leh-
rercollegium ist keine Veränderung eingetreten. Dasselbe bilden: Dir.
Dr Rauke, die Professoren L)r Uhleuiann, Schell bach, Walter,
Bresemer, Zumpt, Deuschle, Böhm, die Oberlehrer Rehbein,
Dr Geisler, Dr Luchterhandt, Dr (Strack, Dr Fosz, die Lehrer
Borchard, Dr Badstübner, Dr Bernhardt, Prediger Martiny»
Dr Sehe ttmüller , Vocke, Kawerau, Oberl. Jacoby , Meyer,
Maler Prof. Bellermann, Musikdirector Dr Hahn, Dr Schmidt
(Englisch), Candid. du Mes nil (Französisch). Schülerzahl 593 (I" 43,
I" 2«, 11" 55, 11" 67, IIP' 53, III"^ 52, lll^^ 43, III »"^ 37, IV ' 44,
IV^4Ü, V 64, VI 67j. Abiturienten 36. Den Schulnachrichten geht
voraus : Milions Comus , übersetzt und mit einer erläuternden Abhandlung
begleitet von Dr Schmidt (47 S. 4). — c. Berlinisches Gymna-
sium zum grauen Kloster. Im Lehrcrcollegium sind im verflosznen
Schuljahr folgende Veränderungen eingetreten. Der ordentliche Lehrer
Dr Nauck folgte dem Ruf an die kaiserliche Akademie der Wissen-
schaften in Petersburg. Seine Stelle, sowie die des im Sommer 1858
emeritierten ( 1859 verstorbenen) Professors Wilde und eine dritte neu-
gegründete Stelle wurden zu Ostern gleichzeitig durch die Anstellung des
Dr Dumas, welcher bis dahin eine ordentliche Lehrerstelle am Frie-
drichs-Gymnasium bekleidet hatte, und der beiden bisherigen Streiti-
schen Collaboraturen Dr Hoppe und Müller I wieder besetzt. Die
dadurch erledigten Collaboraturen wurden, die eine zu Ostern dem Dr
Müller II, und die zweite zu Michaelis dem Dr Dinse übertragen.
Von Hülfslehrern schieden aus: Mehl er und Riesel (Turnlehrer), au
des letzteren Stelle trat Schultz. Zu Michaelis gab der Licentiat der
Theologie, Prediger Lisco, den Religionsunterricht in Prima auf, wozu
ihn seine Berufung an die deutsche Kirche nötliigte, und ebenso .schied
zu dieser Zeit der Schulamtscandidat Pfudel, um eine Lehrerstelle in
Colberg zu übernehmen. Dagegen sind zu Michaelis in das I^ehrercol-
legium getreten Dr Pröhle, welcher bereits seit längerer Zeit an der
Königstädtischen und an der Louisenstädtischen höhern Realschule un-
terrichtet, und die Schulamtscandidaten Dr Ossenbeck und Bröse.
Lehrercollegium : Director Dr Bellermann, die Professoren Dr Lar-
sow, Dr Hart mann, Dr Curth, Dr Hof mann, Dr Bollmann, Dr
Kempf, Oberlehrer Dr Dub, Dr Sengebusch, Dr Franz, Dr Si-
mon, Dr Dumas, Dr Hoppe, Müller I, die Streitischen Lehrer
Collab. Dr Müller II, Collab. Dr Dinse, Dr Liesen (Französisch),
Oberlehrer Dr Philipp (Englisch), Prof. Dr Stadler (Italienisch), die
Hülf sichrer Dr Pröhle, Dr Ossenbeck, Bröse, und die technischen
Lehrer Koller, Dr Lös euer. Bellermann. Schultz. Schülerzahl
506 (I^ 23, Ib 31, IP 39, 11» 42, IIP 53, Illb 59, IV^' 41, IV"2 39,
IV»' 41, IV^ 40, V 58, VI 40). Abiturienten 12. Den Schulnach-
richten geht voraus eine Abhandlung des Dr Dumas: zui- Theorie der
elliptischen Functionen (24 S. 4). — d. F r iedr ich s - W er d e r s ch e s
Gymnasium. Den Oberlehrer Dr Töpfer verlor die Anstalt durch
den Tod. Der Professor Dr Keil folgte einem Ruf zum ordentlichen
Professor an der Universität Erlangen. Die beiden erledigten Lehrer-
stellen wurden so wieder besetzt, dasz sämtliche Lehrer vom Oberlehrer
Beeskow an um eine Stelle aufgerückt, für die IJe der Oberlehrer am
Gymnasium zu Stolp , Dr Kl e mens, für die 13e der bisherige Lehrer
am Gymnasium zu Prenzlau Dr Küster ernannt sind. Als Hülfslehrer
trat zu Ostern der Schulamtscandidat Dr Malkewitz ein. Zur Ab-
leistung ihres pädagogischen Probejahrs waren im Sommerseraester be-
schäftigt die Schulamtscandidaten Dr Schäfer und Meyer; beide ver-
lieszen zu Michaelis die Anstalt wieder, der erstere gieng als Lehrer an
390 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, slatisl. Notizen.
das Gymnasium zu Bremen, der letztere als Adjunct an das Pädagogium
zu Putbus. Dem Oberlehrer Dr Richter wurde das Prädikat 'Profes-
sor' verliehn. Lehrercollegium: Director Prof. Bonn eil, die Profes-
soren Salomon, Dr Jungk I, Dr Zimmermann, die Oberlehrer
Beeskow, Professor Dr Richter, Dr Jungk II, Dr Schwartz,
Dr Wolff, Dr Bertram, Dr Klemens; die Collaboratoren Dr de
Lagarde, Dr Langkavel, Dr Küster, Zeichen- und Schreiblehrer
Schmidt; als Mitglieder des Seminars für gelehrte Schulen: Richter,
Dr Hahn; als Hülfslehrer die Schulamtseandidaten Heinze, Dr Pap-
penheim, Dr Malkewitz; für den Gesang Musikdirector Küster,
Musikdirector Schneider, Gesauglehrer Bellermann; für die juri-
stische Propädeutik Geheimer Justizrath Dr Rudorff. Schülerzahl 46G
(I^ 33, Ib 32, 11^ 54, 11"' 37, II^^ 35, III»' 33, III^^ 32, IIP 62,
IV ^ 39, IV ^ 34, V 37, VI 38). Abiturienten 2G. Den Schulnachrichtea
geht voraus eine Abhandlung vom Oberlehrer Beeskow: rHe Insel Ce-
phalonia (34 S. 4). 1. Lage. 2. Grösze. 3. Name. 4. Gestalt. 5.
Boden, ö. Klima. 7. Produkte. 8. Distrikte. 9. Jetzige Städte. 10.
Regierungsforra. 11. Die alten Städte. 12. Geschichtliche Uebersicht
bis zum Anfang der Venezianischen Herschaft. — e. Fri edr ichs- Gy m -
Hasium und Realschule. Dem Oberlehrer Dr Fleischer wurde
das Prädikat ' Professor' beigelegt. Den ordentlichen Lehrer der Vor-
schule Peters verlor die Anstalt durch den Tod. Der ordentliche Leh-
rer Dr Dumas schied ans, um eine Lehrerstelle am Berlinischen Gym-
nasium zu übernehmen. Von den Hülfslehrern haben die Anstalt zu
Ostern der Candidat prob. Lazarusson, und zu Michaelis die Ober-
lehrer Müller und Dr Liebe verlassen; jener ist an die Louisenstäd-
tische Realschule berufen worden, diese sind zur Gewerbschule über-
gegangen. Drei der bisherigen Hülfslehrer, Dr Sperling, Dr Här-
tung und Fr ei s ch midt sind in ordentliche Lehrstellen berufen worden.
An die Stellen der ausgeschiedenen Lehrer sind als Hülfslehrer zu Ostern
eingetreten: der Divisionsprediger Hülsen und Dr Sarres, zu Michae-
lis der Prediger Han stein und Dr Weingarten und als Mitglied des
pädagogischen Seminars Dr Fr öde. Als Candid. prob, ist seit einem
halben Jahre Dr Tüll mann an der Anstalt thätig und seit Ostern ia
Vertretung des verstorbenen Lehrers Peters der Schulamtscandidat
Brock. Lehrercollegium: Director Prof. Krecli, die Gymnasial-Ober-
lehrer Prof. Dr Runge, Prof. Dr Fleischer, Dr Amen, Dr Büch-
senschütz, Dr Born, Dr Schultz. Dr Wehr enpfen nig , die
Real -Oberlehrer Koppen, Dr Schartmann, Prof. Dr Herr ig, Dr
Weiszenborn, Schellbach, die ordentlichen Lehrer Egler, Dr
Sperling, Dielitz, Mann, Dr Härtung, Freyschmidt, die
Elementarlehrer Krebs, Schmidt, Reckzey, Schulze, die Hülfs-
lehrer Divisionsprediger Hülsen, Prediger Hanstein, Dr Sar-
res, Dr Neumann, Dr Fr öde, Dr Tüll mann, Dr Weingarten,
Brock, Domscke, Schönau, Troschel, Hauer. Schillerzahl
994 (I«g 14, Ibg 18, Il^g 18, Ilbg 34, Ill'-g 48, Illbg 28, IV^g 44,
Ir 17, Il^r 11, Il^r 35, Illr 38, IV^r 46, IV b 60, V^ 65, V 63, VI»
67, Vlb 60; Elementarklasse I 65, II 65, III 64, IV 67, V 61). Abi-
turienten 7. Den Schulnachrichten geht voraus: de coilicihus quibusdam
Demosilienicis ad oraiionem Plitlippicam terliam nondinn adhibUis. Scripsit
Dr F. Schultz (38 S. 4). — f. Französisches Gymnasium. In
dem Lehrercollegium sind folgende ^'eränderungen eingetreten: der erste
Lehrer Prof. Plötz wurde auf sein Nachsuchen in den Ruhestand ver-
setzt. In Folge dessen ascendierten sämtliche ordentliche Lehrer, die
neunte Lehrerstelle wurde Dr Wollenberg übertragen, Dr Geszner
erhielt den Titel als Oberlehrer. Der Schulamtscandidat Dr Ossen-
beck hielt sein Probejahr ab. Der Licentiat der Theologie Tollin'
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 391
rückte in die erste Hülfslelirerstelle, Leue, Mitglied des püdagogiscliea
Seiiiiiiiirs , in die zweite; den letzteren verlor jedoch bald darauf die
Anstalt durch den Tod; in seine Stelle trat ür Hädicke. Lelirercol-
legium : Director Prof. Dr Lhardy, Prof. Dr Chainbeau, Prof. Dr
Schmidt, Überlehrer Dr Marggraf f, Oberl. Dr Schnatter, Oberl.
Dr Geszner, Dr Beccard, Dr Küttner, Arendt (vertreten durch
Dr Fischer), Dr Wollenberg, die auszerordentlichen Lehrer Consi-
storialrath Fournier, Licentiat der Theologie Toll in, Dr Franz
(Englisch), Mathematiker Lange, Busse (liechnen), Dr Hädicke,
Musikdir. Co mm er, Genner ich (Zeichnen), Heil mann (Schreiben),
Candidat Dr van Muyden. Schülerzahl 331 (I 21, II 45, III'» 43,
III b 51, IV 57, V 55, VI 5Ü). Abiturienten IG. Den Schulnachrichten
geht voraus: über den Gebrauch von sponle und ultro. T, IL Von F.
Küttner (38 S. 4). — g. Cölnisches Realgymnasium. Den
ordentlichen Lehrern der Anstalt, Kersten, Dr Kuhlmey nnd Dr
Hermes ist das Prädikat 'Oberlehrer' beigelegt worden. Dr Wiegers,
der sein Probejahr an der Anstalt beendigt hatte und noch einige Zeit
an derselben aushelfend Unterricht erteilte , ist aus diesem Verhältnis
geschieden; Dr Kasmus, der im Sommersemester französischen Unter-
richt erteilte, erhielt eine anderweitige Anstellung. Als cand. prob, und
zugleich als Hülfslehrer trat Dr Ilöpfner ein. Mit dem Schlusz des
Schuljahres schied Wink 1er aus der Zahl der Hülfslehrer aus, der
nach dem Abgang des Prof. Dr. George französischen Unterricht über-
nommen hatte. Lehrercollegium: Dir. Prof. Dr August, Prof. Selck-
mann, Prof. Dr Benary, Prof. DrPolsberw, Prof. Dr Kuhn, Oberl.
Kersten, Oberl. Dr Kuhlmey, Oberl. Dr Her m es; die ordentl. Lehrer
Bertram, Dr Bisch off, Dr Jochmann, Dr Ribbeck; die Hülfs-
lehrer Prediger Weitling und Prediger Platz (Rel.), Zeichenl. Gen-
nerich, Schreibl. Strahlendorf, Gesangl. Dr Waldästel; die Mit-
glieder des Seminars Dr Pappenheim und Dr Sachs, Cand. Dr H öpf-
ner. Elementar- und Turnlehrer Riesel. Schülerzahl 363 (I^ 16, l^ 13,
IIa 20, 11" 34, III^ 41. III b 52, IV* 43, IV^ 44, V 65 , VI 35). Abi-
turienten 15. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung des
Oberlehrers Dr Hermes: die VerhäUniscoordinaten in der Ebene (24 S. 4).
— Dem Jahresbericht über die städtisch eGewerbschule geht voraus
eine Abhandlung vom Oberlehrer Dr Fr. Müller: der Kampf um die
Aiictorität auf dem Conzil zu Constanz (25 S. 4). — Dem Jahresbericht
über die Realschule, Vorschule und Elisabethschule geht
voraus eine Abhandlung vom Oberlehrer Schneider: über den geschicht-
lichen Verlauf der Reformation in Liegnitz und ihren späteren Kampf gegen
die kaiserliche Jesuiten-Mission in Harpersdorf (39 S. 4).
2. Brandenbukg.] a. Gymnasium. Nachdem der Schulamtscan-
didat Leue die Anstalt verlassen hatte, um seine Thätigkeit am fran-
zösischen Gymnasium zu Berlin fortzusetzen, trat Candidat Lange zur
provisorischen Verwaltung der dritten Collaboratur ein und wurde ihm
diese Stelle später definitiv übertragen. Lehrercollegium: Director Prof.
Braut, Dr Bergmann, Rhode, Dr Tisch er, Prof. Schönem an n,
Musikdirector Täglichsbeck, die Collaboratoren D öhler, Dehmel,
Lange, Lehrer Plane. Schülerzahl 206 (I 14, II 18, III 42, IV 42,
V 48, VI 42). Abiturienten 8. Den Schulnachrichten geht voraus: Dar-
stellung und Beurteilung der Lehre neuerer Dogtnatiker , dasz die Mensch-
werdung des Sohnes Gottes auch ohne den Sündenfall geschehn sein würde.
Vom Collab. Lange (16 S. 4). — b. Ritter- Akade mie. Prof. Dr.
Bormann schied aus dem Lehrercollegium aus, um als Director die
Leitung des Gymnasiums zu Anclam zu übernehmen. Die erledigte Stelle
wurde durch das Aufrücken der übrigen Lehrer wieder besetzt, nnd somit
den Oberlehrern Scoppewer und Dr Schultze die erste und zweite,
392 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, Statist. Notizen.
und dem ordentlicheu Lehrer Dr Koch die dritte Oberlehrerstelle über-
tragen, in die ordentliche Lehrerstelle trat Dr Seidel, bisher Lehrer am
Gymnasium zu Colberg, in die erste Adjunctur rückte Dr Vitz, die
zweite und dritte wurde provisorisch durch die Candidaten Wer nicke
und Dr Hädicke besetzt. Von Ostern ab blieb Wer nicke als defi-
nitiv angestellter Adjunct bei der Anstalt; da aber Dr Hädicke die-
selbe verliesz, so erhielt die dritte Adjunctur Dr Hacker, bisher Leh-
rer am Gymnasium zu Saarbrücken. Lehrercollegium: Dir. Dr Köpke,
die Oberlehrer Scoppewer, Dr Schultze, Dr Koch, ordentlicher
Lehrer Dr Seidel, die Adjuneten Dr Vitz, Wer nicke, Dr Hacker,
Elementar- und Gesanglehrer Wachsmuth, Zeichenl. Hertzberg,
Fecht- und Tanzlehrer Spiegel. Schülerzahl 37 (I 5, II 11, III 10,
IV 8, V 2 , VI 1). Abiturienten 2. Den Schulnachrichten geht voraus
eine Abhandlung vom Oberlehrer Dr Schultze: de dialogi Platonici, qui
inscribitur Lysis, argumenio et consilio (18 S. 4).
3. Cottbus] Der Schulamtscandidat Dr Rhode, der auf dem
Gymnasium zu Luckau die erste Hälfte seines Probejahrs abgeleistet
hatte, verwaltete interimistisch die bisher von dem wissenschaftlichen
Hüifslehrer (irosz bekleidete achte Lehrerstelle und leistete zugleich
die zweite Hälfte seines Probejahrs ab. Der Director Prof. Dr Tzschir-
ner folgte zu Michaelis dem Ruf als Director an das Gymnasium zu
Landsberg a. d. W. ; in Folge dessen wurde dem Prorector der Anstalt,
I'rof. Braune die Besorgung der Directoratsgeschäfte bis auf weiteres
übertragen. Den Lehrer Böhme verlor die Anstalt durch den Tod.
Am Schlusz des Schuljahrs verliesz Dr Rhode wieder die Anstalt, um
dem Gymnasium zu Bunzlau seine Thätigkeit zu widmen. Lehrercolle-
gium : Prof. Braune, Dr Bolze, D r R o 1 1 e r, Dr K o c h , Dr H ö 1 z e r,
Steinkrausz, Cantor Fromm, Lehrer Jank, Hüifslehrer Dahle.
Schülerzahl 201 (I 40, II 44, III 59, IV 60, V 57, VI 31). Abiturien-
ten 13. Den Schulnachrichten geht voraus: Bemerkungen über die fran-
zösischen Coiijugationen. Von Dr Koch (10 S. 4).
4. Frankfurt a/O.] Den Prorector und ältesten Oberlehrer Prof.
Heydler verlor die Anstalt durch den Tod. Die Lehrstunden dessel-
ben sind bis zu Michaelis von den Collegen desselben, hernach von dem
commissarisch dazu berufenen Schulamtscandidaten Dr Rasmus ver-
sehn worden; mit dem Anfang des neuen Schuljahrs wird der zum Pro-
rector berufene Prorector zu Anklam , Dr Kock, eintreten. Subrector
Müller nahm am Schlusz des Schuljalirs seinen Abschied mit Pension;
Candidat Behm, der seit 1850 das Collaborat verwaltet hatte, folgte
einem Ruf an das Gymnasium zu Cottbus. LehrercoHegium: Director
Dr Poppo, Prorector Dr Kock, Oberl. Dr Reinhardt, Oberl. Fitt-
bogen, Oberl. Schwarze, Dr Jan i seh, Dr Fittbogen, Dr Wal-
tlier (Französ. und Engl."), Zeichenl. Lichtwardt, Cantor Melcher.
Schülerzahl 228 (I 30, II 33, III 46, IV 45, V 43, VI 31). Abiturien-
ten 9. Den Schulnachrichten gehen voraus: Andeutungen zu einer metho-
dischen Gruppierung des Urilerrichtssto/fes aus der mittlem und neuern Ge-
schichte. Vom Oberl. Schwarze (21 S. 4).
5. Guben.] Im Lehrerpersonal ist wärend des verflosznen Schul-
jahrs eine Veränderung nicht eingetreten: Director Wiehert, die Ober-
lehrer Dr Sausze, Richter, Niemann, Michaelis, die Gymnasial-
lehrer Dr Siegfried, Heydemann, Cantor Holt seh, Organist
Roch, Zeichen- u. Schreiblehrer Bayer. Schülerzahl KM (I 19. II 20,
III 42, IV 34, V 31, VI 18j. Abiturienten 3. Den Schulnachrichten
geht voraus: 1) Beiträge zur Geschichte der Stadt Guben. Vom Prorector
Dr Sausze (29 S. 4). 2) Ueber den universellen H'erth der Jugend.
(Entlassungsrede.) Vom Director Wiehert (9 S. 4).
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, staust. Notizen. 393
6. Königsberg i. d. N.] Das Lehrercollegium ist unverändert ge-
blieben. Dasselbe bilden: Director Dr Nauck, Prorector Dr Märkel,
Prof. Dr Haupt, Oberl. Hey er, die Gymnasiall. Dr Bog er, Oberl.
Schulz, Collaborator Oberl. Niethe, G. L. Dr Jahn, Lehrer Wolff,
G.-L. Mentzel. Schülerzahl 242 (I 24, II 27, HI" 24, III " 40, IV 50,
V 35, VI 42). Abiturienten 9. Den Schulnachrichten geht voraus:
über die gegenivärtige Aufgabe der Philosophie. Vom Prorector Dr Mär-
kel (20 S. 4).
7. Landsbekg a. d. w.] Das neugegründete Gymnasium mit Real-
klassen wurde am 15. October 1859 inauguriert. Das Lehrercollegium
bilden folgende Mitglieder: Director Prof. Dr Tzschirner, Prof. Dr
Alberti, Oberl. Dr Pfautsch, die G.-L. Stolzenburg, Dr Hude-
mann, Serno, Dr Foltynski, Eichmeyer, Zeichenlehrer Runge,
G.-L. Tiedge, Predigtamtscandidat Jacoby, die Schulamtscandidaten
Gentz, Dr Genthe, Dr Jansen, Gesangl. Succo. Schülerzahl 338
(Ig 0, Ir 7, Ilg 9, Ilr 13, Illg 21, Illr 39, IVg 30, IVr 62, V^ 34,
V'' 36, VI" 43, VI'' 44). Den Schulnachrichten geht voraus: zur Er-
innerung an die Feier der Einweihung des Gymnasiums und des neuen Schul-
hauses. Vom Director Dr Tzschirner.
8. Luckau.] An die Stelle des Mathematikus Fahland, welcher
eine Lehrerstelle an dem Gymnasium zu Mühlhausen übernahm, trat Dr
Schlesicke, bisher Mathematikus an dem Gymnasium zu Mühlhausen.
An die Stelle des Schulamtscandidaten Dr Rhode, welcher ein Jalir
lang die interimistische Verwaltung der zweiten Collaboratur geführt
hatte, trat der Schulamtscandidat Schulz. Lehrerpersonal: Director
Below, Prof. Dr Vetter, Oberl. Bauermeister, Dr Schlesicke,
Dr Lipsius, Cantor Oberreich, Wenzel, Vogt, Collab. Dr Wag-
ler, Cand. Schulz, die Hülfslehrer Rausch und Berger. Schüler-
zahl 377 (I 13, II 19, III 36, IV 37, V* 41, V^ 38, VI" 30, VI" 54,
VII 119). Abiturienten 9. Den Schulnachrichten geht voraus: von den
Versuchen, welche bisher gemacht sind, die Höhe unserer Atmosphäre zu
bestimmen. Vom Mathematikus Dr Schlesicke (15 S. 4).
9. Neu-Ruppin.] Das Lehrercollegium, welches sich nicht verän-
dert hat, bilden folgende Mitglieder: Director Starke, Prof. Könitzer,
Oberlehrer Krause, Oberl. Dr Kämpf, Oberl. Leuhoff, die Lehrer
Lehmann, Ho ff mann, Dr Bode, Dr Schillbach, Zeichenlehrer
Schneider, Musikdirector Mö bring, Elementarl. Haack. Schüler-
zahl 328 (I 17, II 27, III 62, IV 58, V 71, VI 66, Vorbereitungski. 27).
Abiturienten 8. Den Schulnachrichten geht voraus: de Cannis et pugna
Cannensi. Scripsit Dr Schill bach (17 S. 4).
10. Potsdam.] In dem Lehrercollegium ist keine Veränderung ein-
getreten. Dasselbe bilden: Director Dr Rigler, Prof. Meyer, Oberl.
Schütz, Oberl. Dr Sorof, Oberl. Rührmund, Oberl. Müller, die
ordentlichen Lehrer Dr Friedrich, Dr Reuscher, Jänicke,Ka-
row. Schreibt. Schulz, Zeicheul. Abb. Schülerzahl 275 (I 28, II 40,
III" 45, Illb 39, IV 47, V 41, VI 35). Abiturienten 13. Den Schul-
nachrichten geht voraus eine Abhandlung vom Oberlehrer Schütz: de
fundameiitis reipublicae , quae primo Politicorum ab Aristotele posita sunt
(18 S. 4).
11. Prenzlau.] Zu Ostern hatten die Schularatscandid. Fischer
und Gentz ihre Stellung am Gymnasium aufgegeben; an die Stelle der-
selben traten drei neue provisorische Lehrer, Weisz und die Schulamts-
candidaten Stange und Steppuhn, die zugleich ihr Probejahr ab-
legten. Zu Michaelis folgte der Collaborator Dr Küster einem Ruf an
das Friedrichs-Werdersche Gymnasium in Berlin. Lehrerpersonal: Dir.
Prof. Meinicke, Prof. Buttmann, Strahl, Schäffer, die Colla-
boratoren Martin, Dr Körner, Oberl. Dibelius, Lessing, Pökel,
394 Derichlo über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
die Hülfslehier Schäffer, Jordan, Stange I, Weisz, Stepp iihn,
Stange II, Gesanglehrer Franz, die Lelirer der Vorschule P lisch -
kowsky, Kresz. Schülerzahl 358 (Ig 14, Ilg 31, IIl«g 33, IIIbg35,
IV g 50, II r 5, III r 4, IVr 13, V« 45, V »> 52, VI^ 29, Vl^ 47). Vor-
schule 80 (I 38, II 42). Abiturienten 11. Den Schulnachrichten geht
voraus: über den Gebrauch der Derivaten auf tor und trix. Part. 2. Vom
Oberlehrer Schäffer (24 S. 4).
12. SoRAu.] An die Stelle des Dr Liittgert, welcher mit dem
Schlusz des vorigen Schuljahrs an das Gymnasium zu Bielefeld überge-
gangen war, trat Luchterhand, bisher Hülfslehrer an dem Gymna-
sium zu Stolp. Lehrercollegium: Director Dr Liebaldt, Prof. Len-
nius, Dr Paschke, Oberlehrer Dr Klinkmüller, G.-L. Dr Moser,
Magdeburg, Dr Zerlang, Luchterhand, Hülfslehrer Heinrich,
Zeichenl. Berchner. Schülerzahl IGO (I 15, II 20, III 41, IV 29, V 31,
VI 24). Abiturienten 6. Den Schulnachrichten geht voraus: Beitrag zu
einer genetischen EiUivickelung der Planimetrie, Von Dr Zerlang (28 S. 4).
Die Abhandlung beansprucht weniger einen wissenschaftlichen , als di-
daktischen Werth. Sie gibt nichts neues, sondern altes in neuer Form
und Verbindung.
13. ZiJLLicHAu.] Der Schulamtscandidat Dr Meyer verliesz mit
dem Schlusz des Winterhalbjahrs die Anstalt, um die Stelle eines Ober-
lehrers an der höhern städtischen Scluile zu Buuzlau zu übernehmen.
Am Schlusz des Sommerhalbjahrs folgte der ord. Lehrer Dr Lindner
einem Ruf an das Magdalenen-Gymnasium in Breslau. Zur Ergänzung
der Lehrkräfte trat der Schulamtscand. Roh m er ein, welcher Michaelis
zugleich mit dem Schulamtscandidaten Dr Hartz als ordentl. Lehrer
angestellt wurde; ferner trat Ostern zur Abhaltung des Probejahrs der
Schulamtscand, Dr Wilbrandt und zu Michaelis der Cand. Künzel
ein; der Schulamtscand. Dr Hanow verblieb nach Beendigung seines
Probejahrs zunächst als wissenschaftlicher Hülfslehrer, Dem In ordentl.
Lehrer Funk wurde das Prädikat 'Oberlehrer' verliehn. Lehrerperso-
nal: Director Hanow, die Oberlehrer Dr Erler, Schulze, Funk;
die ordentlichen Lehrer Krukenberg, Rohmer, Dr Hartz, Dr Ha-
now, die wiss. Hülfsl. Marquard und Lohbach, Schulamtscand, Dr
Wilbrandt, Cand. Künzel, Hülfsl. Schilling, Gesangl. Musikdir.
Gabler, Zeichenlehrer Riese. Schülerzahl 287 (I 42, II« 34, II b 45,
III ä 54, III b 50, IV 29, V 25, VI 8), Von diesen waren Zöglinge des
Hauses 130. Abiturienten 24. Den Schuliiachrichten geht voraus eine
Abhandlung von Dr F. Hanow: in Theophrasti characteras symbolae cn-
ticae (26 S. 4).
14. Hedingen.] Ein Lehrerwechsel hat im Laufe dieses Schuljahrs
nicht stattgefunden; am Ende desselben aber folgte G.-L. Dr Wahlen-
berg einem Ruf als Ir ordentlicher Lehrer an das neugegründete zweite
katholische Gymnasium zu Köln. Der Schulamtscandidat Winz leistete
Aushülfe für einen erkrankten Lehi-er. Lehrercollegium: Rector Dr
Stelz er, Professor Dietz, Sauerland, Dr Schunck, Nüszle,
Bantle, Mai er, Musiklelirer Burtscher, Schreibl. Bürkle, Cand.
Winz. Schülerzahl 120 (I LS, II 17, III 11, IV 29, V 27, VI 29).
Abiturienten 6. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung
über das Thema: quemadniodum nos , quum Christiani simus , in graecis lati-
itisque scriploribus legendis animo affectos esse et quem potissimum ex Ulis
fructum capere nos oporieat. Vom Rector Stelz er (24 S. 4).
VI. Pommern.
1. Ancläm.] Der bisherige Director Dr Sommerbrodt verliesz
im September die Anstalt, um das Directorat des Friedrich -Wilhelms-
Gymuasiums zu Posen zu übernehmen. Die Directoratsgeschäfte über-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnnngen, Statist. Notizen. 395
nahm Prorector Dr Koek, bis im October Prof. Dr Bor mann, zuletzt
erster Oberlehrer und l'rofessor an der Kitter-Alvademie in I^raiidenbiirg,
sein Amt als Director antrat. Lehrercollegium: Director J^rof. Dr 13 or-
niaiin, die Oberlehrer Dr Scliade, Dr Koek, Peters, Dr Spörer,
Schubert, Dr Niemeyer, die ordentl. Lehrer Müller, Schnee-
m eich er, Dr B riegleb, Dr Bahnsen, Gl a sei, wiss. Hült'slehrer
Dr Linz, Gesangl. Harzer, Zeichenl. Peters, Turn). Witteuhage n.
Schülerzahl 846 (I 20, II 28, III« 30, III " 39, IV 42, IV b 34, V 54,
VI 62, VII 37). Abiturienten 7. Den Schulnachrichten geht voraus:
Beiträge zur Erklärung und Kritik des Thukijdides. Vom Oberlehrer Dr
Niemeyer (18 S. 4). Die behandelten Stellen sind folgende: I 2, 3
xfiv yovv 'Attiv.rjv sixX. I 15, 2 naxä yi^v dl nölBaog ktI. I 22, 3 oGot
ÖS ßovlrjaovtai %t,X. I 25, 4 nfQLq)QOvovvT^s da %zX. I 28, 3 ttuiaoi
61 eIvccl jtrl. I 39, 3 iy-ulrjucizcov ös -utI. I 43 rjtists ^l TCBQinsTtza-
■KOTsg v.z\. I 70, 3 tzi ös zoig [isv acöuaCL nzX. II 7 oi J'd'tjvai^oL na-
gsayisvü^ovzo -azl. III 17 "/t«t ««ra xov j^qovov kzI. III 49, 3 naga
xoGovzov [lEv >]l&£v tiTl. III 56, 4 %aCzoi XQV ''^'xvzä v.zl. IV 19, 2
vo^i'^ouäv zs zag -/.xl. IV 59, 3 ccuzce ds zuvzu ktI. IV 117, 3 xovg
yccQ S^ dvögag -/.zX.
2. CösLix.] Der Schulamtscandidat Heinze trat mit Beginn des
neuen Schuljahrs als wissenschaftlicher Hülfslehrer ein, verliesz aber
am Ende desselben die Anstalt, um dem Ruf in eine definitive Anstel-
lung am Gymnasium in Stettin zu folgen. In seine Stelle ist Schul-
amtscandidat Helwig getreten. Lehrercollegium: Director Adler,
Prof. Dr Grieben, Prof. Dr Hennike, Dr Hüser, Dr Zelle, Dr
Kupfer, Dr Tägert, Drosihn, Höffner, Maler Hauptuer,
Cand. Helwig. Schülerzahl 256 (I 21, II 28, III« 42, III ^ 42, IV 48,
V 34, VI 41). Abiturienten 5. Den Schulnachrichteu geht voraus eine
Abhandlung des Dr Tägert: Beweis der von Jacobi gegebenen, die
Zerlegung elliptischer Functionen in itnendliche Producte betreffenden Formeln.
Nachtrag: Bereclimmg einiger hyberbolischer Logarithmen bis auf 100 Deci-
7nalstellen (10 S. 4).
3. CoLBERG.] In die noch unbesetzte achte ordentliche Lehrstelle
rückte der wiss. Hülfslehrer Dr Schnitze; seine Stelle wurde dem Dr
Kiese rling, welcher bis dahin als Mitglied des philolog. Seminars zu
Stettin an dem dortigen Gymnasium beschäftigt gewesen war, proviso-
risch übertragen. Eine weitere Veränderung in dem Lehrercollegium
trat zu Michaelis dadurch ein, dasz Dr Seidel in eine ordentl. Lehr-
stelle der Ritter-Akademie zu Brandenburg berufen wurde. Die erledigte
Stelle ward durch Ascension besetzt, so dasz Candidat P f ude 1, welcher
das gesetzliche Probeiahr auf dem Grauen Kloster geleistet hatte, die
achte Lehrstelle erhielt. Dem Prorector Dr Girschner wurde der Pro-
fessortitel verliehn. Lehrercollegium: Director DrStechow, die Ober-
lehrer Professor Girschner, Dr ^Yagler, Dr Bahrdt, die ordent-
lichen Lehrer Fischer, Sägert, Dr Schnitze, Dr Reichenbach,
Pfudel, Cantor S chwar tz , wiss. Hülfsl. Dr Kieserling, Zeichen-
und Schreiblehrer Langerb eck, die Lehrer der Vorschule Hahn und
Putzen. Schülerzahl 291 (Ig 8, II g 15, II r 7, III g 36, III r 19,
IVg 19, IVr 26, V 42, VI 35, Vorschule A. 35, B. 49). Den Schul-
nachrichten geht voraus eine Abhandlung des Gymnasiallehrer Sägert:
essai sur les theories dramatiques de Corneille , d'' apres ses discours et ses
examens (15 S. 4).
4. Greiffenbekg] Das Le'.irercollegium hat im Laufe des Schul-
jahrs keine Veränderungen erfahren. Mit dem Schlusz desselben gieng
Dr Brieger ab, um eine ordentliche Lehrerstelle am Gymnasium zu
Stolp zu übernehmen. An seine Stelle ist der Schulamtscandidat St ier
getreten. Lehrercollegium: Director Dr Campe, Dr Pitann, Rie-
396 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
mann, Dietrich, Prediger Hilliger, Zelle, Pompe, Todt, die
Collaboratoren DrEbeling und Stier. Schülerzahl 253 (I 25, II 31,
III« 28, III b 52, IV 37, V 39, VI 43, Vorbereitungsklasse 25). Abi-
turienten 8. Den Schulriachrichten geht voraus : Beilräge zur Kritik
des Cicero. Von dem Director (26 S, 4). Brutus § 285 werden die
Worte von in quo illud etiam quaero bis et aliorum für interpoliert
gehalten. § 139 wird nachgewiesen, dasz der Satz quo genere — sen-
tentiis nicht von Cicero herrühren könne. § 118 werden die Worte von
quis enim uberior — pacatior für eine Interpolation gehalten. § 35
werden die störenden Worte vel verborum gravitate vel sententiarum
als Interpolation betrachtet. § 62 werden die Worte et ad illnstrandam
nobilitatem suam für ein Glossem der unmittelbar vorhergehenden ge-
halten. In der dritten Digression § 75. 76 sei so vieles bedenkliche,
dasz unzweifelhaft eine Interpolation anzunehmen sei. § 19 sollen,
wie schon von Schütz erkannt worden, die Worte quidnain id? inquam
expone nobis , quod quaerimus als Interpolation betrachtet und
getilgt werden. § 23 wird der Satz dicere enim bene aequo animo
carere quisquam potest für ein Einschiebsel gehalten. § 40 werden die
Worte sed Studium eius generis maiorque vis agnoscitur in Pisistrato
für entschieden falsch gehalten; statt denique hunc wird denique hos
geschrieben. In § 44 erscheint der Ausdruck conatum iracundiae suae
morte sedavit bedenklich ; zu sedare gehöre ein Begriff wie impetum,
was für das unzweifelhaft richtige gehalten wird. An sed tum fere
Pericles wird Anstosz genommen. Die folgenden Worte nee enim in
constituentibus — alumna quaedam eloquentia werden aus verschiedenen
Gründen für verdachtig erklärt. § 46. Nain ante neminem solitum cet.
sei nach Ausdruck und Inhalt Ciceros unwürdig. § 49 wird partus als
unciceronisch in diesem Sinne verworfen. Die Worte atque ita pere-
grinata tota Asia est, ut cet. seien bedenklich. Erst mit den Worten
sed de Graecis hactenus begegne man wieder dem echten Cicero; diese
sollen sich daher an § 44 quem rerum Romanarum auctorem laudare
posse religiosissimum anschlieszen. § 184 wird itaque — intelligam für
interpoliert gehalten. § 188 soll gelesen werden: hoc specimen est po-
pularis iudicii, quod nunquam fuit usw. Nachdem der Verfasser so eine
Reihe von Interpolationen im Brutus nachzuweisen versucht hat, fügt er
einige andere Verbesserungsvorschläge hinzu. § 36 statt iu qua naturalis
— in quo. § 82 wird zu ut augeret rem eingefügt ut elevaret. § 90
wird et vor populi Romaiii getilgt. § 101 qnia ab eo cooptatus usw.
§110 statt et uterque mit Schneider etsi uterque. § 112 statt con-
tinebat — continet. Die folgenden \\'orte quod a natura non facile
posset werden für ein Glossem gehalten. § 116 statt difficili — inci-
tato, statt veritas — lenltas (die natürliche Ruhe gegenüber der
molesta, der forcierten, widerliclien). § 131 de damni iniuria. § 132
nisi quod quid cet. § 138 statt vix — tan dem. § 146 statt in
refellendo — in affligendo. § 151 soll orator zu quo melior esset et
doctior hinzugesetzt und das naclifolgende et getilgt werden. § 169
vehemens interdum et irata cet. § 162 defensio nemini nota. § 167
statt potentiam — prudentiam. § 197 hoc illum initio consecutus.
§ 183 statt meo iudicio — intelligentium iudicio. § 297 statt
ineptum — inertem. §212 wird zu quattuor filii hinzugefügt con-
sulares. § 215 statt praeparari — apparari. § 216 quis e Untre
loqueretur. § 220 v iris (statt vivis) eiusmodi (statt eius) aequalibus.
§ 224 in summis — sordibus ex praetura consul factus esset. § 225
statt solutus — dissolutus. § 233 nullus flos tarnen neque luinen
uUum animi, magna vocis firmitudo, parva contentio. § 262 plana et
dilucida brevitas. § 282 vielleicht insitae adolescentibus gloriae.
§ 293 statt pictius — politius. Der Verfasser wendet sich darauf
ßerichfo über gelelirfe AnsfaKen, Verordnungen, sfafisf. Notizen. 307
vom Brutus zu Ciceros Rede pro Sulla, um auch hier die Spuren ähn-
licher C<)rrui)teleii zu verfolgen. § 11 — 14 wird eine jener Verschiebun-
gen angenommen, welche bei Cicero nicht selten sind. Der Verfasser
versucht die alte Ordnung wieder herzustellen, indem er nach § 2 cau-
sam quoque nie P. Sullae probaturum § II duae coniurationes bis § 14
hoc priniuin attendite folgen läszt; hierauf beginne nun die eigentliche
Ivede mit § 8: ac primum abs te cet. § 12 cum communibus patriae,
tum praecipuis patris tui periculis commovebatur. § 17 legiones absurd;
zu arma gehöre milites, welches vor misit ausgefallen sei. § 20 wird
nee res getilgt. § 22 etiam peregrini reges soll nach etiam — a 1 i i
eingeschoben werden. Statt perire voluerit — perdere voluerit. § -14
cum familiari meo wird nach cum — aliquo eingeschoben. § 47 wird
gratiam als Interpolation betrachtet. § 48 statt cogitavit — cognovit.
§ 49 quibus non irascebantur Glossem; ebenso § 74 cum crimine. §82
quis non de communi — sensit? seien eine einfache Wiederholung der
vorhergehenden ^^'orte potest quisqnam dicere usw.; es sei eine jener
Variationen, welche von den Lehrern den Schülern zur Uebung empfoh-
len worden seien. Der Verfasser schlieszt seine Bemerkungen mit der
Erinnerung , dasz es kaum eine der gröszeren abhandelnden Schriften
Ciceros geben dürfte, bei welcher nicht in ähnlicher Weise Interpola-
tionen und Verschiebungen nachzuweisen wären. Am reichsten seien
hieran vielleicht die Ofticien, deren Interpolationen der Verfasser an
einem andern Orte zu behandeln gedenkt ; aber auch die Tusculanen,
die Bücher de oratore seien hiervon nicht frei geblieben. Dies sei der
Punkt, den unsere deutsche Kritik ins Auge fassen solle, um nicht
hinter den glänzenden Leistungen der holländischen Kritiker, namentlich
eines Bake, zurückzustehn.
5. Greifswald.] In dem Lehrercollegium ist keine Veränderung
eingetreten. Dasselbe bilden: Director Professor Dr Hiecke, Pro-
rector Dr Nitzsch, Professor Cantz 1er, Professor DrThoms, Ober-
lehrer Dr Reinhardt, Oberlehrer Dr Gandtner, die Gymnasiallehrer
Dr Schmitz, Dr Häckermann, Dr Lehmann, Dr Langguth, Dr
Fischer, Gruhl, Neumann, Rechen- und Hülfslehrer Hahn, Ge-
sanglehrer und Musikdirector Bemmann, Zeichen- und Schreiblehrer
Hube. Schülerzahl 278 (I g. 14, II g. 33 , III g. 28, IV g. 37, V 47,
VI 55, I r. 10, II r. 12, 111 r. 17, IV r. 25). Abiturienten 11. Den
Schulnachrichten geht voraus: de prooemio Herodoteo scr. Nitzsch
(12 S. 4). Der Verfasser bekämpft die neuerdings von Laroche (im
Piniol. XIV 2, 1859) wieder verfochtene Ansicht, dasz das Proömium
nicht von Herodot sei , und faszt das Resultat seiner Untersuchung in
folgenden Worten zusammen : Tres potissimum causas rationesque sus-
ceptas esse in prooemio scriptor confitetur. Totidem, si quis Universum
historiarum argumentum animo comprehendere voluerit, persecutum
esse videbit: unam , ut rerum humanarum memoriam a temporum in-
iuria vindicaret: alteram, ut in magnitudine et admirabilitate rerum
partim a Graecis partim a barbaris gestarnm incuriae et obtrectationi
occurreret; tertiam , ut sensim serpentis belli causas explicaret. Haec
tria ut oratione inter se continentur, ita oratione concluduntur et
nna complexione devinciuntur. In quo quamquam concinnitatem ora-
tionis non omnes habere numeros libens confiteor, tarnen neque verbo-
rum delectus ab Herodoti dictione recedit neque iunctura membro-
rum ex compendii brevitate excusationem non habet; puerili vero iacta-
tione garritum aut inani verborum sonitu exaggeratum adeo nihil est,
ut neque ad sententiam quidquam gravius esse neque nervosius ad
orationem vere contendere videar. Dem Programm ist beigegeben:
Göilies Gröaze in seinein bürgerlichen Epos Hennann und Dorothea. Rede
gehalten im Verein für wissenschaftliche Vorträge in Greifswald von
398 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen.
Dr R. H. Hiecke, Director des Gymnasiums. Dem Gymnasium zu
Stralsinid zu dessen dritter Siicularfeier gliickwünscliend dargebraclit
von dem Gymnasium zu Greifswald (35 S. 8).
6. Neustettin.] In dem Lchrercollegium ist keine Veränderung
eingetreten. Dasselbe bilden: Director Dr Röder, die Oberlehrer Pro-
fessor Beyer, Dr Knick, Dr Hoppe, Krause, Dr Heidtmann, Dr
Pfefferkorn, die Gyninasiallelirer Rüter, Dr Franck, technischer
Lehrer Bechlin. Schülerzahl 228 (I 21, II 25, III 51, IV 50, V 47,
VI 34). Abiturienten 12. Den Schulnachrichten geht voraus: theolo-
gische Abhandlung des Gymnasiallehrers Rüter über Gal. 3 , 20 (6 ös
/iföt'rjjs £voq ov-A e'ativ, o öe &8bg ftg iativ) nebst englischen Ueber-
setzungsproben (24 S. 4).
7. Putbus.] Aus dem Lehrercollegium schieden die Adjuncten Dr
Kalmus und Dr Vetter, um einem Ruf an das zu Pyritz neu ge-
gründete Gymnasium zu folgen. Die dadurch erledigten Adjuucturen
wurden den Candidaten Drenckhahn, der zuletzt am Gymnasium zu
Stolp beschäftigt gewesen war, und Meyer, der als Cand. prob, bereits
am Friedrichs-Werderschen Gymnasium zu Berlin gearbeitet hatte, ver-
liehn. Lehrercollegium: Director Gottschick, Professor Dr Biese,
Professor Dr Brehmer, Professor Dr Gerth, Pastor Cyrus, die Ad-
juncten Crain, D omke, Dr Wähdel, Dre nckhahn, Meyer, Zeichen-
lehrer Kuhn, Musiklehrer Müller. Schülerzahl 115 (I 12, II 15, III
3(5, IV 24, V 9, VI 19). Abiturienten 3. Dem Jahresbericht ist beige-
geben : Z>r //. Waehdelä de Cleonis apud Arisiopfianem persona disputatio.
(Zur Säcularfeier Stralsunds.) (42 S. 8).
8. Pykitz.] Bei der Eröffnung des Gymnasiums am 11. October
1859 wurden zunächst die vier untersten Klassen mit der Vorschule
eingerichtet, mit der Absicht Michaelis 18(30 die Secunda und Michaelis
1861 die Prima hinzuzufügen. Die 129 aufgenommenen Schüler ver-
teilten sich so, dasz in die Vorschiile 43, in VI 26, in V 27, in IV 27,
in III 6 Schüler eintraten, zu denen Weihnachten noch 6 Schüler hin-
zukamen. Auszer dem Director Dr Zinzovv erteilten den Unterricht
folaende Lehrer: Subrector Kern als 3r Oberlehrer: als ordentliche
Lelirer Dr Kalmus, Dr Stürmer, Dr Vetter, und provisorisch an-
gestellt Candidat Paul, als technischer Hülfslehrer Todt und als
Lehrer der Vorschule Müller. Den Schulnachrichten geht voraus:
Entstehtmg und Eröffnung des Gymnasiuins. Von dem Director (25 S. 4).
9. Stargärd.] In dem Lehrercollegium hat im vertlnsznen Schul-
jahr keine Veränderung stattgefunden. Dasselbe bilden: Director Pro-
fessor Dr Hornig, Prorector Dr Probsthan, die Oberlehrer Ebert,
Dr Engel, Dr Schmidt, Essen, die Gymnasiallehrer Dr Runge,
Dr Kopp, Dr Ziemssen, Zeichenlehrer Keck, Musikdirector Bi-
schoff, Elementarlehrer Trost. Schülerzahl 261 (I 13, II 20, III 38,
IV 59, V 58, VI 47, Vorklasse 26). Abiturienten 2. Den Schulnach-
richten geht voraus eine Abhandlung vom Oberlehrer Ebert: observa-
tionum de numeraübus Graecis specimen allerum (16 S. 4).
10. Stettin.] Zu Michaelis schied der 3e Collaborator Kern (I)
von der Anstalt, um an dem neu errichteten Gymnasium zu Pyritz eine
Oberlehrerstelle als Subrector zu übernehmen. Zu derselben Zeit ver-
liesz der Candidat Hof mann das Gymnasium, um eine Lehrerstelle
an der Realschule zu Grünberg anzutreten. Die einstweilige Ver-
waltung der letzten Collaboratur wurde dem Candidaten Hesz über-
tragen. Zu Ostern trat aus dem Lehrercollegium der 2e Collaborator
Bartholdy, da er als Director an die Realschule zu Cüstrin berufen
war. Zu gleicher Zeit verliesz der 5e Collaborator Dr Erdraann die
Anstalt, um eine Lehrerstelle an der Realschule zu Erfurt anzunehmen.
Die Verwaltung der erledigten zwei Collaboraturen wurde dem bisherigen
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 399
Hülfslehrer Heinz e zu Cösliii und dem Candidaten Lemcke übertragen.
In ilas Seminar trat, der (Kandidat (.i ü n th er ein; aus demselben schied
der Caudidat Sudhaus, da ihm eine llülfslehrerstelle an dem Gymna-
sium zu Cöslin übertragen war. l^ei dem Heginn des Sommercursus
wurde den Lehrern G. Kern die zweite und Hesz die dritte Colla-
boratur verliehn. Lehrercolleginm : ])irector Heydemann, die Pro-
fessoren Giese brecht, Dr Schmidt, Hering, Graszmann, ])r
Varges, Oberlehrer J)r Friedländer, Musikdirector DrLöwe, Ober-
lehrer DrCalo, die Gymnasiallehrer Stahr I, Dr Stahr II, Balsam,
die Cüliaboratoren Pitsch, Kern, Hesz, die Hülfslehrer Heinze,
Ijemcke, Kopp, Dr Balzer, Günther, Lehrer Neukirch, Maler
Most, Turnlehrer Briet, Medicinalrath Dr Behm. Schülerzahl 556
(!•' 26, I» '21, W 32, IIb 50, Hp 51, mb 59^ jya 57, lyb 58, VM2,
V 51, VI« 58, VI'' 45); Vorschule 129 (A 75, B 54). Abiturienten 27.
Den Schulnachrichten geht voraus: de anastropha. Scr. G. Kern (28 S. 4).
I) De nomine et vi vocabuli. II) Qualis fnerit veterum de anastropha
dissensio. III) De praepositionibus anastropham respuentibus. IV) Qui-
bus praeceptis praeterea coerceatur anastropha. — Den Schulnachrichten
der Friedrich- AVil heims- Schule zu Stettin geht voraus: ein Bei-
trag zum Verständnis der Sophokl eischen Antigone, insbeso7idere der Verse
025 — 92 S vom ordentlichen Lehrer Berge mann (29 S. 4). Der Ver-
fasser behauptet, dasz trotz der manigfaltigsten Versuche dem Verse 026
eine dem Zusammenhang angemessene Auslegung zu geben, die richtige
Erklärung bisher noch nicht gefunden sei, und zwar darum nicht, weil
alle bisherigen h>klärer diesen scharfen, eng zusammengedrängten, iu
höchster Aufregung gesprochnen Gedanken der Antigone bona lide dem
reinen Wortsinne nach , nicht aber als schneidende Ironie aufgefaszt
hätten , eine Redefigur durch welche Sophokles erregte Stimmungen dar-
zustellen liebe. Ehe der Verfasser auf die Sache näher eingeht, stellt
er die bisherigen Erklärungen zusammen, welche wesentlich nach drei
verschiedenen Richtungen auseinandergehn und sich um die drei Be-
deutungen von ^vyyiyv(i)6v.a} gruppieren. Am Schlusz der Abhandlung
spricht dann der Verfasser seine eigne Auffassung der Stelle aus. Da
unzweifelhaft die beiden hypothetischen Perioden einen Gegensatz dar-
stellten, die ersteren sich correspondierenden Glieder aber beide positiv
und von gleichem Inhalt wären, so müsten die beiden letzteren sich
entgegengesetzt verhalten, d. h. das eine müsze positiv, das andere
negativ sein. Da nun fl 8 oi'd' cifvngrdvoi^ai positiv sei, so stecke in
dem Satze itad^ovtsg ccv ^ryyvni'^sv rj^KXQrrjyiözsg eine Negation, ver-
mittelst deren Antigone entschieden verneine, sieh eines Vergehens
schuldig gemacht zu haben. Der Gegensatz, in welchem die beiden
hypothetischen Perioden stehn, liege also darin, dasz, wärend beide Be-
dingungssätze affirmativ, d. b. so beschaffen seien, dasz Antigone an
der Wirklichkeit ihres Inhalts nicht zweifle, die eine der Folgerungen
negativ, die andere positiv, also in Ttad-ovTfg eine Negation enthalten
sein müsze. Dasz sieb Antigone zu dem Inhalt des ersten Bedingungs-
satzes nicht verneinend verhalte, wie die bisherigen Erklärer, um irgend-
wie den notwendigen Gegensatz der beiden Perioden herauszubringen,
übereinstimmend annähmen, sondern dasz sie denselben entschieden be-
jahe, glaubt der Verfasser bei der Widerlegung der Hermann sehen
Interpretation überzeugend nachgewiesen zu haben. Es könne daher
nunmehr nicht zweifelhaft sein , dasz dem Satze 7ta96vT8g aV ^vyyvoi-
fifv riaccQrriy.ÖT?g die Figur der Ironie zu Grunde Hege, durch
welche Antigone in prägnantester Kürze mit bitterem Hohn erkläre,
dasz sie zwar bereit sei den Tod zu leiden, aber nun und nimmermehr
zugestehn werde, gefehlt zu haben. Wer eine Sophokleische Tragödie
gelesen habe, wisse, wie oft der Dichter die herbe Form der Ironie
400 Personalnotizen.
anwende, um erbitterte Gemütsstimnmngen darzustellen, und werde zu-
geben, dasz diese Form dem so heftig erregten Gemütszustande der
Antigene vollkommen gemäsz sei; der bittere Beigeschmack der Ironie
werde durch den Optativ mit vorangestelltem av noch um vieles ver-
stärkt. Die beiden Participien seien selbständig von einander aufzu-
fassen und riac(QTr]yi6Ttg sei als Object, 7r«'9'ö»'Tfg aber als Zeitbestim-
mung zu ^vyyvoL^sv zu nehmen. Die Form der Ironie entstehe nun
dadurch, dasz Antigene sage : ^nachdem ich werde gelitten haben, d. h.
wenn man mich getödet hat, werde ich eingestelm , dasz ich
schuldig bin.' Mit diesen Worten erkläre sie in herbster Entschieden-
heit: 'man kann mich tödten, nimmermehr aber wird man mich zwingen
zu bekennen, dasz ich mich eines Vergehens schuldig gemacht habe.'
Damit nemlich, dasz sie sage, sie werde das Bekenntnis der Schuld
ablegen nach ihrer Hinrichtung, verschiebe sie dasselbe höhnend auf
den Nimmermehrstag. Diejenige Form der Ironie, in welcher man
eineThätigkeit mit bitterem Hohn dadurch verneine, dasz
man sie erst nach dem Tode eintreten lasse, sei dem Griechen,
welcher mit dem Tode alle menschliche Thätigkeit für abgeschlossen
halte , so allgemein verständlich und dem Sophokles insbesondere so
geläufig, dasz man sich billig wundern müsze, warum man dieselbe
nicht längst auf unsere Stelle angewendet, sondern lieber zu den ge-
waltsamsten und unlogischsten Erklärungen gegriffen habe. Stände ^ce-
vovTfg statt na&6vT8g , so würde jeder auf der ersten Blick die Figur
der Ironie erkannt und die Parallelstellen Philoct. 624 und Aias 100
als Erläuterungen zur Hand gehabt haben. Allein der Dichter habe
absichtlich Tta&övrsg gesetzt , weil darin der hier notwendige Begriff
der gewaltsamen Tödung liege und weil na&övrsg und nci&oisv als
gleichartige Glieder der beiden Perioden sich genau hätten entsprechen
sollen. So schreite Antigene, wie es der Charakter derselben,
wie es der Grundgedanke der ganzen Tragödie verlange,
unbeirrt in ihrer Ueberzeugung selbst dann , als das Gefühl ihrer gänz-
lichen Verlassenheit sie irre werden lasse an der Gerechtigkeit der
Götter, im unerschütterten Glauben an die Gerechtigkeit und Heiligkeit
ihrer Sache der schrecklichen Todtengruft entgegen.
(Fortsetzung folgt.)
Fulda. Dr Ostermann.
Personalnotizen
Ernennung^en, Bef ürderongen , Versetzungen:
Dietsch, Dr Rud., Prof. an der k. Landesschule zu Grimma,
zum Director der vereinigten Gymnasial- u. Realschulanstalt zu Plauen
ernannt. — Fr oh berger, Dr Herm., Oberlehrer am Gymnasium zu
Zittau, zum 9n Oberl. der kön. Landesschule zn Grimma ernannt. —
Palm, Prof. Dr Frdr. , Director zu Plauen, zum Rector des Gymn.
zu Budissin ernannt.
Praediciert:
Lipsius, Dr H. J., bei seiner Ascension zum 7n Oberlehrer an der
k. Landesschule zu Grimma, als Professor praediciert.
Pensioniert:
Hoffmann, Prof. Dr, Rector, und Müller, Dr, Conr. am Gymn.
zu Budissin.
Zweite Abteilung:
für Gymnasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Aussclilusz der classischen Philologie,
herausgegeben ?on Rudolph Dietsch.
iJ.
Physikalische Lehrbücher.
Unter den Lehrgegensländen unserer preuszischen Gymnasien nach
gegenwärtiger Verfassung nimmt die Physik ohne Widerstreit den un-
tersten Platz ein — die beschreibenden Naturwissenschaften dürfen ja
kaum noch den Gymnasialdisciplinen zugerechnet werden — und son-
derbarer Gegensatz, gerade die physikalische Schullitteratur ist viel-
leicht am besten und würdigsten vertreten, da mit wenigen Ausnahmen
nur Meister ihres Fachs dieselbe bereichert haben. Seit das bahn-
brechende Lelirbuch von Fischer, der früiieren Versuche nicht zu
gedenken, erschienen ist, läszt sich eine ganze Reihe wirklich ausge-
zeichneter Werke namhaft machen, von denen noch jetzt die meisten
einen ehrenvollen Platz behaupten. Wir nennen von gröszern Arbeiten
vor allen das Fi seh er sehe Werk selbst mit den Verbesserungen und
Erweiterungen von August, sodann die Ba u m ga r tn e r sehe Natur-
lehre, weiterhin die Müll ersehe Bearbeitung von Pouillet und end-
lich Eis enl o hr, der in den letzten Jahren eine grosze und verdiente
Verbreitung gefunden hat. Unter den Arbeiten geringern Umfangs
mögen erwähnt werden Brettner, dessen wir uns aus den eignen
Schuljahren noch mit Liebe erinnern, da er den damals weitverbreite-
ten aber etwas unförmlichen Kries verdrängle, sodann die Auszüge
aus den vorhin genannten gröszern Werken von Fis eher- August
und Pouil I et-M ü 1 1 er, weiterhin H eussi, dessen dritter (mathe-
matischer) Teil sich gewis die Sympathie vieler Lehrer erworben hat,
und reihen daran endlich die neuern Erscheinungen von Koppe,
Trappe, Spiller und Witschel. Ferner stehen uns für unsern
Zweck zunächst zwei gröszere Arbeiten, das vierbändige physikalisch-
chemische Lexikon von Berliner Gelehrten: Dove, August, Min-
ding usw. und die populäre Naturlehre von Bequerel, sowie das
kleine Werkelten von Fr ick unter dem Titel ^physikalische Technik'
zu Gebote. Es kann nicht die Absicht des Ref. sein, alle die genannten
Bücher kritisch zu durchwandern, er würde sich ja nur wiederholen
N. Jahrb. f. Pliil. u. Päd. II. Abt. 1861. Hft 9. 26
402 Pliysikalisclie Lehrbücher.
und die Leser ermüden: er will vielmehr in dieselben nur nach allge-
meinen Gesichtspunkten einen Einblick gewähren und dcninücbst nur
die Lehrbücher von S p i 1 1 e r und W i t s c b e 1 weitläufiger besprechen,
da diese ihm unter den neuern Arbeiten die bessern zu sein scheinen.
Wenn tüchtige Fachmänner Lehr- und Unierrichtsbücher schrei-
ben, so darf man im aligemeinen überzeugt sein, dasz diese Werkchen
auf der Höhe der Wissenschaft stehn. Diese Höhe wird aber bei Ar-
beiten dieser Art nicht daran erkannt, dasz alle und jede neue Ent-
deckung, auch die minutiöseste, sofort Aufnahme gefunden , sondern
vielmehr daran, dasz der Geist des tzesamteu Bucbs in Hinsicht der
Anordnung und Zusammenfassung des Materials, in Hinsicht der gei-
stigen Verwerlliung desselben und endlich in Hinsicht der Verbindung
der hier detaillierten wissenschaftlichen Uesullate mit andern geistigen
Gebieten ein anerkennenswerthes Streben bekundet.
In den Vordergrund der Besprechung drängt sich wiederum das
Verhältnis zwischen Mathematik und Physik, über das wir schon in
einer vor Jahren geschriebnen Recension der Koppeseben Physik
einige Bemerkungen gemacht haben. Unsere Ansicht ist jetzt wie da-
mals dieselbe. Die liefere Begründung der physikalischen Lehren, die
Correctur des Experiments, die Conslruction neu gewonnener Begrilfe.
alles das ist einzig und allein Sache der Mathematik. Soll aber darum
ein Lehrbuch der Physik, sei es für die Schule oder das gebildele
Publicum bestimmt, im Einzelnen ebenso wie im Ganzen eine mathe-
matische Darstellung inne halten, oder aber soll es diese zurück-
drängend mehr historisch dogmatisch verfahren und dabei vom Ex-
periment ausgehend vorzugsweise eine physikalische Bildung, die los-
geht auf Kenntnisnahme und geistige Erfassung der Naturerscheinungen,
im Auge beballen? Die Antwort scheint nicht zweifelhaft zu sein.
Der Arzt, der Industrielle, die Gewerke und der Landwirth werden an
einer vorzugsweise mathematischen Darstellung der Physik wenig Ge-
fallen finden, für sie ist diese Wissenschaft nur eine Hülfswissenschafl,
deren Resultate sie sich aneignen wollen, ohne den schwierigen Gang
der vollständigen Untersuchung noch einmal durchvvandeln zu müszen.
Und was nun die S ibnlo betrifft, so weisz jeder Lehrer, welche Erfolg»?
ein mathematisch -physikalischer Unterricht erzielt. Hier wie in der
reinen Mathematik ist die Construction von Begriffen und Gedanken,
der Uebergang von dem rein Concrelen zur absolutesten Absiraction,
das mechanische Operieren mit Zeichen, deren Zusammenhang mit dem
zu bezeichnenden Begriffe selbst geübteren häufig so schwer fällt :
alles dieses, sage ich, ist wenig geeignet den flüchtigen Sinn der
Jugend festzuhalten, und wenn es in der Mathematik und durch die-
selbe mehr oder weniger gelingt, weil der Gegenstand im Schulleben
eine gröszere Rolle spielt, so fällt doch die Möglichkeil des Gelingens
bei der Physik dahin, vollends seit dieselbe vom Abiturientenexanien
ausgeschlossen worden ist.
Für alle, welche sich mit Physik beschäftigen wollen, natürlich
mit Ausnahme der Fachgelehrten, ist mithin Anschauung und wiederum
Physikalische Lehrbücher. 403
Anschauung das notwendige, das gewünschte und das allein aus-
reichende. Entgegnet man, das/, einzelne Abschnitte der Physik rein
matliemafischer Natur seien nnd somit aucli oine mathematische Dar-
stellung notwendig machen, so anlwoile ich, dasz im allgemeinen die
Elcmentarinalhematik für den festzuhaltenden Zweck der tiefem Be-
gründung nicht ausreicht, und gerade an den Stellen nicht ausreicht,
an denen die Mathematik uncnlbehrlicji zu sein scheint, z. B. in der
Lehre vom Gleichgewichl. \\ erfe man doch nur einen Blick in die
vorzugsweise für Techniker bestimmte E i te l w e i n sehe Mechanik und
Hydraulik oder in das kleinere Werkchen von Bitzel, so uird man
bei der beliebten elementaren Darstellung nicht wenige nur historisch
angeführte Formeln linden, wobei niciit verhehlt werden soll, dasz
Eitel wein in den Anmerkungen ohne Bedenken zum liöhern Caicul
greift. Die W i ts che I sehe Physik legt gerade auf die nuilhematische
üeduction ein groszes Ge\> icht, aber man kann sich der Ueberzeugung
nicht erwehren, dasz das Beigebrachte dieser Art an manchen Orten in
derselben durchaus unzureichend ist. Handelt es sich, um ein specielles
Beispiel nicht vorzuenthalten, um den Ausflusz des Wassers aus Boden-
oder SeitenölTnungen bei unverminderter Druckhöhe, so sind die ent-
sprechenden Formeln gar bald gefunden; soll aber der Umstand der
allmählichen Entleerung des Gefiiszes, also der zunächst folgende Schrift,
mit in Rechnung gestellt werden, so gibt Eitel wein nur die Formel
für OelTnungen, die bis an die Oberfläche des Gefäszes reichen, und
auch diese nur historisch mit beigefügter Entwicklung in der Anmer-
kung; Bitzel thut ein übriges und setzt Boden- und SeitenölFnung
einander gleich, Witschel geht gar nicht auf den Fall ein, was um
so mehr gerügt werden musz, als derselbe in der Praxis der ungleich
häufigere ist. W enn lexiUographische Arbeiten wie z. B. die jüngste
von Hoffmann auf jeder Seite den höliern Caicul in Anspruch neh-
men und dabei der leidigen Vollständigkeit halber BegrilTe wie ^arith-
metisches Verhältnis' oder 'Proportion^ und dergleichen zu entwickeln
sich gemüszigt sehn, so ist doch gewis zuzugestehn, dasz eine solciie
Vollständigkeit ungenieszbar wird : mit der mathematischen Begründung
in den meisten Lehrbüchern der Physik hat es in Ansehung der Tiefe
fast eine gleiche Bewandtnis. Dasz die gemachten Ausstellungen nicht
unberechtigt sind, zeigen neuere Schriften in zweifacher Weise. Findet
man bei ihnen das Material in breilerer mathematischer Behandlung
vor, so ist diese doch mehr auf die historische Entwicklung gestützt,
die Begriffe des dynamischen Effects, des Trägheitmoments usw. wer-
den hauptsächlich in Zahlenbeispielen erörtert und allgemeine Prin-
cipien und Theorien werden an den geeigneten Stellen durch passende
Thatsachen znr Anschauung gebracht. Andererseits hat man die Schwie-
rigkeit der mathematischen Deduction zu umgehn gesucht, dadurch dasz
man den natürlichen W eg der Analyse verlassen und eine graphisch
geometrische )Iethode eingeführt, die allerdings an gar vielen Stellen
sehr geeignet ist die Abstraction zu mildern und wenigstens teilweise
in Anschauung umzusetzen. Uns will es jedoch scheinen , dasz auch
26*
404 Physikalische Lehrbücher.
diese Mittel nicht die Erfolge aufweisen, die man erzielen will, und
wir glauben dasz physikalische Empirie und mathematische Deduction
in der Darstellung je mehr desto besser von einander getrennt werden.
Diesen Weg haben mit groszem Erfolg Baumgartner und Heussi
sowie in jüngster Zeit M ü 1 1 e r, der Bearbeiter von P o u i 1 1 e t, einge-
schlagen. Baumgartner gibt zu seiner Natiirlchre einen Supplement-
band, der die mathematischen Theorien mit Anwendung des hohem
Calculs vollständig entwickelt; Heussi teilt seine Physik in drei
Curse , von denen der erste die Phänomene, der zweite die Gesetze
lind der dritte die Kräfte d. h. die mathematische Begründung, so weit
die Elementarmalhematik ausreicht, in sich enthalten. Die Dreiteilung
des Werks ist dem Princip nach gewis tadellos, in der Ausführung
jedoch etwas pedantiscii, und selbst der Verfasser wird sich der An
sieht nicht enlüchlagen können, die beiden ersten Teile in einen ver-
arbeiten zu müszen. Sonst sind diese Arbeiten von Baumgartner
und Heussi ganz vorzüglich, und wie sehr auch die Flut ähnlicher
anschwellen mag, man wird stets gern auf sie zurückgehn. Es ist
somit die Art und Weise, die angeregte Schwierigkeit im Verhältnis
der Mathematik zur Physik zu lösen, schon längst erkannt und in ge-
schickter Weise ausgeführt; wie lange Zeit man auch die gezeigten
Pfade verlassen, man ist schlieszlich doch zurückgekehrt, und wir
hoffen dasz das von dem oben citierten verdienstvollen Müller ge-
gebene Beispiel nicht ohne Nachfolger bleiben wird.
Wie bei der Mathematik, so ist auch bei der Chemie das Verhält-
nis zur Physik in Betreff der Darstellung noch lange nicht festgestellt.
Einige Autoren sehen so viel möglich von der Chemie ab, andere
bringen an einzelnen Stellen einzelne chemische Excurse, noch andere
schieben einen ganzen Abschnitt, der die Elemente der Chemie be-
handelt, in die Physik hinein. Referent kann sich mit allen diesen
Mitteln der Schwierigkeit aus dem Weg zu gehn nicht einverstanden
erklären, musz aber, um seine Ansicht klar hinstellen zu können,
etwas weiter ausholen. Die Einteilung der Physik hat bisher viel-
seitig geschwankt. Wärend man in den ersten Decennien dieses Jahr-
hunderts alles mögliche: Astronomie , Geognosie, Geologie , geogra-
phische Excurse in unsere Wissenschaft einführte , klärte sich darauf
zunächst eine Dreiteilung ab, man handelte über Ponderabilien, über
Imponderabilien und über meteorologische Erscheinungen. Letztere
verloren zuerst ihre Bedeutung, indem man gar bald erkannte, dasz
die Natur keine andern Erscheinungen darbiete als solche, die wir in
unsern Laboratorien wenn auch in unendlich abgeschwächter Weise
nachzubilden versuchen, dasz somit an jeder Stelle vom Fundamenlal-
versuch durch Erweiterung der Experimente bis zur Erscheinung in
der Natur selbst vorzudringen sei. Aber auch der Unterschied zwi-
schen Ponderabilien und Imponderabilien oder wie andere Naturforscher
sich vorsichtiger ausdrückten zwischen wahrnehmbaren und nicht wahr-
nehmbaren Körpern verlor immer mehr an innerem Werlh, jo weiter
man in der Erkenntnis vorrückte, dasz jeder Erscheinung eine ßewe-
Physikalische l.elubiicher. 405
guiig zu Grunde liege und dasz die Physik, wenn nicht Bewegungslehre
selbst, so doch die Lehre von den Producten der Bewegung sei. Man
suchte sich deshalb in anderer Weise zu helfen und führte eine neue
Dreiteilung ein, die der Anziehungserscheinungen, der Schwingungs-
und Slrömungserscheinungen , ohne freilich den Unterschied zwischen
Anziehung, Strömung und Schwingung näher zu entwickeln, was man
lieber einem gewissen dunkeln Gefühl überliesz, da ja die Ausdrücke
selbst an und für sich versländlich schienen. Waren auch die Im-
ponderabilien in das Keich der Kobolde verwiesen, so scheute man
sich dennoch elecirische und magnetische Erscheinungen als Schwin-
gungserscheinungen hinzustellen: instinctmäszig fühlte man sich zu
diesem Schritt hingetrieben, die exacte Forschung hatte ihn jedoch
noch nicht gut geheiszen und man schwankt noch im gegenwärtigen
Augenblick. So viel scheint indes feslzustehn, dasz das Unterfangen,
die Einteilung der Physik von dem Momente der Bewegung herzu-
leiten, nicht mehr als allzu kühn wird angesehn werden, zwar nicht
in der Weise , dasz man den Unterschied in die Bewegung selbst
hineinträgt, wol aber in dieser, dasz der Unterschied von dem Be-
wegten selbst entnommen wird. Nun aber bewegen sich zwei oder
mehrere Körper mit und nebeneinander oder aber es bewegen sich die
Molecüle eines und desselben Körpers, und sollten beide Bewegungs-
arten gleichzeitig vorhanden sein, so tritt doch die eine oder die an-
dere in der Betrachtung wesentlich hervor. Man kann und musz dem-
nach unterscheiden zwischen ßewegungserscheinungen der Anziehungen
verschiedener Körper einerseits und zwischen Bewegungserscheinungen
der Mülecülar- oder Massenteilchen eines Körpers auf der andern Seite.
Eine Zweiteilung der physikalischen Lehren ist also unmittelbar ge-
boten und die beiden Abteilungen correspondieren ganz genau den
früheren, welche Ponderabilien und Imponderabilien betitelt waren, nur
dasz man es jetzt nicht mehr mit wesenlosen ßegrilTen, sondern mit
thatsächtichen Verhältnissen zu thun hat. Die Physik ist also eine
Mechanik und der für das Fischer-August sehe Lehrbuch gewählte
Titel ^mechanische Nalurlehre' ist der eigentliche und einzig berech-
tigte. Selbstverständlich folgt nun weiter, dasz bisher gar vieles zur
Physik gezogen wurde, was nicht zu ihrem engern Gebiet gehört, es
folgt dasz namentlich das erste Kapitel in allen Lehrbüchern ohne
Ausnahme, die Lehre von den sogenannten allgemeinen oder consti-
tuierenden Eigenschaften der Körper, mit allem was drum und dran
hängt weggewiesen werden musz. Allgemeine Eigenschaften der Ma-
terie, als Tastbarkeit, Teilbarkeit, Ausdehnbarkeit, Porosität, Schwere,
chemische Afftnifät und damit verbundene Cohäsions- und Adhäsions-
verhällnisse , thermales Verhalten usw. sind in der That nicht allein
in der Physik sondern auch in der Chemie zu behandeln, sie bilden die
Grundlage für beide Wissenschaften, durch sie wird das Materielle
qualificiert, das Materielle das nun erst studiert wird in Hinsicht sei-
ner Bewegungserscheinungen oder in Betreff seiner StolTveränderungen.
Deshalb scheint es notwendig zu sein der Physik eine längere Ein-
400 Physikiilisclie Lelirbücher.
leitiing vorauszuschicken, in der nicht nur wie bisiier einzelne BegrilFe
vorgelegt, sondern zwei längere Excurse gegeben werden, von denen
der erste das so eben angedeutete, also die Qualificalion der Materie
als die gemeinsame Grundlage der Physik und Chemie, der zweite
dagegen die mathemalischen Vorbegriile über Ruhe und Bewegung
und Bestimmungsmethoden für beide, über Masz, absolutes und speci-
fisches Gewicht, über Krystallisation und Kryslallsysteme und was
sonst sich noch anscblieszen kann, des breitern entwickelt. Dann wird
Sinn und Ordnung hervorlreten , und die, Unklarheit, welche bis jetzt
die ersten Abschnitte fast aller Lehrbücher trübt und zum Teil unge-
nieszbar macht, gänzlich verschwinden. Einzelnes ist schon in ein-
zelnen Lehrbüchern geschehn ; man findet jetzt schon häufig Wärme-
verhällnisse in den ersten Kapiteln besprochen, die Fallgesetze vor
dem Hebel entwickelt und an Stellen, wo die malhematische Deduction
abgebrochen werden muste, wenigstens den fernem Weg angedeutet,
auf welchem das gewünschte ResuKat erzielt werden kann. — Weiler
unten bei Besprechung des W i t z sc h e Ischen Lelirbuclis wird noch
näheres diesen Bemerkungen beigefügt werden ; gehen wir jetzt von
der sachlichen zur sprachlichen Darsiellung über.
Die sprachliche Darstellung wie der naturwissenschaftlichen Dis-
ciplinen überhaupt, so der Physik insbesondere ist in unsern Tagen
gewissermaszen eine Virtuosität geworden; zahlreiche Unternehmun-
gen populärer Darstellung haben teilweise glänzenden Erfolg gehabt,
wenngleich der materielle Gehalt von äuszerst geringem Werth ist;
glänzende Namen werden überall für periodische Zeitschriften v.ie der
Abhub des Papierkorbes geboten, — und das Publicum trinkt den ge-
mischten und gefärbten Trank und findet im seligen Vergessen oft erst
lange nachher, dasz ihm statt Wein Wasser geboten und verkauft ist.
Vor .lahren schrieb Referent in dem Vorwort zu einer physikalischen
Abhandlung: ^die Arbeit sollte eine populäre im bessern Sinn des
Worts werden, eine solche also, die einmal ihrem Inhalt nach jedem
Gebildeten leicht zugänglich sei und Interesse einllöszo und sodann
in einer gedrängten und präcisen Sprache dem Leser nicht das Nach-
denken erspare, sondern ihn dazu nötige. Wenn man heul/.ulago
namentlich in einer gewissen naturwissenschaftlichen Belletristik dem
Leser alles mundgerecht zu machen sucht, wenn man strebt durch eine
weiche, weite, sentimentale, blumenreiche Sprache, durch schillernde
Phrasen und forcierten dichterischen Schwung Kenntnisse zu verbrei-
ten, die einem realen Boden entsprossen doch der idealen Blüten nicht
entbehren sollen , so ist man einem Wahn verfallen , der schon um
deswillen beklagt werden musz, weil er eine gewisse dilettan-
tische Mittelmäszigkeit, ein unfruchtbares, überall sich spreizendes
Halbwissen erzeugt, das den Geist nicht bildet und das Gefühl kalt
und leer läszt.' Auch beute noch hat diese kurze Charakteristik nicht
ihre Bedeutung verloren, auch heute noch sind '^Wunder der Urwelt,
Wunder der Chemie' beliebte und begehrte Titel, und das sogenannte
gebildete Publicum kennt die ganze Theorie des Hebels, weisz aber
Physikalische Lehrbücher. 407
natürlich nicht wie man es einzurichten hat, beim Brodsclineidcn glalfe
Scliiiitle zu orliaifcn. Hin sroszer Kücksclirillsiiianii , als Nalurhislo-
riUcr und rojMilaij)liiluso|»h indes liöclisf gewandt, lial neulicli die Be-
hauptung aufgestellt, dasz unsere naturwissenschaflulnde Zeit weniger
der Breite nach von der Natur wisse als das obscnrante Mittelalter;
der Mann hat nicht ganz Unrecht; unsere Zeit treibt zu viel Charlala-
nisnms, zu viel Flillerstaut; mit dem Galvanismus ist eine galvanische
Vergoldung auch über die Verslandes- und Herzensbildung gekommen
und darunter ist eitel Lug und Trug. Wozu aber an dieser Stello
dieser Excurs? ^^ eil der Chariatanismus auch in die Lehr- und Unter-
richtsbücher sicli hineingedrängt hat, weil aucii in diesen Büchern die
sentimentale Phrase nicht seilen überwiegt. Zwar von den oben an-
geführten Büchern läszt sich besseres behaupten, vielleicht leidet nur
Koppe an einer ermiidenden und allzu selbstgefälligen Breite; aber
auch bei ihnen können wir einige Bemerkungen machen, die dem Leser
nicht gerade unangenehm sein werden. Was zunächst die umfang-
reicheren Arbeiten betrilTt, so zeiciinet sich die Ba u m g a r t ne r sehe
Naturlehre durch eine gedrängte, nach allgemeinen Gesichtspunkten
strebende, ganz und gar piiilosopiiische Darstellung aus. Die Sprache
ist periodisch gebaut, und zwar derartig, dasz in den Nebensätzen
möglichst viele und naheliegende Gedanken und Erörterungen Platz
greifen. So strengt die Leetüre einigermaszen an, obgleich Feinheit
und WoUaut durchaus nicht mangeln: der Gedankenreichtum läszt
sich oftmals schwer bewältigen und selbst befähigtere Schüler werden
nur zu häulig abgeschreckt werden, der gebildete Mann dagegen wird
zum Nachdenken und reiflichen Ueberlegen angespornt, so dasz un-
serer Ansicht gemäsz die Ba u m ga rl n ersehe sprachliche Darstellung
das Muster eines populären Stils abgibt. Einige Proben werden das
gesagte bewahrheiten. In der dritten Auflage (von 1829) heiszt es:
'wenn man die optischen Erscheinungen mit denen der Wärme ver-
gleicht, so kann man niciit umhin die Vermutung zu wagen, dasz die
objectiven Ursachen beider nicht wesentlich, sondern nur dem Grade
nach verschieden sind, und dasz die Erscheinungen der Wärme, wenig-
stens der bew egten, durch Aellierschw ingungen bedingt sind. Zu die-
ser Vermutung führen folgende Gründe: Liclit und Wärme existieren
häufig in demselben Körper gleichzeitig oder gehn in einander über,
und es ist höchst wahrscheinlicli, dasz das was für uns nur A> arme ist,
für andere Wesen schon als Licht wirkt, so wie die Schwingungen
einer Saite von einem noch gesehen und nicht gehört, von einem an-
dern aber gehört und nicht gesehen werden können oder beides zu-
gleich. Wenigstens ist uns hieraus- das Sehen der Haubthiere bei
völlig dunkler Nacht und besonders das Sehen der Fische erklärbar,
die im Grunde des Meilen tiefen Meeres wohnen. Wärme und Licht
erleiden dieselben Veränderungen und befolgen dieselben Gesetze;
beide pflanzen sich im leeren Raum und in der Luft von gleicher Dichte
geradlinig mit ungeheurer Geschwindigkeit fort, beide werden ge-
brochen, reflecliert, absorbiert und polarisiert, und jeder (-des?) im
408 Physiliiilische Lehrbücher.
allgemeinen nach einerlei Gesalzen. Sucht man diesem gemäsz die
Wärmephänomene so wie die Lichlerscheinungen aus Schwingungen
des Aelhers zu erklären, wie mehrere berühmte Physiker z. B. Davy
und Huniford thaten , so hat man es nicht so leicht, wie bei der An-
nahme eines Wärmesloffes, den man sich nach Belieben schafft und
qualificiert, man musz mittelst Rechnung alles aus der Natur der vi-
brierenden Bewegung ableiten. Bisher ist das nicht geschehn, wenn
man das ausnimmt was Fotirier und Poisson über die Gesetze der
Wärmemitteilung berechnet, und was aucii mit den Gesetzen der schwin-
genden Bewegung wol verträglich ist. Vor der Hand scheint es, als
würden die Wärmepltiinomene durch Schwingungen von längerer Wel-
lenlänge hervorgebracht als die des Lichts, wenigstens erklärt es sich
daraus, warum die Wärme im prismatischen Farbenbilde vom rothen
Ende, wo die Lichtwellen die groszle Länge haben, zum violetten ab-
nimmt, warum ein Körper, der eine hohe Temperatur erträgt, in der
Hitze anfangs rolh und endlich bei bedeutendem Wärmezuwachs gar
weisz glüht, warum bei der Erwärmung die abstoszende Kraft beson-
ders begünstigt wird' usw. Hiermit bitten wir zwei andere Proben
aus einer neuern Abhandlung desselben Verfassers zu vergleichen,
damit man ersehen könne, wie die von uns hervorgehobenen Vorzüge
der sprachlichen Darstellung innerstes Eigentum des Verfassers sind,
wie gerade er zu geistreichen und populären Abhandlungen im Gebiet
der Physik vorzüglich befähigt ist. So heiszt es: 'das oben erwähnte
Gesetz des Kraflwechsels ist nemlich unvereinbar mit der Annahme
eines Wärmestoffs als einer Substanz, die durch keinen Act erzeugt,
nicht in eine andere umgewandelt werden kann und die dem Quantum
noch unveränderlich sein musz; dasselbe deutet vielmehr daraufhin,
dasz die gebildete Wärme, verschieden von der gleich dem Lichte auf
Aetherschwingungen beruhenden strahlenden Wärme in einer vibrieren-
den Bewegung der kleinsten Körperteilchen besteht, wie es schon
längst aus der Unerschöpflichkeit der Körperwärme, die sich bei
Reibungsversuchen kundgegeben, und insbesondere aus dem Umstände
gefolgert wurde, dasz zwei Eisstücke im luftleeren Raum zum Schmel-
zen gebracht wurden. Dieser Ansicht nach ist der Unterschied zwi-
schen Arbeit und Wärme kein anderer, als Bewegung einer Masse und
Bewegung von Molecülen, und die Umsetzung der Arbeit in Wärme
besteht blos in einer Mitteilung der Bewegung nach den Gesetzen der
Mechanik, wobei Umwandlungen von Massenbewegungen in 3Iolecülar-
bewegungen und umgekehrt eintreten.' Und weiter unten: 'diese Be-
trachtungen führen den Naturforscher auf einen Standpunkt, von dem
aus ihm die Electricität wie ein ganz anderes Wesen erscheinen musz,
als dies bisher der Fall war, Sie ist so wenig feuriger Natur als
der Hammer, durch dessen Schläge ein Stück Eisen glühend wird,
wiewol sie unsern Sinnen fast immer in dieser Begleitung erscheint:
der Blitz fährt nur darum als leuchtender Strahl vom Himmel, weil ein
groszer Teil seiner Arbeitskraft durch den Leituiigswiderstand der
Luft in Wärme umgesetzt wird, er zündet darum nur feste Gegenstände
Physikalische Lehrbücher. 409
an, die sich seinem schnellen Laufe enfgcg-enselzen, und läszt jene
unbescliädigl, die ihn nicht aufzuhalten suchen. Eben darin besteht ja
die Wirkung der melalliien ßlilzableiter. Auch über den Innern Grund
der Eleclricitüt geben uns die vorher erörterten Gesetze wenigstens
negativen Aufschlusz. Man kann nemlich nicht mehr, wie bisher, eine
specilisch - elecirische Materie annehmen; denn eine solche ist, da ihr
Quantum keiner Verminderung unterliegen kann, mit dem Princip der
Umwandlung der Electricilät in Wärme und Arbeitskraft unverträglich.
Mit der electrischen Materie fällt zugleich die magnetische, da die An-
sicht, die magnetischen Erscheinungen rühren von electrischen Strö-
mungen her, mit Recht immer mehr Boden gewinnt. Somit ist das
Heich der Imponderabilien in der Naturlehre seinem Ende nahe und die
Zeit vorüber, wo unwägbare Stoffe als ebenso viele wissenschaftliche
Kobolde in jedem Zweig der Naturwissenschaften ihren unheimlichen
Spuk getrieben.'
Das Fischer-Augus t'sche Lehrbuch hat eine wie wir glauben
etwas antiquierte Darstellung; der sogenannte mos geometricus ist
auch in der Physik mit Kecht in Verruf gekommen. Uebrigens war
diese Form für die spätem Herausgeber und wesentlichen Erweiterer
die zwangloseste, da alle Verbesserungen nur als Corollare nun dem
Haupttexte beigedruckt werden konnten. Zugleich wiegt die elementar-
mathematische Betrachtung bedeutend vor und man findet ziemlich com-
plicierte Constructionen und Analysen. Sonst ist die Darstellung, so
weit sie sich als lebendige Erfassung des Gegenstandes kennzeichnet,
bedeutend schwächer als in dem Ba u mg a r tner sehen Werke und
zum Beweise setzen wir die analoge Stelle über die Natur der Wärme
hierher. Bei Fischer-August heiszt es in der 4n Auflage vom
Jahre 1837 also: 'die Ursache der Wärme entzieht sich allen unsern
Sinnen. Man kann nach manchen Beobachtungen, die durch neuere
Entdeckungen noch bestätigt worden sind, geneigt sein, sie für eine
innere Erschütterung der kleinsten Teile der Körper zu halten; andere
Beobachtungen sprechen mehr für die Ansicht derjenigen Naturforscher,
welche eine eigne Materie, die sie Wärmestoff (caloricum) nennen,
als Ursache dieser Erscheinung annehmen. Wir werden den Ausdruck
Wärmestoff wenigstens als ein bequemes Versinnlichungsmitte! ge-
brauchen.' In der That, wir müszen Baumgartner nach Inhalt und
Form den Vorzug geben. Zwischen diesen Darstellungen, der Baum-
ga r tnerschen einerseits und der Fischer-Augus t'' sehen anderer-
seits oder zwischen der philosophisch-raisonnierenden und der mathe-
matisch-deducierenden schwanken nun die andern Autoren hin und
her. Geben wir der erstem mehr Leichtigkeit, dafür aber auch weniger
Gehalt und Gedankentiefe, geben wir ihr mit einem Wort eine mehr
historische Färbung, so haben wir die Darstellungsweise der Franzosen,
die indes in Deutschland nicht die glücklichsten Nachahmer gefunden
hat, und setzen wir dieser Weise leichtere mathematische Constructio-
nen , graphische Explicationen, dem Haupttexte vielfach eingefügte
Anmerkungen zur Begründung und Erweiterung hinzu, dann haben wir
410 Physikalische Lehrbücher.
Eisenlohr, der namentlich Koppe gefolgt ist, vvärend Trappe
mehr und Spill er weniger sich an August und ßaumgartner
anschlieszen. Eigentümlicher Art ist die populäre Naturlehre von
Bequerel, ausgezeichnet durch eine Fülle von Thatsachen und Ideen
in leicht verständlicher, klarer und gefälliger Sprache mit natur-
philosophischer Färbung, nicht so sehr Physik als augewandte Physik
für Chemie, Technologie und Physiologie. Für den gereiftem Schüler
und den angehenden Lehrer dürfte es kaum eine bessere Leetüre geben,
als diese neun Bändchen des berühmten französischen Physikers, welche
mit der Zoologie von M ilnes- E d vva r ds, der Botanik von Jussieu
und der Mineralogie von Vendant fast die gesamten Naturwissen-
schaften in glänzender Weise in sich aufgenommen haben. Charak-
teristisch ist es für dieses Sammelwerk, dasz weniger auf theoretische
Untersuchungen als auf deren praktische Verwerthung gesehn ist und
dasz die Geschichte der einzelnen Disciplinen mehr als anderswo be-
rücksichtigt ist.
Ist bis jetzt das Augenmerk des Lesers vorzugsweise auf gröszere
Arbeiten hingelenkt, auf solche also die in der Bibliothek keines
Lehrers fehlen dürfen, so möge jetzt die lieihe kommen an zwei klei-
nere Werkchen, welche vorzugsweise für Schüler bestimmt sind. Das
Spill ersehe Lehrbuch zuerst anlangend, so kann der Geist desselben
nicht besser charakterisiert werden als durch den Abdruck des ganzen
Rückblicks S. 417. Derselbe lautet:
^Der umfangreiche SlolF, den wir behandelt haben, umfaszt nur
zweierlei: das Wesen der Körpcrwelt und die Erscheinungen an ihr.
Ungeachtet der scheinbar unendlichen Manigfaltigkeit beider ist sowol
die Anzahl der einfachen Stolfe, aus denen alle Körper besfehn , als
auch der Erscheinungen an ihnen höchst einfach. Letztere sind Be-
wegungserscheinungen, erzeugt durch wenige Kräfte: 1) alles Mate-
rielle zieht einander an (die Teile eines ungetrennlen Körpers, die
einander berührenden Körper, die gelrennten Körper auf jede Ent-
fernung); 2) jeder Körper widerstrebt der Veränderung seines Zu-
stands (Kraft in ruhenden, sowol als einem Ganzen, als auch in seinen
kleinsten Massenteilen, verniehrle Kraft in einem bewegten Körper).
Wenn eine Kraft auch nur momenlan wirkt, so ist ihre Wirkung doch
dauernd, wobei sie entweder constant bleibt oder durch andere Ein-
flüsse veränderlich wird. Durch ein Zusammenwirken von zwei oder
mehreren Kräften teils auf die irdischen Körper teils auf den über-
irdischen raumerfüllenden Aelher, welcher auch die irdischen Körper
durchdringt, entstehn die manigraltigsfen Actionen und Reactionen,
welche sich meist als Bewegungen zeigen.'
'Weil nun das Erzeugte seiner innersten Natur nach nicht ver-
schieden sein kann von dem Erzeugenden, so kann Bewegung keinen
Stoir hervorbringen, sondern wieder nur Bewegung. Deshalb sind die
Erscheinungen des Schalls, des Lichts, der Wärme, der Electricität
und des Magnetismus nicht die Wirkungen eines besondern StolTes,
einer imponderabeln Flüssigkeit, welche sich irgendwo anhäuft und
l'hysikalische Lehrbücher. 411
anderwärts fehlt oder welche nach einem gewissen Ziel hinströmf,
sondern es sind oscillierende Bewegungserscheinungen der unlrcnn-
baren Urleilchen der irdischen Körper und des universellen Aelhers.
Diese fünf Erscheinungen sind der Art unter einander verwandt, dasz
jedes, teils durch unmittelbare Berührung teils auf die Entfernung, nicht
nur Seinesgleichen gewissermaszen als Resonanz erzeugt, sondern
auch jedes das andere. Diese innige Verwandtschaft zeigt sich iu
unzählig vielen Fällen.'
'Der Schall wird in der Nähe eines kräftigen Electro- Magneten
verstärkt, die Flaschen einer Nebenbatterie tönen in Longitudinal-
schwingungen, wenn die Ladung durch einen Funkeumesser geschieht,
in dem Leitungstrichler galvanischer Ketten hört man ein Summen ;
auf den Knofenlinien der Klangliguren zeigen sich Spuren von Electri-
cilät; werden Slahlstäbe discontinuierlich durch Schraubendrälite mit-
telst Electricitüt magnetisiert , so tönen sie; durch Wärmediiferenz
zweier einander berührender Metalle (Thermophon) werden Tonschwin-
gnngen erzeugt: wie Klangfiguren, gilit es Wärmefiguren ; eine longi-
tudinalscliwingeiide Glasscheibe wird doppelt brechend, wenn polari-
siertes Licht sie senkrecht trifft; die Polarisationsebene eines Licht-
strahls wird durch den sogenannten electrischen Strom einer Drehung
unterworfen; ein magnetischer Stab leitet in der Richtung der magne-
tischen Axe die Wärme am schlechtesten, in der darauf winkelrechlen
am besten; das Licht erzeugt Magnetismus und Magnetismus erzeugt
Licht (Wärme) im magneto - electrischen Funken; Electricität ruft
Wärme und diese jene hervor, und so sind alle Variationen der fünf
oben angegebnen Elemente vertreten.'
'Bei dem Schalle, dem Licht und der Wärme sind die Schwin-
gungen fortschreitende, daher ist in dem fortpflanzenden Medium ein
Widerstand vorhanden, es entstehen Maxima und Minima der Verdich-
tung, die Fortpflanzung ist eine allmähliche. Die Luft leistet einen
verhältnismäszig noch groszen Widerstand, der Aether einen äuszerst
geringen, deshalb ist die Geschwindigkeit des Lichts so bedeutend,
wozu noch kommt, dasz hier die Schwingungen transversale sind,
wodurch die Dichtigkeit des Aethers in der Richtung der Lichtradien
nur äuszerst wenig geändert wird. Bei dem Magnetismus und der
Electricität sind stehende Schwingungen der untrennbaren Massen-
teilchen um ihren Schwerpunkt. Daher ist der Widerstand unendlich
klein und die Schwingungen müszen sich in einem Körper, welcher
ein ununterbrochenes Ganzes bildet, fast momentan fortpflanzen. Cohä-
sionsverhältnisse und die Natur des StolTes können es bewirken, dasz
die in ihm beginnenden Oscillationen fixiert werden. So ist es beim
Magnetismus, er ist fixierte Viertelsoscillation sämtlicher Massen-
teilchen um ihren Gleichgevvichtspunkt nach einerlei Richtung, so dasz
die Oscillationen aller mit ihren gleichgerichteten Enden nach einer
gewissen Richtung dort den Nordpol, die Oscillationen nach der ent-
gegengesetzten Seite den Südpol geben. Die Weite der Schwingungen
bedingt den Magnetismus der Stärke nach.'
412 Physikalische Lehrbücher.
*In den eleclrischen Spannungserscheinungen, z. B. an einem iso-
lierten Conduclor, der geladenen VerslarUungsflasche, tritt ebenfalls
nur eine fixierte Vierteloscillalion auf, und daher auch ihre pola-
rische Wirkung auf eine Magnetnadel. So wie jedes Fragment eines
Stahlmagneten eine magnetische Polarität besitzt, so jedes Bruchstück
eines electrischen Turmalins; der Zustand ist in beiden Fällen ein
statischer,'
'In den electrischen Strömungserscheinungen findet ein fort-
wärendes Oscillieren jenseits oder diesseits des Gleichgewichts statt,
es ist ein oscillatorisches Erzittern jenseits oder diesseits dieser Lage,
eine teil- und zeitweise Fixierung der einseitigen Lage, und deshalb
folgt auch eine Magnetisierung, welche beim Stahl nur deshalb nicht
nur schnell, sondern auch kräftig und bleibend geschieht, weil die
Massenteilchen durch die fortwärend thätigen Oscillationen in die ein-
seilige Lage gleichsam hineingerüllelt werden.'
^.Beim Knall, Blitz, Entladungsschlag macht jedes erregende
Teilchen einen dreiteiligen Weg, bevor es wieder in der frühern Gleich-
gewichtslage ist, es kehrt nemlich aus der Lage, die ihm durch die
Erregung gegeben worden ist, 1) in die Gleichgewichtslage zurück,
2) nach dem Beharrungsvermögen darüber hinaus , 3) in die Gleich-
gewichtslage zurück. Der ganze Hinweg besieht also aus zwei Teilen,
der Rückweg nur aus einem. Daraus läszt sich erklären, dasz der
Entladungsschlag, ein Blitzschlag den Stahl magnetisieren musz. Die
auf dem Hin- und Rückwege thätigen Kräfte heben einander nicht auf,
sondern es bleibt ein Resultat im Sinne der erstem , welches fixiert
wird. Ein durchbrochenes Karlenblatt musz deshalb auch zu beiden
Seiten einen erhabenen Rand haben.'
'Der Magnetismus mit seiner starr fixierten, gleichsam erstorbe-
nen Oscillation bleibt kalt und leblos; der electrische Strom wird
warm und lebendig, gleichwie in der organischen Welt Leben und
Electricität unzertrennlich sind. Daher kann ein Magnet einen electri-
schen Strom nur dann inducieren, wenn die in ihm fixierten Erschei-
nungen durch eine auszer ihm oder mit ihm erzeugte Bewegung selbst
bewegt oder als beweglich betrachtet werden, also in dem Augen-
blick, in welchem man den Magneten in eine Kupferspirale taucht.
Wenn ein Magnet in der Induclionsspirale ruht, ist er nicht im Stand
die lebendige Oscillation des electrischen Stroms zu erzeugen. Weil
aber die einseitigen fixierten Oscillationen des Magneten beim Heraus-
ziehn desselben aus der Spirale eine der Bewegungsrichtung beim
Hineintauchen entgegengesetzte Lage haben, so musz auch der jetzt
inducierte Strom die entgegengesetzte Richtung von dem vorigen
besitzen.'
'In allen fünf Erscheinungen findet Coincidenz und Interferenz
statt; in den Fällen, in welchen fortschreitende Schwingungen ge-
schehn , ist Zurückwerfung, Brechung und Beugung vorhanden, bei
stehenden lebendigen Oscillationen wol nur Zurückwerfung, bei den
fixierten nicht. Wenn gleichzeitig an zwei Orten Vibrations- und
Pliysikaliscbc Lehrbücher. 41
o
Wellensysteme erzeugt werden, so pIlanKt jedes sich durch das andere
fort; daher kann man zugleich nach entgegengesetzten Hichlungen tele-
graphieren, hören, sehn: in den Schwingungen des einen Systems
Finden die des andern statt.'
*Ueberall in der Natur bemerken wir ilarmonie oder das Streben
nach Harmonie: Ruhe will Hube, Bewegung will Bewegung, und zwar
nicht nur fiir sicli, sondern auch fiir die Umgebung und auf die Ent-
fernung. Das Gleichartige zieht einander an, das Ungleichartige slöszt
einander ab; oscillaforiscbe Bewegungen, sie mögen nun fixierte oder
lebendige sein, ziehen, wenn sie gleich gerichtet sind, einander an,
stoszen aber ab, wenn sie nicht dasselbe Ziel verfolgen. Wie in der
Körper- so ist es in der Geisterwelt.'
Die Mitteilung dieser Stelle erspart Referenten viele einzelne Be-
merkungen : sie zeigt Geist und Leben und eine seltene Combinalions-
gabe. Mag auch vieles gewagt und noch nicht gehörig begründet
sein, die ganze Auffassung ist unbedenklich richtig. Dasz der Ver-
fasser auch späterhin seine Auffassung des Zusammenhangs der Natur-
erscheinungen in einzelnen Abhandlungen weiter zu begründen ge-
sucht, gehört nicht hierher, wo es sich nur um ein Schulbuch handelt,
bei dem vielmehr die Frage aufgeworfen werden könnte, ob in einem
solchen denn solche Art der mehr oder minder hypothesenreichen
Diction an der Stelle sei. Referent hat schon früher ähnliches ver-
sucht und entscheidet sich unbedenklich für die Weise des Verfassers,
da er der wolgegründeten Ansicht ist, dasz nach einer langen, müh-
samen Untersuchung auch dem Schüler ein Resume geboten werden
nicht dürfe sondern müsze, an dem er den ermattenden Geist erfri-
schen könne.
Noch in einer andern Hinsicht stimmen des Ref. Anschauungen mit
denen des Verfassers vollständig überein. Spill er teilt nemlich das
gesamte Material in zwei Teile, von denen der erste 'Eigenschaften der
Körper', der zweite 'statische und mechanische Zustände der Körper'
überschrieben ist, und wärend dieser ungefähr 400 Seiten umfaszt,
sind jenem nur 31 zugewiesen. Es läszt sich nicht verkennen, dasz
diese Ungleichheit einen kleinen logischen Mangel in sich birgt: die
31 ersten Seiten sind in der That nicht ein Teil der Physik, sondern
eine Einleitung dazu, die Referent um die oben näher bezeichneten
Excurse noch vermehren möchte, damit die reine Physik desto klarer
hervortreten könne. Zeigt hier also Ausführung und Mangel die Be-
rechtigung der oben gemachten Erörterungen, so musz noch weiter
angeführt werden, dasz Spiller diese reine Physik, d.h. seinen zwei-
ten 400 Seifen umfassenden Teil, in zwei Abteilungen zerfällt: l)
'notwendige Zustände', 2) 'untergeordnete Zustände', und damit, wenn
auch die Bezeichnung nicht ganz gelungen ist, mit der oben vorge-
schlagenen Einteilung ganz genau übereinstimmt, was bei einem den
gegenwärtigen Standpunkt der Wissenschaft so genau abschätzenden
Mann sich allerdings von selbst versteht. Wie in diesem allgemeinen
Punkte der Gedanke das Material sich vollständig untergeordnet hat,
414 Physikalisclie Leiirbücher.
so bat auch der Verfasser im einzelnen niemals vor der Nasse der
Thalsachen sich gebeugt, sondern dieselbe durch eine logische Glie-
derung bezwungen, die den erfreulichen Beweis liefert, dasz die Em-
pirie nicht als solche bildet und fördert, sondern nur insofern, als sie
Substrat des denkenden Geistes werden kiinn oder schon geworden ist.
Dabei sind aber diese Thatsachen in einer seltnen Fülle vorgeführl,
wozu fast jede Seile den Beweis liefert. Heben wir S. 69 die Er-
läuterungen der Schwungkraft beispielsweise hervor: 'Schwungkraft
zeigt sich überall, wo Bewegung in einem Bogen oder eine Rotation
um einen Punkt oder eine fesle Linie sfaltfindel; daher das Spritzen
beweg ler nasser Hader, der Schleifsteine — die Getreidekörner gehen
beim Jlahlen von der Mitte des Mühlsteins nach und nach an die Peri-
pherie — Wirkungen der Cenlrifugaltrockenmaschine — Wichtigkeil
der Schwungräder bei Maschinen verschiedner Art zur Erzeugung
einer gleichniiiszigen Geschwindigkeit. — Das Losrciszen des Hammers
von seinem Stiel wärend der Bewegung; Wirkungen der Schleuder-
und der Wurfmaschine. Bei raschem Bewegen in einem Kreise (im
Reiten, Fahren auf dem Carrousel) musz mau den Körper einwärts
halten, um nicht fortgeschleudert zu werden; der Lendenritt. — Das
Wasser in einem Gefäsz wird nicht vergossen, wenn es rasch im
Kreise geschwungen wird und dw Boden stets nach der Peripherie
gerichtet bleibt; Cenfrifugalbahn. — Centrifugalwassermaschine, nur
durch offene, um eine verticale Axe drehbare, nach oben divergiernde
Rohrchen, die unten im Wasser stehn und oben in einen Raum münden,
das Wasser zu heben. — Der Regulator an Dampfmaschinen zum
OelTnen und Schlieszen der Ventile. — Mittel, das durch Luft in Ther-
momelerröhren getrennte Quecksilber wieder zusammen zu bringen.
Wird eine Glaskugel mit etwas Wasser schnell um eine Axe gedreht,
so hebt sich das Wasser und bildet eine Aequatorialzone; ist Queck-
silber dabei, so musz dasselbe, weil die Schwungkraft bei gleicher
Geschwindigkeit mit der Masse wächst, den mittelsten Teil dieser Zone
bilden; die schwerere von zwei Flüssigkeiten steigt in der andern, —
Da ferner die Schwungkraft bei gleicher Masse mit der Geschwindig-
keit wächst, so musz ein Hammer mit längerem Helm kräftiger wirken
als einer mit kurzem; der mit einer Schleuder geworfne Stein geht
weiter als der mit der Hand geworfne' usw.
Es ist klar dasz eine solche Fülle von Thatsachen, wie sie an
jeder Stelle des Buches getroffen wird, nur höchst willkommen sein
kann, aber die Bemerkung, dasz die Aufstellung derselben etwas zu
aphoristisch gehallen, kann nicht unterdrückt werden. Der Verfasser
hat ja keinen trocknen Leitfaden schreiben wollen, sondern die Ab-
sicht gehabt, ein Werk für den selbstarbeitenden, also nicht immer in
der Nähe des Lehrers sich befindenden Schüler, vielleicht auch für den
Selbstunterricht zu entwerfen, und da dürfte denn doch die Ungleich-
heit in der bloszen Anführung 'Cenlrifugaltrockenmaschine' und der
weitern Auseinandersetzung 'Centrifugalwassermaschine, nur durch
oben offene, um eine verticale Axe drehbare' usw. ein Mangel sein,
Pliysikalisclie Lehrbücher. 415
den man nicht geringer machen wird durch die Entgegnung, dasz der
Schüler, al)gt'S(!hn von dorn sicli selbst unterrichtenden, zur Krzielung
eines nähern Versliindnisses auf den Lehrer ziirückgehn könne, da
es unumslöszlicli feststeht dasz unverständliche Stellen, namentlich
solciie, die Thatsachen, hier also ßeisiiiclo enthalten, die Leetüre nicht
nur aufhalten, sondern, was weit mehr sagen will und die Unange-
messenheit des belreirenden Verfahrens idar darlegt, von derselben
geradezu abschrecken. Es ist nicht nötig, dasz man in einem Lehr-
buch der Physik jeden Apparat oder jede Erscheinung mit allen Um-
standen wcilschweilig auseinandersetzt, eine solche Breite ermüdet
vielmehr und musz jedem etwas geistreichen Leser höchst pedantisch
erscheinen, aber eine kurze Andeutung, ein Zusammenfassen der llaupt-
momente dürfte doch unbedingt notwendig sein.
In diesem Punkte würde also die bessernde Hand des Verfassers
noch manches zu vollbringen haben, sonst hallen wir seine Arbeit
unter den für Gymnasien bestimmten, so weit wir Kenntnis davon
haben, ohne alle Einschriinkiiiig für die beste, ziehen sie namentlich
der Kopp eschen vor, trotzdem dasz wir dieser vor einem lustrum
etwa unsere lebhafte Anerkennung nicht versagt haben, und müszen
die Vergleichung mit Brettner und Trappe abweisen, weil die-
selben mehr in die Reihe der bloszen Compendien zu stellen sind.
Koppe steht uns noch jetzt über den oben erwähnten Auszügen von
Müller und Fi s c h e r- A ugus t, auch über den beiden ersten hier in
Betracht zu ziehenden Teilen von Heussi, so dasz also die Spiller-
sche Physik unserer Ansicht nach die zur Zeil für Gymnasien empfeh-
lenswertheste ist. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, dasz einzelnes
nicht getadelt werden niüsfe, wie das im vorigen schon geschehn
ist: Referent richtet nur auf das Ganze sein Augenmerk und will nicht
mehrmals den Raum dieser Zeitschrift für Kleinigkeileu in Anspruch
nehmen, die bei jeder neuen Auflage leicht verbessert werden können;
sonst w ürde er z. B. tadelnd liervorlieben, dasz im ersten Teil die Eigen-
schaften der Materie nicht ihrem innern Zusammenhange nach geordnet
sind, oder dasz die Anwendungen des Pendels nicht alle aufgezählt, oder
dasz der hydraulischen Presse an einem unrechten Orte und gewisser-
maszen nur nebenher Erwähnung geschehen usw. Wesentlich würde der
Vf. bessern, wenn er seinen ersten Teil in der oben angegebnen W'^eise
erweitern und ein alphabetisches Register hinzufügen würde, da die-
ses nur teilweise durch seine genaue distinguierte Inhaltsangabe er-
setzt wird. Die Verlagshandlung aber musz die Nummern der Figuren
den einzelnen Holzschnitten beidrucken lassen ; dasz die Nummern im
Texte enthalten, ist bei jetziger Einrichtung durchaus überflüssig.
Das VV i t zsch e 1 sehe Lehrbuch charakterisiert sich in der Vor-
rede als von andern Lehrbüchern vorzüglich dadurch abweichend, dasz
es den theoretischen Teil der Mechanik ausführlicher behandle, da
es der Verfasser für besser halte, 'wenn die Schüler vorerst eine klare,
richtige Idee von der Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte,
von den verschiednen Arten der Bewegung, vom Princip der lebendi--
41G Physikalische Lehrbücher.
gen Kräfte, von den Trägheitsmomenlen usw. gewinnt, als wenn ihm
eine Masse von StolT gleichinäszig ans allen Teilen der Physik vorge-
führt wird' und sodann, 'dasz es notwendig geworden, von der Wär-
melehre an verschiedneii Orten das notwendigste einzuschalten, so
dasz am Ende nur einzelne Ergänzungen, zumeist die strahlende Wärme
betreffend, übrig bleiben'. Wenn Witzschel ferner in der Vorrede
auseinandersetzt, dasz ein vorzüglicher Zweck seines Buches der sein
soll, den Schülern als Mittel der Praparation womöglich zur Anferti-
gung schriftlicher Ausarbeitungen zu dienen, so scheint uns aus allem
dem hervorzugehen, dasz seine Physik zunächst nicht für Gymnasien
bestimmt ist, sondern mehr oder weniger technische Anstalten ins
Auge gefaszt hat. Denn was zunächst die Vorbereitung für die Un-
terrichtsstunden betrifft, so hat der Gymnasialschüler wahrlich keine
Zeit zur Ausarbeitung eines Heftes: es wird immer genügen, wenn er
bei den Vorträgen des Lehrers sich die Hauptmomente zu eigen macht
und sein physikalisches Lehrbuch, das aber deshalb kein Compendium
sein darf, als anregende Leetüre benutzt. Auch auf Realschulen jetzi-
ger Einrichtung in Preuszen dürfte diese Art des Unterrichtens und
Lernens ausreichen, vorausgesetzt dasz der Stoff nach der reichlicher
zugemessenen Zeit passend erweitert wird. Für Fachschulen mag des
Verfassers Plan im Ganzen zutreffen, namentlich nuisz man ihm darin
beistimmen, dasz er fast überall bestimmte Zahlzeichen bei den mathe-
matischen Abhandlungen gewählt hat, da diese für Schüler überhaupt
und Fachschüler insbesondere handlicher sind. Hält aber Referent die
umfangreichere Darstellung der mechanischen Lehren für Gymnasien
nicht zutreffend, so folgt schon daraus, dasz auf die andern Teile der
Physik mehr Gewicht gelegt werden musz, da diese ungleich leichter
aus dem bloszen Experimente sich herleiten lassen und für eine mehr
historische Auffassung der Naturwissenschaften, wie sie jeder Gebildete
beutigen Tages sich anzueignen sucht, bei weitem wichtiger sind.
Dafür aber, dasz der Verfasser Teile der Wärmelehre so wie eine
kleine unorganische Chemie an die Spitze seiner Arbeit gestellt hat,
musz man ihm zu Dank sich verpflichtet fühlen, was Referent hier
um so lieber ausspricht, als seine oben ausgesprochnen Ansichten
dadurch zum Teil wenigstens befriedigt werden. Im übrigen ist die
Arbeit des leider zu früh verstorbnen Verfassers nur anzuerkennen;
was er bringt ist in durchaus gelungner Darstellung anziehend und
ein intensives Wissen durchaus fördernd: wir haben keine gewöhn-
liche Waare vor uns, sondern ein auch im einzelnen durchdachtes Werk,
welches vorzugsweise noch Studierenden empfohlen werden kann, be-
vor sie zur Anhörung mechanischer Collegia schreiten. Im Vergleiche
zur Spillerschen Physik geben wir dieser also den Vorzug insofern
nur Gymnasialansfalten in Frage stehen, anerkennen aber die gröszere
Branchbarkeil der Witzschelschen Arbeit für Gewerbe- und technische
Anstalten, teilweise auch für Realschulen, wobei zugleich bemerkt
werden mag, dasz VVitzschcls Physik für letztere und auch für Gymna-
sien ungleich brauchbarer werden wird, sobald ihr zweiter Teil eine
Physikalische Lehrbücher. 417
^röszere Ausdehnung erhalten. Der erste rein mechanische Teil kann
dabei ganz gut bestehen bleiben, da ja das Uei)ermasz des SlolTes in
ihm leicht durcli den Leiirer beziichnet werden kann. Es ist meiir als
wahrscheinlicli , dasz die Verlagsliandlung neue Auflagen des Werkes
durch andere Hände besorgen lassen wird, mag es demnach nicht un-
angemessen erachtet werden, wenn wir noch einzelne Bemerkungen
gerade an dieses Werk anreihen.
Zunächst versucht Referent eine Uebersicht der Einleitung und
des rein mechanischen Teiles der Physik in seiner Weise, indem er
dadurch wesentliche Verbesserungen in der Anordnung dis Ulaterials
vorzuschlagen liolTt, Verbesserungen die aucli Spiller nicht ungern
annehmen wird. Diese Uebersicht gestaltet sich also:
I. Einleitung. A. A 1 Igem eine ß em er ku ngen. 1. Physik
und ihr Verhältnis zu den übrigen Zweigen der Naturwissenschaften
einer- und zur Malhemalik andernseils. (Körper — Stoff — Mate-
rie.) 2. Erscheinungen — Beobachtung: Experiment, Naturgesetz,
Naturkraft (Hypothese). 3. Einteilung der Physik nach Art der Er-
scheinungen, die hervorgehn durch Massenanziehungen aus der Ferne
oder durch 3Iolecülaranziehungen bei unmittelbarer Berührung. —
B. Besondere Einleitung, a. Allgemeine Eigenschaften der Ma-
terie als Voraussetzung der Bewegungslehre oder eigentlichen Physik.
1. Undurchdringl i ob keit (Tastbarkeit); 2. Teilbarkei t( Atome, Molecüle).
3. Ausdehnbarkeit und Zusammendruckbarkeit (Dehnsamkeit, Elastici-
tät); 4. Porosität (Volumen) ; 5. Gravitation (Dichtigkeit, Gewicht).
b. Atomistische Hypothese. 1. Erscheinungen der freien und latenten
Wärme. 2. feste, flüssige und hiftförmige Körper. 3. Cohäsionsver-
hältnisse (Cohäsionsqualiläten , harte, spröde, zähe, weiche Körper;
Prüfung der Cohäsionskraft; Krystallisation und Krystallsysteme). 4.
Adhäsionsverhältnisse (Capillarität, Etidesmose, chemische Verwandt-
schaft). 5. Chemische Nomenclatur und Zeichenlehre; kurze Betrach-
tung des Sauerstoffes, des Wasserstoffes, des Stickstoffes, der Kohle
und des Schwefels ; binäre Verbindungen , Basen und Säuren, Salze,
organische Verbindungen, leichte und schwere Metalle, Erden. — C.
Allgemeine Uebersicht der Theorie der Bewegung. J. Erklärungen
(Geschwindigkeit, Gesetz der Trägheit, Statik, Dynamik). 2. Gleich-
gewichlsbedingungen mehrerer Kräfte, welche einen Punkt angreifen:
a in derselben, ß in verschiedenen Richtungen. 3. Gleichgewichtsbe-
dingungen für mehrere Kräfte, welche mehrere Punkte angreifen und
« parallel gerichtet sind (statische Momente, Schwerpunkt), ß ver-
schieden gerichtet, Gleichgewichtsbedingungen für das Stattfinden einer
Resultante, Poinsotsche Kräflepaare. 4. Reibung; 5. Stosz; 6. Fallge-
setze; 7. Pendelbewegung (Theorie des mathemalischen Pendels); 8.
Wurfgesetze; 9. Centralbewegung mehr in historischer Form; 10.
Wellenbewegung.
II. Erster Teil der Physik. Massenbewegungen. A.
Feste Körper. 1. Einfache Maschinen (Hebel, Rolle, schiefe Ebene,
Keil und Schraube). 2) Zusammengesetzte Maschinen (Wagen, Fla-
N. Jahrb. f. Phil. u. Pud. 11. Abt. 1S61. Hft 9. 27
418 Physikalische Lehrbücher.
schenziige, Rad und Welle, Winden usw. Princip der virtuellen Ge-
schwindigkeiten). 3. Kräfte, bewegte 3Iassen und Geschwindigkeiten.
(Bewegungsgrösze, Alwoodsche Fallmaschine, mechanische Arbeil,
Princip der lebendigen Kräfte, Trägheitsmomente). 4. Physikalisches
Pendel (Reversionspendel, Compensationen, Chronometer, Abplattung,
Axendrehung und Gewicht der Erde). — B. Flüssige Körper. 1.
Allseiliger Druck, Bodendruck, Seilendruck, communicierende Röhren,
hydraulische Presse, Theorie des Schwimniens, Aräometer. 2. Freier
Ausllusz des Wassers aus BodenölTnungen: «) bei constanter, /3) bei ver-
änderlicher Druckhölie ; freier .\usflusz des Wassers aus Seilenöifnungen :
ß) bei constanter,/3)bei veränderlicher Druckhohe; gehinderter Ausllusz.
3. Geschwindigkeit des Flusz-wassers, Bewegung des Wassers in Röhren-
leitungen.— C. Luflförm ige Körper. 1. Druck der Luft; das Barome-
ter und seine verschiedenen Anwendungen ; Luftpumpe und ihre verschie-
denen Anwendungen; natürliche Erscheinungen, die auf dem Luftdrücke
beruhen, physikalische Apparate dafür, Feuerspritze, Luftballon. 2. Be-
wegte Luft, Theorie der Winde, Blasebalg und Gebläse, Ausströmen der
Luft aus Gefäszen, Gasleitungen. 3. Verhältnis zwischen Ausdehnung,
Dichte und Expensivkraft; Dampf als bewegende Kraft, Dampfmaschine,
Locomotive.
III, Z weiter Teil der Ph ysi k. Molecülarbewegungen.
a. 31agnetismus, b. Electricität , c. Schall, d. Lieh!, e. strahlende
Wärme.
IV. Historische Anmerkungen und Excurse.
Zur vorstehenden Uebersicht erlaube ich mir noch zwei Anmerkun-
gen. 1. Waszunächst die IV Abteilung der Uebersicht anlangt, so gibt
es kaum ein Schulbuch, welches den dadurch bezeichneten StolT in nur
etwas würdiger Weise aufgenommen hätte, wenn man nicht die popu-
läre Naturlehre von Bequerel und das Koppesche Lehrbuch ausnehmen
will. Letzteres gibt nach jedem Abschnitte historische Data in chro-
nologischer Reihenfolge. Dieses Vorgehen Koppes hat Referent in
seiner damaligen Anzeige mit Genugthuung hervorgehoben; an dieser
Stelle soll nun hinzugefügt werden, dasz ebenso wie es gewisse Fun-
damentalversiiche gibt, welche jedem Schüler vorgeführt werden,
ebenso auch gewisse historische Versuche ein unbestreitbares Recht
auf Ueberlieferung an die Schüler haben, so der Versuch der Akade-
mie zu Florenz, die Aufrichtung des Obelisken zu Rom, der Versuch
der Magdeburger Halbkugeln, so die Versuche von Franklin und Rich-
maun, so die Experimente von Boutigni usw. Auch die Namen der
gewichtigsten Autoren, die Geschichte mancher Maschinen und man-
cher Apparate miiszen notwendig in der Schule des breitern genannt
werden. Nun scheint es aber Sitte geworden zu sein, ältere Namen,
Versuche und Apparate, mögen sie historisch noch so denkwürdig
sein, ganz zu ignorieren, neuere dagegen an der betreffenden Steile
zu erwähnen. Mir scheint es, das beste Verfahren bestehe darin, die
Wissenschaft nach ihrem heutigen Standpunkte ohne alle Abschweifung
vollständig darzulegen und dann in historischen Excursen geschieh-
Physikalische Lehrbücher. 419
liehe Bilder anzurcilien, um einerseits angenehmeWiederholiingen, an-
derseits einen gewissen Abschlusz zu ermöglichen.
2. Es ist mir hier und da von befreundeten Collegen vorgewor-
fen worden, dasz ich namentlich in meinen Hecensionen zu engherzige
Forderungen in Bezug auf Systematik mache, dasz ich die individuelle
Freiheit, welche die einzelnen Lehrer für sich beanspruchen müszen,
allzusehr beschränke, dasz ich nicht bedächte, wie viele Wege zum
guten Ziel führen können, und was dergleichen Einwendungen mehr
sind. Ich musz gestehn dasz ich solchen Tadel kaum verstehe, und
ich will bei dieser Gelegenheit einmal eine allgemeine Antwort er-
teilen. Wenn jemand sich wissenschaftlich bescliäfligt, so macht er
natürlich den Anfang mit der Ansammlung genügenden Materials, sei
ihm dasselbe nun ein historisch gegebenes oder aber ein durch eigne
Beobachtung zu gewinnendes. Ist nun dieser gewissermaszen encyclo-
pädische Wissensdurst gestillt, so kommt eine zweite subjectiv weit
wichtigere Arbeit, die systematische: das gewonnene Material musz
gesichtet, geordnet und nach bestimmten Kategorien zusammengelegt
werden, es musz sich dem Geiste als geistiges Besitztum ganz und gar
einfügen. Als solches geistiges Besitztum kann es nun endlich an Dritte
übertragen, kann mündlich oder schriftlich gelehrt werden. Verschie-
dene Lehrer werden immer die systematische Arbeit verschieden
vollbracht haben, aber was nicht zu vergessen sein dürfte, diese Ver-
schiedenheit ist immer nur eine sehr beschränkte; der Stolf , der Er-
kenntnisstand desselben und die Deukgesetze sind allüberall dieselben.
Wo man über diese Schranken hinwegsteigt, da fallt man einem jeglicher
Berechtigung entbehrenden subjectiven Gebaren anheim , welches eine
Misstimmung erregen kann. Auf der andern Seite aber wird nur das,
was in solcher Bearbeitung überliefert wird wie es oben verlangt
worden, rege Aufnahme (luden und zu ähnlichem Vorgeho anspornen.
Auch ein Schulbuch musz mehr als ein bloszes Aggregat von Sätzen
sein, letztere befriedigen nimmer den Geist, wie reichen Inhalts sie
auch sein mögen. Diesen Ansichten glaube ich in meinen Beurteilungen
stets treu gebliehen zu sein, und ich würde mir ein kleines Verdienst
erworben haben, wenn ich zu ihrer Anerkennung etwas beigetragen
hätte. Ob ich selbst stets das bessere treffe oder nicht, ist dabei ganz
gleichgültig; habe ich einen Mangel entdeckt, so suche ich zu bes-
sern; gelingt es nicht, so mag ein dritter ein anderes versuchen, bis
das Rechte endlich gefunden ist. Jedes Buch endlich, welches sich lu
ausgefahrnen Geleisen bewegt, oder aber welches bei manchen Vor-
zügen im einzelnen keinen höhern Gesichtspunkt offenbart, hat für
mich keinen Werth und ich glaube auch sehr wenig Werth für andere.
Kehren wir zu Witschel zurück, indem wir noch einige klei-
nere Bemerkungen zur Charakterisierung des Werkchens beibringen.
S. 17 heiszt es : ^bei vielen Holzarten nimmt man die Poren mit bloszen
Augen wahr, bei mehreren erkennt man sie unter anderem daran, dasz
Quecksilber, auf welches ein starker Druck ausgeübt wird, sich durch
dieselben hindurchpressen läszt. Eine besondere Art der Opale, der
27*
42ü Physikalische Lehrbücher.
Hydrophan, hat die Eigentümlichkeit im Wasser durchsichtig zu wer-
den, indem er die Flüssigkeit in seine Poren aufnimmt und die Luft
aus denselben entweichen läszt. Obwol Glas unter keinen Umständen
der Luft und dem Wasser einen Durchgang gestaltet, so müszen wir
es doch sowol wegen seiner Durchsichtigkeit als auch wegen seiner
Zusammendrückbarkeit als porös annehmen'; und S. 135 : 'Anwendungen
des doppel- und einarmigen Hebels bieten viele einfache Werkzeuge
und Instrumente sowie Maschinenteile dar; dahin sind z. B. zu rech-
nen die verschiedenen Arten von Gewiciitswagen, deren später aus-
führlicher Erwähnung geschehen soll . . . der Schwengel an Pump-
werken, Spritzen, Pressen stellt häufig einen einarmigen Hebel vor.'
Es sind hier aufs Gerathewol zwei Stellen herausgegriffen, um den
Beweis zu liefern , dasz der Verfasser zu wenig Thatsachen angeführt
hat, ein Verfahren welches unmöglich gebilligt werden kann; denn
Thatsachen bilden die Grundlage theoretischer Untersuchungen und
Thatsachen setzen allmählich das theoretisch Erkannte in technische
Fertigkeit um.
S. 25. Zu dem Satze: 'das Gewicht eines Körpers nimmt mit der
Masse desselben im einfachen Verhältnisse zu oder ist der Masse pro-
portional' findet sich die Anmerkung: 'Streng genommen kann dieser
Satz erst später seine Stelle finden, indessen lassen sich auf ihn die
gewöhnlichsten Erscheinungen, bei denen Gewicht und Masse der Kör-
per in Betracht kommt, auf die ungezwungenste Weise zurückführen,
wodurch seine Begründung sich rückwärts ergibt. Uebrigens fällt den
sehr bedeutenden Unterschied zwischen Schwere und Gewicht festzu-
halten dem Anfänger, wie sich manche ausdrücken, etwas schwer.
Die Schwierigkeit dürfte indes wol nur in der unglücklichen Wahl
des Wortes Schwere für den damit bezeichneten Begriff liegen . . .
Mit diesem Beispiel kann man zugleich die Aufnahme von Kunstaas-
drücken aus der lateinischen und griechischen Sprache gerechtfertigt
erblicken, worüber manche Sprachreiniger sich nicht genug entsetzen
können.' Dieser Anmerkung kann man gewis unbedingt beistimmen
und wünschen, den wissenschaftlichen Begriff 'Schwere', eben weil er
im gewöhnlichen Leben mit Gewicht zum Teil identisch ist, überhaupt
ganz zu verbannen. Für die Atlractionen der Himmelskörper behält
man das ganz allgemeine 'Altraction' bei; für die Attractionen, welche
die Erde auf die auf ihrer Oberfläche befindlichen Körper ausübt, ge-
nügt das Wort 'Gravitation': erstere gehört der Astronomie, letztere
der Physik an. Somit liegt denn auch der Schlusz nahe, dasz die
eine historische Auseinandersetzung übersteigenden Erörterungen über
Centralbewegungen, Kepplersche Gesetze usw. nicht in ein Lehrbuch
der Physik gehören, geschweige denn die mathematischen Deductionen
über Linien zweiten Grades. Wenngleich Witsche! bemerkt, dasz
jeder Leser gewis die betreffenden §§ in seinem Werke ungern ver-
missen werde, so müszen wir das Gegenteil behaupten, einmal aus
dem angeführten Grunde und sodann, weil jeder Leser, der sich dieses
Pliysikalishec Lehrbücher. 421
SfolTes bemächtigen soll, ein entsprechendes rein mathematisches Werk
zur Hand haben wird.
Indem wir also mit Genngthnung- constatieren, dasz Witschel
BegrifFserlilärungen so streng wie möglich aufgestellt wissen will,
dürfen wir wol noch auf einiges der Art aufmerksam machen. Gewis
wird jedermann die Bcgrilfe: hart, spröde, ziilic, weich, zerdrücken,
zerbrechen, zerdrehen usw. als leicht verständlich hinnehmen, und
dennoch dürfte es einem physikalischen Lehrbuche wol anslelin, für
dieselben strenge Deiinitionen einzuführen, um so mehr als die allge-
meine Verständlichkeit häufig genug eine gewisse Unklarheit verdeckt,
die den nachfolgenden physikalischen Erörterungen mehr oder weniger
Eintrag thut. Wenn aber beispielsweise erklärt wird: Miart ist jeder
Körper, dessen Molecüle dem Trennen und Verschieben einen meszba-
ren Widerstand entgegensetzen, weich dann, wenn Trennen und Ver-
schieben leicht von statten gehn; spröde, wenn die Trennung leicht,
die Verschiebung schwer, und umgekehrt wenn die Trennung schwer,
die Verschiebung leicht von statten geht, zähe', so wird jeder Leser
nicht allein zufriedengestellt sein, sondern auch in jedem gegebenen
Falle mit gleicher Leichtigkeit und Strenge des Unterscheidens vor-
gehen wollen. In dieselbe Kategorie, aber der nicht ganz zulässigen
Deiinitionen des Verfassers gehört auch die Bemerkung desselben über
Imponderabilien als solcher Körper, deren Materialität zwar nicht be-
stritten wird, deren Natur, Unterschied und Anzahl aber weniger
erkannt ist und welche den Erscheinungen des Lichtes, der Wärme,
der Electricität und des Magnetismus untergelegt werden. Alle Welt
basiert doch die Erscheinungen der genannten Art auf den sogenannten
Aether und es hätte also geradezu gesagt werden sollen: auszer der
gewöhnlichen Körperwelt existiert noch der Aether, der aber nicht
einmal imponderabel zu sein braucht.
Wenn S. 41 des Drebb eischen Thermometers blos in einer An-
merkung von 2V2 Zeilen gedacht ist, so kann Referent nicht umhin den
Wunsch zu äuszern, es möchte eine vollständigere Analyse des Dreb-
b eischen Instrumentes gegeben sein, wie auch dasz der historische
Grund für die verschiedene Einteilung des Fundamentalabstandes an-
geführt werde. — Ebenso haben wir bei der Entwicklung der Begriffe
von chemischen Aeqnivalenten und Atomgewichten die kleine Unter-
lassungssünde zu bemerken, dasz die Begründung der Theorie des
Doppelatoms fehlt, was um so mehr zu bedauern als diese letzteren
Erörterungen ungemein klar und fasziich sind. — Zu der Bezeichnung
s = — t^ nach Art der Franzosen findet sich keine Veranlassung, da
2
man auch im analogen Falle die Kreismessung niemals schreibt (In-
7t
halt des Kreises) r^ — l^ und die Zahl g = 15 (nicht = 30 in Ab-
rundung) bei manchen physikalischen Verhältnissen wiederkehrt; ist
doch 15 die Zahl der Pfunde, mit der die Atmosphäre auf einen Quadrat-
zoll drückt, und 5. 15 die Zahl der Füsze bei der Höhenzunahme, wenn
422 Physikalische Lehrbücher.
das Baromeler um l" sinkt, und 8. 15 die Zahl der Fiisze bei der
Zunahme der Tiefe, wenn das Thermometer um l" steigt. — Dasz
endlich die Theorie der Wage ganz ans Ende der Lehre von den
festen Körpern gerückt worden ist, hat vvol ebenfalls keinen zureichen-
den Grund. Der Mängel der Theorie der flüssigen Körper ist schon
oben im allgemeinen gedacht worden, und da der Verfasser auf den
zweiten Teil selbst weniger Gewicht legt, so kann Referent seine Be-
merkungen schlieszen, nachdem er gezeigt zu haben glaubt, dasz in
der Anlage des Ganzen nicht sehr schwer Veränderungen vorgenom-
men werden können, die der Arbeil eine gröszere Verbreitung sichern,
und dasz auch im einzelnen noch manches der erneuerten Ueberlegung
und präcisen Fassung bedarf.
Zum Schlusz noch einige Worte über das chemisch-physikalische
Lexikon von Dove, August usw. und über die physikalische Technik
von Fr ick. Ersteres dürfte namentlich jungen Lehrern zu empfehlen
sein sovvol in Hinsicht der tiefern mathematischen Begründung als auch
in Rücksicht auf Quellenstudium und Kenntnis lilterarischer Hülfs-
mittel. Ob das Lexikon eine weite Verbreitung gefunden, ist Referen-
ten unbekannt, thut auch nichts zur Sache, denn habent sua fata libelli.
Auch die B aumga rtne r sehen Supplemente sind nur einmal aufge-
legt und bald wol nur noch antiquarisch zu beziehn. Auch ein Beweis,
dasz das mathematische Studium der Physik nicht sehr beliebt ist und
dasz das Publicum lieber mit leichterer Waare fürlieb nimmt.
Die physikalische Technik von Frick war das erste Werkchen
dieser Art und kam gewis einem oft empfundnen Bedürfnis entgegen.
Sie ist in ihrer Weise recht gut, doch hatten wir selbst früher eine
andere Vorstellung von einem solchen Werk. Der Fachlehrer für
Mathematik und Physik an Gymnasien in kleineren Orten hat selten
Zeit und Gelegenheil, die selbständige Beschaffung physikalischer
Apparate zu besorgen, und sollen wir es gerade heraussagen, er hat
etwas besseres zu thun, an seiner eignen geistigen Fortbildung nem-
lich zu arbeiten statt seinen eignen Amanuensis zu machen. Ein an-
deres thut dem jungen Lehrer not: er hat bis zu seiner Anstellung
meist aus Büchern studiert und Apparate wie Instrumente nur von
auszen kennen gelernt, auch in den besten Fällen von geschickte»
Universitätslehrern, die auch seltener sind als man gewöhnlich an-
nimmt, experimentieren gesehn, nicht aber experimentieren gelernt:
dem jungen Lehrer thut nun ein Buch not, welches angibt l) welches
sind die jedem Kapitel entsprechenden brauchbaren Schulexperimente;
2) welche Apparate sind dazu notwendig und wie und wo sind die-
selben am besten und billigsten zu beschalFen; 3) welches sind die
vorzüglichsten Momente nach denen der Experimentator sich vor-
züglich zu richten, und welches die namhaftesten Fehler die er zu
vermeiden hat. Natürlich enthält das Fricksche Werk wie auch die
gewöhnlichen Lehrbücher der Physik sehr vieles von dem so eben
angedeuteten, aber ein Buch, unter diesem Gesichtspunkte ausge-
arbeitet, würde von einschlagender Wirkung sein sovvol für Lehrer,
Fasbender: Beschreibende Gcomelrie. 423
die viele Zeit, viele Mühe wie vielen Verdriisz sich ersparen würden,
als auch für Schüler, die nun nicht mehr so sehr Gefahr liefen, um
wünschonswcrihe Experimente betroffen zu werden. Es könnten sich
recht wo! nielirero praktische Schuliiiiiiiner zu einem solchen Werk
vereinig-en, sobald eine Verlagshandliing' sich zum Mittelpunkt eines
solchen Unternehmens machen wollte. Hollen wir, dasz so etwas nicht
allzu lange auf sich warten lasse.
Neustadt in West-Pr. im Juli 1861. FaJde^ Oberlehrer.
12.
Anfangsgründe der beschreibenden Geometrie ^ der analytischen
Geometrie^ der Kegelschnitte und der einfachen Reihen. Für
Realschulen als Ergän:,nngsband zu den fnathematischen
Lehrbüchern des Herrn Professor Koppe von Dr Ed. Fas-
bender, Professor und Oberlehrer am köniyl. preusz. Gym-
nasium zu Thorn. Essen, Druck und Verlag von G. D. ßä
deker. 1860.
Nach der Heorganisation in Treuszen unter dem jetzigen Cultus-
niinister und nach genauer Feststellung der Lehrpensen, besonders in
den oberen Klassen, trat für den Unterricht in der Alatbemalik das
Bedürfnis nach einem Lehrbuch hervor, das dem Lehrer als Leitfaden
und dem Schüler als Anhaltpuiikt zu einer Wiederholung dienen sollte.
Die obige Verlagshandlung erkannte, dasz ein solcher Ergänzungsband
zu den Koppe sehen Lehrbüchern der Mathematik, damit diese für den
Unterricht in der Mathematik auf liealschulen ein einheitliches Ganzes
seien, fehle. Da Herr Professor Koppe wegen seiner leidenden Ge-
sundheit verhindert war, diesen Ergänzungsband zu seinen mathema-
tischen Lehrbüchern auszuarbeiten, so unlernahm dieses Herr Professor
Fasbender, ein ehemaliger Scliüler und dann langjähriger Freund
des Herrn Koppe. Und in der That war Herr Fasbender die geeig-
nete Persönlichkeit hierzu, da er die mathematische Methode des Herrn
Professor Koppe aus langjähriger Praxis genau kannte und nicht
minder die Bedürfnisse einer Healschule, da er selbst berufen ist den
Hauptunterricht in der Mathematik und in den Naturwissenschaften an
der Kealscbule zu Thorn, die durch jüngstes Rescript des Herrn Unler-
richtsministers zu einer Healschule Ir Ordnung erhoben ist, zu erteilen.
Die vorliegenden 'Anfangsgründe' usw. entsprechen nun nach
Inhalt und Form ganz den Bedürfnissen, welche an einen guten Leit-
faden in der Mathematik für die oberste Klasse einer Healschule Ir
Ordnung gestellt werden können. Der Verfasser bat überall mit groszer
Klarheit und malhematischer Schärfe seine Aufgal»e erfaszt und dem-
gemäsz dieselbe gelöst. Der erste Abschnitt, welcher die darstellende
Geometrie behandelt, bespricht die Darstellung des Punktes, der ge-
raden Linie und der Ebene; es werden auch mehrere hierher gcliö-
424 Fasbender: beschreibende Geometrie.
rende Aufgaben gelöst. Der zweite Abschnitt behandelt in gröszerer
Ausführlichkeit die analytische Geometrie der Ebene und des Raums,
nachdem vorher in angemessener Weise und mittelst Anwendung von
Fundamentalaufgaben das Kapitel von den Coordinaten behandelt ist.
Im dritten Abschnitt entwickelt der Verfasser, ausgehend von der all-
gemeinen Gleichung des Kegelschnitts, in analytischer Methode die
wichtigsten Eigenschaften der Kegelschnitte und entwickelt dann die
Gleichungen für die besondern Schnitte. — Weniger ausführlich, aber
doch in hinreichendem Umfange für den vorliegenden Zweck behandelt
der Verfasser im vierten Absclinilt die Lehre von den einfachen Reihen.
Durch die Erklärung von unendlichen Reihen kommt er bald auf con-
vergente Reihen, auf die Coefficienten der binomischen Reihe und die
Allgemeingültigkeit der ßinomialformel ; dann die Exponenlialreihe,
die logarilhmische Reihe und die Reihen für Sinus und Cosinus; den
Schlusz bildet die Leibnilzsche Reihe. — Die sphärische Trigono-
metrie, als nicht in den Lehrplan für Realschulen aufgenommen, ist
nicht berücksichtigt.
Referent kann nach diesen allgemeinen Angaben folgende Gedan-
ken nicht unterdrücken :
Die Ausdehnung, welche der Verfasser dem die beschreibende
Geometrie behandelnden Abschnitt gegeben hat, dürfte wol über das
Bedürfnis der Realschulen und über die Absicht des Reglements vom
6. October 1859 hinausgehn. Dasselbe will nur die Hauptsätze der
beschreibenden Geometrie und auch diese nur im Ansclilusz an die
Stereometrie behandelt wissen. Ein gleiches dürfte von der Ausdeh-
nung gellen, in welcher der Verfasser die Kegelschnitte in analytischer
Behandlung vorführt. Immerhin aber kann das in beiden Gebieten von
dem Verfasser gegebne Material begabteren Schülern als weiterer
Uebungssloir IrelTliche Dienste leisten. Die analytische Behandlung
der Kegelschnitte ist überdies, wie der Verf. auch in der Vorrede an-
deutet, so gehalten, dasz sie eine fortUuifende Reihe von Anwendungen
der Sätze der analytischen Geometrie involviert. Aus diesem Gesichts-
punkte betrachtet mag die von uns hervorgehobene Ausdehnung an
ihrer Stelle erscheinen. Doch sollten die Lehrer der Mathematik an
Realschulen sich die richtigen Grenzen ihrer Disciplin stets vor Augen
halten und das Masz desjenigen, was vernünftigerweise erreichbar ist,
einzuhalten bestrebt sein. Dem Reglement von 1859 ist mehrfach vor-
geworfen, es mache die Realschulen zu Fachschulen für Mathematik
und Naturwissenschaften. Der richtige Sinn des Reglements ist dieses
sicher nicht. Saciie der malhematisclien Lehrer wird es sein, durch
zweckmäszige Methodik der Uebertreibung zu begegnen. Recensent
lindet sich verpHichtet dieses hervorzuheben, weil nur bei dieser Auf-
fassung das vom Verfasser gegebene Material das richtige Masz nicht
überschreitet.
Schliesziich wünschen wir dem Buche eine weite Verbreitung;
die äuszere Ausstattung desselben ist gut.
Eiber feld. Fischer.
Kurze Anzeigen und Miscellen. 425
Kurze Anzeigen und Miscellen.
XX.
Die fünfte Versammlung niittelrheinischer Gymnasiallehrer zu Mainz
am 21. Mai ISül.
Zum Orte für die fünfte Versammlung mittelrheinischer Gymnasial-
lehrer war Mainz ausersehn und zum Präsidenten derselben G.vmnasial-
director Professor Bone gewählt worden. Von den Städten, an welche
das Präsidium Einladung hatte ergehn lassen, waren folgende 14 ver-
treten: ßensheim, Büdingen, Carlsruhe, Coblenz , Darmstadt, Frankfurt,
Gieszen, Hanau, Mainz, Mannheim, Speier, Wetzlar, Wiesbaden, Worms,
Unter den 55 Anwesenden befanden sich auszer den Directoren und
(Tyinnasiallehrern auch: Geheimer liegierungsrath Dr Land f ermann
aus Coblenz, Oberstudienrath Dr Wagner aus Darmstadt, die Kegie-
rungsräthe Dr Firnhaber und Sporer und Kirchenrath Dietz aus
Wiesbaden. Zum Local für die Versammlung war die durch ihre schöne
Lage und herliche Aussicht bekannte Neue Anlage gewählt worden.
Um lOy^ Uhr eröffnete der Vorsitzende, nachdem zuvor Conrector Otto
aus AViesbaden und Gymnasiallehrer Dr Keller aus Mainz die Proto-
kollführung übernommen hatten, in einer herzlichen Anspraclie die Ver-
sammlung, und wies zugleich gemäsz dem von ihm aufgestellten Pro-
gramm darauf hin, dasz auszer den Verhandlungen auch für den Nach-
mittag noch Zeit gewonnen werden müsze zur Besichtigung der ebenso
heiehrenden als reichen und bedeutsamen Altertümer von Mainz. Für
diesen Zweck hatte Professor Klein aus Mainz eine kleine Druckschrift:
^die römischen Altertümer in und bei Mainz , welche auszerhalb des
städtischen Museums sich befinden ', mit daukenswerther Sorgfalt be-
arbeitet und der Versammlung gewidmet; sie wurde unter die Anwesen-
den verteilt. Professor Klein begrüszte alsdann die Versammlung in
einer Ansprache, worin er sich über die Bedeutung von Mainz in älterer,
namentlich in römischer Zeit aussprach und zugleich über zweifelhafte
Verhältnisse seine Ansichten entwickelte. Darauf gieng der Vorsitzende
zur Einleitung in die eigentlichen Discussionen über, berichtete in Kürze
über die Verhandlungen der vorjährigen Versammlung zu Frankfurt und
erinnerte an den eigentlichen Zweck der Zusammenkünfte, den er we-
niger darin erblickte, dasz durch längere Vorträge wissenschaftliche
Gegenstände in erschöpfender Weise behandelt würden , wofür ohnehin
die Kürze der Zeit nicht ausreiche, noch auch darin, dasz durch schliesz-
liche oft zufällige Majoritätsabstimmmigen über praktische Gegenstände
Beschlüsse zu Stande kämen, die ja doch nicht leicht zu praktischer
Durchführung kommen könnten, sondern vielmehr darin, dasz ilie Ein-
zelnen Gelegenheit fänden, durch persönliche Begegnung und collegia-
lischen Austausch der gemachten Erfahrungen die eignen Ansichten zu
läutern, das Urteil über so manchen Gegenstand zu befestigen oder auch
zu mildern und zu raodificieren. Um sodann die Gegenstände für die
Discussion festzusetzen, teilte der Vorsitzende zunächst eine Eeihe von
Thesen über den deutschen Unterricht mit, welche Director Dr Pid er it
aus Hanau eingesandt hatte; da derselbe jedoch unerwartet verhindert
worden, an der Versammlung teilzunehmen, so wurde von der Bespre-
chung dieser Thesen Abstand genommen. Eine vom Director Dr Clas-
sen aus Frankfurt angeregte Frage: 'wie die Privatlectüre der Schüler
der obern Klassen am zweckmäszigsten einzurichten und zu leiten sei',
zog derselbe zurück mit dem Wunsche, dasz auf die von dem Vor-
sitzenden selbst vorgeschlagnen Gegenstände eingegangen werde, womit
426 Kurze Anzeigen und Miscellen.
die Versamtnluüg sich einverstanden erklärte. In dem zur Einladung
beigefügten Programm war nemlich geäiiczert worden, dasz es vielleicht
Von aligemeinem Interesse sein dürfte, solche Discussionen zu führen,
wodurch für die Gymnasien der benachbarten Staaten gröszere Gleich-
mäszigkeit oder doch gegenseitiges näheres Verständnis gefördert werde,
namentlich : über die Anforderungen bei der Maturitätsprüfung nach den
einzelnen Fächern; Gültigkeit des Maturitätszeugnisses für die verschie-
denen benachbarten Staaten; die Dauer des regelmäszigen Gymnasial-
cursus; Gleichmäszigkeit in der Benennung der einzelneu Gymnasial-
klassen; die Prädicate und deren Stufenfolge bei Censuren und Zeug-
nissen u. dgl. Nachdem der Vorsitzende die einzelnen Thesen kur^
charakterisiert und motiviert hatte, wurde, in Erwägung dasz die Zeit
wicht ausreichen werde um sie alle durchzunehmen, nach einigen von
verschiedenen Seiten gemachten Erörterungen und mit Rücksicht auf
schon früher vorgekommene Verhandlungen durch die Mehrheit der Ver-
sammlung entschieden, zunächst auf die dritte These: 'die Dauer des
regelmäszigen Gymnasialcnrsus' mit der Discussion einzugehn. Der
Vorsitzende hob dabei hervor, dasz die Frage zwar wesentlich abhängig
sei von den Anforderungen, die man an den gesamten Gymnasial-
unterricht, also schlieszlich an den Abiturienten zu stellen habe, dasz
aber diese Anforderungen, wie die Programme der verschiedenen Gym-
nasien erwiesen und wie er das selbst bei seiner Versetzung aus Preuszen
nach Mainz unmittelbar praktisch erfahren habe, im wesentlichen überall
gleich seien, wenn auch die wirklichen Leistungen an den verschiedenen
Gymnasien eines und desselben Staats oft sehr divergierten, da sie von
Lehrern und Schülern abhiengen, und dasz somit 'die Frage nach der
Zeitdauer des Gymnasialunterrichts allerdings auch abgesondert behan-
delt werden könne; er verbreitete sich sodann über seine persönliche
Stellung zu der Frage und die darin gemachten Erfahrungen, indem er
nach langjähriger Beteiligung an der Abiturientenprüfung in der preuszi-
schen Rheinprovinz, wo der Gymnasialcursus ein achtjähriger
Bei, zuletzt als Director eines Gymnasiums in der Provinz Westphalen
gestanden habe, wo der (jtym.nasialcursus wie in den übrigen östlichen
Provinzen Preuszens ein neunjähriger sei; er müsze sich entschieden für
den achtjährigen Cursus aussprechen , wenigstens als die gesetzliche
Normalzeit, worin der fleiszige Schüler das Gymnasium absolvieren
könne; dabei verstehe es sich aber von selbst, dasz sowol bei der Auf-
nahme der Schüler als bei der Ascension zu den einzelnen Klassen die
nötige Strenge obwalten müsze , wodurch denn allerdings bei manchen
eine längere Zeit des Gymnasialbesuchs als notwendig sich herausstelle.
Die Beschaffenheit des Gegenstandes brachte es mit sich , dasz auszer
der Dauer des Gymnasialcnrsus das Alter der Zöglinge bei der Auf-
nahme und dasjenige bei der Entlassung zur Universität in den Kreis
der Discussion hineingezogen wurde. Bone hält, nach Darlegung der
für den Eintritt in die unterste Klasse des Gymnasiums .zu stellenden
Anforderungen, das vollendete lOe Jahr, in seltenen Fällen, bei beson-
derer geistiger Befähigung, das zurückgelegte 9e Jahr für das Alter,
welches bei der Aufnahme verlangt werden müsze. Durch Landfer-
jmann und Director Behagel aus Mannheim erfahren die Anwesenden,
4asz in Preuszen und Baden das zurückgelegte 9e Jahr als frühestes
Normaljahr bei der Aufnahme angesehn werde, wärend nach einer Mit-
teilung von Professor Dr Cassian aus Frankfurt in der Schweiz mit
dem lateinischen Unterricht erst im 12n Jahr begonnen wird. Director
Boszler aus Darmstadt bemerkt, dasz am dortigen Gymnasium wegen
des Umstandes, dasz dasselbe nur 7 Klassen zähle, deren jede einen
«injährigen Cursus bedinge, bei der Aufnahme schon Vorkenntnisse im
Lateinischen gefordert würden , wie sie sonst in der 8n Klasse erlangt
Kurze Anzeigen und Miscellen. 42't
zu werden pflegten, und dasz darum die Aufnahme im lln Jahre ge-
schehe. Director Classen dagegen ist der Ansicht, dasz principiell
bei der Aut'nalime keine Vorkenntnisse im Lateinischen gefordert wer-
den dürften , dasz vielmehr mit den ersten Elementen des LateinischeÖ
begonnen werden müste, indem sehr viel darauf ankomme, wie der erste
Unterricht erteilt werde. Mit dieser Ansicht, sowie mit der Annahme
des lÜn Jahrs als Normaljahrs schienen alle Anwesenden einverstanden
zu sein. — Uebergehend auf die Zeit der Entlassung zur Universität
bemerkt Bone, dasz, wenn die Gymnasialstudien nach zurückgelegtem
lOn Jahre begännen und der regelmäszige Gymnasialcursus 8 Jahre dauere,
der Abiturient 18 Jahre alt sei, welches Alter er für das geeignetste
halte, um zu selbständigen Studien überzugehn. Uebrigens sei es be-
kannt und aus den Programmen zu ersehn, dasz die Abiturienten auch
bei einem achtjährigen Cursus in der Regel das 18e Jahr bereits über-
schritten hätten, weil manche erst im lln oder [2ii Jahre oder noch
später die Gymnasialstudien begännen, andere dagegen nicht eine jede
Klasse in einem Jahr absolvierten, so dasz das zu frühe Lebensalter
der Abiturienten füglich keinen Grund zu weiterer Ausdehnung des
Gymnasialcursus biete, wenn man bei der Ascension zu den einzelnen
Klassen streng verfahre; Abiturienten unter 18 Jahren seien selten, und
gewöhnlich seien es die besten , wie auf dem Gymnasium so auch auf
der Universität. Aeltere Schüler könnten für das Gymnasium leicht
eine Last werden, da sich bei ihnen in der Regel der Drang nach
Emancipation von der Pflicht zu lernen und zu gehorchen zeige und
ein Verlangen nach Ungehörigkeiten verschiedener Art in ihnen erwache,
wärend doch das Gymnasium an strengen Disciplinarscluanken festhal-
ten müsze. Aber auch auf der Universität habe ein früheres Alter ent-
schiedene Vorzüge, da der innere Mensch noch gröszere Elasticität be-
sitze, das Bewustsein der Notwendigkeit, seine intellectuelle Ausbildung
von dem unterrichtenden Worte des Docenten abhängig zu machen,
noch nicht erloschen sei und das erste Ideal des zu ergreifenden Berufs
in seiner ganzen Reinheit noch vorschwebe. Selbst in sittlicher Hin-
sicht könne er die Bedenken nicht teilen, die man wol oft gegen früh-
zeitigen Universitätsbesuch erhebe; im Gegenteil sei gerade das Jugend-
liche, Zarte oft der beste Schutz gegen manche Ausschreitungen und
Begehrungen, die bei vorgerückteren Jahren in dem ungebundnen Uni-
versitätsleben sich derber und frivoler geltend machten; mit 18 Jahren
walte gewöhnlich eine gewisse Sentimentalität um die Herzen, und die
sei gerade nach den bedenklichsten Richtungen hin ein Schutz gegen
Gemeinheit. — Wagner, Firnhaber und Classen dagegen sind der
Ansicht, dasz vor zurückgelegtem 19n oder 20n Jahre in der Regel keine
Entlassung zur Universität stattfinden sollte, und wünschen einen aus-
gedehnteren Gymnasialcursus. Ein Jüngling könne im 18n Jahre in der
Regel noch nicht jene Vorbildung erlangt haben , auf deren Grund ein
gediegnes, erfolgreiches Universitätsstudium zu erwarten stehe. Di©
Leetüre eines leichteren Klassikers wie des Ovid, Cäsar, Xenophon^
setze wenigstens eine vierjährige Vorbereitung voraus; es bliebe also
bei einem achtjährigen GymnasialcnrsTis für so vieles andere kaum eine
Zeit von vier Jahren übrig. Der Schüler könne im 17n Jahre den Ge-
halt eines schwierigem Klassikers nicht fassen , und doch sei dies un-
umgänglich notwendig, wenn ein Nutzen aus der Leetüre erwachsen solle.
Ein Vertrautwerden mit dem Schriftsteller sei wünschenswerth; dies
aber setze voraus, dasz die Leetüre längere Zeit, z. B. zwei Jahre,
fortgesetzt werde. Dann nur lasse sich hoffen, dasz der Schüler auch
in späterer Zeit den Umgang mit den weisen Freunden aus dem griechi-
schen und römischen Altertum aufsuchen werde. Was man im lOn
Jahre lese, nehme sich viel schöner aus als das nemliche, wenn man
428 Kurze Anzeigen und Miscellen.
es im Ion oder 16n Jahre lese. Der Verstand komme nicht vor den
Jahren. Auf der Universität sei mit einem 20j;ihrigen Studenten viel
anzufangen; auch sein Charakter sei fester. Jüngere Studenten ver-
tändehi oft die erste Zeit ihres Universitätslebens und viele verkommen
geradezu. Diesen wäre es sicherlich heilsamer gewesen, wenn sie noch
einige Zeit im Gymnasium zugebracht hätten. — Landfermann, der
besonders ersucht worden war, der Versammlung die Resultate seiner
reichen Erfahrung mitzuteilen, führt zuerst die in Preuszen bestehenden
Einrichtungen an, wornach in der Rheinpiovinz ein Sjähriger, in den
übrigen Provinzen ein Ojähriger Gymnasialcursus besteht. Indessen will
er damit nicht gesagt haben, dasz hier der Gvmnasialschüler notwendig
9 Jahre, dort 8 Jahre in der Anstalt verbleiben müsze, vielmehr sei
die Zeit des Gymnasialbesuchs nach dem Masz der geistigen Begabung
und des Fleiszes verschieden. Was dem einen in 8 Jahren zu erreichen
möglich sei, das werde von dem andern erst in 10 oder 11 Jahren er-
reicht, und so beziehe der e'ine im 17n, der andere im 19n, 20n Jahre
oder noch später die Universität. Auch will er nicht behaupten, dasz,
wo ein 9jähriger Cursus bestehe, gröszere Leistungen wahrgenommen
würden, als wo ein Sjähriger Cursus vorgeschrieben sei. Nach seiner
Erfahrung dürfen vielmehr die Leistungen dei Gymnasien weniger von
der Beschaffenheit äuszerer Erscheinungen, als von der Berufstüchtig-
keit und dem planmäszigen Zusammenwirken der Lehrer erwartet wer-
den. — Anknüpfend an die Mitteilungen und Auseinandersetzungen
Landfermanns hebt der Vorsitzende die Vorzüge getrennter vor
combinierten Klassen hervor und ist der Ansicht , dasz bei getrennten
Klassen in 8 Jahren mehr erreicht werde, als bei combinierten in 9
oder 10 Jahren ; wolle man aber einen 9jährigen Cursus einführen, so
werde man an den meisten Gymnasien schon um der Etats und der
Käumlichkeiten willen wahrscheinlich zu Combinationen seine Zuflucht
nehmen müszen; es komme vor allem darauf an, dasz in den Schülern
eine innere Force wachgehalten werde; eine zu lange Dauer des Gj'm-
nasialcursus mache unmutig und müde. — Nachdem nun noch Conrector
Fischer aus Speier darauf hingewiesen, dasz in Bayern nicht darnach
gefragt werde, aiif welchem Wege und in welcher Zeit ein Jüngling die
erforderliche Vorbereitung zur Maturitätsprüfung erlangt habe, sondern
dasz dort wie Freiheit der Arbeit überhaupt, so auch Freiheit der
Privatstudien bestehe, wünscht Firnhaber mit der nach allen Seiten
hin besprochnen Frage endlich zur Einigung zu kommen und die An-
sicht der Anwesenden zu vernehmen. Demzufolge stellt der Vorsitzende
die Frage : 'welches Jahr dürfte als das Normaljahr bei der Entlassung
zur Universität anzusehn sein?' Die Majorität schien sich für das 19e
Jahr zu entscheiden. Die weitere Frage: 'welche Zeit soll der regel-
mäszige Gymnasialcursus umfassen?' wird von der Majorität dahin be-
antwortet, dasz bei getrennten Klassen ein Sjähriger, bei combinierten
ein 9jähriger Cursus zur Erreichung einer gründlichen Gymnasialbildung
erforderlich sei.
Da die für die Verhandlungen bestimmte Zeit nunmehr abgelaufen
war, so glaubte der Vorsitzende zum Schlusz einen Wunsch, den er
bereits vor Eröffnung der Discussion über die 3e Thesis ausgesprochen
hatte, wiederholt vortragen zu sollen, den Wunsch nemlich, die Ver-
sammlung wolle erklären, dasz nach den Jahresberichten in den Pro-
grammen die Forderungen der Gymnasien der verschiedenen Staaten im
allgemeinen dieselben seien und wie es darum wünschenswerth er-
.scheine, dasz die Maturitätsprüfung für die Nachbarstaaten Gültigkeit
erhalte. Diesem Wunsche wurde denn auch im Sinne des Vorsitzenden
entsprochen und der zweite Punkt, der die Gültigkeit der Maturitäts-
prüfung für die benachbarten Staaten betrifft, denjenigen der Anwesen-
Kurze Anzeigen und Miscellen. 429
den , die als Mitglieder der Regierung oder der Oberbebörde ein ent-
scbeideudes oder einfluszreiches Wort zu sprechen haben , als Gegen-
stand besonderer Fürsorge anemjifohlen.
Um 1 Uhr wurden die Verhandlungen geschlossen und ein gemein-
sames Mahl vereinte in heiterer Geselligkeit die Mitglieder der Ver-
saiiimlung, deren freudige Stimmung manch sinniger Toast noch erhöhte.
Zum Orte für die nächste Versammlung wurde Darm Stadt, zum Prä-
sidenten Gymnasialdirector Dr Boszler gewählt. Nach dem Malile
wurde die im Programm vorgeschlagene Wanderung ausgefülirt: zuerst
auf den Eichelstein (das alte Drususdenkraal), dann nach Zahlbach (mit
seinen zahlreichen römischen Leichensteinen und den groszartigen Resten
einer römischen Wasserleitung"), und zuletzt ins Schlosz, wo der Con-
scrvator des römisch -germanischen Museums, Gymnasial -Zeichenlehrer
Dr Lindenschmit , aufs freundlichste mit belehrenden Erläuterungen
erfreute.
XXI.
Lexikalisches.
Die nachfolgende Arbeit, welche vorzugsweise die deutsch -griechi-
schen Wörterbücher vom Geheimen Oberschuhath Dr Rost (achte recht-
mäszige, vielfacli verbesserte Auflage. Göttingen 1860) und vom Professor
Dr Sengebusch (zweite Auflage. Braunschweig 1859) berücksichtigt,
ist von mir in einer längern Reihe von Jahren nicht ohne Mühe und
Sorgfalt gesammelt worden, was mir jeder bezeugen wird, der sich ähn-
liche Collectanea angelegt hat. Und wenn sich gleichwol hier oder dort
ein Ausdruck, eine Redeweise finden wird, die minder anspricht oder
mehr in andeutender als ausführender Form dennoch Aufnahme erhielt,
so mag man wenigstens das Streben anerkennen, auf das Wort hinge-
wiesen zu haben, um für dieses entweder den von den Griechen wirklich
gebotnen Ausdruck hinzusetzen oder um dasselbe nach griechischer Auf-
fassung und Anschauung in das griechische Gewand zu kleiden,
A
Abführen, einen ins Gefängnis, 8. abführen (vgl. vorführen"). Abge-
schabtes Kleid, auch rgißa^nog 6 TQi'ßcov Luc. Gall. 9. Abgeben, sich
von etwas, s. lossagen, sich. Abkanzeln, einen mit Worten, initifiäv,
inLTiXrJTTiLV rivL Abgähren, verweist R. auf 'ausgähren ', das er aber
nicht aufgenommen hat. Abkomme, der, s. Abkömmling. Abkühlungs-
zimmer (im Bade) aitoSvxriQiov Xen. de re publ. Athen. 2, 10. Ablisten,
s. ablocken. Ackermännchen, s. Bachstelze. Adressat, einen Brief ab-
geben an den A., ygäfiaata änodidövat. xivC Xen. Cyr. IV 5, 26. Aichen,
vielleicht atpQccyi^siv. Alleinverkauf usw., s. Alleinhandel usw. Ammen-
lohn (vgl. Hebammenlohn) TQOcp^iu Arr. An. IV 9, 3, fehlt bei S. An-
getrunken VTToßsßg^y^ävog Luc. Gall. 8, fehlt bei R. Anhetzen, jem. ge-
gen jem., auch: InnifintBiv tivä xivi Lys. 7, 40, vorzüglich von Hunden.
Arbeitgeber ^gyaSörris Xen. Cyr. VIII 2, 5, fehlt bei R. Arbeitsgehülfe,
s. Mitarbeiter. Aufpicken, vom Hahn der Körner aufliest, auch: äva-
Isyeiv Luc. Gall. 4. Augenschein, ein Terrain in A. nehmen, oipst nSQi-
Xci^ßäviiv xuiQiov Plut. Philop. 14, 5. Ausbruch, vom Wein, auch
aTtOQQ(ä^ nach Hom. Od. XI 359. Ausfall, iisico^a Xen. An. "V 8, 1.
Ausmalen, etwas mit der Phantasie, stiI fitL^ov kog^siv ti Thuk. I 21.
Auszapfen (fehlt bei R) verweist S. auf anzapfen = öffnen, herausheben
mit dem Heber; es fehlt mithin die Bedeutung = ausschenken, in klei-
neren Quantitäten, TiaTtrjXsvsLv; vgl. auch abzapfen. Auszahnen, s. ab-
430 Kurze Anzeigen und Miscellen.
zahnen. Ausschlappen (vgl. schlappen), von Thieren, iKXänrsiv. Aus-
wischen , einem etwas , inrjQsä^eiv xivC.
ß
Bagatelle, auch to: cpccvXa Lys, 24, 21. Barfüszigkeit, s. Barfusz-
gehn. Bagno, SsananiQiov. Baldrian, knollwurzeliger, vägSog OQeivij
oder &v}.aHiJ£aaa. Barriere, s. Gatter, Geländer. Banner, jJ arjficcici.
Barrikade, von Wagen errichten, ccfiä^ag TTQoßdXXsa&cct (med.) yiccl av-
Tßtg fi's TO UTtoiiäisaQ^aL xq^a^ai xäQCiiy.i nach Arr. 11,7. Barrika-
dieren, s. verbarrikadieren. Begehren, auch jj '^vx'l (opp. *o,uog) Xen.
Cyr. 13, 18. Beilchen, TisXiv.LQv. Beinfrasz, fehlt bei R. , am Bein
leiden, acpaKBXi'^sad'at, (vgl. Knochenfrasz). Belladonna, CTQvxvog ^avi-
xdg. Belesen, auch yvwjiovfuös Xen. Mem. IV 2, 10. Belletrist, belle-
tristisch, s. Schöngeist usw. Beiiiüszigt sich sehn := veranlaszt sehn,
s. gemüszigt. ßepichen, v.ataiii6Covv . Bepicken, noXäitxELV . Beraspeln,
ano — ■naxu^siv {^varQa). Bergader, ÖLCKpvrj, Qcißöog. Bergarbeiter,
s. Bergmann. Bergfall, Bergschlund, z6 ;j;a'eju-a yrjg. Bergnusz, o'^o-
TiciQVOV Strab. XII 3. Beschnuppern, nSQioGcpQaLVBa&ai. Bespinnen,
TtSQinXiTiBiv. Besternen, der besternte Himmel, ovQavbg äaxQOLg disi-
Xr](i[iivog; das bei S. auszer aller Wortfolge stehende 'besternt, aaxsQOsig^
ist eben dichterisch. Besuch , ein ärztlicher, lazgiK'^ nSQi'oSog Luc. Gall.
23, fehlt bei R. Besuchen, einen Kranken, auch iniQXBO^cci xlvcc Arr.
I 16, 5. Bettelfrau, s. Bettlerin. Beugsam, s. biegsam. Bougfall, s.
Casus. Bevorzugen, fehlt bei S. Bewegbar, s. beweglich. Bewegungs-
kraft, -punkt, ^OTtT]. Beweiszen, s. übertünchen. Bewitzeln, s. bespöt-
teln. Bewurf, eines Zimmers, einer Mauer, Kovicificc. Bezirksweise
(= Stadtbezirk, Stadtviertel), Kaxoc ■nä^ag. Bezollen, cpOQO&ixsLV xi.
Bibelabschnitt (Sonntagsevangelium), TtSQiv.oiiri. Bienenharz, ngöitoXig.
Bienenkönigin: die Alten hielten gröstenteils den Weiser für ein Mascu-
linum, aber Xen. Oec. 7,32 sagt: /y xäv iiiXiaacöv rjysficav; vgl. Mager-
stedt: die Bienenzucht der Völker des Altertums. 1851. Blässe (weiszer
Fleck auf der Stirn mancher Thiere), Xsvnov arjfia Arr. V 19, 5 vom
Bukephalos. Bierbrauer, s. Brauer. Bieigieszer, iioXvßdoxj]^. Blei-
schaum, fioXvßöixig Plin. XXX 6, 35. Blitzen, doxQunxBiv , auch von
der gewaltigen Rede des Perikles Plut. Perikl. 8 (wie fulgere), Aristoph.
Acharn. 530 u. 31 (Brunck). Bluniist, s. Blumenfreund. Blutachat (vgl.
Achat, Baumachat), aifiaxäxrjg Plin. XXXVIl 10, 54. Blutfremd, s.
ßtockfremd. Blutroth, auch -nccQvyiLvog Xen. Cyr. VIII 3, 3, denn oQcpvi-
rog ist: dunkelroth. Blutzeuge, [iÜqxvq. Bocksbart (vgl. Ziegenbart),
6 TpayiHOS TKoymv, fehlt bei S. Bogen, einen Bogen machen (bei Ileeres-
aufstellungen) , auch nsQißoXrjv noiSLO&ai Xen. Cyr. VI 3, 30. Bogen-
gang, s. Säulengang. Borax, s. Kupferoker. Bordieren = mit Borden
einfassen, -HQaaTisdovv. Borniert, ä(pv7]g. Boskett, etwa akaog ;i;fipi
TTBcpvxeviievov, vgl. auch Plut. Cim. 13 extr. Bowle (Boole), vielleicht:
■KQKrrjg (vgl. Punsch bei S.). Boxen, s. Baxen , fehlt bei R. Brand-
pflaster, -jtvQi'-uccvoxov. Brandwunde, fehlt bei S. Brautfackel, s. Hoch-
zeitsfackel. Brautgesang, v'fivog iTtivvfKpsiog. Bratenbrühe, etwa: e'fi-
ßa^i^ici Xen. Cyr. 13,4. Brecharzenei, s. Brechmittel. Bremse, beim
Beschlagen der Pferde angewendet. Welchen Ausdruck haben die Grie-
chen? Brotrinde, x6 inl xov agxov ^ijqÖv, dxxctQccxog , 6. Brotsack,
TtrJQOC. Brouillon, der erste schriftliche Entwurf, VTtö^vrjUcc Luc. de
bist. cscr. 48. Brummkreisel (Spielzeug der Kinder), Qoiißog. Bulle, s.
Zuchtochse.
c
Centurie, fehlt bei S. Chaussee, auch odog Xi'&ov eavgcofiBvr] Herodot
II 138. Cornak, s. Elephantenführer. Crucifix, etv/a: Xgiaxog ccvocgxkv-
Qto&sig, GxavgoitayTJg, Curtine, die, [isaoitvgyiov Arr. I 21, 4. Cölibat,
Kurze Anzeigen und Miscellen. 431
'b
I
s. Ehelosigkeit. Civilkleidung, x6 tfidriov, in Civilkleidung, iv ffiar/otij
Plut. Cam. 08.
D
Danebenschlagen, TtccQccnaisiv. Daraiifspucken, tcqogtitvsiv. Dareike,
aber Mine, Stater fehlen nicht. Deficit, s. Ausfall. Denkzettel, Zettel,
auf den man sich Bemerkungen notiert , vTtöyivri^ia Luc. de hist. cscr.
48. Dienstmädchen, -uiagd, s. Mildchen. Discurrieren, v,6nTEiv Xöyor^g,
Qr'iiiazcc. Docht, kleiner, ^gvcillCdiov Luc. Tim, 14. Dolle, Dulle, o
Gv.aXaog. Doppelnase, eine Hundart, s. Bullenbeiszer. Doppelschürig,
zweischürig, etwa Slg dfitöfii^vog Ka&' t^naatov tviavzöv. Doppelsöldner,
öifioiQLTrjg, Arr. VII 23, '4. Dose, kleine, nv^t'Siov. Dragoner, dinäxrig,
Diod. V 33 oder nach Arr. 16,5 (vgl. Caes. b. g. IV 2, 3). Drell-
bohrer, xovnavov , Hom. Od, 1X385. Dunst, mir wird blauer Dunst
vorgemacht, xarßyor^rfuo/Ltai, pass. Durchfallen, von Theaterstücken,
auch tyminzsiv , Luc. Nigr. 8, fehlt bei R. Durchforsten, den Wald,
s. lichten, oder dLana^aigiiv (vgl. durchlichten). Durchkommen, das,
s. Auskommen, auch nogog, Luc. Somn. 2. Durchnehmen, genau durch-
gehn, ganz wörtlich: diciXa^ßävBiv tl, Luc. rhet. praec. 21. Durch-
sticken, mit Blumen, Siav^L^siv, Plut. Philop. 9; der Ausdruck passt
auch zu: beblümen.
E
Eichenkranz, Sgvog ctsrpttvogVXxii. Coriol.3. Eigenlob silnki^ulcxQov
71 nSQiavToXoyi'ct, nach Plut. comp. Cic. II. Einerseits, fehlt bei S. (vgl.
anderseits). Einpauken (metaphorisch), avyHQOt^iv Dem. XXI 17, vgl.
Kehdantz Dem. I S. 159. Einreffen, die Segel, lazta azeXlsiv , zrjv
6&öv)]v GziXXBLV. Eintagsthierchen? Eisenbahn (vgl. Chaussee), o86g
ctörJQOv tazQw^svr}. Eitern, auch iXy.ovo&aL pass. Elephantenjäger
(fehlt bei R.), auch Kvvrjy^zrjg tcöv sXfcpccvzwv Arr. IV 30, 8. Elephan-
tengeschrei, im Zusammenhange GVQiyfiog Arr. V 17, 7. Ellenbogen-
rühren, /} xfpM/'s Cels. VIII 1. En gros-händler (Kaufmann en gros), ö
f[t,nOQog. Eisbeerbaum, MOftapo? Theophr. h. pl. I 5, 2. Empörungs-
versuch machen, VECozsQi^fiv. Enghalsig, vom Lämpchen, (ii'KQÖGzofLO?.
Enthaarungssalbe, -mittel, ipiXa&QOv Theophr. b. pl. IX 20, 3. Eiit-
zauberungsmittel , ngoßaGKccviov , Plut. mor. p. 681 ^ Ergreifen, den
günstigen Augenblick hastig, zov kchqov agnä^eiv, Plut. Philop. 15, 2.
Ergriffen werden, von einer Krankheit, auch iTiiXccixßdvsG&ai; Luc. Nigr.
35. Erkranken, das, tJ voGavGig. Erstechen, sich, suvzov Gcpd^fiv, Plut.
Cleom. 31, 5. Er.stehlen, den Sieg, zr]v vi'kyjv yiXsTtzeiv, Arr. III 10, 2,
auch wol itiyiXsTttBLV. Erwartung, wider, auch nagciXöycog. Erzstufe,
etwa o ;)jaAx£'r7;g XL&og. Exeommunicieren, s. Bann, Kirchenbann. Ex-
communication, s. Bann, Acht.
F
Fall := Beugfall, s. Casus. Fallsucht, fallsüchtig, s. Epilepsie,
epileptisch. Faulpelz, s, Faulenzer. Feiern, blauen Montag feiern,
etwa Xsimijv rju^gccv äyeiv, nach Plut. Perikl. 27. Feldbirne, s. Wald-
birne. Feldmark, die, xd (is&OQia. Fellhändler, GKVzojicöXrig, Poll. VII
80. Fetischanbeter, 6 kccl Xi&ovg y.ul ^vXa rd zvxövxa GsßdfiBvog, Xen.
Mem. I 1, 14. Festvorsteher, &iaGdQxr]g, Luc. d. m. Peregr. 11. Feuer-
tod, vgl. dazu den Artikel: Hungertod. Feuerwerker, etwa nvQoz^xvrjg,
vgl. ;^5tporf;^v»jff. Fiaker, s. Miethkutsche. First, des Hauses, s. Haus-
giebel, Giebel, Giebelspitze. Fischlaich, fehlt bei S., aber nicht: Fisch-
rogen (vgl. Laich, Rogen). Fischleim, s. Hausenblase. Flagge, die
Flagge einziehn, xd orjfifta Kaxaondv , Thukyd. I 63, 2, Flauniliaar,
bei Menschen und Thieren, 6 ;ux'ot^g. Flamme, in voller Flamme stehn,
z, B. der Scheiterhaufen steht in voller Flamme, ?j TrvQa d'n^id^Ei. xtvto-
(itvrj, Ael. h, a. VIII 3. Fleischpastete, s. Pastete. Fleischportionen,
432 Kurze Anzeigen und Miscellen.
■KQfcc vsvBfirjiiBva, Xen. An. VII 3, 21. Flüge^sclilag, auch fi^fffia rcov
TizfQCJV , Luc. Tim. 40. Flughafer, s. Taubhafer. Fortbeiszen, nicht
aufhören zu beiszen, öiurelstv dü'nvovTa, ov Sial^iitsiv 8ä-Avovza. Fort-
hacken, weiter hacken, dicizslfiv ayKXTtzovTu, auch blos G-AantBLV. Fort-
zechen, die ganze Nacht hindurch, btcuvsX&Övzu itivsiv olqv zrjv vvnza,
Arr. IV 13, 6. Freudenhaus, oiKrj^a, Xen. Mem. II 2, 4. Friedens-
kleid, iaüzLOv. Friedhof, s, Gottesacker. Frisiernadel, fehlt bei E. und
»S. als eigner Artikel. Frohndienste, persönliche, zco 6aiii,azi liLZOvgyCai,
Arr. I 16, 5. Fruchtmagazin, Gizoßoloiv. Fruchtspeicher, s. Frucht-
boden. Fühlen, sich hingezogen fühlen zu einem, oqiyfoQ'aC rivog.
Fürsorglich, vorsorglich, iiqovorizrAÖs , -L-Acag, Xen. Mem. 14,6.
G
Gabe, der Verständigung, i] iQ^rjvst'a. Ganz seiden, oXoGrjQinog.
Gedankenaustausch, nach Soph. Oed. Col. 189, 1288. Gehänge, Ge-
schlinge, ro: oiiXäyiva (üblicher Ausdruck bei Jägern und Fleischern =
der Schlund mit Lunge, Leber und Herz). Geheimtbun, mit etwas, ano-
■HQVTizsG&ui Tt. Geldkatze, ^cövr], Marc. 0, 8, oder ^cövr] i^vaCov, Geld
ist die Seele der Welt, sjjrichwörtlich, ö nlovzoq vsvqu nQay^äzav,
Diog. Laert. IV 48. Geldherschaft, TvXovzo-ngaziix, Xen. Mem. IV 6, 12.
Geldverteilung, diavoiu-aL, Plut. Arist. 24. Generalnenner, alles unter
e'inen G. bringen, ndvta fig z6 avTO iioqlov. Gesinnt werden, Siati-
^saO'aL. Gesundwerden, das, t/ vyLccvaiq. Gewitter brach mit heftigen
Donnerschlägen aus, %£iyi(ov Snsyivszo xat ßQovzal ayilrjQat'. Arr. I 17, 6.
Gichtbrüchig, nicht: TtciQcdvziKog, denn dieses heiszt: gelähmt an den
Nerven. Gift, schnellwirkendes, cpÜQiLuyiov icprjasgoj', Plut. Them. 31.
Giftspinne, s. Spinne. Goldschlacke, j) dno zov iqvoov oyicogta. Gold-
stufe, 6 iQVCLzriq Xi&og oder mit zo d'Qv^iaci usw. Grenzpfahl (fehlt bei
S.), auch blos OQOg, Plut, Caj. Gracch. 11, 1. Granit, rother, Zlvrjvizrjg
Xi&og, Diod. I 64. Plin. XXXVI 8, 13. Bahr zu Herod. II 127 (vol. I
p. 721 ed. II*^"). Graugesprenkelt, ipUQog. Graupenmüller, 6 zag kqi&ccs
Tizi'oocov, nach Plut. Eum. 11 extr. , oder nziadvrjg, ntiazijg. Grün-
waaren, ßozävia, Athen. II 77, 7, 41. Grundbesitzer, auch blos 6 -nzr]-
fißtixo's, Plut. Agis. 13, 2. Grundkraft, das leitende Princip der Hand-
lungen, ro riys^ovLWV , Cic. d. n. d. II 11, 29. Grundsteuer, zd %atd
r^v xäqav, Arr. I 16, 5. Grundsteuerfreiheit, zcav nard. t)]v ^wQav
dziXsicc, ebd. Gutgeartet, s. wolgeartet.
H
Haarschlächtig, da&iiKziKÖg. Hafenwache, ot td KX^td-ga f'xovzFg
Tov Xi^ivog, Arr. III 2, 4. Hafenmeister, Xi(xsvdQxr]g, Sp. Hagel, von
Geschossen , Steinen (eine Metapher , die dem Griechen und Römer ab-
geht) , TcXrj&og ß^Xcöv, XCO-cav, Arr. IV 2, 3. Hag, der, 6 ;^o'9T0c:. Halb-
verloschen, vom Docht, iioXog. Halseisen, einen ans H. bringen, einem
das H. anlegen, iv kXouö detv xiva, Arr. III 30, 6, S. hat für Snv iv
KzX, keine Beispiele, vgl. Fessel, fesseln. Hals, sich vom Halse schaffen
jemanden, dTCOÖionofinsia&ai , Plut. Cat. mai. 22, dazu Sintenis ; vgl,
Sulla 27. Handelssperre, nach Plut, Perikl. 29, 2. Handelsschiff, auch
vavg t^inoQog, Diod. V 12. Handstreich, eine Einnahme durch Hand-
streich, aizoc^sSiog jcat bh, STtLdQOjxrjg yicczaXiqipig, Arr. I 20, 7. Harni-
schen, s. bepanzern. Handwagen, auch x^'Q^^^^d^LOV , Petr. Sat. 28 p. 66
ed. Anton; dieser Artikel fehlt bei E. Hauhechel, rj dvcavig oder ovco-
vig, vgl. Schuch.: Gemüse und Salate der Alten, le Abteilung (Programm
des Gymn. zu Donaueschingen) 1853 S. 32. Hauptquartier, auch ro
6ZQazr]yiov , Plut. Perikl, 37. Hausarrest, einen im II. haben, auch £v
dSaa^fo cpvXay.rj bx^lv zivd, Thuc. III 34. Hausgarten, o tibqi zriv ol~
%iav Krjnog, oder nsQiKriTcos , Diog. Laert. IX 36, Hausgiebel, R. ver-
Kurze Anzeigen und Miscellen. 433
weise auf: Giebel, wo der Ausdruck i] yi.0Qvcpri steht, der bei S. fehlt,
S. verweise auf: Giebelspitze. Hausherr, auch ävüv,TmQ (Tragiker).
Hauslauch, Hauswurz, asi^wov. Heimsuchen, etwas an jemandem, auch
TQinfLV XL ti's Tiva, Plut. de sera num. v. 12; (i^ziQxtaii^ai ist wol mehr
dichterisch. Heraufwinden , aViuäv. Herbeibugsieren, ein Schiff, vaiiv
mäyBad-ai. Herrenhaus (Wohnung des Herrn), dvaKzogov , Luc. Tim.
23. Herunterfahren , z. B. au der Steinplatte, -na&i-KVfia&Ki nla-nog,
Luc. Som. 3. Hervorblicken, z. B. an das Tageslicht, naQU-uvTTTBLv Big
TO cpcog, Luc. Tim. 13. Hineinmauern, BynaTakeysiv Thuc. I 93, tyKav-
OLKodo[.Lfiv. Hintereinander, s. hinter. Hineintrinken (mit dem Neben-
begriff der Schnelligkeit), buizlvsiv , Xen. An. IV 2, 1. Cyr. VII I, 1
(vgl. hineinessen). Hitze, sengende Sonnenhitze, ^avaa inicpliyov, Arr.
VI 24, 4. Höker, auch [ittUTiQccTrjg, nalifMnQÜtrjg, Suid. (vgl. Wieder-
verkäufer). Honigscheibendieb, wvjptox-lfTrrr;?, Theoer. 19. Hofbedienter,
z. B. königlicher, auch 6 inl &vQaig ßaaiXiag, Plut. Them. 26. Huldigen,
&iQCi7isv£iv xLvä, Isoki'. 5, 104, fehlt bei S. Hundsveilchen, x6 ayqtov i'ov.
I
Jagdmittel (Jagdzeug, von der Mistel), Q'r'iQug ogyavov, Plut. Coriol. 3.
Ideenaustausch, s. oben Gedankenaustausch. Inspicieren , fehlt bei S.,
das Subst. aber nicht. Inständig bitten, cclzBiohciL xort SfiaQ-ai , vgl.
Hertl. Xen. An. VI 0, 31. Isabellfarbig (bei R. vgl. Falbe) ist wol
weniger firjlivog als ^av'S'dg.
K
Kameelpelz, tJ Kccfir]lcoz7] (vgl. Schafpelz), Lob. par. p. 332, 9.
Kanot, fiovo^vXov itloiov, Arr. I 3, 6. Kapelle (Verein von Musikern),
etwa: ot av^iqcovLanoi, oder vielleicht of iiovGovQyoi. Kapellist, etwa:
x<öv cv^cpcovioiKCÖv sig. Kaufmannsleben (vgl. Jägerleben), 6 iinroQiy,6g
ßi-'og, Plut. Sol. 3. Kennerin, Beurteilerin, tj yvo}(icov , Xen. Mem. I
4,5. Kerngehäuse, x6 TtBQfKccQTtiov. Knauf, Kapital an einer Säule,
8. Kapital. Kleidersack, fiägamog [fiaxicov, Xen. An. IV 3, 11. Koch-
maschine, av9t^r]g , Cic. p. K. Am. 46. Koncept, auch vno^vrj^K.
Kräuterkäse, etwa: (XQCo^icczizrjg xvQCog. Kräutertrank, dgcofiaztztg ito-
otg, Diosc. Kräuterwein, «pwaartr/^g olvog. Krankenbesuche machen,
auch ineQxso&ciL vooovvzccg. Arr. I 16, 5. Krebsschale, KaQ-ai'vov bIvzqov.
Kreuz, in der Musik, 7] diBCtg, Plut. mor. Kriegsliste (.4ushebungsliste),
s. Konskriptionsliste. Kriegsrüstung, in der Kr. begriflen sein, fv na-
QuayiBvij -srolffiov ilvai, Arr. I 1, 3, fehlt bei S. Kronanwalt, fehlt bei
S. Küchenmeister, ist R. genauer als S. Kummt, etwa: ^vyov (?).
Kunstverderb, >tßHOT6;t;vto: , Quintil. II 20, 2. Athen. XV p. 631'.
Kupferblech, auch XBnlg laXv,-^, Plut. Cam. 40. Kutter, der, -AtQ-AovQog,
Arr. VI 2, 4, lifißog. Theoer. 21, 12. Kugelregen, Ttlrjd-og ßslcöv.
Kunstgarten , nrjnoi,. Kunstgärtnerei , etwa zä zonstu.
L
Ldchter, etwa: ogyviä. Lampendocht, s. Docht. Länderbesehreiber,
XcoQoyQä(pog, Vitruv. VIII 2. Landeseingeboren, s. eingeboren. Landes-
erzeugnisse, s. Landesprodukte, auch zä sv dygä yiyvo^sva, Xen. Mem.
II 9, 4. Laufbursche, etwa: dyoQaazr]g, Xen. Mem. I 5, 2. Leckfinger,
At;j;ai'dg, Luc. Tim. 54. Lehmwand, xoixog jtijlivog , xoixog mqlöSo-
(log (Pise'-Wand?). Leibgericht, rjSiaxov oipov, Luc. Gall. 4. Liebes-
malil, dyanai, Eccl. Linnenpanzer, livovg &0}q<x^ , Xen. Cjr. VI 4, 2.
Lokalkenntnis, ^ xcoqlojv (xöncov) iuTTi-iQia, L. haben, xcSv zöncov ffi-
TisiQOv slvai. Lufthiebe führen, cxtQu digeiv, dsgo^axstv.
M
Magenkrank, s. Magendrücken. Mähre, auch cpavXov tmzKQiov
Plut. Philop. oder novrjQOv Xen. Cyr. 14, 19. Mark, die, s. oben
N. Jahrb. f. Phil. u. Päil. II. Abt. 1861. Hft 9. 28
434 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Feldmark. Marktstand , Marktstelle, t6 xa^lov. Meer, geht hoch, Q'd-
Xaaaa [isyälri ini(p£Q£rai, Arr. V 8, 20. Meistbietender, auch 6 TrAftcr/p
öiSovs n^vv, Plut. Cat. mai. 21. Mitarbeiterin, /; avvfgyög, Xen. Mein.
II 1, 32. Mitfühlen, Gwalystv. Mitkämpferin, tj avaiiaxos, Xen. Mem.
II 1, 32. Mitleugneu, avvaQi sCc&at. Mitreiten, ovviTcmvsiv. Mit-
schmerz, avvalyrjScov (vgl. Mitfreude). Mitsündigen, Gvv^^aaccgrävsiv.
Mittelländisches Meer, auch i] rj^istfQa d'äi.aaGa. Mobilmachung, auch
durch: tovg ßzQazicavaq flq zu onla nccQayysllBiv, crgarov i'gonli'^BG&cci,
in der M. begriffen sein, sv azQccrov naQaa-Atvrj tlvai. Mohr, fehlt bei
R. in der sprichwörtlichen Redeweise aus Luc. TiQOi x. ccituid. 28 das
Wort: weisz. Mondfinsternis, es tritt eine fast totale M. ein, tjjs 6£-
Xrjvrjg rö noXv ix^fTTfg yiyvt-zca, Arr. III 7, 6. Mondlos, s. mondfinster.
Molo, xfoucc. Mönchskleid, Mönchskutte, i] (ujIcottJ, Byz. Mördergrube,
fehlt bei S. Morgengabe, oq^qiov dcogov. Mund, an dem M. jemandes
hängen, z. B. des Lehrers, ccvaoräv tavzbv rrjg dzQoäafcog = ex ore
alicuius pendere , Chariton p. 62. Arastelod. 1750. Mund, reden was
einem vor den M. kommt, slnsiv o zi iisv In cctiaiQifKxv yXmaaav il%"r],
Luc. d. h. cscr. 32. Mund, vor Staunen starb ihm das Wort im Munde,
vTto &av^i,Dczog B^taicönijas, Arr. VI 4, 5.
N
Nachäflfer, ttUKÖtrjkog, Suet. Octav. 86. Nachnahme des Geldes (bei
der Post), etwa: TrQoßXrjipig. Nachthund, kvcov vvnzagivij , Xen. Mem.
III 11, 8. Nagelneu, -nciLvög, oder snperl. Nameunenner, o'roftotToAo'yos
(nomenclatoi), Plut. Cat. min. 8. Namenszug, fiovoyQct^Cfia. Nativität,
■Ö'f ju-a , vgl. Suet. Octav. 94 extr. Nenner, ovoiiaorrjg , ovoiio&hrjg.
Netz (im thierischen Körper), auch n^Qizövciiov. Nerv (bei R, voll-
ständiger als bei S.), Geld ist der Nerv der Dinge, 6 Ttkovzog vfVQcc
TiQuyfiäzmv Diog. Laert. IV 48, zcc 2;97fju-fvT« vfvgcc rcov ngayfiäzcov Plnt.
Oleom. 27, 1. Niet- nagelfest , durch cczivrjtog 2. Not lehrt beten, tj
ccvccyKT} didäGKSt riva ngoGsvxsG&aL zotg &Eo£g, nach Xen. An. III 4, 32.
0
Oberhofmeister, ■nn&rjyrjrijg , Plut. Alex. 5. Oberlefze, s. Oberlippe.
Obstinat, s. hartnäckig. Obstkorb, vielleicht: xälci&og ixrilcov nXijorjg.
Ocean, s. Weltmeer. Oel ins Feuer gieszen, auch nvg inl nvg fy^siv,
Cratin. b. Meineke com. I p. 26. Oelfläschchen, S. hat unter Flilsch-
chen zu Oel z6 Xrj-AvQ'iov und tmter 'Oelflasche ' denselben Ausdruck,
wärend R. miter ^Oelflasche' das Diminutivum mit Recht vermied; vgl.
auch: 'Flasche' bei R. und S. Ohrenbeule, 77 nagcozüg. Ohrengellen,
Olirenklingen, s. Ohrenbrausen; ich habe Ohrenklingen, ßofißsL fioi t«
rar«, ßoußovGi (.toi ai dv.oaC. Ohrensummen, s. Ohrenbrausen. Oliren-
woide (bei R. und S. unter Ohr der Ausdruck: die Ohren weiden), s.
Ohrenschmaus. Oktave, fehlt: zwei Oktaven hindurch: Slg Siä TtaGmv,
Luc. adv. indoct. 21. Opferknecht, -sklave, [egöSovXog.
P
Palmenfrucht, auch SaKzvXog, S, konnte nur auf 'Dattel' verweisen.
Parteigänger, fehlt bei R, der Ausdruck Gzacicozrjg, Luc. 7t. ogx- 84.
Plan , der auf eine Tafel gezeichnete bezüglich der Schlachtordnung,
Tj tnl z(p TtLvatiicp dtaygncpT], Plut. Philop. 4, 5. Plappermaul, s. Schwatz-
maul. Plastik, plastisch. Polizei, geheime, oder: Polizeispion, etwa
corßKOt;(7r/y'c (at') oder 01 zov ßaciXecog ■naXoviisvot otp&aXuol xort za
ßuGiXkog coza, nach Xen. Cyr. VIII 2, 10, vgl. Bahr zu Herod. I 100
u. 114. Privatakten, zu i'di.a yQciii.aaza (opp. Staatsakten). Prunkge-
schirr, rä Ttofinata gksvtj. Purpurflagge, ?) cpoiviHic;, s. Flagge. Posten
einziehn cpvXa'iiccg Ka&aiQSiv, verstärken cpvXandg [isi^ovag noistv, Xen.
Mem. III 6, 10.
Kurze An/Zeigen und Miscellen. 435
0
Quartier für jemanden ansagen, yiatciXvasig rivl tnayyilXsiv , Plut.
Cam. 38.
R
Racepferd, ysvvuioq imiog. Regen fällt, auch vScoq ?| ovqkvov
TcintBi. Rechtsanwalt, s. Advokat. Regisseur, x^QIV^S. Reiten, ein
Pferd zu Tode, vgl. Plut. Cleoni. 19, 2. Römerfreund, qpiAopcouortog,
Plut. Cat, min. 8 (fehlt bei S. auch unter: Freund). Rücken, einen
völlig bezwungen hinter seinem Rücken zurücklassen, VTCol^inea&ai rivcc
7TKVT7J TCiTCSLvm&svza. Rüster, verweist R. auf Ulmbaum statt auf Ulme.
Rüsttag, TtaQaG-ASvri, Marc. 15, 42. Ruhezeit (von der Nacht), fehlt bei
S., auch avanuvzriQiov , Xen. Mem. IV 3, 3. Rundschau vteQirjyrjGig,
halten Tzoitia&ai, Luc. Char. 22.
Salzknochen (vom Schwein), ra vfia offrä xa aXfirj Tsragiy^vfisva.
Salzkruste, «/Iftuptj av%u,riQ(i , Plut. Eum. 16. Sagen, er glaubte von
Glück zu sagen, wenn er entkäme, Evrvxt'a XQ']('^<^^^'- f <3'oxf t , ti äicc-
(fvyoi, Plut. Philop. 12, 5. Saud in den Augen haben = niclit deutlich
sehn, Xrjfiäv Kolo^vv&aig , Aristoph. Nub. 327. Sarkophag. Satz, als
Teil eines gröszern Musikstücks, o vo'ftog, rö fvvo^ov, Säulenfusz, auch
TtXiv&ig oder ßäaig. Säulenstuhl, ffTrXo(?ar7jg. Scenisch. Schafbock,
s. AVidder. Scheidebrief, auch x6 rfjg dnoXsiipscog y^dcu^a, Plut. Alcib. 8.
Scheu gemachte Pferde, i'mtoi k'tifpQOvsg yiyvöfitvoi, Arr. V 10, 2. Schil-
derdach, ein dichtes bilden, avyyil^isiv rüg äcTtiäag ig d-ngißäg Arr. I
I , 9 oder owaarti^^iv id. V 17, 7. Schlag =: Holzschlag (Ort), z. B.
ich komme vom Schlage. Schminkkiistchen, auch vccQ&T]y.iov. Schneck-
chen, ^ KO^lig, Luc. Catapl. Schneemann, t6 fi'ÖaXov xo in xi-ovog
mnoLTi^ivov. Schnitzmesser, fehlt bei S. ; der eigentliche Ausdruck ^
Giiilr}. Schneppe, i) (iv^u = Tülle, z. B. der Lampe. Schranze,
Schranzen, s. Schmarotzer, schmarotzen. Schraubenmutter, s. Mutter.
Schraubenschnecke, s. Schnecke, auch axQO^ßog. Schrillendes Pfeifen
(des Schäfers), 6 (^) Qoi^og, Hom. Od. IX 315. Schütze, s Flurschütze.
Schulden jemandes aus eigner Tasche bezahlen, iniXvea&ai xu XQBot
rivög, Arr. VII 5, 1. Schuldbuch, in welches jeder seine Schulden ein-
trägt, dnoygäcpga&ai, onöcov ocpsilfi 'i-naaxog, id. VII 5, 1. Schwamra-
stein, anoyyixrjg, Plin. n. h. XXXVII 10, 67. Schwertkampf, fiaxai-
Qcov fidxVf Xen. Cyr. VII 1, 33. Seidenschmetterlintr, vstivöciXog, Min.
n. h. XI 22, 26. Seidenkleid, fehlt bei S. , aber Sammetkleid nicht;
beides fehlt bei R. See, s. Meer. Seitenverwandte, poet. ;j;;j()ü}(rTo;/',
Hom. II. V 158. Serail, vgl. Plut. Them. 31. Seeräuberhauptmann,
ccQX'^^^'Q^''^VS t Plut. Pomp. 45. Selbstpeiniger, savxov rincoQOVf.i,svog,
Cic. Tusc. III 27, 65. Sicherheitsgefühl, x6 ^dgaog, Xen. Mera. III
5, 5. Silbergrube (vgl. Goldgrube), s. Silberbergwerk. Singlustig, tpi-
XmSög, Arr. VI 3, 5, fehlt bei S. auch unter Freund. Sonnenhitze,
sengende, s. oben Hitze. Sommerapfel, fehlt bei S. ; Herbstapfel, ^ijXov
q>&ivo7iaQtv6v , Theophr. IV 6. Speerkampf, fehlt bei R. , auch (iccxV
öoQixxcov, Xen. Cyr. VII 1, 33. Sperrkette, TiX^id^gov (am Hafen), Arr.
II 24, 1. Spielhölle, s. Spielhaus, Isoer. Areopag. 48. Spornen, blutig
gespornt, xOLg (ivcojpiv KL^ax^^^b , Plut. Philop. 10; Sporen bekommen
= an Macht, Ansehn zunehmen, tiivxQa cpvitv, Plut. Oleom. 4. Staats-
bankerott, XQ^'^'" ccTiov.07taL , Plut. Agis 10 (wie tabulae novae Caes. b.
c. III 1 u. dazu Kraner). Staatsgastfreund, Ttgö'^evog. Staatsniinister, auch
6 xmv uXoov TrposaTTjxras ^ccl ngoßovXsvcov , Plut. Cleom. 34, 2. Stadt-
arrest, auch adsafiog cpvXay.rj (dieser Ausdruck fehlt bei R. , der ganze
Artikel aber bei S.), Arr. II 15, 5; vgl. Kritz zu Sali. Cat. 47, 3. Stadt-
syndikus, avvdiMog, Meier att. Proc. Hl. Stadtthor, aucli aC xov xst-
28*
436 Kurze Anzeigen und Jliscellen.
Xovg Tcvlai, Xen. Metn. III 9, 7. Stecken, in der Rede steclien bleiben,
auch avaMOTTTPO^at , Luc. Nigr. 35. Stechdorn, rj Tiali'ovgog ^ vgl.
Fritzsche zu Theoer. 24, 87. Steindamm, ;^üJju-o; li'&wv, Arr. II 18, 3.
Steinhagel, s. oben Hagel. Steinreich sein, nlovr^Cv vngQjisyid-rj rivü
Tckovxov, Luc. Tim. 48, vtkqtcIovtflv id. 45. Stellvertreter, militärischen
schicken, ersgov o!V&' savTOv ntfiTcsiv aTQaricotrjv, Plut. Philop. 7. Steno-
graph, öTjftfioypKqpog, vgl. über diese Erfindung Plut. Cat. min. 23.
Steinigungstod, er entgieng kaum dem St., fiiKQOv tgicpvys rö fi^ %axa-
7ifTgo]&fjvcL, Xen. An. I 3, 2. Stiefmütterchen, eine Pflanze, etwa:
tÖ TQiiQOvv iov. Stockdegen, etwa: dölcov, vgl. Plut. Tib. Gracch.
10 extr. und dazu Kaltwasser: SöXav war ein Spazierstock, worin eine
Dolch- oder Degenklinge verborgen steckte. Heyne -Wagner zu Verg.
Aen. VII 654 vol. III p. 98. Stocken, in der Eede, auch KvaY.6itt8GQ^ui.
Stockschnupfen. Storchschnabel, eine Hebemaschine, ysgcxvLOv, PoU. IV
130. Störenfried, GTaaicöÖrjg, Xen. Mem. II 6, 4. Stammhaus, auch tov
yivovg ai uqxcu, Plut. Coriol. 29. Streusandbüchse, etwa ipocuioQ-ijtiTi
(fehlt bei S.) oder mit R. durch den neugriechischen Ausdruck. Stuben-
hocker, y.axorAtÖiog , Luc. d. h. cscr. 37. Stubenkelirer, etwa 6 to
OLY.riu.cc, SLCiirriQiov i-HKOQcöv oder yKx&cd'gcav oder ■Ka&agzrjg. Vgl. Schlot-
feger , Essenkehrer. Stumm, fehlt bei S.: stumm wie ein Fisch sein,
aq)mv6rfQ0v xcöv l%%vcov Bivai, Luc. Gall. 1. Sturmbrücke, etwa-i^aorga.
Sündlos, avafidorrjTog, Sündlosigkeit, a.vau.agxr]aiu. Synagogenvorsteher,
GvvayioyBvg, Luc. d. m. Peregr. 11.
T
Tafel, Tisch, ein Gericht von der Tafel verbannen, oipov hTgdnf^ov
anocpaiv&iv, Luc. Gall. 4. Tagfalter, welchen Ausdruck hat der Grieche
dafür? Theophr. bist. pl. II 4 , 4 hat ipvxr] und Sprengel übersetzt
schlechthin: Schmetterling. Nach Theophr. de caus. pl. V 8 musz man
glauben, dasz jener Ausdruck mehr bildlich zu fassen ist. Tagesge-
schlecht, TO ^(pTJusgov antgiMa, Plut. consol. ad Apoll. I p. 454 ed. Wj-t-
tenb. Tanzlustig, (fLlogxrj^oDV , Arr. VI 3, 5, fehlt bei S. auch unter
Freund. Tartsche, äcnig. Text, im übertragenen Sinn, aus dem Text
kommen» fy.7Cintsiv, Luc. Nigr. 35. Theaterplatz, einen Th. einnehmen,
&fav yiar aXciiißäveiv, Luc. it. ogx- 85. Teilnahmlos sein gegen Be-
drängte, KCfüäg ngätroviag nsgiogäv. Todenschlaf, im T. liegen, vno
[lavdgctyögu -na^ivSsiv , Luc. Tim. 2. Tombak, etwa xcct-Aog v.cil fto-
XvßSog ufiuyatvot, -/f>£poruiVot. Toreutik. Trampelthier, s. Dromedar.
Transportwagen, fehlt bei S. Trinkhorn, -Ksgcczivov notrjgiov, Xen. An.
VI 1,4. Trottoir.
u
Ueberschilden, einen mit dem Schilde schützen, vnfgccani'^siv tivög.
Ueberwölben, mit einem Schirmdach, dnoyeioovv , Xen. Mem. I 4, (>.
Umgeheuds, vgl. nacbgehends. Untersuchungsrichter, z. B. bei einem
Diebstahl, t^nccaTJjg tcov KlaTtivtmv , Plut. Ages. 11.
V
Vergnügungsort, auch (^largißr] (fehlt bei S.), Plut. Flamin. 3.
Vergnügungsreise, etwa ^icogia, Isoer. 4, 182, vgl. dazu Schneider.
Verkommen. Verkoppeln. Vermögensteuer, s. Einkommensteuer. Ver-
pesten, diKq)Q-f'gftv, IviiaivfO^ai, verpestet werden, XoifiLYOv, loi/iorpo-
gov, loiucüSt] yiyvißQ-cii. Verputz, an Gebäuden, xor/orfi-a, verputzen s.
berappen. Verständigung, Gabe der, s. oben Gabe. Verstandesschärfe,
cvvfoig. Verschildung , awccGTiiGiiog , Arr. Tact. 14. Verzerren, ver-
ziehen die Lippen, rd x^i^ri (ivx&^lsiv. Theoer. 20, 13. Voraussichtlich,
ngoSrjlog. Vorbei-, vorüberstreichen, -segeln, z. B. an den feindlichen
Schiffen, tkxqs^sIccvvsiv Tiagd zag Tigcögag zcöv Tiolf^tcov, Plut. AIcib. 35.
Kurze Anzeiffen und Miscellen. 437
'o
I
Vorderblatt, co 1.1 n 7t ?. dt rj, Vorderschenkel, fehlt bei S. ; für dieses fehlt
bei R. : ro ngöad'iov a^^Xog (vgl. Hintersclienkel) , Plut. Pliilop. 10, 6.
Vorfeier, r« tiqcSzk (tfpä), vgl. Nachfeier. Vorher freuen, sich, s. voraus
freuen, sich, oder Ttgoyrj&ico. Vorkosterin, nQoytvGTQig. Vorschlag, als
musikalischer Ausdruck, ccvKHQonaig. Vorschule, s. Vorübung. Vor-
schwindeln, yiaTC<yor]T8vetv zlvÜ, ^'ganaxciv tiva Ao'yoig ipsväiai; für die
Construction ■KCivayorjTBvsiv tiv6g= vorgaukeln kenne ich kein Beispiel.
Vorsteherin, TtQoaravLi , Luc. bis acc. 29.
W
Wachhutte (für den Obsthüter), OTicoQorpvXayiiov. Wallnuszknacker,
KctQVoncitäy.zqg (vgl. INIandelknacker). Wüchsen = mit Wachs überziehn
oder überstreichen, z. B. Bettzeug, KrjQOvv. Wärmstein, (fciy.ar6v nv-
QiaTjjQtov , Aet. 9, 27. WafFengeklirr , auch tav onltov ipoopog , Plut.
Cani. 5. Wahlurne, r) vSQi'a. Wahrsagerstab, fiarriKov ^vlov, id. 32.
Weggenosse, avvoSoinÖQog. Wegestrecken, die, ori oSot. Wegspucken,
dnoTctvsLv. Weinen, vor Freude, da-nQvsLv vno jjapa?, vqp' rjSovrjg.
Weisz machen, einem etwas, fehlt bei R. ; bei S. kann hinzugefügt wer-
den: s^KTcciTccv im prägnanten Sinne, Xen. An. V 7, 6. Welt, um alles
in der Welt, so erbarmt euch, näa)] r^x'^'V "^^ l^n^'^V i^-f>]<><xt:8 , I-ys.
19, 53. Wespenmade, gxkScÖv , vgl. Bienenmade. Wiederthun , avti-
ÖQctv, z. B. xaxa tiva. Wildhafer, s. Taubhafer. Wohlgenährt, fehlt
•bei S. WoUkrempler , 6 fqicc ^aivcov, Wolfsjagd, auch rö TtoXsfiFcv
Toig Xv-Aoig, Plut. Sol. 23. Worfler , /tXfiT^T/jo, Hom. II. XIII 590; vgl.
schwingen, Schwinger.
Z
Zauberrad, Zauberspindel, ^öußog, vgl. Fritzsche zu Theoer. 2, 17.
Zeitkürzung, z. B. er liesz eine Zeitkürzung eintreten, s. Zeitabkürzung.
Zeitordnung, rcc^ig xäv xqÖvoov , Plut. Agis. 16, 1. Zentralisieren (S.
unter: centralisieren), fehlt bei R., a,\xc\\ ovyY.fcpalaiovoQ'ai , Xen. Cyr.
VIII 6, 14. Zimmer, ein unterirdisches ohne Luft und Licht von auszen,
oi'y.r}ac( -naraySLOv ovrs nvfVfice laußccvov ovxf cpcög s^ad'fv, Plut. Pliilop.
19. Zinkblech, to ijist^SnQyvoov eXccaaa. Zitterespe, Zitterpappel, xfp-
xt's, Theophr. h. pl. III 14, 2, fehlt bei R. Zuhauen, behauen, Steine,
so dasz sie aneinander passen , auch iL&ovg avvfQyd^ea&cii , Tinic. I 93.
Zukunft, an die Zukunft denken, ^Xni'^fiv , Luc. Char. 8. Zurüstung,
in der Zurüstung eines Feldzngs begriffen sein, tv 7C(XQciay.£i'rj ardlov
slvciL, Arr. 11,3. Zusammenhiueinschleichen, avfinaosiofQxsad'tiiy
Luc. Tim. 28. Zusammenstimmen, es stimmt nicht zusammen, ovdsv
TiQog x'^Q^V'" ' Lue. n. oqx- 80; vgl. 'Sache' bei S. : ovrJlv jr^og dio-
vvaov. Zugführer, etwa Xoxayög. Zurückscheuchen, einen von sich,
dirflavvBiv zivä dcp' samov. Zylinder, -nvlivdgog, Plut. Marc. 17.
Zwergkirsche, jjorfi-atxf'ßacos , Athen. II 11.
Sondershausen. Dr Harlmann.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Preuszen 1860.
(Fortsetzung von S. 377—400.)
VI. Pommern. (Fortsetzung.)
II. Stolp.] Die Gymnasialklassen der Anstalt haben in dem ver-
floszuen Schuljahr durch die Einrichtung der Gymnasial -Prima ihren
438 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen , statist. Notizen.
Abschlusz erhalten. Damit war auch die Ergänzung des Lehrercolle-
giums notwendig geworden. Die für diesen Fall bereits vorgesehnen
Stellen wurden zu Anfang des neuen Schuljahrs besetzt, die des dritten
Oberlehrers und Subrectors mit dem bisherigen Collaborator an dem
Gymnasium zu St Magdalena in Breslau Dr Klemens, die des zweiten
ordentlichen Gymnasiallehrers mit dem bisherigen ordentlichen Gymna-
siallehrer in Cöslin Dr Häckermann. Der erstere schied am Schlusz
des Schuljahrs wieder aus dem Lehrercollegium aus, um eine Lehrer-
stelle am Friedrichs-Werderschen Gymnasium in Berlin zu übernehmen.
Der Candidat Drenckhahn, der nur ein halbes Jahr lang der Anstalt
angehörte, gieng zu Michaelis als Adjunct an das Pädagogium zu Put-
bus. Auch der für ihn als Hülfslehrer berufene Dr Plagemann schied
am Schlusz des Schuljahrs wieder aus. Lehrercollegium: Director Kock,
Dr Krahner, Berndt, Oberlehrer Horstig, Dr Häckermann, Dr
B ermann, Hupe, Lundehn, Heintze, Mitzlaff, Seip, Zeichen-
lehrer Papke, die Candidaten Latsch, Graf. Schülerzahl 369 (Ig. 8,
II g. -22, II r. 6, III^ g. 28, III »> g. 33, III r. 12, IV g. 58, IV r. 57,
V^ 49, V*> ;i8, VI 58). Den Schulnachrichten geht voraus: Probe aus
einer Vorschule für die Di/ferenäal- und Inteyralrcchmaiy von dem Cou-
rector Berndt (32 S. 4).
12. Stralsund.] Der Oberlehrer Dr von Gruber wurde zum Pro-
fessor und der ordentliche Lehrer Dr Nizze zum Oberlehrer ernannt.
Lehrercollegium: Director Dr Nizze, Professor DrScliulze, Dr Kro-
mayer, Professor Dr von Gruber, Oberlehrer Dr Freese, Professor
Dr Zober, Oberlehrer Dr Tetschke, Oberlehrer Dr N iz ze, DrRietz,
Dr Kollmann, von Lühmann, Zeichenlehrer Paul, Musikdirector
Fischer, Religionslehrer Consistorialrath Dr Ziemssen. Schülei'zahl
248 (I 17, II 20, III 34, IV 42, V 49, VI 38, VII 48). Abiturienten U.
Das Programm zur Einladung zu der Teilnahme an der Feier des dritten
Jubiläums der Anstalt enthält: 1) Serenus von Antissa über den Schnitt
des Cylinders. Aus dem Griechischen von E. Nizze (29 S. 4). 2) Quae
grammatici Alexayidrini de pronominis natura et divisione staluerint, explicat
C. Kromayer (.36 S. 4).
13. Treptow a. d. R.] In dem Lehrercollegium fand im Laufe des
verflosznen Schuljahrs keine Veränderung statt; mit dem Beginn des-
selben trat der neuangestellte Zeichenlehrer und Lehrer der Vorklassen
Laabs in sein Amt ein. Lehrercollegium: Director Dr Geier, Pro-
rector Religionslehrer Lic. Tauscher, Oberlehrer Dr Friedemann,
Oberlehrer Dr Bredow, Oberlehrer Ziegel, die ordentlichen Lehrer
DrTodt, Schulz jun., Kalmus, Schulz sen., Turnlehrer und Lehrer
der Vorklasse Nicolas, Zeichen- und Elementarlehrer La ab s, Gesang-
lehrer Musikdirector Gesch. Schülerzahl 199 (I 10, II 24, III 34, IV
41, V 43, VI 47). Elementarschüler 97 (I 41, II» 29, IIb 27). Abi-
turienten 3. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung von
Dr T o d t : Diunysios I von Syrakus. Ein Charakterbild aus der griechi-
schen Geschichte (30 S. 4).
VII. Preuszen.
1. Braünsberg.] Der Gymnasiallehrer Austen, zuletzt am Pro-
gymnasium zu Rössel, trat mit Beginn des Schuljahrs als Keligionsleli-
rer ein. Der Schulamtscandidat Dr Prill hielt sein Probejahr ab; dem
Schulamtscandidaten Löffler wurden von Neujahr an einige Stunden
übertragen. Dem Candidaten Rochel wurde die Verwaltung der wiss.
Hülfslehrerstelle bei dem Gymnasium zu Culm übertragen, dagegen der
Candidat Dr Bornowski zur Aushülfe dem Gymnasium überwiesen.
Dr Korioth, welcher mit der interimistischen Verwaltung der Religions-
lehrerstelle betraut gewesen war, trat am Progymnasium zu Rössel in
I
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, sfalist. Notizen. 439
dieselbe Stellung'. Lelirercolleg'ium : Dircctor Prof. Braun, die Ober-
lehrer Dr Sauge, Dr Otto, Dr Bender, DrFunge, Religionslehrer
Austen, die ordentlichen Lebrer Lindenblatt, Tietz, DrBIudau,
Brandenburg, wiss Hülfslehrer Schütze, Cand. Dr Bor no wski,
techn. Hülfslehrer Roh de, Pfarrer Dr Herr mann fevang. Rel.), die
Caudidaten Löffler und Dr Prill. Scliülerzahl 317 (I 5i, II 57, III
70, IV 51, V 43, VI 45). Abiturienten 21. Den Schnlnachrichten geht
voraus eine wissenschaftliche Abhandlung vom Oberlehrer Dr Saage:
de loeis quibusdam a Piatone et Xenophonte siimtis iH.ipuiatur (23 S. 4).
Die behandelten Stellen sind folgende: Plat. Grit. 44"* «rwra Sl d;j^K xrA.
Plat. Apol. 19"' TOVTcov yug fvorcrog xtP.. Ebd. 23" sk TKvzrjai dr/ v.tl.
Xen. Cyr. I 6, 5 rt y«p, ftpr], cö ncct v.tI. Plat. Eutyphr. 4** xavxa 8r^ ovv
v.ai ayavä^Tfi htX. Xen. Mem. I 4, 8 gw ds ßavrbv öo-n&ig ktX, Ebd. 4, II
fTtfix' ov^ oi'ft Ktl. Plat. Apol. 28 ** ov av ttg tuvxbv mtA. Ebd. 29"= — 30<=
mazs ovS' ai -nzk. Ebd. 30''« aÄA' (xa^Xr';aag v.xl. Plat. Menex. 237'"^
rr/g Ss tvybVfiag v.xX. Ebd. 243 noXXol [isv dficpl xtA. Ebd. 243*"= aaxs
tnlaqaai xrZ. Plat. Charm. 173« dXlcc tisqi xlvwv, Plat. Phaed. 81*
cooTieQ äs Itysxai v.xX. p]bd. 82'' elg Si ys Q^bwv ktX. Ebd. 86 iniiSccv
ovv v.zX. Ebd. 96'' courjv yciQ kxX. Ebd. 102'* aXXa ■nctl x6 v.xX. Xen.
Mem. Vi 2 , b ji Si yvvri v.xX. Ebd. II 5 , 4 v.aXiög dv f'j;ot xrA. Ebd.
9, 4 ovv yao rjv oiog %xX.__ Xen. Ages. I 33 äiia Sl v.al Mij^uymaTi kxX.
Xen. Hier. I 30 alg-nSQ ovv fi xig kxX. Ebd. 4, 8 dXXä iiivxoi kxX.
Ebd. 6, 14 äXXu sidoxa kxX. Ebd. 8, 10 ov yag xvQuvvoig -nxX.
2. CuLM.] Um Ostern gieng der wissenschaftliche Hülfslehrer Dr
Bornowski in gleicher Eigenschaft an das Gymnasium zu Braunsberg
ab. In seine Stelle trat Rochel, bisher an dem Gymnasium in Brauns-
berg beschäftigt. Der Candidat A ndr z e j e wski wurde, nachdem er
sein Probejahr absolviert hatte, zur Aushülfe an das Gymnasium zu
Conitz gesandt. Lehrercollegium: Director Dr Loz'ynski, die Ober-
lehrer Professor Dr Funck, Hagele, W^cleAvski, Dr Besse, Re-
ligionslehrer Lic. Okroj, die ordentlichen Lehrer Oberlehrer Raabe,
Oberlehrer Wentzke, Altendorf, Reyzner, Laskowski, wissen-
schaftlicher Hülfslehrer Rochel, Pfarrer Consentius (evangel. Re-
ligionslehrer), die commissarischen Lehrer Dr Pior und Schillings,
Zeichenlehrer D tugo sz, (Tesanalehrer Tr aut mann. Schülerzahl 423
(1 3 30, P 33, II" 38, II '' 37, III" 46, III ^ 44, IV 67, V 61, VI 54,
VII 13). Abiturienten 23. Den Schnlnachrichten geht voraus eine Ab-
handlung von Dr Besse: de statu rei puhlicae Atheniensis Codro mortuo
(19 S. 4).
3. Danzig.] Der ordentliche Lehrer Dr Anton hat zu Michaelis
die Anstalt verlassen , um eine Lehrerstelle am Gymnasium zu Erfurt
zu übernehmen. In Folge des Ausscheidens desselben ist Dr B res 1er
in die lOe ord. Lehrerstelle eingerückt und Dr Hampke als wiss. Hülfs-
lehrer angestellt worden. Als Cand. prob, ist Dr Preusz eingetreten.
Lehrercollegium: Director Engelh ard t, Prof. Herbst, Prof. Hirsch,
Prof. Czwalina, Prof. Brand stäter, die ordentlichen Lehrer Prof.
Röper, Dr Strehlke, DrHintz, Dr Stein, Dr Bresler, Prediger
Blech. Licentiat Redner, die Hülfslehrer Dr Hajnpke, Dr Lampe,
Dr Krieger, Cand. Dr Preusz, Zeichenlehrer Troschel, Schreibl.
Fisch, Musiki. Markull, Elementarl. Wilde. Scliülerzahl 534 (I 31,
II" 44, 11" 38, III" 46, III" 61, IV" 51, IV» 55, V" 46, V" 51, VI 60,
VII 51). Abiturienten II. Wegen der mehr denn 800 Thaler betragen-
den Kosten des vorjährigen und des Jubel-Programms von 1858 ist für
diesmal eine wissenschaftliche Abhandlung den Schulnachrichten nicht
beigefügt.
4. Deutsch- Crone]. Am Schlusz des Schuljahrs schied der Ober-
lehrer DrWerneke aus dem Lehrercollegium aus, um eine Oberlehrer-
440 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist, Notizen.
stelle am Gymnasium zu Paderborn zu übernehmen. Lehrercollegium :
Director Drl'eters, die Oberlehrer Martini, Krause, Religions-
lehrer Dr Slowinski, die ordentlichen Lehrer Weierstrasz, Dr
Mali na, Dr Frey, wiss. Hülfslehrer Dr Schneider, techn. Hülfsl.
Härtung, Prediger W eise (ev. Kel.). Schülerzahl 2(55 (I 20, II 38,
III a 32, III b 30, IV 44, V 57, VI 49). Abiturienten 13. Den Schul-
nachrichten geht voraus: de consi/io, quäle Tacitus in scriberido de Ger-
mania libro secutus esse videatur , conimentatio. Scripsit Dr T h. Malina
(18 S. 4). 'Placet, ut redarguendis, quoad eins fieri poterit, aliorum
commentis infringendisque eorum erroribus id , quod verum est, reperia-
tur repertumque in lucem protrahatur, diversas, quae adhuc de re pro-
posita latae sunt, sententias singulas deinceps in medium proferre quam
diligentissime examinandas.' Der Verf. spricht als Resultat der Unter-
suchung seine Ansicht in folgenden Worten aus: ' haud dubium esse
existimo , quin scriptor id potissimum spectaverit, ut Germanoriim gen-
tem et bellicosissimam omnium et tenacissimam studiosissimamque li-
bertatis esse demoustraret. Quae res longe plurimis quidem Romano-
rum satis iam nota erat, multo minus tarnen innotuerant eins rei cau-
sae. Has eximio ingenii acumine repertas Romanos docere instituit.
Facilique negotio planum fecit atque probavit, Germanorum omnem
vivendi rationem et educationem et publica privataque instituta et ipsam
religionem pertinere ad bellum eiusque studia et ad excitandam augen-
damque fortitudinem. Cuius quidem fortitudiiiis fontem, libertatem in
animis Germanorum altissimis defixam rationibus miris meritisque lau-
dibus cum alibi, tum praecipue praedicat in Germ. c. 37. Atque haec
omnia exposuit haud dubie moniturus Romanos, ut caverent ab eius-
modi hostibus neque unquam imparatos se iis opprimendos darent. Iam
enim apparet, Germaniae scribendae causam Tacito nallam aliam fuisse,
nisi ut, quae ipse de rebus Germanorum cognita satisque explorata
habebat, Romanis traderet, unde documentum sibi caperent omnis et
praesentis futurique temporis.'
5. Elbing.] In dem Lehrercollegium hat keine Veränderung statt-
gefunden. Dr Sommer bürg wurde als 5r ordentlicher Lehrer fest
augestellt. Der Religionsunterricht für die katliolischen Schüler wurde
dem Kaplan Hippel und nach dessen Versetzung dem Kaplan Breyer
übertragen. Lehrercollegium: Director Prof. Dr Benecke, Professor
Merz, Prof. Richter, Prof. Dr Reusch, Oberl. Scheibert, die
ordentlichen Lehrer Lindenroth, Dr Steinke, Dr Heinrichs, Dr
Sonnenburg, Musikdirector Döring, Zeichenl. Müller. Schüler-
zahl 193 (I 15, 11 24, III 33, IV 30, V 42, VI 49). Abiturienten 6.
Den Schulnachrichten folgt eine Abhandlung von Dr Heinrichs: de
ablalivi apud Terenüuni usu et ratione. Part. II (26 S. 4). §11. De ab-
lativo obiecti. a) De ablativo, qui sequitur verba affectuum. b)
De ablativo cum verbis ludendi posito. c) De ablativo cum ver-
bis quibusdam deponentibus coniuncto. d) De ablativo cum
verbis et adiectivis plenitudinis et inopiae sociato. e) De
ablativo cum adiectivis quibusdam singularibus consociato.
f) De formula opus est. g) De supinis in u desinentibus. h) De for-
mula refert. i) De formula quid fiet? et similibus. k) De structu-
ris nonnullis rarioribus. § 12. De ablativo absoluto. § 13. De adver-
biis quibiisdam , quae cum ablativo cognata sunt.
6. GuMBiNNEN.] Dr Witt, bisher Lehrer einer Erziehungsanstalt,
war als 4r ordentl. Lehrer berufen worden. Lehrercollegium: Director
Dr Hamann, die Oberlehrer Sperling, Prof. Dewischeit, Prof.
Dr Arnoldt, Gerlach, die ordentlichen Lehrer Oberl. Dr Kossak,
Dr Basse, Dr Waas, Dr Witt, Schwarze. Schülerzahl 219 (I Kl,
II 25, III 48, IV 48, V 40, VI 42). Abiturienten 6. Den Schulnach-
l
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen. 441
richten geht voraus: Schillei-feier. Rede des Professor Dewischeit (16 S. 4).
7. HoHENSTEiN.j Das Lehrercollegium ist im verfloszuen (Schuljahr
unverändert geblieben. Dasselbe bilden: üirector i)r Toppen, die
Oberlehrer UudecU, Dr Krause, öchulz, die ordentl. Lehrer Dr
Gervais, ßlüinel, Dr Hei nicke, interim. Lehrer Predigtamtscand.
Hammer, techn. Lehrer Baldus. Schülerzahi 173 (I 24, II 21, III
42, IV 27, V 6'6, VI 25). Abiturienten 7. Den Schulnacbriehten t'ulgt:
Geschiclile des AiiUes und der Stadt Höllenstein. Vum Director Toppen
(ö. Ö5 — 132. 8).
8. KöNiGSBEKG.] a. Altstädtisches Gymnasium. In dem Leh-
rercollegium ist keine Veränderung vorgekommen. Dasselbe bilden:
Director Dr EUendt, die überleluer Prof. Dr Möller, Fat seh eck,
Schumann, Dr Kichter, die ordentlichen Lehrer Dr Ketzlaff,
Fabriciu.s, Dr Öchaper, Mut trieb (stellvertretend;, die (Schulamts-
candidaten Dr Wiederhold, Dr Kumpel, Elenientarl. Rosatis,
Zeichen!. Stobbe, Musikdir. Pät zold. öchülerzahl 3(J8 (I 42, IP 34,
IIb •>'.(, III ä -lö, IIV' 47, IV tiO, V 52, VI 50). Abiturienten 13. Den
Schuhiacliricliten geht voraus eine Abhandlung von Dr Kichter: de
supinis latinae Unguae. F. V. (15 .S. 4). Vorliegende Abhandlung, mit
welchem die Untersuchung beendigt ist, enthält Zusätze und Verbesse-
rungen zu den vorausgehenden vier Abteilungen. — b. Friedrichs-
Collegium. Die Mitglieder des Lehrercollegiums sind in den Schul-
nachrichten nicht aufgetUhrt. Vom 1. October ab übernahm der Prov.-
Schulr. Dr Schrader interimistisch die Direction an Stelle des abberuf-
nen Directors Prof. Dr Horkel. Schülerzahl 373 (1 45, II 40, III ^ 43,
IIP 50, IV 67, V 63, VI 65). Abiturienten 19. Den Schulnachrichten
geht voraus eine Abhandlung von Dr Müller: cuniecturae Tullianae
(26 S. 4). Die behandelten Stellen sind folgende: Att. 11 J8 extr.: tu,
vellera egove cet. Acad. II 26, 82: Epicurus posse cet. Kab. Post. 8,
21 (vel oder gar). Deiot, 6, 18: quid ait medicus cet. Rep. I 26, 41:
eiusmodi coniunctionein cet. II 28, 51 extr.: est igitur fragilis cet. Farn.
XVI 9, 4 : reliquum est cet. Att. XIII 6 extr.: operam tuam multam cet.
Pet. cons. 10, 40: quos laesisti cet. Fin. II 26, 82: e quibus unum mihi
videbar cet. Fam. XII 20 quodsi, ut es cet. Phil. IX 1, 3: ego auteni cet.
X 7, 15: etsi est enim cet. N. D. 134, 96 extr.: ad similitudiuem cet.
Mil. 13, 35 extr.: reus cet. De dorn. 49, 127 extr. statt dicit dedicet. Tim,
c. 7: in intervallis. Farn. XIII 26, 2: qui Eli negotiatus est. Fam. III
12,3: vides sudare cet. Inv.II44, 129: sin causam afferet cet. Cael. 3, 8:
illud tamen cet. Lex. agr. II 30, 81: quem agrum cet. Kep. I 19, 31
extr.: obtrectatores cet. Quinct. 18, 57: quaesivit a te cet. Tusc. V 28,
80: dabit se cet. IV 22,50: de L. Bruto cet. Lex. agr. II 20, 54: plus
spectant cet, Flacc. 14,33: classis nomine cet. Sest. 5, 12: Si M. Pe-
treii cet. Rah. Post. 10, 28: ut ventum cet. Att. VllI II D, 7: memi-
neram cet. Brut. 74, 260: C. Hirtilium. Acad. II 17,54: similitudines
cet. De erat. III 44, 175: neque est ex multis res una cet. Or. 68,227,
— c. Kneiphöfisches Stadt-Gymnasium, Den 2n Oberl. Witt
verlor die Anstalt durch den Tod. Schon wärend der Krankheit dessel-
ben hatte der Schulamtscandidat Dr Diestel dessen Stelle vertreten. An
die Stelle des zu Ostern ausgeschiednen Candidaten Friedrich, v/el-
cher eine Hülfslehrerstelle an dem Gymnasium zu Rastenburg übernom-
men hatte, trat Dr Schwarz, der aber schon zu Michaelis die Anstalt
wieder verliesz , da ihm die Verwaltung einer Lehrerstelle am Gyii'ua^
sinni zu Tilsit übertragen war. Bald nach dem Beginn des Winter-
semesters wurde die 2e vaeante Oberlehrerstelle dem -Sn Oberlehrer Dr
Schwidop übertragen, die übrigen Lehrer ascendierten, und die letzte
ordentliche Stelle erhielt der Schulamtscandidat Dr Diestel, Lehrer-r
collegium: Director Dr Skrzeczka, die Oberlehrer Prof. Dr König,
442 Berichto über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen.
Dr ÖcliwiJop. Dr Lentz, Prof. Cholevius, Weyl, die ordent-
lichen Lehrer Dr Knobbe, von Dryg'alski, Dr Diestel, Candidat
Hubaczek, Dr Seemann (Englisch), Zeichen- und Schreibl. Glum,
Musikdir. Pabst. SchUlerzahl 307 (I 37, II« 33, II »> 29, III 67, IV 50,
V 44, VI 41). Abiturienten 19. Den Schulnachrichten geht voraus eine
Abhandlung vom Oberlehrer Schwidop: observationuni Lucianearum
specimen III (24 S. 4).
9- KoNiTZ.] Der comraissarische Lehrer Sa ml and erhielt eine de-
finitive Austeilung am Progymnasium zu Neustadt. Die Wissenschaft!.
Hülfslehrerstelle erhielt der bisherige commissarische Lehrer Barthel;
gleichzeitig erhielt v. Biel icki seine Bestallung als defin. katholischer
Religionslehrer. Dem 2n Oberlehrer Dr Moiszisstzig wurde der Titel
als 'Professor' verliehen. Den ordentlichen Lehrer Oestreich verlor
die Anstalt durch den Tod. Den Unterricht desselben übernahm der
Schulamtscandidat An d r z ej ew s ki , der eben sein Probejahr am Gym-
nasium zu Culm abgeleistet hatte. Lehrercollegium: Director Dr k. ijö-
b e 1 , die Oberlehrer Professor Wiehert, Professor Dr Moiszisstzig,
iiowinski, Dr Stein, Religionslehrer vonBielicki, die ordentlichen
Lehrer Oberlebrer Haub, Heppner, Karlinski, Kawczynski,
wissenschaftl. Hülfslehrer Barthel, die comihissarischen Lehrer Gan d,
Andrzejevvski, techn. Hülfslehrer Ossowski, evangel. Religions-
lehrer Superintendent Annecke. Schülerzahl 334 (I 24, II « 19, II ''
37, III« 36, 111 b 47, IV 67, V 60, VI 44). Abiturienten 14. Den
Scbulnachrichten geht voran eine Abhandlung vom Professor W icher t:
Wärme- Erscheinungen der meteorologischen Station Konilz (28 S. 4).
10. Lyck.] In dem Lehrercollegium ist im Laufe des Schuljahrs
keine Veränderung eingetreten. Mit dem Schlusz desselben wird Dr
Richter eine verbesserte Stellung am Gymnasium in Rastenburg erhal-
ten, Dr Botzon die zweite Oberlehrerstelle des neuen Gymnasiums zu
Marienburg übernehmen. Das Collegiuni bilden: Dir. Prof. Fabian, die
Oberlehrer Professor Kostka, Gortzitza, Dr Horch, Dr Botzon,
Kuhse, Moldehn ke, Kopetsch, Rieht er, Oberlehrer M e nzel,
Pfarrer Preusz. Schülerzahl 2.'i5. Abiturienten 8. Den Schulnach-
richten geht voraus eine Abhandlung des Gymnasiallehrers Kopetsch:
de verbalibus in tos et reo? Platonicis dissertatio , cid intextae sunt breves
de Honiericis adnotationes (28 S. 4"). Pars prior quaestione contineatur
de forma. Cap. I. Derivatio. Cap. II. De motione. § 1. Motio per
genera quae dicitur. § 2. Motio per gradus quam vocant. Altera
pars. De usu.
11. Marienwerder.] Im Lehrercollegium ist keine Veränderung
eingetreten. Dasselbe bilden: Director Professor Dr Lehmann, die
Oberlehrer Professor Dr Gützlaff, Professor Dr Schröder, Grosz,
Dr Zeysz. die ordentlichen Lehrer Reddig, Henske, Dr Breiter,
Gräser, Dr Künzer, wissenschaftlicher Hülfslehrer Dr Wulckow,
Zeichen- und Schreiblehrer B er e ndt, Gesanglehrer Leder. Schüler-
zahl 253 (I 20, II 34, HI« 37, III »> 48, IV 53, V 32, VI 29). Abitu-
rienten 6. Den Schulnachrichten geht voraus eine Festrede vom Ober-
lehrer Grosz (12 S. 4).
12. Rastenbdrg.] In dem Lehrercollegium hat keine weitere Ver-
änderung stattgefunden, als dasz Dr Friedrich zu einer Lehrerstelle
an dem neuen Gymnasium zu Insterburg berufen wurde. Lehrercolle-
gium: Director Techow, Professor Klupsz, Professor Brillovirski,
Professor Kühnast, Oberlehrer Claussen, Jänsch, Dr Richter,
Dr Rahts, Küsel, Thiem, Volkmann. Schülerzahl 301 (I 53, II
02, III« 40, Illb 48, IV 30, V 42, VI 20). Abiturienten 19. Den
Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung von Dr Friedrich: de
di/ferentiis aliquot vocabulorum Homericorum specimen I (20 S. 4). I) alyog.
Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, stallst. Notizen. 443
ß%os, oSvvr], II) yoog, olucoyij. III) azovog , atovccxq, (.iv^iiög, IV)
nrjua , na-nöxr^g , (XQr'j , loiyog — Svrj , oi'^ijg — Krjdog , nsv&og.
13. Thokn.] Der Scliulamtscandidat Dr Vo Ick mann, welcher
sein Probejahr abhielt, leistete Aushülfe ; der Lehrer an der städtischen
Schule Lew US übernahm eine neue Lehrerstelle; der 8e ordentliche
Lehrer Siebert wurde definitiv angestellt; der Oberlehrer Dr Fas-
bender wurde zum Professor, der le ordentliche Lehrer Dr Hergen-
roth zum Oberlehrer ernannt. Lehrercollegium : Director Prufessoi- Dr
Passow, Professor Dr l'aul, Professor Dr Janson, Professor Dr
Fasbender, Oberlehier Dr Hirsch, Oberlehrer Dr Prowe, Ober-
lehrer Dr Bergenrotb, die ordentlichen Lelirer Dr Brohm, Fritsche,
IJöthke, Müller, Dr Winckler, Kietze, Siebert, Elementar-
lehrer Lewus, Schulamtscandidat Dr Volckmann, Garnisonsprediger
Jl rauns chweig (evangel. Keligionslehrer), Pfarrer Kastner (kathoi.
Peliglonslebrer), Zeicbenlehrer V ö 1 c k e r, Zeichenlehrer T e m p li n, Tnin-
lehrer Ottmann. Schülerzahl 3ü<.) (I 13, I r. 7, II 29, II r. 10, III 52,
III r. 28, IV X], IV r. 2U, Y " 35, V ^ 3(3, VI 5-, VII 42). Abiturienten 6.
Den Schuluachrichten geht voraus: de Nicolai Copernici patria. Scripsit
Dr L. Prowe (21 S. 4).
14. Tilsit.] Der Oberlehrer Schneider trat auf sein Ansuchen
in den Ruhestand. Zur Vertretung desselben trat Dr Schwarz in das
Lehrercollegium ein, indem er zugleich sein Probejahr absolvierte. Leh-
rercollegium: Director Professor Fabian, die Oberlehrer Clemens,
Dr Düringer, Dr Kossinna, die ordentlichen Lehrer Pohl mann,
M e c k b a c h , S c h i e k o p p , S k r o d z k i , Dr Fischer, G i s e v i u s ,
Zeichen- und Schreiblehrer Rebberg, Hilfslehrer Dr Schwarz, Ge-
sanglelirer C ollin. Schülerzahl 322 (IM5, I^ 13, 11" 17, IIb .jo,
III« 34, III b 38, IV 44, V 44, VI' 46, VI^ 49). Abiturienten 13.
Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung vom Gymnasial-
lehrer Schiekopp: die Hehraismen des Neuen Testaments (17 S. 4).
(Fortsetzung).
VII. Posen.
1, Bromberg.] In dem Bestand des Lehrercollegiums traten im
Verlauf des verflosznen Schuljahrs einige Veränderungen ein. Der
Probst Turkowski legte sein Amt als Religionslehrer nieder und au
seine Stelle trat definitiv der Vicar von Bukowiecki. Der Schul-
amtscandidat Hüssener verliesz die Anstalt; an seine Stelle trat der
Schulamtscandidat Thiel, der zugleicli das gesetzliche Probejahr ab-
hielt. Der Gymnasiallehrer Lomnitzer erhielt den Titel 'Oberlehrer'.
Lehrercollegium: Director Deinhardt, Professor Breda, Professor
Fe ebner, Oberlehrer Januskowski, Oberlehrer Dr Schönbeck,
die Gymnasiallehrer Dr Hoff mann, Oberlehrer Lomnitzer, Heff-
ter, AI arg, Dr Günther, Prediger Serno (evangel. Religionslehrer),
Vicar von Bukowiecki (kathoi. Religionslehrer), techn. Lehrer W ilke,
Gesanglehrer Steinbrunn, Zeichenlehrer ,Ioop, die Schularatscandi-
daten Thiel und Hennig. Schülerzahl 335 (I 27, II 43, III » 54,
III b 39, IV 59, V 61, VI 52), und zwar 322 Deutsche und 13 Polen.
Abiturienten 5. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung
vom Professor Breda: Friedrich der Grosze als Erbe der Regierungs-
maximen Friedrich Wilhelms 1 (28 S. 4).
2. Krotoschin.] Zur endlichen Vervollständigung der erforderlichen
Lehrkräfte ist noch eine Lehrstelle errichtet und in dieselbe der Hülfs-
lehrer beim Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu Posen Dr Feldtmeyer
berufen worden. Lehrercollegium: Director Professor Gladisch, die
Oberlehrer Professor Schönborn, Dr Kühler, Primer, die ordent-
lichen Lehrei Bleich, Eggeling, DrBohnstedt, Dr Aszmus,
Göhling, Dr Feldtmeyer, Vicar Maryanski (kathoi. Keligions-
444 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slalisl. Notizen.
lehiei), Elemeutarlehrer Pfau. Schülerzahl 200 (I 12, II 17, III 33,
IV 45, V 42, VI 51). Abiturienten 5. Den Schulnachrichten ist eine
wissenschaftliche Abhandlung nicht beigep:eben, weil die für den Druck
derselben ausg^esetzte Summe für die umfassendere Beilage des vorigen
Programms ""Herakleitos und Zoroaster ' mit verausgabt werden muste.
3. LissA.] Im Lehrerpersonal fand keine Veränderung statt. Lehrer-
collegium: Director Z leg 1er, Professor Olawsky, Professor Tschepke,
Professor Matern, Professor v. Kar wo ws ki, Oberlehrer Dr Me thn er,
Martens, Hanow, Stange, Hülfslehrer Töplitz, Prediger Pflug,
Superintendent G r a b i g, Prediger F r o m m b e r g e r, Prediger P e t z o 1 d ,
kathol. Religionslehrer Pani j) uch, Zeichenlehrer Gregor. Schülerzahl
274 (I 24, II 30, III ^ 33, 111'' 60, IV 53, V 41, VI 33). Abiturienten
10. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung des Professor
Olawsky: de graecnrttm radicum tilQ' et nvO" mulis cunsonantihiis ac na-
turali significatione (42 S. 4).
4. OsTROwo.] Zu Ostern schied der interimistische Gymnasiallehrer
J. von Wawrowski; seine Stelle übernahm der bis dahin am Gym-
nasium zu Trzemeszno beschäftigte interimistische Gymnasiallehrer A.
von Wawrowski. Lehrercollegium : Director Dr Enger, die Ober-
lehrer Professor DrPiegsa, Tschackert, Stephan, Drvon Bro-
nikowski, Religionslehrer lioz'anski, Polster, die Gymnasiallehrer
Regentke, Cywiriski, DrZwolski, Kotlinski, Märten, Dr ta-
wicki, die Hülfslehrer Roil, Dr von Wawrowski, von Jako-
wicki, Prediger Schubert (evangel. Religionslehrer). Schülerzahl
291 (I 32, II 53, III" 38, III" 30, IV ^ 23, IV » IG, V»31, V^ 22,
VI* 31, vi'» 15).- Abiturienten 19. Den Schulnachrichten geht voraus:
Spccimen versionis polonae opeium Piatonis vom Oberlehrer Dr von Bro-
nikowski (15 S. 4).
5. Posen.] a) Evangelisches Fried rieh- Wilhelms-Gym-
nasium. An die Stelle des nach Gotha berufenen Directors Dr Mar-
quardt trat der bisherige Director des Gymnasiums zu Anclam Pro-
fessor Dr Sommerbrodt; bis zu dessen Eintritt zu Michaelis wurde
die Anstalt interimistisch durch die beiden ersten Professoren Martin
und Dr Neydecker verwaltet. Gleichzeitig mit dem Abgang des Di-
rector Dr Marquardt war Professor Dr Müller in den Ruhestand
getreten, dessen Stelle zunächst wegen Ordnung der Pensionsverhältnisse
nicht wieder besetzt werden konnte. Lehrercollegium: Director Pro-
fessor Dr Sommerbrodt, die Obeilehrer Professor M art in, Professor
Dr Neydecker, Müller, Ritschi, Dr Tiesler, die ordentlichen
Lehrer Dr Starke, Pohl, Moritz, Dr Jacob y. Wende, die auszer-
ordentlichen Lehrer Prediger Herwig (evangel. Religionslehrer), Präb.
Knoblich (kathol, Religionslehrer), Woliiiski (Polnisch), Divisions-
prediger Strausz (Hebräisch), Zeichenlehrer Hüppe, die Hülfslehrer
Schäfer, Dr Feld tm ey er, Seminarlehrer Kiel czew ski, Cand. prob.
Dr van den Bergh, Candidat Kretschmer, Candidat der Theologie
Henschel. Schülerzahl öfU (1 17, II 24, III'i 35, III »2 34, III »> 56,
IV 1 40, IV 2 47, VI 43, V 2 43, VI» 55, VI 2 50, Vorbereitungsklasse I
58, II 38, III 21). Abiturienten 6. Den Schulnachrichten geht voraus:
ad Callimachi hymnos et ad Graeca iUoriim scholia Parisiensiuni codicwn
duorum varias lecliones enotavit G. Pohl (24 S. 4). — b) Katho-
lisches Marien-Gymnasium. Nach den Weihnachtsferien schied
der Schulamtscandidat Sempinski, nachdem er sein Probejahr absol-
viert hatte , aus dem Lehrercollegium aus und folgte später einem Ruf
&ls Lehrer an die höhere Unterrichtsanstalt in Schrimm. Der ordent-
liche Lehrer Dr Steiner wurde zum Oberlehrer ernannt. Der Schul-
amtscandidat Paten wurde der Anstalt zur Ableistung seines Probejahrs
ebenso der Schulamtscandidat Dr Brutkowski. Mit dem
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slatist. Notizen. 445
Ende des Winterhalbjahrs schied der interimistische Gymnasiallehrer
Szulc aus und erhielt bald darauf eine Lehrerstelle an der hiesigen
Realschule. Den Oberlehrer Czarnecki verlor die Anstalt durch den
Tod. Lehrercollegium: Director Regierungs- und Schulrath Professor
iJr Brettner, die Oberlehrer Professor Wanowski, Spiller, Pro-
fessor S ch wem inski, Professor Dr Ry m ar kie wicz, die Religions-
lehrer Kantorski und Bilewicz, Figurski, Dr Steiner, die or-
dentlichen Lehrer Dr Ustymowicz, Weclewski, Laskowski,
von Przyborowski, Dr Wituski, Dr Wolfram, DrNehring,
Dr Lazarewicz, Dr Mierzyriski, Pastor Schönborn (evangel.
Religionslehrer), techn. Lehrer Schön, Candidat Paten, Candidat Dr
Brutkowski, Rector Zientkiewicz. Sehülerzahl 501 (I 24, II' 27,
11" 49, III ^ ' 41, 111^2 40, III b» 49, III "^2 48, IV ' 30, IV^ 30, V
62, VI 66, VII 28). Abiturienten 12. Den Schulnachrichten geht voraus
eine Abhandlung vom Professor Wanowski: metonymiae ratio e scripto-
ribus Latinis explicata (40 S. 4).
6. Trzemesznc] Dem ersten Oberlehrer Dr Jerzykowski wurde
das Prädicat eines Professors und den ordentlichen Lehrern von Jako-
wicki und B er w inski das eines Oberlelirers beigelegt. Der interi-
mistische Gymnasiallehrer Dr A. von Wawrowski wurde in gleicher
Eigenschaft an das Gymnasium zu Ostrowo versetzt. Lehrercollegium:
Director Professor Dr Szostakowski, die Oberlehrer Professor Dr
Jerzykowski, Religionslehrer Lic. Kegel, Mol inski, Dr S ikorski,
Klossowski, von Jakowicki, Berwinski, die Gymnasiallehrer
Dr von Krzesinski, Thomczek, Szymanski, Jagielski, Lu-
kowski, Pastor Werner, Gesanglehrer Klause. Schülerzahl 341
(I 34, II' 28, 11^ 34, III» 40, III »> 43, IV 46, V 49, VI 67). Abitu-
rienten 14. Den Schulnachrichten geht voraus: quaestionum Parmenidca-
rum prima. Scripsit J. Szostakowski (12 S. 4).
Fulda. Dr Ostermann.
Basel, Schuljahr 1860/61.] Universität und Pädagogium.
Da der Professor der griechischen Litteratur, Wilhelm Vi sc her, mit
Frühjahr 1861 seine bisherigen Stunden am Pädagogium freiwillig aufgab
und gleichzeitig an der LTniversität die durch den Tod des auszer-
ordentlichen Professors K. L. Roth entstandne Lücke ersetzt werden
muste, so wurde Professor O. Ribbeck von Bern berufen als ordent-
licher Professor der griechischen Sprache und mit der Verpflichtung,
6 Stunden griechischen Unterricht in Prima zu übernehmen. Mit Mai
1861 ist eine Art philologisches Seminar errichtet worden, wel-
ches die ordentlichen Professoren Gerlach, Vischer und Ribbeck
in je einer Stunde wöchentlich leiten. Durch die Pensionierung des
Historikers Hartwig Floto rückte Professor J. J. Burckhardt in
die ordentliche etatsmäszige Professur der Geschichte ein. Als Privat-
docent der Philologie und Kunstgeschichte eröffnete Dr J. J. Bernoulli
seine Vorlesungen. Privatdocent Dr Ed. Wölflin gieng im August
1861 als Lehrer des Griechischen und Lateinischen an das bis zur
Universität erweiterte Winterthurer Gymnasium ab. Das Universitäts-
programm vom November 1800 ist der Abdruck der am Universitäts-
jubiläum vom zeitigen Rector Professor Pet. Merian gehaltnen Rede
und gibt die Geschichte der Anstalt in dem vierten Jahrhundert ihres
Bestehens 1760—1860. — Das Pädagogium zählt in 3 Klassen 53 Schüler.
Mit einem Pensum von 6 Stunden trat an dieser Schule Dr J, J. Mähly,
Hauptlehrer am Realgymnasium , ein, welcher mit dem früher angestell-
ten Dr Dan. Fechter den griechischen Unterricht an den beiden
untersten Klassen abwechselnd teilt, Programm von Professor Wilh.
Wackernagel: die Umdeutschung fremder Wörter (53 S. 4), eine ge-
446 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen.
lehrte Arbeit in folgenden Abschnitten: 1) Consonanten. 2) Voeale.
:i) Romanische Lautgebung. 4) Verlängerung betonter, Kürzung unbe-
tonter Voeale. 5) Veniickung des Accents. 6) Die unbetonten Silben.
7) Geschlecht der Substantiva. 8) Umdeutschung durch Flexion und
Ableitung. 9) Umdeutscliuiig durch Zusammensetzung. 10) Umdeut-
schung durch Veränderung der Worte selbst; Appellativa, Eigennamen.
— Am humanistischen Gymnasium wurde das durch den Tod
von Professor Roth erledigte Pensum durch Aufrücken der Lehrer
Theoph. Burckhardt und Friedrich Iselin besetzt und an die
hierdurch frei gewordne Stelle an den untern Klassen gewählt H. Karl
Kienle aus Württemberg. Schülerzahl 344 in 11 Klassen, I — V in
Parallelabteilungen und VI, die höchste bis dahin dagewesene Fre-
quenz. Programm: Schulrede des Rectors Dr Rudolf Burckhardt:
Würdigung der Klage über die Unhesclieidenheit utid Anmaszlicltkeit der
heutigen Jugend (13 S.). Schulnachrichten und Schülerverzeichnis (S. 17 — 40).
— Realistisches Gymnasium. Schülerzahl 347 in 5 Doppelklassen,
nemlich I" 41, I ^ 38, 11^ 34, IIb 32, m a 34, m b 33^ jya 34^ jy i»
34, V^ 30, V^ 31. Dem Jahresbericht und Schülerverzeichnis S. 25 — 53
des Programms ist eine Schulrede des Rectors W. Rumpf vorgedruckt,
in welcher derselbe die Einführung des Englischen in seiner An-
stalt empfiehlt. — Realschule. 402 Schüler in 9 Klassen (I«, I*», II a,
II i>, 11% III a, III b, IVS IVb). Programm: Friedrich Silcher, von J oh.
Jak. Buszinger (S. 5 — 27); Jahresbericht und Schülerverzeiclinis (S. 28
— 50). — Gewerbeschule. Programm des Rectors Fr. Auten-
heimer: zur Theorie der Transmission vermittelst eiidloser Riemen und
Seile (S. 1 — 39 in 4). Bericht (S. 40 — 48). Frequenz: I 23, II 24,
III 23, IV 8. Eingesandt.
Personalnotizen
Ernennnng^en, Bcfördernng^cn , Versetzungen:
Barb, Heinr., Hofconcipist und Prof. der pers. Sprache am pol^^-
techn. Institut zu Wien, erhielt die neu erriclitete Lehrkanzel der per-
sischen Sprache an der kk. orientalischen Akademie daselbst. — Brühl,
Dr Karl Beruh., Prof. der Zoologie und vergleichenden Anatomie an
der Pesther Universität, erhielt die neu errichtete Lehrkanzel für die
Zootomie an der Universität zu Wien — Fiedler, Dr, wiss. Hülfs-
lehrer, als ordentlicher Lehrer am Domgymu. zu Colberg angestellt. —
Fleckeisen, Dr Alfr., Prof. am Gymn. zu Frankfurt a. M., zum Prof.
und Conrector an dem selbständig gewordnen und erweiterten Vitzthum-
schen Geschlechtsgymn. zu Dresden ernannt. — Foregg, Dr Ant., in
Gratz, zum Scriptor an der kk. Universitätsbibliothek das. ernannt. —
Gaasner, Andr., Weltpriester , zum Prof. der Pastoraltheologie an der
theolog. Facultät zu Salzburg ern. — Ger mar, Dr, SchAC, als Hülfs-
lehrer am Gymn. zu Altena angest. — Hamann, als ord. Lehrer am
Gymn. zu Anclam angest. — Harries, Collab. am G. zu Glückstadt,
als Subrector an die Gelelirtenschule in Meldorf versetzt. — Hassan,
Anton, Lehrer der vulgär arabischen Sprache am kk. polytechnischen
Institut in Wien, erhielt die neu errichtete Lehrkanzel an der orienta-
lischen Akademie daselbst. — Hattala, Mart., ao. Prof. der slavi-
schen Philologie an der Univ. Prag , zum ord. Prof. dess. Fachs beför-
dert. — Heerhaber, SchAC, als ord. Lehrer am Gymn. zu Anclam
angest. — Jachimowski, Priest. Ladisl., Suppl. am Gymnasium zu
Stanislawow, zum wirkl. Religionslehrer rit. lat. das. ernannt. — Jah-
Personalnotizen. 447
ner, Priester Cyrill, Snppl. am Gymn. zu Tarnopol, zum wirklichen
Iveligionslehrer rit. lat. das. ernannt. — Jarz, Dr Ant., gewesner
Schulrath für Agrara , als Schulrath und Inspector für die Mittel- und
Volksschulen zur Dienstleistung der Landesstelle zu Laibach zugewiesen.
— Jasper, Hülfslehrer an der Gelehrtenschule in Meldorf, in gleicher
Eigenschaft nach Glückstadt veisetzt. — Kleine, Dr, bisher am Bloch-
niann-Bezzenbergersclien Institut zu Dresden, als Lehrer der Älathematik
in dem Vitzthumschen Geschlechtsgymnasium das. angest. — Lange,
7r Lehrer am Gymn. zu Altena, als Seminardirector in Segeberg cou-
stituiert. — Linzbaner, Dr Frz, ao. Prof. der Naturlehre für Chirur-
gen an der Pesther Universität , zum ord. Prof. dieser Lehrkanzel ern.
— Lipsius, Dr A., ao. Prof. in der theolog. Facultät der Universität
Leipzig, zum ord. Prof. in der evangelischen theolog. Facultät zu Wien
ernannt. — Lös ebner, Dr Jos., k. Rath und Universitätsprofessor
in Prag, zum Landesmedicinalrath für Böhmen ernannt. — Maywald,
Dr, Oberlehrer an der Realschule zu Görlitz, in gleicher Eigenschaft an
das Gymn. das. versetzt. — Meins, 5r Lehrer an der Gelehrtenschule
in Glückstadt, zum 4n Lehrer aufgerückt. — Menzel, gewesner Lehrer
am Blochmann-Bezzenbergerschen Institut in Dresden, in gleicher Ei-
genschaft, Müller, Dr und Prof., bisher am Blochmann-Bezzenberger-
schen Institut, als Prof. der Geschichte, Pfuhl, Dr, Oberlehrer an der
Kreuzschule zu Dresden, als Ordinarius der Tertia, Folie, Dr, Lehrer
an der Realschule zu Chemnitz, als Ordinarius der Quarta, Scheibe,
Dr Karl, bisher Prof. am Blochmann-Bezzenbergerschen Institut, als
Rector und Ir Lehrer, endlich Schickedanz, Dr, Privatgelehrter zu
Leipzig, als Ordinarius der Sexta an dem selbständig gewordnen und
erweiterten Vitzthumschen Geschlechtsgyranasium in Dresden angestellt.
— Ryszowski, Stanisl. , Suppl. zu Krakau , zum Lehrer am kk.
Gymnasium zu Bochnia ernannt. — Schiavi, Weltpr. Lorenz, bisher
Suppl am Gymn. zu Udine, als wirkl. Religionslehrer das. angestellt.
— Schubart, Dr, Oberlehrer am Gymn. zu Plauen, als 4r ord. Lehrer
an das Gymn. zu Budissin versetzt. — Seemann, Prof. u. Oberlehrer,
bisher Dirigent des Progymnasiums zu Neustadt (Reg. -Bez. Danzig),
zum Director der genannten, zu einem vollständigen Gymn. erweiterten
Anstalt ernaunt. — Stark, Dr Frz, Scriptor an der Universitätsbiblio-
thek zu Gratz , in gleicher Eigenschaft an das polytechnische Institut
zu Wien versetzt. — Volk mann, Dr Wilh., SchAC, als ord. Lehrer
am Gymn. zu Rastenburg angestellt. — AVunder, Dr Herrn., Ober-
lehrer am Gymn. zu Freiberg, in gleicher Eigenschaft an die vereinigte
Gymnasial- und Realschulanstalt in Plauen versetzt.
Praedicierung;eii und Ehrenerwcisiing;en:
Jüngken, Dr, und Mitscherlich, Dr E., Geh. Medizinalräthe,
ordentliche Professoren und ordentliche Mitglieder der wissenschaftlichen
Deputation für das Medicinalwesen zu Berlin , erhielten den Charakter
als Geheime Ober-Medicinalräthe. — Nitzsch, Dr, Prorector am Gym-
nasium zu Greifswald , erhielt das Prädicat 'Professor' beigelegt, mr Von
der kk. Akademie der Wissenschaften in Wien sind ernannt und bestätigt
worden: als wirkl. Mitglied für die mathematisch-naturwissenschaftliche
Klasse der Professor der Zoologie an der Universität zu Prag, Dr Frdr.
Stein, zum corresp. inländischen Mitgliede der philos.-hist. Klasse der
Lehrer an der Oberrealschule zu Prag, Ant. Gindely und der ao.
Professor der österr. Geschichte an der Univ. zu Wien, Oltokar Lo-
renz, zum ausländischen Ehrenmitglied ders. Klasse der Professor der
neueren Litteratur an der Universität zu Bonn, Dr Frdr. Diez, zu
correspondierenden inländischen Mitgliedern der mathem. - naturwissen-
schaftl. Kl. der Pi'ofessor am Joanneum in Gratz, Dr Job. Win ekler,
448 Personalnotizen.
der Custosadjnnct am botanischen Hofcabinet in \Vien , Dr The od.
Kotschy, und der ordentliche Professor der Mineralogie an der Uni-
versität zu Pesth , Dr Karl Peters.
Pensionierung;:
Der Director des Gymnasiums zu Jicin, Frz Schier, wurde in den
bleibenden Ruhestand versetzt.
Gestorben:
Am 14. April zu Meran in Tirol Dr Moriggl, Abt des Benedictiner-
stifts und seit 1849 als Prof. der Geschichte am das. kk. Obergymn. thätig,
geb. am 10. März 1816 in Burgeis (die Zeitschr. für die österr. Gymn.
XU S. 504 f. enthält eine Darstellung seiner Verdienste um das Schul-
wesen vom Professor Dr K. Schenkl in Innsbruck). — Am 15. April
zu Kassel der vormalige Professor zu Marburg, Dr Sylvester Jor-
dan, geb. am 30. Dec. 1792 zu Axams bei Innsbruck. — Am 16. April
zu Brixlegg in Tirol der jubilierte Universitätsprof. Dr jur. Andreas
Kitter von Mersi, im Alter von 82 J. — Am 18. April zu Berlin der
Director des Domchors und Gesanglehrer an mehreren Gymnasien, Mu-
sikdirector Neithart (gebürtig aus Schleiz) im Alter von 68 Jahren. —
Am 20. April zu Kremsmünster der Capitular des Benedictinerstifts und
Professor am dortigen Gymnasium, P. Wilhelm Eder, geb. zu Wolfs-
egg am 19. Febr. 1779. — Am 24. April zu Gratz Ludw. Crophius
von Kaiserssieg, Dr theol., Abt des Cisterzienserstifts Kein, Curator
und Director des Joanneums und Director der kk. Oberrealschule, im
69. Lebensj. (vgl. Zeitschr. f, d. österr. Gymn. XII 505). — Am 28. April
zu Gieszen Val. Klein, Dr theol. et phil., ord. Honorarprof. und 2r Biblio-
thekar an der dortigen Universität, im Alter von 74 Jahren. — Am 3. Mai
zu Wien P. Eug. F leuriet, Ordenspriester des Benedictinerstifts und
Assistent für Naturgeschichte am Gymn. zu den Schotten, geb. zu Wien
am 10. Sept. 1834. — Am 8. Mai zu Minden der verdiente Geschichtsforscher
E. F. Mooyer , geb. das. am 6. Aug. 1788. — Am 23. Mai zu Heidelberg
der ao. Prof. der Kechte Dr Brackenhöft. — Am 31. Mai zu Darm-
stadt der als Historiker bekannte Prof. Bercht. — Im Mai der Prof.
der Philosophie und Pädagogik an der Univ. zu Marburg Dr Koch, im
80. Lebensj. — Ende Mai der berühmte Botaniker, Prof. zu Cambridge,
J. Stevens Henslow, geb. 1796 zu Rochester. — Am 2. Juni zu Pesth
der Benedictiner- Ordenspriester Sam Mdrkfy, Dr theol. et philos.,
Prof. der Hermeneutik usw. und Senior der theolog. Fac. an der das.
Universität. — Am 15. Juni zu Gratz der Archivar des Joanneums und
frühere Prof. der Geschichte am Gymn. zu Marburg Jos. War tinger,
geb. am 19. April 1774. — Am 26. Juni zu Prag der berühmte Forscher
auf dein Gebiete der slavischen Sprachen und Altertümer, vormaliger
Bibliothekar der Prager Universität, Paul Jos. Safafik, geb. zu Ka-
beljarowo in Ungarn 1795. — Am 10. Aug. im Bade Brückenau der
berühmte Staats- und Kirchenrechtslehrer, Oberconsistorialrath und ord.
Prof. an der Universität zu Berlin, Dr Stahl. — Am 20. August ver-
schied in Schulpforta mir gänzlich unerwartet mein theurer Freund
Robert Buddensieg, Professor und zweiter Geistlicher an der Lan-
desschnle. Sein liebenswürdiges Wesen und seine acht christliche Fröm-
migkeit sichern ihm bei allen, die ihm nahe getreten, ein bleibendes
liebevolles Andenken.
Zweite Abteilung:
für Gymnasialpädagogik und die übrigen Lehrfächer,
mit Ausschlusz der classischen Philologie,
herausgegeben vou Rudolph Dietsch.
13.
Au g 11 st Schleicher: zitr Morphologie der Sprache. St Peters-
burg 1859. (L. Voss in Leipzig.) 38 S. Folio. 12iy^Ngr.
(Mit Kücksiclit auf Dr IL Steinthals Charakteristik der hauptsäch-
lichsten Tyjjen des Sprachbaus.)
Hochgeehrter Herr Redakteur!
Läge für mich gar keine äuszere Veranlassung vor, so hätte ich
diese Biälter kaum an Sie gelangen lassen; aber trotz dieser mag ich
sie Hinen nicht schicken, ohne — gleichsam zur Entschuldigung —
ein paar Worte hinzuzufügen.
Es erscheint nemlich fraglich, ob sich Schriften wie die vorlie-
gende von Schleicher in Hirer Zeitschrift und im besondern in
Ihrer Abteilung zur Besprechung eignen. — Die Frage wäre entschie-
den zu verneinen, käme es hier auf eine kritische, umfassende Beur-
teilung des reiclihaltigen, aus so vielen meist unbekannteren Sprachen
aufgestapelten SprachstofFs an. Dem grösten Teil der Leser Hirer Zeit-
schrift würde mit der mangelnden Kenntnis derselben das Interesse
fehlen, und unter ihnen wären gevvis sehr wenige, am allerletzten der
Unterzeichnete zu einem vollgtiitigen Urteil befähigt und berechtigt.
Aber die Sache hat noch eine andere Seite. Nicht blos die spe-
cielle Grammatik setzt für Laut und Bedeutung der Worte ihrer ein-
zelnen Sprache Gesetze von scheinbar allgemeiner Giltigkeit fest, son-
dern es ist allmählich eine sogenannte allgemeine oder philosophische
Grammatik entstanden. Diese hat sich für berufen gehalten aus der
einen 3Iultersprache heraus oder mit Hinzuziehung weniger andern
eine allgemeine Sprachidee und demgemäsz für alle Sprachen gel-
tende Gesetze aufzustellen, und zwar nicht ohne einfluszreiche Rück-
wirkung auf alle besonderen Grammatiken, welche diese Gesetze als
überall maszgebend nur zu willig angenommen haben.
Wie aber? wenn schon der Grund und Boden, auf dem diese
philosophische Grammatik ihren Bau errichtet hatte — nemlich die
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. .\bt. 1861. Hft 10. 29
450 Schleicher: zur Morpliologie der Sprache.
Denkgesefze und die Logik — übel gewählt wäre? Wenn gerade die
Grundregeln sich auf ein viel z u sp ärli ch es, ganz unzuläng-
liches Sprachmaterial sliitzlen und so der ganze Bau zusammen-
bräche?
Wäre dies der Fall , sollte da der Philolog, ja der sprachlich Ge-
bildete überhaupt von einem so groszartigen, zeither nicht geahnten
Ereignis gar keine Kenntnis nehmen? Selbst dann nicht, wenn sich
die Grundanschauungen von Wort und Sprache, die ihm zeiliier allein
geläufig waren und für fest und unumstoszlich galten, dem neu ent-
deckten oder dem in ganz neuer Art benutzten altern Sprachmaterial
gegenüber als unsicher, ja als grundfalsch erwiesen?
Musz er davon Kenntnis nehmen, woher soll ihm diese aber kom-
men? Etwa aus den betreffenden Büchern selbst oder den Special-
Journalen, die von ihnen zu handeln pflegen? Nun zu dem einen fehlt
der groszen Mehrzahl Ihrer Leser Zeit, Lust und Geld; andererseits
würden sie aus derartigen Journalen nur wenig Nutzen ziehii, da diese
meist Fachgelehrte als Leser, also zugleich viele Kenntnisse, die uns
in der Hegel fehlen, voraussetzen.
liier kann — so scheint es — nur eine vermittelnde Zeitschrift
fördersam eintreten, die, ohne bei den Lesern eine besondere Kenntnis
der Sache vorauszusetzen , wissenswürdigo Tliatsachen in leiciit ver-
ständlicher Weise mitteilt und sich nicht scheut je zuweilen auch
n euen Wein in die alten Schläuche zu füllen.
Hierin liegt der Grund, warum ich Ihnen diese Blätter zusende
und in dem Sinne, in welchem ich sie schicke, zur Benutzung in Ihrer
Zeilschrift anzunehmen bitte. — Es dreht sich nemlich hier nicht um
eine umfassende, kritische Uecension der vorliegenden Schrift, sondern
vornehmlich um die Erörterung der Unsicherheit vieler und zwar ge-
rade der allerwesentlichsten Grundgesetze der zeitherigen allgemeinen
Grammatik, die wir — aber ganz irlünilich — als felsenfeste Wahr-
heiten für alle Sprachen zu betrachten pflegen.
Es lag aber nahe und auch im Interesse der Sache selbst bei
dieser Kelation über Schleichers Schrift auf ein anderes ver-
wandtes Werk wenigstens gelegentlich Rücksicht zu nehmen. Ich
meine Dr Steinthals H'h ar a k t e r is ti k der hauptsächlich-
sten Typen des Sprachbaus (1860. Berlin, Dümmler)'.
Beide Sprachforscher wandeln in den erwähnten Schriften des-
selben Wegs; aber ein jeder anders gerüstet, ein jeder nach ver-
schiednem Ziel. Beide sind überreich ausgestattet mit seltner Spra-
chenkunde; dem einen gilt es allein um die äuszere Gestalt des
Wortes und der Sprache, dem andern (Steinthal) auszerdem, und
zwar ganz im besondern, um die innere Sprachform, die sich der
Geist der Völker ureigentümlicii gcscliairen. Durch die beigebrachten
sprachlichen Thatsachen und die vielen schlagenden Beispiele negieren
beide die irtümlich angenommene allgemeine Giltigkeit der Grundan-
schauungen der zeitherigen philosophischen Grammatik; Steinthal
gilt es aber nicht blos darum zu negieren, sondern er will auch
Schleicher: zur Jlorphologio der Sprache. 451
wieder oiifbaun, und gerade in dieser Hinsicht ist sein Werk von der
höchsten Wichtigkeit.
Auf beide Schriften in gleichem Unifung einzngehn ist nicht thun-
lich; es war zunächst nur auf die S c h 1 ei ch ersehe abgesehn; aber
der Unterzeichnete, dem Steinlhals Werk leider erst beim Nieder-
schreiben dieser Zeilen mitten in der Arbeit zu Gesicht kam, konnte
es sich nicht versagen auch auf das letztere hinzuweisen oder daraus
Beispiele zu enllcbnün.
Dasz es sich aber hier, wie oben angedeutet, wirklich um 'neuen
Wein' handle, das mögen einige Vorbemerkungen erhärten, welche
den Inhalt der vorliegenden Schrift und auch diese Beurteilung selbst
andeutungsweise vorweg kennzeichnen sollen. Sind diese Andeutungen
thatsächlich wahr — wie sie es wirklich sind — , so werden gerade
die Fundamentalgesetze der zeilherigen allgemeinen Grammatik, die
ja für alle Sprachen maszgebend sein sollen, vollständig über den
Haufen geworfen.
I) Die ganze Schaar einer Se.xta — wie würde sie lachend auf-
jubeln, wenn ein Schüler auf den absonderlichen Gedanken verfiele,
die Endungen von mensa statt hinter den Stamm einmal vor diesen zu
setzen oder o-laud, as-laud, at-laud zu conjugieren: vgl. aber wei-
ter unten.
II) Jeder Quintaner — wie möchte er staunen, wenn einer be-
hauptete: dasselbe lautlich unveränderte Wort dicere bedeutet
1) sagen und 2) Spruch, oder umgekehrt verbum l) Wort und 2) spre-
chen; fessus l) matt und 2) Mattigkeit; ieiunus 1) nüchtern und 2)
Nüchternheit: vgl. Steinthal S. 189.
III) Wie würde der Quintaner vor einer Sprache in die ärgste
Angst gerathen, die 206 Conjugationen zählt, und wiederum, wie würde
er sich über eine Sprache freuen, die ihm die schwierige Erlernung
des Gebrauchs der Conjunction ganz und gar erspart, da sie es nicht
einmal bis zu der copulativa ^ind' bringt: vgl. Steinthal S. 201 und
Schleicher: die Sprachen Europas S. 109.
IV) Endlich der Primaner — wie würde er sich kopfschüttelnd
wundern, wenn er hörte:
a) Es gibt Sprachen ohne Bedeleile, ja selbst ohne Worte.
b) Diese Sprachen haben gar keine Formenlehre, sondern nur Syn-
taxis.
c) Gibt es Sprachen ohne das, was wir Wort nennen, so bildet in
andern den Satz oft ein einziges wunderlich gebautes Wort,
eine Art von Compositum, wie wir es etwa nennen würden
usw. usw.
Sie werden diese Vorbemerkungen, geehrter Herr Bedakteur,
nicht so verstehn, als meinte ich, die Sache, von der hier die Rede,
gehe unsere Schüler irgend etwas an; das kommt mir natürlich nicht
im entferntesten in den Sinn. Es ist auf sie nur hingewiesen, um an-
zudeuten dasz sich schon in der frühsten Jugend in uns gewisse gram-
matische Grundanschauungen so festsetzen und einwurzeln, dasz wir
29*
452 Schleicher ; zur Morphologie der Sprache.
sie als für alle Sprachen maszgebend belrachten. Die unler Nrl -IV
angedeuleleii sprachlichen Thatsachen werden einzeln weiler unten
nachgewiesen und genauer erörtert werden ; es liegt aber auf der
Hand, dasz — im Fall diese Andeutungen thalsächlich begründet und
richtig sind — alle derartige Sprachen in das Schema der zeitherigen
pliilosophischen Grammatik ganz und gar nicht passen und so die
wesentlichsten Grundlehren derselben umkehren und geradezu, um so
zu sagen, auf den Kopf stellen.
Selbst mit der Andeutung unter Nr l liat es, um wenigstens dies
eine gleich hier vorweg zu nehmen, seine vollkommene Kichtigkeii, so
wunderlich die Behauptung auch klingen mag. In der That sind in un-
serer Muttersprache und allen übrigen indo- europäischen die Be-
ziehungslaute, von welchem Wort weiter unten eingehend die
Rede sein wird, lauter Postpositionen, und wir pflegen sie eben
deswegen Endungen zu nennen. Selbst die Keduplicalion und das
Augment sind, obgleich sie es scheinen, keine Ausnahmen von dieser
Regel. Jene ist eine sehr vielen Sprachen eigentümliche, urälleste
Wortschöpfung aus der Wurzel heraus, so dasz an ein Antreten von
auszen, also an ein Praefixum , niclit zu denken ist. Das £ des Aug-
ments ist aber geschwächtes a und dieses a eine Partikel mit der Be-
deutung: da, damals; also e-'&rj-v, k'-öco v (skr. a da-m) = damals
— stell — ich, damals — geh — ich = ich stellte, gab. Dasz das
Augment z. B. schon bei Homer auch wegfallen kann, beweist, dasz
es kein echter Beziehungslaut ist, da solche gerade in den ältesten
Zeiten nicht zu schwinden pflegen: vgl. Schleicher S. 30 unten. Sind
aber Reduplicalion und Augment blos scheinbare, keine wirklichen
Ausnahmen, so hat die Regel der Postposition des Beziehungs-
lautes für alle Sprachen vom indo - europäischen Stamm allgemeine
Giltigkeit und wir dürfen daher statt Bezi ehungsl au t auch wol
Endung sagen. Das passt aber auf andere Sprachen durchaus nicht;
in vielen sind nemlich die Beziehungslaule nicht wie bei uns Post-
positionen, sondern entweder alle oder wenigstens teilweise Prä-
positionen, und eben aus diesem Grund steht oben die kurze An-
deutung unler Nr I. So folgt weiler unten im schroffsten Gegensatz
zu der eben berührten Regel der Sanskrit- Sprachen aus der Kassia-
Sprache ein Beispiel , in dem vor die Wurzel nicht weniger als fünf
solcher Präpositionen treten und ein nach unsern hergebrachten
Begriffen wahres Ungeheuer von Wort bilden. Es ist augenfällig, wie
unstatthaft es wäre, wollten wir uns bei dieser und vielen andern
Sprachen des Wortes Endung statt Beziehungslaut bedienen, da
die Sache thalsäehlich ja gerade umgekehrt ist und die Beziehungs-
laule hier nicht hinter, sondern vor der Wurzel stehn.
Doch wozu der Erörterung selbst noch weiter vorgreifen? Diese
absichtlich nicht gehäuften Vorbemerkungen mögen genügen. Aber
was folgt aus ihnen? Etwa dasz wir alle in beiden Werken erörter-
ten Sprachen erlernen sollen? Eine solche Forderung wäre des Un-
sinns Gipfel. Oder dasz wir wenigstens die beiden erwähnten Bücher
Schleicher: zur Morphologie der Sprache. 453
genauer ciiisehn sollen? Nun widersinnig wäre eine solche Forderung
gerade nicht, aber fiir Viele doch wol zu stark. Was diese Vorbe-
merkungen ziisamnit der ganzen nelation bezwecken, ist die Verbrei-
tung des einen Gedankens : die Grundgesetze unserer allge-
meinen Grammatik sind keine allgemeinen und der Be-
weis dafür ist bereits vollständig und unwiderleglich
geliefert. Das musz aber jeder, der sich mit Sprachen wissen-
schaftlich beschäftigt, wissen, oder sich damit, wenn er es nicht weisz,
wenigstens im allgemeinen bekannt machen. Dann wird es ihm auch
klar werden, mit wie vollem Recht Schleicher (S. 36) den Ge-
danken ausspricht : wir stehn noch in der Kindheitsepoche
der Sprachwissenschaft.
Wie schön, demütig und wolthuend klingt in dem Munde eines so
sprachenkundigen Mannes dies Wort den zeitherigen philosophischen
Grammalikern gegenüber. Trotz ihrer überaus geringen Kenntnis der
zahlreichen grundverscliiednen Sprachen der Völker der Erde haben
diese übereilt und mit kecker Hand ein Gebäude aufgeführt, dessen
grosze Lücken und gewaltige Hisse das Werk Schleichers und
mehr noch S teinthals Schrift vor aller Augen bioslegt.
Doch erlauben Sie, Herr Redakteur, dasz ich nun nach diesen
einleitenden Vorbemerkungen, die vorauszuschicken zweckdienlich er-
schien, zu Schleichers Werke selbst übergehe, um dieses nach
Art der Referenten in herkömmlicher Weise zu besprechen.
Dreierlei Dinge — sagt Schleicher im Eingange seiner
Schrift — fallen bei dem Wort, wie es in der lebendigen Rede, d. h.
im Satz vorkommt, in Betracht: l) sein Lautmaterial (Lautlehre),
2) seine Form (Morphologie) und 3) seine Function (das, was es
selbst oder seine Teile, wenn es deren gibt, leistet, d. h. Bedeutungs-
lehre = Lexikon und Bedeutungslehre der Formen in der Grammatik).
Das griechische Wort Morphologie hat der Verfasser aus den Natur-
wissenschaften herübergezogen und das deutsche Formenlehre schon
deswegen vermeiden müszen, weil dieses in der Grammatik schon in
einem andern Sinne längst im Gebrauch ist. Wir bezeichnen damit
bekanntlich den Teil der Grammatik, der vom ]) Laut und 2) der Be-
deutung der Endungen (Flexion, Derivation und Composilion) handelt.
In diesem Sinne will Schleicher das Wort Morphologie nicht auf-
gefaszt wissen, sondern in einem weitern, wovon sogleich eingehender
die Rede sein wird.
Das Lautmaterial (Lauf lehre) und seine geschichtlichen Ver-
änderungen läszt der Verfasser ganz unbeachtet und schlieszt selbst
die Function des Wortes (die Bedeutungslehre), so weit dies thun-
lich war, von der Untersuchung aus; er hält sich ausschliesziich an
die äuszere Gestalt desselben (Morphologie). Die Function
gar nicht zu berühren war natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Die
Wissenschaft kann und musz überall, so auch hier, bei diesen drei
Punkten Scheidungen machen; in der lebendigen Rede ist aber Laut,
Form und Function des Wortes so innig verbunden, dasz alle
454 Schleicher : zur Morphologie der Sprache.
drei immer zumal zum Ausdruck kommen. Ja selbst die Grenze zwi-
schen Wort und Satz ist in den Sprachen uranfänglich nicht vorhanden
gewesen, auch später in historischer Zeit Ihatsäclilich oft schwer zu
ziehn, wenigstens nicht so leicht zu finden, als wir es nach der Gram-
matik der uns bekannten Sprachen annelimen. Die Folge davon ist,
dasz Schleicher neben den drei genannten Punkten selbst die Syn-
taxis nicht ganz unbeachtet lassen konnte. Er nuiste bei der Wort-
bildung auch auf die Satzbildung in allen Fällen zurückblicken, wo das
eine Wort in der lebendigen Sprache den ganzen Satz bildet, wo also
die Scheidung von nomen und verbum noch nicht stattfindet, oder um-
gekehrt ein nach unsern DegrilTen wunderlich zusammengebauter Satz
ganz das Ansehn eines einzigen Wortes hat.
Der Gegenstand der Morphologie ist die lautliche Form
des Wortes, keineswegs das Lautmaterial, welches den Inhalt
der Lautlehre ausmacht. Die Morphologie hat also blos zu zeigen :
1) ob des Wortes einfachste Gestalt unveränderlich oder
veränderlich ist, 2) ob es Teile hat und 3) welche Stel-
lung dann diese Teile einnehmen.
Wie in der Natur die Dinge stets in Bez i ehu ng stehn zu andern
Dingen, so zerlegt sich auch Wort und Sprache in zwei Elemente,
a) in ßedeulungs- und b) in Beziehungslaut. Ein Beispiel aus
einem bekanntern Sprachstamm, dem semitischen, mag den für
die ganze Schrift höchst wichtigen durchgreifenden ünte.!"schied beider
Laute erläutern.
Im Semitischen (vgl. unten) bezeichnen immer drei Conso-
nanten die Bedeutung des Wortes; der B ed eu t ungs la u t oder
was dasselbe sagt die Wurzel ist dreiconsonanlisch , d. h. also un-
aussprechbar. Alle die lautlichen Mittel nun, durch welche die
Beziehung des Wortes ausgedrückt wird, nennt Sclileicher Be-
ziehungslaute. Im Semitischen treten diese vor und hinter die
Wurzel und geben dieser so irgend eine Beziehung, wärend die
Wurzel selbst, d. h. die drei Consonanten, trotz aller so entstehenden
Veränderungen die eigentliche Trägerin der Bedeutung des Wortes
verbleibt und diese in vielen Sprachen selbst dann noch zäh festhält,
wenn in späterer Zeit die Beziehungslaute sich verkürzen oder völlig
abfallen. '^Iland ', ^Fusz' z. ß. heiszt auch heute noch dasselbe, was
im Gothischen, obgleich zwei Beziehungslaute u — s (golh. handus,
fotus) längst abgefallen sind. Was Schleicher Bezieh ungslant
nennt, pflegen wir in unsern Grammatiken Endung zu nennen; die-
ser Ausdruck war aber für des Verfassers Zwecke nicht ausreichend;
denn die Beziehungslaute sind, wie schon oben bei den Vorbemerkungen
unter Nr I angedeutet ist, in vielen Sprachen nicht wie in unsern Post-
positionen (= Endungen), sondern Präpositionen. Schleicher faszt
überall, um dies vorweg zu bemerken, mit Uebergehung der aus Pro-
nominibus entstandenen Worte blos die sogenannten BegrilTsworle
(nomen und verbum) ins Auge. In unsern Sprachen bestebn oder be-
standen wenigstens in früherer Zeit diese letztern immer aus dem
Sclilcicher : zur Morphologie der Sprache, 455
Bedüii tun gsla u t und wenigstens einem Beziehungslaut. Aber der
Verfusser fragt: war und ist das ebenso in allen andern Sprachen?
Denigemäsz stellt er in Hücksiciil auf 1) die Wurzel und 2) den Be-
ziehungslaut, und 3) auf die S teil u ng des letzlern bei der Wur-
zel a priori alle mögliche Falle formelhaft auf und bezeichnet Nr 1
mit A, B, C . . . , Nr 2 mit a , b, c . . . (oder in gewissen Fällen bei En-
dungen, die casus und Person ausdrücken, mit a, ß, y...).
A. Mögliche Formen des Wortes nach morphologischen
Formeln (S. 5—7).
le Klasse. Möglicherweise kann der lautliche Ausdruck der
Beziehung (^wenu auch diese niemals selbst': vgl. weiter
unten) völlig fehlen. Mit andern Worten: der Bedeutungslaut, d. h.
die unveränderliche NVurzel, kann als solche zugleich
Wort sein. Da als Formel für den Bedeulungslaut A gilt, so wäre
ein Salz einer solchen Sprache mit der Formel A B C . . . zu bezeich-
nen, d. h. er bestünde gar nicht ans Worten wie in unsern Spra-
chen, sondern aus lauter lose neben einander stehenden
Wurzeln,
a) Manche Wurzeln solcher Sprachen fangen an ihre concreto
Bedeutung zu verallgemeinern und dienen so als Beziehungslaute, ge-
wissermaszen als Iliilfswurzeln, aber in unveränderter lautlicher Form
und in ganz loser Stellung neben der Wurzel. Der Verfasser bezeich-
net solche Bedeutungslaute mitA; lose Stellung: a) vor, b) hinter
der Wurzel, oder c) zwei schlieszen die Wurzel ein.
Name: isolierende Klasse der Sprachen.
II e Klasse. An den Bedeulungslaut A tritt ein Beziehungslaut a
an, und zwar 1) vor, 2) hinter, 3) in die Wurzel, oder 4) zwei
schlieszen dieselbe ein; also Formel: aA, Aa,A, aAb.
NB. Der Beziehungslaut a, ursprünglich gleichfalls unveränderlich
und von ganz concreter Bedeutung, hat seinen Laut schon gewandelt
(= gekürzt) und seine Bedeutung verallgemeinert.
Name: zusammenfügende (agglutinierende?) Klasse der
Sprachen.
nie Klasse. Um den Beziehungslaut auszudrücken, verän-
dert sich die Wurzel selbst regelmäszig, wärend sie in Klasse I
und II immer unveränderlich war. Der Beziehungslaut ist also
blos symbolisch, nicht, wie in den zwei ersten Klassen, durch
einen besondern, entweder lose neben der Wurzel stehenden oder sich
an sie anlehnenden Laut ausgedrückt. S ch 1 ei ch er bezeichnet eine
solche sich selbst verändernde Wurzel durch A", die symbolischen Be-
ziehungslaule durch a b oder, wenn es Casus- oder Verbalendungen
sind, mit a, /3, y. Auch hier kann der ßeziehungslaut a) vor, b) hinter
und c) in die Wurzel treten.
Name: flectierende Klass e der Sprachen.
456 Schleicher : zur Morphologie der Sprache.
IVe Klasse. Von dieser Klasse, in welcher der Verfasser die
mögliche Vermischung der Principien der drei ersten Klassen in Be-
tracht zieht und eine grosze Zahl von möglichen Formeln aufstellt,
sieht die Relation hier und auch überall weiter unten ab, da eine
Sprache mit einem völlig durchgeführten solchen Mischprincip that-
sächlich kaum nachweisbar ist; ihr Charakter wäre dann eben, was
schwer zu glauben, Principlosigkeit.
Ehe Herr Schlei eher von den morphologischen Formeln des
Wortes, die er a priori als blos mögliche in diesen vier Klassen auf-
stellt, zu den wirklichen geschichtlich nachweisbaren Formeln der
Sprachen übergeht, bespricht er vorher noch den Fall, wo die Wort-
bildung dadurch bewirkt wird, dasz sich der ßedeiilungslaut l) mit
sich selbst oder 2) mit einer andern Wurzel zusammensetzt, z. B. zu
Nr 2 aus der flectierenden Klasse (HI) voix-o-&s-r}]-g, (pik-o-loy-o-g;
Formel: A" a E^aa; hom-i-cid-a = A" a B^ a ; zu Nr 1 zieht er die
Reduplication, z, ß. skr. da-dä-mi (= di-dco-iA,i}, da-dhä-mi (== xi-
O'i^-fjLt) ; mur-mur, tur-lur, fur-fur (= A" -f- A").
Betrachtet S ch lei eher auch hier bei der Reduplication vorzugs-
weise blos die mor ph ologisch e Gestalt des Wortes, so sucht S tei n-
thal auch ihre Function festzustellen und es ist auf des letztern
feine, scharfsiunige Bemerkungen darüber (S. 157 — 162) zu ver-
weisen.'^)
(Fortsetzung folgt.)
Lissa. Ed. Olawsky.
*) Steinthal teilt die Form der Eednplication in zwei Arten:
1) blosze Wiederholung der Wurzel, was in einsilbigen Sprachen immer
der Fall ist, z. B. cliines. zin zin, Mensch — Mensch = jeder Mensch;
si si, Zeit — Zeit =: beständig; dahin gehört wol auch mur-mur, tur-
tur = wiederholtes Gemurr, der beständig Girrende; 2) in Verdoppelung,
wo die Wurzelgestalt irgend eine Veränderung erleidet, z. B. dadämi
(a und ä) , dtdcofii, bi-bo , gi-gno, si-sto, Wirr-warr, Sing-sang, yi-yag,
bu-bo usw. Bei einer der polynesischen Sprachen, der dajakischen
weist er die doppelte Function nach 1) als Verstärkung, Ver-
vielfältigung und Dauer; 2) im Gegenteil als Schwächung und
geringe Dauer, z. B. zu 1) dajakisch: aven heta menter menter,
sie dort liegen — liegen =:=: thun nichts als liegen; ikau tulas tulas
denzan olo , du (bist) grausam — grausam (= immer grausam) gegen
Menschen; zu 2) ka-rahak, Rest, ka-rarahak, der kleine liest; lalika,
nicht: Schmutz, sondern schmutzähnlich; tatiroh, nicht: schlafend, son-
dern blos: schläfrig; babowi, nicht: Schwein, sondern: wie ein Schwein.
In Betreff der Function der ßeduplication in unsern Sprachen vgl.
ebendaselbst S. 286 u. 292.
Die philosophische Propädeutik. 457
14.
Ist dem propädeutischen Unterricht auf den Gymnasien seine
Stelle zu erhalten?
lieber die Notwendigkeit eines propädentischen philosophischen
Unterrichts auf den Gymnasien gehen die Ansichten, wie es den An-
schein hat, sehr weit auseinander. Man darf nur die Programme der
Gymnasien durchblättern, um sich zu überzeugen dasz diese Disciplin
von jenen Anstalten bereits so gut wie ganz verschwunden ist. Nur
hier und da begegnet man noch einem Gymnasium das daran festhält,
nur hier und da einer Stimme die sich seiner annimmt, wie der des Dr
W. Braun im Triester Programm 1860. Was soll man als Grund hier-
von betrachten? dasz es den Gymnasien an Lehrern fehle welche die
Fähigkeit besitzen diesen Unterricht zu erteilen ? oder aber dasz sie
von seiner Entbehrlichkeit überzeugt sind? Die Universitätslehrer dürf-
ten überwiegend der entgegengesetzten Ansicht sein. Es ist bekannt
dasz Hegel sowol selbst als Rector in Nürnberg Philosophie gelehrt
als auch über Notwendigkeit, Gegenstände und Methode dieses Unter-
richts sich wiederholt, aber nicht gleichmäszig ausgesprochen hat.
Unter den jefztlebenden hat Thaulow in Kiel diese Disciplin auf das
bestimmteste für die Schulen gefordert, und T r en d e 1 enb ur g, in
diesen Dingen der competenteste Richter, weist auf die sehr fühlbaren
Folgen der Vernachlässigung hin welche jetzt die philosophischen
Studien auf den Gymnasien erfahren haben und warnt die Schulen vor
dem wissenschaftlichen Verfalle den diese Vernachlässigung nach sich
ziehen werde. In Oesterreich wird diese Disciplin von oben mit gün-
stigen Augen angesehen; in Preuszen ist dieselbe zwar nicht direct bei
Seite geschoben , aber doch seitdem man sie als besondere für sich
geltende Lection aufgegeben und dem mathematischen oder deutschen
Lehrer als Zugabe überwiesen hat, in der That und Wahrheit verkom-
men. Die Gymnasien haben sich beeilt den schwierigen Posten zu
verlassen , den sie von ihren Vorgesetzten aufgegeben glaubten.
Dies ist die gegenwärtige Lage der philosophischen Propädeutik;
die Frage ist wichtig genug, um sie wieder aufzunehmen. Es ist nicht
gerade nötig, dasz neue Gesichtspunkte aufgefunden oder überhaupt
etwas neues gesagt werde. Es kann Fälle geben in denen es hinreicht
gesagtes zu wiederholen und vergessenes wieder in die Erinnerung
zurückzurufen. Dies ist auch unser Fall: höhere Ansprüche als diesen
wollen die folgenden Zeilen nicht befriedigen.
Unsere Gegner sind natürlich nicht Leute welche die Philosophie
überhaupt für etwas entbehrliches oder unheilvolles halten und des
guten Glaubens sind, es reiche, um gegen logisch falsches Denken
geschützt zu sein, vollkommen aus sich täglich in concreten Stoffen
vernünftig denkend zu bewegen, zumal wenn noch Disciplinen wie die
Grammatik oder die Mathematik hinzutreten. Wir wünschen uns nur
458 Die philosophische Propädeutik,
4
mit denen zu verständigen welche die philosophische Bildung als etwas
an sich werthvolles und für den wissenschaftlich gebildeten unent-
behrliches betrachten, diese aber nicht der Schule, sondern allein
der Universität überwiesen sehen wollen. Wir haben es also mit
Freunden zu thun, welche in der Sache völlig mit uns übereinstim-
men und nur in Betreff des Zeitpunktes in welchem dieser Unter-
richt seinen Anfau^ nehmen soll mit uns verschiedener Meinung sind.
Wenn wir also die philosophische Propädeutik für die Schulen
fordern, so bestimmt uns dazu allerdings
l) eigene Erfahrung, Erinnerung von selbsterlebtem. Meine letz-
ten Scbuljahre fallen gerade in die Zeit in welcher in Preuszen ein
propädeutischer Unterricht in der Logik und in der empirisclien Psy-
chologie von oben herab gesetzlich angeordnet wurde. Diese Lection
wurde damals von Lehrern und Schülern mit lebhaftem Interesse aufge-
nommen; wir lernten tüchtig und arbeiteten uns bald hinein, wenn es
auch nur Lehrbücher wie die von Snell und Kiesewetter waren
welche wir benutzen konnten. Die Universität erhielt uns wo! vorbe-
reitet; die elementaren Begriffe waren uns bekannt, die Denkopera-
tionen völlig geläufig, die Form des philosophischen Denkens war uns
nicht fremd, und wir glaubten es der Schule danken zu müszen dasz
uns die Philosophie so lieb wurde. Das gleiche höre ich jetzt nach so
viel Jahren von meinen Schülern; sie wissen mir für keinen Teil mei-
nes Unterrichts mehr Dank als gerade für diesen; sie fühlen sich
dadurch mehr als viele ihrer Commilitonen befähigt die Vorlesungen
Trendelenburgs mit Erfolg zu hören.
Und ich finde diese Erscheinung sehr erklärlich. Jedes System
einer positiven Wissenschaft kann bei dem lernenden ein gewisses
Quantum von Kenntnissen und Vorstellungen , auch technischen Aus-
drücken voraussetzen, welches jener aus dem concreten Leben gleich
mit sich bringt. So z. B. die Jurisprudenz, die Arzneivvissenschaft, die
Philologie, die Geschichte, die Geographie. An dieses gegebne hat
die Wissenschaft nur anzusciilieszen nötig. Die Piiilosophie kann sich
auf keine derartige Voraussetzungen stützen; sie negiert, indem sie
beginnt, alle Voraussetzungen selbst in Ausdrücken, Vorstellungen und
Begriffen, indem sie die Vorstellungen abstreift welche mit gewissen
Worten verbunden sind und diesen für ihre eigenen Begriffe gleichsam
ein neues Gepräge gibt. So versetzt sie denjenigen welcher in die-
selbe eintritt auf einen ganz fremden Grund und Boden, auf welchem
ihm sowol die ihn umgebenden Objecto als auch die darin gesprochne
Sprache unbekannt und unverständlich sind. Es wird ihm schwer sich
hier zu orientieren. Es wird ihm daher vielfach begegnen dasz er
wichtiges für gleichgültiges, scliwieriges für selbstverständlich an-
sieht und seines Weges sicher zu sein glaubt wo er sich in völlig fal-
scher Richtung befindet. Welche Folgen dies bei so vielen hat ist nicht
nötig hervorzuheben. Die Gleichgültigkeit gegen Philosophie leite ich
zum Teil davon her dasz die Schule es sowol an der rechten Vorberei-
tung fehlen läszt als auch diesen Studien nicht eine Achtung beweist
Dio philosopliisclie Propädeutik. 459
welche sich unwillkürlich in die Seele der Schüler einpflanzt. Wir hal-
ten es daher für eine notwendige Vorbereitung dasz der Studierende
schon von der Schule her mitbringe; eine Gewöhnung im abslracten
Denken, welches auch das letzte concrete, die Grösze , hat fallen las-
sen und sich selber zum Gegenstand des Denkens macht, eine Bekannt-
schaft mit gewissen elementaren philosophischen Begrilfen und Aus-
drücken aus der technischen Sprache der Philosophie, eine Gewandhcit
in den gewöhnlichen Denkoperationen bis zur Definition, zur Einteilung
und zum Beweise hinauf, so wie dasz er bereits mit eigenen Füszen
kleinere philosophische Kreise durchlaufen und dadurch die Fähigkeit
erworben habe sich auch auf einem weiteren Räume zu orientieren.
Wenn die Schule nicht der Universität vorgreifen oder diese gar er-
setzen, sondern sich bescheiden in jenen Grenzen halten will, so ist
in der That nicht zu fürchten dasz durch diese propädeutischen Be-
strebungen die Liebe zur Philosophie eher erstickt als erweckt werden
sollte.
2) Es ist jedoch nicht blos diese allgemeine Vorbereitung welche
die Schule zu geben hat; die Philosophie enthält nemlich eine Menge
Dinge in sich welciie nicht blos gelernt, sondern auch auswendig ge-
lernt und durch praktische Einübung der Seele eingeprägt und völlig
geläufig gemacht werden müszen, eine Function der sich natürlich der
Universitätslehrer nicht unterziehen kann, die vielmehr den Schulen
zugewiesen werden musz.
Es ist oft nicht genug eine Sache begriffen zu haben, um sie
dauernd sein nennen zu können: vielmehr bedarf es, zumal wenn
diese Sache nicht durch das Leben und den Sprachgebrauch des Lebens
gelragen wird, auch wenn sie noch so einfach und selbstverständlich
scheint, einer vielfachen Einübung. Es verhält sich mit der Logik
nicht anders als mit der Grammatik, der Mathematik und so vielen an-
dern Disciplinen. Man kann hiervon tägliche Erfahrungen machen.
Wie schwerfällig zeigen sich z. B. die Scluiler bei der Bildung von
Urteilen nach den verschiedenen Kategorien der Qualität, der Quantität,
der Modalität, der Relation, zumal wenn man dabei mehrere Katego-
rien zugleich ins Auge faszt. Wie viel Mühe macht es dem Schüler
den Unterschied des contradictorischen und conträren Gegensatzes be-,
greulich zu machen, und wie viele Uobungen sind erforderlich ihm in
der Anwendung desselben die nötige Leichtigkeit zu verschaffen, nicht
zu reden von den verschiedenen Schluszfiguren und von der Fähigkeit
diese auch in der Umhüllung leicht wieder zu erkennen in welcher sie
in der Hegel uns vor Augen treten. Hier ist eben so wenig ein positi-
ves Lernen zu umgehen als eine angestrengte Einübung durch welche
die Schüler mit Geläufigkeit Schlüsse von jeder Art und Form bilden
lernen. Mag man immerhin die Formen barbara usw. als todlen Scho-
lasticismus verlachen; nach unserm Dafürhalten sind sie für diese Ein-
übung ganz unentbehrlich. Diese ganze operative und Gedächtnis-Arbeit
fällt, glauben wir, der Schule und ihr allein zu; sie besitzt die Mög-
lichkeit und die Pflicht ihren Schritt so lange zurück zu halten bis sie
460 Die philosophische Propädeutik.
die Ueberzougung erlangt dasz der Unterricht seinen Zweck erreicht
hat und das Gelehrte wirkliches Eig-entum der Schüler geworden ist.
Der akroamalische Unterricht ist hierzu untauglich. Die Schule ist
sich dabei dessen wol bewust wie schwer die von ihr übernommene
Arbeit sei, so schwer dasz nur die Liebe zu ihren Schülern sie be-
wegen kann sich bereitwillig derselben zu unterziehen.
3) Doch die Schule Iiat nicht blos, indem sie einer höheren Stufe
des Unterrichts vorarbeitet, sondern auch um ihrer selbst willen die
Verpflichtung an dem philosophischen Unierrichte festzuhalten. Sie
bedarf seiner, sowol um eine Anzahl in diesen Kreis gehörender Ein-
zelheiten zu einem Ganzen zusammenzufassen als auch um damit ihre
eigenen Arbeiten und Thätigkeiten zu unterstützen und zu fördern.
Mag das Gymnasium als eine in sieh beschlossene und ihren
Zweck in sich tragende oder als eine vorbereitende Anstalt betrachtet
werden, so wird es doch unter allen Umständen als naturgemäsz für
dieselbe erscheinen sowol gewisse Objecte welche vereinzelt von ihr
mitgeteilt sind zu einem Ganzen zu vereinen als auch von gewissen
Thäligkeiten in denen sie ihre Zöglinge vielfach geübt hat ihnen ein
Bewustsein über die Gründe und Gesetze derselben mitzugeben. Es
liegt dies Bedürfnis in der menschlichen Natur nicht mit dem ein-
zelnen zu schlieszen.
So würden wir nichts für bildender halten als wenn am Schlüsse
des Schulcursus ein Ueberblick über die gesamte Geschichte gegeben
würde, in welchem nicht mehr das einzelne Ereignis oder einzelne
Kreise von historischen Stolfen den Gegenstand bildeten, sondern alle
zu Momenten in einem groszen Ganzen würden, in welchem sie nun
erst ihre höhere Bedeutung und wahrhafte weltgeschichtliche Stellung
erhielten. Eben so hatte man früher auf den preuszischen Gymnasien
eine besondere Lection über a 1 1 ge m e i n e Grammatik, welche,
von philosophischem Geiste beseelt, den Geist des Jünglings über die
sprachliche Besonderheit und Maierialität zu einem idealen sprach-
lichen Bewustsein erheben müste. So wollte Wolf die vielen einzelnen
Kenntnisse und Notizen welche der Schüler im Lauf der.Iahre aus grie-
chischen und römischen Antiquitäten, aus der alten Lilteratur und der
Mythologie der alten Völker eingesammelt hätte und welche als Ein-
zelheiten eben auch raschem Vergessen anheimfallen müsten in gewisse
Disciplinen vereinigt wissen, wodurch bei dem Schüler ein Gesamtbild
von dem ganzen staatlichen, religiösen, häuslichen und ideell geistigen
Leben der alten Welt gewonnen würde. Sollte so die Schule nicht auch
die Verpflichtung haben sowol die vielen einzelnen ethischen als auch
die ästhetischen Vorstellungen, welche sie wärend ihrer erziehenden
Thäligkeit und bei der Leetüre anzuregen so vielfach Veranlassung ge-
habt hat, zu einem Systeme der Ethik oder einer Lehre vom Schö-
nen zusammenzufassen, wie diese der Fassungskraft der Schüler ent-
sprechend wäre? Vornemlich aber dürfte sie es, da sie stets darauf
hingearbeitet hat ihre Zöglinge zu einem logisch richtigen Denken zu
führen, nicht ablehnen jetzt auch mit ihnen diese Gesetze des Denkens
Die pbilosopliischü Propädoiilik. 46t
an lind fiir sich zu bolraclifcn und in iliror Nolwendigkoit nnd als ein
in sich fest gcsclilossenes Ganzes aufzuzeigen.
Und diese zusammenfassende Belraclilung würde nicht blos dazu
dienen das einzelne, in dem es in ein Ganzes aufgenommen wird, aus
seiner verlorenen Siellung herauszureiszen, sondern auch für die eignen
Froduclionen der Schüler in jeder Beziehung fruchtbringend zu werden.
Die meisten Anleitungen für den Stil welche jetzt erscheinen wollen
mehr oder weniger durch einzelnes lehren und führen — selbst die
des treulichen Bomhard ist hiervon nicht ausgenommen, — anstatt
die Wege des allgemeinen aufzuzeigen. Es ist wesentlich dasselbe
Verfahren wie das gegen welches Cicero im 2n buche de oratore so
scharf und so vergeblich angekämpft bat. So sehr sind die Fehler und
Irrwege unsterblich. Die Belebung und Bildung des philosophischen
Geistes ist das einzige Mittel dieser rohen Empirie, die noch nicht ein-
mal Empirie ist, entgegenzuwirken und den Schülern, wonach sie so
sehr Verlangen tragen, dieWege zu zeigen, wie sie mit Notwendigkeit
das rechte treffen müsten. Auch in dieser Beziehung halten wir philo-
sophischen Unterricht in der obersten Klasse eines Gymnasiums für un-
entbehrlich und für ein Recht das sich keine Schule gutwillig nehmen
lassen sollte, geschweige denn dasz sie es freiwillig aufgäbe.
Ich niusz manches andere hier übergehn, was gleichfalls zu sagen
gewesen wäre, wie z. B. dasz der Geist des Jünglings durch nichts so
sehr gekräftigt wird als durch die Nötigung zu absiracfeni Denken, und
dasz diese Nötigung selbst zu einer sittlichen Kräftigung der Jugend
beitragen werde, dasz ferner durch einen systematischen Unterricht
viel schnellere und sicherere Resultate gewonnen werden als durch
das ewige Hin- und llertappen, durch das geistreiche Schwatzen über
gewisse Dinge z. B. im Ethischen und Aeslhetischen. Der Handwerker
kommt viel rascher zum Ziel, wenn er mit dem Zirkel einen Kreis
schlägt, als wenn er lange hin und her probiert ob das Stück Holz nun
wol rund sei. Im Denken ist dies eben so der Fall. So viel aber,
denke ich, steht fest dasz es für einen verständigen Schulmann keinem
Zweifel unterliegen könne dasz philosophischer Unterricht der Schule
unentbehrlich sei.
Wir sind oben zu dem Resultat gelangt dasz die Schule eines
Zusammenfassens vieler einzelnen dem Gebiete der Philosophie ange-
hörigen Dinge bedürfe. Sie will und soll nichts neues geben; sie will
nur das alle erhalten und sich dessen Besitz sichern, indem es dasselbe
in die Sphäre des allgemeinen erhebt und in ein System aufnimmt.
Hiermit sind von selbst viele Teile der Philosophie ausgeschlossen und
für uns ein engerer Kreis abgegrenzt. Dieser Kreis umfaszt natürlich
1) die formale Logik bis zur Lehre vom Beweise. Die Logik
bildet den Kern der philosophischen Propädeutik und würde, selbst
wenn alle übrigen Disciplinen hinwegfielen, bestehen bleiben müszen;
2) die Psychologie, damit der Schüler die Erscheinungen sei-
nes Seelen- und geistigen Lebens, welche er bis dahin nur als einzelne
kennen gelernt hat, nun auch im Zusammenhang erblicke und dadurch
462 Die philosophische Propädeutik.
zu einem wirklichen Verständnis derselben gelange, ^yie wichtig diese
Disciplin sei wird man leicht erkennen, wenn man einen Schüler nur be-
fragen will was er unter Gefühl, Empfindung, Gedächtnis usw. versiehe.
Dunkele Ahnungen wird man genug treffen, klare Vorstellungen höchst
selten;
3) die Ethik, und zwar die philosophische, ist eben so ein Be-
dürfnis für die Schule, um über die allgemein menschlichen Principien
der Sittlichkeit und des sittlichen Lebens und Handelns, so wie über die
fundamentalen Begriffe z. B. des Guten, der Glückseligkeit, der Tugend
und der einzelnen Tugenden, der Pflicht und der einzelnen Pllichten usw.
feste Vorstellungen zu gewinnen;
4) eine Aes the tik, welche sich, nachdem über das Schöne in der
Natur wie in der Kunst ein bestimmtes Bewustsein gewonnen ist, mit
Uebergehung derjenigen Teile für welche bei dem Schüler noch keine
Anschauungen vorhanden sind sofort zur Poetik und zur Rhetorik
wendet. Auch in diesem Teile ist die Unwissenheit und Begriffslosig-
keit der Schüler in der Regel über alle maszen grosz, und zwar ohne
ihr Verschulden. Ich habe jedesmal bei ihnen das gröste Interesse
gefunden, wenn ich einmal ein paar Stunden dazu hatte erübrigen
können ihre Vorstellungen über Gegenstände dieses Gebiets zu schär-
fen und zu ordnen.
Nach dem dasz und was bleiben uns nur einige wenige Worte
über das wie hinzuzufügen.
Es musz offenbar der Schule daran liegen möglichst Sorge zu
tragen dasz eine Disciplin wie die hier besprocbne nicht als ein Frem-
des in ihrem Kreise auftrete, sondern in einer engen Verbindung mit
den anderweitigen Lehrgegenständen stehe, so dasz die Schüler sowol
sachlich als in Hinsicht auf die Form der Beschäftigung sich hier auf
keinem anderen Boden befinden als auf dem sie sonst stehn. Dies wird
aber am leichtesten dadurch möglich, wenn wir hierbei uns an die
alten Philosophen anschlieszen, so weit dies Ihunlich ist. Wenn dies
geschieht, so bleibt
1) der Schüler in einer ihm gewohnten Thäligkeit und die Arbeit
wird ihm wesentlich erleichtert. Es ist kein gröszerer Sprung von
Thukydides zu Demosthenes als von Plato zu Aristoteles. "Wenn der
Schüler sich erst eine Anzahl technischer Begriffe angeeignet hat, und
diese soll er eben durch den Lehrer gewinnen, so bewegt er sich bei
Aristoteles auf dem gleichen Boden wie bei jedem andern Autor, und
liest ihn leichter als er manches neuere für die Schule bestimmte
Compendium lesen würde.
2) Das philosophische Denken der Alten ist, auch da wo es sich
den Grenzen der Speculation nähert, doch immer von einer Einfachheit,
Natürlichkeit und Verständliclikeit , wie sie in allen übrigen geistigen
Productionen derselben sich erkennen läszt. Hierdurch ist die Philo-
sophie der Alten besonders geeignet die Jugend anzusprechen und für
das philosophische Studium zu gewinnen. Es ist die natürliche Vor-
Die philosophische Propädeutik. 463
hiillo. wclcho sie zuerst zu bofrefen hat, um in das innere Heiligtum
der riiilosophie Zugang zu erhallen,
3) Da bei der Leetüre des Arisloleles dieselben Gesetze der Inter-
pretation obwalten wie bei den übrigen klassischen Autoren, und also
mit gleiclier Strenge dabei verfahren werden und jedes leichtfertige
Durilberhingeheu vermieden werden musz, so sehen sich Lehrer wie
Schüler in gleichem Masze genötigt den vorliegenden Text mit Schärfe
aufzufassen und zu durciidringen. Diese Notwendigkeit treibt beide
auf eine unglaubliche ^^'eise in die Sache hinein, selbst auch da wo
endlich, wie das allerdings bei Aristoteles hier und da der Fall ist,
namentlich wo wir auf keinen Fall seine eigne Bedaclion besitzen, sich
der Ausdruck als unvollständig und nicht ausreichend ergeben sollte.
Der Schüler bekommt auch hier, wo er den Ausdruck mit der Sache
auf titanenhafte Weise ringen sieht, eine Ahnung davon welche geistige
Arbeit erforderlich gewesen ist um diese Gesetze des Denkens usvv, in
Worte zu fassen.
Auch meine Erfahrung könnte ich als Zeugnis anführen, wenn das
Zeugnis eines Unbekannten viel Werlh hätte: ich habe diesen Unterricht
bald auf diese bald auf jene Weise angegriffen, zumal wenn ich mit
meinen Erfolgen nicht zufrieden war. 3Ieine Erfahrung nun ist die
dasz ich, wenn ich mich an Arisloleles angeschlossen habe, stets bei
meinen Schülern Besseres erreicht und viel gröszere Strebsamkeit ge-
funden habe, als wenn ich eines der neueren Compendien benutzte,
denen ich übrigens ihren Werlh, namentlich für Realschulen, die
gleiches Recht an die Philosophie haben, nicht absprechen will.
Und nun das Facit?
Für die Logik haben wir in Trendelcnburgs Elementa ein Buch
das in hohem Grade ausgezeichnet ist. Diese Leclion musz in Prima
zweimal genommen werden. Bei zwei wöchentlichen Lehrstunden läszt
sie sich in einem Wintersemester wol absolvieren.
Für die übrigen Disciplinen schaffe man ähnliche Werke,
auch für die Ethik, für welche ein Auszug aus der nikomachischen
Ethik etwa in dem Umfange in welchem sich Dr Krügers (in Rostock)
treffliches Programm Mes Aristoteles Lehre von der Glückseligkeil'
hält gegeben werden könnte. Bis dahin wird es genügen das erste
Buch von Ciceros Pflichten zu lesen, vorausgesetzt dasz es mit einer
überwiegenden Richtung auf das Sachliche und mit philosophischem
Geiste behandelt wird.
Schlieszlich kann ich nicht unerwähnt lassen dasz ich je zuweilen
auch Aristoteles Kategorien, und zwar mit gutem Erfolg, gelesen
habe. Was die Poetik anlangt, so halte ich mich verpflichtet auf ein,
wie es scheint, vergessenes Buch von Härtung aufmerksam zu machen,
in welchem derselbe Aristoteles und Horaz wol verarbeitet und mit
reichen Bemerkungen auch aus den Schriften Neuerer ausgestattet hat.
Dies Buch ist in hohem Grade zu empfehlen.
* ♦ 3. August 1861. L,
464 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Kurze Anzeigen und Miscellen.
XXII.
Deutsch-Lateinisches Handwörterbuch aus den Quellen z-iisammenge-
tragen und mit besonderer Bezugnahme auf Synonymik und An-
tiquitäten mit Berücksichtigung der besten Hülfsmidel ausgear-
beitet von Dr K. E. Georges. 2 Bände. Eilfle oder der neuen
Bearbeitung fünfte, dem heutigen Standpunkte der Lateinischen
Stilistik gemäsz umgestaltete Ausgabe.
Die vorliegende neue, dem Professor Klotz in Leipzig gewidmete
und typograpliisclx in der Teubnerschen Ofticin prächtig ausgestattete
Auflage des vielverbreiteten und zu hoher und wolverdienter Anerkennung
gekommenen deutsch-lateinischen Handwörterbuchs von Georges wollen
wir im nachfolgenden einer kurzen Besprechung unterwerfen. Ihr Vf.
beginnt die Vorrede sofort mit den Worten: ^An die Bearbeitung keiner
Auflage, selbst der ersten nicht, bin ich so gut vorbereitet gegangen als
an die der gegenwärtigen', eine Behauptung die selbst der oberflächlich
prüfende wird bewahrheiten müszen. Denn sowol bezüglich der Quan-
tität des zu recipierenden Materials als der Qualität leisteten überall
erwünschte und gründlich vorhaltende Ausbeute sowol die eigenen mit
lexikalischer Akribie gemachten Studien , als auch die überaus reichen
und trefflichen Sammlungen des für Schule und Wissenschaft , für Fa-
milie, Schüler und Freunde zu früh verstorbenen Hofraths Dr Wüste-
mann, der mit der kundigsten und geschicktesten Hand und mit einem
wahren Bienenfleisze wäreud vieler Jahre die Alten für sich ausgebeutet
hatte. Diese Sammlung im Katalog unter dem Titel: Miscellae obser-
vationes ad ditanda lexica germanico-latina pertinentes secundum lite-
rarum ordinem dispositae in novem voluminibus in 4'°) kaufte der
sehr liberale Verleger des Hrn. Georges für dessen Zwecke an, Auszer-
dem haben noch andere Gelehrte für die neue Auflage manche Beisteuer
geliefert. Die gröste Fundgrube war jedoch nach des Verfassers eige-
ner Bemerkung die Lateinische Stilistik für Deutsche vom Professor
Dr Nägelsbach , denn sie gab nicht nur für viele neue Ausdrücke und
Wendungen den geeigneten Stoif, sondern lehrte auch für ähnliche Fälle
den richtigen Ausdruck finden. An der Hand solcher Vorarbeiten, die
verbessernder, ergänzender und erweiternder Natur waren, ist statt der
neuen Auflage in den meisten Fällen ein fast neues Buch entstanden,
veie wir dies unten durch Abdruck eines Artikels aus der alten und
neuen Ausgabe zu erhärten gedenken.
Ist es nun zuvörderst die Aufgabe des Ref. nachzuweisen, in wel-
cher Weise Mängel und Versehen der früheren Ausgabe in der jetzigen
Abhülfe gefunden haben, um so die erhöhte Brauchbarkeit des Buchs
zu documentieren, so will er zunächst in aller Kürze, die den Raum
einer Anzeige nicht wol überschreitet, einige Schäden klar legen, die
er sich beim Gebrauch der altern Auflage notiert hatte, die aber jetzt
als vollkommen beseitigt dem richtigen Platz gemacht haben. Dahin
gehören folgende Bemerkungen meist mehr äuszerlicher Natur: Kehl-
deckel war zweimal recipiert, das einemal viel unvollständiger; Be-
richten statt berichtigen, Beschlagnehmung, war die Wortfolge gestört,
bewahrheiten fehlte, ebenso bewölken, bezichtigen; die Wortfolge w-ar
vernachlässigt unter Briefbogen; es fehlten: herabkommen t=: herunter-
kommen II, veröff"entlichen , zuthulich u. a. m. Folgenden Artikeln
dürfte bei der nächsten Auflage die Aufnahme nicht versagt werden
können: Berggesetz, Betonie cestros, cestron, Beuteln, das Mehl, s.
Kurze Anzeigen und Miscellen. 465
durchsieben , bewegsam, bewehrt, Linse i^rr Lünse am Eade, Nachthnnd,
Rundschau, Verrätherin index, Cic. p. Rab. p. 0, casernieren in castria
esse, Luke feaestra obliqua luce Verg. Georg. IV 298, Feldbiene apis
rustica (vgl. Waldbiene) , flugniatt sein (von der Biene) torquere Pal-
lad. 7, 7, Blutenhonig anthinuin mel Plin. n. h. XI 14, 14. Die Wort-
folge ist auch in der neuen Ausgabe noch gestört unter: Wilde, Kalt-
wassercur und Holzbirnbauni. Unter Gauche heiszt es II = Mistjauche,
vv. s., aber weder Jauche noch Mistjauche ist recipiert. Bulle ist wol
genauer nicht dux gregis , sondern taurus gregis; Ehreustelle, zu einer
E. berufen, ad honorem evocare Caes. b. g. VII 57 ; Gesclivvindschreiber
vgl. noch Cic. ad Attic. XIII 34, Martial. XIV 202, Anson. epigr. 140.
Nachäfi'er lies Suet. A. 86. Nerv, Geld ist der Nerv (die Seele) des
Staates, vectigalia nervös esse reipublicae semper duximus, Cic. d. imp.
Gn. Pomp. 7, 17. Sonnenwende, zur Zeit der S. auch sub bruma Caes.
b. g. V 13. Im lateinisch-deutschen W^örterbuche (11. Aufl.) heiszt es:
Prostomis , s, postomis , aber das letztere Wort hat keine Aufnahme
gefunden. Soviel mag zureichen ,' um nicht ganz (xavi.iß6lcog von der
tüchtigen Arbeit des Hrn. Georges zu scheiden. AVir wünschen dem
Buche auch ferner die verdiente Verbreitung. Zuletzt mag der Artikel
•■anrathen' aus der alten und neuen Auflage Platz finden.
anrathen : anrathen :
suadere alqud. auc- hortari u. adhortari ad alqd, oder mit folg. ut od.
torem esse alci alcjs ne m. Conj. od. mit bloszem Conj., hortari auch m.
rei, ich rathe dir ein folg. Inf. (ermunternd zu etw. rathen [Gegstz dehor-
ähnliches Verfahren tari od. deterrere ab alqua re] z.B. ad concordiam].
an, idem tibi censeo suadere alqd (beredend, überredend zu etw, rathen
faciendura esse. [Ggstz dissuadere], z. B. legem), auctorem esse alcjs
rei od. ad alqd faciendum od. m. folg. ut od. ne, od. m.
folg. Acc. u. Infln., od. m. folg. blos. Inf., Jeradm alci
(als Berather, Zureder auftreten). Jmdm sehr a. alci
magno opere auctorem esse, ut od. ne etc.; ich rathe
dir ein ähnliches Verfahren an, idem tibi censeo fa-
ciendum esse.
Sondershausen. Dr Hartmann.
xxin.
Aufgabensammlung zur Einübung der lateinischen Sprache. Zunächst
für die mittlere Stufe der Gymnasien bearbeitet von Dr Ferd.
Schultz.) Director des Gymnasiums zu Münster. Paderborn,
Verlag von Ferd. Schöningh. 1861. XVI u. 342 S. 8. 25 Sgr.
Es ist nicht zu leugnen, dasz wir der Uebungsbücher für die mitt-
lere Stufe der Gymnasien zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins La-
teinische viele und darunter sehr brauchbare besitzen , Ref. erwähnt nur
beispielsweise die Bücher von Dietsch, Süjafle, Teipel. Dennoch zählt
ein Buch, wie das vorliegende, nicht zu den überflüssigen und entbehr-
lichen; sein Verf., ein ebenso tüchtiger Schulmann als gründlicher und
vielfach bewährter Kenner des Altertums, besonders des römischen, hat
es verstanden, durch geschickte Auswahl des Stofl"es aus dem römischen
und griechischen Altertum einerseits und andrerseits durch eine metho-
dische Anordnung und Verteilung des syntaktischen zur Anwendung
kommenden Materials seinem Buche Vorzüge zu geben, welche die
Schule zu ihrem Nutzen ausbeuten wird. Die ganze Aufgabensammlung
enthält 464 zusammenhängende Stücke und zerfällt in drei Teile , von
denen der erste 223 Aufgaben im Auschlusz an die Regeln der Syntax
bietet, der zweite 122 Aufgaben im Anschlusz an die Leetüre des Phä-
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. 1861. Hft 10. 30
466 Kurze Anzeigen und Miscellen.
drns, Nepos, Ovid und Cäsar, der dritte 110 freie Anfp;al)en in drei
Abschnitten: Darstellungen aus der römischen Sagen- und Heldenzeit,
Leben und Schicksale homerischer Helden, Stücke verschiedenen In-
halts. Es sei gleich hier bemerkt, dasz sich von anderwärts entschieden
in den Vordergrund tretenden moralisierenden Aufgaben hier nur wenige
finden, und mit Recht, denn jede absichtlich herbeigezogene Gelegen-
heit zu moralisieren langweilt und schadet weit mehr als sie nützt, —
Die Aufgaben des ersten und zweiten Teils sind für solche Schüler be-
stimmt, welche die betreffenden Regeln oder Lesestücke vorher durch-
gearbeitet haben. Um das Buch auch für solche Schulen, in denen die
kleine lateinische Sprachlehre des "Verf. sechste verbesserte Auflage. Pa-
derborn 1860. nicht gebraucht wird, zugänglich zu machen, hat der Vf.
bei den einzelnen Abschnitten des ersten Teiles auszer dem Hinweis auf
die Paragraphen obiger Grammatik noch durch Ueberschriften die ent-
sprechenden Kapitel der Syntax angegeben, wie dies schon früher in
ähnlicher Weise in den Uebungsbüchern für Quarta und Tertia von
Spiesz durch den jetzigen Herausgeber derselben, Hrn Buddeberg, ge-
schehen ist. Indem Ref. darin' mit dem Vf. vollständig übereinstimmt,
dasz auszer den gewöhnlichen Scripten auf allen Stufen auch recht
häufige Uebiingen im mündlichen Uebersetzen — in den
mittleren Klassen mindestens e'ine Stunde wöchentlich —
veranstaltet werden müszen, will er zuletzt, indem er das Buch genü-
gend charakterisiert zu haben glaubt, einige Bemerkungen mitteilen,
zu denen ihn ein mehrmaliger Gebrauch Veranlassung gab. Was die in
ein besonderes Verzeichnis verwiesenen Eigennamen und deren Adjectiva
anlangt, so macht sich öfters eine im Texte wesentlich verschiedene
Schreibweise von der im Verzeichnis geltend, die wir nicht gutheiszen
können. Man vgl. S. 33 Aesculapius, 11 Arkadien, 20 Cephalonia, 193
Lazedämonier , 13 Ibycus ; Lykurgus , Lycurgisch, 23 Älazedonien; Zy-
pern u. Cyprus. Taygetus 17 fehlt; Euklides ist txmzustellen. Nr 284
wird für Wahrheitsliebe blos studium untergesetzt. Nr 294 war Ovid
ungefähr sechsnnddreiszig Jahre alt, als ihn die Verbannung traf, wä-
rend er 43 v. Chr. geboren wurde, 17 n. Chr. starb nach einer zehn-
jährigen Verbannung. Hin und wieder konnte der Vf. in den belehren-
den historischen Partien z. B. einiges über C. J. Cäsar, die Jahreszahlen
für wichtige iiistorische Ereignisse, z. B. Schlachten, hinzufügen, so Nr
319 u. ö. Nr 323 verbinde: welche er geschrieben. Nr 324 an den Ufern
des Rhone, klingt etwas frappant. Dasz in Form und Fassung des
Stoß'es überall auf die Fügsamkeit; für den lateinischen Ausdruck Rück-
sicht genommen wurde, so dasz die Darstellung mehrfacli der lateini-
nischen Ausdrucksweise sich näherte, das berechtigt zu keinem Tadel;
indes dürfte ein Satz wie in Nr 336 doch ein wenig zu fügsam sein :
grosz ist der Eifer für das Jagen , woran von Kindheit auf gewöhnt sie
viele Zeit in den Wäldern zubringen. Nr 432 scheint der Satz: aber
nach Herausgabe eines Teils usw. an das vorhergehende nicht recht
anzuschlieszen. Besonders instructiv sind dem Ref. solche Abschnitte
erschienen, die von allgemeinem Interesse sind und zugleich der öffent-
lichen Leetüre der Schriftsteller beträchtlichen Vorschub leisten, so
z. B. einiges über das Kriegswesen der Römer; über das römische La-
ger , über den Aesopus und Phädrus , Cornelius Nepos , Ovidius Naso,
Julius Cäsar, Vergilius Maro, Titns Livius, lauter Abschnitte, zum Teil
wol basierend auf den betreffenden Einleitungen zu den Autoren in der
Haupt-Sauppeschen Sammlung, welche die Stelle einer kürzeren aber
genügenden Einleitung vertreten können. Die äuszere Ausstattung des
Buches ist schön.
Sondershausen. Dr Harlmann.
Kurze Anzeigen und Miscellen. 467
XXIV.
Ausgetcählte Biographieen des Plutarch. Erklärt von C. Sintenis.
Zweites Bändchen. Zweite Avßage. Berlin, Weidmann. 1855.
Wenn ein um die Erklärung des Lysias verdienter Schulmann in
diesen Jahrbüchern (Bd LXXXI u. LXXXII Hft 9) in einer Anmerkung
die zutreffende Bemerkung machte , dasz die commentierten Ausgaben
des Plutarch von Ilrn Sintenis neben denen des Lucian von Hrn
Sommerbrodt am meisten in der fraglichen Sammlung den Charakter
von Schulausgaben bewahrt und festgehalten hätten , so sollen die nach-
folgenden Notizen nur dazu dienen auf einiges hinzuweisen, was für
Schüler wol noch einer Erklärung oder Ergänzung oder Berichtigung
bedarf. Agis 3, 4 'AQLaTdöri!.iog, genannt ;^prycros, er selbst fiel meuch-
lings kurz nach dieser Schlacht. 3, 5 nsQirjl&e, ebenso Tisgirj^siv. 4, 1
tilge in der Note nach cpQÖvrjuce den Artikel. 5, 1 voasiv (cap. 10, 2
vyiaCvSLv) vom Staat; ganz ähnlich im Lateinischen Cic. ad Farn. IV
5, 4. 7, 5 cpccvsoäg, Xcid'ga, einen Gegensatz bildende Wörter stellt der
Grieche gern neben einander. 8 , 2 ijv il^ov , auszerdem hätte der Ar-
tikel stelin müszen. 10, 3 cw^iaot, wie corpus oft c=: homo, wenn man
nur an die materielle Substanz denkt; daher ohne verächtlichen Neben-
begriff = Person; so libera , captiva Corpora. 10, 4 Ttfiod-tog , auch
Philop. II, 2. 11, 5 Xalv.LOfaog, Nep. Paus. 5 in aedem Minervae —
confugit; KKtaßaivovrog, ib. cum de templo elatus esset. 12, 2 %ciLQ?iv,
auch fiTiBLV. 13, 3 ot itsgl Avokv^'qov, nachdrücklich für AvaavSQog,
16, 3 stg z6 xov IJoasiScovog — iv.hfVF, C. N. Paus. 4, 4: fanum —
in ara consedit. 16, 3 avvs^fßals, vgl. Oleom. 37, 3 avvs^tTtBGE. 19, 1
avXlaßstv , ovav ysvrjrcct , Nep. Paus. 1. 1. supplicem in ara seden-
tem comprehendere nefas putant Graeci. 19, 2 rö iiidxiov , Plut. Tit.
20, 5: i^Lariov rcß ZQaxrjlcp neQißc<Xc6v. 20, 3 uöiov bei Gvviv^y%ai.
Cleomenes 4, 2 ov&tv , nichtattische Form, bei Plut. öfters. 7, 2
TLuaicpäag zu Ag. 9, 1. — 14, 1 tnäyBG&ai und iniKalsLaQ-ai synonym.
15, 3 Gvvzövcog oSsvsiv , iter non intermittere = gvvtsi'vslv (Öqü^o));
ibid. ai'naTog nXfjQ'og avacptgitv , aber c. 30 nXrj&og aiaazog aiccyaiv.
16, 1 EiTS aitiGZicc xai cpäßoi xov Kl., si'zs cp&oväv svzvxovvzi , wäre
an die Stelle des partic. das Substantiv getreten, dann könnte es heiszen:
q)&dv{p xov oder q)&6va> in' Bvzvxovvzi (Luc. abdic. 30 cpQ-övog in'
ixd'Qcö svzv%ovvzl) oder ngog svxvxovvza, 19, 3 avvxa^Lg wie c. 32, 2
Apanage. 24, 4 iSta yiyQanxai wie Nep. 21, 1, 1 quod omnium res
gestae separatim sunt relatae. 27, 2 nqbg xov nols^iov wie G, 1 ozga-
zeiav und Titus 7 , 1 inl xov nölsaov. — 28 , 3 steht in der Note
B^aK06tovs. 32, 1 ist AtyicuXCa zu schreiben, vgl. 31, 1. — 35, I 6ly.cc-
Sog, erklärt sich aus § 3. Vom Kleomenes heiszt es yslccv, weil er in
Wahrheit und Offenheit sein Wesen zu erkennen gab , dagegen (laidiäv
vom Nikagoras , weil sein schelmisches Lächeln nicht der Ausdruck
offenherziger Zustimmung war.
Ausgewählte Biographien des Plutarch. Für den Schulgebrauch er-
klärt von 0 tto Siefert. Erstes Bändchen: Philopömen und
Titus Quinctius Flamininus. Leipzig, Druck und Verlag von
B. G. Teubner. 1859. VI u. 87 S. 8. TVs Ngr.
Auch die zu der vorliegenden zweckmäszigen Schulausgabe gemach-
ten wenigen Bemerkungen sollen neben anderen und gleich den obigen
nur zur geeigneten Berücksichtigung für die Schule dienen. 4 , 3 evs-
zvyxccvsv , so Plut. Agis. 15, 2. — 6, 2 vniQ aaQiaarjg , die Präposition
ist zu erklären, um der richtigen Anschauung zur Hülfe zu kommen;
vgl. auch Krüger zu Thuk. I 49. — 6, 4 Siafinsgig, auch bei Xeno-
30*
468 Kurze Anzeigen und Miscellen.
phon, ist poetisch (vgl. zu c. 12, 1), dafür später dtc^^ntä^; auch 8i8-
J.avvfod'ai gehört zu der Bemerkung 12 , 1. — Ö, 5 ävBl^o^ibvov , Arr.
VI 11, 1. — 6, 4 stelle die Noten um. 7, 1 äav,r]6B(i}q mtA. heiszt: wo
er sich im Kriegsdienste praktisch üben und seine Kenntnisse erweitern
■wollte ; lateinisch würde man ratio atque usus belli , scientia et usua
sagen. 9, 1 stelle die Noten um; ebenso 9, 3. vnontjj^^LV avzä steht
12, 2, vgl, damit den Ausdruck 8, 3. — 12, 5 fehlt vor vn^ozrj der §
— 13, 7 nSQiyisyio^^ivovg, wegen des folgenden xat zu 10, 4. — 13, 6
schreibe äno8fiV.vvvai. 15, 1 ^AQ-näSog, auch bei den Kömern ArcacUcus
iuvenis. 17, 1 musz es heiszen: Xen. An. 11,8. — 18 ist die Zahl
der §§ falsch. 19: oi imtsig — avtovg, nicht (wie die Schüler geläufig
übersetzen): sich erholen, sondern im eigentlichsten Sinne, wie auch
das folgende lehrt, 'sich von der Flacht zusammentinden ', wie se reci-
pere ex fuga Caes. b. g. IV 27. — 21, 4 tilge nach 'Axaiotg das Frage-
zeichen. 21, 5 yiocxilsva^^riGciv (vgl. Arr. III 26, 3), im historischen
Zeitalter seltner. 21, 6 xoig nSQi T. (vgl. auch Tit. 14) bei Späteren
oft für das nom, propr. (Arr, III 14, 4).
Druckfehler: S. 21 lies >tat, 31 fv, 39 ■n.ccmjloig , 42 iititaa.
Titus 7, 1 Eni Tov nölsfiov, die Bedeutung wie Cleom. 27, 2. — •
8, 2: ovx VTto^iftvccvxcov, das Citat ist unrichtig; die Stelle steht Xen.
Anab, II 4, 24. — 9, 1 yQCicp^ad'ai — Idtwzcov bedurfte einer kurzen
Bemerkung, vielleicht nur einer gleichen Stelle wie Arr, IV 4, 5: to^o-
rceg Kccl rovg C(p£vSovj]t<xg acpsvSnväv rs nal SKto^svsiv. — 13, 1 : aXlog
— Sö^av, vgl. den Ausdruck c. 7, 1. Zu tov itoläfiov — Xa^ßdvovrog
vgl. c. 2, 3, — 14, 5 avvayayövtog v,tX. vgl. passend Arr. V 25, 3. —
9, 4 Ttccqöv , hierher gehörte die erst unten 13,1 folgende Note, wenn
überhaupt eine Erklärung nötig ist. — 11, 2: '■^v 8' ccQa, das Imperfect
mit aQa gebrauchen die Griechen, wenn man jetzt erst eine Ansicht
gewinnt, worüber man sich früher getäuscht hatte.' Diese Bemerkung
ist sprachlich ganz unrichtig. Wie genau sind doch die citierten Gram-
matiken von Rost und Krüger! Ref. hätte die Bemerkung etwa so
gefaszt: das Imperfect mit kqu setzen die Griechen, wenn eine eben
jetzt erlangte richtigere Ansicht die Folge einer vorausgegangenen oder
früheren Täuschung ist. — 17, 1: kocI — Kccl 'die Hellenen erwiesen
ihm sowol äuszerlich die geziemenden Ehren, als auch waren sie durch
seinen liebenswürdigen Charakter gewonnen.' In dieser Fassung labo-
riert die Note an Unklarheit. Entweder war der Gedanke in zwei selbstän-
digen Sätzen zu geben oder es war zu schreiben: die Hellenen erwiesen
ihm nicht blos äuszerlich usw. , sondern waren auch wirklich usw. ge-
wonnen, — 18, 1: T(jHijTrj5, rjrig iarlv dQxij, ein Amt, welches — Krü-
ger 51, 8. So ganz richtig, nur hätte noch auf die Umstellung auf-
merksam gemacht werden sollen; vergleichen kann man z. B, Cic. Att,
V 20, 3: Amanus Syriam a Cilicia dividit, qui mons erat hostium plenus
sempiternorum. — 18, 2 schiebe nach den Worten 'wo er die Flotte
befehligte' ein: vgl. cap. 3, 3. — 21, 8: äga STtiGV-OTCELV , vgl. tempus
est deliberare, coqcc tov S7tiGy.oiifiv tempus est deliberandi. Vgl Xen.
An. I 3, 11: s^iol ovv 8oyi£t ovx ^Q^ slvca rj^itv ^K&evdeiv und tov
y,ci&sv8fLv = tempus est dormire und tempus dormiendi. Unseres Wis-
sens ist die Vergleichung dieses Sprachgebrauchs bisher von den Er-
klärern unbemerkt geblieben. — 2^vyzQL0ig. I, 1: ovx Ellrjvi, genauer
Arr. An, I 9, 7: G(pc(yi^ ov^ EXXrjvi'urj. — 3,2: ov — akXcc %aL mit
Auslassung von ^ovov usw. Eurip. Hecub. llllj (x7tc6Xs6% ova anäXfß',
ccXXcc ^si^övwg. Hippol, 3ö8: Kvnqig ov% ccq' ijv, äXX' sixi fisi^ov aXXo
yiyvfxai %'zov. Ref. hätte gerade diese Beispiele nicht beigebracht,
sondern treffender aus doppelten Gründen z. B. Dem. Älid. 24: ov no-
vrjQÖg, kXXci kccI ndvv jj^^jöro'g. — Druckfehler: 1, 2 evSQy., 5, 2 ßci8i-
^Ofiivovg.
Sondershausen. Dr Hartmann.
Kurze Anzeigen und Miscellen. 469
■o
XXV.
Uehungshuch der griechischen Sprachelemenle. Bearbeitet von J.
(Juossek, Gymnasial -Oberlehrer. Erster Teil: für Quarta.
Paderborn, Verlag von Ferdinand Scliöningh. 1861. 132 S. 8.
Der Verfasser, welcher bereits im Jahre 1839 [Cöln bei Chr. Gehly]
eine ihrer Anlage und Ausführung nach recht zweckmäszige 'praktische
Anleitung zur Erlernung der griechischen Formenlehre für die Schüler
der Quarta' herausgegeben und dieselbe in 2r verbesserter Auflage unter
dem Titel 'praktische Anleitung zur Erlernung der griechischen Sprach-
elemente' (Cöln und Neuss, Verlag der L. Schvvamschen Buchhandlung.
1858) auch auf die Tertia ausgedehnt hat, übergibt hier ein dem Lehr-
gange seines Handbuchs entsprechendes Lese- und Uebungsbuch der
griechischen Formenlehre, zunächst für die Quarta eines Gymnasiums.
Dasselbe ist jedoch so eingerichtet, dasz es auch neben andern gram-
matischen Leitfaden gebraucht werden kann. Das neue Büchlein teilt
mit 'der praktischen Anleitung' desselben Verfassers den Vorzug der
Uebersichtlichkeit und zweckmäszigen Anordnung des für die genannte
Stufe erforderlichen Stoffs. Besonders empfiehlt es sich durch die stete
Rücksichtsnahme auf Einprägung des für die Anfänger so schwierigen
Accents. Zu dem Zwecke werden den Uebungsbeispielen über die De-
clination eine Anzahl nach den Accentregeln geordneter Wörter zum
Memorieren und zur Anwendung vorangestellt. In den deutschen Bei-
"spielen, die unmittelbar auf, die griechischen folgen, wird soviel als
möglich Bezug darauf genommen. Wir können es nur billigen, dasz
bei den Beispielen über die Declination und Comparation der Ad-
jectiva die Sätze sich im Anfang auf die gegebenen Vokabeln beschrän-
ken, weil sonst dem Schüler leicht die Lectüre verleidet wird. Ebenso
trägt die Anordnung der Vokabeln zu der 3n Declination nach den End-
buchstaben des Nom. mit Rücksicht auf Geschlecht und Äccent zur
bessern Uebersicht dieser so schwierigen Partie bei.
Die Verba sind aus pädagogischen Rücksichten , wie in der prakti-
schen Anleitung, nach dem Cliarakterbuchstaben des Stamms in vier
Klassen geteilt und die am häufigsten vorkommenden den Uebungsbei-
spielen zum Memorieren vorgesetzt. Was die Beispiele betrifft, deutsche
wie griechische, so sind dieselben der Form wie dem Inhalt nach pas-
send gewählt und von der Einübung der gesamten Adjectiva an fast
durchweg, nur hier und da mit unwesentlichen Veränderungen, griechi-
schen Schriftstellern entnommen. Zum Schlusz folgen für beide Versio-
nen kleine zusammenhangende Stücke als gemischte Beispiele , welche
für zwei Jahre ausreichenden UebungsstofF bieten.
Dem Uebungsbuch hat der Verfasser nach Vorgang anderer zweck-
mäszig ein griechisch-deutsches und ein deutsch-griechisches Wortregister
beigefügt; in jenem ist das S. 50 vorkommende Wort viprjlög, in die-
sem die S. 51 gebrauchte Redensart 'in Kenntnis setzen' ausgelassen.
Die Ausstattung des Buchs von Seiten der Verlagshandlung ist lobens-
werth ; nur vermiszt man hier und da in der Correctur die nötige
Sorgfalt. Besonders auffallend ist uns S. 33 Z. 6 und 7 von unten
i&cccprjv und i&Qvrpiqv statt sxdcprjv und eTQvcprjv und S. 72 nvt'ovva
statt TtcciovTa. Doch ungeachtet dieser Ausstellung erscheint das Büch-
lein wol geeignet neben anderen zur Erleicliterung des ersten griechi-
schen Sprachunterrichts mit Nutzen gebraucht zu werden,
B. J. F.
470 Kurze Anzeigen und Miscellen.
XXVI.
Miscellen über die Fassung gewisser Regeln in den lateinischen
Schulgrammatiken und Elementarbüchern.
1.
Zum Beweis , wie sich manche Regeln der lateinischen Grammatik,
welche einmal recipiert sind, lange Zeit hindurch gleichsam forterben,
■wenn sie nicht im einzelnen einer kritischen Sichtung unterworfen wer-
den, kann ein specieller Fall aus der Lehre vom Supinum auf u dienen.
So wird noch in der zehnten Ausgabe der lateinischen Grammatik von
Zumpt unter den Adjectiven, welche am häufigsten mit dem zweiten
Supinum verbunden werden, neben honestus, turpis , facilis u. a. auch
memorabilis augeführt, wärend andere nicht selten vorkommende
ausgelassen sind. Fragt man nach der Auctorität für 'memorabilis', so
reduciert sich dieselbe, wie es scheint, auf eine einzige Stelle des
Livius IX 10, 10: 'traditur inde dictu mirabile' et q. s., wo sich in we-
nigen schlechtem Handschriften für ''niirabile ' die Variante 'memora-
bile' findet, welche offenbar auf einem bloszen Schreibfehler beruht und
schon der unerträglichen Tautologie wegen unstatthaft ist.
Auch Meiring hat in der ersten Ausgabe seiner trefflichen latei-
nischen Grammatik (Bonn 1857) den überkommenen Eindringling § 891
noch stehn lassen, dagegen in der jüngst erschienenen 2n Auflage ihn
still entfernt und mit 'mirabilis ' vertauscht, das bei Vergil und Livius^
80 oft mit dem Supinum auf u verbunden wird. Man vgl. Livius I 39,
1: ^eo tempore in regia prodigium visu eventuque m ir abile fuit', wo
M advig in der neusten Ausgabe des Livius mit Recht visu der Lesart
visu ra vorzieht. Ebenso hat , wie ich nachträglich finde , der geehrte
Herausgeber der lln Ausgabe der Zumptschen Grammatik A. W.
Zumpt das illegitime Wort getilgt. Schlieszlich darf nicht unerwähnt
bleiben, dasz wir die eingehendsten Untersuchungen und vollständigsten
Sammlungen über den Gebrauch der Supina dem Herrn Richter in
Königsberg verdanken , welcher in seinen Programmabhandlungen de
supinis linguae II. P. III § 67 und P. IV § 72 not. 195 auch das frag-
liche Adjectiv besprochen hat.
2.
Ueber die Construction von coeptus sum gibt Zumpt § 221 die
Regel, dasz das Perfectum passivum zwar besonders bei Infinitivis pas-
sivis gebraucht werde, dasz jedoch auch die activen Formen coepi,
coeperam stattfinden können. In gleicherweise äuszert sich Madvig
in seiner lateiniscben Sprachlehre für Schüler (Braunschweig 1844) § 161,
ohne irgend einen Unterschied im Gebrauch beider Formen anzugeben.
In Bezug hierauf scheint Meiring in der zweiten Auflage der lateini-
schen Grammatik § 776 das richtige gefunden zu haben, indem er die
Regel aufstellt, dasz das Activum coepi von guten Prosaikern nur dann
mit einem passiven Infinitiv verbunden werde, wenn dieser intransi-
tive oder mediale Bedeutung habe, z. B. Sali. lug. 92 pr. Marius —
maior atque clarior haberi coepit , d. h. Marius tieng an, als gröszer
usw. zu gelten; vgl. c. 41 extr. : moveri civitas et dissensio civilis
... oriri coepit, der Staat fieng an sich zu bewegen (in Bewegung
zu gerathen)! Hierhin dürfte auch eine Stelle bei Livius II 29, 6 ge-
hören: tandem, cum irae resedissent — ordine consuli coepit; nur
musz man das Punctum, welches in allen Ausgaben, auch in der neusten
Madvigschen steht, in ein Kolon verwandeln, so dasz sich dieser Satz
an die vorhergehenden Worte : senatus tumultuose vocatus tumultuosius
consulitur — anreiht und das Subject 'senatus' mit demselben teilt:
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 471
"■eadlidi (nachdem der Sturm sich gelegt) fieng der Senat an sich ia
Ordiiiing befragen zti lassen, seine Stimme abzugeben.' — Das
lieispiol aus Cic. Tusc. I 13: qui nondum ea, quae multis pust annis
tractari coepissent, physica didicissent, welches M ei ring in der ersten
Ausgabe hierher gezogen hatte, ist jetzt mit Recht weggelassen, da der
treffliche Cod. Regius tractare bietet, welches vor dem Passivum ent-
schieden den Vorzug verdient. Ich kann daher nur der Schluszbemer-
kung Mei rings (§ 770) beistimmen, dasz nur Dichter und spätere
Schriftsteller coepi auch mit einem eigentlichen Passivum verbinden.
J, Freudenberg.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
KÖNIGREICH Preuszen.] Das Centralblatt für das gesamte Unter-
richtswesen in Pr. enthält im Jahrg. 1861 Nr 183 S. 480 ff. eine tabel-
larische Uebersicht über die Frequenz der höhern Lehranstalten im Som-
mersemester 1860. Wir teilen daraus folgende Angaben mit. Die Zahl
sämtlicher G yninasi en belief sich auf 136 und zwar waren in der Pr.
Preuszen 17 (neu hinzugekommen ist das zu Marienburg), Brandenburg
20, Pommern 13, Schlesien 21, Posen 7, Sachsen 21, VVestphalen 15,
Rheinprovinz und Hohenzollersche Lande 22. An ihnen und den mit
ihnen verbundenen Vorschulen arbeiteten 2003 Lehrer, und zwar Dire-
ctoren. Ober- und ordentliche Lehrer 1307 (156 in Preuszen, 216 in
Brandenburg, 117 in l'ommern, 204 in Schlesien, 194 in Sachsen, 137
in Westphalen , 205 in der Rheinprovinz mit den Hohenzollernschen
Landen), wissenschaftliche Hülfslebrer 217, technische Lehrer 247, Orts-
geistliche für den Religionsunterricht 96, Probecandidaten 63. Die am
Schlusz des Wintersemesters 1859/60 36183 betragende Frequenz (33923
in den Gymnasien und 2260 in den Vorschulen) hatte sich im Sommer-
semester 1860 auf 35789 (33694 in den Gymnasien und 2095 in den
Vorschulen), mithin um 394 (229 Gymnasien, 165 Vorschulen) gemindert.
Zwar hatte im Sommersemester 1860 der Zutritt 4719 betragen (4155
Gymnasien, 564 Vorschulen), dagegen aber war der Gesamtabgaug 5113
(4384 Gymnasien, 729 Vorschulen). Um die Verhältnisse in den einzel-
nen Provinzen anschaulich zu machen geben wir folgende Tabelle über
die Frequenz des Somraersemesters 1860 :
Gymnasien.
Vorschulen.
Abgang
aus
Abgang aus d
d. Gymnasien.
Vorschulen.
Preuszen
5176
203
502
60
Brandenburg
6264
976
645
180
Pommern
3242
506
293
105
Schlesien
6872
552
833
130
Posen
2493
240
248
90
Sachsen
5381
142
419
116
Westphalen
3428
107
485
10
Rheinprovinz
und Hoheuzollern 5222 98 959 38.
Rücksichtlich der Confessionen zeigt sich ein bedeutendes Uebergewicht
der evangelischen Schüler, indem deren 27254 waren, wärend nur 11175
Katholiken und 2473 Juden sich vorfanden. Auch hier möge folgende
Tabelle die Verhältnisse nach den Provinzen veranschaulichen:
472 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
Gymnasien
Preuszen
Brandenburg
Pommern
Schlesien
Posen
Sachsen
Westphalen
Kheinprovinz
mit Hohenz.
Evang.
3884
5739
3071
3395
885
5080
1425
1473
Kath.
997
120
16
2727
1206
253
1944
3679
Jud.
295
405
155
750
402
48
59
70
Vorschulen
Evang.
Kath, Jud.
160
20 23
921
19 36
464
5 37
302
108 142
147
44 49
138
3 1
94
12 1
r6
22 —
Eichten wir unser Augenmerk auf die Zahlen der Schüler in den Vor-
schulen, so ergibt sich dasz das Bedürfnis der letztem am dringendsten
in den Provinzen Brandenburg, Pommern, Schlesien und Posen sich
geltend gemacht hat. Man würde zu weit gehn , wollte man ohne wei-
teres schlieszen, dasz es in allen diesen Provinzen an geeigneten Vor-
bildungsanstalten für die Gymnasien noch mangle; in Brandenburg wirkt
z. B. wol die Hauptstadt Berlin ein, in der eine möglichst grosze Zahl
von Unterrichtsanstalten für das jüngste Alter viel wünschenswerther
als in andern sich herausstellt; doch verdient es Beachtung, dasz gerade
in den Provinzen, in welche eine gröszere Menge kleinerer wolhabender
und gewerbthätiger Städte sich ündet , Sachsen, Westphalen und Rhein-
land, die wenigsten Vorschulen errichtet werden musten und diese selbst
einen schwachen Besuch haben. In der letzteren Provinz beweisen dies
die Existenz einer groszen Anzahl Progymnasien. Zu interessanten Be-
merkungen geben auch die Heimatsverhältnisse der Schüler Veranlassung.
Gymnasien.
V
orschulen.
Aus dem
Auswär-
Auslän-
Aus dem
Auswär-
Auslän-
Schulort,
tige.
der.
Schulort.
tige.
der.
Preuszen
2773
2380
23
168
32
3
Brandenburg
4096
2107
61
863
104
9
Pommern
1793
1438
11
449
56
I
Schlesien
3443
3379
50
522
29
1
Posen
1195
1276
22
213
27
—
Sachsen
2551
2707
123
132
9
1
Westphalen
1917
1449
62
105
1
1
Rheinprovinz
mit Hohenz.
3264
1900
58
84
11
3
Sa
21032
16636
410
2536
269
19
Wir werden uns nicht wundern, wenn unter den Zöglingen der Vor-
schvilen die Zahl der aus dem Schulort gebürtigen so sehr überwiegt,
dasz die der auswärtigen fast gar nicht in Betracht kommt, weil Kna-
ben Jüngern Alters nur in Fällen entweder der Not oder auszerordent-
lich günstiger Umstände aus dem Vaterhause entfernt zu werden pflegen.
Dagegen ist es auffällig , dasz nur in zwei Provinzen die auswärtigen
Schüler der Gymnasien zahlreicher sind als die aus dem Ort gebürtigen,
in Posen und Sach.sen. Da in jener nur 7 Gymnasien bestehn, so wird
man leicht erkennen , warum an diesen die Zahl der Bildung suchenden
von auswärts sich häufen musz , wärend für Sachsen mit seinen 21
Gymnasien sich eine gröszere Menge den höhern Ständen angehörender
oder doch für ihre Kinder höhere wissenschaftliche Bildung suchender
Bewohner als Ursache heraiisstellt. Am beträchtlichsten ist das Mis-
verhältnis in Brandenburg und in der Rheinproviuz : ein Beweis dasz
sich in beiden jene Klasse der Bevölkerung vorzugsweise in den gröszern
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slatist. Notizen. 473
Städten concentriert. Wenn endlich die Zahl der Ausländer sehr gering
erscheint (429), so dürfen wir wol daraus entnehmen , dasz in den übri-
gen deutschen Ländern das Gymnasialwesen auf eine Stufe gediehen ist,
welche den Besuch auswärtiger Anstalten nicht notwendig macht. Be-
sonders wichtig musz für uns die Kenntnis davon sein, welchen Berufs-
arten die abgegangnen sich zugewendet. Die Zahl derer, welche mit
dem Zeugnis der Reife zur Universität entlassen wurden (10G7) bildet
allerdings nur über ein Vierteil , rechnen wir aber die Zahl der auf an-
dere Gymnasien und Progymnasien übergegangnen (770 — 30) hinzu und
bemerken, dasz auch von den auf Stadtschulen übergegangnen (123)
mindestens nicht entschieden war, ob sie nicht doch noch ihre Gymna-
sialstudien fortsetzen würden (man wird wol kaum irren, wenn man
nur Versetzung der Aeltern an einen andern Ort als Ursache der Ver-
änderung in der Schulanstalt voraussetzt), so ergibt sich, dasz über 3/8
der Gymnasialschüler als ihren Cursus vollendend anzunehmen sind.
Wenn man sodann die Zahlen der zu anderweiten Bestimmungen abge-
gangenen ins Auge faszt:
Kl. I. Kl. II. Kl. III. Kl. IV. Kl. V. Kl. VI.
159 563 470 398 271 155,
so scheint der Schlusz berechtigt, dasz noch immer viele, auch ohne
studieren zu wollen , in der Gymnasialbildung einen theuren und werth-
vollen Schatz finden. Denn schwerlich kann man wol annehmen, dasz
alle jene, welche aus obern Klassen abgegangen, sich den Branchen
des Staatsdiensts zugewendet, zu welchen ein gewisses Masz der Gym-
nasialbildung als Bedingung der Zulassung gefordert wird. Gering ist
der Uebertritt zu den Kealschulen (227 zu den Realsch. Ir Ordn., 78 zu
denen Ilr Ordn., 11 zu höhern Bürgerschulen, welche zu Abgangsprü-
fungen berechtigt sind), so dasz es scheint, als ob sich doch zeitig die
verschiednen Berufsvvege sondern. Wenn wir endlich nur 62 als durch
den Tod ihren Anstalten entrissen aufgeführt finden , so dürfen wir dies
wol als ein recht günstiges Zeugnis für die Gesundheitszustände der Ge-
neration betrachten. Bei den Vorschulen werden sich die Zahlen der
Abgegangnen: 4 durch den Tod, 475 auf Gymnasien und Progymnasieu,
61 auf Realanstalten, 178 auf Stadtschulen, 11 (nur in Posen!) zu un-
ermittelter Bestimmung, von selbst erklärlich machen.
Wenden wir uns zu den öffentlich anerkannten Progymnasien,
so bestanden deren im ganzen Königreich 24, wovon 2 auf Preuszen,
3 auf Brandenburg, auf Sachsen, Pommern und Posen je 1 , auf West-
phalen 6, auf die Rheinproviuz 10 kommen, so dasz der westliche Teil
gerade doppelt so viel als der östliche , Schlesien gar keins hat. Vor-
schulen zu denselben bestanden nur in Brandenburg und Pommern,
welcher Umstand die über die zu den Gymnasien gehörenden derarti-
gen Anstalten oben ausgesprochne Bemerkung bestätigt. Es arbeiteten
an denselben 180 Lehrer, nemlich Rectoren und ordentliche Lehrer 92,
wissenschaftliche Hülfslehrer 21, technische Lehrer 34, Ortsgeistliche
für den Religionsunterricht 20, an den Vorschulen 13 (Probecaudidaten
waren an keiner solchen Anstalt beschäftigt). Auch bei ihnen hatte
sich die Frequenz im genannten Sommersemester verringert, und zwar
um 70 (64 Progymnasien, 6 Vorschulen). Wärend sie nemlich am Schlusz
des Wintersemesters 1859/60 23 LI (1870 Progymnasien, 435 Vorschulen)
betrug, stieg diese Zahl zwar im Sommersemester 1860 auf 2598, ward
aber durch den Abgang von 397 (288 Progymnasien , 69 Vorschulen)
vermindert, so dasz die Zahl am Schlusz des genannten Sommersemesters
2241 (1812 Progymnasien, 429 Vorschulen) betrug. Nach den Confes-
siouen waren die Schüler geteilt :
474 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
Progymnasien. Vorschulen.
Evang. Kath, Jud.
423 4 8
CO — 3
Evang.
Kath.
Jad
Preuszen 92
239
9
Brandenburg 377
3
18
Pommern 141
2
3
Posen 56
42
32
Sachsen 2U
Westphalen 30
285
13
Kheinprovinz 123
592
14
Summen 848 11(33 89 4ö3 4 11.
Es überwog demnach in den Anstalten dieser Art die Zahl der Katho-
liken bedeutend, wärend die Zahl der Juden als unbedeutend erscheint,
wovon jedesfalls darin der Grund zu suchen, dasz die Kinder dieses
Volks sich zahlreicher in den gröszern Städten aufhalten. Wenn in den
Progymnasien sich 1339 einheimische Schüler gegen 751 auswärtige und
10 Ausländer, in den Vorschulen 4SI einheimische gegen 17 auswärtige
und keinen Ausländer finden, so haben wir darin eine Bestätigung für
unsere bei den Gymnasien gegebne Erklärung. In dem einen Progj'm-
nasium der Provinz Sachsen war gar nur 1 einheimischer Schüler gegen
'21 auswärtige und 1 Ausländer. *) Was den Bestand der einzelnen
Klassen anbetrifi't, so ergibt sich folgendes:
Vorschulen
Kl. II. KI. III. Kl. IV. Kl. V. Kl. VI. Kinr^KTTil
Preuszen
26
50
84
86
94
—
—
Brandenburg
17
63
98
99
121
172
163
Pommern
—
24
34
49
39
33
30
Posen
5
23
25
31
46
—
—
Sachsen
—
—
15
14
—
—
—
Westphalen
41
93
67
54
73
—
Rheiuprovinz
14
75
126
196
318
—
—
Summen 103 328 449 529 6Ö1 205 193.
Es stellt sich demnach auch hier heraus, dasz eine grosze Zahl von
Aeltern die Vorteile begreift, welche die Anfänge des Gymnasialunter-
richts bieten, und deshalb ihre Kinder, wenn sie auch nicht studiereu
wollen , den dieselben gebenden Anstalten gern anvertraut. Wir dürfen
uns auch nicht verwundern , dasz von denen , welche die oberste Klasse
absolvierten , 72 , nur 5 sich Realschulen der ersten Ordnung , 67 aber
sich Gymnasien zuwandten, wärend nur 10 aus derselben Klasse sich
anderweiter Bestimmung widmeten; denn das Alter dieser Klasse setzt
eine entschiedne Wahl des künftigen Berufs schon voraus. Aber auch
von denen, welche den Cursus nicht absolvierten, giengen 25 auf Gym-
nasien, 5 auf Realschulen Ir Ordnung, 1 auf eine Realschule Ilr Ord-
nung , 1 auf eine höhere zur Abgangsprüfung berechtigte höhere Bürger-
schule, 27 zu andern Stadtschulen, 123 zu anderweitiger Bestimmung,
aus den Vorschulen 26 zu Gymnasien und Progymnasien, 43 zn sonsti-
gen Stadtschulen über. Also auch hier ist klar, dasz nur wenige, die
einmal den Weg der Gymuasialbildung betreten, sich auf die Realschu-
len hinüberleiten lieszen. Der Tod hat , Gott sei Dank I eine geringe
Ernte gehabt; nur 4 aus den Progymnasieu verfielen ihm.
Die Realschulen haben bekanntlich im Laufe des Sommerseme-
sters Veränderungen in ihrer Organisation erfahren und wir dürfen diese
Klasse der höhern Lehranstalten als noch in der Entwicklung begriffen
*) Dieses Progymnasium ist jedesfalls die Witzlebeusche Kloster-
schule zu Tonndorf.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen. 475
ansehn. Manches ist ßeitdem zu Ende geführt und sichere Resultate
dürften erst nach einigen Jahren sich ergeben ; gleichwol glauben wir
unsern Lesern die Mitteilung über die Verhältnisse in jenem Halbjahr
nicht vorenthalten zu dürfen, können auch unsere Bemerkungen nur als
vorläufige, sjiätere Bestätigung oder Berichtigung erwartende gelten.
Zu Entlassungsprüfungen berechtigte Realschulen Ir Ordnung
hatte das Königreich 32, und zwar 6 in Preuszen (die zu Tilsit war aus
der Iln in die le Ordnung eingetreten), 6 in Brandenburg, 1 in Pommern,
4 in Schlesien, 4 in Posen (die zu Fraustadt war aus der Iln in die le
Ordnung eingetreten) , 1 in Sachsen , 4 in Westphalen , (j in der Rhein-
provinz. Ilr Ordnung waren 2ö vorhanden, in Preuszen 5 (wegen
Tilsit s. oben), in Brandenburg 6, in Pommern 2, in Schlesien 2, in Po-
sen 1 (an die Stelle der zu Fraustadt trat die aus einer Stadtschule
neu organisierte zu Rawicz), in Sachsen 7, in der Rheinprovinz 3. Von
zu Abgangsprüfungen berechtigten höhern Bürgerschulen waren
nur 3 vorhanden , 1 in Pommern und 2 in der Rheinprovinz. Dagegen
waren noch 8 Realleliranstalten in der Organisation begriffen, und zwar
in Preuszen 1 (die Realklassen am Gymnasium zu Thorn , die jetzt be-
reits das Recht der In Ordnung erlangt haben), in Brandenburg 2 (die
Realklassen an den Gymnasien zu Landsberg a. d. W. und Prenzlau),
in Pommern 1 (die Realklassen am Gymnasium zu Colberg) , in West-
phalen 4 (die mit den Gymnasien zu Bielefeld, Burgsteinfurt und Dort-
mund verbundnen Realklassen hatten nur die Militärberechtigung der
Realschulen Ilr Ordnung, neu hinzugetreten war die Stadtschule zu
Hagen). Kann man auch aus diesen Zahlen ersehn, dasz in Preuszen,
Brandenburg und der Rheinprovinz das Realschulwesen fester und aus-
gedehnter organisiert ist als in den andern Provinzen, so darf man
doch daraus nichts weiter schlieszen, als dasz die groszen und gewerb-
thätigen Städte die geeigneten Stätten zur Hervorrufung solcher Anstal-
ten sind, wie denn in Berlin, der so industriereichen Hauptstadt, selbst
im Verhältnis zu der Bevölkerung die meisten derartigen Schulen sich
finden. Die Zahl der Lehrer war 944, und zwar an den Realschulen
Ir Ordnung 525 (299 Directoren, Ober- und ordentliche Lehrer, 72 wis-
senschaftliche Hülfslehrer, 69 technische Lehrer, 35 Ortsgeistliche für
den Religionsunterricht, 9 Probecandidaten, 41 Lehrer an den Vorschu-
len), an den Realschulen Ilr Ordnung 330 (202 Directoren, Ober- und
ordentliche Lehrer, 42 wissenschaftliche Hülfslehrer, 53 technische Leh-
rer, 17 Ortgeistliche für den Religionsunterricht, 5 Probecandidaten, 20
Lehrer an den Vorschulen), an den zu Abgangsprüfungen berechtigten
höhern Bürgerschulen 24 (17 Rectoren und ordentliche Lehrer, 3 wis-
senschaftliche Hülfslehrer, 2 technische Lehrer, 2 Ortsgeistliche für den
Religionsunterricht, 1 Lehrer für eine Vorschule), endlich an den in dev
Organisation begriffnen Reallehranstalten 56 (34 Rectoren iind ordent^
liehe Lehrer, 6 wissenschaftliche Hülfslehrer, 5 technische Lehrer, 6 Orts-
geistliche für den Religionsunterricht, 5 Probecandidaten). Schon aus;
dieser Uebersicht ergibt sich, dasz mit einer sehr groszen Anzahl von
Realschulen eigne Vorschulen verbunden sind (von deren Ir Ordnung^
findet sich nur in Westphalen, von deren Ilr Ordnung nur in Pommern,.
Schlesien und Posen keine). Wenn wir auch die oben bei den Gymna-
sien berührten Verhältnisse in den groszen Städten hier wiederum in An-
schlag bringen, so scheint doch der Schlusz berechtigt, dasz die Real-
schulen im allgemeinen noch mehr als die Gymnasien das Bedürfnis
besonderer Vorbereitung für ihre Schüler empfinden , oder dasz sie das
Masz der Elementarkenntnisse gröszer , sichrer und fester voraussetzen
müszen, wenn sie ihren Zweck an den Zöglingen erfüllen wollen. Um
von der Frequenz Anschauungen zu gewinnen diene folgende Tabelle,
bei der wir bemerken dasz in der ersten Columne die mit dem Beginn
476 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen.
des neuen Semersters eingetretnen Veränderungen in Eechnung gezogen
sind;
Schlusz des
Wintersem.
1859/60.
Frequenz in
Sommersem
1860.
Abgang.
Bestand am
Schlusz des
Sommersem
Mehr
Realschulen Ir Ordii.
9497
11058
1413
9645
148
Deren Vorschulen
1659
2183
454
1729
70
Realschulen Ilr Ordn.
5189
6166
838
5328
139
Deren Vorschulen
716
954
165
789
73
Höhere Bürgerschulen
216
271
39
232
16
Deren Vorschulen
—
19
—
19
19
In der Organisation
begriffne
497
619
52
567
70
Ergibt sich demnach ein Gesamtmehr von 535, so kann dies als kein
Beweis groszen Zudrangs angesehn werden, da sich das Bedürfnis schon
vorher hersusgestellt und zur Erweiterung mehrerer Anstalten geführt
hatte. Sehen wir auf die Provinzen, so war die Frequenz 1860 am
Schlusz des Sommersemesters folgendermaszen verteilt:
M
.a
Höhere
.d
inUrga-
Realschulen
og
Realschulen
Bürger-
05
nisation
Ir Ordnung.
o
>
Ilr Ordn.
O
>
schulen.
o
>
begriffne.
Preuszen 2120
364
775
66
—
—
66
Brandenburg 1982
483
1751
475
—
—
147
Pommern 538
200
203
—
54
—
55
Schlesien 1567
284
285
—
—
—
—
Posen 1010
195
134
—
—
—
—
Sachsen 371
186
1777
234
—
—
—
Westphalen 619
—
—
—
—
—
299
Rheinprovinz 1438
17
403
14
178
19
—
Nach der Confession zerfielen die Schüler:
Evangel. Kathol. Juden.
Realschulen Ir Ordnung 8597 1369 1092
Deren Vorschulen 1864 131 188
Realschulen Ilr Ordnung 5347 411 408
Deren Vorschulen 875 16 63
Höhere Bürgerschulen 247 14 10
Deren Vorschulen 17 2 —
In der Organisation be-
griffne Reallehranstalten 534 28 57_
~~Sa 17481 197] 1818.
Halten wir diese Zahlen mit den oben von den Gymnasien gegebnen
zusammen, so ist höchst auffällig, wie ungemein die Zahl der Evange-
lischen überwiegt und wie wenig die der Katholiken über die der Juden
geht. Ist man berechtigt diese Erscheinitng auf die Abneigung der ka-
tholischen Kirche gegen die Naturwissenschaften zurückzuführen oder
mangelt es noch an Mitteln in den von Katholiken überwiegend bevöl-
kerten Provinzen? AVir lassen uns hierauf nicht weiter ein und begnü-
gen uns die Thatsache zu constatieren. Was die Heimatsorte der
Schüler betrifft , so ergibt sich ein viel gröszeres Uebergewicht der aus
den Schulorten Gebürtigen als bei den Gymnasien. Es kamen nemlich
in den Realschulen Ir Ordnung 8256 derselben auf 2640 von auswärts
und 153 Ausländer, und in deren Vorschulen 2057 einheimische auf 116
[1. m.
Kl. IV.
Kl.V.
Kl. VI
2217
22Ü5
2290
2324
1210
1806
1401
1221
65
78
47
44
175
227
47
43.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statisl. Notizen. 477
auswärtige und 10 Ausländer. Etwas günstiger stellt sich das Verhält-
nis bei den liealschulen Ilr Ordnung; denn die Zahlen sind hier 4001
— 2041 — 124; bei den Vorschulen dagegen wieder 893 — 57 — 4.
Bei den höhern Bürgerschulen finden sich 195 einheimische, 04 auswär-
tige und 12 Ausländer, bei den in der Organisation begriffnen Reallehr-
anstalten 396 einheimische, 210 auswärtige, 13 Ausländer. Darauf grün-
det sich der wolberechtigte Schlusz, dasz die Realschulen doch haupt-
sächlich nur den Bedürfnissen groszer Handels- und gewerbthätiger
Städte entsprechen. Stellen wir die Zahlen für die Schüler der einzel-
nen Klassen zusammen, so erhalten wir :
Kl. I. Kl. II.
Realschulen Ir Ordnung 454 1508
Realschulen Ilr Ordnung 247 781
Höhere Bürgerscliulen — 37
In der Organ, begriffne 34 103
Wir müszen hierbei bemerken dasz die eine höhere Bürgerschule in
Pommern nur die Klassen II, III und IV, die in der Organisation be-
griffnen als mit Gymnasien vereinigte Realklassen nur I — IV (mit einer
einzigen Ausnahme), die eine in Pommern nur II — IV hat. Es wird
dadurch die auch anderwärts gemachte Erfahrung bestätigt, dasz nur
wenige den vollen Cursus der Realschulen beendigen. Die Ursache da-
von ist längst erkannt: diejenigen, welche zu technischen Berufsarten,
die noch eine besondere Lehrzeit erfordern, sich bestimmen, sind ent-
weder nicht im Stande oder nicht geneigt , in schon vorgeschrittnem
Alter die letztere anzutreten und längere Zeit hindurch auf den Selbst-
erwerb zu verzichten. Da sich keine Schulanstalt den auszer ihr
vorhandnen factischen Verhältnissen Rechnung zu tragen sich entzie-
hen kann , so haben wol die Realschulen in ihrer Organisation darauf
Rücksicht zu nehmen, und Ref. wünschte dringend einmal sorgfältig
zusammengestellt zu sehen , wie weit dies in den einzelnen Ländern ge-
schehen ist , so wie die daran anknüpfende wissenschaftliche Discussion
anzuregen, welcher Weg der zur Lösung dieser Frage geeignetste sei.
Interessant ist es denn auch hier zu sehen, wohin die abgegangnen von
den Schülern sich gewendet. Von den Realschulen Ir Ordnung sind 20
gestorben. Wenn hier nur 57 von 1393 die Reifeprüfung bestanden , so
müszen wir wol annehmen, dasz sich dies Verhältnis, wenn die neue
Organisation vollständig dem Leben eingebildet sein wird, beszern werde.
Die 57, welche auf zu Abgangsprüfungen berechtigte andere Realanstal-
ten übergiengen, müszen wir als auf die Vollendung ihres Cursus be-
dacht betrachten; dagegen ist die Zahl der auf Gymnasien und Pro-
gymnasien übergetretnen 65 doch ziemlich beträchtlich. Noch günstiger
stellt sich das Verhältnis für die Gymnasien bei den Realschulen Hr
Ordnung, indem auf 31, welche das Reifezeugnis erwarben, 237 kom-
men , did sich Gymnasien und Progymnasien zuwandten. Die überaus
grosze Zahl solcher, welche als zu anderweiten Bestimmungen abge-
gangen aufgeführt worden, bestätigt das oben ausgesprochne ; auffallend
ist es aber immerhin, dasz aus den I. Kl. der Realschulen Ir Ordnung
92, aus der I. Kl. der Ilr Ordnung 60 diesen Schritt dem Bestehn der
Reifeprüfung vorzogen. Daran lieszen sich wol manche ernste Betrach-
tungen anknüpfen , indes sehen wir hier davon ab und sprechen lieber
den aufrichtigsten Dank für die Veröffentlichung der statistischen Ta-
bellen dem hohen preuszischen Uuterrichtsministeriura aus. R. D.
Nassau 1861.
Ueber die Gymnasien des Herzogtums Nassau berichten wir nach
den zu Ostern 1861 erschienenen Programmen wie folgt:
478 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
1. Hadämar.] Der Bestand des LelirercoUegiums, in welchem wärend
des verflossenen Schuljahrs keine Veränderung eintrat, ist folgender:
Director Oberschulrath Dr Schwarte, Professor Lade, Professor
Meister, auszerordentlicher Professor Barbieux, die Conrectoren Dr
Eickemeier, Colombel, Dr Deutsch mann, die Collaboratoren
Dr Krebs, Hetzel, Zeichenlehrer Diefenbach, Elementarlehrer
Decku. Der Convictregens Walter war auch in dem verflossenen
Schuljahr als Lehrer an dem Gymnasium thätig. Der katholische Re-
ligionsunterriclit wurde von dem Beneficiaten Schmelzeis, der evan-
gelische von dem Pfarrer Schellenberg erteilt. Schülerzahl 166
(I 24, II 24, III 26, IV 24, V 20, VI 28, VII 20). Abiturienten 10.
Den Schulnachrichten geht voraus : Einleitung zur Geschichte der vier
Grafen von Nassau auf dem Erzstuhl zu Mainz. Von dem Courector
Colombel (24 S. 4). Der Verfasser beabsichtigt das Wirken der vier
Grafen von Is^assau, die auf dem Erzstuhl von Mainz eine bedeu-
tungsvolle Stellung im Reiche einnahmen, urkundlich darzustellen. Zu-
nächst soll als Grundlage vorliegende Einleitung dienen, worin er die
politische Gestaltung Deutschlands in der Mitte des vierzehnten Jahr-
hunderts, die Stellung der Mainzer Erzbischöfe zum Reiche und zu der
Stadt Mainz , endlich die Lage des Nassauischen Grafenhauses , insbe-
sondere die Thätigkeit des Vaters des genannten Erzbischofs in aller
Kürze darzustellen versucht hat. I) Die politische Lage Deutschlands
in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. II) Stellung und Einflusz
der Erzbischöfe von Mainz im vierzehnten Jahrhundert. III) Die Graten
von Nassau im Anfang des vierzehnten Jahrhunderts, ihr Verhältnis zu
den benachbarten Landesherren und zu dem damaligen groszen Kampf
im Reiche.
2. Weilbürg.] Im Laufe des Sommersemesters wurde der evan-
gelische Religionslehrer Stadtpfarrer Dörr unter Ernennung zum Decan
als erster Pfarrer nach Usingen versetzt und der Religionsunterricht
seinem Nachfolger im Pfarramte Pfarrer Olily übertragen. Den katho-
lischen Religionsunterricht erteilte Pfarrer Noil. LehrercoUegium : Di-
rector Dr Schmitt, Professor Krebs, Professor Sehende, Professor
Francke, Professor Schul z , Professor Stoll, Conrector Becker,
Conrector Wagner, Collaborator Brandscheid, Hülfslehrer Sauer,
Zeichenlehrer Durst, Tanz- und Turnlehrer Liebich, Reitlehrer Stroh.
Schülerzahl 134 (I 11, II 19, III 18, IV 22, V 24, VI 16, VII 24).
Abiturienten 4. Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung
vom Professor Stoll: animadversiones in hyinnos Homericos (22 ^S. 4).
I) Hymnus in Mercurium. V. 34 — 38.^ V. 35: Interpol. 37: aXv.ciQ
(vel «ilMTj) pro dlxiiri. V. 41 sq.: iv&' kqu nrjxvvag yXvrpcivca
TioUoto ciSr'iQov v.xi. i. e, testudinis cubito inclinatae medullam
spinalem exterebravit. V. 52: cpQSVcov pro cpsqcov. (In Universum sie
statuendum est, Homerum ante mutam c. liq. syllabam vulgo produ-
cere, neque tamen raro, necessitate coactum, ab hac lege discessisse et,
quoniam in hexametro epico correptiones ante mutam c. liq. prorsus
vitari non poterant, nonnullis quidem locis , quamquam versu aliter
formando vitare potuit, iam assuetum quasi legem violare, eas admi-
sisse. Longe plurimae eiusmodi correptiones sunt in pedibus tertio
et quinto.) V. 79: 0(xv8ala v.dl' oz' SQiipsv kzI. V. 86: ota t'
£7teiy6(i£vog Solirjq oSov svxQon l7]giv. V. 110: Td%a d' Hovro
&8Qii6g avt^irj. V. 155 — 161 (cf. 256 sqq et 374): rj fff IctßdvzK
&i-6v QiipFiv ig TaQzuQOv svqvv \ stg^töfpov alvö^iOQOv nal dif^xccvov^
i'vd-cc a' otco I riBQOivza [iszats v-uz' ayuccc iprjXrjZBvastv. V. 259: dlX
V7i6 ycii'f} I SQQYiGBig, ^ocp8QO lOLV £v hyü £ G i V -^TtSQonsvwv. V. 169:
artftot pro dnaGzoL. V. 239: KVKKza pro iavzov. V. 346: avzog
d' ovzog onTjäug aut oSrjydg. V. 398: ig Uvlov i^fiad'ösvza Kai
Berichte über golehrfe Anslalfen, Verordnungen, slatist. Notizen. 479
'jXcpsi'ov tiÖqov I^ov. V. 418: Xc<ßcov ö' iQCit s iv ov a&rQiiK. V. 436:
TtoXv^iViS öaizog stcciqb. V. 400 sqq.: vccl (icc zdds KQavs'ivov dy^öv-
Ttov , 7j fi-fv Byco CS I ■hvSqov 8v d&civc(ToiGi Tial olßiov rjfiaTa itccvra \
&t'ja(o I öcöcco x' aylaa Swqu xat ig xiloq ovy. dTzazrjaio. II) Hym-
nus in Cerereni. Operae pretium esse duximus perquirere , qualis iis
partibiis, quae recentiore tempore irruerunt. semotis pristina carminis
forma fuerit. Primo hymni auctori ex vv. 1 — 63 ceteris remotis hos
tribuimus versus: 1 — 20. 38 — 46 et 62 et 63 hae forma: "Hsliov d'
dcp iyic(vc-, &scov cv.onbv riSs Kai dvögcov, | arij d' ircncov TiQOTtdgoi'd'S
Kai si'gSTO Sia &sdwv. V. 108 sqq.: Hermann! coniecturam in Univer-
sum secuti locum a primo carminis auctore sie fere scriptum fuisse
opinamur: rg^ic, wTft' ts &fai, novgrjiov dv&os i-'xovaai , | Zlcuadgr} y.al
IJcili(.i£g6Tcri v.c(L dtoyivsta' \ ovd syvojv x'^Xsnol dl- &8ol ^vrizoiaiv
bgdo&ai. \ dyxov ö' lazajiivrj fTrfoc nzsgösvza 7iQoar]vda | Ila^fisgöurj^
XsXsoio &vyuzgcav slSog dgCazri. V. 188 — 211: versibus spuriis eiectis,
qui restant versus optime inter se videntur cohaerere: c7xpci 81 dc6i.t,CA&'
t'-novzo ^LOZQBcpiog KfliOLO , \ ßdv Sl 8l' ai&ovarjg , i^v&a acpt'Gi Tiözvia
f-irjzrjg | ryöro Ttagd cza&^öv rgyfog Ttv-aa Ttoirjzoio , \ naiS' vTtb v.61tioi
fXOvaci^ Viov %älog, cd dh nag' avzrjv | eögaaov • i] d' dg' sn' ovöov
fßr] Ttoal ÖLa &idcov. \ zfjcL 8e ^vQ'cov TJgxsv ivttovog Mszdviiga. V. 259
— 260: Ttolinov v.al (p. alviiv iv dlXrjXotai ovvdS,ovGL, non de bello
civili Eleusiniorum, sed de ludo quodam sacro, qui pugnantium specicm
praebebat, ab Eleusiniis quotannis solemni aliquo die in Demophontis
honorem edito dictum esse censemus. Totum igitur locum sie reddi-
mus: certis volventium annorum temporibus in huins hono-
rem fiUi Eleusiniorum per omne futurum tempus bellum
etdirampugnam inter se concit abunt. Hos tres versus illo
poeta minus dignos non dubitamus quin idem interpolator, quem aliis
iam loeis maioris doctrinae studiosum deprehendimus, eo consilio inter-
posuerit, ut demonstraret , qua ratione ludus ille , quo Eleusinii Demo-
phontem celebrabant , ortus esset. V. 365 — 369: interpol. (Preller),
V. 414 sqq.: ex omnibus versibus, qui inter v. 413 et 441 positi erant,
unum tantum versum 433 retineri posse censemus, ita ut inde a v. 403
versus sie se excepisse videantur: 403. 405 — 413 [433 ?J. 441. V. 417 sqq.:
auctor catalogi Oceaninarnm Homerici Hesiodi catalogum ante oculos
habuit, sed nomina commutando et transponendo operam dedit, ne,
quantopere ab exemplo suo penderet, animadverteretur. — Exitus hymni
inde a v. 470 adeo interpolatus est, ut haec pauca tantum genuina esse
videantur; v. 470—473 et 484—489. Priores versus 470—473 cum 484
— 489 sie fere coniuncti erant: i'ßgia'- rj 81 ^sd, KalXiazitpavog drj^irj-
rrjg, \ ainri "/coiit &vydzrig , TifgiKaXXrjg UFga^q^övsta, | ßäv g' i'fisv Ov-
Xv^TTOvSf &SCOV (ii&' opiTjyvgiv dXXwv. ''Eiectis vel mutatis, quas iudi-
cavimus , partibus , restituitur carmen, quäle ab initio conditum fuisse
putamus , in quo non solum omnes partes sie inter se coniunctae sunt,
ut optime sese excipiant et nihil inutile sit et supervacaneum , sed
etiam orationis color et de rebus sacris sententiae antiquiorem produnt
epicae poeseos aetatem.'
3. Wiesbaden.] a) Gelehrten-Gymnasium. Auch das ver-
flossene Schuljahr verlief nicht ohne Veränderungen im Lehrerpersonal.
Mit dem Anfang desselben ist der Candidat der Philologie Weldert
dem Gymnasium zugeteilt worden und in die siebente Klasse als Ordi-
narius eingetreten. Wenige Wochen nachher wurde Professor Spiesz
an das hiesige Realgymnasium versetzt; gleichzeitig wurde Conrector
Otto, der bis dahin an dem Eealgymnasium mit 9 wöchentlichen Lehrstun-
den beschäftigt war, von diesen entbunden, in Folge dessen derselbe die
meisten früliern Lehrstiindcn des Professor Spiesz übernehmen konnte.
Dem katholischen Religionslehrer Kaplau Lorsbach wurde wegen
480 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
Kränklichkeit der Kaplan Schmidt als einstweilige Aushülfe beige-
geben. Das Lehrercollegium besteht dempach gegenwärtig aus folgen-
den Mitgliedern: Director Oberschulrath Lex, Professor Dr Cuntz,
Professor Kirschbaum, Professor Müller, Professor Dr Lud ecking,
Conrector Bernhardt, Conrector Seyberth, Conrector Bogler, Con-
rector Otto, Collaborator Schmitthenner, Candidat Weldert,
Elementarlehrer Reich ard, Zeichen- und Turnlehrer de Laspe'e,
Reitlehrer von Willmaar. Auszerdem erteilten der Professor Dr
Greisz von dem hiesigen Realgj'muasium den englischen Unterricht,
der Kirchenrath Dietz den evangelischen, die Kaplane Lorsbach
und Schmidt den katholischen Religionsunterricht. Schülerzahl 219
(I 21, II 34, III 18, IV 40, V 34, VI 36, VII 36). Abiturient 1
(Ostern 18G0 11). Den Schulnachrichten geht voraus: zur Geschichte
der Negation in der französischen Sprache , von dem Professor Dr L ü -
decking (14 S. 4). Der Verfasser, welcher nichts erschöpfendes, am
wenigsten aber eine vollständige Darstellung des heutigen Sprachge-
brauchs geben will, hat versucht die Entstehung und Entwicklung des
durch seine Eigentümlichkeit interessanten Negationsverfahrens der
französischen Sprache in einer Form darzustellen, welche auch ''gebil-
dete Leser' veranlassen könnte, über den Titel der Abhandlung hinaus-
zulesen. I) Die Negation ne und ihre Füllwörter (pas, point, mie,
goutte, maille, mot, guere u. a.). Auch die mittelhochdeutsche Sprache
verstärkt die Verneinung durch ähnliche Füllwörter: niht ein blat; niht
ein hast; niht ein ber; niht ein stro; niht eine bone (noch jetzt: nicht
die Bohne); niht ein wicke ; niht ein nuz; niht ein ei; niht ein brüt;
niht ein har u. a. Aus der heutigen Sprache: nicht ein Biszchen; kei-
nen Püfterling; keinen Finger breit; keinen Heller u. a. Niedersäch-
sisch: kein spir. Der Gedanke, die Negation durch derartige Wörter
zu verstärken, liegt sehr nahe und ist deshalb in vielen Sprachen, in
alten wie in neuen , in den alten freilich in beschränkter Weise , zur
Anwendung gekommen. Von römischen Schriftstellern ist es vorzüg-
lich Plautus, welcher so verfährt. Die hier gebrauchten Wörter, deren
einige nur mit der Negation stehn können, sind flocci, nauci, pili,
assis, pensi, nihil (ne hilum) u. a. Im Griechischen wird ovSs yQV
und ovdh xhv dQ%i^v gebraucht, um unser 'nicht die Spur' auszudrücken.
Aehnliche und teilweise dieselben Wörter dienen in der italienischen und
spanischen Sprache zur Verstärkung der Negation ; es sind dieses Wör-
ter wie: Quirl, Wicke, Schilf, Hirsenkorn, Strohhalm, Kresse, Kümmel,
Feige u. a. Dem letzteren Worte begegnen wir auch im Englischen:
a fig for you! So abstract jedoch, wie die französischen Füllwörter,
namentlich pas und point , geworden sind , erscheinen die genannten
Wörter anderer Sprachen nicht, wenn wir von nihil und dem italieni-
schen mica absehn. Der Verfasser wendet sich dann zu der genauem
Betrachtung der angegebenen französischen Füllwörter. Im zweiten
Teil der Abhandlung wird eine Anzahl allgemeiner adjectivischer , sub-
stantivischer und adverbialer Ausdrücke betrachtet, aus deren Unbe-
stimmtheit sich ihr verschiedenartiger und scheinbar widersprechender
Gebrauch erklärt (aucun , nul, personne, rien , jamais u. a. ). III) Die
Häufung der Verneinungen. Es findet sich in der alten Sprache eine
dreifache, eine vierfache Verneinung, wenn man von dem Grundbegriffe
der Wörter ausgeht: nul ne se doibt (doit) point louer ou blasmer
(bliimer). Auch die heutige Sprache darf mehr als zwei Verneinungen
gebrauchen, jedoch nicht willkürlich, sondern nur, wenn, wie im nach-
stehenden Beispiel , die dazu geeigneten verneinenden und dubitativen
Wörter zusammentreffen: je n'ai jamais rien refuse' ;i personne. —
b) Real-Gymnasium. Nach dem Tode des Collaborators Dr Mon-
ges wurde Professor Spiesz vom Gymnasium dahier an das Real-
Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, sfatist. Notizen. 481
«rymnasium versetzt und gfleiclizeitig Conrector Otto, welcher den ge-
samten lateinischen Unterricht erteilt hatte , dem Gymnasium , welchem
er eigentlich angehörte, vollständig zurückgegeben. Zur Deckung eines
Teils der Stunden des auf längere Zeit durch Krankheit verhinderten
Directors wurde Collaborator U nverz agt von der höhern Bürgerschule
zu Anfang des Wintersemesters dem Kealgymnasium zugewiesen ; zu
gleicher Zeit wurde dem Professor Ebenau bis zur Wiedergenesung
des Directors die interimistische Leitung der Anstalt übertragen. Die
übrigen Lehrerverhältnisse sind dieselben geblieben, wie im vorigen
Schuljahr. Den Religionsuntei'richt erteilten wie bisher für die evan-
gelischen Schüler Kirchenrath Dietz, für die katholischen Kaplan
L o r s b a c h. Professor Dr Lüdecking vom Gelehrtengymnasium
erteilte französischen und englischen Unterricht. Den Unterricht im
Zeichnen erteilte de Laspe'e, den im Gesang Eeichard. Lehrer-
collegium: Director Oberschulrath Dr Müller, Professor Ebenau,
Professor Dr Greisz, Professor S piesz, Conrector Dr Gas seimann,
Conrector Dr Sandberger, Collaborator Dr Hildenbra nd. Scbüler-
zahl 99 (I 44, II 23, III 32). Abiturienten zu Ostern 1860 4, zu
Michaelis 5. Den Schulnachrichten geht voraus: Zuj- Geschichte des
Magnetismus von Professor Dr Greisz (18 S. 4).
CoBDEG 1860.] Die Gründung einer Sexta machte eine Verstärkung
des LehrercoUegiums notwendig; diese erfolgte dadurch, dasz Dr Study,
der zwei Jahre lang am Gymnasium in Gotha fungiert hatte, einen Kuf
als Ordinarius der Sexta annahm. Mit Beginn des neuen Schuljahrs
übernahm Ober-Consistorialrath Dr Meyer den Religionsunterricht in
den beiden oberen Klassen, den nach Dr Genszier s Tod ein Jahr
lang stellvertretend Diaconus Ros e erteilt hatte. Sehreiblehrer H al ter
trat an die Stelle des bisherigen Schreiblehrers Klappenbach, der
durch Krankheit gehindert war seine Thätigkeit am Gymnasium fort-
zusetzen. LehrercoUegium: Director Oberschulrath Fo rb erg, Professor
Tr o mpheller, Professor Schneider, Professor Ahrens, Professor
Dr Voigtmann, Professor Dr Kern, die Gymnasiallehrer Muther,
Dressel, Dr Study, Zeichenlehrer Zizmann, Gesanglehrer Böhm.
Schülerzahl 88 (I 3, II 16, III 24, IV 8, V 24, VI 13). 1 Abiturient.
Den Schulnachrichten geht voraus : Zur Erklärung des Thukydides. t'ier-
tes Htfl. Von dem Director Oberschulrath Forberg (6 S. 4). Der
Verfasser erklärt den Anfang von I 11: cutlov ö' ijv ovx V oXiyav&Qca-
■nici TOToürov v.xl. Derselbe nimmt an, dasz Thukydides durch eine
Härte des Ausdrucks das Verständnis erschwert habe. Der eingeschobene
Satz 8i,Xov — ixiixiocivro soll nicht den Begriff von tyiQäzrjaav, sondern
von u-üzv begründen. Der Schriftsteller habe das sagen wollen, was er
mit den Worten ircsiSiq Sa ciq)r/,6^Bvot. ficix^'^ inoijjjavzo rj i-ngdtow
deutlicher hätte ausdrücken können. Der Sinn nemlicli sei: als sie aber
nach ihrer Ankunft eine Schlacht im offnen Felde geliefert hatten , in
der sie siegten — und dasz ihnen der Feind im offenen Feld die Spitze
bot, läszt sich nicht bezweifeln, denn sonst hätten sie ihr Lager nicht
befestigt — , haben sie offenbar auch da nicht ihre ganze Macht ge-
braucht usw. Nunmehr rücke erst das ovS' ivrav&a in sein volles
Licht. Die Griechen, sage Thukydides, denen der Feind im offenen
Kampf mutig entgegentrat ohne sich zaghaft hinter die Mauern der
Stadt zu bergen, hätten alle Ursache gehabt ihre Streitkräfte zusammen-
zuhalten, die Schwierigkeit aber den Lebensunterhalt zu schaffen habe
sie gezwungen Abteilungen ihres Heeres zum Feldbau nach dem Cher-
sones und zu Raubzügen zu entsenden. So bewegten sich die Ge-
danken in der strengsten logischen Folge. Der Rest des Kapitels stehe
mit der gegebnen Erklärung in befriedigender Uebereinstimmung. Die
N. J«lirb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. ISfil. Hft 10. 31
482 Bericilto über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stalisl. Notizen,,
Einladnngsscluift zur Stiftnng^sfeier des Gymnasiums am 3. Juli enthält :
Praktische Bemerkungen über den griechisclien Elementarunterricht, von Pro-
fessor Schneider (28 S. 4). Das hier mitgeteilte Programm soll als
Vorwort einer in Kurzem von demselben Verfasser erscheinenden Schrift
'praktische Formenlehre der griechischen Sprache für den Elementarunter-
richt'' betrachtet werden. Referent ist mit den über die Methode des
griechischen Elementarunterrichts hier ausgesprochnen Grundsätzen
vollständig einverstanden und sieht dem Erscheinen dieses Schulbuchs
mit Interesse entgegen. — Das Programm der Realschule zu Coburg
enthält eine Abhandlung des Directors Dr Eberhard: die Gesundheils-
pflege in der Schule (23 S. 4).
Hildburghausen 1861.] Der Hofmaler Keszler erhielt die wegen
seines hohen Alters und seiner Kränklichkeit nachgesuchte Entbindung
von seinen Functionen als Zeichenlehrer mit Belassiing seines bisherigen
Gehalts als Pension; an seine Stelle ist der Maler Baumann getreten.
In das Lehrercollegium trat auszerdem wieder ein Gymnasiallehrer Dr
Siebeiis, der vor mehreren Jahren wegen andauernder Krankheit zur
Disposition gestellt worden war; demselben wurde das PrUdicat 'Pro-
fessor' erteilt. Das Lehrercollegium bilden: Director DrDoberenz,
Schulrath Dr Reinhardt, Professor Dr Ejichn er, Professor Dr Em m -
rieh, Professor Dr Siebeiis, Ritt weger. Heim, Keszler, Müller
(Lehrer des Französischen), Elementar-, Sing- und Turnlehrer Boden-
stein, Zeichenlehrer Bau mann. Scbülerzahl 104 (I 11, II 20, III 5,
IV 29, V 25, VI 14). Abiturienten 3. Den Schulnachrichten geht
voraus: de verhis eundi Ilom.ericis seripsit H. Keszler (20 S. 4). 'Hnec
verba dividenda sunt in tres classes, quarura in prima habenda sunt
simplicia verba eundi, in quibus solius motionis significatio inest, ut
ßai'vsiv, tivdi, "Aisiv ktX.; in altera ea verba, quibus certa eundi ratio
significatur, sive iteratio , sive ordo quidam, sive tarditas, sive pro-
peratio, ut &au,L^fiv, (poizüv xtA. ; in tertia ea, in quibus praeter eundi
vim vel viae vel termini vel consilii quaedam notio inest, ut avrccv,
ccvztäv , KVQSLv xtI.' Der Verfasser behandelt in vorliegender Abhand-
lung einige Verba der ersten Klasse, nemlich : ßai'vfiv , ßuaKfiv, ßtßäg,
ßißäa&oov , iivtti, -nisiv (Kicin)-SLV , y.rj'nifiv) , ■niviiG^dL, %ivva&cci, gxü-
XSiv. — Das Programm von 1860 enthält eine Abhandlung des Gymna-
siallehrers Heim: qua ratione composita Homericae linguae epitheta con-
formata sint (8 S. 4).
Meiningen 1861.] In dem Lehrercollegium hat eine Veränderung
nicht stattgefunden. Am 14. September begieng das Gymnasium das
25jährige Amtsjubiläum dreier seiner Lehrer, des Professors Weller,
des Professors Märcker und des Legationsraths Vallat, welche
sämtlich an diesem Tage vor 25 Jahren, wo das neu organisierte Gym-
nasium wieder eröffnet wurde, eingeführt worden waren. Schülerzahl
124 (I 17, II 14, III 12, IV 29, V 27, VI 25). Abiturienten 5. Den
Schulnaclirichten geht voraus eine Abhandlung des Professor Märcker:
Die Stellung der drei Pastoralbriefe in dem Leben des Apostels Paidus
(23 S. 4). Vorliegende Abhandlung beschäftigt sich nur mit der Ein-
ordnung der Pastoralbricfe in des Apostels Lebensgescliichte, wie er
selbst und Lucas uns dieselbe aufbehalten haben. — Das Programm
von 1860 enthält: symbolae exegeticae et criticae ad Herodotum et Thwij-
didem. Seripsit G. Weller (20_S. 4). Die behandelten Stellen sind:
Herod. VII 36: llsvyvvaav ös aäs kxI. Thukyd. III 12: sü yccQ öv-
varol riiisv — TCQOafivvaad'Cii. III 83: ov yap -rjv — iSvvavro. IV
81: rJ TS yocQ 7caQccvTLv.a — XäcprjGiv. IV 85: kul'toi gtqktik ys —
änoGxuXai. V 72: akXa fiäXiaza drj — TrsQiysvöp^fvoi. V 111: ffxo-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 483
TtsiTS ovv — sCTccc. VI 12: 8L Ss rig uq^biv — fi^ta'j^fiQiGai. VI 21:
avz69iv ÖS — iX9eiv. VI 81): in£i drjuonQatiav — iiQoayici^miivcav.
VII 03: aoxs yioivcovol y,xX.
Hannover 1860.
Ueber die Gymnasien des Königreichs Hannover berichten wir
aus den Ostern 18(j0 erscliienenen Programmen wie folgt:
1. Celle.] Die durch die Vocation des Collaborator Me y e r zu
einer Pfarrcollaboratur erledigte Stelle am Gymnasium ist zu Ostern
durch die Austeilung des Schulamtscandidaten Haage wieder besetzt
worden. Auszerdem hielt der Schulamtscandidat Ueltzen bis Michaelis
den Rest seines Probejahrs ab. Schülerzahl 275. Abiturienten zu Ostern
1859 9, zu Mich. 1. Den Schulnachrichten geht voraus: in conscribenda
avium fabula quod sit secutus consilium Aristoplianes. Scripsit Heidelberg
(20 S. 4). 'Aristophanes non quidem ipsam expeditiouem Siculam , qua-
tenus ad solam Siciliam pertinebat, sed quae cum ea cohaerebant, fu-
tiles Atheniensium exspectationes meraque somnia deridet, omnino levi-
tatera Atheniensium , credulitatem , rerum novarum cupiditatem , qua
possit evenire, ut callidissimi cuiusvis hominis vanis ac fraudulentis
promissis morigerantes, se rapi ac induci patiantur ad suscipienda ea,
quae, quum ipsorum vires longe superent neque isto homine duce ac
gubernatore possint carere, in eins potestatem ac ditionem eos redigant,
ita ut ipsorum tyrannus ac dominus evadat. Nam hoc quidem unicui-
que finem fabulae legenti accuratiusque consideranti cum Suevernio
oportet constare , una cum Basilea tyrannidem Pisthetaero deferri, poe-
tam igitur docere voluisse, unius dominationem necessario iude conse-
qui. Quod nisi poetae consilium fuisset demonstrare, finis fabulae pror-
sus alius esse debebat; sufficiebat sceptrum avibus traditum, nee vero
opus erat nuptiis Basileae splenclida pompa celebratis, quam si haberet
Pisthetaerus, omnia cum habere Prometheus dixerat.'
2. Emden.] Den Lehrer Wieking verlor die Anstalt durch dea
Tod; an seine Stelle trat der Lehrer Maas. Lehrercollegium: Director
Dr Seh wecken die ck, Oberlehrer Dr Prestel, Rector Dr Regel,
Oberlehrer Bleske, Conrector Dr Metger, Subrector Ditzen, Colla-
borator Dr Tepe, Collaborator Dr Wiarda,, Präceptor AVarnka,
Lehrer Maas, Gesanglehrer Menke. Schülerzahl 165 (1 11, II 14,
III 26, IV 37, V41, VI 36). Abiturienten 2. Den Schulnachrichtea
geht voraus eine Abhandlung des Oberlehrers Dr Prestel: der Baro-
meterstand und die barometrische Iflndrose Ostfrieslands (38 S. 4).
3. Göttingen.] Dr Scheele gieng in Ruhestand, in die erledigte
Stelle trat der Collaborator Hentze ein. Schülerzahl 320 (I 22, II 30,
III 41, IV 28, V 53, VI 51, VII 27; Ir. 14, Hr. 19, III r. 35). Abitu-
rienten 7. Den Schulnachrichten geht voraus: Organismus und Methode
des Unterrichts iri der Realschule. Von dem Conrector Dr Hummel
(27 S. 4).
4. Hannover.] Der Kreis des LehrercoUegiums hat im Laufe des
letzten Jahres keine Veränderung erlitten. Dasselbe umfaszt gegenwär-
tig folgende Lehrer: Director Dr Ahrens, Rector Dr Kühner, Con-
rector Lehners, die Oberlehrer Dr Er uns, Dr Wie da seh , Dr Deich-
mann, Dr Guthe, Dr St isser, Dr Fehler, die Collaboratoren Dr
M üller, Mej er, Lehrer S chultze. Nebenlehrer: Gesanglehrer Enck-
hausen, Zeichenlehrer Kretschmer, die Schreib- und Rechenlehrer
Hin r Ichs und Ahrbeck, Turnlehrer Metz. Für das nächste Schul-
jahr ist dem Schulamtscandidaten Sander gestattet, ^ein Probejahr am
Lyceum abzuhalten. Schülerzahl 270 (I 23, 11^ 18, 11^ 18, III a 27,
III b 41, IV 47, V 49, VI 47). Abiturienten 15. Dem Jahresbericht
geht voraus: I. Eine Abhandlung des Collaborators Dr Müller: Sceni-
31*
484 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, sfalist. Notizen.
sehe Fragen zur Alkestis des Emipides (19 S. 8). ISTachdem die Frage
nach dem ästhetischen Werth des IStückus aufs Reine gebracht ist, so
soll in vorliegender Abhandlung die scenische Seite desselben, die eini-
ges besondere darbietet, ins Auge get'aszt werden. § 1. Von der Ver-
teilung der Rollen unter die Schauspieler. Der Verfasser hält es bei
der höchst einfaclien Anlage des Stückes für wahrscheinlich , dasz die
Alkestis von nur zwei Schauspielern aufgeführt worden sei, und nimmt
folgende Verteilung an: Protagonist =: Admet, Thanatos, Sklav. Deu-
teragonist ;^= Alkestis , Apollo, Herakles, Plieres, Magd. Den Knaben,
der den Eamelos spielte, liabe der (Jhorege eben so gut stellen müszen,
wie das Schaf in Aristoplianes Frieden. Der Knabe habe auf der Bühne
gesticuliert , aber hinter der Periakte habe ein Clioreut die Worte ge-
sungen, und zwar einer ans der Zahl derer, die nach Abzug der 15,
welche gerade den Chor bildeten, von den 50 gestellten übrig geblieben
seien. Die Schwierigkeit, dasz Pheres die todte Alkestis anredet, wä-
rend doch beide Rollen dem Deuteragonisten zugeteilt sind, wird durch
die Annahme gehoben, dasz Alkestis hier eben so gut durch eine höl-
zerne Figur dargestellt sei, wie das K. Fr. Hermann von dem Prome-
theus des Aeschylus gezeigt habe. Sodann: wenn Alkestis als stumme
Person in der letzten Scerie zurückkehrt, wärend sie der Deuteragonist
als Herakles an der Hand führt, so müsze erstere von einem Choreuten
dargestellt sein, von denen immer eine gröszere Anzahl als unbeschäf-
tigt zur Disposition gestanden habe. § 2. Von der Partie des Chors.
§ 3. Von der Decoration der Bühueuwand und dem Auftreten und Ab-
gehen der Schausjneler. § 4. Von dem Kostüm der Schauspieler. — II.
J)er griechische Unterricht am Lyceum. Von dem Director Dr Ahrens
(13 S. 8). Nachdem gerade ein Decennium verfloszen ist, seitdem der
griechische Unterricht am Lyceum nach der von dem Verfasser ange-
gebnen Methode und nach seinen Lehrbüchern mit homerischer Formen-
lehre und Leetüre begonnen wird, hält es der Verfasser für angemessen
einen Rückblick zu machen, in wie weit die gestellten Prognostica sich
erfüllt haben oder nicht. Das Resultat ist nach der Darstellung des
Herrn Director Ahrens ein höchst befriedigendes zu nennen; die Her-
ren General - Schuklirector Kohlrausch und Schulrath Schmalfusz
bestätigen die günstigen Erfolge, welche im griechischen Sprachunter-
richt bei dem dortigen Lyceum seit zehn Jahren erzielt worden sind.
5. Hildesheim] Der Subrector Dr Wiesel er ist zum Coni-ector
ernannt, den Collaboratoren Schlüter, Runge und A^'illerding ist
das Prädikat 'Oberlehrer' und dem Collahorator Dr Schumann das
Prädikat 'Oberlehrer der Realklassen' verliehen worden. Der zum Ge-
hülfsprediger zu Stade ernannte Collahorator Rodde und der zum Pa-
stor zu Lüntorf und Rector zu Grolinde ernanute Collahorator Meyer
schieden, ersterer zu .Juhannis, letzterer gegen Michaelis aus ihrer hie-
sigen AVirksamkeit aus. Für die abgegangnen Lehrer Rodde und
Meyer wurden die Candidaten der Theologie Tietz und Dr Hager
als provisorisclie Collaboratoren angestellt. Lehrercollegium : Director
Brandt, Rector Sonne, Conrector Ziel, Conrector Hach meiste r,
Conrector Dr Wie sei er, Oberlehrer Fischer, Oberlehrer Schlüter,
Oberlehrer Runge, Oberl. Dr Schumann, Oberl. Willerding, die
Collaboratoren Aschcnhach, Tietz, Dr Hager, die Gymnasiallehrer
Löbnitz, Wilken, Sc, haper, Zeichenlehrer Lüders, Gesanglehrer
Tietz. Schülerzahl 427 (I 27, TD» 24, II" 24, II r. 22, III g. 28, III r.
38, IVg. 40, IV r. 38, V 53, VI 51, VII 42, VIII 40). Abiturienten II.
Den Jahresbericht geht voraus eine Abhandlung des Conrector Ziel:
in SophocUs fahida Electra quae fuerit cum scenae disposilio , tum argumenti
iraetfitio . explicaiur (17 S. 4).
0. Ir.PELD.] Aus dem Jahre 1858 — 59, in welchem ein Programm
Berichte über gelehrte Anslalteu, Veiurdiiungcn, slatist. Notizen. 485
nielit erschien, ist noch folgendes n.iclizuholen: der Rector Dr Schädel
wurde von Stade an das ivünigüchc rildagoghun versetzt; der (yonrector
Haage wurde zum Kector, der Subconrector Hahmann zum Coiirector
ernannt, dem Scliulamtscandid. Dr Müller wurde mit der Ernennung
zum Collaborator die Stelle des nach Einbeck versetzten Dr Seh eil er
übertragen. Am Anfang des Scliuljahrs 1859 — üü erhielt der Collabo-
rator Schorkopf die Erlaubnis zur Vervollkouininung seiner Kennt-
nisse iu der französischen Sprache nach Frankreich zu reisen und wurde
von der Regierung mit einem Reisestipendium unterstützt, seine Amts-
creschäfte versah in seiner xVbwesenheit bis zum Schlüsse des Sommer-
Semesters der Schulamtscandidat ^\'erner aus dem Herzogtum Gotha,
welcher nach Schorkopfs Rückkehr einem Rufe au das Gymnasium
Catliarineum in Lübeck folgte. Zahl der Zöglinge 52 (I 13, II* 15,
II •> 14, III 10). Abiturienten 8. Den Schulnachrichten geht voraus:
Volckmari specimeri novae Silvaruin Stritii editionis (18 S. 4). Carmen I.
7. LÜNEBUEG.] In dem Lehrercollegium hat eine Veränderung nicht
stattgefunden. Schülerzahl: a. Gyuniasium 204 (I 12, II 20, III 32,
IV 26, V 32, VI 30, VII 38; b. Realschule 146 (I 14, II 37, III 57,
IV 38). Abiturienten 7, Den Schnluachrichten über das Johanneum
geht voraus : Homerische Untersuchungen. Nr 2. Die Tmesis in der Ilias.
Dritte Abteilung. Vom Director Hoffmann (27 S. 4). — (§ 25 — 32).
Das Resultat dieser höchst lehrreichen Untersuchungen wird am Schlusz
in folgenden Worten zusammengefaszt : ''zur Untersuchung über die
Tmesis wurden wir dadurch geführt, dasz wir Klarheit über die Rection
von a;t(pt' haben wollten. AV'ir giengen dabei von den Bemerkungen
aus, dasz erstens die Hauptcäsur des dritten Fuszes nur dann zwischen
Präposition und Casus zu fallen ptiegt, wenn die mäuidiche Cäsur des
vierten Fuszes als Hauptcäsur des gauzen Verses angesehn werden
kann , und dasz zweitens die \'erspause niemals zwischen Präposition
und Casus steht. Indem wir dann durch Induction weiter schlössen,
ergab sich über die Stellung der Präposition folgendes: a. die unechte
Präposition kann weit vom Casus getrennt werden. In der Ilias ist
ävzi noch unechte Präposition, b. Die echte Präposition, wenn sie vor
dem Casus steht, kann von diesem nur getrennt sein durch Partikeln,
enklitische Personalprononiina, Partikeln die mit enklitischen Personal-
pronominibus zusammenstehn, attributive Genetive (gewöhnlich nur
durch einen einzelnen). Dagegen kann z\vischen dem Casus und der
nachgestellten Präposition die Hauptcäsur lieLien, wenn die Präposition
Elision erleidet. Damit war die Unterscheidung zwischen Präposition
und den andern möglichen Annahmen für die meisten Fälle in so weit
gegeben, als man im Princip die Präpositionsrection in den eben unter
b. erwähnten Fällen anzuerkennen hat, sobald nicht andere Gründe be-
stimmt widersprechen. Soweit konnte es gleichgültig sein, ob man die
Präposition in der Tmesis als Adverbium ansehen wollte. Der Fortgang
der Untersuchung hat aber dann eine Modification dieser Meinung, die
von Nägelsbach ins Extrem getrieben ist, notwendig gemacht. Es zeigte
sich, dasz das, was man unter adverbieller Geltung der Präposition
versteht, in drei verschiedene Grade zerfällt. Wir muszten scheiden:
a. volles Adverbium , b. adverbiale Präposition (d. h. fühlbare Ellipse
eines Casus), c. Präposition in der Tmesis, und es zeigten sich bemer-
keuswerthe Unterschiede sowol in diesen Graden, die gleichwol hier
und da in einander übergehen können , als im Gebrauche der einzelnen
Präpositionen. Die Unterschiede zwischen den Graden lieszen sich im
Deutschen klar machen an ccn6\ bei anderen Präpositionen entsprecheu
sich beide Sprachen zu wenig, als dasz man mit kurzen Worten den
Gradunterschied bezeichnen könnte. Endlich liesz sich der Unterschied
zwischen Tmesis und Compositum bei 8iä deutlich und kurz bezeichnen.
486 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
Es ergab sich also, dasz volles Adveibium und Tmesis weit aus einan-
der stehen und die von uns so genannte adverbiale Präposition eine
(übrigens der Tmesis näher stehende) Mittelstufe ausmacht. Im Deut-
schen werden wir die letztere fast regelmäszig durch ein vor die Prä-
position gesetztes da (darüber, darunter, dabei usw.) wiedergeben kön-
nen. Aus dieser Mittelstufe kann sich nun ein volles Adverbium ent-
wickeln, wenn die Präposition in Verbindung mit einzelnen bestimmten
Nominibus eine formelhafte Bedeutung erhalten hat und nun das Nomen
daneben ausgelassen wird. Auf der anderen Seite kann aber auch die
adverbiale Präposition gleichsam der erste Schritt zur Bildung von
Compositis sein , die bis dahin nicht gebräuchlich gewesen sind.
8. Osnabrück.] In dem Lehrerpersonal ist eine Veränderung nicht
eingetreten. Der Schulamtscandidat Swart wurde nach Beendigung
seines Probejahrs mit Unterricht beauftragt. Schülerzahl 220 (I II, II 5,
III 23, Eealklasse 19, IV» 38, IV >> 35, V 28, VI 61). Abiturienten 2.
Den Schulnachrichten geht voraus: Einige Sätze über das rationale Dreieck.
Vom Conrector Feldhoff (23 S. 4).
Königreich Sachsen 1860.
Ueber die Gymnasien des Königreichs S achs en berichten wir aus
den bis Michaelis 1860 erschienenen Programmen wie folgt:
1. BuDissiN.] In Bezug auf die Lehrer der Anstalt ist eine den
französischen uud den wendischen Unterricht betreffende Aenderung
eingetreten. Der französische Unterricht nemlich , welcher früher von
Dr Schottin erteilt worden war, wurde dem Lehrer der französischen
Sprache an hiesiger Bürgerschule Ledere q auch am Gymnasium über-
tragen, und der wendische Unterricht, der von dem Buclihändler Schma-
ler erteilt war, wurde von dem Lehrer hiesiger Bürgerschule Goltz seh
übernommen. Schiilerzahl 170 (I 19, II 18, III 24, IV 32, V 40, VI
37). Abiturienten 8. Den vom Rector Professor Hoff mann mitge-
teilten Schulnachrichten geht voraus: Fifa Gregorii Maettigii, medici
quondam chirissimi, viri de urbe Budissa jmdtis JiominVms meritissimi, memo-
riue prodita a ph. D. C. T. Jaehne (34 S. 4).
2. Dresden.] a) Gymnasium S. Cruc. Das Lehrercollegium ist
unverändert geblieben. Dasselbe bilden: Rector Dr Klee, Gonr. Dr
Böttcher, die Oberlehrer H e 1 b i g und Dr Götz, Dr B a 1 1 z e r, Otto,
Lindemann, Sachse, Schöne, Dr Pfuhl, Dr Mehnert, Dr Häb-
1er, Clausa, Raum, Schreiblehrer Kellermann, Gesanglehrer Ei-
sold. Schülerzahl 305 (I 29, II •" 32, 11^ 37, III^ 31, III" 34, IVM7,
IV '^ 46, V» 27, V" 22). Abiturienten 28. Dem Jahresbericht geht
voraus eine Abhandlung vom Oberlehrer Heibig: Zur Orientierung auf
dem Gebiet der alten Numismatik (20 S. 8). — b) Vit z thum sches Ge-
schlechtsgymnasium und Erziehungsanstalt. Zu Ostern v. J.
schied, als Hiilfsprediger an die* Sophienkirche berufen, der Lehrer Mi-
chael; sein Nachfolger wurde Dr Richter. Lehrerpersonal: Director
Professor Dr Bezzenberger, Dr Biermann, Erler, Dr Grund-
mann, Heus inger, DrPIübner, Professor G. Hughes, H. Hughes,
Kade, Dr Klein, Lepitre, Marconnet, Professor Dr Menz el, Dr
A. Müller, Professor Dr Müller, Nutly, Dr Opel, Puschner, Dr
Richter, Professor Dr Seheibe, Dr Schlemm, Professor Schurig,
v. Schweinitz, Consistorialrath S t ep;lnek, Dr S iis z do r f. Web er.
Schiilerzahl 153 (I g. 10, II 10, III 14, IV 24; I r. 10, II r. IS, III r. 17;
prog. I 31 , II 19). Abiturienten 5. Dem Jahresbericbt geht voraus:
de Antisthenis Cynici vita et scriptis disputavit A. Müller (58 S. 8).
Cap. I. De Antisthenis vita. Cap. II. De Antisthenis scriptis. 1) rhe-
torica, 2) dialectica , 3) physica , 4) ethica et politica, 5) Homerica.
Cap. III. De aliis Antistheuibus.
Beiichle über gelehrte Anslallen, Verordiiiiiigeii, slalist. Notizen. 487
3. Fkeiberg.] In dem Lehrercollegiuni ist kcUie VerUnderung ein-
getreten. Am 0. Mai feiorten Lehrer und Schüler das 25j;ihr)<Te Rector-
jubililiim des Professors Dr Frotsclier und vier Tage zuvor das 'iöjäh-
rige Dienst jubiljium des Religionslehrers Dr Prölsz. Schülerzahl 111
(1 17, II i(j, in 17, IV 21, V 29, VI 11). Abiturienten 11. Dem
Jahresbericht ist beigegeben ein Programm, enthaltend zwei Sücularreden
von Dr Pr ölsz ( 15 S. 4). 1) Rede zur Feier des lOüjährigen Geburts-
tags Friedrich Schillers ; 2) Rede zur dritten Säcularfeier des Todestags
Philipp Melanchthons.
4. Grimma.] Siehe Heft 1 S. 37— 41.
5. Leipzig.] a) Thomas-Gymnasium. In dem Lehrercollegium
war keine Veränderung eingetreten; die dritte Adjunctur war bis dahin
noch unbesetzt geblieben. Schülerzahl 177 (I 38, II 32, III 35, IV 29,
V 3^), VI 8). Abiturienten 24. Dem Jahresbericht geht voraus eine
Abhandlung vom Rector Dr St all bäum: probabilia de iemporibus qiiibns
dialogus in Gorgia PUitonis habitus /iiigalur (27 S. 4). (Ol. 93, 4 = 405
a. Chr.). — b) Nicol a i- Gy innasium. Das Lehrercollegium ist das-
selbe geblieben. Schülerzahl 15(3. Abiturienten 12. Dem Jahresbericht
geht voraus eine lateinische Abhandlung des Rector Dr Nobbe zur
(Jedächtnisfeier Melanchthons (12 S. 8).
(i. Meiszen ] Das Lehrerpersonal ist unverändert geblieben. Schü-
lerzald 128 (1 25, II 32, 111 33, IV 21, IV »> 17). Abiturienten 22.
Dem Jahresbericht geht voraus: J. //. Lipsii de Sophoclis emendandi prue-
sidiis disputaäo (27 S. 4).
7. Plauen.] Am E'inde des vorigen Schuljahrs verliesz die Anstalt
der zweite Religionslehrer Dr Schmidt, welcher einem Ruf als Religions-
lehrer am Gymnasium zu Zwickau folgte; zu seinem Nachfolger wurde
der Candidat des Predigtamts Dr Schenkel ernannt. Der Schulamts-
candidat Trömel vollendete sein Probejahr und versah die Stelle eines
Hülfslehrers , bis der in diese Stellung berufene Dr Richter eintraf.
Der Schulamtscandidat Dr Polle hielt sein Probejahr ab. Schülerzahl
232 (Ig. IG, II g. 23, III g. 20, IV g. 16, I r. 10, II r. 15, III r. 27,
V 45 , VI 57). Abiturienten 9. Dem Jahresbericht geht voraus eine
Abhandlung des Gymnasiallehrers Dr Riechelmann: Zu Richard II:
Shakespeare und Holinshed (20 S. 4). Vorliegende Abhandlung soll eine
Ergätizung zu dem Werke Courtenays und den von Delius in der
Einleitung zu Richard II mitgeteilten Auszügen sein. Wärend der er-
stere sich auf wenige Citate ans der Chronik beschränkt und sein
Hauptaugenmerk auf die Darstellung der Abweichungen von der be-
glaubigten Geschichte gerichtet ist, der letztere sich auf weniger um-
fangreiche Mitteilungen beschränkt hat , versucht der Verfasser durch
eine eingehende Vergleichung das Verhältnis darzulegen, in welchem
Handlungen und Charaktere des Dramas zu der Chronik Holinsheds
stehen.
8. Zittau.] Im Lehrercollegium ist nur eine Veränderung einge-
treten. Zu Ende des Sommerhalbjahrs gab der provisorisch angestellte
Lehrer Dr Voigt seine Stelle auf, um einem Rufe an die Annenschule
in St. Petersburg zu entsprechen. An seine Stelle wurde Dr Froh-
b erger berufen, der bisher an dem Friedrich-Wilhelms-Gymnasium zu
Posen beschäftigt gewesen war. Dem Director Kämmel wurde der
Titel eines 'Professors' verliehen. Schülerzahl 244 (Ig. 10, Hg. 21,
Ir. 8, III g. 31, II r. 25, IV g. 20, III r. 40, prog. I» 28, I ^ 28, 11^ 16,
II •• 17). Abiturienten 5. Den Schulnachrichten geht voraus eine Ab-
handlung vom Gymnasiallehrer Dr Vogel: de Ä. Gellii vita, studiis,
sci'ipiii; narratio et iudicium (25 S. 4).
9. Zwickau.] Das Lelirerpersonal hat keine Veränderung erfahren.
Dein Schulamtscandidaten Dr Brückner wurde gestattet, das Probe-
488 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
jalir an dem hiesigen Gymnasium zu bestehn. Scbülerzahl 160 (I '20,
II 18, III 22, IV 31, V 30, VI 29). Abiturienten 9. Dem Jahresbe-
richt geht voraus eine Abhandlung des Oberlehrer Michel: Das Leben
Pascnls in seinen äuszern und innern Grundzügen (32 S. 4).
Fulda. -ör Ostermann.
Bericht über die 14e Versammlung der Directoren der westphiili-
schen Gymnasien und Realschulen.
Die Verbandlungen der 14n westphälischen Directoren -Conferenz
fanden, wie gewöhnlich, zu Soest, und zwar am 18n, 19n, 20n , 21n,
22n Juni 1800 und unter Vorsitz des In Commissarius des Proviuzial-
SchulcoUegiums Provinzial-Schuhath Dr Savels und Teilnahme des 2u
Commissarius Provinzial-Schulrath Dr Suffrian statt. Durch Krank-
heit waren am Kommen verhindert die Directoren Dr Ahleme.yer aus
Paderborn und W 11 ms aus Minden; anwesend waren die Directoren Dr
Schmidt aus Bielefeld, Dr Högg aus Arnsberg, Dr Schlüter au.s
Coesfeld, Dr Schultz aus Münster, Dr Jordan aus Soest, Dr Kumpel
aus Gütersloh, Dr Lucas aus Warendorf, Dr Wen dt aus Hamm, Dr
Hildebrand aus Dortmund, Dr Schmidt aus Brilon, Rohdewald
aus Burgsteinfurt, DrHölscher aus Recklinghausen, Dr Wulfert aus
Herford, Dr Schnabel aus Siegen, O s tend or f aus Lippstadt, Münch
aus Münster. Die Einrichtung der westphälischen Directoren- Versamm-
lung ist bekanntlich diese: mehrere Monate vor Beginn der Versamm-
lung werden die Themata den Lehranstalten der Provinz mitgeteilt und
diese aufjrefordert jene in Conferenzen zu besprechen und das Resultat
dersell>en einzusenden. Auf Grund der Mitteilungen sämtlicher Anstal-
ten arbeitet ein aus den Directoren bestellter Referent seinen Vortrag
aus, ihm stehn zur Seite zwei Correferenten, Nach den Reden derselben
findet eine freie Discussion statt. Für jede Directoren -Conferenz sind
zwei Protokollführer bestellt. Die Verliandlungen werden "in der Regel
nach einem Zeitraum von etwas mehr als einem Jabre den Gymnasien
der Provinz gedruckt zugeschickt, um auf's neue im LehrercoUegium
besprochen zu werden.
Aus dem kürzlich erschienenen Berichte der Verhandlungen teilt
Referent das wichtigste im folgenden mit, bald in directer bald in in-
directer Rede.
Der erste Gegenstand der Verhandlung war die Prüfung der Can-
didaten des höbern Schulamts. Referent war Director Dr Schultz,
Correferenten Dr Wen dt und Dr Hildebrand. Diesmal beschäftigte
man sich besonders mit deu Bestimmungen des Prüfungsreglements vom
20n April 1831 , da der bedenkliche Mangel einer ausreichenden Zahl
von Schulamtscandidaten zum Teil durch jenes Reglement hervorgerufen
sein sollte. Die Versammlung entschied sich für eine ziemliche Menge
von Aenderungen in dem Reglement; doch hat ein näheres Eingehn auf
die Discussion kein Interesse mehr, da das Ministerium beabsichtigt
Moditicationen eintreten zu lassen.
Der zweite Gegenstand betraf die seit der letzten Conferenz (In Juni
1857 bis dahin ISfiO) von den höhern Lehranstalten der Provinz ent-
fernten Schüler. Aus dem Vortrag des Provinzial- Schulraths Dr Suf-
frian ergab sich, dasz in den drei Jahren im Ganzen 72 Schüler ver-
wiesen worden sind, keine Ausweisung des dritten Grades verhängt
worden, dasz das Verhältnis ziemlich dasselbe geblieben ist wie im vor-
hergehenden Zeitabschnitt, dasz auch diesmal unter den Gründen die
VöUereisünden auf erster Stufe stehn.
Es folgte der Vortrag des Provinzial -Schulraths Dr Savels über
die Frequenz der Anstalten, Darnach sind in Westphalen 15 Gymna-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 489
sieu (jetzt, 1861, 16), 8 evangelische, 7 katholische (jetzt 8), 0 katho-
lische Progyimiasien (jetzt 5, nach der Erhebung von Klieiii), 4 Keal-
schnleu Ir Ordnung. Die Schülerzald aller Anstalten war 4-IÖ7, im
Ganzen 'MH mehr als im vorletzten Tiiennium; es kommt ein Scliüler
auf 347 Einwohner der Provinz. Die stärkste Klasse ist überall die
Tertia, die schwächste in den evangeliselien Anstalten die l'rima, in den
katholischen die Sexta. Auf 1 Lehrer kommen in Paderborn 30, iu
Burgsteinfurt nur 10 Schüler. Die Zahl der geprüften Abiturienten ist
gestiegen; sie betrug 2 19 bei den katholischen, 47 bei den evangelifichen
Anstalten; die Zahl der reif erklärten betrug 26^), von ihnen standen
121) im Alter von 21 Jahren und darüber; 149 studierten Theologie, 13
Philologie.
Die vierte Verhandlung betraf Einrichtung und Benutzung der Schüler-
bibliotheken. Referent Director Dr Högg hatte nach den ihm zuge-
kommenen ]\Iitteilungen ein Verzeichnis der ihm passend scheinenden
Werke aufgestellt, mit Hinzufügung eigner oder fremder Urteile; es
wurde beschlossen ein Verzeichnis solcher Werke zu machen, welche
für die Schulen wirklich empfehlenswerth seien, d. h, dem Schüler be-
kannt sein sollten.
Der fünfte Gegenstand der Berathung waren die Formulare bei den
Zeugnissen; es handelte sicli nemlich um die Frage, ob nicht eine ge-
wisse Gleichförmigkeit in dieser Beziehung unter den Anstalten der
Provinz erzielt werden könne. Referent war Director Dr Schlüter,
Correferenten Director Münch und Director Rohdewald. Zunächst
wurde die Frage wegen der Censuren aufgeworfen. Gegen eine Gleich-
förmigkeit bei denselben wurde eingewendet, dasz jede Anstalt ihre
eigne Sphäre und ihr eignes Publicum habe , jede am besten wissen
miisze , wie sie innerhalb derselben mit diesen sich verständige. Indes
es wurde dagegen erinnert, dasz durch eine Einigung der verschiednen
Anstalten über eine bestimmte Bezeichnungsweise die Lehrercollegien
sich nicht beengt fühlen könnten; da aber die Abgangszeugnisse auf
Grund der Censuren anzufertigen , für jene aber Gleichförmigkeit wün-
schenswerth sei, so würde dieselbe Forderung damit für diese sich
geltend machen; dabei bleibe jedem einzelnen überlassen noch soviel
als er wolle in den Censuren zu individualisieren. Hinsichtlich der
Zahl der Prädicate entschied man sich für die Fünfzahl, von denen die
erste und zweite die Abstufungen des Lobes, die vierte und fünfte des
Tadels, die dritte zur Bezeichnung der Mittelmäszigkeit dienen sollte.
Dieselben sollten jedoch nur für die einzelnen Leistungen, nicht für die
Gesamtleistung des Schülers anzuwenden sein. Als erstes Prädicat
schien 'recht gut' der Bezeichnung "'sehr gut' vorzuziehn. In welcher
Reihenfolge die Fächer aufgestellt werden, schien irrelevant. Statt des
Ausdrucks "'Fortschritte' wurde der Ausdruck 'Leistungen' empfohlen;
die Rubriken 'Fleisz' und 'Aufmerksamkeit' zu sondern, schien im
allgemeinen nicht zweckmäszig. Bei der Bezeichnung des Betragens
fand es die Mehrheit angemessen, nicht über das Prädicat 'gut' hinaus-
zugehn, hier nur drei Rubriken anzunehmen und den Tadel sorgfältig-
zu motivieren. Von besondrer Wichtigkeit erschien die Frage wegen
der Bezeichnung der Censur durch eine Hauptnummer. Es wurde für
dieselbe geltend gemacht, dasz die Nummer ein kurzes bestimmtes Urteil
über den Standpunkt des Schülers ausspreche, was namentlich dem Di-
rector erwünscht sein miisze; die Censur übe gerade durch die Nummer
eine besondre Wirkung auf Schüler und Eltern aus. Dagegen aber
wurde der Einwand erhoben, dasz die Schwierigkeit solcher Bezeich-
nungen vielerorts schon zu deren Abschaifung geführt; schon die Be-
zeichnung des Totaleindrucks eines Schülers durch wenige Worte sei
schwierig, durch eine Ziffer unmöglich ; den Eltern sei auch nirgend»
490 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slalisl. Notizen.
au der Nummer .etwas gelegen, sondern nur an einer guten ; der gerade
wegen der Nummer oft erhobne Vorwurf der Parteilichkeit verratlie
ein dunkles Gefüllt von der leichten Möglichkeit von Misgriffen ; päda-
gogisch sei es daher besser den Eltern zu überlassen aus den Einzel-
prädicaten der Censur sich selbst ein Gesamtresuliat zu abstrahieren.
Jedenfalls müsze man in jeder Nummernklasse eine Anzahl nicht zu-
sammengehöriger Schüler zusammenwerfen, was dann wieder die spe-
ciellen Censuren groszenteils illusorisch mache. Hierzu liesz sich noch
hinzufügen, dasz wo die Hauptnummern nur als ein Facit aus den
Prädicaten der einzelnen Fächer angesehen werden, alles das gegen sie
spricht, was gegen die häsziiche Bezeichnung dieser Fächer mit Ziftern
schon oft vorgebracht i.st; und da erhebt sich der gewichtige Einwurf,
dasz, da ihrer Individualität nach die Lehrer, besonders die Ordinarien,
in ihren Censuren verschieilne Maszstäbe anlegend verschieden censie
ren, der aus angeborner Milde oder Eitelkeit gut censierende Lehrer
seiner Klasse durch eine grosze Anzahl glänzender Hauptnummern einen
Nimbus verschaffen kann, der auf die gegenseitige Beurteilung der Schü-
ler, auf das Urteil der Eltern, auf das collegialische Verhalten selbst
höchst nachteilig einwirken wird. Die geringe Mehrzahl der Stimmen
entschied sich zwar für Beibehaltung der Hauptnummern, doch einigte
man sich dahin, dasz jede Anstalt in dieser Hinsicht nach ihrem Be-
lieben verfahren könne. — Zum andern wurde in den Abgangszeugnissen,
möge der Schüler ins bürgerliche Leben oder auf eine andere Anstalt
übertreten, eine gewisse L'ebereinstinunung für wünschenswerth erachtet,
die sich jedoch auf das notwendigste zu beschränken habe. Die Zeug-
nisse haben darnach auszer Namen, Confession, Zeit des Schulbesuchs,
Ordnungsliebe und Fleisz im allgemeinen die Leistungen in den einzel-
nen Fächern zu charakterisieren. Auch wurde es für notwendig gehal-
ten, nach der besondern Charakterisierung noch ein kurzes Resume, ob
der Schüler zu den guten, zu den schwächern Schülern der Klasse usw.
gehört habe, aufzunehmen. Bei dieser Weise entsteht für Schüler, die
ins bürgerliche Leben übergehn, freilich leicht die Unbequemlichkeit,
dasz, wenn sie auch durch gutes Betragen und Fleisz sich ausgezeichnet
haben aber geringere Anlagen entwickelten, der künftige Principal,
überhaupt mit den Bezeichnungen einer gelehrten Anstalt weniger be-
kannt und allein auf das Schluszresume' seine Aufmerksamkeit wendend,
ein Mistrauen gegen den jungen IMenschen faszt und ihn auch für seinen
Beruf weniger tauglich erachtet. — Wus drittens die Abiturientenzeug-
nisse betrifft, so sei deren Form im ganzen durch die Ministerialver-
fügungen vom 4. Juni 1834 und 4. Febr. 1856 vorgeschrieben; die An-
gabe über den Erlasz der mündlichen Prüfung sei am zweckmäszigsten
am Schlüsse zuzusetzen. Eine Vertauschung des Prädicats 'befriedi-
gend' mit "'genügend' sei des Misverständnisses wegen wünschenswerth,
nicht minder auch die Wiederherstellung einer Abstufung in den Gym-
nasialabiturientenzeugnissen der Keife durch Nummern oder Prädicate,
am angemessensten wol eine Uebertragung der für die Realschulen fest-
gesetzten Prädicate der Reife (vorzüglich — gut — genügend bestanden)
auch auf die Gymnasien.
Es schlosz sich an diese Erörterungen als nächster Gegenstand der
Rerathung die Frage über den Unterricht in der philosophischen Pro-
pädeutik. Ref. war Dir. Dr Schultz, Corref. Dir. Dr Wendt und
Dir. Ostendorf. In neuerer Zeit sind gegen den speciellen Unterricht
in der philosophischen Propädeutik manche Stimmen laut geworden.
Es ist gesagt worden, dasz bei Prüfungen die Kenntnisse des Schülers
sich nur als Gedächtniskram erwiesen hätten, die Schüler durch den
Unterricht den Sinn für philosophische Studien verlören , sie nicht reif
genug für denselben seien , sich keine geeigneten Lehrer fänden , der
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 491
übrige Unterricht in ^ehöripjer Weise erteilt jenen überflüssig' mache.
Dagegen ist zu erwidern: dasz auch in der Propädeutik manches mit
dem Gedächtnis aufzufassen ist, dasz sich in der kurzen Examenzeit
nicht viel prüfen läszt, dasz eine besondere Prüfung auch nicht nötig
ist, dasz der Grund des ungenügenden Erfolgs in den Lehrern zu suchen,
die Lehrer sich also mehr anstrengen müszen. Erst 1810 ist der Unter-
richt aufgehoben, 10 Jahre später aber wieder eingeführt, was nicht aus
der Herschaft der Hegeischen Philosophie, sondern aus dem Entwick-
lungsgang des Gymnasiums zu erklären ist. In jedem Unterricht kann
der schlechte Lehrer die Schüler abstumpfen, der gute aber sie w^iszhe-
gieriger machen, es kommt alles auf einen guten Lehrer an; es ist also
unbegründet, dasz der philosophische Gymnasialunterricht für die Uni-
versität abstumpfe. Bei den Berliner Verhandlungen 1849 über die
Reorganisation der höheren Schulen sind verschiedne Stimmen für das
Fach laut geworden; es sind also die Stimmen der Schulmänner immer
noch geteilt. Die Gründe für die Propädeutik hat Deinhardt in
Brzoskas Centralbibliothek 1839, Juni, erörtert; dazu ist noch zu be-
merken: Bekanntschaft mit den Grundbegriffen der Logik und Psycho-
logie ist für jeden gebildeten Menschen notwendig; da die Universität,
die nicht anleitet und übt, die Wissenschaft als System gibt, so wird
die Philosojihie nur von wenigen aufgesucht, von den meisten, die nicht
folgen können , gemieden, was nicht der Fall sein würde, wenn sie vor-
bereitet gewesen wären. Indem nun die Studierenden sofort sich auf
ihr Fachstudium werfen, verliert ihr Studium an Wissenschaftlichkeit.
AVird aber auch die Logik nach den gesetzlichen Vorschriften gehört,
so entbehren sie doch gänzlich des Unterrichts in der Psychologie. End-
lich aber gehn heute viele der Abiturienten vom Gymnasium nicht auf
die Universität, sondern in Fachschulen über, diese entbehren denn aller
Bekanntschaft mit den philosophischen GrundbegriiTen. Wenn aber
auch die Logik als geeigneter Gegenstand für das Gymnasium ange-
nommen wird , so findet doch die Psychologie noch mancherlei Wider-
spruch. Indes, wie Bonitz in dem österreichischen Organisations-
entwurf bemerkt und die Zustimmung von Wiese erhalten hat, es ge-
ziemt sich auch auf Beobachtung der Vorgänge in der Innern Natur des
Schülers Aufmerksamkeit zu richten, und die empirische Psychologie
bietet die schönste Gelegenheit das was aus Geschichte und Leetüre
den Schülern bekannt geworden ist, für sie zu einem Gegenstand neuen
Nachdenkens zu machen und so die Notwendigkeit einer philosophischen
Forschung in ihnen zum Bewustsein zu bringen. So ist die Propädeutik
und namentlich die Psychologie mehr als jeder andere Unterrichtsgegen-
stand geeignet , von rein menschlicher Seite auf Geist und Willen der
Schüler bestimmend einzuwirken und sie mit Hochachtung gegen jede
wissenschaftliche und sittliche Tüchtigkeit zu erfüllen.
Ist demnach irgendwie an unsern Schulen ein Unterricht in der
jjliilosophischen Propädeutik zu erteilen, so fragt es sich, ob derselbe
mit irgend einem Unterrichtsgegenstand verbunden werden kann. Da
nun allgemein derselbe als ein sehr schwieriger anerkannt wird und die
Erfahrung, dasz er oft unzweckmäszig erteilt sei, zur Beseitigung des-
selben als selbständigen Gegenstandes mitgewirkt hat, so scheint es un-
möglich , ihn nebenbei in Verbindung mit einem andern, gleichfalls
schwierigen, etwa mit der Anleitung zum deutschen Aufsatz zu erteilen,
und zwar zweckmäszig zu erteilen. Sobald die besondern Stunden
beseitigt waren, sind mehrfach Versuche gemacht, wie von Kiesel ^
Eichhoff, Deuschle, ihn mit der Leetüre eines philosophischen
Schriftstellers, besonders des Plato, zu verbinden. Trotz aller Aner-
kennung dieser Bemühungen ist aber von Wiese und Bonitz dagegen
eingewendet, daaz damit so wenig der Logik als dem griechischen Stu-
492 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
üium gedieut , die aufgewandte Zeit und Mühe nicht entsprechend be-
lohnt werde. Gleiches gilt von der Verbindung mit der deutschen
Leetüre, mit der Correctur der Aufsätze, der Mathematik, Religions-
lehre, Geschichte usw. Ueberall können nur Einzelbelelirungen also
vermittelt werden und es ist eigentlich nichts damit ausgesprochen, als
dasz der ganze Unterricht in wissenschaftlichem Geist zu erteilen sei.
Somit bleibt nichts übrig, als besondre Unterrichtsstunden für die
Propädeutik anzuberaumen, und es sind dafür zwei Stunden notwendig.
Etwas anderes ist es, wenn behauptet wird dasz alle Unterrichtsgegen-
stände der Propädeutilc vorarbeiten , wenn sie in wissenschaftiicliem
Geiste behandelt werden , und dasz namentlich die Anleitung zur An-
fertigung deutscher Aufsätze sich zu jener in Beziehung zu erhalten
hat; jeder Unterricht und besonders der im Deutschen soll von Beginn
an die Aufgabe haben , an Richtigkeit des Denkens und Redens zu ge-
wöhnen. Schon das Thema des deutschen Aufsatzes ist urasomelir ge-
eignet Belehrungen aus dem Gebiete der Propädeutilc zu geben, je mehr
es seinem Inhalt nach in Beziehung zu dem Innern Menschen steht;
hier ist ein Eingehn auf Erörterungen aus der Psychologie, zur Defini-
tion Bekanntschaft mit dem Wesen des Begriffs , der Merkmale usw.
notwendig. Doch versteht es sich von selbst, dasz es unpassend wäre
derartige Themata in Prima ausschlieszlich oder nur vorzugsweise zu
bearbeiten, weil ja jeder Unterrichtsgegenstand, also auch der deutsche,
seinem eignen Wesen und Zweck gemäsz zu behandeln ist, die ander-
weitigen Rücksichten also , die der deutsche Lehrer zu beachten hat,
nicht vernachlässigt bleiben dürfen. P"'erner bietet die Dispositionslehro
viel Gewinn für die logische Bildung der Schüler; die Anordnung des
gefundnen Stoffes ist eine rein logische Thätigkeit. Streng logische
Dispositionen aus guten Aufsätzen sind n;itürlich gleich empfehlenswerth.
Wenn die Ausführung durch Bestimmtheit und Schärfe sich auszeichnen
soll, so musz bei den .Schülern schon das Streben darnach angeregt sein,
die logische Lehre vom Schlusz daher mehrfach geübt werden. Die
Correctur endlich , hinweisend auf die vom Schüler in Inhalt und Form
begangnen Fehler, auf seine eigne That , bietet die beste Gelegenheit
zu Erörterungen aus dem Gebiet der Logik und Psychologie und die
beste Anleitung zu künftiger Besserung.
Gewisse andre Unteriichtsgegenstände stehn ihrer Natur nach in
besonders engem Zusammenhang mit der Propädeutik , so namentlich
die Mathematik; jedoch da es die Mathematik ausschlieszlich mit Zahl-
und Raumverhältnissen zu thun hat, auch jhr systematischer Zusammen-
hang ein Ablenken nicht erlaubt, läszt sich der logische Unterricht nicht
mit der Mathematik verbinden. Auch die Grammatik dient dem Unter-
richt in der Logik. Die Leetüre bietet nicht minder vielfache Veran-
lassung zu Belehrungen aus der philosophischen Propädeutik, so Be-
trachtung der Synonymen, der Digressionen zur Erklärung der Ideen-
association, die ganze Leetüre für die Schluszformen; besonders gilt
das alles von philosophischen Schriften.
Was die Realschulen anbetrifft, so soll auch ihr Unterricht geist-
bildend sein, fortwärend in der Logik üben, weshalb es folgerichtig ist,
dasz die logischen Gesetze auch zuletzt zum Bewustsein gebracht wer-
den. Da aber die Realschule nicht für die Universität vorbereitet, so
kann in ihr der logische Unterricht nur den Zweck haben, die Primaner
auf die Methode für wissenschaftliche Studien überhaupt hinzuweisen,
er kann kein selbständiger Unterricht sein , sondern hat sich mit dem
deutschen Unterricht zu verbinden, er musz nicht in zusammenhängen-
der Form in den Anfang des deutschen Unterrichts von Prima einge-
schoben, sondern es musz das was schon vorher von logischen Elemen-
ten durch praktische Uebungen gewonnen war, in Prima allmählich ver-
Berichte über gelelirfc Anslnllen, Verordniing-en, stallst. Notizen. 493
vollständif^t und dann von Zeit zu Zeit in einzelnen Ahselinitten zn-
samnienget'aszt werden. Was die Psycliologie betrifft, so sind für dieselbe
die Realscliüler namentlich durcli den Unterricht in der Physiologie vor-
bereitet, und es ist vielleicht zweckinäszig, dasz in beschriinktem Masze
der naturgeschichtliche Unterricht die Psychologie übernimmt und als
Abschlusz der Anthropologie behandelt, und der deutsche Unterricht, ohne
sich in störende und von seinem eignen Haujjtzvveck abführende Digres-
sionen einzulassen, darauf hinweise. Es würde demnach im Ganzen der
})ropädeutische Unterricht der Kealschulen sich dadurch von dem der
(iyninasien unterscheiden, dasz jene nach Maszgabe ihrer besondern
Verhältnisse denselben zeitweilig fallen lassen.
Es folgte nach dieser ausführlichen Discussion die Berathung des
siebenten Gegenstandes, des allgemeinen Lehrplans für die Gymnasien
der Provinz. Referent war Director Dr Schmidt von Bielefeld, Cor-
referenten Director Dr Schmidt von Brilon und Dr Jordan. Für
diesen Gegenstand war das Misgeschick eingetreten, dasz zwei der be-
stellten Referenten, Director Wi 1ms und Ahlemeyer, wegen Krank-
heit nicht anwesend waren , ihre Referate nur vorlagen und in der Eile
am Ort der Zusammenkunft erst Berichterstatter hatten gewonnen wer-
den müszen. Als amtliche Grundlage des Lehrsystems der westphälischen
Gymnasien gilt der Ministerialerlasz vom 2n Uctober 1835, einzelne Ab-
änderungen sind seitdem gemacht. Seit der lOn Conferenz im J. 1844
ist aber eine Revision des Lehrplans begonnen und im J. 1851 auf der
lln neu aufgenommen, und so sind fast alle Disciplinen durchgearbeitet.
Die Resultate der neuen Berathungen sind nun mit den Bestimmungen
des Ministerialerlasses vom 7n Januar 185Ö soviel als möglich zu ver-
einigen. Ohne daher alle früher gewonnenen Ergebnisse von neuem zu
besprechen, schien es notwendig eine Reihe von Punkten vorzunehmen,
und zwar zunächst den Cursus der Tertia. Dieser ist nach der Mini-
sterialverfügung zweijährig. Nun aber besteht in der Rheinprovinz ein
einjähriger Cursus, und wegen der vielfachen Berührungen mit derselben
schien es von einer Seite wünschenswerth, denselben Cursus auch für
Westphalen durchzuführen. Indes es ist eine feststehende Einrichtung
in Westphalen. dasz, mögen die beiden Abteilungen in den obern Klassen
im Unterricht gesondert oder vereinigt sein, jährlich eine Translocation
aus einer Abteilung in die andere stattfindet. Darin liegt , dasz das
zweite Jahr nicht schlechthin den Lehrstotf des ersten wiederholen soll.
Auch namentlich seit der Beginn des griechischen Unterrichts von Tertia
nach Quarta verlegt ist, hat man sich allgemein dafür ausgesprochen,
dasz es notwendig sei die beiden Tertien im Griechischen getrennt zu
lassen, weil sonst die Reife für Secunda nicht erreicht werden könne.
In der Mathematik ist es allerdings gut den Stoff der Tertia auf e'in
Jahr zu beschränken , aber ebenso gut dasz der Schüler dies Pensum
zweimal du'-ch arbeite, um in den Elementen sicher zu werden. Auch in
der Rheinprovinz ist bisher die Einrichtung üblich gewesen , dasz nur
durcliaus fähige Schüler den Cursus der Tertia in einem .Jahre durch-
machen, die Mehrzahl zwei Jahre in der Classe bleibt; wünschenswerther
wäre es freilich, wenn auch dort wie in den übrigen Teilen der Monarchie
durchaus ein zweijähriger Cursus in Tertia als notwendig gälte. — Zum
andern wegen der Stundenzahl und des hebräischen Unterrichts einigte
man sich, dasz dieser Gegenstand als überhaupt kein innerliches Glied
des Scbulorganismus und von keinem Werth für die sittliche Erziehung
der Jugend bisher zu sehr bevorzugt sei; es sei das Hebräische sowol
aus der Untersecunda zu verbannen, als auch auszerhalb der gewöhn-
lichen Schulzeit zu legen; daher seien für die obern Klassen , aber auch
für die untern volle 32 Schulstunden, für die Hebräer also 84 herzu-
stellen , aber notwendig dann für die beiden untern Klassen die Anfer-
494 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, stallst. Notizen.
tigung aller schriftlichen Arbeiten in die Schulzeit selbst zu verlegen,
wie dies in der ministeriellen Verfügung für die Realschulen angeordnet
ist. Denn die berechtigten Klagen über das zu viele Sitzen der Schüler
beziehn sich mehr auf das Uebermasz häuslicher Arbeiten als auf die
Schulstundenzalil und sind nicht durch die ministeriellen Verfügungen
erledigt, da die Schüler noch zu so vielen häuslichen Schreibereien ver-
urteilt sind, welche in der Schule weiter nicht verwerthet werden. So-
dann scheint es notwendig dasz die Zahl der mathematischen Stunden
von drei wieder auf vier erhöht werde. Denn die jetzige Stundenzahl
macht es dem Schüler fast unmöglich, den Stoff zu seinem sichern Eigen-
tum zu machen, so dasz dann später, da die Realschulen in dieser Dis-
ciplin weit mehr leisten , es den Abiturienten der Gymnasien wird un-
möglich werden die Fachanstalten zu benutzen und in die technischen
Beamtenfächer einzutreten. Ebenso hielt man für gut, von den 3 mathe-
matischen Stunden der Quarta e'ine ausschlieszlich dem Rechnen zuzu-
wenden, weil die erlangte Fertigkeit dem Schüler zu leicht abhanden
kommt. Schlieszlich wegen des naturwissenschaftlichen Unterrichts wurde
die vereinzelte physikalische Stunde in Secunda als unzulänglich erkannt
und der Wunsch ausgesprochen für Secunda wieder zwei physikalische
Stunden zu erhalten.
Den achten Gegenstand der Berathung bildete der allgemeine Lehr-
plan für die Realschulen der Provinz; Referent war Director Osten-
dorf, Correferenten Director Münch und Rohde wald. Da die Unter-
richtsordnung für die Realschulen vom 6n October 1859 Modificationen
des Lehiplans den Provinzial-Scliulcollegien überläszt, so hatte das Pro-
vinzialschulcollegium die Directoren der Realschulen und der mit wirk-
lichen Realklassen verbundnen Gymnasien aufgefordert ihre Gutachten
abzugeben. Auf Grund derselben fand die Berathung statt. Da mehrere
Lectionen der Realschulen eine weit geringere geistige Anstrengung er-
fordern als die der Gymnasien, so schien eine Vermehrung der Stunden-
zahl für die obern Klassen bis auf 33 ohne den Gesangunterricht, bis
auf 32 für die untern unbedenklich. Der Unterricht in jedem Fache
sei dann zu begiimen , wenn er durch die geistige Disposition des Schü-
lers angezeigt sei; daher könne immerhin das Zeichnen in Sexta weg-
fallen, nicht aber die Naturgeschichte; Geographie sei hier weniger
wünschenswerth als Geschichte, besonders Sagengeschichte. Ferner gälten
nicht für alle Provinzen die gleichen Forderungen in Bezug auf die
Klassenziele für die einzelnen Fächer; für Westphalen z. B. sei das
Englische wichtiger als für Schlesien. Die Tertia bildet einen Haupt-
abschnitt; daher sei bis Tertia der Unterricht mehr elementarer Art, in
Secunda mehr wissenschaftlich; deshalb ist in Tertia nicht ein Fach
unverhältnismäszig stark zu betreiben, noch auch in Secunda der ele-
mentare Cursus fortzusetzen. Zweckmäszig scheint die Festsetzung, dasz
die Schülar im allgemeinen 2 Jahre in Tertia bleiben, talentvolle und
fleiszige aber auch nach 1 Jahr versetzt werden können; doch musz der
Cursus in Tertia wie in Secunda einjährig sein für die Fächer, in denen
kein sprungreiches Erfassen möglich ist, wie besonders für die Mathe-
matik. In Bezug auf Einzelheiten schien ein propädeutisch - physikali-
scher Unterricht in Tertia notwendig, woher aber die Zeit genommen
werden solle, blieb eine offene Frage; eine besondre Schwierigkeit macht
auch der Anfang des chemischen Unterrichts und die Verteilung des
Stoffs. Ein Durchgehn des naturgeschichtlichen Unterrichts durch alle
sechs Klassen scheint notwendig; nach Sexta und Quinta gehört Indivi-
duenkunde, nach Quarta Arten- und Gattungskundc des Pflanzen- und
Thierreichs. In Tertia hauptsächlich ein künstliches System und die
Uebuug im Bestimmen hervorzuheben scheint nicht richtig zu sein, eben-
sowenig wie hier schon die Botanik und Zoologie zum vollständigen Ab-
»
Bericlile über golclirlc Ansfalfon, Verordnungen, sfatisf. Noti7,en. 405
sdilusz zu bringen, sondern dies der Secnnda zu überlassen. Für Prima
würde die Krystallograpliie und Mineralogie gehören, wenn nicht die
erstere bei einer Scheidung der Secunda nach Obersecunda sich bringen
liesze; in Prima würde auch Geognosie und menschliclie Physiologie zu
behandeln sein. In Prima musz der Cursus zweijährig, in Tertia ein-
jährig, in Secunda vorwiegend zweijährig sein. Es fielen dann auf Sexta
2 Stunden w. Zoologie (Vögel und Säugethiere) und Botanik; Quinta
2 Stunden: Fortsetzung; Quarta 3 Stunden: Verallgemeinerung desselben
Stoffs nebst Entomologie; Tertia 4 Stunden: 2 Stunden Naturgeschichte
(Arten- und Gattungskunde , Uebergang zur Systemkunde), 2 Stunden
Physik (Beobachtung der Naturerscheinungen) ; Secunda 6 Stunden: 2 Stun-
den Naturgeschiciite, 4 Stunden Physik und Chemie; Prima (3 Stunden:
2 Stunden Naturgeschichte, 2 Stunden Chemie, 2 Stunden Physik. Hin-
sichtlich der Mathematik ist Ziel der Tertia: Sicherheit in der ebnen
Geometrie , die Kreisberechnung zweckmäsziger nach Secunda zu ver-
schieben; die Trigonometrie, welche die U. -O. nach Secunda verlegt,
kann allenfalls nacli Prima geliracht werden, obgleich sich dagegen auch
wesentliche Bedenken erheben; in dieser obersten Klasse ist neben dem
eigentlichen mathematischen auch Unterricht im Rechnen zu erteilen.
Als Lehrbuch empfehlen sich besonders Euklids Elemente in der Ueber-
setzung von Dippe. Für das Englische ist eine Wiederherstellung der
früher in Westphalen üblichen 4 Stunden wünschenswerlh und in Prima
durch Verminderung der Zeichenstunden von 3 auf 2 erreichbar; für
Prima ist als Leetüre in der einen Hälfte des Jahrs Shakespeare, in der
andern Prosa, besonders historische und oratorische, zu empfehlen; da-
mit in Secunda kein blos elementarer Unterricht stattfinde, ist eine
Trennung der beiden Tertien, wo sie vorhanden sind, zweckmäszig. Der
Zeichenunterricht schien für Sexta entbehrlich, die dadurch gewonnenen
2 Stunden können dem deutschen Unterricht allein zugelegt oder unter
ihn und die Geschichte verteilt werden.
Nach dieser langen Discussion berichtete Director Dr Schmidt aus
Bielefeld über die Auswahl des Materials für die schriftlichen Abiturienten-
prüfungen wärend des letzten Jahrzehends.
Dania trat die Berathung des Lehrplans für den Zeichenunterriclit
nach den gegenwärtigen Bedürfnissen der Gymnasien und Realschulen
ein. Auf diese einzugehn ist unnötig, da das Ministerium selbst eine
Verfügung in dieser Beziehung erlassen wird.
Hierauf wurde von den verschiednen Directoren über den wesent-
lichen Inhalt der seit Michaelis 1857 erschienenen Programme der dem
Programmen -Tauschverband angehörenden Gymnasien und Realschulen
Bericht erstattet und dabei unter Andeutung des in Abhandlungen und
Schulnachrichten vorzugsweise Erwähnenswerthen aus letzteren , beson-
ders das von den bei uns bestehenden Einrichtungen abweichende her-
vorgehoben. Demnächst aber wurde die Frage aufgeworfen: ob wol die
gegenwärtige Einrichtung der Programme eine zweckmäszige sei. Es
wurde hingewiesen auf die hohen Druckkosten, die geringe wissenschaft-
liche Ausbeute mancher Abhandlungen, die Unlust mancher Lehrer zur
Uebernahme der Arbeit. Man einigte sich dahin, dasz nicht in jedem
Jahre es einer wifsenschaftlichen Abhandlung bedürfe und jede Anstalt
nur jedes dritte Jahr dazu verpflichtet sei. Auch die Verkürzung der
Schulnachrichten schien notwendig, eine Beschränkung auf das unent-
behrliche, so dasz die Schulnachrichten sich auf einen Druckbogen zu-
sammendrängen lieszen , dessen Versendung auszer der Provinz in den
Jahren, wo keine Abhandlung beigegeben werde, ganz unterbleiben könne.
Sodann wurden neue Lehrmittel besprochen, von Director Schnabel
ein auf den Zeichenunterricht bezüglicher Apparat vorgezeigt und er-
läutert, von Director Müncb technologische Modelle und ein Apparat
496 Personalnolizen.
zur Unterstützung^ der Anschauung beim Unterricht in der Stereometrie
xmd namentlich in der beschreibenden Geometrie.
Ein Bericht über die bei den Gymnasien der Provinz neu erfolgten
milden Stiftungen, einzelne Anträge und Wünsche einzelner Mitglieder
bildeten den Schlusz der 14n westphälischen Directoren-Conferenz.
Pei^sonaliiotizen,
Erncnnung^cn, BcfürderungeD , Versetieungen:
Berner, Dr, ao. Prof., zum ord. Prof. iu der juristischen Facultät
der Universität Berlin ern. — Bodin, Dr, als Collaborator am Gymna-
sium zu Prenzlau angest. — Drenckhahn, SchAC, als Adiunct am
Pädagogium zu Puttbus angest. — Fe 11 er, Dr Theod., SchAC, zur
Vollendung seines Probejahrs vom Progymnasium zu Aunaberg dem
Gymnasium zu Zittau überwiesen. — Franck, Dr, ord. Lehrer am
Gymn. zu Neu -Stettin, in gl. Eigensch. an das Gymn. zu Pyritz be-
rufen. — Gallenkamp, Dr, Director der Realschule in Mülheim an
der Ruhr, zum Director der städtischen Gewerbeschule in Berlin berufen.
— Hanne, Dr theol. et phil., Pastor »u Salzhemmendorf im Hanno-
verschen , zum ord. Prof. in der theol. Facultät der Universität Greifs-
wald ern. — Hanow, Dr Frdr., als ord. Lehrer am Gymnasium zu So-
rau angest. — Heidrich, SchAC., als wissenschaftlicLer Hülfslelirer
am Friedrich-Wilhelms -Gymnasium zu Posen angestellt. — Hultsch,
Dr, ord. Lehrer am Gymnasium zu Zwickau, in gl. Eigenschaft an das
Gymn. "St. Crucis in Dresden berufen. — Jordan, SchAC., als Colla-
borator am Gymn. zu Prenzlau angest. — Kern, Dr Prof. am Gymn.
Casimirianum zu Coburg , zum Dir, der Realschule in Mülheim a. d. R.
ern. — Meckbach, ord. Lehrer am Gymnasium zu Tilsit, zum Ober-
lehrer befördert. — Peter, Dr, wissenschaftl. Hülfslehrer am Friedrich-
Wilhelms-Gymnasium in Posen , zum ordentlichen Lehrer das. befördert.
— Radebold, SchAC, als ordentl. Lehrer am Gymn. zu Dortmund
angestellt. — Seh äffer, Lehrer, als Collaborator am Gymnasium zu
Prenzlau angest. — Schneider, Dr Rieh,, SchAC, als ordentlicher
Lehrer am Gymn. zu Elberfeld angest. — Serf, wissenschaftl. Hülfs-
lehrer am Friedrich-Wilhelms-Gymn. zu Cöln , zum ordentlichen Lehrer
befördert. — Stephan, Dr, SchAC, als Civilinspector an der Ritter-
akademie in Liegnitz angest. — Vitz, Dr, als ord. Lehrer am Gymn.
zu Torgau angest. — Vogel, Dr Theod., ord. Lehrer am G_ymn. zu
Zittau, in gl. Eigenschaft an das Gymn. zu Zwickau versetzt. — We-
ber, Dr Theod., ao. Prof. in Leipzig, als ord. Prof. in der med. Fa-
cultät an die Universität in Halle berufen.
Pracdiciert:
Jahne, DrCarl Traug., Conrector am Gymn. zu Budissin , er-
hielt das Dienstprädicat 'Professor'.
Qostorben :
Am 20. Sept. in Berlin der Prof. am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium
Dr Dense hie, bekannt durch seine tiefen platonischen Studien, aber
auch als Lehrer mit dem gesegnetsten Erfolg thätig, von mir und allen
die ihn kannten als anima pia et Candida herzlichst geliebt. — Mitte Oct.
in München der bekannte Herausgeber eines deutschen Wörterbuchs,
Prof. em. Chr. Fr. L. Wurm. — Am 21. Oct. in Marburg mein ehe-
maliger Lehrer, Dr Karl Frdr. Weber, ord. Prof. der kl. Philologie,
früher Lehrer am Gymn. zu Zeitz, dann in Darmstadt, zuletzt Dir. am
Gymn. zu Kassel. — Am 2(3. Oct. in Berhn der grosze Jurist, Staats-
min. a. D. Dr Frdr. Karl von Savigny, geb. 1779 zu Frankfurt
a. M. — An demselben Tage in Göttingen der Geh. Hofr. Prof. Dr v o n
Siebold, Dir. der Entbindungsanstalt.
Zweite Abteilimg:
für Gyniuasialpädagogik und die übrigen Lelirfäclier,
mit Ausschlusz der classischen Philologie,
herausgegeben tou Rudolph Dietsch.
(13.)
August Schleicher: zur Morphologie der Sprache. St Peters-
burg 1859. (L. Voss in Leipzig.) 38 S. Folio. 12%Ngr.
(Mit Rücksicht auf Dr H. Steinthals Charakteristik der hauiJtsäch-
lichsten Typen des Sprachbaus.)
(Fortsetzung von S. 449 — 456.)
B. Welche von den Formeln kommen thatsächlich in den von
Schleicher erörterten Sprachen vor? (S. 8 — 35).
I) Isolierende Klasse der Sprachen. Finden sich Spra-
chen der Formel A (vgl. oben), d. b. gibt es wirklich Sprachen, in
denen, was oben blos als möglicher Fall angenommen wurde, die
unveränderliche Wurzel zugleich Wort ist und der Satz sich da-
durch bildet, dasz Wurzel neben Wurzel isoliert stehend ein ver-
ständliches Ganzes bildet und der Satz mit der Formel AB zu bezeich-
nen wäre ?
Für alle Völker, deren Worte flectieren, also auch für uns ist
eine Sprache der Formel A B so auffällig, dasz wir uns nur sehr schwer
in sie hineindenken können; denn sie widerspricht allen unsern herge-
brachten Begriffen vom Satz, ja sogar vom Wort. Und doch — soll
ein Neubau der philosophischen Grammatik begonnen werden, soll
sich eine Aussicht auf sein Gelingen erölTnen , so werden die Gram-
matiker künftig gerade von diesen isolierenden Sprachen ausgehn
müszen, wärend sie diese zeither ganz unbeachtet bei Seite liegen
lieszen. Schleicher und Steinthal wenigstens sind von ihnen aus-
gegangen, haben sie, wie sie beide nicht anders konnten, an die Spitze
gestellt und so zur sichern Grundlage ihrer Untersuchungen über Wort
und Sprache gemacht. Die hohe Wichtigkeit der isolierenden
Sprachklassen für die Grammatik überhaupt ist auszer allem Zwei-
fel gestellt; mag also ein erdichtetes Beispiel die Sache vorweg er-
läutern.
Einen lateinischen Satz: 'av vulp ed cas' — verstehn weder
wir, noch würde ihn ein Römer verstanden haben. Wir vermissen
]V. Jahrb. f. Phil. u.Päd. II. Abt. 1S61. Hft 11 u. 12. 32
498 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
gerade die Hauptsache, ncmlich die Flexion, und mit ihr die Unter-
scheidung der Satz-, also zugleich auch der Redeteile.
Anders der Chinese, dessen Sprache zu den isolierenden gehört.
Dem Chinesen wäre — - mutatis mutandis — ein solcher Satz völlig
verständlich; ja er bildet alle seine Sätze nur in dieser Weise. Er
würde — nota bcne: freilich nur in der hier absichtlich gewählten
Stellung- — in der lateinischen Wurzel av ein Attribut, in vulp vor
ed, als einem Prädicat, ein Subject und in cas nach ed ein Object
finden, und demgemäsz einen solchen Satz, enthielte er statt der latei-
nischen entsprechende chinesische Wurzeln, ganz gut verstehn und
diesen in lateinisch fl edierten Formen nur so auffassen: av-ida
vulp-es ed-it cas-enm. Begreiflicherweise kann in einer solchen
Sprache von Formenlehre gar nicht die Rede sein; denn sie hat ja
gar keine Worte, sondern laufer unveränderliche Wurzeln. Des
Chinesen ganze Grammatik schrumpft so zu einer bloszen Synta.xis
(der Wurzeln) zusammen. Auch Redeteile kann eine solche Sprache
nicht haben, und die Wurzel a v, die in der Stellung des obigen Satzes
ein Attribut ist, also av-ida bezeichnet, könnte als chinesische im
Lexikon ebensogut mit der Bedeulung: avere, avidilas aufgeführt sein
(vgl. die klare, vorlrelTliche Darstellung der Sache bei Steinlhal
S. 112 — 148, der gerade hier, wo es so sehr noflhut, auszer der mor-,
phologischen Gestalt auch die Function des chinesischen Wortes
0=: Wurzel) betrachtet und beleuchtet).
Schleicher fragt: gibt es thatsächlich Sprachen mit der Formel
ABC..., d. h. wo zwei oder mehr Wurzeln den Satz bilden? Hier
liegt aber die "Vorfrage nahe: gibt es eine Sprache, in der die eine
Formel A zugleich Wurzel und Satz kennzeichnet? Schleicher selbst
hat diese Frage durch sein erstes chinesisches Beispiel (vgl. unten)
bejaht; aber schon vor ihm haben K. W. Heyse*) und Dr Stein-
thal den Beweis für die Möglichkeit einer solchen Sprache geliefert.
Beide lehren dasz die Quelle des Wortes, die Wurzelschöpfung,
nicht auf den logischen Kategorien, sondern auf psychologischen Pro-
cessen beruhe. Demgemäsz suchen und finden sie diese Quelle in der
Erregung des Gemüts, die von innern heftigen Empfindungen oder
der kräftigen Einwirkung äuszerer Objecto ausgeht und die Ge-
berde und die Sprachwerkzeuge des Leibes reizt und so die Schöpfung
des Urvvorlos mit Notwendigkeit zuwege bringt. Wie nun in den Ur-
anfängen der Kindersprache die Schöpfung schon einer einzigen Wur-
*) Wenn Schleicher über K. W. Heyses 'System der Sprach-
wissenschaft ' übereinstimmend mit so Vielen S. 8 ein sehr ^ünstipes
Urteil äuszert und seine Ausführungen vortrefflich nennt, aber 'in den
Teilen nach dem Schlüsse des Werkes hin weniger befriedigendes und
helelirendes' findet, so mag es ein schweres Ding sein, einen solchen
Spraclienkenner zu 'belehren und ganz zu befriedigen'. Was aber die
Function der Bedeutungs- und der J' eziehungslaii te anbetriift,
so sind K. W. Heyses Ansichten darüber so neu, so bahnbrechend und
allgemeiji giltig, dasz sie für alle, auch für Schleicher, niaszgebend
sein dürften.
Schleicher: zur Morphologie der Sprache. 499
ze\ (=r A) für eine sehr energische Thal, eine ganz ungewöhnliche
Kraftäuszerung des Kindes, die nur durch die stark erregte Gemüts-
stinimung erklärlich ist, gehallen werden musz, ganz so war es in den
Uranfängen der Sprache überhaupt. Diese eine Wurzel, die das Kind
schallt, ist nomen und verbum zumal, ja sie enthält den vollständigen,
ganz verständlichen Salzkeim schon in sich, wie ich dies an der Wur-
zel bu der Kindersprache a.and. O.in diesen Jahrbüchern in populärer
Weise darzuthun den freilich gewagten Versuch gemacht habe. Diese
schailnachahmendo Wurzel bu bedeutet: 'das brüllende Thier ist
wieder da', oder: 'es brüllt eben wieder' ^ — also nomen, verbum
und Satz zumal.
W^as ich Schleicher gegenüber meine ist dies: die Schöpfung
der Wurzel ist das schwierigste, was der Mensch nur in erhöhter,
aufgeregter Stimmung des Gemüts hervorbringen konnte; in den Ur-
anfängen bewegte sich die Sprache lange Zeiträume hindurch in ein-
zelnen Wurzeln, und die eine AVurzel vermittelte das Verständnis der
Menschen unter einander, d. h. sie galt als Satz, so dasz sie 'ohne
allen durch andere Wurzeln vermittelten lautlichen Ausdruck der Be-
ziehung gelassen wurde' (Schi. S. 8 Mitte). Die Wurzelschöpfung des
Kindes, die, ihm allein überlassen, sehr langsam vorschreiten
würde, durchbricht jetzt in ihrem nalurgemäszen langsamen Fort-
gang die vorsprechende Mutter und macht das, was zuerst allein eine
Wirkung des erregten Gemüts war, zu einer bloszen Sache des Gehörs
und des Gedächtnisses. In den Uranfängen der Sprache überhaupt —
von wem hätte da eine solche Störung der naturwüchsigen Entwicklung
der Sprache ausgehn sollen?
Als sich zu der einen Wurzel A, neben die sich ursprünglich
andere Wurzeln, AB..., als volle Sätze zusammenhangslos stellten,
noch eine zweite W^urzel B so gesellte, dasz nun die Formel A B
als Satz entstand und als Einheit galt, so setzt dies zweierlei voraus:
1) einmal schon einen gewissen Vorrat von geschaffnen Wurzeln und
2) dasz diese ■ — und zwar Laut und Sinn — bereits im Gedächtnis der
Glieder, der Stammesgenossen festhafteten; zu beidem gehörten aber
gewis sehr lange Zeiträume.
Eine Sprache der einen Wurzel A ist natürlich nicht nachweisbar;
so gewis ihre Existenz ist, so fällt sie doch lange vor die Zeit der
Erfindung der Schrift: nur in der ersten Kindersprache und in ver-
einzelten Fällen auch in der chinesischen sind davon noch Spuren zu
entdecken. Ja auch eine Sprache durchweg mit der Formel A B...,
in der also zwei oder mehr Wurzeln als Salz gelten, ist nicht mehr
vorhanden. Am nächsten dieser Formel A B kommen die isolie-
renden Sprachen und unter ihnen wieder besonders
a) die chinesische:
Beispiele:
toüy respondere, coram, par) (er) an twortete
1) Formel A: ^^jj^ yerba, dicere, vocare } "* " (und) sprach.
32*
500 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
In diesem Beispiel findet sich also der eben besprochne verein-
zelte FbH , dasz die eine, natürlich ganz unveränderliche Wurzel
A Wort und Satz zumal bedeutet; zu ihr tritt ohne alle lautliche An-
deutung eine zweite Wurzel B, die wiederum zugleich ein Salz ist.
Der lexikalische Beisatz der lateinischen Worte beweist, dasz im
Chinesischen von einer Trennung des nomen und verbum, überhaupt
von Redeteilen in unserm Sinn gar keine Spur vorhanden ist; denn
der Be deu tungs la ut toüy bleibt unveränderlich , gleichviel ob er
in dem einen Satz respondere , in einem andern coram oder par be-
deutet; mithin hat diese Sprache keine Worte, sondern blos
W^urzeln: vgl. oben das lateinische Beispiel.
min ko kiu pu ko hia
2) Formel AB..., z. B: y^ll^ ^^H^,^ ^^^^ ,jJp,^j ^^1,^,^ ^^^^Qn^
d. h. 'das Volk soll man sich nähern, nicht soll man es herabdrücken',
wobei ausdrücklich noch zu bemerken, dasz dem Inlinitivus 'sollen'
kein cliinesischer entspricht, sondern statt dessen eine blosze Wurzel.
Da das Verständnis von der Stellung des Wortes im Satz, von
der Syiilaxis abhängt, so sind formelhafte Zusammenstellungen , wie
sie sich auch in unsern Sprachen finden, in der chinesischen gewis
sehr häufig. Dahin scheinen die Beispiele bei Steinthal (S. 123) zu
gehören: ni tun, wo si, du Ost, ich West = nicht übereinstim-
men; ni wen, wo ta , du fragen, ich antworten := plaudern; wen
ta = Frage — Antwort = Unterredung; fu — mu, Valer, Mutter
= Eltern.
Probe eines zusammengesetzten Salzes, natürlich ohne Conjunction:
lau thai-thai khyü si si wo hwan syaa
alt Frau scheiden Welt Zeit ich noch jung,
d. h. die alte Frau schied (aus der) Welt (zur) Zeit, (als) ich noch
jung (war). — Ebendaselbst S. 135:
ouäng youe seon pö yonen chy ly eul läy
König sprechen Greis nicht fern 1000 Meile und kommen
y tsiäng yeöu y ly ou köne hon
auch wollen haben zu Vorteil ich (mein) Reich Fragepartikel,
d. h. : der König sprach: o Greis, (da du) nicht fern (achtend) 1000
Meilen gekommen bist, hättest du auch wol (tsiäng bestimmt als Hülfs-
wurzel den Modus der Wurzel yeöu, also zusammen etwa: habeasne)
(etwas) zum Vorteil meines Reichs? NB. Die Wurzel y hier := zu
heiszt auch 'gebrauchen'; die innere Bedeutung des verbum und
der Präposition ist im vorliegenden Fall klar (Schleicher: die
Sprachen Europas S. 51).
3) For m el A + Ä. Neben den Bedeutungslaut tritt eine zweite
gleichfalls unveränderliche Wurzel , die aber ihre Bedeutung schon
verallgemeinert hat, also gewissermaszen Beziehungslaut oder
Hülfswurzel geworden ist: vgl. die Wurzel iu für Dativ, ci für
Genetiv und men für den Pluralis in den folgenden Beispielen. Dasz
auch diese Hülfswurzeln früher eine concrete Bedeutung hatten,
Sclileicher: zur Morphologie der Sprache. 501
beweist der Umstand, dasz z. B. men (:^= PItiralzeichen) auch noch
Klasse bedeutet (vgl. Steinlhal S. 131).
Beispiele:
iu , min ,. nyo ego men (Plu- = ego im Plural,
„•„ homini; • popui; i • i ^ a n
zin Ol • «^ ' ralzeiclien) das Ganze =
ti (Passivum); nos-ter;
si
. = Stein; Kind = Stein-chen.
4) Zu bemerken ist noch, dasz in nicht seltnen Fällen der so-
genannte Accent, ohne das Lantmaferial der Wurzel selbst irgendwie
zu ändern, eine Aenderung zwar nicht der Bedeutung, aber, um unser»
hergebrachten BegrilTen gemäsz zu reden, gewissermaszen eine Aen-
derung des Redeteils bewirkt, z. B. hau gut, häo lieben; hiä unten.
Unterteil, hia hinabsteigen ; Ihang kochendes Wasser, thäng brühen usw.
b) Kassia-Spr a che (v. d. Gabelen tz: Grammatik und Wörter-
buch. Leipzig 1858). Schleicher S.U. 12.
Der Bedeiilungslaut unveränderlich; die Beziehungslaute, gleich-
falls unveränderliche Wurzeln, haben ihre Bedeutung schon verändert;
sie sind sämllich nicht, wie in unsern Sprachen, Posfpositionen, son-
dern Präpositionen, also Formel l4 -}- A. Die Beziehungslaute häufen
sich bis zu fiinf, so dasz die Formel eines solchen Wortes diese ist:
'A -j- B -|- 'C -f- D -f- E -)- A , z. B. i a u b a 1 a py n - li h, genau :
*zu — dem — welcher — haben — machen — weisz ', d. h. d e a I -
balo, dem geweiszten. Erklärung: die Wurzel lih ist nomen
und verbum und heiszt 1) weisz, 2) weisz sein; die vortretenden Be-
ziehungslaute bedeuten: ia Zeichen des Dativs; u männlicher Artikel
durch den ganzen Singularis; ba, Belativ, bildet Participia; la, Pos-
sessiv, bildet das Präteritum; pyn bildet causativa.
Da beiderlei Laute sowol der Bedeutung als auch der Beziehung
unveränderlich sind, so ist eine b uc h s tä b 1 i ch e Ueberselzung aus
diesen isolierenden Sprachen in unsere gar nicht möglich. Schleicher
versucht den Satz
u kun u briu u long u trai ka sabbath
der Sohn des Menschen (der) ist der Herr des Sabbath
mit Weglassung der hier beigesetzten Flexion ins Indo- europäische
zu übersetzen. Natürlich kommt dabei nichts anderes heraus, als ein
Satz ganz wie der oben erdichtete lateinische: av vulp ed cas.
Unsere neuhochdeutsche Sprache taugt gar nicht zur Verdeutlichung.
Mit gothischen Wurzeln würde ich diesen Salz der Kassia-Sprache
so bilden; sa sun sa man (sa) is sa fr au so sabbath, was
natürlich kein Golhc verstanden hätte, da ihm nur die flectierten
Formen: sa sun us this man-s (sa) ist sa frau-ja thizes sabbath ver-
ständlich waren. — Bei dem sonst durchgeführten Princip dieser
Sprache, die Beziehungslaute vor die Wurzel zu siellen, fallen Bil-
dungen wie: mih-ngi Aufstehn — Sonne = Sonnenaufgang, trai-iing
502 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
Herr — Haus = Hausherr, rang-bah Mann (der) — Grösze = Haupl-
mann, sehr auf, und auch hier zeigt sich wiederum ein schroffer
Gegensatz zu unsern Sprachen; denn wir bilden gerade umgekehrt die
zusammengesetzten Worte nicht, wie hier, durch Postposilion, sondern
durch Vorstellung der ßeziehungswurzel.
c) Sprache der Namaqua (Wallmann: Formenlehre der
Namaqua-Sprache S. 12 — 14).
Das morphologische Grundprincip auch dieser Sprache ist
das isolierende, d. h. sie stellt Wurzel lose neben Wurzel. Die
Bedeiilnngslaute sind aber wie bei uns Postpositionen, also Formel
A + A. Die Wurzeln gelten als verba, und zwar für jede Person und
jedes Tempus. Die Reduplication scheint verbale Kraft zu haben,
z. ß. Wurzel: |o (das Zeichen | vor dem o bedeutet einen Schnalz-
laut), davon : |o -}- |o; die blosze Wurzel heiszt: eng, die wieder-
holte: ängstigen; ebenso: Ijanu, rein, ||anu + [|anu reinigen. Auch
verschiedne Wurzeln setzen sich zusammen, z. ß. Wurzel ä trinken
und ||ö sterben, davon ä + Ijö ersaufen. Die Tempora des verbum
helfen die Partikeln go und ni bilden, z. B. koi-ba ma, Mensch — er
- — geben = der Mensch gibt; koi-ba go ma, Mensch — er — damals
geben = der Mensch hat gegeben; koi-ba nl ma , Mensch — er —
einst geben ^- der Mensch wird geben. Die Wurzel ma selbst bleibt,
da es eine isolierende Sprache ist, natürlich unverändert. Ein
Sa tz : ei-b ge sa-da ||gii, genau : ^er — er sein (= ist) du — ich
(:i= wir) Vater', d. h.: er ist unser Vater. Auch hier bedeutet die
Wurzel ||gu als nomen und verbum zugleich: l) Vater und 2) zeugen.
Isolierend ist endlich IV) auch das Brahmanische: vgl. Schleicher
S. 15 u. 16.
II) Zusammenfügende Klasse (II) der Sprachen.
Unter dieser Klasse (II) der zusammenfügenden Sprachen
bespricht und erläutert der Verfasser den morphologischen Bau fol-
gender: 1) der drawidischen, wozu das Tamil gehört, 2) der
finnisch -tatarischen (auch altaische, uralaltische genannt),
wozu a) das Türkische mit dem Jakutischen und /3) das Ma-
gyarische gehört, 3) einiger südafrikanischen Sprachen (des
Zulu und Ileroro), 4) des Koptischen, 5) der Thusch-S pr ache
und 6) des Baskischen.
Grundregeln: l) Gemeinsames mit der isolierenden Klasse (I) :
der Bedeutungslaut bleibt in beiden Klassen unverändert. 2) Unter-
schiede: die Beziehungslaute stehn nicht, wie in Klasse I,
lose neben der Wurzel, sondern lehnen sich an sie an.
Folge davon ist: sie können nicht blos a) vor und ß) hinter der
Wurzel stehn, sondern auch in sie hineinwachsen, also Formel
A a, a A, J^ und a A b.
Einige Beispiele, das eine gewählt wegen der räumlichen
Nähe des die betreffende Sprache redenden Volks, die andern wegen
Schleicher: zur Murphulogio der Sprache. 503
der schroffen Abweichung von allen Grundanschauungen, die wir mit
Beugungslehre und Synlaxis verbinden.
a) Magyarische Beispiele (vgl. auch Schleicher: die
Sprachen Europas S. 86 ff.).
Batya, allerer Bruder; bälydm, mein älterer Bruder; bätyäme,
meinem älteren Bruder angehörig; bätyämek, plural. davon, die Ange-
hörigen meines älteren Bruders; bätyämeknal, bei den Angehörigen
meines älteren Bruders — lauter Pos(posilionen (= A a b c usw.),
wofür wir den Genetivus possessivus oder possessivische Pronomina
nnd Adjectiva (mens, fraternus) gebrauchen würden. Da diese Post-
positionen einen ähnlichen Charakter haben wie unsere Flexions-En-
dungen, so bezeichnet sie Schleicher statt mit a b c durch aß'y.
Ebenso Wurzel hal; a hal der Fisch; a hal-nak dem Fische;
a hal-at den Fisch; a bal-ban in dem Fische; a bal-ba in den Fisch;
a hal-boi aus dem Fische; a bal-on auf, an dem Fische; a hal-ra auf
den Fisch; a hal-rol von dem Fische weg; a hal-hoz zu dem Fische;
a hal-ert für den Fisch, wegen des Fisches; a hal-val mit dem Fische;
a bal-kep wie ein Fisch nsw. Zwanzig solcher Casusendungen (=
unserem Redeteil der Präposition) werden mit dem Worte zusam-
mengeschrieben, noch zahlreichere von ihm gelrennt.
b) Türkisclie Beispiele:
Die türkische Sprache erreicht nicht den vollen Ausdruck des
Salzes. Sie scheidet zwar nonien und verbum , das Prädicat drücken
aber bloszo Participialien aus. Mit andern Worlen — sie kann nicht
sagen: amo, amas, homo amat, sondern nur: homo an\ans. Ganz gegen
unsere logisch -grammatischen Ansichten tritt also an die Stelle des
dem Türken unbekannten prädicativen Satzverhällnisses ergänzend
das a ttri bii ti ve. Formel : A a b c. .. , also Posiposition der Bezie-
hungslaute wie im Magyarischen.
Beispiele:
Sev (unveränderliche Wurzel), lieben; mek (oder mag) Endung
des Infinilivus. Affix a: 1) mc, ma bildet negative Verba ; 2) a-me,
e-me Impossibilia ; 3) dir, dur Transitiva ; 4) il Passiva; 5) in, en Re-
flexiva; 6) isch, usch Reciproca.
Probe von Verbalbildungen:
1) sev-mek lieben
sev-me-mek nicht lieben
sev-e-me-mek nicht lieben können;
2) sev-dir-mek zum Lieben nötigen
sev-dir-me-mek nicht zum Lieben nötigen
sev-dir-e-me-mek nicht zum Lieben nötigen können ;
3) sev-dir-isch-mek einer den andern sich gegenseitig zu lieben nötigen
sev-dir-isch-me-mek sich gegenseilig zu lieben nichl nötigen
sev-dir-isch-e-me-mek sich gegenseilig zu lieben nicht nötigen kön-
nen usw. usw.
504 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
Sind hier die wurzelartigen Beziehungslaute alle Postpositioneti,
so zeigt sich in den südafrikanischen Sprachen Vor- und Nachstellung,
z. B. im Zulu: umu-ti Baum, imi-li Bäume; im Heroro: omu-ti Baum,
omi ti Bäume; oku-sut-a (= aAb) bezahlen; oku-ri-sut-a (ri reflexiv),
sich bezahlen; uku-zi-bek-el-is-a (= a b A c d e) , für sich selbst auf-
bewahren.
c) Ein baskisch es Beispiel :
Nachdem Schleicher den morphologischen Bau der kopti-
schen (S. 20 —24) und der T h us ch - S p r ach e (S. 25 — 27) nach-
gewiesen, deutet er die Gestalt des Wortes im Baskischen (S. 27)
kurz an. Diese Sprache überbietet an wunderlichen Lautschöpfungen
wol alle übrigen. Die Beziehungslaute können teils vor, teils hinler
die Wurzel treten; die Beugung des Verbum ist so manigfallig und
verwickelt, dasz Grammatiker dieser Sprache 206 Conjugalionen ange-
nommen haben ; vgl. auch Schleicher: die Sprachen Europas S. 104 ff.
Ein Beispiel mag die sonderbare Gestalt des Wortes wenigstens an-
deuten.
U-j-o-z-a-c — welch wunderliches Laulgebilde ! Man traut kaum
seinen Augen, wenn es der Verfasser übersetzt durch: ^e r hat sie
getödet, 0 Mann', denn man weisz nicht, ist's ein Wort oder ist's
ein Satz? und doch scheint es beides zumal? Wer würde namentlich
gleichsam als Zugabe darin noch einen Vocativus entdecken? Dieses
Laulgebilde ist aber so zu erklären: unveränderliche Wurzel: il,
töden ; j Kennbuchstabe der familiären 2n Person zur Bezeichnung der
persona vocaliva; ferner o Wurzel des Hülfsverbum; z persona accu-
saliva := sie ; a Bindevocal und endlich c charakterisiert die ange-
redete Person als M a n n. Folglich ist alles zusammen möglichst genau :
töden — 0 du — hat (er) — sie — Mann. Gerade die Stellung
der Beziehungslaute, welche die Morphologie besonders zu beachten
hat, ist in diesem baskischen Beispiel überaus sonderbar und wunder-
lich. Voran geht die Wurzel il, toden; neu sind aber die Beziehungs-
laule o-z := hat (er) — sie, welche nach unserer Art zu construieren
eng zur Wurzel il gehören, von dieser durch das dazvvischenlreteniie
j geschieden , und wiederum steht das c (= angeredete männliche
Person) von dem j, mit dem zusammen es: o du Mann — heiszt,
weit ab ganz am Ende des wunderlichen Wortgebildes, das also einen
ganzen Satz zusamt einem Vocalivus darstellt.
Eine solche Sprache, die allen unsern Begriffen von Wort- und
Satzbildung so schnurstracks \nderstreitet und sich der Einwirkung
der indo-europäischen Sprachen so lange Zeiten ganz zu entziehn ge-
wust hat, musz nicht blos uralt sein, sondern sie setzt, wie dies
Steinthal auszudrücken pflegt, eine ganz andere i n nere Sprach-
form voraus , die sich der Geist dieses Volks in der Urzeit im
Gegensalz zu den Sanskrit-Völkern geschaffen hat. Ihre Aneignung
für den Sprachgebrauch ist wol für jeden, der sie nicht von der
Mutter gelernt, eine überaus schwierige, wenn nicht eine unmögliche
Aufgabe.
Schleiclier: zur Morpliologie der Sprache. 505
(1) Teilt man die Sprachen inorj)hologisch in die drei oben ange-
gebnen Klassen, so fragt sich: in welche gehören die amerikani-
schen, z. 13. die mexikanische? Schleicher traut sich trotz
seiner Kenntnis derselben vor der Hand eine bestimmte Einordniins: in
die III Klassen noch nicht zu. Behält man diese bei, so scheinen sie
in die zusammenfügende Klasse (II) zu gehören. Steinthal
(S. 202 ff,) lindct das Grundprincip z. B. der mexikanischen Sprache
in dem Process der Zusammensetzung des Wortes. Er sagt; ^das
Mittel, durch welches die Verbindung der Worte im Satz erreicht
wird, ist die Zusammensetzung.' Das Substantivum ist nicht
mehr blosze Wurzel, sondern, da es eine Endung tl hat, schon ein
Wort; aber im Satz als Object oder auch in andern Verhältnissen ver-
liert es diese Endung wieder und sinkt so wieder gewissermaszen zur
nackten Wurzel herab. Der Salz im Blexikanischen sieht unsern zu-
sammengesetzten Worten ganz ähnlich, z. B. Steinthal S.205: sösfi-ll,
Blume, ni-tenioa, ich suche. Satz: ni-sosti-temoa, ich — Blumen —
suche; naka-ll Fleisch, kwa essen; ni-naka-k\va ich — Fleisch — esse;
yek-tli gut, Satz: ti-yek-nemi, du — gut — lebst ; ni-nemat-ka-nemi,
ich — klug — seiend — lebe; eingefügtes Instrument: tle-tl, Feuer;
ni-k-tle-wasta in naka-tl = ich — es (am) — Feuer — brate das
Fleisch. Wie im Türkischen das fehlende prädicative durch das
attributive, so w ird hier dasselbe durch ein compositionelles
Satzverhältnis vertreten und ergänzt.
3Iit einem Worte: fast alles ist in a 1 len diesen bereits be-
rührten Sprachen anders, als es nach den Gesetzen unsrer so genannten
allgemeinen Grammatik sein müste. Diese lehrt: Denk- und Sprach-
gesetze laufen ganz parallel; Begriff und Urteil, Wort und Satz setzen
sich gegenseitig voraus und decken sich vollständig — aber die Spra-
chen dieser beiden ersten Klassen, der isolierenden und der zu-
sammenfügenden, widersprechen diesen Grundgesetzen namentlich
in Betreff der Beziehungslaute fast überall und schlieszen sich ans
dem Schema unsrer älteren philosophischen Sprachlehre ganz aus.
Die Völker aber, die diese Sprachen sprechen, zählen nach Hunderten
von Millionen und bewohnen den bei weitem grösten Teil der Erde.
Fallen aber diese so zahlreichen unter einander wieder so verschied-
nen Sprachen aus dem Schema der philosophischen Grammatik heraus
— nun so gebürt dieser doch wahrlich nichts weniger, als der Name
einer a 1 1 ge ui ei n en.
Sind wir zeithor in unbekannterem oder wildfremdem Fahrwas-
ser gesegelt, so dasz wir uns ohne die beiden kundigen Steuerleute
Schleicher und Steinthal leicht verirrt und Schaden hätten neh-
men können, so lenkt jetzt unser Schifflein in bekannleres Fahrwasser
ein und setzt uns aus auf unsern eignen Grund und Boden.
III) Flectierende Klasse der Sprachen (Schi. S. 28 IT.).
Formular-Wurzel = A"; stammbildende ßeziehungslaute =r: a b
...; Casus- und Verbal-Suffixe = aßy, z. B. xwft-i/, ar-a = A^ a ;
5ü6 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
dom-u-s, fiii-i-s, v6^-o-g, laud-a-re, nion-e-re, pun-i-re = A* a «. —
Dasz sich Beziehungs-, ja sogar Bedeutungslaute im Laufe der Zeit ab-
schleifen, verkürzen und ganz wegfallen (lat. servus, servn(!9), franz.
serf; golh. handus, fotus, nhd. Hand, Fusz; facere, franz. faire; insula,
isle, ile) und dann oft durch Hülfsworte bezeichnet werden, ist allbe-
kannt, hier aber nicht weiter zu erörtern, da Schleicher ohne Rück-
sicht auf die geschichtlichen Veränderungen nur den nachweisbar älte-
sten Stand der Sprachen ins Auge faszt, in welchem die Wurzeln dieser
Klasse (111) in aller Regel nicht nackt auftreten, sondern einen ßezie-
hungslaut haben.
Worin unterscheidet sich nun Klasse III von den beiden ersten,
der isolierenden und zusammenfügenden?
A) D i e W u r z e l. In den beiden ersten Klassen ist die Wurzel
stets unveränderlich, mögen dieBeziehungslaute ganz fehlen
oder deren einer oder mehrere antreten. Ganz anders in den
f lecti e r en d en Sprachen. Diesen sind Veränderungen des Be-
deulungslautes ureigentümlich und von manigfacher Art, z. B. Band,
Bund, binde; ni&: nd&ta, ninotd-a; voc: vüc-s; duc: diic-o; ßijvai.:
ßcc&i; dar, der: skr. däru Holz, öoqv; tq^x'. tqox-o-q und TQOX-o-g*)
usw. in unzähligen Fällen. Die Antwort auf die eben gestellte Frage
ist also in Betreff der Wurzel leicht; sie lautet einfach: die beiden
ersten Klassen haben nur unveränderliche, die flectier enden
dagegen veränderliche Wurzeln. Schwieriger ist die Vergleichung
der Beziehungslaute in den drei Klassen.
B) Die Beziehungslaute des Wortes. Sprachen ohne
Bedeulungslaute (= Wurzeln) sind nicht denkbar — und dies ist ein
oberster, allgemeingültiger Grundsatz. Ganz anders mit den Bezie-
hungslauten. Weil in unsern flectierenden Sprachen sich überall
Beziehungslaute zeigen, so hat die zeitherige a 1 Igem ei ne Grammatik
diese in allen vorausgesetzt. Wie grundfalsch diese Voraussetzung
ist, zeigt die bereits geführte Erörterung vollständig.
Die Beziehung musz natürlich in den Sprachen irgendwie ausge-
drückt sein. Auch Schleicher, der von der F u nction des Wortes
meist absieht, deutet darauf, freilich nur in einer sehr kurz gefaszten
Parenthese (S. 3 oben), hin.
*) Vgl. Steinthals feine Bemerkungen über den Accent beider
Worte. Neben xqÖxos, KÖiinos steht zQoxög, KoiMnog — woher die Ver-
ßchiedenheit des Accents? Bekanntlich ist das Suffix s (das Zeichen
des nomen und Geschlechts) die demonstrative Partikel sa, so (griech.
6, ry, wie iQnw: serpo ; snoiicci: sequor). Das Gefühl für die ursprüng-
liche Bedeutung des s in >co'|U.7ros, rgöxog war in geschiclitlicher Zeit
dem Griechen schon ganz und gar abhanden gekommen, in rgoxog,
KOiinög, Läuf-er, Prahl-er bricht es noch dunkel hervor; jene sind no-
nüua der Handlung und der Ton ruht auf dem Bedeutungslaut; in
diesen erhält der Accent dem Beziehungslaut s (:= sa, der, er) seine
Kraft, die Fers ön 1 ichk eit zu bezeichnen, die er uranfänglich gehabt
hatte. Auch die ältere griechische Grammatik kannte diese Thatsache;
da sie aber Laut und Sinn des s nicht zu deuten wüste, vei'raochte sie
die Thatsache nicht zu erklären.
Schleicher: zur Morphologie der Sprache. 507
a) Der chinesischen Sprache fehlen aber im Grunde alle Be-
zieh u ngs I a iite; nur in den Hülfswurzein könnte man gewisser-
maszen solche finden wollen. Diese Thatsache widerspricht nicht blos
der Annahme der zeitherigen philosophischen Grammatik, dasz alle
Sprachen, um die Beziehung der BegrilFe im Urleil auszudrücken, auch
lautliche Zeichen dafür haben müszen, sondern sie scheint auch die
eben aufgestellte Behauptung umzustoszen, dasz die Beziehung in der
Sprache immer irgendwie miisze ausgedrückt sein. Aber das letztere
ist nur scheinbar.
Auch in dem Geiste des Chinesen liegen natürlich, obgleich er
nur Wurzeln und gar keine Beziehungslaute hat, die logischen Kate-
gorien des attributiven, prädicativen und objectiven Satzverhältnisses,
die wir am Worte im Satz durch Beziehungslaute (~= Endungen) zu
bezeichnen pflegen. 'Es fehlt ihm nur alle Kraft' — wie Steinthal
sagt — 'die Sprachform, die er innerlich hat, lautlich zu
äuszern.' Der Chinese musz daher in dem Zuhörer die Beziehung
der Worte im Satz in ganz anderer Weise anregen, als wir es zu thun
pflegen. Durch 'S te 1 1 un g, Beto n un g, Gru ppierung der Wur-
zeln', an die er sich als herkömmliche von Jugend auf gewöhnt, sucht
er die Beziehung des Wortes im Satz auszudrücken*) und er erreicht
seinen Zweck auch ohne allen lautlichen Ausdruck derselben
so vollkommen, dasz sich seine Sprache zu einer reichen Litteratur
entwickelt hat. Steinthal, der im Gegensatz zu den III Klassen
Schleichers die Sprachen in zwei Klassen: in l) formlose und
2) Fo rmspra che n einteilt, rechnet die chinesische eben wegen ihrer
vortrefTlichen Innern Sprachform sogar zu den Form sprachen;
betrachtet man allein ihre ä u s z ere Gestalt, ihren morphologi-
schen Bau, so wird man sie so hoch nicht stellen können. Resultat:
der Chinese hat keine Beziehungslaute; die Beziehung der Wurzeln
aber musz, soll eine Verständigung zwischen Redendem und Zuhörer
*) Steinthal (S. 114) führt, wie es scheint, mit vollem Recht
auch diese usuelle Stellung der Worte im chinesischen Satze nicht auf
die logischen Gesetze zurück , sondern erkennt in ihr einen psychologi-
schen Akt, Die Stellung drückt nach ihm nicht sovvol eine logisch-
grammatische Beziehung aus, sondern den psycliologi seh en Werth,
das Interesse, das wir an jedem einzelnen Worte des Satzes
nehmen; darnach bestimmt sich die Reihenfolge derselben.
Was uns das wichtigste scheint , erhält eine ausgezeichnete Stellung,,
welche, je nach den Umstanden, entweder der Anfang oder das Ende de*
Satzes sein kann. Was ursprünglich blos psychologisches Interesse war,
wird später zur Gewohnheit, zur eingewurzelten Neigung und so end-
lich zum grammatischen usus. Diese Behauptungen passen auch auf
die Wortstellung anderer Sprachen, namentlich der lateinischen. Die
feste Reihenfolge der Satzteile in der letztern ist gewis uralt und be-
ruht ganz wie bei der chinesischen auf dem psychologischen Interesse;
dieses kann, wenn es kräftiger hervorbricht, die herkömmliche Reihen-
folge bisweilen durchbrechen und z. B. selbst das Verbum an die Spitzo
des Satzes stellen , den es sonst zu schlieszen pflegt. Was jedoch ur-
sprünglich allein gemütliches Interesse gewesen ist, das war zu Ciceros
Zeit natürlich längst bloszer grammatischer usus.
508 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
möglich sein, dennoch irgendwie staftfinden; der Chinese ermöglicht
nun diese Versländigung nicht durch Laute, sondern durch die Fest-
stehende Sielliing der Wurzeln neben einander im Salze, weiche Stel-
lung ursprünglich durch das psychologische Interesse, das der Hedende
an dem einzelnen Satzteil beim Sprechen nimmt, bestimmt, später aber
zum grammatischen usus wurde. Mit andern Worten: die chinesische
Grammatik hat keine Formenlehre, sondern blos eine Syntaxis.
b) So lassen sich die f 1 e c t iere n d en Sprachen von der iso-
lierenden Klasse auch in Betreff des ßeziehungs lautes leicht scheiden.
Wie aber verhalten sich jene in derselben Rücksicht zu Klasse II, der
zusammenfügenden?
Da die Klasse II ebenso wie die flectierende Klasse III Be-
ziehungslaute (= a) besitzt, so fällt der Unterschied minder scIirolT
in die Augen. Aber in Klasse II haben die Bezieluingslaute, wenn sie
auch schon vielfach verkürzt sind, dennoch ganz das Ansehn von Wur-
zeln und gehn nicht in eine Lantform, die uns als volle Einheit er-
schiene, zusammen; sie sind nicht verschmolzen, sondern
gleichsam blos aneinander geleimt. In Betreff des Türkischen
z. B. macht Sleinthal (S. 251) die Sache durch ein sehr glücklicii
gewähltes Bild deutlich. 'Solch ein Wort' — sagt er — Svie das
türkische sev-is-dir-mek (vgl. oben die ähnlich gebildeten magya-
rischen Beispiele) ist wie ein Ringelwurm, den man zer-
schneiden mag, und dann lebt jedes Stück für sich. Wo-
durch ist die Wurzel sev, lieben, von der Wurzel is und diese von
dir verschieden? Höchstens dadurch, dasz letztere nicht allein, son-
dern immer nur zusammengesetzt auftreten.' — Ganz richtig. Der
Türke fühlt das Ganze zwar als Einheit, aber gewis nicht als eine so
innige, als wir in unsern Worten erkennen. Auch liegt die stoffliche,
materielle Bedeutung dieser Beziehungswurzeln noch so klar zu Tage,
dasz sie oben nach Schleicher genau konnte angegeben werden.
Wie ganz anders in den flectierende n Sprachen der Klasse III.
Dem Griechen galt rqoiog, KOfxTtog (vgl. vorher die Note), eßrji', edcov
(skr. adäm) als untrennbare Einheit und der Process, wie sich in vor-
historischer Zeit die Beziehungslaule an die Wurzel angeschmiegt und
was sie ursprünglich bedeutet hatten, war ihm in der lebendigen Rede,
ja selbst in der Vereinzelung des Wortes völlig verdunkelt und bereits
ganz unfühlbar; das Ganze, Wurzel und Beziehungslaute, wa-
ren ihm zur formschönen Einheit geworden. Nur mühsam zerlegt jetzt
der Etymolog durch seine künsllichen Scheidemittel den Stoff des
lebendigen Wortes in unsern flectieronden Sprachen und zersetzt das
zu inniger Einheit verbundene in die ursprünglichen Teile.*)
c) Die isolierenden Sprachen haben, wie schon oft gesagt,
keine Beziehungslaute. Da nun die z us a m menfügen d en (Klasse II)
deren besitzen, so liegt die Frage nahe: stehen diese höher als die
*) Wurzel TQSX, t:qo% = Vokalsteigerung; o stammbildend; s :=
Partikel sa, da, der; also das ganze Wort: zqöxoq; ebenso skr. adäm
{ß8o3v) = a-dä-m (m = mi); also = damals — gab — ich.
Schleicher: zur Morphologie der Sprache. 509
ersten? Nach der morphologischen Gestalt dieser Sprache zu
urleilen, mtiste man sehr geneigt sein sich zu Gunsten der zusam-
menfügenden Sprachen zu entscheiden. Diese haben Mittel die Be-
ziehung der Worte als Satz- und Kedeteile la u tlich zu bezeichnen ;
sie durften davon ja nur den nötigen zwecUniäszigen Gebrauch machen.
— Die Thatsachen drängen aber dazu, die gestellte Frage enlschieden
zu verneinen; kaum eine oder die andere Litteratur der Sprachen der
Klasse II, ungeschriebne oder geschriebne, kann sich z. B. mit der
chinesischen (Klasse 1) vergleichen.
Woher diese auffallende Thatsache? Man könnte es so erklären:
diese zusammenfügenden Sprachen haben des Guten zuviel und
doch — um den Zweck vollständig zu erreichen — wieder zu wenig.
Sieht man sich Worte an wie oben das türkische sev-dir-isch-e-me-mek
oder das aus der Kassia-Sprache ia u ba la pyn = lih — , so sind der
Beziehungslaute wahrlich nicht zu wenige, sondern zu viele; sie er-
drücken die Wurzeln s e v, lieben, und lih, weisz, so dasz diese unter
den Beziehungslauten fast verschwinden. Und was erreichen die fünf
Präpositionen in dem Kassia-Beispiel? Nur sehr unvollkommen, was
unsere zwei Posfpositionen t-em in dem Worte (ge)weisz-t-em ganz
deutlich bezeichnen.
Anstatt, wie dies in unsern f 1 ec tier e nd en Sprachen der Fall
ist, den Sinn der Affixe so zu verallgemeinern, dasz diese — ohne
stolTlichen Inhalt — blos die Beziehungen des Wortes, also das rein
Formale an demselben, andeuteten, suchen die zusammenfügen-
den Sprachen durch die gröszere Zahl ihrer Bedeutungslaute (vgl.
oben die vielen Casus im Magyarischen) denselben Zweck zu er-
reichen. Da aber die Beziehungen der Dinge in der Natur, also auch
der Worte im Salz unberechenbar sind, so liesz sich dies Princip der
Häufung der ßeziehungslaute nicht folgerichtig und zweckentsprechend
durchführen, und diese Sprachen sind gewissermaszen auf dem halben
Wege der Formbildung des Wortes — die eine weiter, die andere
etwas näher am Ziel — stehn geblieben. Der Chinese dagegen führte
sein Princip, die Beziehung lautlich gar nicht auszudrücken, mög-
lichst consequent durch und bildete sich in seinem Geiste so eine
innere Sprachform, die zum Ausdruck der Kategorien des Denkens
vollkommen ausreichte. Doch gehn wir jetzt zu der f 1 ec ti e r e n den
Klasse selbst über.
Schleicher begreift unter der fle et i e rend en Klasse (III)
A) die semitischen und B) die iudo-europäischen Sprachen.
Die Wurzel (A'') , die in den zwei ersten Klassen unveränderlich
war, verändert sich hier regelmäszig; Wurzel und Beziehungslaute
verschmelzen zur vollen Einheit. Die Affixe streifen ihre ursprüng-
liche stoffliche, materielle Bedeutung ganz ab und dienen nur als
Mittel zur Formung des Wortes und zum Ausdruck seiner Beziehun-
gen. Der Infixe thut Schleicher S. 31 bei der Nasalier iing der
Wurzel z. B. fud: fund, jug: jungo; rup: rumpo ; laß: Xafxß (na&og:
niv&og; ßd&og: ßev&og'?); goth. brahfa : brigga ; brachte: bringe;
510 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
dachte: Dank, denke — in Kürze Erwähnung-; vgl. auch Steinthal
S. 293 u. 294.
Mit Hülfe von Affixen, d. h. von demonstrativen Partikeln
oder v»'ie sie ßopp nennt von Pronominal- Wurzeln , scheidet sich
nomen und verbum, die in Klasse I und II entweder noch indilTerent
in der Wurzel liegen oder wenigstens nicht scharf gesondert sind, in
Klasse III schrofT und entschieden von einander ab und das verbum
erfüllt sich mit der Kraft der Aussage und übernimmt so im Satz die
Function des Prädicats.
In Betreff des ursprünglichen Lautes und der Function dieser
demonstrativen Affixe, welche die Beziehungsiaute (= Endungen) in
unsern Sprachen bilden, ist auf Steinthals tief eingehende Er-
örterung der Sache (S. 232 ff.) zu verweisen, da Schleicher auch
hier seinem ausgesprochnen Vorhaben gemäsz nur die morphologische
Gestalt betrachtet und die Rücksicht auf den Raum dem Unterzeichne-
ten Einschränkung gebietet. Nur dies eine mag hier Platz finden.
Steinthal legt der Schöpfung des genus in den Sprachen eine sehr
hohe Bedeutung und folgenreiche Einwirkung auf die Bildung der Salz-
teile und des Salzes überhaupt bei. Spuren des genus (namentlich
beim Pronomen) zeigen sich in mehreren der eben erörterten Sprachen;
scharf ausgeprägt am nomen ist das Geschlecht nur in den tlectieren-
den. Zunächst kommt die Bezeichnung des Geschlechts nur der attri-
butiven Beziehung zugute, aber sie half — so scheint es — allmählich
auch die prä di ca tive ausdrücken. *)
A) Die semitischen Sprachen.
Morphologische Grundzüge: l) Die Wurzel selbst ist ver-
änderlich und 2) dreilautig; die Bedeutung des Wortes haftet nemlich
immer an drei Consonanten , die Wurzel an sich ist also unaussprech-
bar. 3) die Beziehung bilden a) Vocale, b) Lautelemente a) vor, ß)
in und y) hinter der Wurzel: vgl. die arabischen, chaldäischen,
syrischen und hebräischen Beispiele bei Seh I ei ch er. 4) Die For-
mel A' (= veränderliche Wurzel), aller äuszern Personalzeichen ent-
behrend, enthält die 3e Pers. sing. masc. 5) Die Wurzel ist nicht
blos einsilbig, sondern kann ohne äuszere Zusätze blos durch innere
Bildung zwei- und dreisilbig sein.
*) Merkwürdig ist in dieser Hinsicht ein ägyptisches Beispiel bei
Steinthal S. 238. Das weibliche nomen hat als Geschlechtszeichen
ein t, am Verbnm drückt sich das genus aber durch ein s aus. So
scheiden sich allein mit Hülfe des genus nomen und verbum, aber
durch dasselbe Mittel verbinden sie sich im Satz wieder. Beispiel:
as-t uer-t a-s — aw =; Isis — sie grosz — sie seiend — sie (= s)
— heilig, d. h. die grosze Isis ist heilig. Die Bindung der Worte zu
einem Ganzen ist hier wesentlich noch attributiver Art, aber bei dem
Unterschied des Geschlechtszeichens am vomen und nerbum ist dies
gleichsam ein erster Anlauf zur Synthesis von Subject und Prädicat.
Nur weil in dieser Sprache sich schon das genus zeigt, stellt sie
Steinthal höher, als sie bei der unveränderlichen Wurzel es verdient,
Schleicher aber niedriger.
Schleiclier: zur Morphologie der Sprache. 511
B) Die indo-europäischen Sprachen,
Gemeinsames mit den semitischen (und zwar im Gegensalz zu
Klasse 1 und II): l) die regelmäszige Veränderung der Wurzel selbst;
2) die Beziehungslaute sind nicht mehr Wurzeln oder wurzelartige
Zusätze, sondern rein formale Lautelemenle.
Unterschiede von A) und B) : In der Sprachensippe B ist 1) die
Wurzel (= A^) immer einsilbig, 2) sie hat einen bestimmten Vo-
cal, folglich ist sie aussprechbar. 3) Eine Formel a A% die
im Semitischen möglich ist, kommt in unserer Sprachsippe nicht vor,
d. h. unsere Beziehungslaule (== a b oder a ß y) sind nur Po st Po-
sitionen (:= Endungen), keine Präpositionen. Dasz Redupli-
cation und Augment keine Ausnahmen von dieser durchgreifenden
morphologischen Hegel sind, ist oben schon kurz nachgewiesen. 4) Die
Formel A^, d. h. die blosze Wurzel ohne alle Suffixe, ist in unsern
Sprachen in ältester Zeit*) sehr selten; sie zeigt sich in vereinzeilen
Fällen als Vocaliv und Imperativ. Beide reihen sich aber nicht regel-
recht ein in die Conslruction des Satzes, sie stehn auszerhalb desselben
und haben etwas von dem Wiesen der Interjection an sich, die gleich-
falls im Satz keinen Platz findet und eben deswegen für keinen Teil
df.r menschlichen Rede zu halten ist; auch hätten ja viele Thiere diesen
Redeteil mit uns Menschen gemein. Der Vocativ ist ein Ruf, kein
eigentliches Wort, kein Satzteil, und daher kann auch seine äuszere
Form mit der Wurzel zusammenfallen (z. B. golh. fisk-s: fisk, dags:
dag). Rufe ich: Karl! — so ist das eine Art Interjection; wäre mir
der Name des Gerufnen unbekaunt, so würdeich mich, um denselben
Zweck zu erreichen, des ganz allgemeinen Rufes bedienen: du da,
he da ! Da der Vocativ in keiner Beziehung zu dem Satze steht,
so ist es eher auffällig, dasz sich an ihm dennoch Beziehungs-
laute zeigen. Freilich fallen seine Beziehungslaute meist mit denen
des Nominativs zusammen und so fehlen ihm eigentlich doch die
unterscheidenden Kennzeichen des besondern Casus ; damit mag auch
zusammenhängen, dasz er das Zeichen des Nominativs oft abwirft
und wenn auch nicht die Wurzel so doch den Stamm bloslegt, z. B.
serve, fili, geni ; Tto'At, ^OQg)£v, Tcclav us\v. In gleicher Weise erschei-
nen auch die Imperative: steh, poln. stoi , halt, Idov nicht als Satz-
teile, sondern sind, wie K. W. L. Heyse dies ausdrückt, gewisser-
maszen blosze Deutewurzeln, Sie wollen nicht die Aktion des Stehens,
Haltens, Sehens anbefehlen, sondern blos die Aufmerksamkeit des An-
gerufnen anregen. Für diese Ansicht spricht auch die Thatsache,
dasz gerade in den ältesten germanischen Sprachen im Gegensatz
zu den Jüngern die Wurzelverba in der 2n Pers. Sing, des Imperativ
kein Suffix haben und so die Wurzel (A^) bioslegen. Auch ist es
*) Dasz sieh in den Jüngern Zeiten der Sprachen die Endungen
kürzen oder ganz abfallen und so die Wurzel wieder bloszlegen, ist
allbekannt. Schleiclier hält sich aber 'an den ältesten nachweis-
baren Stand der Form des Wortes'; darauf allein bezieht sich seine Be-
hauptung unter Nr 4 oben im Text.
512 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
höchst wahrscheinlich, dasz die Wurzelschöpfung oft gerade vom Ruf,
d. h. aus einem heftigen Wunsch sich einem andern mitzuleilen, seine
Aufmerksamkeit zu gewinnen, ausgegangen sei; für diesen Zweck
eignen sich aber neben den Deutewurzeln (st! pst! he da! du da!)
vor allem Vocativus und Imperativus.
Resultat: Die Grundgesetze der zeit herigen philo-
sophischen Grammatik können k e i n e a 1 1 g e m e i n e Gütig-
keit beanspruchen; sie sind viel zu einseitig und darum
ganz unzulänglich. Sie beruhn auf der Kenntnis sehr weniger
Sprachen und im wesentlichen auf den logischen Kategorien. Die Ent-
stehung des Wortes, seine Fortbildung zum Salz und zur Volkssprache
ist aber, wie Heyse und Steinthal lehren, auf psychologische Pro-
cesse , nicht auf die Kategorien des Denkens zurückzuführen. Wie
könnte man sich auch in der Urzeit, wo die Sprache entstanden ist,
die Menschen als scharf denkende Logiker vorstellen, die mit klarem
Bewustsein und nach bestimmten Regeln Wort, Satz und Sprache ge-
schaffen hätten. Die Schöpfung des Bedeutungslauts (= Wurzel)
ist vielmehr eine naive, unbewuste That des Geistes und aus der Er-
regtheit des Gemüts hervorgegangen und aus dieser allein zu erklären.
Von allen unsern Redeweisen wüste ich keine dem ursprünglichen,
unbewusten Akt der frühsten Sprachschöpfung ähnlichere, als die
Ellipse. Auch sie ist immer eine Folge gröszerer oder geringerer
Erregung des Gemüts, auch sie geht, wie dies ursprünglich mit der
Wurzelschöpfung der Fall war, unbewust vor sich ohne Rücksicht auf
die logischen Gesetze, ja sie widerspricht diesen in aller Regel. Wer
in Ellipsen redet, ist irgendwie aufgeregt und setzt sich über die Ge-
setze der Logik, obgleich diese natürlich in seinem Geiste vorhanden
sind, Ihalsächlich ganz hinweg. Bald fehlt das Subject, bald das Prä-
dicat, bald sogar beides, und dennoch ist eine solche Redeweise für
den Zuhörer völlig versländlich, darum aber auch alle logisch -gram-
matischen Ergänzungen, die man zu machen pflegt, völlig überflüssig.
Wüste doch der Redende selbst sehr oft nicht, welches concreto Wort
er gerade ausgelassen , geschweige denn dasz es der Grammatiker
bestimmt herausfinden sollte. Die Ellipse ist eben nicht durch die
Grammalik, sondern durch die Psychologie zu erklären; diese letztere
kann aus der kühnem oder beschränktem Auslassung der Satzteile
auf den Grad der gemütlichen Erregung des Sprechenden sichere
Rückschlüsse machen, die blosze Grammatik aber das Wesen der
Ellipse, d. h. die mangelnde Uebereinstimmung der lebendigen Rede
mit den logischen Kategorien , durch alle ihre Ergänzungen nicht
aufklären.
So lagen auch in den Uranfängen der Sprache die subjectiven,
attributiven, prädicativen und objectiven Beziehungen in dem Geiste
des redenden Menschen, aber sie kamen — in ähnlicher Weise wie
heute noch bei der Ellipse — bei dem grösten Teile der Völker der
Erde entweder gar nicht oder nur in sehr unvollkommner Weise zum
lautlichen Ausdruck.
Schleicher: zur Morphologie der Sprache. 513
Um zwei Punkte drehen sich, damit ich das Ganze noch einmal
zusammenfasse, die beiden besproclinen Schriften und auch diese lie-
lalion, nemlich um den lautliciien Ausdruck A) der Bedeutung
und B) der Beziehung. Die Schöpfung A) des Bedeutungslautes
(= Wurzel) geht hervor aus der Erregtheit des Gemüts und ist allen
Sprachen gemeinsam; eine Laulsprache ohne Wurzeln ist eine con-
tradictio in adiecto. Dagegen gehn die Sprachen indem lautlichen
Ausdruck der Beziehung (in ßetrelF der Affixe) so weit auseinander,
dasz manchen dieser lau tl i che A u s druck sogar ganz fehlt.
Die chinesische Sprache z. B. ist eine blosze Wurzelsprache ohne
alle Beziehungslaute, wenn man nicht in den Hülfswurzeln eine dann
freilich sehr beschränkte Ergänzung finden will. Trotzdem hat sie eine
so reiche Litteratur entwickelt, dasz sie Stein thal nicht zu den
formlosen, sondern zu den Formspra c h en rechnet. Man müste
die Richtigkeit dieser Annahme bestreiten, wenn man bios die mor-
phologische Gestalt des chinesischen Wortes in Betracht zöge.
Sieht man aber auf das, was die Worte dieser Sprache leisten, d. h.
auf die Functio n , die wesentlich mit der i nn er n Sprachform des
Volksgeistes zusammenhängt, so wird man Steinthal beistimmen
können. Aber auch Schleicher übersieht es keineswegs, dasz das
Chinesische, das der m orph o log is chen Gestalt nach auf einer so
tiefen primitiven Stufe steht, der Function nach weit höher zu ord-
nen wäre: vgl. S. 7 unten.
Jedenfalls stehen aber die Sprachen weit über Klasse I und II,
denen es gelungen ist B e zi eh ungs 1 a u t e zu finden, diese aller wur-
zelbaflen, materiellen Bedeutung zu entkleiden und durch Verallge-
meinerung ihres ursprünglichen Sinnes zu dem zu machen , was sie
ideell sein sollen, nemlich zu einem blos formalen lautlichen Mittel,
die Beziehungen, die das Wort in der lebendigen Rede d. h. in dem
Satz eingeht, in kürzester Art und Weise auszudrücken. *) Diesen
Standpunkt haben aber allein die Völker von der semitischen und indo-
europäischen Sprachsippe erreicht. Wenn diese die reichsten Littera-
turen besitzen und so die Cullurvölker des Menschengeschlechts ge-
worden sind, so verdanken sie dies — irrt mich nicht alles — vor-
nehmlich dem Umstand, dasz ihr Volksgeist sich eine innere Sprach-
form geschaffen hat, die gerade die Beziehungslaute zu rein forma-
len Lautmitteln machte, neben der nun kräftiger hervortretenden
Wurzeiden Laut derselben gleichsam herabdrückte und so eine zweck-
entsprechende, formschöne Worteinheit zu bilden verstand. Nun erst
*) Wie gewaltig, wie umfassend sind z. B. die Leistungen (=
Function) der lateinischen und griechischen Beziehunp^s laute
(=: Endungen") der Casus ! Wie stehn die chinesischen Hülfswurzeln
an Leistungsfähiglceit hinter ihnen weit zurück und wie unbeholfen
drücken andere von den oben besprochnen Sprachen dieselben Bezie-
hungen des Wortes mit einem groszen Aufwand von wurzelartigen
Affixen aus, die trotz ihrer Zahl für den Zweck doch wieder nicht aus-
reichend sind; vgl. oben einzelne auffällige Beispiele dieser Art.
N. .Jahrb. f. Phil, u. Päd. 11. Abt, 1861. Hft 11 u. 12. 33
514 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
koniile die Sprache zu einem adäquaten Ausdruck der logischen Kate-
gorien kommen, die aber nimmermehr der frühesten Wortschöpfung
zu Grunde gelegen hatten, so dasz sie überall in gleicher Weise, wie
die allgemeine Grammatik zeither gelehrt, hätten zu lautlicher Be-
zeichnung gelangen müszen. Die Scheu der fl ecti erenden Sprachen
vor Uei)erladung der Wurzel durch Beziehungslaute zeigt sich überall
deutlich; wo sie zu nahe lag, da wichen sie derselben dadurch aus,
dasz sie ursprüngliche Wurzeln zu Beziehungswurzeln umwandelten,
zum Ausdruck der Beziehung der Satzteile und der Sätze machten und
so neue Wortklassen (Präposilion , Conjunction) schufen, die andern
Sprachen als solche fehlen.
Sind die zeither als allgemein giltig abgenommenen Gesetze der
philosophischen Grammatik für die Erklärung der sprachlichen That-
sachen in sehr vielen Sprachen der Völker der Erde völlig unzuläng-
lich und zum groszenTeil grundfalsch, so reichen sie nicht einmal aus,
alle wesentlichen Punkte in den fl edierenden Sprachen, auf die
sie, wie eben gesagt, vor den übrigen passen, so zu erläutern, dasz
gar kein Zweifel übrig bliebe. Einen Hauptpunkt haben diese Gesetze
z. B. ganz unerklärt gelassen — ich meine das Wesen der Wur-
zel in unsern Sprachen. Um zu klarer Einsicht zu kommen, war
erst die vortreffliche Darstellung des wahren Sachverhalts durch K.
W. L. Ileyse nötig. — Die Wurzel erschien wie der allgemeinen so
der speciellen Grammatik früher gleichsam als ein Ding a u s z e r h a I b
der Sprache, als eine blosze Erdichtung der Sprachlehrer zur Erklä-
rung verwandter Worte. Diese hergebrachte Grundansicht, die in dem
geneigten Leser durch diese ganze Relation schon erschüttert sein
musz, ist aber falsch und verrückt den wahren Standpunkt der Sache
völlig. — Die ihrem morphologischen Bau nach für uralt zu haltenden
Formen t'ßt]v, f'Jcai/, skr. adäm — um statt unzähliger dasselbe Bei-
spiel noch einmal zu gebrauchen — erscheinen uns neben ßsßi'jxavov,
iÖLÖOTOV, neben goth. salbodidun, salbodedeina kurz, einfach und älter.
Aber dennoch haben wir oben beide Aoriste in je drei Teile zerlegt;
folglich können sie den Urlaut selbst nicht dargestellt haben. Hält
man eöcovy i'&i]v neben (^i()co(((i), rid')], skr. dada, dadhä, neben mur-
mur, lurtur, goth. haihait, skaiskaid (= nhd. hiesz, schied), so tragen
den beiden Aoristen gegenüber die letztem Formen ein noch ursprüng-
licheres Gepräge; denn in jenen sind drei verschiedene Lautelemenle,
hier nur eins, das sich freilich wiederholt. Aber auch das Doppelte
ist ja nicht das Einfache; es bleibt also nichts anderes übrig, als die
einsilbige Wurzel selbst (ß)}, öco , &ii) für den wirklichen Ur-
laut zu erklären. Blil andern Worten: auch unsere flectieren-
d en sind, wie die chinesische, u r a n f ä n gli ch Wu r ze 1 s pr ache n
gewesen.
Ganz dieselbe Behauptung spricht Schleicher (S. 28) formel-
haft so ans: l) A, 2) A -f 'A , 3) A a, 4) A' — und will damit den
Weg bezeichnet haben, den die Entwicklung der Sprachen überhaupt
genommen hat. Setzen wir die Formeln in Worte um, so heiszl dies:
Schleicher: zur Morphologie der Sprache, 515
l) A :r^ Wurzelsprache; 2) A + 'A :=^ zur Wurzel triff, aber noch
lose daneben, eine zweite, deren Bedeutung sich aber schon zu verall-
gemeinern anfangt ; 3) A a r=r zur Wurzel tritt als Al'lixuin eine schon
verkürzte Wurzel als Beziehungslaut; 4) A^= die Wurzel selbst ver-
ändert sich. NB. Nr 1 und 2 = isolierende, Nr 3 = zusam-
menfügende und Nr 4 := flectierende Sprachen.
Denkt man sich unter A die Wurzel nicht blos als Wort, sondern
auch als ganzen Satz (vgl. oben), so ist gegen diese durch die For-
meln angedeutete Reihenfolge der Entwicklung der Sprachen kaum
etwas einzuwenden. Nur die Thatsache, dasz bei weitem nicht alle
Sprachen diesen Verlauf vollsländig genommen haben, deutet, wie
Steinthal sich ausdrückt, auf eine wenn auch nicht nachweisbare,
uranfängliche geringe Verschiedenheit der i ft n e r n Sprachform der
Völker. Denn warum hat das eine den Lauf bis ans Ende (= A")
durchgemacht? Warum sind andere gleich auf der ersten Stufe (=A
und A + 'A), andere wieder auf halbem Wege (= A a) stehn ge-
blieben?
Da gar nicht daran zu denken ist, dasz eine flectierende
Sprache (= Nr 4), wie die semitischen und die unsern, diesen ihren
spätem Standpunkt sogleich fix und fertig eingenommen hat, da sie
vielmehr ursprünglich gleichfalls Wurzelsprachen gewesen sind, so
gewinnt das erdichtete wunderliche lateinische Beispiel oben: av
vulp ed cas einen andern Sinn und eine tiefere Bedeutung; denn
in ganz ähnlicher Weise hat das Urvolk gesprochen und seine
Worte und Sätze gebildet, von dem der Römer die lateinische und
wir alle unsere Sprachen überkommen haben. — Von Quarta her bis
in meine älteren Jahre schwebte mir beim Anblick der Wurzeln in
der griechischen Grammatik dunkel immer der Gedanke vor: "'s ist ja
doch nichts mit diesen Wurzeln; die hat der ßutlmann doch alle blos
zu seinen grammatischen Zwecken so scharfsinnig erdichtet; sie stehn
ja ganz auszerhalb der Sprache. Wie anders, als ich die masz-
gebende Ansicht K. W. L. Heyses kennen lernte. Seitdem sehe ich
sie gleichsam mit neuen Augen an; denn diese Wurzeln waren einst
wirklich Leib und Leben und unsere gemeinsame Ursprache oder viel-
mehr die Sprache überhaupt bestand aus nichts anderem, als aus lauter
solchen Wurzeln.
Mehr noch — es ist sehr zu bezweifeln, dasz uns die vorliegen-
den Wurzeln der chinesischen Sprache, die als solche Worte sind und
den Satz bilden, in ihrer Urgestalt vor Augen liegen; die geschicht-
lichen Mittel dies nachzuweisen fehlen uns. Gibt man aber den Ver-
such auf, unsere Wurzeln blos von der lateinischen, griechischen,
slavischen , deutschen*) Sprache aus einseilig aufzustellen und hält
sich an die bereits gewonnenen reichen Ergebnisse der vergleichenden
Grammatik auf dem ganzen indo- europäischen Sprachgebiet, so sind
*) In Betreff der deutschen Wurzeln gibt J. Grimms ''Gesetz
vom Ablaut und der Lautverschiebung' freilich vortreffliche, sichere
Fingerzeige und Anhaltpunkte.
33*
5 IG Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
Mie Wurzeln nicht blos hypolhelische Dichtungen zum Behuf gramma-
lischer Rechnung und Formulierung, sondern sie stellen — insofern
sie richtig angesetzt sind, was bei einem groszen Teil derselben höchst
wahrscheinlich ist — wirkliche Sprach elemente der Urzeit
dar und kommen den ersten Erzeugnissen der Sprach -
Schöpfung sehr na he, mögen oft genug mit ihnen zusam-
men fallen' (Steinthal S. 276).
Der Nachweis des Uebergangs von A zu A% d. h. wie sich aus
Wurzelsprachen flectierendo entwickelt — wird wol für immer ein
nicht zu lösendes Rätbsel bleiben. Soll hier am Schlusz eine Vermu-
tung gewagt werden, so sei es diese; die Ursprache der Sanskrit-
völker kann beim Uebergange von A zu A* nicht lange auf dem Zwi-
schenstandpunkt der zusammenfügenden Sprachen von Klasse II
verweilt haben, sonst hätte die Ueberladung der Wurzel mit Bedeu-
tuugslaulen den Keim zur Flexion in ihr von vorn herein erstickt.
Dasz Hr Seh leicher von der Function des Wortes, so weil
es angehen wollte, absieht und nur seine morphologische Gestalt
in Betracht zieht, ist oben bereits mehrfach angedeutet. Er spricht
diese seine Absicht offen und klar aus und verschweigt es auch nicht,
dasz es bedenklich sei das , was in der lebendigen Rede so innig ver-
eint sei, wie Form und Bedeutung des Wortes, durch die Wissenschaft
zu trennen, um einseitig auf die morphologische Gestalt des Wortes
die Klassilicierung der Sprachen zu gründen. 'Auch versteht es sich'
— sagt er S. 7 — 'dasz die von mir aufgestellten lll Klassen nicht
zugleich Stufen der sprachlichen Vollkommenheit bezeichnen, die ja
zum Teil, vielleicht ausschlieszlich von der Function abhängig ist,
welche der Laut hat.' Mit diesen Worten gibt Hr Schleicher die
Grenzen genau an, die er sich bei seiner Aufgabe gestellt hat. Kein
Unbefangener wird einem Schriftsteller das Recht dazu absprechen
dürfen, sich eine so oder anders fest abgegrenzte Aufgabe zu stellen.
Niclit ganz derselben Meinung scheint Hr Dr S te in thal zu sein.
Schon der Titel ('mathematische Sprachwissenschaft'), den seine
kurze Recension der S chl ei cherschen Schrift in der Zeitschrift für
'Völkerpsychologie und Sprachwissenscluift' (S. 432) an der Stirn
trägt, zeugt von seiner Abgunst; denn schon in der Ueberschrift soll
hier der Tadel liegen. Auch der Unterzeichnete glaubt nicht, dasz
durch malliomatisclie Formeln die unberechenbaren Schöpfungen des
Geistes gieiclisam können eingefangen werden. Aber die Ueberschrift
mit ihrem Tadel passt höchstens auf die Seiten 5 und 6, d. h. auf die
a priori aufgestellten Formeln; von da ab bis zum Schlusz bewegt
sich der Verfasser in den thatsächlich vorkommenden Formen der
concreten, einzelnen Sprachen. Wer übrigens eine Scheu vor diesen
mathematischen Formeln trüge, der mag sie getrost fahren lassen.
Der Unterzeichnete gilt mehr als ihm lieb ist, für einen schlechten
Mathematiker und Rechner; er hat aber die Formeln sofort verslanden.
Sie boten ihm vielmehr gute Fingerzeige für das leichtere Verständnis
der Sache, z. B. auch der bald nachher von ihm gelesenen Stein-
Schleicher: zur Morphologie der Sprache. 517
Iha Ischen Schrift selbst. Wenn nun die Hecension Steinlhals
Herrn Schlei c h er die zurückg^edriingle Beaclitung der Function
des Wortes als enlschiednen Mangel anrecluiel, so ist das offenbar
unrecht; denn niemand kann leisten, was er absichtlich
und ausgesprochenermaszen gar nicht leisten will. Von
vorn herein und auch an späteren Stellen spricht aber Hr S c h I e i c h e r
seine Absicht, wesentlich nur die morphologische Gestalt des Wortes
zu beachten , klar und deutlich aus.
Auch ist sein Standpunkt berechtigt und höchst verdienstlich.
Ein Vergleich mag diese Behauptung stützen. — Was thut man, um
Anfänger in die Völkerkunde einzuführen? Nun man zeigt ihnen Bilder
von Kalmücken, Samojeden, Chinesen, Japanern, Indianern, Negern
und Polynesiern , d. h. vor allem zunächst die äuszere Gestalt des
Leibes, und fügt wol die Kleidung hinzu, wenn den Völkern diese,
wie in manchen Sprachen der nackten Wurzel der Beziehungslaut,
nicht etwa ganz fehlt. Ganz dasselbe hat Hr Schleicher mit den
Sprachen gethan. Uns allen aber, die wie ich blosze Anfänger sind
in der Kenntnis der Sprachen der Völker der Erde, bat er die äuszere
Gestalt einer groszen Zahl derselben anschaulich vor Augen gestellt.
Wie sollte ein Schriftsteller nicht berechtigt sein, sich eine Aufgabe
in so bestimmten Grenzen zu stellen, noch dazu wenn er die Grenzen
herauszuünden nicht dem Leser überläszt, sondern sich darüber un-
umwunden selbst ausspricht? Will also Hr Schleicher den Dank
solcher Anfänger — und ihre Zahl unter den Gebildeten und Gelehrten
ist eine sehr grosze — nicht vornehm ablehnen, so sei er ihm hier-
durch dargebracht.
Der Herangereifte freilich wird sich nicht wie der Anfänger blos
an der Kenntnis der äuszern Gestalt der Völker der Erde genügen
lassen, er wird wollen die Beschäftigung, Gebräuche, Sitten, mit einem
Worte den Geist derselben kennen lernen. Diesen Gedanken ange-
wandt auf die Sprachen, ist es klar, dasz der blosze Nachweis ihrer
morphologischen Gestalt nicht ausreiche uns in den Geist derselben
einzuführen. Das kann nur der Nachweis der Function des Wortes
darthun, der freilich hinwiederum auch nicht absehn kann von der
äuszeren Gestalt, was ja auch der Titel der S tei n tha Ischen Schrift:
*Typen des Sprachbaus' hinlänglich darthut.
Als Gesamteindruck der Leetüre beider mit einander verwandten
Werke bleibt dem Leser der Eindruck: Steinthal legt auf die
Function des Wortes und mit Hinzuziehung sehr zahlreicher Bei-
spiele auf die philosophische Begründung der Sache, Schleicher,
sich beschränkend, auf den morphologischen Bau den Haupt-
accent. Auch des letztern Standpunkt ist berechtigt und bei der Be-
kanntschaft gewis nur Weniger mit dem Gegenstande sehr verdienst-
lich. Seine linguistischen Kenntnisse hier besonders hervorzuheben,
wäre bei meiner so überaus geringen Sprachenkunde bis zum lächer-
lichen anmaszend.
Die Beurteilung, ob die von beiden Sprachforschern beigebrachten
518 Schleicher: zur Morphologie der Sprache.
sprachlichen Thatsachen oder auch nur die hier angeführten Beispiele
bis in die Einzeiheilen sämtlich richtig seien, gehört nicht in diese
Zeitschrift; sie fällt den Kennern und Grammatikern der concreten
Sprachen anheim. Vielleicht lebt keiner auf der ganzen Erde, der
über alle diese Sprachen in gleicher Weise vollgültig urteilen dürfte.
Dereine, der es vielleicht vermocht, und dem auch unsere beiden
Sprachforscher die Grundlage ihrer Sprachenkunde verdanken — ■
Wilhelm Humboldt — ist ja schon lange von uns gesch!«,den.
Von ihm stammt die erste von J. Grimm und Fr. Bopp aufgenom-
mene, jetzt noch fortwirkende Anregung zu einem Neubau einer
allgemeinen Grammatik, die diesen Namen wirklich ver-
diente. W. Humboldt standen zu einem solchen die beiden unent-
behrlichen Hülfsmiltel zu Gebote: philosophischer Tiefsinn
und eine breite linguistische Gelehrsamkeit. Die letzte
fehlte aber gerade den philosophischen Grammatikern von Aristo-
teles an bis auf Ferdinand Becker. Nach diesem ist das Wort
und die Sprache ein Organismus, das hciszt doch ein Gebilde, das
sich etwa wie Thier und Pflanze von innen nach auszen entwickelt.
Aber es gibt Sprachen, deren Worte mehr unorganischen Körpern
zu vergleichen wären j in andern, z. ß, den germanischen, zeigt sich
zwar innerhalb der Wurzel ein reges Leben, aber die sich erweitern-
den Worlgebilde wachsen nicht von innen nach auszen, sondern
vielmehr durch Affixe. K. W. L. Heyse und Steinthal haben die
Ansicht von der Sprache als einem derartigen Organismus glücklich
bekämpft. Jener ist leider, ohne den Erfolg seines Sieges mit zu er-
leben, für die Wissenschaft viel zu früh gestorben; ob der andere,
der dazu das doppelte Rüstzeug besitzt, den von W. Humboldt
begonnenen Neubau einer allgemeinen Grammatik, wie er zu-
versichtlich zu holTen scheint, glücklich weiter führen werde, wer
vermag dies im voraus zu sagen?
Es gieng nicht wol an bei Besprechung der Schrift von Schlei-
cher, auf die es anfänglich allein abgesehn war, der verwandten
Bestrebungen Steint hals zu geschweigen; aber auch hier soll der
alte, schöne Spruch gelten: suum cuique!
Lissa. Ed. Olawsky.
1».
Rede des königl. Studienrectors Dr Döderlein,
gehalten bei der öffentl. Preisverteilung am 8. August 1861 in Erlangen.
Hochansehnliche Versammlung!
Soll ich nach unserem Gebrauch dieses Schulfest mit einem Rück-
blick auf die Schicksale unserer Anstalt eröffnen, so hat unsere Schul-
verfassung im Lauf des Jahrs manche Umgestaltung erfahren, auch
Rüde von Döderlein. 519
manclie bei wolclier aiiszer uns Lehrern zugleicli das Publicum sich
beteiligt fühlt. Darunter zeichnet sich eine aus, die je nach dem Grade
des Vertrauens , das wir genieszen, eine willliommene oder eine be-
klagenswerlhe Neuerung heiszen mag. Ein friilieres Hecht, die Reife
unserer Zöglinge für die Universität selbständig und endgültig zu bo-
urteilen, ist den Gymnasien durch königliche Verfügung zurückge-
geben. Ein sechsjähriger Zeitraum der Revormundung, in welchem
die Lehrer die Reife nur begutachten durften, wärend die höhere
Stelle über sie entschied, war schon damals als eine nur zeitweilige
Maszregel angekündigt und hat die vvohlthäligsten Früchte für das vater-
ländische Schulwesen getragen, ohne einen lästigen Druck auf die
Lehrer zu üben. Ja wem seine Gewissensruhe noch heiliger war als
Ansehn und Macht, der konnte sich sogar Glück wünschen, in einer so
wichtigen Sache nicht ganz unabhängig verfahren zu müszen und die
Verantwortung mit andern, hier besonders mit der höchsten Staats-
behörde, teilen zu dürfen. Jedenfalls soll das wiedergeschenkte Recht
als Reweis ehrenden Vertrauens dankbar angenommen sein und mit
jener strengen Gewissenhaftigkeit, welche Rigorosität und Humanität
in gleichem Grade zur Pflicht macht, auch ferner geübt werden.
Diese Mischung von Strenge und Milde ist besonders im Geist
und Sinn unseres edel und gnädig gesinnten Königs.
Und wie können wir Lehrer am besten unsere Dankbarkeit be-
thäligen? Jede Staatsverwallung, jede Regierung verlangt, um für
das Ganze wohlthälig und für die Einzelnen wohlthuend zu wirken, eine
solche Mischung von Strenge und Milde. Ueberschreitet die Strenge
das rechte Masz, so wird sie zur Härte, zur Inhumanität, und verletzt
die nemliche Menschheit, in deren Dienst sie handeln soll und will;
überwiegt die Milde mehr als sie soll, so geschieht das auf Kosten
der höheren, übermenschlichen, göttlichen Ordnung. Die Staatsweis-
heit gibt darum oft der Strenge und der Milde, jeder ihren besondern
Vertreter und weist die Gerichte an rücksichtslos und schonungslos
das Gesetz selbst auf Kosten der Menschlichkeit anzuwenden, wärend
dem Staatsoberhaupt das göttliche Recht der Gnade auf Kosten des
menschlichen Rechts vorbehalten bleibt; denn alles Recht steht unbe-
schadet seiner erhabenen Stellung doch nur anf der Mittelhöhe des
Lebens, zwischen dem rohen thierischen Faustrecht und der weisen
göttlichen Vorsehung, deren irdischer Vertreter einzig der Fürst
sein kann.
Darf ich Kleines mit Groszem vergleichen, so ist durch die obge-
nannte Neuerung, dasz die Prüfungscommission für die Abiturienten
endgültig über die Reife entscheidet, ein Recht der Gnade in deren
Hand gelegt und mit diesem Recht zugleich die Pflicht allseitig zu
beurteilen und neben dem starren Ruchstaben des Gesetzes auch den
lebendigen Forderungen der Humanität gerecht zu werden, ja wo beide
in offenbaren Widerstreit gerathen, die Humanität vorwalten zu lassen.
Wir haben bei diesem Geschäft keine Gelegenheit gehabt wirk-
liche Gnade zu üben, aber das Ergebnis, dasz wir die sämtlichen Be-
520 Rede von Döderlein.
Werber, vierzehn an der Zahl, auf die Akademie entlassen, dient zum
Beweis dasz wenigstens nicht mit inhumaner Strenge verfuhren worden.
Doch stünde es nicht gut um unsere Anstalt, wollten wir auf die-
sen Akt ein besonderes Gewicht legen. Es wäre die wohlfeilste Weise
Humanität zu beweisen. Und doch ist unser sehnlichster \Vunsch, dasz
unsere Anstalt von ihr durchdrungen sei, sie als ihr Banner vor sich
hertrage und eine Pflanzschule der Humanität heisze.
Ehe ich ein Wort über die Mittel beifüge, die uns für diesen
Zweck zur Verfügung stehn und die wir nach Kräften anwenden, darf
ein anderes über den Begriff des Wortes zur Verständigung vorangehn.
Humanität bedeutet an sich die Blenschlichkeit, jedoch ohne jenen
Doppelsinn, der dem deutschen Worte anhaftet, gemäsz der doppelten
Stellung, die der Mensch in der Schöpfung einnimmt. Denn wie er ein
schwaches Wesen ist dem heiligen Golt gegenüber, so steht er dem
vernunfllosen Thier entgegen als ein höheres Wesen, berufen und be-
fähigt ein Ebenbild der Gottheit zu sein. Seine Schwäche verrälh er,
so oft er als Mensch menschlich irrt und fehlt und sündigt, allein wenn
er sich menschlich erbarmt, so bekundet er seine gottähnliche Natur,
die ihn vom fühllosen Tiger unterscheidet. So ist die Menschlichkeit
eben so zweideutig, wie der Mensch selbst doppelseilig ist. Dagegen
der fremde Laut Humanität bezeichnet unzweideutig das Wesen des
Menschen wie er als Mensch sein soll und sein kann, wenn er die
thierische Natur in sich bewältigt oder auszieht.
Doch um uns völlig zu verständigen — auch die Humanität ver-
einigt in sich zwei gleich berechtigte Bedeutungen, eine umfassendere
höhere in der wissenschaftlichen Sprache und eine andere engere Be-
deutung im gewöhnlichen Leben.
Die echte Humanität in ihrem höchsten Sinn besitzt oder erstrebt
was des wahren Menschen und seiner höheren Bestimmung würdig ist,
im Reiche der Wahrheit, der Schönheit und der Sittlichkeit. Sie fällt
zusammen mit der höheren Bildung des Geistes und des Herzens
und ist in diesem Sinn keine allgemeine Pflicht für jeden Menschen.
Sie führt zwar meist zu einer höheren Stellung im gesellschaftlichen
Leben, aber so lange es eine Verschiedenheit der Stände gibt. Re-
gierende neben Regierten, Arme neben Reichen, Geistesarbeit neben
Handarbeit, so lange bringt es keinem Schande, dieser höheren Bildung
zu entbehren und der Pflicht zu ihrer Erwerbung entbunden zu sein.
Dagegen das was der gewöhnliche Sprachgebrauch Humanität
nennt, das ist eine Tugendpflicht, die sich jedem Menschen zumuten
läszt, mit demselben Recht wie die christliche Liebe ; denn sie ist nur
eine Aeuszerung jener Liebe, welche Mangmütig und freundlich ist,
nicht eifert, nicht Mulwillen treibt, sich nicht blähet, nicht das ihre
sucht, sich nicht erbittern läszt und nicht nach Schaden trachtet', und
was ihr der erhabene Hymnus des Apostels noch weiter nachrühmt.
Die höhere Bildung musz noch manchen Vorzug besitzen auszer dieser
Liebe; für den Ruhm der Humanität reicht diese Liebe aus.
Rede von Döderlein. 521
Der humane 3Iann sieht in jedem Menschen vor allem andern den
Mitmenschen, der mit ihm nach natürlicher und götllieher Ordnung
auf gleicher Stufe steht wie ein Bruder, er sieht in ihm nicht blos den
Neben mensch an, den ihm in den gemachten Verhältnissen Geburt,
Stand, Talent, selbst Sittlichkeit entweder unterordnet oder überordnet
oder gleichstellt. Dem Höherstehenden Achlung, Verehrung zollen, das
zählt niemand zur Humanität. Das ist ein Naturtrieb, eine Leidenschaft,
schön und silllich, doch nimmermehr eine eigentliche Tugend.
Kaum dasz der Sprachgebrauch dem freundlichen und zuvorkom-
menden Wesen gegen den Gleichgestellten den Namen Humanität zu-
gesteht. Diese läszt sich vielmehr scharf gefaszt nur und allein gegen
den Untergeordneten, den Schwächeren üben. Der Fürst kann gegen
seine Unterthanen, der Vater gegen sein Kind, der Lehrer gegen seinen
Zögling, der Glückliche gegen den Hülfsbedürftigen, der Starke gegen
den Schwachen human sein, nicht umgekehrt, und je weniger er es füh-
len läszt dasz er sich absichtlich seiner Rechte und Ueberlegenheit aus
selbstbewuster Herablassung entäiiszert und dem Niederen jedes
demütigende Gefühl der Unterordnung erspart, desto vVohlthätiger wirkt
seine Gleichstellung.
Diese beiden Arten der Humanität gilt es auf alle Weise teils vor
unsern Schülern zu üben teils in ihnen selbst zu fördern, durch Beispiel
und durch Lehre.
Auf das Beispiel, das wir geben, kann ich mich nicht berufen ohne
einen Schein von Eigenlob, aber ein sträfliches Selbstlob stimmt nur
der an, der sich Auszeichnung zuspricht, nicht wer ein bloszes Zeug-
nis von einer Pflichterfüllung oder einer Glücksgunst ablegt. Wenn
in den 42 Jahren meiner Amtsführung noch nie ein Zwist im Lehrer-
gremium ausgebrochen, der den Schülern ein Aergernis gegeben hätte
oder gar zur Kenntnis der Oberbehörde gekommen wäre, wenn alle
Meinungsverschiedenheiten, welche unter Männern von Einsicht, Eifer
und Charakter nicht fehlen können noch auch dürfen, auf dem Weg
bald freundlicher Verständigung bald friedlicher Abstimmung sich aus-
glichen, so ist das — Dank der gegenseitigen Achtung und humanen
Gesinnung! — ein seltenes Glück.
Deutlicher noch musz die Humanität im Benehmen gegen die
Schüler hervortreten. Die Richtung unserer Zeit verlangt gebieterisch,
wenn irgend etwas, die Ausübung dieser Tugend; so wie im öffent-
lichen Leben, im Walten der Polizei, im Verfahren der Gerichte, in
der Behandlung des Militärs, eben so auch in der Schule. Das ist eine
unleugbare Errungenscliaft unserer Zeit, die spät gereifte oder erst
noch reifende Frucht der vielfach misbrauchten und darum vielfach
verrufenen Lehre von den Menschenrechten, welche eben jetzt jenseits
des atlantischen Oceans im grösten Maszstab neu auftaucht und als
brennende Frage einen gewaltigen Kampf entzündet.
Noch im nächst vergangenen Jahrhundert begegnet unser Blick
mancher Uebung und Erscheinung, die jetzt an das unglaubliche grenzt
und heute zu dem unmöglichen gehören würde , wie die Herschafl der
522 Rede von Döderlein.
l'^oller im Gerichtsverfuhren und die Ilerschaft des Slocks in der öffenl-
üchen Erziehun-j, Die Geschichte erzählt von Schullyrannen , welche
dieses Erziehungsmittel mit Vorliebe und systematisch ausg-ebildet
hatten, so dasz ihr Schulkatheder zugleich einer Folterkammer glich.
Ja ich selbst fand, als ich die Leitung unserer Anstalt übernahm, einen
Teil des letzten Wochentags zu körperlichen Züchtigungen bestimmt,
fand auch sogar einen Schüler vor, weicher in Folge erhaltener Züch-
tigung fast das Gehör verloren hatte. Es war ein kleines Verdienst
diese Misbräuche abzustellen, doch mit Dank erkenne ich es jetzt noch,
dasz ich keinem Widerstand begegnete weder bei meinen Vorgesetz-
ten noch bei meinen Amfsgenossen.
Indes mit der Entfernung des Stocks ans der Schulerziehung ist
noch wenig geschehn. Ein Zeitgenosse Melanchthons stellte die Frage
auf, warum amo die erste und doceo die zweite Conjugation sei, um
sie dahin zu beantworten, dasz jeder Lehrer seine Schüler zuvor
lieben müsze, ehe er anfange vor ihnen zu 1 ehren ; wahrlich ein
tief ernster Gedanke in einem heitern Kleid.
Diese innerliche Liebe musz jedoch den Schülern zugleich auch
unverkennbar entgegentreten; dies erreicht der Lehrer durch seine
äuszere Freundlichkeit in Mienen und Geberden, welche glauben macht,
er freue sich jedesmal von Herzen in die Mitte seiner Schüler zu treten,
ihre Aul'merksanikeit zu fesseln, ilire Denkkraft zu üben, ihre Kennt-
nisse zu fördern. Dies ist der n a t ü rl i ch s te Weg seine Liebe kund-
zugeben, doch glaube niemand dasz es der einzige Weg sei. Das
wahre Wohlwollen hat nur eine Seele, aber vielerlei Gesichter. Nicht
jedem Naturell ist jene Gabe sichtbarer Freundlichkeit verliehn;
genug schon wenn sie nur fühlbar ist. Auch ein iinslerer, jähzorniger
Lehrer, selbst wenn seine Rügen im Eifer die Schranken der feineren
Umgangssprache überschreiten, kann die Herzen in gleichem Grade
gewinnen wie der sanfte; nur musz er in beiden Fällen das lebendige
Gefühl erwecken und unerschüttert erhalten, dasz er mit seinem Zorn
nicht das Seine sucht, dasz er einzig und allein für das Wohl der ihm
anvertrauten Seelen eifert, dasz es ein Liebeseifer ist. Je feinere Fühl-
hörner auch die unreifste Jugend für diesen Unterschied zeigt, desto mehr
musz der Lehrer auch den leisesten Schein meiden, als ob er zunächst
seine eigne Person, sein Ansehn, seine Ehre durch den Unfleisz oder
die Unart seiner Schüler beeinträchtigt fühle.
Wenn unsere Schüler sich nicht des Undanks schuldig machen
wollen, so wissen sie und erkennen es an, wie wir die uns von oben
zugekommenen Gesetze für die Schulzucht auszuüben pflegen, immer
mit möglichster Rücksichtnahme auf das natnrgemäsze Freiheitsgefühl
der Jugend. Eine glücklicherweise längst veraltete Verordnung befahl
uns die Schüler zu streng militärischen Ehrenbezeigungen gegen die
Lehrer anzuweisen; wir begnügen uns mit einem Benehmen, das un-
serem wahren Verhältnis entspricht, und wirken einer lächerlichen
Blödigkeit und einer häszlichen Sklavendemut niclit weniger entgegen
Rede von Döderlein. 521]
als der respectlosen Keckheit, um auf die rechte Mitte hinzuleiten, auf
die jugendliche Bescheidenheit.
Auch der Gymnasial u n ter r i ch t selbst kann und soll die Hu-
manität fördern, mehr als die Kcalschule es kann und soll, welche
zunächst das Nützliche und nicht das Schöne ins Aug^e zu fassen be-
rufen ist. Das nenne man ja keine Anmaszung der Gelehrlenschulen,
keine Kränkung der Realschulen. Schon der Name der Humanitäts-
studien, die unserem Lehrplan ausschlieszlich zu Grund liegen, ver-
bürgt unser gutes Recht. Das Verständnis der griechischen und latei-
nischen Meisterwerke führte vor 100 Jahren allgemein den Namen
humaniora. Aber diese Benennung ist veraltet, fast verschollen, und
ihr Geist und Inhalt hat vielfache Veränderungen nicht zum Besten der
Sache erlitten. Ich erinnere mich, dasz ein hoher Staatsbeamter, zu-
gleich ein begeisterter Freund der Naturwissenschaften, der in aufge-
regter Stimmung den Mangel an wissenschaftlicher und sittlicher Bil-
dung einer unter seinen Augen aufwaciisenden Jugend beklagen zu
müszen glaubte, mir die herausfordernde Frage vorlegte, ob denn
das die Frucht jener vielgerühmten humaniora sei, zu deren Gunsten
man die Naturstudien auf den Gymnasien stiefmütterlich vernachlässige
oder gar verbanne? Jleine bescheidene Antwort lautete, dasz auch
die Naturstudien unter gleichen Vorbedingungen dem gerügten Mangel
so wenig abhelfen würden als die humaniora, und dasz diese humaniora
ganz anders wirken würden, wenn sie nicht durch den Zeitgeist um
ihre ehemalige Herschaft gebracht wären.
Wir wollen es nicht leugnen, die Humanitäfsstudien wirken nicht
mehr so bildend wie ehemals, aber keineswegs durch ihre Schuld,
denn sie sind noch dieselben, sondern nur darum weil sie kein Mit-
telpunkt des Unterrichts und des Interesses mehr sind, weil sie ihre
Herschaft mit neu emporgekommnen Mächten teilen müszen. Das Parla-
ment der nützlichen, der angenehmen, der bequemern, leichtern Wis-
senschaften und Künste regiert, das altklassische Studium spielt die
Rolle eines äuszerlich geehrten Schattenkönigs.
Ich verlasse den schlüpfrigen Boden mit dieser kurzen Andeu-
tung. Glücklicherweise aber führt aller Unterricht in Wissenschaft
und Kunst mittelbar zur Humanität, vorausgesetzt dasz er drei Be-
dingungen erfüllt: erstens dasz mit Ernst und Gründlichkeit gelehrt,
mit Eifer und Freudigkeit gelernt wird; zweitens dasz die Lernenden
vor dem Dünkel bewahrt bleiben und durch das ßewustsein eines
eifrig ervvorbnen Besitzes nicht in den Wahn verfallen, als ob sie's
schon ergriffen hätten, und drittens, dasz sie mit dem Trug- und Zerr-
bild einer falschen Gründlichkeit sich verschont sehn, indem der geist-
losere Teil des Lernstoffs, der sich — ein notwendiges Uebel in jeder
Wissenschaft — nur auf mechanischem Wege aneignen läszt, über-
wuchert und den geistigern Teil, den eigentlichen Inhalt, erstickt.
Wer diese Klippen vermeidet, ist ein humaner Lehrer, wer an ihnen
scheitert, der wird in den ersten Fällen zum Verführer, in dem letzten
Fall zum Quälgeist seiner Schüler.
524 Rede von Döderlein.
Erlauben Sie mir nun noch eine Verwalirung gegen eine falsche
Humanität und gegen eine blos scheinbare Inhumanität. Vermeintliche
und falsche Humanität nenne ich die Cordialität, welche in wohlwollen-
der Absicht dem Zögling die von der Ehrfurcht unzertrennliche Furcht
ersparen möchte. Es ist kein Zufall, dasz unser kirchlicher Katechis-
mus lehrt: du sollst Gott fürchten und lieben, und nicht wie eine falsche
Aufklärung wünschen möchte: du sollst Gott lieben und auch fürchten.
Respektvolle Scheu ist das erste und unerläszlichste Gefühl, das der
Schüler gegen den Lehrer haben soll; herzliche Liebe und Anhäng-
lichkeit musz ein Ausflusz und eine Beigabe der an Furcht grenzenden
Achtung sein, nicht umgekehrt, und weit besser ist"'s wenn der Lehrer
bei der ersten Begegnung dem Schüler den Eindruck eines strengen
Gebieters als den einer zärtlichen Mutter macht. Die Anhänglichkeit
kann ein Lehrer zeitweise verscherzen ohne seine Schuld, wenn Um-
stände ihn zu besonderer Strenge nötigen; die Achtung aber geht nur
durch eigne Schuld und unwiederbringlich verloren.
Es liegt in der Natur der Sache, dasz rücksichtslose Strenge,
welche das Interesse nnd Gefühl nicht blos des Schülers sondern auch
seiner Eltern verletzet, als herzlose Inhumanität erscheint. Denn die
Grenze zwischeu beiden ist oft eine sehr schmale, welche nur ein
feines Auge und besonders ein unbefangener, weil unbeteiligter Sinn
erkennt. Ist dies bei strengen Bestrafungen der Fall, welche von der
Gerechtigkeit, von der Abschreckung, von der Besserung gefordert
werden, so findet es auch statt wo sichs nicht eben um Strafe handelt.
Wenn die Studienanstalt einen Zögling, der aufrichtige Neigung zu
den wissenschaftlichen Studien verräth , dennoch für unfähig zu den-
selben erklärt und ihn entfernt, so ist das allerdings hart, für die
Lehrer nicht minder als für ihn selbst und seine Eltern, aber weit
entfernt inhuman zu sein, ist es wahre Humanität. Die Schule handelt
nach ihrem innern und äuszern Beruf, indem sie die Geister wägt und
jedem durch ihren Rath, der zum Zwang werden kann, den Weg
zeigt, den ihm die Natur anweist. Sie erntet hiefür oft einen augen-
blicklichen Vorwurf, aber noch häufiger einen späten Dank; denn
kein traurigeres Schicksal als ein verfehlter Lebensberuf.
Nicht ein Gefühl, als ob unsere Anstalt sich gegen den unver-
dienten Ruf der Inhumanität rechtfertigen und verwahren müsze, hat
diese meine Ausführung hervorgerufen. Wol muste ich im ersten
Jahrzehent meiner Amtsführung diesen schmerzlichen Vorwurf zuwei-
len hören; aber ein volles Menschenalter habe ich vom Schauplatz
abtreten sehen, seitdem unsere lieben Mitbürger sich überzeugen
lieszen, dasz rücksichtsvolle Nachsicht nicht immer Humanität, dasz
rücksichtslose Strenge nicht immer Inhumanität ist. Wenn wir nun
Ihnen, verehrte Anwesende, hier angeloben unsere dargelegten Grund-
sätze nicht zu ändern und in nnserm Streben, Ihre Kinder mit Hu-
manität und zur Humanität zu erziehen, niemals nachzulassen, so
werden Sie dagegen uns die Hoffnung gönnen, dasz die öffentliche
Die Schülerpräpnrafion für das Alldeutsche. 525
Meinung unserni Thun und Trachten jenes Vertrauen bewahren werde,
dessen wir uns nach vieljährigen Erfahrungen erfreuen dürfen.
16.
Die Verschiedenheit der Schülerpräparation für die alt-
deutsche und für die antik klassische Lektüre.
Wenn wir der Ansicht sind, dasz für die altdeutsche Lektüre
eine solche Präparalion der Schüler nicht verlangt werden könne,
wie sie auf jedem guten Gymnasium für die lateinische und griechi-
sche Lektüre gefordert wird, so ist damit durchaus nicht gesagt, dasz
sich die Schüler auf die altdeutsche Lektüre überhaupt nicht präparie-
ren sollen. Nur wird die Art der Präparation nach der Natur des Ge-
genstandes eine verschiedne sein.
Betrachten wir zuvörderst den Fall, dasz auf einem Gymnasium
nur Mittelhochdeutsch getrieben wird, und nehmen wir an, dasz die-
sem Unterricht ein Jahr lang, etwa in Unterprima, zwei Stunden
wöchentlich gewidmet werden. Vergleichen wir nun die Stellung,
in welcher sich die Schüler dem Vergil gegenüber befinden, mit
der, welche sie gegenüber dem Nibelungenlied einnehmen. W^enn
die Schüler die Lektüre des Vergil beginnen, haben sie seit min-
destens vier bis fünf Jahren Unterricht im Lateinischen gehabt,
und zwar in sieben bis zehn wöchentlichen Lehrstunden. Nicht nur
die lateinische Formenlehre, sondern auch die lateinische Syntax und
der lateinische Worfschatz, zumal nach seiner grammatischen Seite,
ist ihnen in einem Umfang und mit einer Sicherheit eingeprägt, wie
sich diese eben nur bei einem solchen Aufwand von Zeit und Kraft
erreichen lassen. Mit welcher Ausrüstung tritt dagegen der Schüler
dem mittelhochdeutschen Text gegenüber? Ich sehe hier ganz ab von
der durchaus verwerflichen Pfuscherei, welche das Mittelhochdeutsche
ohne alle grammatische Vorbereitung sogleich mit der Lektüre beginnt,
sondern ich nehme an, dasz vor dem Beginn der Lektüre die Grund-
züge der mittelhochdeutschen Laut- und Formenlehre mitgeteilt und
eingeprägt worden sind. Aber vergleichen wir die wenigen Wochen,
die diesem Unterricht gewidmet werden können, mit der Reihe von
Jahren, welche der Schüler vor dem Lesen des Vergil auf die Erler-
nung des Lateins verwendet hat, so erkennen wir sofort den groszen
Unterschied zwischen den Ansprüchen, die wir im Latein, und denen,
die wir im Mittelhochdeutschen an den Schüler machen können. Die
grammatischen Formen des Lateins sind dem Schüler nicht blos in
ihren Grundzügen bekannt, sondern er kennt sie in allen ihren Einzel-
heiten, in ihren Regeln und ihren Ausnahmen, er handhabt sie mit
einer Sicherheit, die jeden Verstosz in dieser Beziehung als eine
tadelnswerthe Unwissenheit erscheinen läszt. Von einer solchen um-
52ß Die Scliülerpräparation für da» AHdeutsche.
fassenden Kenntnis der mittelhochdeutschen Formen und einer solclien
Sicherheit in ihrer Handhabung- kann natürlich nach einigen Wochen
oder Monaten des mittelhochdeutschen Unterrichts keine Kede sein.
Wer sich die Mühe gegeben hat, im Mittelhochdeutschen wirklich zu
unterrichten, der weisz wie lang es dauert, bis die Schüler auch nur
in den Hauptsachen sicher werden. Handelt sich's aber um die Ein-
zelheiten, um die Ausnahmen von den hegein, um die Verteilung des
Wortschatzes unter die verscliiednen grammatischen Klassen usw., so
müszen unzählige Dinge, die der Schüler zur Lektüre desVergil schon
mitbringt, erst in der Stunde vom Lehrer erörtert werden. Denken
wir vollends an die Syntax, so hat der Schüler, der den Vergil liest,
die lateinische Syntax nach allen Seiten hin längst inne, wärend die
Eigentümlichkeiten der mittelhochdeutschen Syntax erst bei der Lek-
türe vom Lehrer erläutert werden. Ein ganz besondres Verhältnis
tritt in Beziehung auf das Lexikalische, auf die Bedeutung der mittel-
hochdeutschen Wörter ein. Das Mitlelhochdeutsche besitzt eine An-
zahl von Wörtern, die das Neuhochdeutsche nicht mehr hat. Natürlich
musz man die Bedeutung dieser Wörter kennen, wenn man einen mit-
telhochdeutschen Text , in welchem sie vorkommen, verstehen will.
Aber von gröszerer Wichtigkeit ist der Umstand, dasz unzählige Wör-
ter, die dem Mittelhochdeutschen und Neuhochdeutschen gemeinsam
sind, im Mittelhochdeutschen eine andere Bedeutung haben als im
Neuhochdeutschen. Auf diesen Punkt hat die Erklärung mittelhoch-
deutscher Texte ihr besondres Augenmerk zu richlen, wofern sie
wirklich verstanden und nicht in stümperhaft dilettantischer Weise
misverstanden werden sollen.
Wenden wir nun das Gesagte auf die Frage an: in welcher Art
kann und soll der Schüler sich auf die mittelhochdeutsche Lektüre
vorbereiten, so ergibt sich folgendes:
1) Es kann und musz dem Schüler zugemutet werden, dasz er
das Stück, das in der nächsten Stunde gelesen werden soll, vorher
durchgeht.
2) In grammatischer Hinsicht wird er dabei die Formen ins Auge
fassen, die er in der gedrungenen Uebersicht über die mittelhochdeut-
sche Formenlehre hat kennen lernen. Dagegen bleiben die Besonder-
heiten der Formenlehre und die Eigentümlichkeifen der mittelhoch-
deutschen Syntax der Unterrichtsstunde selbst vorbehalten.
3) In lexikalischer Beziehung hat der Schüler die Wörter aufzu-
schlagen, die im Neuhochdeutschen nicht vorkommen. Dagegen kann
die viel wichtigere Aufgabe, den Unterschied der mittelhochdeutschen
und neuhochdeutschen Wortbedeutungen sorgfältig zu beachten, un-
möglich von der Präparation des Schülers verlangt werden. Und doch
ist dies gerade der Hauptpunkt, wenn von einer Mexikalisch sorgfäl-
tigen Leetüre mittelhochdeutscher Dichtungen' die Hede sein soll. Der
richtige, zum Ziel führende Weg scheint mir hier der zu sein: der
Schüler musz ein gutes mittelhochdeutsches Wörterbuch in Händen
haben, wie wir es jetzt reichhaltig, gründlich und die finanziellen
Die Scliiilerpriiparalion für das Alldeutsclie. 527
Kräfte des Schülers nicht übersteigend in der neuen Bearbeitung' von
Wilhelm WacUernag-els Wörterbuch besitzen. In diesem Wörterbuch
sclilägl er bei der Präi)aralion die Wörter auf, die ihm gänzlich un-
beUaniit sind. Auch diese wird er anfänglicli bisweilen nicht finden,
Avcil er in der alten deutschen Laut- und Formenlehre noch nicht Ue-
biing genug hat, um alles an der rechten Stelle zu suchen. Der Leh-
rer wird ihn daher öfters erst in der Stunde dazu anzuleiten haben,
in welcher Weise er hätte suchen sollen. Die Wörter, die der Schü-
ler zu kennen glaubt, weil sie auch im Neuhochdeutschen vorhanden
sind, die aber nichtsdestoweniger dem Schüler in der Tliat unbekannt
sind, weil sie im Mliltelhochdeutschen eine andere Bedeutung haben
als im Neuhochdeutschen erklärt der Lehrer in der Stunde. Diese
Wörtererklärung wird nachgeschrieben und vom Schüler bis zur näch-
sten Stunde repetiert. Um auch hiefür den richtigen Gebrauch des
Wörterbuchs zu lehren, wird dem Schüler bisweilen nur die für die
bestimmte Stelle passende Bedeutung angegeben mit der Weisung,
die Entwicklung dieser Bedeutung und ihr Verhältnis zum neuhoch-
deutschen Sinn des Worts im Wörterbuch aufzusuchen und bis zur
nächsten Stunde nachzuweisen. Es versteht sich von selbst, dasz hier
wie überall mit Umsicht zu verfahren und das richtige Masz einzuhal-
ten ist. Thut man dies, beschränkt man sich zunächst auf das Wich-
tigere, so ist auch der Zeitaufwand, den die geforderte Repetition der
nachgeschriebenen Erklärung in Anspruch nimmt, nur ein mäsziger.
Auf diese Art kann man im Lauf eines Jahres oder wol auch in
noch kürzerer Zeit das groszartigste Denkmal unsrer allen Poesie:
das Nibelungenlied, mit einzelnen durch die Sache selbst gebotenen
Auslassungen lesen, und zwar in solcher Weise, dasz es dem Schüler
zeitlebens noch zugänglich bleibt. Zugleich aber wird sich der
Schüler am Schlusz dieser Lektüre Sicherheit in den mittelhochdeut-
schen Formen, einen ziemlichen Vorrat richtig verstandner mittel-^
hochdeutscher Wörter und, was das wichtigste ist, die Fähigkeit er-
worben haben mit Hülfe des Wörterbuchs und sonstiger empfohlens-
werther Bücher das Studium des Mittelhochdeutschen fortzusetzen.
So vorbereitet wird er dann auch auf der Universität von den Vor-
lesungen über die Werke der mittelhochdeutschen Litteratur den
rechten Gewinn ziehen.
Fassen wir nun den zweiten Fall ins Auge, dasz ein Gymnasium
noch ein oder zwei Semester mehr dem Altdeutschen widmet und da-
durch die Zeit gewinnt, um auch die Grundziige des Gothischen und
Althochdeutschen in den Bereich des Unterrichts zu ziehn. Es wird
sich dies schon in sehr erspriesziicher Weise erreichen lassen, wenn
man auch nur durch die beiden Semester von Unterprima und das
erste von Oberprima dem Alldeutschen zwei wöchentliche Stunden
gibt. Die Vorteile eines solchen Unterrichts brauche ich dem nicht
auseinanderzusetzen, der auch nur einigen Verstand von der Sache
hat. Erst dadurch erhält das grammalische Verständnis der deutschen
Sprache überhaupt eine sichere Grundlage, und natürlich wird auch
528 Die Schülerpräparalion für das AUdeulsche.
die Einsicht in die mitlelhochdeulschen Formen dadurch wesentlich
verlieft. Aber an dem, was wir oben über die mittelhochdeutsche
Lektüre und die Präparation des Schülers auf dieselbe gesagt haben,
ändert sich nur sehr wenig. Denn dem Mittelhochdeutschen selbst
wird bei einer solchen Erweiterung jedenfalls nicht mehr Zeit einge-
räumt, und alles oben gesagte bezieht sich speciell auf die Erlernung
des Mittelhochdeutschen. Es erübrigt also nur noch, einige Worte
darüber zu sagen, in welcher Weise sich die Schüler auf die wenigen
kleinen gothischen und althochdeutschen Sprachproben vorbereiten
sollen, die im Anschlusz an die gothische und allhochdeutsche Laut-
und Formenlehre gelesen werden. Der Zweck dieser Leclüre ist ein
fast ausschlieszlich grammalischer; es wird also vor allem darauf an-
kommen, die Sprachformen richtig zu erkennen. Die Vorbereitung
des Schülers kann hier nur darin bestehen dasz er das zunächst vor-
kommende Stück durchgeht und sieht, was er herausbringt. Die An-
forderungen an diese Art von Präparalion können bei der Schwierig-
keit der Sache nur sehr niedrig gestellt werden. Es wird dies aber
auch ohne Beeinträchtigung der Gründlichkeit geschehen können,
wofern nur der Lehrer in der Stunde selbst mit der nötigen Genauig-
keit verfährt, keine Schwierigkeit übergeht, keine Form unverstanden
iäszt. Die Art, wie der Lehrer den Schüler auf das Richtige führt,
zeigt diesem, wie er selbst bei vorgerückterer Kenntnis der Sprache
hätte verfahren müszen. Als Hülfsmittel dient dem Schüler für das
Althochdeutsche das oben angeführte Wörterbuch von Wilhelm
Wackernagel. In Betreff des Gothischen Iäszt sich ein zweifacher
Weg einschlagen. Entweder man giebt dem Schüler ein kleines,
alphabetisch geordnetes gothisches Wörterbuch in die Hände, das
dann aber keineswegs nur die wenigen in den Sprachproben vorkom-
menden Wörter enthalten darf. Oder man Iäszt den Schüler ohne alle
Hülfsmittel die grammatische Form der gothischen Wörter heraus-
bringen. Auf diese Art wird freilich der bei weitem gröste Teil des-
sen, was bei den klassischen Sprachen der Präparation zufällt, erst
in der Lehrslunde selbst vorzunehmen sein. Aber unfruchtbar oder
dilettantisch oberflächlich ist auch dieser Weg durchaus nicht, wofern
nur in der Unterrichtsstunde selbst Wort für Wort genau analysiert
wird. Dagegen halte ich es für ganz verwerflich, unter dem Text der
Sprachproben eine forllaufende grammatisch-lexikalische Eselsbrücke
zu geben, die dem Schüler das Nachdenken erspart, zu dem er gerade
angeleilet werden soll.
Diese Andeutungen über die Schülerpräparation für das Altdeut-
sche machen natürlich nicht den Anspruch, dasz überall genau nach
der angegebenen Weise verfahren werden müsze. Aber die wesent-
lichen Gesichtspunkte werden überall dieselben sein, auch da, wo nur
ein geringerer Zeitaufwand als der von uns angenommene dem Alt-
deutschen gewidmet wird.
Rudolf von Raumer.
Grundziige einer laullich-gescbichtl. deufschen Rechtschreibung. 529
J7.
er lai
Schreibung des Neuhochdeutschen als Schriftsprache.
Kurzgefaszte Grundzüge einer lauthch-geschichthclieiiReclit-
Durch die geschichllich- vergleichend -erlilärende Spracliwissen-
schaft ist die Ansicht über das Wesen der Sprache eine durchaus an-
dere geworden. Wärend man früher die Sprache entweder als von
Gott dem Menschen auerscIialTen oder vom Menschen erfunden dachte,
in welchen beiden Fallen sie als ein fertiges, starres, Icbensloses,
von reiner Willkür abhängiges Knnstgebilde erschien, wird sie
jetzt von der vergleichenden Sprachforschung aus als ein lebensvoller
Organismus anerkannt, der, wie jedes Naturproduct , beständigen
Wandelungen und Veränderungen auf gesetzmäsziger Basis unterwor-
fen ist und so ganz und gar von dem Willen des Menschen unabhängig
dasteht. Der Mensch kann nicht sprechen wie er will, sondern nur
wie ihn der jedesmalige Zustand der Sprache antreibt; auch kann er
die Sprache ebensowenig wie seinen Körper ändern und ummodeln,
sondern nur verunstalten und verstümmeln.
Wol aber desfruiert die Sprache sich ihrer äuszern Erscheinungs-
form nach selbst. Ihr geht es wie jedem andern Naturproduct; sie
entwickelt sich bis zu einem gewissen Grade, um dann denselben Weg
wieder abwärts zur Selbstvernichtung anzutreten , ohne jedoch in
denselben Punkt wieder zu coincidieren, von dem sie ausgegangen
ist, sondern nur in einen parallelen, sodasz man den Verlauf einer
Sprache nicht mit der Krümmung eines Kreises, sondern mit der einer
Spirale vergleichen kann. Eine Sprache aber entwickelt sich so lange,
als sie von einer primitiven Menschengenossenschaft in Abgeschlossen-
heit von andern menschlichen Gesellschaften gepflegt und gleichsam
grosz gezogen wird. Denn so lange eine ursprüngliche Menschenge-
nossenschaft sich selbst allein lebt, sind alle ihre Empfindungen und
Gefühle, Gedanken und Vorstellungen ihnen ebenso gut eigen als die
lautlichen Formen, in denen sie gegenseitig zum Vorschein und zum
Verständnis gebracht werden ; und lautliche Formen wie Inhalt sind
sich vollständig deckend, weil ja beide gleichmäszig und gleichzeitig
bei denselben Wesen entstanden sind.
Dieses volle Verständnis der Form von Zeit der Sprachentstehung
an ist das Sprachgefühl oder, richtiger gesagt, das Sprachleben. Je
länger nun ein Volk ohne Berührung und Verkehr mit Fremden bleibt,
lim so mehr entwickelt sich seine Sprache und sein Sprachgefühl in
gleichem Grade, da so lange die ganze geistige Kraft nnr darauf ver-
wandt wird, ja nur darauf verwandt werden kann. — Diese Bildungs-
zeit ist bei den verschiednen Sprachstämmen verschieden. Ein groszer
Teil ist auf der ersten Stnfe, der Isolierung, stehen geblieben; der bei
weitem allergröszte auf der zweiten, der Anfügung, und nur der klein-
ste Teil, der Semitismus und Indogermanismus, hat die dritte Stufe,
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. 1861. Hft 11 u. 12. ^^
530 Grundzüge einer laiillicli-gescliichll. deutschen Rechlsclireibung-.
die der Flexion, erklommen. Eine Sprache musz aber, sobald ihre
Träger mit Fremden in Berührung kommen, aufhören zu wachsen und
sich auszubilden, weil mit der ersten Berührung mit auszen zu den
heimisch entsiandnen Laulbildern fremde Vorstellungen und Anschau-
ungen, fremde Laute und Formen hereindrängen, die an dem Eignen
kämpfend sich reiben, sowie auch dann die Sprache nicht mehr als
Selbstzweck und somit selbständig dasteht, sondern nur als 31iltel
zum Zweck, als die Münze zum Austausch der Gedanken unter ver-
schiedenen Völkern, verwandt wird. Und das Volk selbst tritt mit
der ersten Berüiirung in ein neues Stadium seines Daseins; es erwacht
gewissermaszen erst zu eigentlichem Leben, es wird aus dem sich
selbst beschauenden Individsialleben in das denkende Verkehrsleben
hineingerissen, es geht aus dem sich unbewusten Sprachleben über in
das sich bewuste Geistesleben, die sich beide ebenso ausschüeszend
einander gegenüber stehen wie Schlaf und Wachen.
Bis zu dem Zeitpunkte daher, wo die erste Berührung mit auszen
stattfand, halte die Sprache nach Laut und Form, sowie das Sprach-
gefühl seine höchste Entwickelung erreicht; von da an geht beides in
gleichem Grade, weil eins das andere bedingend, abwärts und zwar
stehen beide in umgekehrtem Verhältnis mit der steigenden Bildung,
oder richtiger und umfassender ausgedrückt, mit dem zunehmenden
Geistesleben. Daher kommt es auch dasz wir, so oft wir auch eine
Sprache kennen lernen und sei sie von einem eben erst entdeckten
Volke, nie sich weiter bilden sehen, sondern unter 99 von 100 Fällen
schon minder oder mehr auf dem Destnictionswege fortgeschritten und
fortschreitend begrilTen erblicken. Ja eine Sprache in ihrer Entwicke-
lung beobachten wollen hiesze eben so unmögliches beginnen, als
wenn jemand zugleich zu wachen und zu schlafen gedächte, um sich
im Schlafe und Traume munter selbst zu beobachten.
Also die Bildungszeit aller Sprachen gehört in die vorgeschicht-
liche Zeit und nur die Destructionsperiodc gehört dem an, was wir
Geschichte zu nennen pilegen. Mit diesem Wendepunkte in der Spra-
che treten nun bei abnehmendem Sprachgefühl die verschiedenartigsten
Veränderungen nach Laut, Form und Bedeutungen ein, jene beiden
sich verringernd, diese wachsend. Denn mehr und mehr wird an Laut
und Form manches für überllüssig und für unbequem gehalten, was,
so lange als es verslanden ward, nicht als solches angesehn wurde.
Alle Veränderungen beruhen aber, da von nun an die Sprache
nur das Verkehrs- und Austauschmittel, die geistige Münze, ist, auf
Erleichterung und Bequemlichkeit, auf zunehmender Ersparnis von
Muskelkraft. Zuerst zeigen sich alle diese Veränderungen an den Ato-
men der Sprache, an den Lauten, und da diese aus einer schwierigem
Organenslellung in eine leichtere ebenso gesetzmäszig vor sich gehen,
wie all und jede Veränderung in der Natur, so nennt man dieselben
einfach Lautgesetze. Doch der Verlauf der Lautgesetze in einer Spra-
che zeigt uns dieselben nur in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge, ge-
wissermaszen nur in ihrer Längenausdehnung. Zn alledem kommt aber
Grundziige einer laullich-geschiclill. deulschen Rochlschreibung. 531
noch ein z\\eiles, ebenso wicliliges, ja noch weiter und tiefer greifen-
des Moment, neinlicli die Sj)raclidiirerenzicrMng.
Färbung nnd Eigenartigkeit der Sprache, wenigstens hinsichtlich
der Laute, ist stets abliiingig und bedingt von dem vorwaltenden Klima
und noch mehr von der Beschaireiiheit des Bodens. Jemehr sich daher
die Anzahl eines primilivon Volkslammes mehrle, erweiterte und sich
local trennte, um so mehr musten lautliche Verschiedenheilen von der
ursprünglich einheitlichen Sprache sich kundgeben, welche aber im Laufe
der Zeit sicii immer weiter ausbildeten und dadurch von einander abka-
men. Diese Verschiedenheiten , anfangs nur lautliche Schattierungen
und dadurch formelle Abarlungen, gestalten mit der Zeit sich von
Mundarten zu verschiednen Sprachen. Dieser Differenziernngsprocess
geht aber immer weiter und beginnt in jeder neuen Abteilung ebenso
seine Thatigkeit wie in den früheren, so dasz mit jedem Jahrhunderle,
wenn wir überhaupt eine Zahl annehmen wollen, es der Sprachen und
in jeder Sprache der Mundarten mehr gibt, so dasz die zunehmende
Teilung einer Sprache fdglich mit einem Familiengeschlechle vergli-
chen werden kann und das Bild eines Stammbaums oder Slamni-
registers ganz adäquat ist. Dieser Dilferenzierungsprocess zeigt uns
nun die räumliche Ausdehnung oder die Breitenseite der Sprache.
Aus alledem geht aber hervor 1) dasz die Scheidung von Mund-
art und Sprache nur eine von Menschen gesetzte, nicht in der Natur
seihst offen sich darbietende ist; dasz wir nicht sagen können, bis
liierher reicht der ßegrilT ^Mundart' und von da an beginnt der der
Sprache, wie wir ebensowenig von einem Menschen nach seiner natür-
lichen Entwickelung sagen können, heule ist er Knabe, morgen aber
von der und der Minute und Secunde an ist er Jüngling usw., da in
beiden ein Complex von Gesetzen wallet, die zwar alle parallel lau-
fen, aber deren Entwickelungszeiten ganz verschiedene sind, sowie
ihre Schnelligkeiten, mit denen sie sich gewissermaszen vorwärts
bewegen.
2) erkennen wir, dasz in der Natur durchaus auch nicht die ge-
ringste Bevorzugung einer Sprache vor der andern, einer Mundart
vor der andern gegeben ist, sondern dasz alle gleichberechtigt und
gleich bevorzugt sind, und dasz es rein von menschlichen Willkürlich-
keiten abhängt, die eine Sprache der andern vorzuziehn oder, noch
beschränkter und lächerlicher ist, auf seine Sprache als Schrift- und
Umgangssprache eingebildet zu sein und die Mundarten als roh, grob
und häsziich zu verachten und sich darüber lustig zu machen. Dasz eine
Sprache vor der andern, eine Mundart vor der andern einen Vorzug
erhält und vielleicht zu mehr oder minderer Alleinherschaft gelangt,
ist nur durch die socialen und politischen Verhältnisse bedingt, ist
aber für die betreffende Sprache als Nalurgebilde durchaus kein Vor-
teil, eher das Gegenteil. Denn dadurch, dasz eine Sprache oder Mund-
art staatliche Überhoheit bekommt, wird sie auf der einen Seite viel-
fach stereotypiert oder doch aufgehalten, wärend sie auf der andern
Seite durch den so häufigen Gebrauch abgegriffen und abgenutzt wird,
34*
532 Grnndzügo einer laullich-geschiclitl. deutschen Reclitschreibiing.
und so ihr Ansehen thetier genug bezahlen musz. Doch liegt es in
der Natur der Verhältnisse, dasz nicht alle Mundarten einer Sprache
zur Herschaft gelangen können.
Wenrien wir nun das bisher Gesagte auf einen Zweig des Indo-
germanischen, auf das Hochdeutsche, an, so linden wir in der ältesten
uns zugänglichen Periode desselben, in dem sogenannten Althoch-
deutsch, die verschiedenen Dialekte in gleicher Berechtigung und
gleichmäsziger Verwendung. Anders gestaltet sich dies schon im
Mittelhochdeutschen, wo ein Dialekt als der maszgebende und domi-
nierende erscheint; noch anders werden aber die Verhältnisse beim
Uebergang in das Neuhochdeutsche, dessen Ursprung und Entstehung
bis jetzt noch nicht vollständig klar ist. Das einfachste und geschicht-
lich wie logisch bei weitem wahrscheinlichste ist, dasz mit dem
Uebergang der Kaiserwürde an andere Geschlechter andere Mundarten
in die Höhe kamen, ohne jedoch die vorhergehend- herschenden voll-
ständig überwinden zu können, so dasz von verschiednen verschiednes
in eins sich schweiszte. Auf diese Weise wurde aber der Enlwicke-
lungsgang gehemmt, da die Sprache, nicht mehr einheitlicher Natur,
zum Teil ein Knnstgebilde wurde. Nehmen wir dazu noch die reiszend
schnell um sich greifende Abgeschliffeiiheit und damit der frühern
Formen Unversfandenheit, so ist es nicht zu verwundern, wenn die
sonderbarsten Störungen und Verwechselungen, Misgriffe und Misver-
sländnisse mit unterlaufen. So sehr wir nun auch vom gesellschaftlich-
staatlichen Standpunkte diese unsere Umgangssprache als ein groszes
Glück, als einen wahren Segen zu betrachten haben, vom sprachlichen
Gesichtspunkte aus betrachtet, steht unsere Umgangs- und Schrift-
sprache an Werth unter jeder beliebigen Mundart.
Sowie wir nun aber gesehen haben, dasz unsere neuhochdeutsche
Umgangssprache, durchaus überschätzt, an gar mancherlei Gebrechen
lahmt und krankt, ebenso oder nur noch um vieles schlimmer ergeht
es unserer neuhochdeutschen Schrift, der man im Ernste den beiszen-
den Spottnamen Orthographie beigelegt hat.
Was ist Schrift anders oder soll anders sein, als das Portrait der
gesprochenen Sprache? Je getreuer daher die Schrift die Sprache
nachbildet, je mehr alle, selbst die kleinern Züge in der Schrift wie-
dergegeben sind, um so richtiger ist die letztere und werden beide
so gut wie congruent sein. Darüber, dasz die Erfindung der Schrift
eine der gewaltigsten geistigen Groszthaten der Menschheit gewesen,
und darüber, wie die verschiednen Völker des Altertums verschieden,
meist nur annähernd, entweder als Bilderschrift wie die Aegypter und
Mexikaner, oder als Bedeutungs-Sirichelschrift wie die Chinesen, oder
als Silbenschrift wie die meisten Völker Asiens ihre Sprachen für das
Auge fixierten, darüber gehe ich selbstverständlich stillschweigend
hinweff. Eine Schrift, wenn sie vollkommen sein soll, musz Laut-
oder Buchstabenschrift sein und damit drei Momente erfüllen, nemlich :
1) ganz naturgetreue Wiedergabe der einzelnen Laute ; 2) die Längen
und Kürzen der Vocale und 3) die Betonung in sich fassen. Diese drei
Grundziiffe einer lautlich-geschiclill. deutschen Kechtschreibung. 533
'o
Punkte hat unter den uns bekannteren Alphabeten die griechische
Schrift bis auf die Längenbezeichniing , in der sie nicht durchgreifend
und consequent ist, am getreuesten erfüllt.
Sehen wir aber von 2 und 3 ab, den ersten Punkt hat bei ihrer
Entstehung jede Schrift erfüllt, nemlich die vollständige und dennoch
einfache Wiedergabe der Laute; und es wäre ja auch, gelinde gesagt,
zu wunderlich und nur modern, eine Sprache anders fixieren zu wol-
len als sie gesprochen wird. Aber Schrift und Sprache, ursprünglich
in vollster Uebereinstimmung, verhalten sich wie die conservative zur
Fortschrittspartei. Die Schrift bleibt, wärend die Sprache fortdauernd
gesetzmäszigen Veränderungen unterworfen ist, und der Abstand
zwischen beiden wächst mit dem Alter derselben in gleichem Grade.
Diese progressive Disharmonie ist jedoch an und für sich kein Uebel-
stand. Die Schrift wird nemlich durch ihren Stillstand und durch das
Fortschreiten der Sprache aus einer Lautschrift zu einer geschicht-
lichen Schreibung, welche uns nicht den heutigen sondern den einsti-
gen Stand der Aussprache angibt. Ja solche geschichtliche Schrei-
bungen können, allerdings zunächst für den Sprachforscher von Fach
und durch dessen Ergebnisse für die gesamte Wissenschaft überhaupt,
von erklecklichem Nutzen sein; denn sind dem Sprachforscher von
einer lautlichen Entwickelungsreihe zwei oder drei Punkte gegeben,
so kann er, da eben die Veränderungen nicht launenhaft, sondern
gesetzmäszig sind, die ganze Entwickelung mathematisch sicher dar-
legen. Solche geschichtliche Schreibungen sind, um nur die aller-
bekanntesten Namen anzuführen, die französische und die englische
Schrift. Auch unsere neuhochdeutsche Schreibung ist durchaus nicht,
wie so viele glauben, eine Lautschrift; aber auch nicht durchweg ge-
schichtliche Schreibung, sondern eine vielfach verderbte und ver-
pfuschte geschichtliche Schrift. Unsere Orthographie, wenn man ein-
mal spottweise diesen Namen gebrauchen kann, gemahnt mich an einen
durch und durch corrumpierten Codex, dem nur durch starke Correc-
turen wieder aufgeholfen werden. kann.
Haben wir schon oben gesehn, wie selbst das Neuhochdeutsche
als Sprache durchaus eine nicht naiurgemäsze und einheitliche Ent-
wickelung ist, sondern mehr ein Kunstgebilde, so finden wir geradezu
der Willkürlichkeiten, der groben Verstösze und Lächerlichkeiten in
unsrer jetzt weder lautlichen noch geschichtlichen '^Orthographie' die
schwere Menge.
Im Laufe der Zeit werden, wie wir oben andeuteten, aus Be-
quemlichkeitsrücksichten Laute ganz überflüssig, werden entweder
gar nicht mehr gesprochen oder verändern sich doch wesentlich , so-
wol in isolierter Stellung, als auch, und das vorzüglich, in Gruppie-
rungen. Mehr und mehr beeinflussen sich die Laute, die Vocale unter
sich, die Consonanten untereinander und Vocale und Consonanten
auszerdem noch gegenseitig. Dasz nun da, wo z. B. früher ein h
zwischen zwei Vocalen stand, was deshalb ausgesprochen, später
aber, als der zweite Vocal wegfiel, nicht mehr gehört wurde, der
534 Grundzüge einer lautlicli-gescliicliU/ deutschen Rechtschreibung.
erste Vocal durch Ersatzdehnung die Zeilen des zweiten Vocals mit
erhielt und dadurch lang wurde, woran aber das h ganz und gar un-
schuhlig war, dies gab Veranlassung zu glauben, h verlängere die Sil-
ben, und man setzte es beliebig in lang gewordne Silben ein, obne
jedoch consequent und durchgreifend zu verfahren. Nicht aber diese
und andre Verkehrtheiten, die man in die Schrift hereinbrachte, sind so
anslöszig als es die ebenso unwissende wie launenhafte Halbheit und
Inconsequenz ist, welche unsere Schrift so entstellt und unnütz und
sinnlos erschwert. Ebenso inconsequent verfuhr man bei Verlängerung
der Vocale, was ein wesentliches Merkmal des Neuhochdeutschen im
Gegensatz zum Mittelhochdeutschen ist, mit deren Doppelselzung bei
a, o und e, oder bei i durch Anfügung eines e, was ursprünglich die
erste Steigerung der u-Reihe, iu, war, und späler durch Anähnlichung
zu
[ä. *^), i— * ij" j") und endlich zu i / J \ wurde.
Dasselbe war es im umgekehrten Falle mit der Kürze und Kür-
zung eines Vocals, wenn durch Ausfall eines andern Vocals zwei gleich-
artige oder doch ähnliche Consonanten zusammenkamen, wobei man in
den Wahn gerieth, Doppelconsonanz verkürze den Vocal, und nun
frischweg an einigen Schocken von Wörtern diese neue Weisheit ex-
perimentierte, ohne aber auch hier consequent zu sein. Ja man gieng
sogar so weit, Doppelconsonanz im Auslaut zu lassen oder erst sogar
hinein zu verpllanzen, und um dem Nonsens die Krone aufzusetzen bei
den Dentalen, mit denen man dieses Kunststück am meisten ausführte,
sogar den tönenden Laut (media) mit dem tonlosen zu verbinden (was
am Ende zusammen auszusprechen geradezu eine physiologische Un-
möglichkeit ist), dt am Ende der Worte sogar nach vorausgegangnem
langen Vocale, was in der That ein non plus ultra genannt werden
musz (hat, statt, Stadt, ßrodt). — Was nun den Gebrauch von sz
und ss und s anlangt, so brauche ich davon gar nicht zu sprechen,
weil dieser Schaden selbst dem blödesten Auge sichtbar ist und
selbst der unkundigste sich wunder^id fragen niusz: warum steht da
das eine und dort das andere, wärend der kundige oft genug be-
kennen musz, soll geschichtlich richtig geschrieben werden, so muslo
in diesem Falle 'sz', und dort 'ss' und hier 's' stehen, nicht aber
umgekehrt.
Wir sind zwar in Betreff der Consonanten noch lange nicht am
Ende und könnten noch manchen Punkt mit demselben Rechte zur
Sprache bringen; doch wollen wir noch einiges von den Voca'en in
Erinnerung bringen, um dann zu iinserm positiven Teile übergehen zu
können. Auch in Betreff der Vocale herscht eine babylonische Ver-
wirrung; denn, ob ein Vocal lang sei, weisz man, trotzdem man drei
verschiedne Zeichen für die Länge in Anwendung gebracht hat, doch
in den meisten Füllen nicht, und dasselbe nur in noch ausgedehnterem
Masze ist es mit der Kürze des Vocals.
Ein wahrer Proteus ist aber das 'e', denn ob dieses e oder e ist
oder a oder ä oder ob es gar nicht ausgesprochen wird oder ob es
Gruiulzü^'e einer laullicli-geschichll. ilculsclieii Heohisclirüibnng. 535
wie a, wie es sich zu liutideiimalen liiidot, aiisgesprochen werden
niusz: das alles niusz man erst wissen, olie man es aussprechen kann.
Man vergleiche nnr die zwei ganz identisch gischnebnen Wörter
'Gehet' nnd 'gehet'. Welcher g^eniale Sohn des Ilinunels oder wel-
cher geistige Titan vermöchte, ohne vorher die Aussprache zu kennen,
mir zu sagen, welciies von beiden preces nnd welches dafe bedeute
oder umgekehrt, wenn er die Bedeutung nicht kennt, wer möchte sich
erkühnen, das unlösbare Problem zu lösen, welches von beiden gebät
oder gäbät ausgesprochen werden niüsze. Oder man nehme Wörter
wie Rain, IJliein und rein usw. Dasz solche Unsinnigkeiten, von wis-
sensciiaftlichen Zwecken wie von wissenschaftlichem Standpunkte
ganz abgeselin nnd blos die Schule und das praktische Leben ins Auge
fassend, dem Kinde wie dem Lehrer Mühe und Zeit, Gedächtnis und
Anstrengung, Worte und Geduld kosten, da das Kind einfach bei jedem
einzelnen Worte beim Lesen die Aussprache sowie umgekehrt beim
Sprechen die Schreibung- merken, resp. vom Lehrer sich eintreiben
lassen niiisz, und dasz dem Kinde dadurch nicht etwa geschichtliche
Satzungen überliefert werden, sondern vielfach nur Launenhaftigkeiten,
Willkuriichkeiten , Unsinn und I-(igen, und das Kind schon in seinem
ersten Unierrichte verschrolien gebildet werden musz, nnr um der
neuhochdeutschen 'Orthograpliie' zu enisprechen, und dasz diese Nas-
sen von Stunden, die auf diesem Wege und zu diesem geradezu sinn-
losen Zwecke geopfert werden, entweder dem Kinde und dem Lehrer
geschenkt oder doch zu weit nützliciierem verwandt werden könnten;
das alles leuchtet von selbst jedem unbefangenen ein.
Aehnlich verhält es sich mit dem u. Üb a oder ü zu lesen sei,
das wollen wir gar nicht in Anschlag bringen, denn das sind Mängel
an denen die samtlichen Vocale laborieren, aber ob u = u oder ^=: ü
zu lesen sei, das musz das Kind erst durch Erfahrung lernen. Denn
schreiben wir einmal Haut und Haute, so hat ein Kind folgenden Dop-
pehvidersinn zu merken: einmal steht a, einmal ä, beidemale aber als
a auszusprechen, dagegen steht beidemale u, aber umgekehrt als im
ersten Falle, ist das u einmal als u, das andere mal als ü zu lesen.
Oder nehme ich heute und häute, so ist beides, e und ä als a zu lesen
und u beide Male als ü zu sprechen.
Rechnet man noch dazu, um das noch beiläufig zu bemerken, dasz
die deutschen Kinder für Lesen und Schreiben 8 Alphabete von 25 — 26
Buchstaben (4 deutsche und 4 lateinische, oder auch 4 gedruckte und
4 geschriehne, oder auch 4 grosze und 4 kleine) zu merken haben,
eine Anzahl um die sie mancher Gelehrte andrer Völker beneidet, so
weisz man wahrlich nicht, soll man unsere Kinder wegen dieser mühe-
vollen leeren Gelehrsamkeit bewundern oder vielmehr bedauern.
Wie ist aber nun zu helfen? Ich sage: auf zwei Weisen, auf
keine Weise und doch auf eine Weise.
Dasz diesem Unwesen mit unserer sogenannten Orthographie ein
Ende gemacht werden müsze, darin und darüber sind alle einig, nur
536 Grundzüge einer laullich-geschichtl. deutschen Rechtschreibung.
in der Art und Weise, sowie in dem Masze, in welchem zu helfen sei, dif-
feriert man. Die einen wollen die Schreibung wieder zu dem gestalten,
was sie eigentlich sein sollte, zu einer historischen, und haben dazu
sehr bereclitigle und anerkennenswerlhe Gründe. Durch die Bestre-
bungen dieser Leute wird ein schöner Einklang der geselzmäszigen
FortentwickeUing hervorgerufen, und ein einigermaszen in die Ge-
schichte seiner deutseben Muttersprache eingeweihter würde dann so-
fort an jedem Worte dessen Abstammung und Forlbildung erkennen
und deren weitern Verlauf verfolgen und angeben können. Wir könn-
ten uns auf diese Weise einer ununterbrochnen deutschen Schreibung
von über ein Jahrtausend rühmen, was doch immerhin ein gutes Stück-
chen Zeit ist. Dies ist der eine Weg zur Abhülfe: die geschichtliche
Schreibung. Der andre Weg wäre die lautliche Schreibung: ein Weg,
den sobald die Sprachphysiologie einigermaszen aus den Kinderschu-
hen herausgetreten ist und ein durchgreifendes lautliches System ent-
worfen hat, fast alle europäische, ja, sagen wir, fast alle Völker ein-
schlagen müszen und werden, und wobei wir Deutschen als das Volk
der Wissenschaft und der Gelehrsamkeit uns rühmen könnten, auch
hierin Pioniere gewesen zu sein. Durch eine lautliche Schreibung
würde sofort bei Hörung eines Wortes jedes Kind und jeder unge-
bildete selbst wissen, wie er das betreffende Wort zu schreiben und
umgekehrt das geschriebne oder gedruckte zu lesen und zu sprechen
habe: wahrlich, kein geringer Fortschritt in einer Zeit, wenn, wo
jede Wissenschaft bei ihrer über die Maszen fortschreitenden Grösze
und Tiefe die Methoden sich ihrer zu bemächtigen einfacher, d. h.
naturgemäsz zu machen sucht, wenn auf diese Weise der Vor- und
Grundwissenschaft aller Wissenschaften, dem Lesen und Schreiben,
mit einem Schlage eine so einfache Gestalt gegeben würde. 3Ian
müste staunen über die Leichtigkeit, mit der Kinder und Volk dies
begrilfen und sich zu eigen machten, und über die viele auf diese
Weise ersparte Zeit, die man zur Erholung oder zu höheren Dingen
verwenden könnte.
Dies sind die beiden einzigen Wege, auf denen geholfen, auf
denen sogar glänzend geholfen werden könnte, wenn sie nur durch-
gängig ausführbar und wenn, ausführbar, praktisch wären. Die ge-
schichtliche Schreibung ist insofern gar nicht möglich, da die Sprache
in der Zeit des Uebergangs vom Mittelhochdeutschen zum Neuhoch-
deutschen nicht einheitlicher Natur ist, und wo in der Natur kein ge-
setzmäsziger Organismus vorhanden ist, sondern gewaltsame Stö-
rungen stattgefunden haben, läszt sich post factum die Sache nicht
wegdisputieren und nicht wegschreiben. Und gesetzt auch, es gelänge
vollständig ohne alle Ausnahme für alle Worte die organische ge-
schichtliche Schreibung festzustellen, was hätte man damit gewonnen?
Für die Wissenschaft unstreitig viel, doch aber immerhin nicht so
viel, als man es sich gewöhnlich vorstellt, für den praktischen Ge-
brauch indessen unstreitig wenig; denn die ganze Schreibung wäre
nur für den verständlich und begreiflich, der Germanist von Fach wäre.
Grundzüge einer laiUlicli -gcschichll. deulsclieu Rechlsclireibuiig. 537
Die consequento gescliiclUliche Schreibung wäre rine mit vielem
Aufwand von Mühe, Zeit, resp. aucli Geld gefertigte künsilicho Hose,
die nur den Schein einer natürlichen hat, welcher aber der Farben-
schmelz, der ßlütcnduft, die Frische, überhaupt das Leben abgebt,
die geschichtliche Schreibung wäre ein Kunstprodukt ohne Lebens-
kraft in sich.
Kann also die geschichtliche Sciireibung nicht helfen , so musz
es die lautliche, aber, um das gleich von vorn herein zu sagen, trotz-
dem so viel für diese spricht, consequeiit kann sie jetzt doch noch
nicht angewandt werden. Ist zwar auch die Schrift- und Umgangs-
sprache nicht an die Dialekte gebunden, -so ist sie doch mit denselben
eine Verbindung eingegangen oder vielmehr hat sich mit ihnen ge-
mischt und mundartlich gefärbt, so dasz bei einer lautlichen Schreibung
so viele Eigentümlichkeiten, das heiszt Verschiedenartigkeiten zum
Vorschein kommen würden, dasz an eine Einheit nicht zu denken
wäre. Und noch mehr wären der Verschiedenarligkeiten zu fürchten,
weil in der Sprache verschiedene Gesetze auf einmal walten, dieselben
aber in der Entwickelung durchaus nicht gleichen Schritt halten, so
dasz, vvärend das eine Gesetz zu Ende gelaufen ist, das heiszt dessen
Produkte zeitlich scheinbar stabil, räumlich gleichartig geworden
sind, ein anderes noch in der Entwickelung begriffen in verschiednen
Teilen Deutschlands ganz verschiedne Entwickelungs- oder Halt- und
Knotenpunkte erreicht hat. So werden z. ß. die Wörter, in denen
ein 'c/i' vorkommt, wenn ein ^i' oder 'e' vorhergeht, nicht als 't/i'
sondern nur als '7' gesprochen, oder folgt 's' darauf, als 'Ä', also
z. B. nicht 'Eiche' sondern 'Aije', nicht 'wachsen' sondern 'waksen';
dagegen 'Buche, Bauch, Lauch' usw. Aehnlich verhält es sich mit dem
^g\ So finden wir geschriebnes '/r'', um einige Beispiele vom zweiten
Falle zu nehmen, in Norddeutschland als 'ä' gesprochen, z. B. 'Kind',
in Thüringen und Franken dagegen als '/f/t', also'Khind', und in
Leipzig als 'r/' als 'Gind'. Desgleichen sehn wir im Laufe der Zeit
's' in s {seil) übergehn, aber so, dasz in Norddeutschland das 's'
noch überall reines, einfaches 's' ist, und zwar in dem Grade, dasz
es vielfach noch auf der Stufe des Mittelhochdeutschen steht, in Mit-
teldeutschland das 's' im Anfange zu 's/t' oder auch zu ^sch^ teilweise
geschrieben, als 'schnell, Schwein' usw., teilweise auch nur gespro-
chen, als 'sprechen (:== shprechen), stehn' usw., im Inlaut dagegen
nie als 'scA' geschrieben, wol aber in der gewöhnlichen Umgangs-
sprache nach 'r' als 'sc/t' gesprochen, z. B. mir'sch = mir's, Wurscht
= Wurst usw., wärend z. ß. in Schwaben 's' durchgängig auch im
Inlaut zu 'seil' geworden ist, als Bruschtkaschten = Brustkasten: so
dasz also der Stand der einzelnen Laute in den einzelnen Gegenden
ein ganz verschiedener ist. Also für solclie noch nicht zu Ende ge-
laufene Gesetze ist auch die Lautschrift nicht anzuwenden.
Was bleibt also übrig, wenn weder die geschichtliche noch die
lautliche Schreibung, die einzig möglichen Wege der Besserung, voll-
ständig genügen ? Scheinbar kein Weg, aber in Wahrheit doch ein Weg.
538 Grundziige einer laiillicli-geschichll. deufschen Rechtschreibung.
Man ist iiemlich dem üebel selir verschieden zu Leibe gegangen.
Wärend man vom wissenscliafllichen Stanflpunkfe, geschicbllich wie
lautlich, Vüliständig tabula rasa machte, ist man von Seiten der Praxis
gegen die alt gewordnen Objekte von Widersinn mit einer Pietät ver-
fahren, die einer bessern Sache würdig und werlh gewesen wäre.
3Ian verfuhr mit der Schreibung so, als vkenn an eine Lehranstalt, in
der seit vielen Jahren der Sclileiulrian waltet, zur Probe zwei ver-
schiedene Directoren kämen, und der eine von ihnen erklärte, selbst
die Schüler in den hoheni Klassen müsten wieder von vorn anfangen,
da solche Halbwissenheit niciif länger geduldet werden könne, der
andere dagegen, ein conservativer und neuerungsschener, spräche sich
dahin aus: die Schäden der Anstalt bemerke ich wol und sehe auch
ein dasz sie bedeutend sind, allein da trotzdem viele Schüler dieser
Anstalt noch bedeutende Männer geworden sind, so musz die Einrich-
tung immer noch eine sehr gute, wenn nicht die beste sein, und wir
lassen es daher beim Alten bewenden. Der eine thut zu viel, der an-
dere zu wenig; ein dritter würde dem Uebelstand nach Kräften sofort
abhelfen und weil alles sich nicht sofort beseitigen läszt, doch dafür
sorgen, dasz durch Unterbau und anbahnende Neuerungen es in Zukunft
anders werden nuisz. Und so wollen auch wir zu verfahren suchen.
Wenn man will, läszt sich mit wenig Mitteln sehr viel thun, sehr viel
verbessern mit wenigen Veränderungen, wobei wir, um das gleich von
vorn herein zu bemerken , weniger den Standpunkt der Wissenschaft
als den der Schule und demgemäsz den des gewöhnlichen Lebens im
Auge haben, so jedoch, dasz gleichzeitig sowol der Sprachforschung
als der Sprachphysiologie vollständig Genüge geschieht und Rechnung
getragen wird.
Betrachten wir zuerst den Vocalismus. Hier liegt der Krebs-
schaden darin, dasz kurze und lange Vocale in der Schrift nicht ge-
schieden sind, trotzdem man für kurze Vocale oft, aber bei weitem
nicht immer, Doppelconsonanz folgen läszt, und für lange man durch
Doppelsetzung des Vocals, Einschiebuug eines Vi' oder eines 'e', aber
ebenfalls durchaus nicht durchgängig, diesem offenbaren Uebelstande
hat abhelfen wollen. Aber durch diese verschiednen Quacksalbereien
und Halbkuren ist das Uebel nur noch gröszer geworden. Ganz ein-
fach liesze sich hier dadurch helfen, dasz man erstens naturgemäsz
alle kurzen Vocale einfach schriebe ohne alle weitere Zugabe von
Doppelconsonanz, wärend man über die Vocale, wenn sie und welche
lang sind oder lang sein sollen, einen Circumflex oder sonst einen
Accent oder Zeichen schreibt (statt = stat, Saat, saht = Sät, sät),
wie wir es, abgesehn vom Griechischen, im Französischen, sowie im
Allnordischen, Gothischen, AKhochdeutschen und Mittelhochdeutschen
iinden ; durch einen Accent sind kurze und lange Vocale ferner ge-
schieden im Ungarischen, Lellischen , Serbischen, Walachischen und
Böhmischen, um von den örtlich wie zeitlich weiter entfernt liegen-
den als Sanskrit, Tamulisch , Send, Birmanisch, Armenisch usw. gar
nicht reden zu wollen. Auf diese Weise werden mit einem Striche
Griindzügo einer lautlich -gescliiclill. deulsclien Heciilschreibung. 539
vier falsche Wege der Kürzen- und Längenbezeichnnng beseitigt, und
jedes Kind könnte einfach wissen, welche Silbe kurz oder lang ist,
und umgekehrt wüste jeder noch so schlichte Mann beim Sprechen
wie er zu schreiben habe, und Schreibweisen, eben so unsinnig als
schwer oder, wenn auch früher richlig doch nicht mehr zeilgemäsz,
würden nicht mehr vorkommen, wie: statt, Stadt; saht und Saat;
ruhte und Kuthe ; VVaare, wahr, war und warum; hohl und hol oder
mehr und Meer usw. Aber, höre ich einwenden, in vielen dieser Falle
ist ja das h ursprünglich und deshalb ganz richtig. Ganz einverstan-
den, aber, wenn wir alles ursprüngliche schreiben wollten, dann ge-
nügte nicht einmal die Vollendetheit des Gothischen , sondern dann
miiste man noch viele Jahrtausende hinauf gehn, bis zu dem Punkte
wo die Sprache aulhört sich weiter zu bilden. Warum schreibt man
dann nicht mehr bros, Iilahhan, hwer, liwaz, hlut usw., sondern Hoss,
lachen, wer, was. Laut usw. usw.? Warum schreibt man denn in sol-
chen Fällen, deren Zahl eine betrachtliche ist, das h nicht mehr?
Ganz einfach, weil man es nicht mehr spricht, weil man es nicht mehr
hört. Und wer in diesen Wörtern die Schreibung ohne Ii für richtig
findet, der kann nicht anders , wenn er consequent sein will, als in
Wörtern wie 'zehn, seht' usw., wo das h wurzelhaft ist, das A, v\eil
es jetzt ebenfalls weder gesprochen noch gehört wird, fallen zu las-
sen, um von den Wörtern, wo das h wie in 'Zahn, Hahn' usw. usw.
hineinkuriert ist, ganz und gar zu schweigen. Das was früher recht
und erlaubt war, musz es auch jetzt sein.
Sodann liegt ein groszer Misstand in der verschiednen Aussprache
des e, einmal als e und dann als ü. Meine Ansicht ist die, überall, wo
ä ausgesprochen wird, auch ä zuschreiben; es ist dieses das einfachste
und zweckmäszigste Mittel. Aber kein wissenschaftliches, wird man
hier mir einwenden. Ob wissenschaftlicher das Einfache, Natürliche
und Natiirgemäsze ist oder das Künstliche und Unwahre, dafür wird
man mir erst den Beweis zu liefern haben. Ich meinerseits berufe
mich darauf: warum schreibt man denn nicht: Ber, geberen, rechen,
Kefer, demmern usw., sondern: Bär, gebären , rächen , Käfer, däm-
mern usw.?
Ferner ist noch eine dritte Aussprache des e = o in den Diph-
thongen ei und eu zu tilgen und einfach zu schreiben wie ausgespro-
chen wird ai und^öw. Der Diphthong e- i ist jetzt für jeden, der nur
die Umgangssprache und keinen Dialekt spricht, geradezu unange-
nehm, grob und bäurisch, und dennoch wird immer noch der Glaube
eingeprägt, als ob die Schreibung ei und Aussprache ai identisch
seien; dasz jedoch dem nicht so ist, beweisen die vielen Schreibun-
gen mit «2, oder kann jemand dennoch einen Unterschied anheben in
der Aussprache von 'Main und mein; Rain, lihein und rein; Haide und
Heide; laichen und Leichen; aichen, eichen und eigen; Laib und Leib;
Hain und (Freund) Hein; Saite und Seile; Waid, Weide und Weite;
Waise, weise und weisze; Bai und bei'? Und schreibt man in zwan-
zig Fällen ohne weiteren und triftigeren Grund ai statt e«, so kann
510 Grundzüge einer lautlich -geschichtl. deutschen Rechtschreibung.
man das, ja, um consequenl zu sein, musz man das auch in den ander«
zweihundert Fällen.
Eben so sprechen wir e« durchaus nicht als e-M, wie es z.B. im
Ilaiicnisthen der Fall ist, sondern =:= aü. eu ist wie ie aus tu her-
vorgegangen und beide sind durch Anahnlicliung nur nach verschied-
nen Seiten entstanden. Wärend nun i-e durch 1-^ zu i wurde, ward
eu durch a-u zu a-n. Wir sprechen zum Beispiel 'Häute ^ heute,
(den) Leuten ^ läuten , Freude = Bräuten', Hieran schlieszt sich
die Brechung des u in au , was man gemeiniglich falsch ü-u zu
schreiben pflegt, als ob man bildete Hä-ute von Haut; daher ist auch
das u zu bestricheln, nicht aber das a, also 'Haute' und nicht 'Häute'.
Difliciler ist die Frage in Betreff der Consonanten, und hier
heiszt es Mitte halten zwischen geschichtlicher oder, will ich sagen,
herkömmlicher Schrift und lautlicher Schreibung. Einiges sollte je-
doch offenbar geändert werden. Beginne ich mit dem ärgsten, was
allerdings schon bei den Vocalen mit b(;handelt ist, mit der Doppel-
setzung der Consonanten. Vom physiologischen Standpunkt aus die
Sache beleuchtet, sprechen wir jetzt in keinem Falle zwei gleich-
artige Consonanten unmittelbar hintereinander aus. Aber das Verhält-
nis ist anders, je nachdem wir es mit momentanen (Verschlusz-) lauten
(g, k, kh; d, t, Ih ; b, p, ph) zu thun haben oder mit Dauerlauten
(Spiranten, Nasalen, r- Lauten), und beide Arten von Lauten ver-
hallen sich wieder anders im Inlaut als im Auslaut. Nehmen wir die
Dauerlaule zuerst, so sprechen wir vollständig z. B. ein zweites s oder
/"usw., aber von den drei Zeilen, die jeder Laut zu seiner Hervor-
bringung erfordert, werden vom ersten Laut nur die zwei ersten und
vom zweiten nur die zwei letzten in Anwendung gebracht, also nur V«-
So im Inlaut, wenn der Dauerlaut isoliert steht; auch im Auslaut
ist dies möglich, aber es wird nur in den allerseltensten Fällen in
Anwendung gebracht. Anders dagegen bei den Momentanlauten, wo
wir nie zwei Laute gleicher Gattung hintereinander aussprechen, nicht
einmal im Inlaut, wo dies physiologisch noch möglich ist; aber auch
hier wird der Verschlusz des einen Lautes so lange aufgehalten, als
Zeit erforderlich wäre, um die zwei gleichen Laute wirklich hinter-
einander auszusprechen. Dasz man früher in den betreffenden Fällen
die zwei Laute jeden für sich ausgesprochen hat, ist keine Frage,
aber nach dem oben angedeuteten Gesetz der zunehmenden Muskel-
ersparnis geschieht dies eben heut zu Tage nicht mehr. Die beiden
Laute nebeneinander auszusprechen würde unserm Sprachorganismus
viel zu schwer und kraftanslrengend sein und jedem Hörer befremd-
lich und sonderbar vorkommen. Im Auslaut dagegen zwei gleiche Laute
auszusprechen ohne abzusetzen ist physiologisch unmöglich und ab-
gebrochen auszusprechen für unsere Zeit mehr als lächerlich, zu sagen
z. B. stat-t, was nur durch die Schreibung von dt überboten werden
kann, über welchen, geradezu gesagt, Unsinn ich gar kein Wort ver-
lieren mag; es fehlte nur noch, dasz man gk und bp schriebe. Fasse
ich alles zusammen, so geht von physiologischen und sprachwissen-
Grundziigo einer lautlich-gcscliichll. deutschen Heclilschreibnng. 541
scliaftliclien Grundsälzen gelcilet und den Slandpnnkf der Schule und
des gewühnliclien Lebens im Auge habend, meine Ansicht dahin: im
Inlaut vorhandene Doppelconsonanz sowol der Momentan- als Dauer-
laute zu belassen, im Auslaut aber stets nur einen Laut zu schreiben.
Im Semitischen werden nie zwei gleiche Consonanten im Auslaut g-e-
schrieben, und wenn beide noch so berechtigt und ursprünglich sinrt;
warum? weil jedes unverdorbene Gehör fühlen musle, dasz auslautend
nie zwei gleiche Consonanten gehört werden; desgleichen im Sanskrit
und Griechischen, welches letztere den Verlust des einen Consonanten
gewöhnlich durch Ersatzdehnung des vorhergehenden Vocals aus-
gleicht (z. B. Stamm evyeveg, Nom. (eig.) svyeviaa wird svyevtjg.
Und ist es etwa im Lateinischen fel(l), fellis , mel(l), mellis,
os(s), ossis usw. anders? Oder ist es etwa anders im Althochdeut-
schen, wenn wir haben pitlu, pat, ezzan, iz , luis, kusses , swimman,
swam, scellan, scal usw., und im Mittelhochdeutschen, wenn da ge-
schrieben wird val, valles, svam, svammes usw.? Diese Doppel-
consonanz am Ende haben wir blos ignoranter Weisheit zu verdanken,
und wir haben lautlich und geschichtlich wie praktisch das gröszie
Recht, diesen Unralh und Unsinn mit Stumpf und Stil sofort aus un-
serer Schrift wieder hinauszufegen.
Wenn nun jemand sagen sollte: gut; zugegeben im Auslaut steht
nur ein Consonant ; was machst du denn aber mit Wörtern, die wir
jetzt mit dt schreiben, soll da Slad oder Stat geschrieben werden?
Darauf gibt es nur eine Antwort, weil sprachlich wie geschichtlicli
nur die tenuis das einzig richtige ist. Ursprünglich hat im Auslaut
sovvol media wie tenuis gestanden. Die media kann aber für die Dauer
nicht stehn , und dem Vernichtungsprocess, der am meisten auf das
Ende der Wörter hereindrängt, gehörigen Widerstand leisten; sie fällt
daher ab oder wird tenuis. Diejenigen Sprachen, welche media aus-
lauten lieszen, verloren bald nicht allein die media, sondern auszer-
dem noch vieles, was mit der media im Auslaut verbunden war, wie
wir dies im Slavischen, Litauischen, Gothischen und teilweise auch im
Griechischen sehn. Es musle dies so kommen, gerade so wie wenn
ein auf dem Rückzuge begriffnes, vom Feinde hart gedrängtes Heer,
wenn es Rekruten in die Nachhut, also an den schwierigsten Posten
stellte, nicht allein die Nachhut, sondern alles, was mit derselben in
Verbindung steht, verlieren würde; oder dasselbe wäre, wenn jemand
sein Haus statt mit harten Ziegeln mit weicher Pappe decken wollte.
Die tenuis ans Ende setzen dagegen Sanskrit, Lateinisch (rec-s für
reg-s, lec-s für leg-s, in welchen Fällen allerdings das s mit hilft,
die einzigen scheinbaren Ausnahmen sed, ad, band bieten jetzt die
besten Ausgaben nach den Handschriften mit tenuis: oder die media
fällt aus, igni für ignid usw.). Am consequentesten setzen aber
tenuis ans Ende Althochdeutsch und Miflelhochdeulsch, z. B. balc
aberbalges; gib e, gä ben, geben abergap; scheide aber schie t.
542 Gnindzüge einer lautlich -geschiclill. deutschen Rechtschreibung,
Also physiologisch wie geschichtlich ist auslaufend nur die tenuis ge-
reclilferligt, und praktisch, sollte ich meinen, wäre dieser Grundsalz
doch auch.
Damit hängt aber ein anderer Fall zusammen, für den ich eben-
fal's sovvol die PhysioloiJie als auch, was eigentlich durch das erste
.celbstverständlich ist, geschichtlich die Schreibungen in den verschied-
nen Sprachen für mich habe. Kommen nemlich , ] + tenuis zu-
» aspirata( '
sammen, so geht allemal der schwieriger auszusprechende Laut, d. h. die
media oder aspirata, in den leichter hervorzubringenden, in die tenuis,
über, wenn nicht eine noch gröszere Bequemlichkeit eintritt, dasz
nemlich der erste Momentanlaut in den gleichen Dauerlaut übergeht,
Avie wir dies in den deutschen Sprachen hnben. Für den ersten Fall,
für den ich noch einige andere Sprachen eitleren könnte, will ich nur
einige Beispiele aus dem Griechischen und Lateinischen anführen.
Griechisch wird uy-aco zu ax-aco. öe'/^-öoiiki zu öen-aoucci, xQiß-aay
zu XQln-a(o, yQucp-aa zu yqaTt-aa; oder lateinisch reg-si zu rec-si,
X
trah-si zu trac-si, lab-sus zu lap-sus, leg-tus zu lecfus, ag-tus zu actus
usw. usw. So sagen wir auch im Deutschen nie Muibsch' sondern
stets Miüpsch', nie Mobst' sondern Mopst', nicht 'Dach-se, Füch-se,
wach-sen' sondern 'Dakse, Fükse, waksen' usw. usw.
Ferner was in der jetzigen Schreibung viel Pein verursacht und
was in unserer Sprache rein überflüssig geworden ist, das ist das sz.
Ich weisz recht wol, dasz sz und ss ganz verschiednen Ursprung ha-
ben und dasz das erste, ursprünglich aspirata, erst allmählich zur
spirante geworden ist, ähnlich dem englischen tb, nur dasz hier so-
gar noch aspirata geschrieben wird. Aber als die aspirata völlig
zur Spirante oder will ich sagen durch das englische th (arabisch
und persisch viJ, altnordisch |) und d, neugriechisch & und ö usw.)
hindurch war, ist sie völlig s geworden und hat damit ihre besondere
Function und Mission erfüllt und zu sein aufgehört. Es gehört nur
noch der Vergangenheit, also wissenschaftlichen Forschungen und
Untersuchungen, nicht mehr aber der lebenden Sprache, oder was das-
selbe sagen will, der Schrift an.
sz musz fallen; und dieser Salz ist wissenschalllicb vollständig
gerechtfertigt und für das praktische Leben nur richtig, einfach und
zweckmäszig; man setzt dafür 'f oder wo es im Inlaut die Umstände
fordern M'f, und da für inlautendes und auslautendes s einmal zwei
Laulfiguren vorhanden sind, schreibe mau inlautend ^V resp. 'ff, aus-
lautend aber nur 's'.
Das sind die wichtigsten Veränderungen, die in unserer neuhoch-
deutschen Schreibung vorznnehmeu wären. Alles folgende ist von
minderer Bedeutung. Im Nenhochdenischen haben wir keine Aspiraten
mehr, unsere ursprünglichen Aspiraten sind längst zu Spiranten ge-
Grundzüge einer laiUlioli-gescliichll. denLscIien Heclilscliroibiing 543
Avorden, und dennoch findet nion noch in einigen Wörtern Ih und in
Fremdwörtern sogar ph, uas als Aspirate auszusprechen schon seil
Jahrhunderten niemandem nielir eingefallen ist. Statt Ih ist blos t zu
schreiben und statt ph , obwol das Gesetz der abnehmenden Muskel-
thäligkeit es meist schon bis zu '^f hat herabsinken lassen, pf zu
schreiben, wenn man nicht 'f nehmen will.
Dann ist noch T und W ganz gleichlautend und gleichbedeutend:
beides sind die tonlosen Labialspiranten, im Gegensatz zu deren tönen-
den Spirante 'w'; also eins von beiden, f oder v, ist überflüssig. Da
jedoch V nur in verhiiltnismäszig wenigen ^^'örtcrn sich findet, so
könnte man auch diesen Ueberflusz beibehalten.
Noch könnte man reden, ob man die groszen Buchstaben bei-
behalten, ob man sich fernerhin nur des lateinischen Alphabets bedie-
nen möchte und wie gut es wäre, wenn man auch im Neuhochdeutschen
Accente einführte; doch darüber als über zu weit entfernt liegendes
wollen wir jetzt lieber ganz schweigen.
Fassen wir nun alles positive zusammen, so gehn unsere Ansich-
ten dahin :
1) Die langen Vocale werden von den kurzen durch einen darüber
gesetzten Circumflex kenntlich gemacht; dadurch fällt die Doppelsetznng
der Vocale und die vermeintliche Verlängerung eines Vocals durch h
oder durch e.
2) Jeder Vocal ohne weitere Bezeichnung ist kurz zu lesen und
dadurch fällt die oft eingebildete Kürzung eines Vocals durch nach-
folgende Doppelconsonanz.
3) Die verschiedene Aussprache von e als e oder als ä be*'ef-
fend, wird e stets ä auch geschrieben, wo es gesprochen wird.
4) ist, da nicht mehr e-j, sondern stets ai gesproche-' wird,
auch stets ai zu schreiben.
5) Dasselbe findet statt bei ew, was jetzt aü gesprochen wird,
demgemäsz auch die Schreibung der Aussprache sicl^ anzubeque-
men hat.
6) findet bei der Brechung von au nicht eine Brechung des fl,
sondern des u statt, also auch nicht mehr unrichl-'g zu schreiben öw,
sondern richtig aü.
7) steht im Inlaut Doppelconsonanz , we/in derselbe Laut die
eine Silbe schlieszt und die folgende beginnt; ist dies nicht der Fall,
so steht im Inlaut oder am Silbenschlusz und im Auslaut nur ein Con-
sonant, und im letztern Fall stets die tenuis.
8) Vor den tenues, das heiszt vorzüglich vor /, s und sc/«, ist
eine unmittelbar vorhergehende media stets in die tenuis zu verwan-
deln; vor s und seh in einheitlichen, unzusammengesetzten V^'örtern
auch die spirante ch in k umzuschreiben.
9) sz ist jetzt, da die Denfalaspirafe längst zur Spirante geworden
ist, identisch mit ^f, daher sz zu streichen und an Wort- wie Silben-
anfang M', an Silben- und V^'orlschliisz 's' zu schreiben.
10) hat Neuhochdeutsch kein th melir, sondern nur (J und) /;
544 Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichlungen.
eine neue Laulverschiebung mit rf, t und th ist wol zu bemerken, aber
noch lange, lange nicht durchgedrungen und abgeschlossen.
11) ist ph in Fremdwörtern länofst a's pf gesprochen worden,
wird jetzt sogar meist als f gesprochen, daher wenn nicht /", mindestens
als pf zu schreiben und nicht mehr fälschlich als ph.
12) Ist von /" und » eins überflüssig, weshalb letzteres gestrichen
werden könnte.
Leipzig, K. Hoß'mann.
18.
Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichtungen.
Auf der Hamburger Philologenversammlung im Jahre 1855 legte
der Herr Geh. R. -R.Wiese der pädagogischen Section die Frage vor,
*wie das Programmeninstifut , welches eine allgemein deutsche Ange-
legenheit geworden sei , am nützlichsten gemacht werden könne.'
Kürze der Zeit verhinderte damals eine ausführlichere Behandlung der
Frage; es konnte von dem Thesensteller nur noch eine falsche Auf-
fassung reclificiert werden, im itbrigen aber muste die wichtige Sache
einer Discussion in den Zeitschriften überlassen bleiben. Kurz nach
der Hamburger Versammlung veröffentlichte denn auch Herr Professor
Dietsch in diesen Jahrbüchern für 1855 S. 585 ff. einen Aufsatz, in
^'elchem er den Gegenstand nach verschiednen Seiten beleuchtete und
schÄeszlich eine Reihe von Sätzen aufstellte, die gewis sämtlich die
Aneriennung eines jeden gefunden haben , welcher einer Einrichtung
Aufmeiksamkeit zu schenken gewohnt ist, die von gröstem Segen sein
kann nn(. ggwis auch ist. Seit dieser Zeit ist jedoch, so weit ich zu
iibersehn \«rmag, die Frage nicht mehr ölTentlich besprochen worden,
es verlohnt :ich daher wol der Mühe, jetzt nach einem Zeitraum von
mehr als 6 Jal.-en die Aufmerksamkeit des Lehrerstandes wieder auf
dieselbe zu lenUan, die an unsern Schulschriften gemachten Bemer-
kungen vorzulegen und den Wünschen Ausdruck zu geben, welche
sich bei sorgfälliger ?rogrammenlektüre aufdrängten. Ich werde mich
dabei möglichst darauf 'oeschränken , unsere Programme, wie sie jetzt
sind, im einzelnen kurz zu betrachten und hin und wieder Aen-
derungsvorschläge anzufügen; im übrigen sei, was das allgemeine
angeht, jeder auf die trelTliche Abhandlung von Dietsch verwiesen,
mit dessen Grundanschauungen ich im wesentlichen übereinstimme.
Dort ist auch das historische über die Zeit vor 1824 hinreichend erör-
tert.*) Zuvor sei noch bemerkt, dasz ich der Vollständigkeit wegen
auch die von Dietsch im einzelnen bosprochnen Punkte nicht übergehn
konnte; dasz ich aber im folgenden besonders auf die Schulschriften
der preuszischen Anstalten Rücksicht nehmen werde, hat seinen Grund
") S. auch die Bemerkungen von Rüdiger, Jahrb. 1856 S. 307.
Zur Beurteilung- unserer rrogrammeneinrichlungen. 545
d.irin, dasz die betrelTenden RegiminalverFügungen anderer deutschen
Länder zu schwer zugänglich waren; zudem sind ja auch die preuszi-
schen Einrichtungen bei einer ganzen Heihe von lileinern Staaten ohne
wesentliche Abweichung angenommen worden.
I. Die Abhandlungen.
Die Ausgabe eines Programms zum Jahresschlusz wurde von dem
preuszischen Unterrichtsministerium als allgemein verbindliche Norm
zuerst festgesetzt durch die bekannte Circularverfügung vom 23. Au-
gust 1824*), welche über den Inhalt dieser Schulschriften folgendes
aufstellt: 'Das Programm soll bestehn a) aus einer Abhandlung über
einen wissenschaftlichen, dem Berufe eines Schulmanns nicht fremden,
ein allgemeines Interesse, mindestens der gebildeten
Stände, am öffentlichen Unterricht im allgemeinen oder
an den Gymnasien insonderheit erweckenden Gegen-
stand, dessen Wahl innerhalb dieser Grenzen dem Verfasser
überlassen bleibt; auch soll es gestattet sein statt der eben gedachten
Abhandlung eine in dem belreffenden Gymnasium schon gehaltene Rede
in dem Programm abdrucken zu lassen, wenn dieselbe jenem Zwecke
entspricht oder durch innern Werth sich besonders aus-
zeichnet.' 'Die Abhandlung soll abwechselnd das eine Jahr in
lateinischer, das andere in deutscher Sprache geschrieben werden,
und nicht blos dem Director, sondern auch den sämtlichen Oberlehrern
soll nach bestimmter Reihenfolge die Verpflichtung dazu obliegen.'
Die in diesem Passus bestimmten Grenzen in ßelreff des Inhalts zeig-
ten sich bald als zu eng gezogen; auf die Hamannschen Vorschläge
erfolgte eine Jlinisterialverfiigung (1827), welche gestattete dasz 'auch
von Zeit zu Zeit Abrisse einzelner Disciplinen, die in den Gymnasien
auf den verschiednen Bildungsstufen gelehrt werden, abgedruckt
werden dürfen.' Doch wird hinzugefügt, dasz 'dergleichen Abrisse
stets etwas eigentümliches enthalten müszen und nicht aus einer
bloszen Compilation oder einem bloszen Auszuge aus
bereits vorhandenen Schulbüchern bestehn dürfen.' Eine
Verfügung vom Jahre 1837 verbietet dann, wie es scheint in Folge
des Lor ins ersehen Streites, 'alle einseitige, das richtige Urteil über
bestehende Schuleinrichtungen verwirrende, oft sogar persönliche Po-
lemik' in den Abhandlungen. Am wichtigsten für die Beurteilung der
die Schulbehörden leitenden Anschauung ist die Verfügung von 1843,
welche gestattet dasz auch 'andere als Oberlehrer die Abhandlung
schreiben dürfen, wenn von denselben rnit voller Sicherheit erwartet
werden kann, dasz ihre Arbeit, der Bestimmung dieser
Schulschriften gemäsz, von dem wissenschaftlichen
Geiste und dem gesamten Streben der Anstalt in ange-
messener Weise Zeugnis ablegen werde.' Im Sinne dieser
Verfügung ist dann auch ein Erlasz des Ministeriums vom 29. Juni
*) S. Archiv für Philol. u. Pädag. 1825 S. 174 ff.
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. II. Abt. 1S61. Hft 11 u. 12. 35
546 Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichtungen.
1848, in welchem der Antrag eines Piovinzialschulcollegiums auf Weg-
lassung der Abhandlung zurückgewiesen wird und welcher als ersten
Grund dafür ^den nachteiligen Einflusz auf den wissen-
schaftlichen Sinn der Gymnasiallehrer' anführt.
Dies sind die hauptsächlichsten allgemeinen Bestimmungen unse-
res Schulregiments über die Abhandlungen, mit denen wir uns zunächst
zu beschäftigen haben. Die Absicht, welche bei der allgemeinen
Einrichtung maszgebend gewesen ist, wird ganz bestimmt dahin for-
muliert, dasz Zeugnis abgelegt werden solle von dem wissenschaft-
lichen Geiste des Gymnasiums, d. h. also in den meisten Fällen der
einzelnen Lehrer. Aber wem? etwa der vorgesetzten Behörde? Dann
würde also eine Art von fortlaufender indirecter Prüfung eingerichtet
sein, um die Regierungen darüber auf dem laufenden zu erhallen, ob
die Gymnasiallehrer auch ordentlich studieren; und dasz man an etwas
derartiges gedacht hat, scheint unter anderem auch die Bestimmung
über das Lateinschreiben anzudeuten. Wir fürchten sehr, die Resultate
dieser Prüfung würden nicht die erfreulichsten, aber auch namentlich
nicht die richtigsten werden, aus Gründen die wir nachher erörtern
wollen. Jedenfalls thäten die Schulbehörden, wenn sie sonst keine
Mittel hätten sich über das wissenschaftliche Streben ihrer Lehrer zu
unterrichten, am allerbesten, auch auf dieses Mittel zur Erwerbung
derartiger Kenntnis ruhig zu verzichten. Oder soll das Zeugnis abge-
legt werden vor dem Publicum — denn auch hieran scheint in der
Verfügung von 1824 gedacht zu sein — oder etwa gar den Schülern
gegenüber? Nichts könnte verfehlter erscheinen als dies. Es bedarf
wol kaum des Hinweises darauf, nicht nur wie wenige Stoffe aus dem
Kreise der Schule überhaupt weitem Kreisen zugänglich gemacht
werden können, als vor allem auf die Gefahr, dasz urteilsunfähigen
gleichsam eine Aufforderung in die Hand gegeben wird, über die
Kenntnisse der Lehrer abzuurteilen. Und wer entsinnt sich nicht noch
aus der eignen Schülerzeit, wie in den Programmen besonders der
Jüngern Lelirer herumgestöbert wurde, um irgend etwas merkwürdiges
zu entdecken, wäre es auch nur ein Schreib- oder Druckfehler, und
wie dann das gefundene mit den unausbleiblichen Vergröszerungen
ausposaunt wurde. Also das einzige Forum, wenn es sich wirklich
um ein 'Zeugnisablegen' handelt, das sind die Fachgenossen ; sie allein
werden, wenn auch aus einer einzelnen Arbeit sich kein Schlusz auf
ein ganzes LeiirercoUegium machen läszt, doch aus einer Reihe hinter-
einanderfolgender Arbeiten den Geist der Wissenschaftlichkeit wol
erkennen können, der an einer Anstalt weht; ich brauche keinen Na-
men zu nennen, nm auf allbekannte Schulen hinzuweisen, deren Schul-
schriften durch Decennien hindurch Abhandlungen enthalten haben,
welche die Wissenschaft selbst förderten und ihren Verfassern dauernde
Anerkennung sicherten. Aber es ist ja leider nur zu bekannt, dasz an
Beispielen entgegengesetzter Art auch kein Mangel ist.
Aber ist der genannte Gesichtspunkt der einzige gewesen, welcher
bei der Anordnung maszgebend war? Wie der Minister v. Laden-
Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichlungen. 547
berg im Jahre 1848 das Wegfallen der Abhandlung ablehnte wegen
des Nachteils für den wissenschaftlichen Geist der Lehrer, so spricht
sich eine offiziöse Schrift aus einem Nachbarstaat, dessen Gymnasien
von einem allgemein verehrten und auch in Preuszen nicht vergessenen
Mann geleilet werden, bestimmter über die Einrichtung so aus*):
'Mancher Lehrer, der in Gefahr ist neben seiner täglichen Arbeit das
Weilerstudieren gar zu sehr zu verabsäumen, erhält einen neuen An-
trieb dazu, wenn die Reihe des Programmschreibens an ihn kommt.'
Es wird also statt der indirecten Prüfung von vorn herein schon eine
directe Nötigung hingestellt; so gut auch die Absicht ist, so wenig
läszt sich doch auch der geringe Erfolg verkennen; es wird uns nie-
mand widersprechen, wenn wir das Mittel als ein mindestens sehr
zweifelhaftes, ja wol gewis wirkungsloses bezeichnen. Dasz eine so
grosze Anzahl von Programmabhandlungen so gar geringen Werth
haben, hat ganz sicherlich seinen hauptsächlichsten Grund in dem den
Verfassern aufgelegten Zwange; wer nicht in sich den Wissensdrang
hat, der ihn zum Weitersludieren antreibt, wird gewis nicht durch
irgend ein Nötigungsmittel dazu gebracht; ist es doch auch gar zu
leicht, ein Paar Bogen ohne viel Kopfzerbrechen zu füllen; im schlimm-
sten Falle würde ja auch eine vor Jahren gehaltene Rede von vielleicht
sehr zweifelhaftem Werth ausreichen oder eine alte Seminararbeit von
der Universität her liesze sich zurechtstutzen und ähnliches zur Aus-
hülfe gebrauchen.
Aber die eben citierte Schrift stellt auch noch einen andern,
höhern Gesichtspunkt auf. 'Es sind nicht alles Goldkörner', sagt sie,
'welche bei dieser Gelegenheit unter die Presse kommen, aber es sind
doch auch Goldkörner darunter, die sonst vielleicht nie an das Tages-
licht getreten wären, und das kundige Auge wird sie aus der Masse
herauszufinden wissen. Und, was eine Hauptsache ist, der Lehrer, der
bei seinen bedeutenden amtlichen Geschäften selten Zeit hat eine lit-
terarische Arbeit zu unternehmen, oder der einiger treffender Gedanken
wegen vielleicht verleitet worden wäre ein Buch zu schreiben, hat im
Programm die Gelegenheit, eine neue Ansicht, die ihm bei der Inter-
pretation oder bei dem geschichtlichen oder mathematischen Unterricht
oder über didaktische und pädagogische Fragen gekommen, im Pro-
gramm in einigen Bogen niederzulegen.' Mit diesen Worten gibt der
verehrte Herr Verfasser jeden Gedanken an irgend eine Art von Con-
trole oder an ein künstliches Schaffen oder Aufrechterhalten eines
wissenschaftlichen Geistes, der sich doch nun einmal nicht von auszen
her schaffen läszt, auf; er stellt sich rein auf den Boden, welcher der
einzig würdige ist, indem er durch die Einrichtung die Wissenschaft
fördern will. Mag man die Sache auch formulieren wie man will,
mag man noch allerlei Nebenzwecke dabei verfolgen, es wird ganz
gewis nimmermehr etwas ersprieszliches zu Tage gefördert werden.
*) Das höhere Schulwesen des Königreichs Hannover. Hannover
1855. S. 72 f.
35*
548 Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichtungen.
wenn nicht dieser Gesichtspunkt als der wesentliche vor allem anderem
im Auge gehalten wird. Die Programme sollen und müszen an ihrem
Teil dasselbe leisten wie die wissenschaftlichen Zeitschriften, sie Kön-
nen aber oft noch mehr leisten, weil durch mancherlei günstige Ver-
hältnisse in denselben allerlei Gegenstände besprochen werden kön-
nen, welche den Zeilschriften ferner liegen und liegen müszen. Davon
nachher noch ein Wort; jetzt nur eine kurze Umschau, wie die jetzigen
Programme diese ihre Bestimmung erfüllen.
Jeder Jahrgang von Programmen bietet uns Stoff genug eine
Uebersicht über die Gebiete zu gewinnen, welche gewöhnlich behan-
delt zu werden pllegen, jeder Jahrgang hinreichende Proben der Be-
handlungsweise. Nicht die grösle, aber unstreitig die wichtigste und
werthvollste Klasse von Abhandlungen sind die philologischen und
namentlich die kritischen. Die Zahl derselben hat in den letzten 10
Jahren in einem auffallenden Masze abgenommen, es sind andere Uich-
tungen, wie es scheint, beliebter geworden ; namentlich erscheinen jetzt
Programme pädagogischen und theologischen Inhalts weit mehr als
früher, aber es ist gewis wahr, dasz in den rein philologischen Ab-
handlungen noch immer am meisten von den 'Goldkörnern' steckt,
welche oben erwähnt wurden. Aber auch bei diesen Arbeilen ist es
auffallend, wie sehr die Zahl der lateinisch geschriebenen Programme
sich vermindert hat, wogegen selbst die wiederholte Erneuerung der
Vorschrift des Wechsels von Latein und Deutsch wenig auszurichten
scheint.*) Und dabei läszt sich auch nicht leugnen, dasz eine leider
nicht geringe Zahl von Programmen nicht gerade den Stempel des
bedeutenden an sich trägt; gar manche stammen sichtbar aus früherer
Zeit und sind nur, als die Notwendigkeit drängte, für den Druck eben
zurecht gemacht, ganz ohne Hücksicht, ob sie auch wol des Druckes
werth seien; an andern ist die Eile nicht zu verkennen, mit welcher
sie zur vorgeschriebnen Füllung von zwei Bogen gefertigt sind, selbst
von Lehrern, denen ihre anderweitigen Leislungen einen guten Namen
gesichert haben, die aber vielleicht gerade ganz andere Dinge trieben
und deswcizen die Verpflichtung, ein Programm zu schreiben, nur als
unwillkommene Störung betrachteten. Dazu kommt nun norh die
penuria librorum, die in Proviuzialstädten sich oft so fühlbar und
manche Arbeit fast unmöglich macht, wenigstens — wie R. Enger
in diesen Jahrbüchern einmal sehr wahr dargelegt hat — gar oft als
Entschuldigung gebraucht wird. **)
Aehnliches gilt von den historischen Abhandlungen; neben einer
guten Anzahl werthvoller Monographien — und Monographien werden
*) Im .Jahre 1859 lieszen z. B. die acht evangelischen Gymnasien
in Westphalen kein lateinisches Programm erscheinen, die zwölf in
Preuszen nur 2; 1860 ist unter den acht westphälischen 1; so ähnlich
aucli in andern Provinzen. **) Manches liesze sich wo! bessern,
wenn die gröszern Bibliotheken liberaler im Verleihen nach auszen hin
wären ; man begegnet aber gar oft den absonderlichsten Verweigerungen.
Wolfenbüttel könnte allen zum Vorbild dienen!
Zur Beiirleiliing unserer Programmeneinrichlungeii. 549
ja immer der rechte StolF sein, besonders aus der Schul- und Local-
«jescliichle — linden sich nicht wenige Darstellungen ganz bekannter
Zeilen und Dinge, die niclils neues bieten und meist nicht mehr als
Compilalionen sind, deren Quellen zu linden nicht schwer ist. Nicht
viel anders stellt es mit den andern Disciplinen; am wenigsten beachtet
und gelesen werden wol im allgemeinen die Abhandinnffen über päda-
gogische und didaktische Fragen. Und in der That hat Die t seh auch
wol nur zu sehr Hecht, wenn er aus diesen 'nicht selten eine gewisse
Disharmonie mit dem Ganzen der Schule, zuweilen auch eine gewisse
Einseiligkeit und Anmaszung' heraustünen bort (a. a. 0. S. 59l); aber
auch die beste, das innigste Verständnis mit dem Collegium bekun-
dende Besprechung oder Darstellung derartiger Fragen gehört wol
nicht in ein Programm, welches man Schülern in die Hände gibt; ganz
anders malt sich doch in ihren Köpfen die Welt der Schule, als in
denen ihrer Lehrer; würde wol ein Arzt einem Patienten eine Dar-
stellung seiner Kranklieitsgeschichfe zu lesen geben? Es gehört das
auch mit zu der Pietät, die wir der Jugend schulden, dasz wir sie
nicht vor sich selbst darstellen, vielleicht gar als ein Object künst-
licher Experimente, mögen diese an sich auch noch so gut sein. Und
was etwa den Eltern gesagt werden soll, das sage man ihnen lieber
kurz und verständlich unter den Schulnachrichten, die für sie bestimmt
sind und die sie lesen, aber auch nur in einer Form, die eben für sie
passt; weitere Erörterungen aber verweise man, wohin sie gehören,
in die pädagogischen Zeitscliriften.
Noch weniger werden wol meist geachtet die Reden und Gedichte,
welche nicht selten die Programme füllen und die vielleicht auch an
und für sich ganz gut sind, auch zur rechten Zeit am rechten Orte
waren, aber in einem Programm durchaus nicht. Es werden hier
natürlich nicht die Arbeiten dieser Art gemeint, welche etwa einen
inonumenlalen Werlh haben , die also in die Schulgeschichte gehören,
sondern die grosze Zahl der bei regelmäszig wiederkehrenden Ge-
legenheiten gehaltnen und gedruckten Beden, unter denen die Gold-
körner nicht gerade dicht gesäet sind und die darum auch mehr als
alles andere dem bene vixit, qui bene lotiiit d. h. dem ungestörten
Verkommen in Bibliolhekstaub anheimfallen. Wie stark aber die
Neigung verbreitet ist, Reden abdrucken zu lassen, mag der Umstand
beweisen, dasz von den 10 mir gerade vorliegenden Programmen eines
einzigen preuszischen Regierungsbezirks (1860) nicht weniger als 5
blos Reden enthalten. Ist da wol anzunehmen, dasz diese Reden alle
durch ihren Innern Werth so hervorragend sind, dasz sie des Druckes
werth wären? — Und was ist sonst noch alles in den Programmen zu
finden; Vorreden, Empfehlungen und Proben von Büchern, die erschei-
nen sollen oder auch schon erschienen sind, fehlen nicht, ja sogar
Bibliothekskataloge*) werden verbreitet, kurz omnia scibilia et non-
*) Ich meine natürlich damit nicht .solche, wie das vortreffliche
Verzeichnis der IJonner Handschriften von Dr Klette, dem mau viele
Nachahmer vvüuseheu möchte.
550 Zur Beurteiinng unserer Programmeneinrichlungen.
nuUa alia in reichster Fülle. Müszen doch allein in Preuszen jährlich
weit über 200 Programme geschrieben werden. Und was ist dann das
Los dieser Programme? Die noch am glücklichsten sind, kommen in
die Bibliotheken, um dort so lange zu schlafen, bis nach Jahren ein-
mal eins aus der Menge herausgesucht wird und dabei die andern
auch etwas von der Last des Slaubes erleichtert werden; wo die Mehr-
zahl der übrigen bleibt, wollen wir lieber nicht untersuchen, das Re-
sultat würde zu unerfreulich sein; freilich ist ja das bene latere ein
Wunsch, der gar vielen dieser Arbeiten von ihren Verfassern, ausge-
sprochen oder nicht, mit auf den Weg gegeben wird.
Wie ist nun da zu helfen? auf welche Weise kann es möglich
gemacht werden , dasz eine gröszere Frucht von den Programmein-
richtungen erzielt werde? welche Stoffe sind am meisten zu empfehlen?
Das allererste, was wol nicht oft genug verlangt werden kann,
ist die Aufhebung des Zwanges, nicht nur für die einzelnen Lehrer,
sondern auch für die Anstalten; nicht weniger Aufhebung der engen
Grenzen des Umfangs. Es wird manches Collegium geben, welches in
seiner Mitte ein oder das andere Mitglied hat, das durch irgendwelche
persönliche Gründe vielleicht Jahre lang verhindert worden ist, selb-
ständige Studien in irgend einem Fach zu machen; wir wollen diese
möglichen Gründe hier nicht untersuchen, bei nicht wenigen Anstalten
mögen sie auch in einer Ueberbürdung mit den drückendsten Schul-
arbeiten liegen, gleichviel, das Factum wird niemand bestreiten. Nun
kommt die Zeit des Programmschreibens, was kann geleistet werden?
Einen Collegen bitten, die Leistung zu übernehmen, dazu entschlieszl
man sich doch nicht gern; man will sich kein testimonium paupertatis
geben; das Programm musz in möglichster Eile fertig sein; ist kein
alter Stoff vorhanden, so wird schnell ein argumentum irgend einer
Schrift, je nach den Umständen lateinisch oder deutsch, niedergeschrie-
ben oder eine ähnliche Arbeit gemacht, die auch nicht von besonderem
Werlhe ist, man gibt ein Referat, was der und der über die und die
Sache meine, nicht selten werden auch wol Dinge erörtert und ge-
schrieben , die besser nicht erörtert und geschrieben wären. Ist denn
eine solche Leistung nicht auch ein testimonium paupertatis? *)
Würde nicht viel besseres erzielt, würde nicht ein ganz anderer Er-
folg erreicht werden, wenn man es den Gollegien überliesze, selbst
zu bestimmen , wer gleichsam als ihr wissenschaftlicher Vertreter in
die Oeffentlichkeit treten solle? Es würde sich dann immer jemand
finden, der in irgend einem Spezialfach gerade eine abgerundete Studie
vorlegen könnte, und wenn sich zwei finden, was schadet das? Musz
man erst auf eine Jubiläumsfeier warten, um auch einmal eine Samm-
lung von Abhandlungen zu erhalten, wie vor kurzem die Danz-iger
Festgabe war? Ist der Zwang nur erst fort, so wird das Schreiben
*) Einige Anstalten haben die P^inrichtung, dasz jeder neu ankom-
mende das nächste Programm schreiben musz ; die Absicht mag dabei
ganz löblich sein, der Zwang kann aber gerade in diesem Falle doppelt
drückend werden.
Zur Beurloilung unserer Programmeneinrichtungen. 551
der Abhandlungen nicht mehr, wie es jetzt so oft geschieht, als eine
möglichst rasch abzuwerfende Last angesehn werden; weil es freu-
digere Arbeit ist, wird es auch bessere Arbeit sein. Aber freilich,
das beschränkende Masz von zwei Bogen musz auch überall fallen, wie
es schon an vielen Anstalten gefallen ist; wird es nicht jedermann für
Jauunerschade halten Untersuchungen, die vielleicht gar nicht aus-
einandergerissen werden können, in eine lieihe von Partikeln zerlegt
zu sehn, die in ihrem Erscheinen im günstigsten Falle nur durch die
Zeit eines Jahrs getrennt sind, oft aber sich nie wieder zusammen-
finden?*) Lasse man doch lieber, wenn man kein Geld hat, ein Jahr
einmal die Abhandlung ausfallen, aber zerreisze man nicht zusammen-
gehöriges ; gerade die besten Arbeiten tragen gar oft das 'Fortsetzung
folgt' an ihrem Schlusz, und was wird wol nicht gerade deshalb zu-
rückgehalten, weil der Verfasser es nicht zerstückt sehn wollte. Und
wenn die Programme am liebsten geöffnet werden sollen der Darstel-
lung von neugefundenem und erarbeitetem, wenn sie so ihrerseits mit-
arbeiten sollen an der Förderung der Wissenschaft, warum soll dann
in dieser Art vom Sprechsaal nicht auch die Gelegenheit und Möglich-
keit geboten werden , dasz auf die eine Abhandlung hier eine andere
anknüpfende, verbessernde, weiterführende dort erscheine, «ärend
jetzt den gleiches erstrebenden nur die Möglichkeit gelassen ist, den
ursprünglichen Boden des Wettkampfes zu verlassen und in die Zeit-
schriften zu flüchten.
Je mehr nun aber den Abhandlungen ihr rein wissenschaftlicher
Charakter zu wahren ist, um so weniger ist auch nur der mindeste
Grund dafür vorhanden, dasz sie untrennbar mit den Schulnachrichten
verbunden sein sollten. Nicht wenige Gymnasien sind schon hin und
wieder von dieser Regel abgewichen und haben die Abhandlung ge-
sondert erscheinen lassen; der Betrag, der durch die verminderte Zahl
alsdann nötiger Exemplare gewonnen wird — denn es musz ja leider
im Schulfach jede Ausgabe auf das minimum reduciert werden, so lange
noch das Ennianische horridus miles amatus in Deutschland gilt — ,
erlaubt dann schon eher eine gröszere Ausdehnung der Abhandlung;
nimmt man dann namentlich ein Octavformat , welches sich aus mehr
als einem Grunde empfiehlt, so würde es auch leichter sein eine An-
zahl Exemplare buchhändlerisch vertreiben zu lassen und so Arbeiten
der Kritik näher zu bringen, die sich ihr bis jetzt fast stets entzogen
haben und der Natur der Sache nach auch entziehn musten- Es wird
*) Der von Dietsch (a. a. O. S. 598) als möglich gesetzte Fall,
dasz jemand genötigt sein sollte die überschieszende Seitenzahl selbst
zu bezahlen, erscheint doch so unglaublich, dasz es im liöchsten Grade
wünschensvverth wäre, ein praktisches Beispiel solcher Illiberalität ein-
mal veröffentlicht zu sehn. Welchen Unterschied es aber macht, ob die
Verfasser Aussicht haben, wenigstens die p:ehabten Kosten sich ersetzt
zu sehn oder nicht, lehrt auch nur ein flüchtiger Blick auf die Pro-
gramme von Schulpforte und andern Schulen (s. Dietsch), welche ihren
Lehrern eine Entschädigung zu bieten vermögen.
552 Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichtungen.
aber ganz anderes geleistet, wenn nicht von vorn herein ein si leclo-
rem invenerim oder älinliclies an der Spitze steht. Daneben mögen
andere Verbesserungen nicht ausgeschlossen sein; vor allem wäre
freilich zu wünschen, dasz die Regierungsbehörden in den Stand ge-
setzt würden, solchen Lehrern, die durch Arbeiten von hervorragen-
dem VVerlhe — und deren kommen ja doch auch jetzt nicht selten vor
— ein mehr als gewöhnliches specimen eruditionis abgelegt haben,
Mittel und Musze zu verschalTen, um mehr ihren Studien zu leben, als
24 wöchentliche Lehrstunden bei einem Gehalte von vielleicht wenigen
hundert Thalern ihnen gestatten. Hoffen wir auch in diesem Funkle
von dem neuen Unterrichtsgesetz für Preuszen das beste; jedenfalls
werden ja doch bald aus den Programmen solche Dinge verschwinden,
dasz z. B. vor einigen Jahren ein Gymnasiallehrer den geringen Werth
seiner Arbeit damit zu entschuldigen sich nicht scheute, dasz er zu
viel Privatstunden geben müsze und also nicht arbeiten könne. Hätte
man den Herrn doch lieber ganz von der Arbeit entbunden statt ihn
in die Gefahr einer solchen Entschuldigung zu bringen; der wissen-
schaftliche Geist des betreffenden Gymnasiums gewann durch dieses
Geständnis gewis keine Bewunderer.
Nicht minder aber ist es die Sache der Schulbehörden, da diese
sich ja die Aufsicht vorbehalten haben, dafür zu sorgen, dasz die
Stoffe, welche als oder statt der Programmabhandlungen veröffent-
licht werden sollen, auch ihrem Zweck entsprechen. Vor allen Dingen
sind wol auszuschlieszen gehaltene oder nicht gehaltene Festreden,
Gedichte, Bibliothekskataloge, Büclierempfehlungen und ähnliches, was
entweder nur Lückenbüszer sein soll oder wodurch ein an sich viel-
leicht ganz löblicher Zweck, der aber mit der Aufgabe der Programme
nichts zu thun hat, auf Kosten dieser erreicht werden soll. Dagegen
würden auszer den Stoffen, deren sich die Programme im übrigen
schon bemächtigt haben, ganz besonderer Berücksichtigung zu em-
pfehlen sein unter anderm die Herausgabe noch unedierter kleinerer
Schriften, welche des geringen Publicums wegen sonst sich der Ver-
öffentlichung entzögen — ich denke z. B. an die werthvollen Aus-
gaben der kleineren griechischen Mathematiker vonNizzein Stral-
sund — , Bekanntmachung neuer Collationen, wichtiger Codices, auch
Abdruck von Urkunden, die historischen Werth haben, und ähnliches.
Ueberhaupt ist das Monographische, besonders auch über Local- und
Schulgeschichte, auch locale Fauna und Flora, immer das beste Ma-
terial, und es gibt ja der Gebiete, die eines sorgfältigen Bearbeiters
harren , noch immer eine grosze .Menge.
Wenn wir nun schlieszlich noch einmal auf die Vorteile hin-
weisen, die aus einem ganz gleichen Format entspringen würden, so
wollen wir auch den Wunscli nicht unterdrücken, dasz von Seiten der
Schulbehörden von Zeit zu Zeit, etwa von 5 zu 5 Jahren, für Ver-
öffentlichung eines Katalogs gesjrgt werde, der nach Art des Wi-
niewski''schen die Abhandlungen des verflossenen Zeitraums um-
faszte. Ein solcher Katalog lieszc sich ohne grosze Kosten — etwa
Zur Beurteilung unserer Programmeneinriclitungen. 553 *
auch als Programmbeilag-e ■ — herstellen, und ein Bibliothekar fände
sich auch gevvis, der die Arbeit übernähme.
n. Die Schulnachrichten,
welche in den Programmen vor 1824 sich meistenteils nur auf die An-
gabe der zur Universität abgeltenden Schüler beschränkten, haben
nach und nach eine immer gröszere Ausdehnung gewonnen und sind
bei mehreren Schulen jetzt fast der Hanptteil der Programme gewor-
den. Die Verfügung von 1824 hat die einzelnen Abteilungen ange-
geben, welche noch jetzt innegehalten zu werden pflegen, und so eine
Gleichmäszigkeit hervorgerufen, welche das Hervortreten dessen, was
eine Anstalt individuelles hat, sehr erschwert. Auch wenn von den
jetzigen Bestimmungen abgesehn würde, läszt sich im allgemeinen
'.icht annehmen, dasz sogleich eine individuellere Färbung in die
Schulnachricbten kommen würde, aber es würde doch Raum gegeben
werden zu mancherlei Mitteilungen, die — obwol vielleicht geeignet
ein allgemeines Interesse zu erwecken — jetzt zurückgehalten wer-
den müszen. Die Forderungen der Behörden an den Inhalt der Schul-
nachrichten müsten sich auf das allernotwendigste beschränken, im
übrigen aber diese Teile der Programme ihrer Bestimmung in gröszerer
Freiheit zurückgegeben werden, die als eine doppelte erscheint. Die
Schulnachrichten sollen nemlich erstens wirkliche Annalen der Anstalt
sein, also alles enthalten, was der Vergessenheit entrissen zu werden
verdient, zweitens aber sollen sie die Eltern mit dem bekannt machen,
was für sie, resp. für ihre Söhne zu wissen wünschenswerth ist; denn
das darf wol als allgemein richtig angenommen werden, dasz die
Schulnachrichten von den Schülern und ihren Angehörigen gelesen zu
werden pflegen. Prüfen wir nun nach diesen beiden Gesichtspunkten
die jetzt gebräuchlichen Einrichtungen; denn was gewöhnlich als
idealer Zweck dieser Nachrichten hingestellt zu werden pflegt, dasz
sie nemlich einen Einblick in das innere Leben der Schule gewähren
sollen, kann unmöglich erreicht werden , entzieht sich also auch jeder
Beurteilung.
Den Anfang macht meist eine Uebersichl der im Laufe des ver-
flossenen Schuljahrs durchgearbeiteten Pensa, oft in bogenlanger Aus-
dehnung. Für wen diese Uebersichten bestimmt sind, ist schwer zu!
sagen; fast scheint es, als sollten dieselben nur für die Schulbehörden
zur Controle dienen, ob die im Anfange des Schuljahrs eingereichten
Pensa auch wirklich absolviert seien; denn für das Publicum — und
unter diesem sollen hier auch die Fachgenossen mitgedacht werden —
sind sie doch meist von nur geringem Interesse. Namentlich darf man
nicht vergessen, dasz für die meisten Fächer Jahr aus Jahr ein der-
selbe Inhalt und gar oft mit denselben Worten in den betreffenden
Rubriken erscheint und auch nach der Natur der Dinge erscheinen
musz. Die allgemeinen Pensa sind ja auch derartig von oben herab
festgestellt, dasz eine irgend bedeutende Abweichung geradezu un-
möglich ist. Die einzige Abwechslung kann nur erscheinen in der
* 554 Zur Beurteilung unserer Programraeneinrichlungen.
Angabe der gelesenen Schriftsteller und der Themata für die lateini-
schen und deutschen Aufsätze. Man hat eingeworfen, es sei wün-
schenswerlh in jedem Jahr eine Uebersicht des Lehrgangs für jedes
einzelne Fach zu besitzen; aber um einen solchen Ueberblick zu ge-
währen, dazu sind wieder die jetzigen Notizen zu dürftig, auch ihre
absolute llichtigkeit vorausgesetzt; denn es wird ja vielfach behaup-
tet — ob mit Recht oder Unrecht, wollen wir hier nicht untersuchen
— , dasz gerade in diesen Mitteilungen die Geduld des Papiers man-
ches zu tragen hat. Wollte man ferner stehenden einen Einblick in
das wissenschaftliche Leben verschaffen, so bedürfte es der Mitteilung
ausführlicher Lehr- und Unterrichtspläne, wie freilich wol nicht sehr
viele Gymnasien sie in wahrhaft fruchtbringender Weise sich erarbei-
tet haben; man darf aber auch dabei nicht vergessen, dasz solche in-
terna doch am besten interna bleiben und dasz für ein Collegium ein
Lehrplan meist nur dann den rechten Werth hat, wenn es selbst
denselben sich geschaffen hat. Es genügt also vollständig, dasz eine
Tabelle, wie sie jetzt für die preuszischen Programme vorgeschrieben
ist, kurz angibt, wie die einzelnen Lehrer beschäftigt gewesen sind,
etwa mit einer zweiten Tabelle über den allgemeinen Lehrplan ver-
bunden; diese letztere könnte dann freilich etwas ausführlicher sein,
als sie bis jetzt gewöhnlich ist, also etwa auch angeben, wie viele
Stunden in jedem Fach auf Lektüre usf. verwendet worden sind.
Fügt man nun noch für die Oberklassen hinzu, was gelesen worden
ist, und führt man die bearbeiteten Themata auf, so ist alles ge-
schehen, um das zu ersetzen, was jetzt unter dem Titel 'Lehrverfas-
sung' in den Programmen steht. Eins sollte freilich nicht fehlen,
nemlich in jedem Jahr eine Uebersicht der im nächsten zu gebrau-
chenden Schulbücher und Texte, wie z. B. einige hannoverische Schu-
len solche wirkliche programmata herausgeben. Diese Art von Notizen
ist gerade das, was für das beteiligte Publicum das gröste Interesse
gewährt.
Einen zweiten Abschnitt bilden die Verfügungen der Behörden.
Wärend einige Gymnasien wirklich nur die aufführen, welche den
Schülern, resp. den Eltern bekannt gemacht werden sollen, so sind
nicht wenige Programme reichlich besetzt mit Aufzählungen von
allerlei unbedeutenden Dingen, Lectionsplansgenolimigungen, Bücher-
empfehlungen und ähnlichem. Die Provinzialschulcollegien haben hier-
gegen eine grosze Anzahl von Verfügungen erlassen und ausdrücklich
eine ganze Reihe von Gegenständen als auszuschlieszende bezeichnet,
indes, wie es scheint, nicht gerade mit dem grösten Erfolg. Erst vor
einigen Jahren muste ausdrücklich untersagt werden, dasz Unter-
stützungen, welche einzelne Lehrer erhalten, aufgeführt würden; jetzt
gibt man zwar die Summen nicht mehr an, aber die Namen der betref-
fenden paradieren noch in gar vielen Programmen. Welchen Eindruck
musz so etwas auf die Schüler machen ! — Auch in der Art der Auf-
nahme herscht grosze Verschiedenheit; wärend einige Gymnasien sich
auf kurze Notizen beschränken, führen andere die Verfügungen
Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichtungen. 555
vollständig an, wol gar mit Angabe von Nummer, Unterschrift und
Addresse. Wollen die Behörden einmal diesen Weg der Bekannt-
machung für ihre Anordnungen wählen, so würde es am meisten sach-
gemäsz sein, dasz sie die aufzunehmenden Verfügungen auch als
solche bezeichnen und dadurch der VerölTentlichung von solchen
vorbeugen, die nur interna betreffen, also für Fremde interesse-
los sind.
Ungleich wichtiger als die erwähnten beiden Abschnitte er-
scheint der unter der Rubrik 'Chronik' auftretende. Denn hier ist
der Ort, an welchem alles niedergelegt werden soll, was der Schule
gutes und böses widerfahren, hier musz auch das Material gesammelt
werden für eine spätere Geschichte der Schule. Meistenteils freilich
sind die Schulchroniken ziemlich dürftig und enthalten fast nichts als
die kurze Anführung der Schulfeste, der angekommenen und abge-
gangenen Lehrer und ähnliches. Zwar ist durch die Verfügung von
1824 noch vorgeschrieben, dasz 'durch öffentliche Erwähnung des
geleisteten auch dem Fleisze und Eifer derjenigen Lehrer, die sich
ausgezeichnet haben, die verdiente Gerechligkeit widerfahren soll,
weshalb die denselben zuteil gewordenen Belobungen und Anerken-
nungen aufzuführen sind', auch sollen die gemachten Stiftungen be-
kannt gemacht werden (Verfügung vom 2. November 1841), indessen
wie meist die Gelegenheit, von Stiftungen zu sprechen, eine gar sel-
tene ist, so unterlassen es auch die meisten Directoren mit richtigem
Takt, von den Leistungen der Lehrer zu sprechen. Freilich begegnen
wir in einer noch immer nicht geringen Zahl von Programmen voll-
ständigen Zeugnissen über neu angekommene Lehrer; nachdem ihre
ganze Lebensgeschichte erzählt worden ist, wird dann noch ein Urteil
über sie gefällt, welches zwar stets ein günstiges sein musz, aber
doch auch nicht selten zwischen den Zeilen allerlei zu lesen erlaubt.
Es spricht zwar manches dafür, die vita eines Lehrers einmal in das
Programm aufzunehmen, aber es empfiehlt sich mehr, einige Notizen
bei seinem Abgange von der Schule zu veröffentlichen, als bei der
Ankunft; jedenfalls gewinnt man dann schon das, dasz nicht mehr
dem Misbrauch des Geburtstags- und Namenslagsfeiern, der an so
vielen Schulen noch spukt, in die Hände gearbeitet wird.
Das auffallendste sind die Nachrufe, welche die meisten Directo-
ren scheidenden Collegen zu widmen pflegen. Nur einige wenige
Schulen beschränken sich auf die kurze Angabe, wer abgegangen und
wohin, ein rheinisches Gymnasium führt auch die pensionierten und
gestorbenen nur einfach als abgegangen auf, in den meisten Program-
men, welche Lehrerwechsel zu melden haben, finden wir mehr oder
weniger ausführliche Worte des Abschieds. Machen dieselben hier
den Eindruck, als seien sie wirklich hervorgegangen aus wohlwollen-
der und freundlich teilnehmender Gesinnung, so erscheinen sie dort
in Gestalt von vollständigen Abgangszeugnissen. Wir wollen hier
den Eindruck nicht untersuchen, den es auf Schüler machen musz,
wenn einem Lehrer nachgesagt wird, er habe *mit Eifer und Lehr-
556 Zur ßeiirleilung unserer Proffratnmeneinrichlungen.
Q Ull-^iUI V^> . • VTQI UllllllVIIUItll >UlIlUilgX
gcscliicli' unlcrriclilel, das ist am Ende doch noch harmlos gemeint;
aber es ist bekannt genug, dasz nicht seilen diese Abgangsbemerkiin-
gen dazu benutzt werden, einem scheidenden noch einmal eine bittere
Pille zu geben. Oder wie soll man das nennen, wenn in einem Pro-
gramm zusammen als abgehend verzeichnet werden ein Hülfslehrer
und ein Oberlehrer, und von dem erstem wird gesagt, er habe sich
den reichen Dank der Anstalt verdient, und der andere geht ohne ein
Wort des Abschieds aus. Selbst in dem Falle, dasz Grund zu einem
solchen Verfahren vorgelegen hätte, was ein fern stehender natürlich
nicht wissen kann, so fällt der Stein doch immer auf den werfenden
zurück. Oder kann es gebilligt werden, wenn von einem abgehenden
gesagt wird, er habe sich 'durch sein wissenschaftliches Streben bei
seinen Collegen Anerkennung erworben '^, wozu jedermann sich den
Gegensatz sogleich selbst bilden musz? Doch wozu der Beispiele
mehr; selbst in dem Falle, dasz jemand annehmen wollte, die Directo-
ren hätten stets ein absolut richtiges Urteil über ihre Lehrer, so wird
man es doch nicht gulheiszen können, dasz Urteile irgendwelcher
Art vor Schülern gefällt werden. Was soll man nun gar zu so man-
chen Abschiedsworten sagen, in denen von der Liebe der Schüler ge-
sprochen wird? Wer wagt es, darüber ein Urteil sich anzumaszen?
Und wie grosz die Gefahr wäre, wenn diese Worte als blosze Kedens-
art gebraucht würden, bedarf eben nur der Andeutung. Also Beschrän-
kung auf das factische ist es, was wir verlangen; dasz wir bei ge-
storbenen oder pensionierten Lehrern ein Wort der Erinnerung am
Platze finden, versteht sich von selbst. — In der Chronik mögen dann
auch Schulreden — ganz oder in Auszügen — ihren Platz finden,
wenn die Gelegenheit, der sie galten, oder ihr Werlh sie dazu be-
rechtigen gedruckt zu werden, kurz alles, was der Schule wider-
fahren; möge man aber niemals Schule und Lehrer verwechseln!
Die dürftigste aller Rubriken ist die Statistik. Man beschränkt
sich meist auf kurze Angaben über Frequenz, Ab- und Zugang, welche
nicht geeignet sind in Verhältnisse einen Einblick zu gewähren, welche
statistischer Behandlung wol zugänglich sind. In Folge davon ist man
denn auch in der allgemeinen Schulstatislik über Zusammenstellung
von einfachen Frequenzlisten nicht weit hinausgekommen. Die hanno-
verischen Programme geben etwas reicheres Material, z. B. die Durch-
schnittsalter der einzelnen Klassen, woraus sich sehr belehrende
Schlüsse ergeben; es lieszen sich aber noch eine Menge anderer Ge-
sichtspunkte angeben, welche der Beachtung sich empfehlen, z. B.
Zusammenstellung von Versetzungslisfen, Uebersichlen des Standes
der Eltern, des künftigen Berufs der abgehenden, genaue Altersan-
gaben, auch mit Berücksichtigung der Confessionen , der Heimatsver-
hältnisse u. dgl. mehr. Kurz ein ganzer Schatz von Material, der jetzt
nicht gehoben wird, liesze sich leicht publici iuris machen. Es käme
nur darauf an, dasz die Schulbehörden von sachkundiger Hand die
nötigen Formalitäten ordnen lieszen, da ja gerade Statistik nicht jeder-
manns Sache ist. Dann würden auch durch vergleichende Zusammen-
Zur Beurlciliing unserer Programmencinrichfiingen. 557
slellung-en die Programmiibersiclilen in den wissenschaftlichen Zeit-
schrif(en noch reichern Gewinn bringen können. — Dabei möge auch
der Wiiriscli liier wieder ausgesprochen sein, dasz die Programme
durch Aufführung der Schüler zu wirklichen Gedenkbüchern gemacht
werden; vor allem aber sei das Beispiel, welches die Programme von
Schwerin, von Schulpforte u. a. in ihren Nekrologen geben, der Nach-
ahmung warm empfohlen, vielleicht in der Beschränkung auf die frü-
liern Schüler, welche die obern Klassen besuchten. — Die Rubrik
'Lehrapparat' lasse man dagegen lieber ganz weg oder beschränke
sie auf das allerwichfigsle.
Einige wenige Programme tragen an der Spitze ihrer Schulnach-
richten kurze einleitende Bemerkungen für die Eltern, in denen allerlei
Erfahrungen aus dem letzten Schuljahr niedergelegt, Wünsche und
Bedürfnisse offen ausgesprochen sind. Möchte doch diese Einrich-
tung recht viele Nachfolge finden! solche Ansprachen sind gewis von
gröszerem Nutzen als noch so lange Reden beim Schulschlusz oder
andern Gelegenheiten, bei denen sich doch immer nur ein kleines
Publicum einfindet, und meist gerade das nicht, für welches die Re-
den bestimmt sind. Dorthin würden auch eine Reihe von disciplinari-
schen Bestimmungen , welche die Eltern kennen müszen und die also
jährlich zu wiederholen sind, am besten zu stellen sein.
Die vorstehenden Bemerkungen haben nur den Zweck gehabt,
zur erneuten Besprechung der so wichtigen Programmfrage anzuregen;
mögen sie auch nur in diesem Sinne aufgenommen und der gute Wille
und das Interesse für die Sache nicht ganz verkannt werden, dem sie
allein entsprungen sindl
W. R. H.
Kurze Anzeigen und Miscellen.
XXVII.
Xenophons Anabasis. Für den Schulgebrauch erklärt von F. Voll-
brecht. Erstes Bändchen. Buch I — ///. 31 it einem durch
Holzschnitte und drei Figurentafeln erläuterten Excnrs über
das Heerwesen der Söldner und mit einer Uebersichlsharte.
Zweite verbesserte und vermehrte Auflage. Leipzig, Teubner.
1861. VIII u. 188 S. 8.
Selbstanzeige.
Schneller als ich es bei der Zahl der vorhandnen tref3flichjn Schul-
ausgaben der Anabasis erwarten konnte, ist eine zweite Auflage des
ersten Bändchens nötig geworden und in diesen Tagen in verbesserter
und vermehrter Auflage erschienen. Dieser Beweis, dasz meine Arbeit
in vielen Schulen eine freundliche Aufnahme gefunden, muste es mir
zur Pfliclit machen die Ausstellungen , Vielehe in Recensionen gemacht
waren, zu prüfen und namentlich zu untersuchen, ob die beiden Grund-
sätze der Bearbeitung, durch deren Befolgung meine Arbeit von allen
558 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Schulausgaben wesentlich abweicht und gleichsam ihre eignen Wege
geht, die aber Professor Schenkl in der Eecension in der Zeitschrift
für die österreichischen Gymnasien 1857 Heft XI. S. 714- — 720 entschie-
den bekämpft hat, geändert und zum Teil aufgegeben werden müsten.
Die sorgfältige Prüfung hat mich jedoch bestimmt, meinen Grundsätzen
treu zu bleiben und sie in diesen Jahrbüchern weiter zu entwickeln und
ihre Notwendigkeit für die Schule zu begründen.
Es ist hierbei nicht nötig ausführlicher über die Aufgabe der Leetüre
der alten Klassiker zu handeln; diese ist durch die Untersuchungen er-
fahrener und bewährter Schulmänner wie Krüger, Dietsch, Ameis,
Rauchenstein, Bäumlein und anderer teils in Programmen und
Monographien teils in Zeitschriften hinlänglich besprochen, und es steht
wol unbestritten fest dasz 'nicht philologische Gründlichkeit, sondern
pädagogische Gewandtheit und Sicherheit im Verständnis der Alten zu
erzielen ist' (Ameis); dasz die Frucht einer gründlichen Interpretation
eine gute, echt deutsche Uebersetzung sein musz (Heilmann und Dietsch)
und dasz sich diese Uebersetzung auf eine treue, wörtliche stützen musz.
Es steht ferner fest, dasz durch und bei der Uebersetzung die Eigen-
tümlichkeit der fremden Sprache von dem Schüler erfaszt , dasz ihm
die Denk- und Anschauungsweise der Alten klar, dasz die Form der
Gedanken ihm zur Erkenntnis gebracht werden und er sich bewust sein
musz, dasz und warum diese deutsche Uebersetzung in den Worten des
Schriftstellers enthalten ist.
Dieses Ziel haben sich auch alle Schulausgaben gesteckt , haben es
aber, was schon Dietsch in diesen Jahrbüchern Band LXII S. 428 ff.
mit Recht gerügt hat, darin versehn, dasz sie durch Uebersetzung eine
zu grosze Erleichterung geben. Da nun meine Erfahrung bei der Lei-
tung der Leetüre des Homer und der Anabasis , wie ich das schon in
der Recension der Anabasis des Arrian von Hartmann (Jahrb. Band
LXXIV S. 485 ff.) erörtert habe, es bestätigte, dasz diese Praxis der
Schulausgaben den Schüler wenig fördert, dasz er sich mit seltnen Aus-
nahmen begnügt gegebenes hinzunehmen und die Noten oft so gedanken-
los zu lesen , dasz er nicht mehr zwischen Uebersetzung und Erklärung
unterscheidet und sich nicht die Mühe gibt das Lexikon nachzuschla-
gen , sondern die Bedeutung der Wörter aus den Bemerkungen so zu
errathen sucht , dasz er geradezu falsches produciert und sich zur
Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit wendet*), so fieng ich schon vor
vielen Jahren an, den Schüler trotz der Uebersetzung bietenden Be-
merkungen zum Selbstfinden des richtigen deutschen Ausdrucks und zu
einer Uebersetzung anzuleiten , in der alle der deutschen Sprache frem-
den Ausdrucksweisen, Wendungen, Bilder und Verbindungen durch der-
selben angemessene ersetzt waren, und ihn anzuhalten, sich den Unter-
schied klar zu machen. So sind meine Bemerkungen ein Produkt der
Schulpraxis , und gerade weil ich das fördernde derselben bei meinen
Schülern beobachtete, entschlosz ich mich dieselben in einer Schulaus-
gabe zu verarbeiten.
Herr Schenkl erklärt nun: 'Im Ganzen kann man aber mit der
Fassung dieser Bemerkungen nicht einverstanden sein; denn wenn man',
so heiszt es weiter unten bei ihm , 'dem Schüler die Uebersetzung ge-
wissermaszen in den Mund legt, wenn man ihn überall an der Hand
führt, damit er selbst auf dem ebensten Wege nicht strauchle, so ver-
*) Ich könnte aus Faesis Ausgabe des Homer und den Schul-
ausgaben der Anabasis eine grosze Anzahl solcher Stellen anführen,
wenn ein Beweis für diese auch von Dietsch bestätigte Thatsache
nötig wäre. — Auch die Frage: 'Warum gerade so übersetzt?' wurde
in der Regel dahin beantwortet: 'Es steht so in der Note.'
Kurze Anzeigen und Miscellen,
559
niclitet man seine ganze Selbständigkeit, man benimmt ihm die Lust,
welche sich in der Ueberwindung von Scliwierigkeiten äuszert, und
bringt es dahin, dasz der scliwiicher talentierte wie der begabtere Schü-
ler gleichmäszig ihre Uebersetzung hersagen.'
Ich konnte diesem Urteil nicht beistimmen, hoffte aber dasz Herr
Schenk] in seiner Chrestomathie einen neuen Weg betreten habe.
Dem ist aber nicht so, seine Bemerkungen unterscheiden sich in der
hier in Betracht kommenden Hinsicht nicht von denen der Schulaus-
gaben, und es musz also durch Vergleichung festgestellt werden, welche
"Weise in der Fassung der Noten dem Schüler die Uebersetzung in den
Mund legt und ihn so an der Hand führt dasz er nicht strauchle. Ich
wähle zu dieser Vergleichung das erste Kapitel der Anabasis und setze
die Noten, in denen Sehen kl und ich dem Schüler Anleitung zur rich-
tigen Uebersetzung geben, nebeneinander:
S chenkl.
11,2 xat GTQCcrriyov 8b kvtov
ccns8sii,8 iiüvxoiv. Nach der Bemer-
kung über den selbständigen Satz
heiszt es im D.: 'und auch zum
.... hatte er ihn gemacht.'
mg cpilov. 'als einen Freund'
ratus eum sibi amicum esse. Kr.
60, 63, 3.
coff . . . KTtOKTSvwv: in der Ab-
sicht ihn zu tödten; s. Cyr. II 13
(tos • . . aniovaa).
§ 3. ini rfjv dgx'^v: 'in seine
Statthalterschaft'; s. Cyr. II 1.
§ 4. inl T<ö aSsXcpäi: in fratris
potestate. C. 463 A c' K. 107, 3
B. Kr. 68, 41, 9.
§ 6. (og STtLßovXsvovTOs: unter
dem Vorgeben, dasz . . C. 588. K.
176 Anm. 2 b. K. 69, 63, 3.
§ 7. TrQoaLa&ojiBvog . . . ßov-
Isvoiiävoi^g: 'da er vorher n\erkte,
dasz Leute (eine Partei) dasselbe
beabsichtigten': s. VIII 1.
Vollbrecht.
Nach einer ähnlichen Bemerkung :
Im D. verbinde diesen Satz durch
'sowie — auch' mit dem Relativ-
satze.
0)5 (waneQ) vor Adject. u. Partie,
bezeichnet das durch das Adj. oder
Partie, ausgesagte als subjective An-
sicht , Annahme , Vorstellung des
Handelnden oder des Redenden (des
Hauptsubjects) und wird übersetzt:
'als ob; in der Meinung, Voraus-
setzung, dasz; indem er sagte, mein-
te ' u. dgl.
cpLloVy im D. ein Relativsatz, in
welchem aig durch 'halten' auszu-
drücken ist.
tag mit dem Part. fut. bezeichnet
die Absicht als in der Seele des Han-
delnden liegend; Partie, fut. ohne ag
gibt den Zweck blos erzählend an.
Die im Artikel liegende nähere
Bestimmung wird im D. oft durch
das Pron. poss. ausgedrückt.
£TtC ZIVI slvai in jemandes Ge-
walt sein. Dagegen vno xivi rrr
einem unterwürfig sein.
cög hat beim Genet. abs. dieselbe
Bedeutung wie beim Partie, relat.,
s. § 2 z. d. W.
TiQoaia96!J,. übers, nach § 6 z.
iniß. 3. (XLa&dv. wird von eigner
Wahrnehmung, Beobachtung und
Erkenntnis gebraucht. Was liegt
in 7iq6?
ßovXsvofi. Die Verb. sent. wer-
den meistens mit dem Particip (vgl.
jedoch I 4, 16 z. Sicißsß.) verbun-
den, welches wir wie den Acc. c.
Inf. übersetzen. Das Subj. liegt,
weil es unbestimmt ist (Leute, eine
Partei) , schon im Particip.
5G0
Kurze Anzeigen und Miscellen,
Seil en kl.
Tovg (pFvyovtag: 'die Vertriebe-
nen', exules (s. § 1 und C. 486
Anm. Kr. 53, 1, 3).
§ 9. Tovös xov TQonov : 'auf fol-
gende Weise' (Acc. der Beziehung,
s. Cyr. 11).^
§ 11. v,ccl Tovzovq: 'gleichfalls'
(die gleich falls seine Gastfreunde
waren). Kr. 51, 7, 12.
V o 1 1 b r c c h t.
inßdlXsLV t=: verbannen; iy.->ti-
Tir^LV = verbannt werden; cpevyBLV
■= verbannt sein.
Acc. adverbialis.
xa^ ovtoq steht bei einem No-
men , von dem dasselbe ausgesagt
wird, was schon von einem andern
ausgesagt ist. Wir übersetzen ein-
fach durch: 'auch, gleichfalls.'
Die Vergleichung lehrt , dasz der Schüler die Noten oder richtiger
gesagt die in denselben gegebene Uebersetzung von Schenkl unmittel-
bar verwenden kann, wärend er bei den meinigen immer etwas zu thun
hat und sich von seinem Thun und Lassen Rechenschaft geben musz,
und zwar nach beiden Seiten der Uebersetzung. Denn für eine wört-
liche Uebersetzung, die ihm zugleich die Denk- und Anschauungsweise
der Griechen klar machen soll, sind die Bemerkungen, die auf gründ-
liche Auffassung der Grundbedeutung dringen, die den Schüler anleiten
und anhalten, sich zu diesem Zweck z. B. die Bedeutung der Präposi-
tionen in der Zusammensetzung oder sonstigen Verbindungen (z. B.
ava jtparog und Marä xpaxros) deutlicli zu machen. Um ihm aber auch
zu zeigen, dasz es für uns Deutsche oft sehr schwierig ist, dasz es oft,
um Schenkls Ausdrücke zu adoptieren, 'einer gewissen Künstelei und
Verschrobenheit bedarf, sich die Anschauungsweise der Griechen nur
annähernd zum Bewustsein zu bringen , habe ich die Note zu I 9 , 7
über TTEQt nlaiarov noista&ai xl gegeben ; in allen andern Fällen habe
ich in der Regel nur die passende Bedeutung gegeben . aber durch den
Zusatz 'frei' oder die Frage: 'wie heiszts wörtlich' darauf hingedeutet,
dasz der Schüler selbst noch etwas zu thun hat.
Für eine vollendete, gute Uebersetzung sind alle übrigen Bemer-
kungen, welche eine Anleitung dazu geben, wärend die meisten Schul-
ausgaben auch da oft Uebersetzung geben oder sich mit rein gramma-
tischen Bemerkungen begnügen. Zu solchen Stellen gehört die von
Schenkl zum Beweise seiner Ansicht hervorgezogene 19, 1, in der
für eine wörtliche Uebersetzung keine Schwierigkeiten sind, deren Satz-
bau aber, wie wiederholte Leetüre in der Schule bewiesen hat, für eine
dem Genius der deiitschen Sprache angemessene Uebertragung nicht so
leicht ist. — Kurz nach meiner Ueberzeugung gebe ich überall Aufgaben
und verlange deren Lösung für eine gute Uebersetzung schon wärend der
Präparation, wärend Schenkl sich begnügt die Uebersetzung in den
Bemerkungen bald ganz, bald halb, bald in lateinischer Sprache zu geben,
die er nachsprechen kann, ohne sich des Grundes bewust zu sein. In
stilistisch schwierigen Stellen will Schenkl das, was ich von der Prä-
paration verlange, in der Schule unter der Anleitung des Lehrers vor-
nehmen lassen 5 dasz dadurch aber ein rasclfer Fortschritt in der Leetüre,
bei der allein es uiöglich ist die Anabasis in zwei Jahren mit Schülern
durchzulesen, aufgehalten wird, bedarf keines Beweises.
Daneben haben meine Bemerkungen den gewis sehr groszen Vorteil,
dasz die in ihnen gestellte Aufgabe da, wo es nötig ist und sich mit der
Kürze verträgt, zugleich die grammatische Regel enthält, wodurch das
eitleren der Grammatik und die daraus folgende lästige, zeitraubende
Manipulation vermieden wird. *)
*) Mehr habe ich über diesen Punkt schon gesagt in der oben er-
Kurze Anzeigen und Miscellen. 561
Der zweite Punkt, welcher einer Rechtfertigung bedarf, ist, dasz
in meinen Bemerkungen die rhetorisclie Seite mehr als gewölinlich her-
vortritt, indem diese durch das ganze Buch durchgeführt ist, wärend
andere Herausgeber dergleichen Bemerkungen nur gelegentlich und spo-
radisch geben. Sehen kl tadelt mein A'erfahren eatscliieden; was aber
tadelnswerth ist, musz unter jeder Bedingung vermieden werden, und
durften also, wäre der Tadel gerecht, alle dergleichen Bemerkungen
von keinem Herausgeber gegeben werden. Dasz das aber Schenkls
Meinung nicht ist beweist schon dessen Chrestomatliie, in der er in den
aus der Anabasis entlehnten Abschnitten, namentlich von Seite 134 an
über Anaphora, Asyndeton, Wortstellung, Epanalepsis usw. reichlich
eben so viele Bemerkungen als ich bringt, dann wieder spärlicher damit
wird. Er tadelt also die consequente Durchführung, obwol er mit etwas
starker Uebertreibung behauptet, dasz der Schüler auf 'jeder' Seite
fortwärend bemerkt finde: Chiasmus, Paronomasie, Anaphora usw.
Statt solcher Uebertreibung wäre es mir angenehmer gewesen, wenn
Schenkl an den Stellen, wo ich dergleichen neu, somit als mein FJi-
gentum erwähne, irgend einen Irtum nachgewiesen hätte; denn für die
consequente Durchführung habe ich einen wichtigen Grund angegeben,
den nemlich, dasz der Schüler durch die rhetorischen Bemerkungen
veranlaszt werden soll, bei den schriftlichen Uebersetzungen, die f für
ihn die wesentlichste Stilübung bleiben, auch auf die Form seine Auf-
merksamkeit zu richten. Bekanntlich besteht, wie das auch Hoff-
mann in der Vorrede der Rhetorik ausspricht, für den Schüler, nament-
lich für den Tertianer, die Originalität der deutschen Arbeiten in der
guten Satzbildung und Gedankenverbindung, d. h. in der Form. Der
Tertianer liefert Reproductionen von Erzählungen, Beschreibungen usw.
und macht sich dabei erfahrungsmäszig die Form so leicht als möglich.
Um ihn aber zu zwingen , sich in seine Muttersprache zu vertiefen und
mit der Form zu ringen, ist es angemessen, ihm recht oft schrift-
liche Uebersetzungen aufzugeben und zu verlangen , dasz er die Vor-
züge des Grundtextes iu Wort- und Satzstellung, im Gebrauch der
Tropen und formalen Figuren dem deutschen Sprachgeiste angemessen
wiedergebe. Er wird dergleichen aber nicht anders beachten , als wenn
er darauf aufmerksam gemacht wird. Aus diesem Grunde niuste ich,
da die Schüler je nach dem Eintritt in die Klasse bald bei diesem, bald
bei jenem Buche der Anabasis die Leetüre beginnen, diese Bemerkungen
consequent durchführen; nicht in der Absicht, dasz der Lehrer jedesmal
eine lange Auseinandersetzung darüber vortrage, sondern dasz der Schü-
ler, dem die Besonderheit der Form im Anfange des Schuljahrs einmal
oder zweimal genau erklärt ist, an der kurzen Andeutung für seine
Arbeit genug habe und danach seine Aufgabe löse. Ich habe deshalb
von den Chiasmen selbst die unbedeutenden angemerkt, damit der Schüler
überlege, ob auch er diese bei seiner Uebersetzung zu beobachten habe,
und so sein Urteil schärfe.
wähnten Recension von Arrians Anabasis, kann jedoch hier, da mir
einmal Schenkls Chrestomathie vorliegt, die Bemerkung nicht unter-
drücken, dasz die Art und Weise, wie iu derselben auf frühere Noten
zurückverwiesen wird, für den Schüler die allerlästigste ist. Die Chresto-
mathie enthält zunächst 14 Abschnitte aus der Kyropädie, es fehlen
ihr aber die Columnentitel , die doch sonst in den Ausgaben der Klas-
siker und in den Grammatiken zur Erleichterung des Nachschlagens
stehn. Gleichwol citiert Schenkl immer einfach den Abschnitt und
Paragraphen, oft ohne Stichwort. In einer neuen Auflage möchten
vor allen Dingen die Columnentitel anzuwenden sein, damit ein nutz-
loses Suchen, ein geisttödendes Hin- und Herblättern vermieden wird.
N. Jahrb. f. Phil. n. Päd. 11. Abt. 1861, Hft 11 u. 12. 36
562 Kurze Anzeigen und Miscellen.
Ich habe aber noch einen zweiten Grund, weshalb ich diese rheto-
rischen Bemerkungeu für notwendig und wichtig halte, der zwar in der
Vorrede nicht angedeutet ist, sich aber gewis des Beifalls der Lehrer
erfreuen wird.
Im Organismus der Schule musz , wo es nur irgend angeht , der Zu-
sammenhang zwischen den einzelnen Lectionen hervortreten, indem alle
Lehrer das Ganze der Schulbildung im Auge haben und auf dieses
Ziel hinarbeiten. Deshalb sollen namentlich im sprachlichen Unter-
richt sich die Lehrer gegenseitig stützen und heben ; was der eine
lehrt, soll der andere mit einprägen, einüben und anwenden und dazu
nicht nur die speciell grammatischen Stunden, sondern auch die Lectüre
benutzen. Diese Sätze, die wol keines Beweises bedürfen, dienen auf
die Tertia angewandt zur Keehtfertigung meines Verfahrens. Die Tertia
hat im deutschen Unterricht die Aufgabe, die Schüler mit einigen Teilen
der Rhetorik bekannt zu maclien, und ich stimme ganz mit Hoff mann
überein, der in seiner Klietorik (Abteilung I S. IV) die Lehre vom Stil,
von den engern Tropen und den formalen Figuren dieser Klasse zu-
weist. Dasz die Lernenden an der Beschäftigung mit diesen Lehren eine
tüchtige Geistesgymnastik finden ist bekannt , aber die wenigen deut-
schen Stunden reichen zur vollständigen Durchdringung nicht aus und
musz also dieser Unterricht bei der Lectüre des Ovid, Homer, Caesar
und Xenophon eingeübt und unterstützt werden.
Im Lateinischen hat der Tertianer zusammenhängende Stücke als
Exercitien zu liefern. Hauptzweck dieser Compositionen ist, dasz der
Lernende sich des Unterschieds der beiden Sprachen und somit des
Charakteristischen, das jede liat, bewust werde. Da nun das Grund-
princip des antiken Stils (Nägelsbachs Stilistik S. 461 ff.) beiden Spra-
chen gemein ist, die lateinische vor allem den Chiasmus und die Ana-
phora ausgebildet, die griechische Sprache diese Stellung, wenn auch
weniger ausgebildet, auch hat, so musz in allen Stunden, welche daz)i
Gelegenheit bieten , auf den Charakter des antiken Stils hingewiesen
und das Grundgesetz der Periodengestaltung, wo es sich im Griechischen
findet , 7Air Unterstützung des lateinischen Unterrichts klar gemacht
werden. *)
Noch notwendiger sind die rhetorischen Bemerkungen auf solchen
Schulen, auf denen weitergehende griechische Compositionen, etwa nach
dem Uebungsbuche von Bau ml ein, Holz er und Riec klier, von den
Schülern verlangt werden. Aber auch dann , wenn man der Ansicht ist,
dasz in Tertia an der Stelle der griechischen Exercitia ein Retrovertie-
ren der übersetzten Pensa genüge, sind dergleichen Bemerkungen uner-
läszlich, wenn der Schüler die Stellen nicht mechanisch auswendig
lernen , sondern als mündliche Exercitia betrachten und somit den ge-
gebenen Stoff auf dem Wege der Reproduction mit Bewustsein in ein
*) Mit der Frage: 'wollte man in der Alltagssprache nach Figuren
fischen, würde nicht auch da jede gewöhnliche Rede voll solcher Figuren
stecken, die sich natürlich ergeben, ohne dasz man sie künstlich anzu-
bringen sucht?' hat mich Sehen kl nicht widerlegt, weil ich niclit be-
hauptet habe , dasz Xenophon ein rhetorisierender Schriftsteller sei.
Dagegen bin ich der Ansicht, dasz man, wenn die Volks- und Alltags-
sprache dem Schüler im Unterricht entgegentritt, auch in dieser ihm
die Figuren zum Bewustsein bringen miisz, damit er das Kernhafte der
Volkssprache begreife. So z. B. im Sprichwort: ''Glück und Glas' die
Allitteration usw. — Bei der Lectüre des 'Armen Heinrich' V. 412 den
Cliiasmus mit allitterierendem Gegensatz:
Nu versmaehent mich die boesen
Die biderben ruochent min nicht.
Kurze Anzeigen und Miscellen. 563
griecliiscbes Gewand kleiden soll , weil die Schüler auch hei diesen
Uebungen den Unterschied und Gegensatz in dem Charakter der beiden
Sprachen erkannt haben njüszen.
Xenophon hat allerdings nicht daran gedacht, dasz sein Stil in der
Schule so verwandt werde , aber Homer hat auch nicht daran gedacht,
dasz die deutsche Jugend von ihm griechische Sprache lernen solle,
dennoch zerfetzen und zersägen wir ihn zu diesem Zweck und fürchten
nicht, dasz der Schüler das langweilig finde. Ebensowenig fürchte ich,
dasz der Schüler den Xenophon für einen rhetorisierenden Schriftsteller
hält; denn die kurzen Bemerkungen sollen ihn nicht lange aufhalten,
und wenn dann nach Beendigung eines Kapitels die Schüler angehalten
werden dasselbe so zu repetieren, dasz sie im Stande sind dasselbe so-
gleich deutsch vom Blatte zu lesen, oder wenn der Lehrer ihnen das
Kapitel in gutem Deutsch vorliest, so drängt sich der Jugend ''das Bild
der natürlichsten, einfachsten und doch so anmutigen Darstellung' durch
den Gesamteindruck wieder vollkommen auf. Er hat aber zugleich die
unschätzbare Einsicht gewonnen, dasz ein Schriftsteller bei aller Ein-
fachheit und Anmut auch an geeigneten Stellen ohne Künstelei die for-
malen Figuren mit Kraft anwenden kann , wie denn gewis nicht zu
leugnen ist, dasz ein groszer Teil der von mir nachgewiesenen Chias-
men nicht ohne bedeutende Wirkung ist, namentlich in den Reden, was
mir der feine Kenner des antiken Stils , der leider zu früh verstorbene
Nägelsbach, freudig einräumte.
Diese rhetorischen Beobachtungen müszen ferner für das Verständ-
nis der Schriftsteller in den obern Klassen geübt werden; ohne sie ist
namentlich kein Verständnis des Deraosthenes möglich , und wer nicht
schon Jahre lang sein geistiges Auge dafür geschärft hat , wird am
wenigsten die Schulausgabe von Rehdantz, welche überall auf die
Schwierigkeiten des wirklichen Verständnisses mit groszer Kürze hin-
weist, gebrauchen können.
Somit habe ich bei der Bearbeitung der zweiten Auflage nichts von
meinen Grundsätzen aufgeben , sondern nur dahin streben können , die
Arbeit zu verbessern und zu vermehren. Dasz dieses nach Kräften
geschehn, davon wird sich jeder beim ersten Blick überzeugen. —
Möge sich die neue Auflage die alten Freunde erhalten und viel
neue erwerben , mögen alle meine am Schlusz der neuen Vorrede
ausgesprochene Bitte beherzigen und mich bei meiner Arbeit unter-
stützen !
Otterndorf. F- VoUbrecht.
XXVIII.
Hebräisches Schulbuch von Lic. Dr W. Hollenberg, Oberlehrer
am königlichen Joachimsthalschen Gymnasium. 2. Aufl. Berlin
1861. 95 S. 20 Sgr.
Der Verfasser liesz vor mehreren Jahren die erste Ausgabe dieses
Compendiums als Manuscript für seine Schüler drucken. Da die Ein-
richtung des Büchleins durch den Gebrauch sich hinlänglich bewährte,
so wurde er dadurch veranlaszt dasselbe jetzt in verbesserter Gestalt
dem weitern Gebrauch zugänglich zu machen. Von der Ueberzeugung
ausgehend, dasz das Streben nach Vollständigkeit tinsere Lehrmittel
fast unausbleiblich verdirbt und dasz man der vorgeblichen Wissen-
schaftlichkeit und Systematik unserer gewöhnlichen Schulbücher sich
entschieden entgegenstellen müsze, will er mit diesem Büchlein und
dem Codex sacer den ganzen hebräischen Unterricht bestreiten, und ist
36*
564 Kurze Anzeigen und Miscellen.
der Meinung, dasz erst im letzten Halbjahr für die akademischen Be-
dürfnisse eine gröszere wissenschaftlich gehaltene Grammatik von dem
Scliüler angeschafft werde.
Da die erste Auflage des hebräischen Scliulbiichs nicht in den Buch-
handel gekommen ist, so erscheint es dem Keferenten, um die Lehrer
des Hebräischen an den Gymnasien mit dem Buche bekannt zu machen,
zweckmäszig , zunächst die Einrichtung des Büchleins, so viel mög-
lich mit des Verfassers eignen Worten , anzugeben.
Das Büchlein zerfällt in 4 Teile. Das V o cabul ar ium (13 Seiten),
welches den Anfang macht, befolgt nicht die sachliche Anordnung , son-
dern die alphabetische Folge, doch ist innerhalb dieser die Onomatik
nicht unberücksichtigt geblieben.
Der zweite Teil, Grammatisches, enthält von S. 14—61 in mög-
lichster Kürze nur das wichtigste , indem Erörterungen allgemeiner und
philosophischer Art , die in Kürze nicht wol gegeben werden können,
dem mündlichen Unterricht des Lehrers anheim gegeben werden, der
für die Verdeutlichung und Aneignung des fragmentarischen Stoffs das
meiste thun musz.
Der dritte Abschnitt (S. Ö2 — 71) enthält 29 deutsche Uebungs-
stücke, die vorzugsweise zur mündlichen Verwendung und zur Ein-
übung der Formen der regelmäszigen und unregelmäszigen Verba und
Nomina bestimmt sind.
Der vierte Abschnitt (S. 72 — 05) enthält zum Teil die gewöhnlichen
Lesestücke, die Schöpfung, die Schöpfung des Menschen, den Sünden-
fall, Isaaks Opferung, den Decalog. Die Psalmen (1. 2. 8. 13. 15. 16.
23. 24. 42. 43. 46. 110. 121. 130 und 137) und die Stellen aus dem
Jesaias (Kap. 6. 9. 35. 40. 42. 53) sind nicht durchweg mit Rücksicht
auf die progressive sprachliche Schwierigkeit ausgewählt worden. Auf
die hebräischen Lesestücke folgt die hebräische U eher s et zu ng von
Lucas 15 ohne Vocale.
Nachdem ich im vorhergehenden den Plan des Werkchens meist mit
des Verfassers eignen Worten angegeben habe, will ich nun noch einige
Bemerkungen , die sich mir bei der Durchsicht desselben aufgedrängt
haben, hinzufügen.
Das Vocabularium enthält nicht sämtliche Wörter, die in den
Lesestücken vorkommen; unter jedem Lesestück sind noch bald mehr,
bald weniger Wörter mit ihrer Bedeutung angegeben. Nach welchem
Princip der Verfasser dabei verfahren, hat Referent nicht gefunden.
Der zweite Abschnitt (Grammatisches) enthält auf S. 14 — 36 das
für den ersten Unterricht allernotwendigste aus der Formenlehre ; von
S. 37 — 61 folgen die Paradigmen der regelmäszigen und unregelmäszigen
Zeitwörter, des regelmäszigen Zeitworts mit Suffixen, die Uebersicht der
Stammbildungen der Nomina, der Nominalflexion und der Nominalflexion
vor Suffixen. Der Verfasser schlieszt sich in der Darstellung, was sehr
zu billigen ist, an Seffer und Nägelsbach an. Schon aus der Seiten-
zahl ergibt sich , dasz manches nur eben ganz kurz angedeutet sein
kann, die Erklärung aber dem Lehrer in der Klasse überlassen ist,
z. B. die Finales YtVi2'3. Eben so: Dilatabiles. Mutae. Scriptio plena,
defectiva. Die festen unverdrängbaren Vocale, Einfache oder offene
Silben. Zusammengesetzte oder geschlossene Silben. Vom Makkeph.
Vom Metheg als Nebenton usw. Alles ohne nähere Erklärung. Aus
diesen wenigen Anführungen ergibt sich schon, wie sehr der Verfasser
bestrebt gewesen ist, den für den ersten Unterricht bestimmten Stoff
recht kurz zusammenzudrängen, und dasz das Büchlein ohne Hülfe
des erklärenden und ergänzenden Lehrers gar nicht gebraucht werden
kann. Ref. macht hiebei auf ein ähnliches , schon vor 70 Jahren , von
Kurze Anzeigen und Miscellen. 565
dem als tüchtigen Didaktiker bekannten J. H. P. Seidenstücker
(Leitfaden für den ersten Unterricht in der hebräischen Sprache. 16 S.
Helmstedt 1791) aufmerksam. Was die Ausführung des Planes an-
betrifft, so wird die Ansicht der Lehrer über das, was nur angedeutet
zu werden braucht, und das, was der weitern Ausführung bedarf, gewis
verschieden sein. Der eine wird dies, der andere jenes vermissen oder
zu kurz dargestellt rinden. Eigentlich fehlerhaftes ist Referenten bei
der Durchsicht des grammatischen Teils nicht aufgestoszen.
Der dritte Abschnitt (Uebungsstücke) enthält in 29 Stücken zu
10 bis 12 Zeilen kleine deutsche Sätze zur Einübung der Verbal- und
Nominalformeu; z. B. 78 Zeilen zur Einübung der Formen des regel-
mäszigen Zeitworts, 75 Zeilen zur Einübung der Formen der Nomina.
Die zum Uebersetzen bestimmten Sätze, welche teils wörtlich teils etwas
verändert der Schrift entlehnt, teils vom Verfasser selbst gebildet, teils,
wie der Verfasser selbst in der Vorrede bemerkt, dem sehr reichhaltigen
Buche des Prof. Uhlemann entnommen sind, sind zweckmäszig und
dem Standpunkt der Schüler angemessen. Die noch nicht vorgekomme-
nen Wörter sind in Klammer dem betreffenden deutschen Worte nach-
gesetzt, doch scheint der Verfasser in dieser Hinsicht nicht consequent
gewesen zu sein. So steht in der dritten Zeile auf Seite 62 hinter 'Land'
nichts, Zeile 5 dagegen hinter 'Erde' (■^IN), obgleich im Vocabularium
beide Bedeutungen angegeben sind. Zeile 19 auf derselben Seite fehlt
hinter 'verkaufen' das hebräische Wort, obgleich es im vorhergehenden
noch nicht vorgekommen ist.
Der vierte Abschnitt (Lesestücke) enthält gleich gröszere Lese-
stücke. Referent würde im Interesse der Schüler es vorziehn einige
wenige Seiten mit kleineren Sätzen, in denen nur regelmäszige Formen
vorkommen, wie Brückner in seinem hebräischen Lesebuche gethan,
vorherzuschicken. Die Zahl der prosaischen Stücke (9 Seiten) steht in
keinem Verhältnis zu den poetischen (13 Seiten), zumal da der Ver-
fasser, wie er selbst in der Vorrede gesteht, in den aus den Psalmen
und dem Jesaias entlehnten Stücken nicht durchweg mit Rücksicht auf
die progressive sprachliche Schwierigkeit ausgewählt hat. Die Auswahl
der Psalmen ist zweckmäszig, auch sind die verschiednen Arten der
Psalmen vertreten.
Ob nach des Verfassers Ansicht diese Stücke für 3% Jahre aus-
reichen sollen, so dasz erst im letzten halben Jahre der Codex sacer in
den Händen der Schüler zu sein braucht , ist aus den Worten des Ver-
fassers in der Vorrede nicht zu entnehmen. Referent würde in Secunda
blos prosaische Stücke zum Uebersetzen vorschlagen , die poetischen für
Prima aufsparen.
Mit dem Princip des Verfassers, dasz wir bei unserem Unterricht
und den demselben zu Grunde zu legenden Schulbüchern die wissen-
schaftlichen Anforderungen herabstimmen müszeu, dasz wir aus der
didaktischen Sitte des vorigen Jahrhunderts Nutzen ziehn können , ist
Referent durchaus einverstanden. Einzelne unserer neueren hebräischen
Grammatiken sind vor lauter Wissenschaftliclikeit fast ganz unbrauch-
bar geworden, wie diejenigen Collegen , welche sich derselben beim
Unterricht in der Klasse bedient haben, sattsam erfahren haben werden.
Mit der Verbindung von Grammatik, Lesebuch und Ue-
bungsbuch, wie der Verfasser sie angestrebt hat, ist Referent mehr
einverstanden als mit der Art imd Weise, wie Seffer denselben Zweck
in seinem Elementarbuch der hebräischen Sprache zu erreichen versucht
hat. Referent hat nur zweierlei Bedenken gegen den Gebrauch des
Buchs; er fürchtet erstens dasz der Verfasser dem Schüler zu wenig
gibt, was er ohne Hülfe des Lehrers zu seinem festen Eigentum machen
566 Kurze Anzeigen und Miscellen.
kann, dasz er in dem grammatischen Abschnitt der verdeutlichenden
Thätigkeit des Lehrers zu viel überläszt, und dann, dasz der Gebrauch
einer gröszern wissenschaftlich gelialtenen Grammatik, der im letzten
Halbjahr für die akademischen Bedürfnisse notwendig ist, den Schüler
eher verwirren als fördern wird. Vielleicht wird der Verfasser , der
schon seit einigen Jahren Versuche mit dieser Methode gemacht hat,
aus eigner Erfahi'ung diese Bedenken als uugegründet zurückweisen
können.
Der Druck ist namentlich in den Lesestücken, weniger in den
Tabellen im Ganzen correct und deutlich; doch sind zuweilen die Vo-
cale nicht ganz deutlich ausgedruckt ; z. B. S. 25 Z. 5 N'^UJS , wo das
Chirek fehlt, eben so S. 53 ^S^C^or^P, wo das Chirek fehlt , S. 59 Dib.n
statt 5, S. 56 by, S. 60 ^b.l statt' iKn; in ^'nl^'H fehlt das Metheg usw.
Der Preis ist für ein Schulbuch, das Grammatik, Lesebuch und
Uebungsbuch zugleich ist , nicht zu hoch.
Essen. Buddeberg.
XXIX.
Scherz und Ernst.
1
Als man beim Philologenverein zu Jena im Herbst 1847 noch heiter
beim Nachtisch zusammensasz , fühlte ich mich auf die Schulter geklopft.
Der unvergeszliche fünf und siebenzigjährige Gottfried Hermann stand
hinter mir: 'sagen Sie mir doch — Sie sind ja ein Jenenser und wollen
ein Etymolog sein — wo kömmt Jena her?' Ich: ''Sie wollen mir die
Laune verderben, Herr Comthur, indem Sie mich gerade nach dem
allereinzigen Wort fragen, dessen Etymon ich nicht zu kennen ge-
stehn musz." Er: 'nun, so lernen Sie's von mir: Jena von irivail Sie
hören und sehen ja ringsum, cos '^^ccg nävzag tccLvei.^
Wer hat nicht mehr als hundertmal gesungen
Edite, bibite, collegiales!
Post multa saecula pocula nulla.
So oft ich bisher wie Graf Isolan fragte : das klingt wie ein lateinischer
Spruch; Herr Bruder wie heiszts auf deutsch? erhielt ich die Dolmet-
schung: 'esst und trinkt, ihr Brüder! nach vielen Jahrhunderten gibts
keine Becher mehr.' Unmöglich richtig! der zweite Satz würde einen
unverzeihlichen Fehler gegen die Rhetorik und Poetik enthalten, nem-
lich ein contrarium. Denn als Motiv der Aufforderung zum Lebensge-
nusz taugt nur der Spruch: 'lasset uns essen und trinken, denn morgen
sind wir todt.' Morgen, das heiszt: sehr bald, post paucos annos,
aber nimmermehr post multa saecula; denn das wäre, von der Unmög-
lichkeit eines so langen Lebens abgesehn, vielmehr eine Aufforderung
mit dem carpe diem ! sich nicht etwa zu beeilen; also ein contrarium.
Nach manchem Hin- und Herreden machte ein Anwesender, den ich
aus Bescheidenheit nicht nenne , den Vorschlag zu einer bessern Inter-
punction, Construction und Interpretation.
Edite, bibite, collegiales!
Post multa saecula, pociila nulla.
Nemlich post steht adverbialisch für postea. Der Sinn ist: 'esset und
trinket , ihr Brüder ! Später [wenn wir im Grab ruhn] gibt es zwar noch
viele .lahrhunderte [bis zu unserer Auferstehung] , aber [wenigstens für
die Todten] keine Becher.'
Kurze Anzeigen und iMiscelleu. 567
3.
Der bekannte Spriicli des Komüdiendichters Epichiirmus
vccq)S Kai fistivaG anicvsCv ' txQ^Qa rccvTa zäg tpQevog.
nimmt sich in dieser Isolierung- ganz gut aus als Princip des gemein-
sten Weltverstandes, der fast in jedem Drama seinen Repräsen-
tanten findet; ein Princij) , zu dem sich kürzlich auch ein hoher Staats-
beamter mit den denkwürdigen Worten bekannte: 'ich traue niemandem,
verlange aber auch von niemand dasz er mir traue.'
Will sich aber jemand daraufsetzen, jenen Vers zu einem annehm-
baren ethischen Spruch zu machen, so niusz er q)QBv6g betonen als
den blosen Vers t and , im Gegensatz des Gemüts, und einen antithe-
tischen Vers hinzudichten, etwa in folgender Art:
fjii da jiac'vov v.aTiLnioT8v • agO'Qa xoo &v^ov rads.
Dann besagt das Verspaar folgendes:
Nüchtern sei und übe Mistrauen; das ist des Geistes Hand
und Fusz ;
Sollst jedoch auch schwärmen, trauen; das ist des Herzens
Hand und Fusz.
4.
Man hört oft eine vermeintliche Anspielung auf Schillers Wallenstein :
O ich kenne meine Pappenlieimer!
Allein meine philologische a'HQißfia und meine svaißsia gegen alles was
Schiller heiszt, zwingen mich, so oft ich es höre, zu einer Verwahrung
und Berichtigung. Zwar sagt Walleustein zu den Gefreiten:
Daran erkenn' ich meine Pappenheimer!
zwar rühmt sich der zweite Jäger:
Sie kennen das holkische Jägerhorn!
aber nirgend findet sich bei Schiller, was man aus diesen zwei Remi-
uisceuzen zusammenzuschweiszen pflegt:
Ich kenne meine Pappenheimer.
Erlangen den 12. August 1861. L. Döderlein.
XXX.
Ein Schulzeugnis von Voss ausgestellt.
Wenn es jedem guten Manne eine Freude ist, Talente mit Recht-
schafifenheit vereint aufblühen zu sehen, so hat diese Betrachtung ge-
wis etwas vorzüglich reizendes für den Lehrer, der ein Zeuge von der
allmählichen Entwickelung des ersten Keimes war, und von dem Wachs-
tum unter seiner Aufsicht und \\artung am sichersten auf die künftigen
Früchte schlieszen kann. Dies ist der Fall , worin ich mich bei dem
jungen Donner , einem Pflegesohn des Herrn Adv. Hebel in Neuhaus,
befinde. Seit drei Jahren, so lange er meines Eaths und Unterrichts
genossen hat, kenne und liebe ich ihn als einen Jüngling von seltenen
Naturgaben, feinem Gefühle, lebhaftem Verstände, ausdauernder Thä-
tigkeit, und besonders von nicht gemeiner Wärme für Tugend und Re-
ligion. Seine Kenntnisse zu rühmen, würde mir nicht anstehn. Aber
das darf ich wenigstens sagen, dasz er, statt mit unzeitigem Eifer zur
Akademie zu eilen, nicht nur meine Genehmigung, sondern sogar mei-
nen Antrieb abgewartet hat. Ich bin überzeugt, dasz er künftig, als
ein einsichtsvoller und redlicher Diener der Gerechtigkeit , seinem Va-
terlande Ehre und Nutzen bringen kann , und empfehle ihn deshalb der
Aufmerksamkeit und Unterstützung der Edlen , denen die Ausbildung
geistvoller Jünglinge zum Besten des Staats am Herzen liegt.
Otterndorf, den 28. Jun. 1782. J. H- Voss, Rector.
568 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische
Notizen, Anzeigen von Programmen.
Oesterreich.] Haben diese Blätter der seit dem J. 1848 begonne-
nen neuen Organisation des Unterrichtswesens in Oesterreich die teil-
nehmendste Aufmerksamkeit gewidmet, haben sie die tiefe Einsicht in
der klaren Aufstellung richtiger Principien und in der bei aller Conse-
quenz doch allen praktischen Forderungen Rechnung tragenden Durch-
führung gebürend gewürdigt, der energischen Thätigkeit mit welcher
die Reform ins Leben geführt ward, und den Männern welche bei dem
schwierigen Werke unter Kampf, Sorgen und Mühen mit unbeugsamem
Mut und echter Humanität ausharrten, den wolverdienten Beifall nicht
versagt, hat endlich in ilinen die Anerkennung, dasz durch diese Be-
strebungen echte Bildung in den so reich gesegneten südwestlichen
Ländern Deutschlands verbreitet und das Licht der Wissenschaft in
Gegenden getragen wurde, welche fast aller Cultur gänzlich verschlos-
sen schienen , freudigen Ausdruck gefunden , so können sie sich auch
der freilich schweren Pflicht nicht entziehn, über die Schritte und
Handlungen zu berichten , durch welche das mit so vielen Kosten und
Mühen errichtete Werk erschüttert und in Frage gestellt , teilweise ver-
nichtet worden ist , um so weniger als dadurch die wahre Natur jener
Bestrebungen, von dem schön tönenden Phrasenklang schmeichelnder
Vernunftprincipien, namentlich des Nationalitätsprincips entkleidet, ans
Licht gezogen wird, andererseits aber sich daran die Hoffnung knüpft,
dasz das Aussprechen liebevoller Teilnahme vielleicht zur Ermutigung
im ausharrenden Kampfe etwas beitragen könne. Nach Ungarn freilich
werden unsere Worte nicht dringen; bei denen welche im blindesten
Nationaleifer so weit gehen, dasz ihnen nur etwas mit dem Namen
Deutsch bezeichnet werden darf um es zum verhasztesten und ge-
fährlichsten Dinge zu machen, werden sie nichts ausrichten; aber
wenn wir nur e'inen , der sich dem Parteistreben unbesonnen beigesellt,
zum besonnenen Nachdenken vermögen, wenn wir nur in einigen von
denen in Deutschland, welche jenen Agitationen Beifall klatschten, ein
richtigeres Urteil und die Erkenntnis, was denn eigentlich im Hinter-
gründe davon laure und schlieszlich siegreiches Hervortreten befürchten
lasse , zu erzeugen helfen , so werden wir die Mühe nicht für unverloren
erachten.
Viele unsrer Leser haben gewis aus Zeitungen erfahren, welche
himmelschreiende Ungerechtigkeit die Deutschen, welche in Ungarn
das Licht der Wissenschaft durch Unterricht der Jugend zu entzün-
den sich bereit finden lieszen, von dem in Barbarei trunkenen Ma-
gyarentum zu erdulden gehabt haben ; gleichwol scheint es nicht un-
zweckmäszig, dies an der Geschichte einer Anstalt aufzuzeigen. Dazu
bietet uns Stoff eine kleine Schrift: die Pester städtische deutsche Oher-
reahchide und ihr Ende (Vv'^ien 1861. Druck von Fr. Förster u. Bräder.
20 S. 8) , da dieselbe vollständig und aktenmäszig die Thatsachen zu-
sammenstellt und weit entfernt von eignen Reflexionen darüber bei dem
Leser ein sicheres Urteil ermöglicht und vermittelt. Im Jahre 1854 be-
schlosz der Gemeinderath von Pest die Errichtung einer sechsklassigen
Oberrealschule mit deutscher Unterrichtssprache, ganz mit den im Or-
ganisationsentwurf für diejenigen Realschulen aufgestellten Einrichtun-
gen, welche das Recht der Oeffentlichkeit , d. h. der Ausstellung in der
ganzen Monarchie gültiger Zeugnisse erlangen wollten. Wir müszen
hier sogleich darauf aufmerksam machen, dasz der erwähnte Entwurf
§ 17 die Wahl der Unterrichtssprache frei stellte, demnach zur Wahl
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen, 569
der deutschen kein gesetzlicher Zwansr vorlag. Wenn wir sehen, dasz
für die zwei untern Klassen Parallelabteilungen mit ungarischer Unter-
richtssprache errichtet wurden , so erscheinen folgende Schlüsse gerecht-
fertigt: es war mindestens die gleiche Zahl von Schülern deutscher,
wie von solchen ungarischer Nationalität zu erwarten , man muste aber
für die letztern vollständige Aneignung der deutschen Sprache als ein
unabweisbares Bedürfnis betrachten, und da diese doch wol durch Er-
teilung von Unterricht zu erzielen gewesen sein würde, man überzeugte
sich, dasz die ungarische Sprache zur Mitteilung der in der Oberreal-
schule zu lehrenden Wissenschaften weniger geeignet sei. Das Vorwal-
ten des letzLen Motivs wird dadurch bestätigt, dasz als Lehrer auch
befähigte Männer ungarischer Nationalität angestellt , ja solchen vor
Deutschen bei gleicher Befähigung der Vorzug gegeben wurde , also
doch die Möglichkeit dasz einzelne Lehrfächer in ungarischer Sprache
vorgetragen würden hätte vorhanden sein müszen, wenn diese nur von
den Lehrern abgehangen hätte. Es kann nicht Verwunderung erwecken,
dasz in Ungarn geeignete Lehrer für die zu gründende Oberrealschule
nicht in genügender Zahl vorhanden sich fanden , da die Schulen dieser
Gattung im Magyarenlande gänzlich unbekannt waren. Zum Director
erbat sich der Gemeinderath den Dir. der kk. Oberrealschule auf der
Landstrasze zu Wien Dr Jos. Weiser und forderte in öffentlichen
Blättern Bewerber aus allen Ländern der österreichischen Monarchie
zur Anmeldung auf. Die gewählten wurden vom Gemeinderath vereidigt
und später mit Genehmigung des Ministeriums definitiv angestellt. Die
Organisation ward von dem genannten aus Wien berufenen Director so
vollständig den Forderungen des Organisationsentwurfs entsprechend
durchgeführt, dasz der Anstalt das Recht der Oeffentlichkeit zugestan-
den ward. Mehr als die mehrmals von der Stadtbehörde dem Lehrkör-
per zugefertigten Anerkennungsdecrete und das dem Director erteilte
Ehrenbürgerrecht spricht für die Leistungen das gewaltige Steigen der
Frequenz. Schon im zweiten Schuljahre war dieselbe in den vier obern
Klassen, in denen die deutsche Sprache die Unterrichtssprache war,
300, wovon ungefähr die Hälfte der ungarischen Nationalität angehörte,
später überstieg die Schülerzahl 600. Dagegen giengen die ungarischen
Parallelklassen gänzlich ein , weil die drei angestellten Piaristenordens-
priester für die Lehrfächer der Realschule nicht vorbereitet waren und
trotz wiederholter Aufforderungen keine Prüfungen bestanden. Es ist
aktenkundig, dasz der Mangel an Schülern , welche sich zu diesen Klas-
sen meldeten, das Eingehn bewirkten. Die Leistungen der Schule fan-
den also im Publicum die ehrendste Anerkennung, ja sie ward das
Muster für ähnliche in Ungarn. Die Lehrer bewiesen ihre edle Begei-
sterung, indem sie 1855 eine Sonntagsgewerbschule für Handwerker un-
entgeltlich errichteten und ebenso unentgeltlich 1856 einen Lehramts-
candidatencursus für Unterrealschulen eröffneten, aus dem mehrere un-
garische Städte Lehrer, die sich bald allgemeine Anerkennung erwar-
ben, beriefen. Wenn so die deutschen Lehrer im Publicum nur Beweise
von Achtung und Liebe, von ihren Schülern die Kundgebungen rühren-
der herzlicher Dankbarkeit, von der Stadtbehörde, welche durch zwei
eigene Realschulcommissäre Dr Burkhart und Effenberger die
Patronatsrechte fort und fort ausübte, nur Anerkennung erhalten hatten,
wenn ihr Einvernehmen mit ihren Collegen ungarischer Nationalität
durch nichts gestört und nie an sie die Forderung die ungarische
Sprache zu erlernen gestellt worden war , so erscheint nun die Reihe
von Mishandlungen, welche sie seit 1860 zu erdulden hatten, im grell-
sten Lichte. Verdächtigungen und Verhöhnungen in der ungarischen
Tagespresse waren das Vorspiel. Die Stadtbehörde war ganz in ihrem
Rechte , wenn sie neben der deutschen im Sept. 1860 eine ungarische
570 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slalist. Notizen.
Oberrealschule zu errichten beschlosz, ja man kann zngestehn, dasz
sie damit vielleicht ein früher begangnes Versäumnis gut machte. Dasz
die ungarische Realschule in dasselbe Gebäude mit der deutsclien ver-
legt Avurde, mag mit dem augenblicklichen Zwange der Not entschuldigt
werden, beweist aber mindestens Unkenntnis der bestehenden Zustände
im Volke und den Mangel aller pädagogischen Weisheit. Und hätte
nicht wenigstens der wirklich greuliche Vorgang, dasz bei der Eröffnung
der ungarischen Realschule noch in Anwesenheit des Bürgermeisters
und der Vertreter der Stadt die Schuljugend für das Magyarentum
tunuiltuierte , die Augen öffnen müszen , wenn wirkliche Sorge für
das geistige und sittliche Gedeilm der ungarischen Jugend die Veran-
lassung zu jener Maszregel gewesen war? Auch das beweist nicht pä-
dagogische Einsicht, dasz die ungarische Schule sich nicht von unten
auferbauen sollte, sondern sofort mit den beiden extremen Klassen I
und IV begann. Wir wollen nicht den Stab brechen über Männer,
welche in Zeiten der politischen Aufregung die besonnene Umsiclit und
ruhige allseitige Erwägung nicht zu bewähren vermögen und wider
Willen der Gährung und dem Unverstand Nahrung bieten, allein die
Thatsache dasz der zum Directnr der ungarischen Schule ernannte
Lehrer seine Stellung als Lehrer der ungarischen Sprache an der deut-
schen behielt, dagegen der bewährte Director der deutschen als Hülfs-
lehrer des Zeichnens an der ungarischen jenem untergeordnet wurde,
beweist, dasz der Parteihasz ein Hebel gewesen war. Ein neuer Beweis
von Tyrannei, die selbst des Herzen Heiligstes zu stören sich niclit
scheut, war der Befehl des Erzbischofs, dasz die deutschen Lehrer auch
mit ihren deutschen Schülern ungarisch beten und singen müsten. Allein
viel schlimmeres war noch vorbehalten. Die auf Grund der Gesetze
von 1848 am 4. Jan. 18()1 constituierte städtische Repräsentanz bildete
sofort eine Section für die Schulangelegenheiten unter Vorsitz des Ba-
ron von Eötvös. Die Frage wegen der Unterrichtssprache war schon
vorher aufgetaucht und darüber von der k. Hofkanzlei Bericht erfordert
worden. Der Lehrkörper der städtischen Realschule hatte sich dahin
ausgesprochen, dasz bei den Bevölkerungsverliältnissen der Stadt das
Bestehen einer ungarischen und einer deutschen Oberrealschule möglich
und gerecht, die Errichtung einer einzigen mit gemischter Unterrichts-
sprache dagegen von Uebel sein werde: gewis eine eben so den Ver-
hältnissen gebürend Rechnung tragende , wie von pädagogischer Ein-
sicht zeugende Erklärung. Durch die Eröffnung der ungarischen Ober-
realschulklassen war bereits dem Bedürfnis der Magyaren genügt und
die Möglichkeit, ihre Wünsche erfüllt zu sehen, vollständig geboten.
Aber die Magyaren wollten keine deutsche Schule in ihrer Mitte, die
deutsche Bevölkerung sollte in ihrer Sprache keinen Unterricht mehr
finden können. Und wie verfuhr die Section für Schulangelegenheiten,
die Behörde in deren Hand das heiligste Kleinod, die religiöse, sittliche
und geistige Erziehung der Jugend, gelegt war. Zwei Coramissäre er-
schienen Sonnabend den 12. Jan. in der Schule und gaben jedem Kna-
ben einen Zettel, den sie am 14. mit der Unterschrift ihrer Eltern wie-
der abliefei-n sollten: 'in welcher Sprache sie den Unterricht ihres Soh-
nes erteilt zu sehen wünschten'. Hätte man dem vielleicht verhaltnen
oder noch nicht zur Einsicht gekommenen Magyarentum eine Förderung
geben wollen, es hätte die Aufforderung genügt, dasz doch die unga-
rischen Schüler, welche noch in den deutschen Klassen sich befänden,
in die ungarischen übergehn möchten; die Furcht vor der Parteiwut
hätte gewis jeden säumigen zu eiliger Flucht aus jenen Klassen getrie-
ben; allein man hätte dann warten müszen bis die deutschen Klassen
sich entleerten und wie wenn die deutsche Bevölkerung hartnäckig bei'
ihren Lehrern blieb? Man wollte zur Deckung des zu übenden Terro-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen. 571
rismiis einen Volksbesclilusz und legte die Abstimmungszettel in die
Hände der Schüler, selbst der zehnjährigen Knaben, Es mag wunder-
lich mit jener Abstimmung zugegangen sein. Viele Knaben meldeten
freudestrahlend ihrem deutschen Director, sie hätten für ihn gestimmt,
sie hatten die Wahl der Unterrichtssprache mit der Wahl der Lehrer
verwechselt 5 manche Väter meldeten schriftlich, ihr Sohn werde bei
der Abstimmung nicht erscheinen , weil er nicht für die Ungarn stim-
men könne und er dann fürchterliche Prügel fürchte. Wir wissen nicht,
ob man Schüler von auswärtigen Aeltern hatte und um deren Abstim-
mung zu erlangen hätte den Termin der Zettelablieferung verlängern
müszen. *) Die deutsche Realschule hatte 385 Schüler, ungefähr ein
Drittel schlosz sich vom Abstimmen aus. Viele Zettel müszen ein gänz-
liches Misverstehn der Frage zu erkennen gegeben haben und man hätte
sie wol für ungiltig erklären sollen. Es handelte sich nur um das Fort-
bestehen der deutschen Realschule; die Schüler der ungarischen hatten
doch gewis nicht über diese mitzustimmen. Man wird darnach das Re-
sultat beurteilen können, welches man herausbrachte: '340 für die un-
garische, 104 für die deutsche Sprache." Auf Grund dieser ungemeinen
Maiorität erhob die Repräsentanz am 8 Febr. folgende Anträge ihrer
Schulcommission zum Beschlusz : 1) obgleich es wünschenswerth wäre,
die deutsche Anstalt in eine ungarische zu verwandeln, so ist dies doch
im Momente nicht durchführbar und wird die Schule vom Beginn des
Schuljahrs 1860/Gi an ganz ungarisch eingerichtet. 2) Die Kommune
übernimmt die Leitung der Anstalt, die übrigens eine öffentliche bleiben
musz, selbst, unter einer eigenen Realschulcommission, welche den
Lehrplan, die Stundeneinteiluug usw. modificieren soll, und hat der
Director keine anderen Befehle und Verfügungen als die städtischen
anzunehmen und zu respectieren, d. h. mit der k. Statthalterei den
Verkehr abzubrechen, ihr keine Protokolle einzusenden usw. 3) Die
deutschen der ungarischen Sprache unkundigen Lehrer haben bis zu
Ende des laufenden Schuljahrs 1860/61 ihren Schuldienst zu thun und
sind am Ende des laufenden Schuljahrs mit i/^jähriger Gehaltsabferti-
gung zu entlassen. 4) Der Lehrer der deutschen Sprache und Littera-
tur, als der ungarischen Sprache am wenigsten gewachsen, ist sogleich
seines Postens zu entheben, — Ohne ihr Erscheinen vorher angemeldet
zu haben , erschienen am 9. Febr. die Schulcoramissäre , der Baron von
Eötvös an der Spitze, in der deutschen Realschule, wo sie den Lehr-
körper zufällig versammelt trafen. Nach eingehender Belobung und
Würdigung desselben — man möchte darin einen entsetzlichen Hohn
finden — wurden die Beschlüsse verkündet. Der Protest des Directors
gegen 2) als mit den Gesetzen nicht übereinstimmend , ward abgewie-
sen, weil die Stadt auf Grund der Gesetze von 1848 handle. Als sämt-
liche Lehrer auf Punct 3 erklärten , sie seien nicht von der Regierung^
nach Pest gesendet, sondern von der Gemeinde berufen, hätten mit
dieser also einen legalen Dienstcontract und müsten deshalb eine an-
ständigere Abfertigung beanspruchen, erklärten die meisten Commissäre,,
der Contract sei illegal, weil in den 12 Jahren geschlossen; es finde
sich im Stadtarchiv nichts davon und man habe in der Stadt gespro-
chen, die Regierung habe die fremden Lehrer octroyiert. Nur der Prä-
ses war so freundlich, die Lehrer zu einer motivierten Eingabe an die
Stadt aufzufordern, welche er seinerseits jedesfalls zu unterstützen ver-
spreche — aber diese Unterstützung ist unterblieben — . Bei dem, was
Punkt 4 betraf, möchte man lachen, wenn die Sache nicht gar zu
*) Die besprochne Schrift spricht dafür S, 14: ^Samstag waren die
Zettel ausgefolgt und Montag den 14. eingefordert!! Wie hätten da
auch die entfernt wohnenden Aeltern ihr Votum abgeben sollen?'
572 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
ernsthaft wäre. Wüste doch nur e'in Commissar darum , dasz dieser
Punkt wirklich stipuliert worden sei — und auf die Frage des Directors,
welchen von den beiden Lehrern des Deutschen, die der ungarischen
Sprache gleich unkundig seien, denn der Beschlusz meine, bezeichnete
wieder nur derselbe e'ine Commissar den Inculpaten — und dieser blieb
bis zum Ende des Jahres unangefochten auf seinem Posten. Man be-
eilte sich, natürlich ohne an die k. Behörde etwas mitzuteilen, mit der
Zerstörung der Anstalt. Die beiden untersten Klassen wurden sofort
ungarisch eingerichtet und dem Director der ungarischen Realschule
untergeordnet. Man maclite ferner schnell einen Unterrichtsplan für die
neue Realschule fertig, unter deren Lehrfächern auch die Metaphysik
eine breite Stelle einnimmt. Vergeblich remonstrierten die Lehrer; am
31. April fa.szte die Repräsentanz den Beschlusz, dasz der hochherzige
Beschlusz vom 8. Febr. aufrecht zu erhalten sei, und erklärte dabei in
der Sitzung: vom Standpunkte der Humanität habe man für die Lehrer
alles gethan, vom Standpunkte des Rechts hätten sie nichts zu fordern.
Und worin bqstand das ^ alles vom Standpunkt der Humanität.' Die
Stadtkasse erhielt den Befehl den Lehrern für August und September
keine Gehalte auszuzahlen und auf seinen Bericht empfieng der Director
den mit 1 fi. 5 xr. zu bezahlenden Bescheid, das Schuljahr habe in
Ungarn nur zehn Monate und schliesze mit dem letzten Juli. Zwei
Monate Gehalt den verabschiedeten Lehrern entzogen, und da zwei Mo-
nate vom Jahre abgezogen wurden, 87 fl. 50 xr. Abfertigung!
Die Römer wiesen die griechischen Philosophen, die kein Gemeinde-
rath berufen hatte, aus Rom, aber noch e'in Jahrhundert später, wel-
chen Einflusz erringen sie beim Herschervolk! Nun wenn die erwähnte
Schrift mit den Worten schlieszen kann: ^das einzig erfreuliche war die
Anhänglichkeit der Schüler und die Liebe, die sie den Lehrern bis zur
letzten Stunde bezeigten' und wenn S. 8 f. die talentvollen Ungarn, die
in der deutschen Oberrealschule ihre Bildung gefunden und ihren deut-
schen Lehrern unvergeszliche Beweise ihrer Achtung und Liebe gegeben
haben , genannt stehn , so können wir ja von der heranwachsenden un-
garischen Generation — so verzweifelt die Aussichten scheinen — im-
mer noch etwas hoffen. Die Deutschen werden aber dann doch wol
nicht in Ungarn als Graeculi auftreten wollen ?
Das neu eingeführte constitntionelle Leben in Oesterreich hat auch
auszerhalb Ungarns die schon längst von uns gekennzeichneten Bestre-
bungen gegen die Organisation der Gymnasien wach gerufen. ^Dies
bekundet die Begründung, welche der Abgeordnete Dr Franz Cupr
aus Böhmen in der Reichsraths- Sitzung vom 2. August 1861 — der
letzten vor dem Auseinandergehn zu Ferien — zu seinem Antrag auf
Revision des dermaligen Unterrichtswesens der Mittelschulen gegeben
hat (der Antrag wurde ohne Debatte an die bereits bestehende ständige
Commission für Unterricht und Wissenschaft gewiesen). Die Donau-
zeitung bringt in ihrer Nummer vom 4. Aug. darüber folgenden Artikel:
'Dasz in diesen Tagen , wo alle Welt zum Wanderstabe greift , auch
unser Reichsrath sich und uns eine kleine Erholung verordnete, sind wir
weit entfernt ihm zu verübeln. Als in der letzten Sitzung Dr Cupr
für unsere viel geplagte Jugend eine Lanze brach, welche täglich 5 — 6
Stunden in geschlossenem Raum arbeiten müsze, wählte er in der That
für seine Motion den rechten Augenblick; denn, wenn niemals zuvor,
fühlte es der Abgeordnete an diesem Tage, was es heiszt, auf Bänken
(gleichviel ob harte Schulbänke oder behäbige Reichsraths -Fauteuils)
schwitzen zu müszen. Kein Wunder, wenn bei der Rede dieses men-
schenfreundlichen Schulmanns sich jeder wie ein Kind fühlte und bald
rechts, bald links so recht aus tiefstem Herzen sich ein sympathetisches
Bravo! oder Sehr i-ichtig! vernehmen liesz. Welchen begeisterten Wider-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 573
liall wird diese Rede aber erst in allen Unterrichtsanstalten der Monarchie
finden ! Wenn die österreichischen Gymnasien Ehrenbürgerrechte zu ver-
geben hätten, wie bald würde Hr Cupr mit der Zahl der empfangnen
Diplome seine sämtlichen ungetreuen tschechischen Collegen beschämen,
welchen doch der Briefträger täglich die Civität einer andern bölimischen
Capitale überbringt! Eine Standrede gegen das Abiturientenexamen,
nicht etwa zur Unterhaltung in den Eespirien, sondern ganz ernsthaft
von einer sella curulis im Abgeordnetenhause vorgetragen, — das wird
unsern Gymnasiasten einen namenlosen Respect vor den neuen constitu-
tionellen Einrichtungen einflöszen, und sie werden ein unermeszliches
Vertrauen gewinnen zu diesem Hause, wo jeder Staatsbürger sans gene
heraussagen kann, was ihm so lange das Herz gedrückt hat. Und die
würdigen Vertreter des Reiches, auch sie fühlten ein menschliches Rüh-
ren; sie hörten Hrn Cupr aufmerksam bis zu Ende an und beschlossen
— zehn Tage auf Ferien zu gehn.' — Um des österreichischen Reichs-
raths willen bedauern wir aufs herzlichste, dasz die Rede des Abgeord-
neten keine Erwiderung in der Sitzung mehr finden konnte. Denn unter
den Abgeordneten haben doch wol gewis viele das Gemisch von ent-
weder Unwissenheit oder wissentlicher Entstellung der Wahrheit mit
Parteischlagwörtern und von scheinbarem Eifer für eine gute Sache mit
Einsichtslosigkeit durchschaut , und es hätte ihnen weder an Mut noch
an Geschick gefehlt dagegen zu protestieren. Welches Schicksal der
Antrag in der ständigen Commission, an die er verwiesen wurde, gehabt
hat, ist uns bis jetzt unbekannt geblieben, um so mehr freuen wir uns
dasz er zwei sehr ernste und würdige Entgegnungen in Schriften*) er-
fahren hat. Die erste rührt von dem Professor Dr H. Bonitz her,
erschien zuerst in der Ztschr. für österr. Gymn. 1861 Heft IX S. 669 if.
und wurde in einem besondern Abdruck (Wien, Verlag von C. Gerolds
Sohn. 48 S. 8) weiter verbreitet. Können wir den hervorragenden An-
teil, den Bonitz an dem Organisationsentwurf gehabt, als Verdienst
kaum genug rühmen , so verdient doch noch höhere Anerkennung die
wahrhaft heroische Unermüdlicbkeit, mit welcher dieser Mann für die
Aufrechterhaltung und praktische Durchführung der darin enthaltnen Prin-
cipien und Einrichtungen belehrend, berichtigend, widerlegend kämpft.
Keine Verdächtigungen — wird doch auch in Cuprs Rede gegen ihn
als 'Professor aus Preuszen' die Nationalantipathie aufgerufen — , keine
widrigen Erfahrungen , keine trüben Aussichten vermögen seinen Mut
und seine Kraft zu brechen. Wie wenigen steht die Ruhe, mit welcher
er bei aller Schärfe der Discussion doch nie die Würde verliert, nie
sich zu persönlicher Gereiztheit fortreiszen läszt, zu Gebote! Schon in
der Einleitung bezeichnet er aufs treft'Iichste das Wesen der Cupr sehen
Rede. Nachdem er zuerst dargethan, wie man sich nur freuen Icönne,
wenn der Reichsrath das Unterrichtswesen mit ins Auge fasse, weil ohne
die warme Teilnahme in allen Kreisen des Lebens auch die trefflichsten
Schuleinrichtunoen nicht gedeihen können , legt er in Betreff der Art
wie dies von Cupr geschehen, nicht darauf das gröszte Gewicht, dasz
die beantragte Revision nur ein Euphemismus für gänzliche Aufhebung
und den Urhebern der Organisation so wie dem gesamten Lehrerstande
kein einziges Wort der Beistimmung oder des Lobes zu Teil geworden
sei, sondern vielmehr darauf, dasz nur längst widerlegtes mit dem An-
spruch auf Neuheit und vollständige Richtigkeit vorgetragen werde.
Sogleich in der Einleitung seiner Rede hat Cupr eine ganz falsche
Darstellung, indem er aus der k. Verordnung vom 9. December 1854
*) Dasz auch in politischen Zeitschriften tüchtige Erwiederungen
erfolgt sind, wie sie Bonitz in der zu besprechenden Schrift S. 4 Aura,
aufzählt, trägt nicht wenig zur Ermutigung bei.
574 Berichte über gelehrte Anslallen, Verordnungen, Statist. Notizen.
nur den 4n Absatz vorliest und so die Sanction der bestehenden Ein-
richtungen beseitigt, dagegen die vorbehaltnen Veränderungen, welche
sich durch die beabsiclitigte Revision im J. 1858 ergeben würden, in die
Möglichkeit einer gänzlichen Umstoszung jener verwandelt. Sodann
folgt eine zweite Irrung, indem Cupr die 1857 auf Aufforderung des
Ministeriums eingegangnen "Verbesserungsvorschläge mit den von der
Revision 1858 aufzustellenden Anträgen verwechselt und das Unterbleiben
der letztern nicht auf die allgemein bekannten politischen Verhältnisse,
sondern auf die heftigen Angriffe, welche die Redaction der österreichi-
schen Gymnasialzeitschrift, der Professor Bonitz aus Preuszen, gegen
die Vorschläge gemacht habe, schiebt. Der Abgeordnete kann jene Zeit-
schrift gar nicht angesehen haben, da er sonst die mit ihren vollen Namen
unterzeichneten Männer, welche auszer Bonitz die Vorschläge einer von
der Schärfe der Wahrheit, aber durchaus iiicht der Leidenschaftlichkeit
oder nur Parteilichkeit getragnen Kritik unterzogen haben, kennen würde.*)
Obgleich der Dr Cupr nur auf Revision seinen Antrag gestellt hat, ist
er doch naiv genug die Punkte ausführlich darzustellen , in welchen er
Aenderungen wünscht, und so was er doch verbergen zu wollen scheint,
selbst zu verrathen, nemlich seine Absicht einer gänzlichen Beseitigung
der Organisation. Der erste Punkt ist Umgestaltung der Unter-
gymnasien zu Bürgerschulen. Hier finden wir sogleich einen
Satz, von dem man sich nur wundern kann, wie ihn jemand zu denken,
geschweige denn öffentlich auszusprechen vermag: 'Die Seele des ganzen
Unterrichts in den Gymnasien ist eben das Studium der griechischen
und lateinischen Sprache.' Hätte der Redner den Organisationse)itwurf
nicht studiert, sondern nur flüchtig gelesen — doch wol das geringste,
was man von dem , welcher auf etwas bestehendes einen parlamentari-
schen Angriff macht, verlangen kann — , so hätte er doch wol die Stelle
finden müszen: 'Der vorliegende Lehrplan verschmäht in dieser Bezie-
hung jeden falschen Schein; sein Schwerpunkt liegt nicht in der klas-
sischen Litteratur, noch in dieser zusammen mit der vaterländischen,
obwol beiden Gegenständen ungefähr die Hälfte der gesamten Unter-
richtszeit zugeteilt ist, sondern in der wechselseitigen Beziehung aller
Unterrichtsgegenstände', so hätte er doch in dem Lectionsschema sehen
müszen, wie viele Lehrgegenstände und mit welcher Stundenzahl sie
neben dem Lateinischen und Griechischen angesetzt seien , und hätte er
dann den Beweis zu führen gesucht, dasz das Princip nicht vollständig
genug erfaszt oder nicht consequent genug durchgeführt sei, dasz trotz-
dem das Lateinische iind Griechische noch die Seele der österreichischen
Gymnasien geblieben sei, — welches auch der Erfolg solchen Unternehmens
gewesen wäre, kein Gegner hätte ihm die Anerkennung, dasz er gewis-
senhaft in den Kampf gegangen sei, versagen können. Man könnte den
Urhebern und Vertheidigern des Organisationsentwurfs gratulieren, dasz
sie einen solchen Angreifer haben, den sie mit der bloszen Hinweisung
auf die Kritiken, welche in ihrem Plane das Lateinische und Griechische
zu beschränkt finden, und auf den bekannten Brief des Jestiiten- Or-
densgenerals P. Bekx**), der die lateinische Schule wieder hergestellt
wissen will, aus dem Felde schlagen können, wäre nicht eben die Mög-
lichkeit eines solchen Angriffs und die Notwendigkeit seiner Abwehr eine
zu traurige Thatsache. Bei so gewissenlosem Zuwerkegehn werden un-
sere Leser nicht verlangen , dasz wir ihnen sonst noch Proben von der
mit grenzenloser Dreistigkeit gemischten Unklarheit und Unkenntnis,
welche Herr Cupr in der Begründung dieses seines ersten Antrags an
den Tag legt, vorführen, auch nicht dasz wir ihnen die Unbestimmtheit,
•*) S. diese Jahrb. Bd LXXVIII S. 381 ff. **) Jahrb. Bd LXXX
S. 319.
Berichte über gelehrte Ansfalfen, V^erordnung-en , sfatisl. Notizen. 575
mit welcher in wenig:en Zeilen ein Lehij)lan für die projectierte Bürger-
schule entworfen ist, kennzeichnen; wir wollen vielmehr um derer in
Oesterreich willen, welchen diese Zeilen zu Gesicht kommen, auf ^Vor-
gänge im übrigen Deutschland hinweisen, da so sehr Herr Dr Cupr
auch allenthalben die Verschiedenheit der österreichischen Verhältnisse
und Bedürfnisse von denen in Preuszen betont, doch bei politischen
Agitationen erfahrungsmäszig die Taktik nicht ausgeschlossen ist , sich
auf eben das, was man verworfen hat, wieder zu berufen. Wo nur
immer im nichtösterreichischen Deutschland die Frage über die Mög-
lichkeit einer gemeinsamen Grundlage für die verschiedneu mittlem
Bildungsanstalten discutiert worden ist, hat man dabei nie die Ueber-
zeugung aufgegeben, dasz die inöglichst frühe Vorbereitung auf den später
einzuschlagenden Bildungsgang das wünscheuswertheste sei, wobei natür-
lich niemand die gleiche Notwendigkeit gewisser Kenntnisse für allo
leugnete, aber für die dazu befähigten eben so die Möglichkeit einer
schnellern Aneignung dieser in Ansjiruch genommen ward : überall
waren lokale Bedürfnisse und materielle Schwierigkeiten diese zu be-
friedigen die Veranlassung. Die Errichtung von Realklassen bei den
Gymnasien hat keiu Mensch , dessen Stimme in pädagogischen Fragen
ins Gewicht fallen kann, jemals aus Principien , sondern nur aus dem
Gebote der Not, aus dem Fehlen der Mittel für Errichtung selbständiger
Anstalten gerechtfertigt. Wo solche Anstalten in gruszern Städten be-
stehn, haben sie immer entweder in dem Bedürfnisse besonderer Districte
ihren Grund oder sie musten in der Weise gelassen werden , in welcher
sie zu einer Zeit, wo das Verhältnis ein anderes war als jetzt, gestiftet
wurden. Ja wenn dabei der Erziehungsgrundsatz: man müsze dem
jungen Menschen längere Zeit lassen, um sich seinen Beruf zu wählen,
man dürfe ihn nicht in einen bestimmten Bildungsgang hineinzwingen,
zur Besprechung gekommen ist, so hat man ihn nicht so gedeutet, als
müsze die gesamte Jugend etwa bis zum vollendeten 14n Jahre den
gleichen Unterrichtsgang durchmachen, man glaubte ihm nicht weiter
Rechnung tragen zu dürfen, als insoweit dem einzelnen die Möglichkeit
nicht ganz zu verschlieszen sei , sich einem andern AVege der Bildung
zuzuwenden. Was daher auch den Uebergang aus der Schule in das
praktische Leben anbetrifi't, so hat noch niemand daran gedacht um des-
sen willen den Charakter und das Wesen einer Schulanstalt zu ändern,
nirgends Progymnasialklassen deshalb in Bürgerschulen verwandelt. Wo
endlich für Gj'mnasium und Realschule gemeinsame Unterklassen be-
stehn. haben diese vielmehr die Gymnasial- als die Realschulbildung
zum Zweck , indem man für die letztere die Uebung und Weckung der
Geisteskräfte, wie sie das Gymnasium gibt, als eine zweckmäszige Grund-
lage erkannte, auf der sich eben so sicher die logisch -sprachliche wie
die reale Seite der Realschulbildung auferbauen lasse, und wo in Städten
wegen überwiegender gewerblicher Bevölkerung nur vollständige Real-
schulen errichtet werden konnten, hat man die Freiheit derer, welche
den Wissenschaften sich widmen wollen, dadurch gewahrt, dasz man
besondere Progymnasialklassen hinzufügte. Dasz man übrigens eine
frühzeitigere Scheidung der Bildungswege allgemein für notwendig hält,
erweist sich auch dadurch, dasz nirgends die Zeit gemeinsamer Bil-
dung, wie Hr Cupr verlangt, auf die Zeit vom 10. — 15. Leben.sjahre sich
erstreckt, sondern höchstens uuf die vom 10. — 12. Dasz die Gymna-
sialbildung auch für die höhere Gewerbthätigkeit, namentlich den Han-
del, einen Schatz des Könnens und Wissens gewährt, der schnell die
schönsten Früchte trägt, dafür können wir zahlreiche Geschäftsleute
Norddeutschlands, ja Handelskammern anführen, welche den Gymnasial-
schülern selbst vor den Realschülern bei dem Erlernen und dem Ein-
richten in ihren Berufskreisen den Vorzug zusprechen. Constatiert nun
576 Berichte über gelehrte Anstalten , Verordnungen, Statist. Notizen.
die Erfahrung von ganz Deutschland, das'? die Vorbildung in den untern
Klassen der Gymnasien weder für den Eintritt ins praktische Leben,
noch für den Uebergang zur Realschule ein Hindernis bildet, so wird
niemand an der Wahrheit dessen zweifeln, was Hr Prof. Bonitz (S. 17)
über Oesterreich versichert: ''Aus den mittleren und oberen Klassen der
Gymnasien treten viele Schüler mit Aufgeben der weiteren Studien un-
mittelbar in verschiedene Gebiete des praktischen Lebens über und zei-
gen sich denselben gehörig gewachsen ; erfahrene Directoren von Real-
schulen versichern, dasz Schüler, die nach Absolvierung des Untergym-
uasiums mit guten Zeugnissen zur Realschule übergehn, wenn sie nur
zum Zeichnen Neigung, Geschick und Fleisz besitzen, dem Unterrichte
in der Oberrealschule leicht folgen und Gutes in derselben leisten.' Es
wäre demnach preradezu Unverstand, um nicht ein wol angemessnes
noch stärkeres Wort zu gebrauchen, wenn man unter dem Vor wände:
man müsze den Uebertritt von den Gymnasien ins praktische Leben
erleichtern , die Untergymnasien in Bürgerschulen verwandeln wollte,
auf welchen die künftigen Studierenden nichts gewinnen würden — denn
bei dem Bisschen Latein und Griechisch , für welches hier Raum bliebe,
würde die Erlernung der Elemente dieser Sprachen in ein Lebensalter
fallen, welches nach der pädagogischen Erfahrung aller Zeiten und aller
Länder weniger dazu geeignet ist — die Nichtstudierenden aber etwas
ganz überflüssiges und deshalb schädliches mittreiben müsten — denn
wie soll das Bisschen klassischer Sprachen einen Gewinn für Bildung
abwerfen? Den Volksvertretern Oesterreichs wird also, wenn sie anders
es mit der Bildung ernst meinen wollen und können, vielmehr die Pflicht
obliegen, für Ausgiebigkeit der Mittel zu sorgen, damit die Untergyra-
nasien ihrem Zweck erhalten bleiben, nicht um lokaler^ Verhältnisse
willen Aenderungen erfahren müszen. Der zweite Antrag Cuprs: Klas-
senlehrer statt der Fachlehrer im Untergymnasium, beweist
ebenfalls gänzliche pädagogische Unwissenheit, die sich gleichwol mit
Schlagwörtern wie 'viele Köche verderben den Brei' und 'eine Reihe
von Fachlehrern auf dieser Stufe der Bildung zerstört notwendig diesen
Eindruck [die Hingebung der Jugend für das von ihr selbst idealisierte
Verhältnis zum patriarchalischen Klassenlehrer] und kann selbst Ver-
heerungen anrichten, die durchaus niclit im AVillen und der Absicht der
Eltern lagen [So wörtlich in den stenographischen Berichten. Ja wol,
Verheerungen liegen wol nie in der Absicht der Eltern!]', spreizt. Der
Organisationsentwurf hatte aufs gründlichste die Motive angegeben, aus
welchen er Fachlehrer notwendig befand , er hatte zugleich aber auch
die durch den Klassenlehrer zu vermittelnde Einheit betont ; die öster-
reichische Gymnasialzeitung brachte ausgezeichnete Belehrungen über
die Frage; sie verdeckte nicht die Schwierigkeit, welche die Forderung
der Einheit hat , namentlich wo ein zahlreicherer Lehrerstand noch in der
Entwicklung liege, sie wies aber aufs deutlichste die Möglichkeit ihrer
Erfüllung nach. Und nun nach diesen schlagenden und jeden nur sehen
wollenden überzeugenden Auseinandersetzungen hält es Hr Cupr doch für
möglich dasz in den untersten Klassen seiner projectierten Bürgerschule
Religion, Muttersprache, die deutsche oder eine Landessprache, Latein,
Geographie (noch in ausgedehnterem Masze als nach dem Organisations-
entwurf), Rechnen, geometrische Anschauungslehre, Naturgeschichte und
dazu ausgedehnter Zeichnenunterricht mit Ausschlusz des Fachlehrer-
systems durch Klassenlehrer gelehrt werden können. Was ist hier des
Pudels Kern? Nicht etwa Gründlichkeit und bildende, erzieherische
Kraft des Unterrichts, nein die Zurückführung jener alten von allen
Einsichtsvollen in Oesterreich längst verdammten Methode, nach wel-
cher der Lehrer aus dem Compendium ihm selbst unlösbare Aufgaben
und unverstandne Fragen stellt und die Schüler unverstandnes und
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, slatisf. Notizen. 577
unverdautes nach demselben Compendium atiswendig- g'elernt hersagen:
ein Gebahren, das wahrlieh nicht edle und in sich freie Geistesbildung,
sondern ganz andere Zwecke zum Ziele hat! Die für seinen dritten
Autrag: der Ueberbündung unserer (der österreichischen) Ju-
gend musz A^b hülfe geschafft werden, vorgetragne Begründung
wird Hrn Dr Cupr gewis mit dorn Stolze vollständigster Genugthuung
erfüllt haben; denn laute Bravos haben ja seine tiefen Gedanken und
seine lebendige Begeisterung für das physische und psychische Wohl der
Jugend, haben namentlich seinen Haupttrumpf: 'dasz die Väter selbst
für das Theuerste, was sie hinieden besitzen, für ihre Kinder, ihren
[ein guter Deutscher hätte deren sagen müszen, damit nicht die Väter
auch noch Unterricht gebrauchen] Unterricht sorgen und dasz sie sich
nicht den Lehrplan für das ganze Reich von irgend einem in seine
Wissenschaftlichkeit verrannten Professor ausarbeiten lassen', begleitet;
und mit den abgerisznen Sätzen von Alexander von Humboldt
glaubt er gewis wie mit Donnerkeulen alle Gegner zum ^^erstummen
gebracht zu haben! Ja, ja die Väter mögen für ihrer Kinder Unterricht
selbst sorgen, aber dann auch für ihr Fortkommen in der Welt? Nein,
der Staat musz sie versorgen , sie mögen gebildet sein wie sie wollen,
sie mögen Befähigung zu Aemtern haben wie sie wollen; ihr andern
Leute müst euch von Advocaten Processe führen lassen, wenn sie auch
vielleicht die Sprache nicht verstehn , in denen die Urkunden abgefaszt
sind, müst euch Aerzten zur Cur anvertrauen, die nicht einmal die
Eeceptzeichen zu deuten wissen ! Besser da geht ein wichtiges Geld-
iuteresse verloren, besser da geht ein Menschenleben darauf, wenn nur
die lieben Kinder nicht durch Viellernen Gefahr laufen! Ach kämen
wir doch in jene herlichen Naturzustände zurück, wo noch gar nichts
gelernt wurde; dann wären allen Vätern, dann wäre auch dem Herrn
Abgeordneten aus Böhmen alle Sorge wegen der Ueberbürdung der
Jugend erspart. Freilich es wird lange dauern , ehe es dahin kommt ;
denn nach den von Herrn Dr Cupr angeführten Worten des groszen
Humboldt gehören ja in Deutschland netto zwei Jahrhu.nderte dazu,
um eine Dummheit abzuschaffen; nemlich eines um sie einzusehn, das
andere aber um sie zu beseitigen. Das Jahrhundert der Einsicht ist
vielleicht schon vorüber, aber das der Beseitigung wol noch kaum an-
gebrochen! Wir wollen nicht die Geschicklichkeit hervorheben, mit der
die täglichen 4—5 Unterrichtsstunden S. 752 der stenogr. Berichte Z. 9
von unten linker Columne , drei Zeilen weiter in einen fünf- bis sechs-
stündigen Unterricht verwandelt werden; wir wollen nicht geltend ma-
chen, dasz die Unterrichtsstunden, die im Hause in modernen Sprachen
[natürlich zur Ergänzung des Schulunterrichts! Was soll aus diesem
vielleicht heraus um den modernen Sprachen Platz zu machen , oder
sollen diese zu dem fünf- bis sechsstündigen Unterricht noch hinzu?]
gegeben werden, doch gewis der Schule nicht angerechnet werden dür-
fen ; wir fragen einfach : ist auch nur eine Spur von Gerechtigkeit vor-
handen , wenn alle Erscheinungen an unserer Jugend der Schule aufge-
bürdet, wenn die Gewöhnungen, welche längst eingewurzelt sind, ehe der
Knabe in die Schule tritt , alle die bösen Einflüsse , welche trotz der
Schule das Leben übt, gänzlich unberücksichtigt gelassen, wenn alle
andern Ursachen vom Schwächerwerden unsers Geschlechts mit Still-
schweigen übergangen werden? wir fragen, ob man da auch nur einen
Zug von Billigkeit findet, wenn alle die Bemühungen der Leiter unsers
Schulwesens und der Lehrer selbst, alle die Anstalten zur Kräftigung
des Körpers und Verhinderung der nachteiligen Folgen der Schulstun-
den, alle die Bestrebungen durch gute Methode die Zeit der geforderten
Arbeit zu verkürzen und der freieren Selbstthätigkeit Raum zu schaffen,
ignoriert werden? Ach ja, wir Lehrer seufzen über die grosze Stunden-
N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. 11. AM. 1861. Hftllu. 12. 37
578 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, sfalisl. Notizen.
zahl und verkennen deren Nachteile gar nicht. Aber wir wissen auch,
dasz alle unsere Bemühungen um deren Minderung bisher an den For-
derungen, welche das Leben stellt, gescheitert sind. Kein Vater will
dasz sein Sohn weniger lernen soll, und stellen wir ihm die vernünftig-
sten Gründe vor, beschwören wir ihn, um des Wohls seines Sohnes willen,
ihn langsamer fortschreiten zu lassen, so nimmt er ihn von der Schule,
um anderwärts ihn noch schneller mit noch mehr Stunden trillen zu
lassen. Verwundernswerth ist endlich geradezu, wenn ein Oesterreicher
nicht so viel Patriotismus besitzt , dasz er in der Reichsversammluug
kein Wort anerkennender Genugthuung hat , weil in seinem Vaterlande
das Beispiel für ganz Deutschland gegeben ist , mit geringerer Zahl
wöchentlicher Unterrichtsstunden die verschiednen Gegenstände zu leh-
ren. Will Hr Cupr jedes Fach in seiner Bürgerschule nur mit 2 Stun-
den bedenken, dann kommen freilich nur 16 Stunden wöchentlich, können
4 Tage mit 3, 2 mit nur 2 Stunden angesetzt werden, aber welche
Summe von Privatstunden wird dann der Vater geben lassen müszen,
der will dasz sein Sohn etwas lerne. Das Unwesen, gegen welches die
Organisation so entschieden auftrat, die Privatstunden der Lehrer, soll
eben jvieder frei hergestellt werden. Ueber den vierten Antrag des Hm
Dr Cupr: die Maturitätsprüfungen müszen abgeschafft
werden, können wir uns kurz fassen. Trifft doch jedes Wort zur
Begründung desselben nur eine dem klar und entschieden ausgesproch-
nen Willen des Organisationsentwurfs schnurstracks öntgegenlaufende
Praxis oder Versäumnisse durch das Lehrercollegium , welche der un-
glückliche Schüler durch eilfertiges, angestrengtes Nacharbeiten gut zu
machen streben musz. Davon wie der Staat nicht blos ein Recht, son-
dern auch die Pflicht habe zu verhüten, dasz nicht schlecht vorbereitete
die Universitäten beziehen, sich Kenntnis davon zu verschaffen, wie die
einzelnen Anstalten das Ziel erreichen , und dasz das am wenigsten
drückende und am sichersten den Zweck erreichende Mittel dazu die
Maturitätsprüfung ist, dasz ein nochmaliges ordnendes Zusammenfassen
der erworbnen Kenntnisse pädagogisch zweckmäszig und keine die Kräfte
aufreibende Aufgabe ist, wenn nur die Bedingungen zu ihrer Erfüllung
gehörig beschafft sind, findet sich kein Wort. Die Maturitätsprüfungen
tödten der Jugend Kraft und Lust zum Studieren und sind unnötig,
weil ja jedes Jahr die Promotion stattgefunden hat, d. h. eben die
Lehrer sollen machen können was sie wollen , oder wünscht Herr Dr
Cupr bei jedem Schuljahr Commissäre, welche über die gerechte und
pflichtmäszige Promotion wachen? Er ist Gymnasiallehrer gewesen.
Nun endlich im fünften Antrag kommt Hr Cupr auf einzelne Lelir-
gegenstände. Wenn wir da dem Latein eine ausgedehntere Stellung
neben dem Griechischen vindiciert finden, so könnten wir vielleicht
glauben dasz dies geschehen müsze, um an dieser Sprache, wozu sie be-
sonders geeignet ist, die Erkenntnis sprachlicher und logischer Gesetze
zu üben ; aber man traut seinen Augen nicht. Wir würden , wenn der
confessionelle Standpunkt geltend gemacht, wenn behauptet würde, um
der katholischen Kirchenlehre willen sei gröszere Fertigkeit im Latein
zu wünschen, kein anderes Wort dagegen sagen, als dasz dann die
Gymnasien ihren Charakter als allgemeine Bjldungsanstalten verlieren
würden; aber diese Rücksicht bezeichnet Hr Cupr nicht als die wich-
tigste. 'Hauptsächlich' sagt er 'darum , weil das Latein die Gelehrten-
sprache, die Sprache der Welt war.' Also Hr Cupr erkennt an, dasz
das Latein dies nicht mehr ist, aber zu dem Schlüsse, den alle Logik
fordert, dasz es deshalb auch als etwas anderes jetzt gelehrt werden
müsze, kommt er nicht! Will er dasz das Latein wieder Gelehrten-
sprache, wieder die Sprache der Welt werde? Nun lassen wir die
Macht der Thatsachen wirken; wir werden ja sehn, ob vor ihr Decia-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen. 579
mationeu der Art bestebn können. Um dieses Lateins willen soll aber
das Griechische mehr in die obern Klassen verlegt und der eigentliche
Schwerpunkt dieses Studiums auf die Universität verlegt werden, damit
derjenige, welcher die Begabung und Vorliebe dazu besitzt, dort seinen
Studien nach Herzenslust obliegen könne. So spricht ein gewesner
Gymnasiallehrer! Wie lästig ist ihm das Griechische! Wie viel ver-
steht vvol er davon? Ja zurück in das Mittelalter! Das ist sein wah-
res Losungswort. Höre es , Oesterreich , höret es , ihr Völker die es in
sich begreift, damit ihr erfahrt, was euch die Leute mit ihrem Natio-
nalitätsgeschrei bringen wollen. Sollen wir unsere Leser noch lange
mit den Tiraden behelligen , mit denen die Philosophie statt der philo-
sophischen Propädeutik gefordert, mit welchen die Verbindung der Geo-
graphie mit der Geschichte als eine Herabwürdigung der erstem zu
einer Magd der letztern bezeichnet, ein ausgedehnter volkswirtschaft-
licher Katechismus in Vorschlag gebracht , die eifrige Cultivierung des
mündlichen Vortrags und der Stenographie in den Mittelschulen, endlich
körperliche Uebungen , die Gymnastik, selbst militärisches Exercieren
schulmäszig betrieben gewünscht werden? Da werdeji ja gewis die
Zöglinge befähigt werden, Reden wie die des Hrn Dr Cupr im Reichs-
rath zu halten — denn logische Schnitzer und verdächtigende Phrasen
statt beweisender Gründe wird der mündliche Vortrag geben und die
unverdaute Philosophie — , sie werden ebenso wenig zur Frage kommen,
ob denn mit dem Verlangen so vieler Lehrgegenstände eine geringe
Stundenzahl vereinbar sei, sie werden nicht merken, wie, sie sich selbst
ins Gesicht schlagen. Den ganzen Charakter von Hrn Cuprs Antrag
kennzeichnet der sechste Punkt: Gleichberechtigung der Natio-
nalitäten in den mittleren und höheren Unterrichtsan-
stalten. Diese Gleichberechtigung soll der Kitt werden, der Oester-
reich grosz und mächtig, ^stark und fest machen soll. Wie sie durchzu-
führen sei, sagt Hr Dr Cupr nicht, und wir Deutsche werden wol so
lange Mistrauen hegen dürfen, bis der oben beispielsAveise berich^^ete
Fall mit der Pester Realschule, bis die aus den Zeitungen bekannten
Vorgänge mit den Schulen in Prag wieder gut gemacht und uns be-
wiesen wird, dasz man der deutschen Nationalität die Gleichberechtigung
voll und wahr zugestanden hat. Nur eins können wir vermuten, dasz
er, der 1853 abgesetzt wurde, weil er gegen den Organisationsentwurf,
sich auf ein älteres Gesetz stützend, böhmisch vorgetragen hatte, wenn
er darnach rehabilitiert wird, die deutschen Schüler seine böhmischen
Worte zu hören zwingen wird. Auch das können wir uns ersparen, die
so grundfalsche Behauptung , dasz die österreichische Organisation nur
eine Copie der preuszischen sei, zu widerlegen, da unsere Leser aus
unsern frühern Beurteilungen hinlänglich die Möglichkeit besitzen, die
Unverschämtheit und Boshaftigkeit derselben zu sehätzen. Nichts end-
lich gibt über das Wesen des Antragstellers ein helleres Licht, als die
Gehässigkeit, mit welcher er die Wissenschaftlichkeit zum Gegenstande
des Hasses und zum Grunde schwerer Anklage macht: ein Beweis nicht
allein dasz sie ihm gänzlich fehlt, sondern auch dasz er sie nicht ein-
mal zu schätzen weisz, ja sich vor ihr wie vor dem Feuer fürchtet. —
Indem wir eine Schrift von Hrn Professor Dr Bonitz zu besprechen
vorhatten, sind wir dahin gekommen nur die Beschaffenheit und die Ge-
danken seines Gegners ans: Licht zu stellen ; wir hoffen aber gerade
dadurch unsern Zweck erreicht zu haben, nemlich die unermüdliche und
aufopfernde Geduld, mit welcher der in der Wissenschaft so bedeutende
Mann über solche Angriffe auf eine Organisation , der er seine beste
Kraft gewidmet hat, zwar ernste aber nie leidenschaftliche Belehrungeu
gibt, ins hellste Licht zu stellen. Wir hätten nichts mehr bedauert, als
wenn er damit allein stehn geblieben wäre, — denn die Gegner können
37'
580 Bericlife über gelehrte Anstalten, Verordnungen, stallst. Notizen.
ihm immer die Parteinahme für sein eignes Werk schuldgeben und die Rein-
heit seines Wesens, die überzeugende Kraft seiner Argumente wird ihm bei
denen nichts helfen, welche seine Schriften nicht lesen oder nicht verstehn
können. Glücklicherweise aber erhalten wir eine zweite Schrift: Die Un-
terrichtsfrage vor dem Reichsratlie. Ein Beitrag zur Verständiguiig von einem
Schulmanne aus Tirol (Wien, Gerold. 1801. 62 S. 8). Der unge-
nannte • Herr Verfasser gibt sich überall als einen mit dem Gegen-
stand innigst vertrauten, ernst und ruhig denkenden, die Wahrheit
ganz und ungeschminkt auszusprechen den Mut besitzenden Mann zu
erkennen. Dasz er nicht blinder Bewunderer der Organisation ist,
wird dadurch bewiesen, dasz er die bis jetzt getroffene 'Sprachregelung'
noch nicht für den gerechten Anforderungen genügend erklärt. Dies
erkennt auch Herr Professor Bonitz an und fordert nur bestimmte
und ausführbare Vorschläge zur Aenderung, und so wird er sich gewis
auch mit dem von unserem Verfasser bezeichneten Wege einverstanden
erklären. Auf eine höchst schlagende Thatsache hat der letztere in
seiner Schrift S. 6' f. von neuem hingewiesen*), dasz nemlich, als im
J. 1838 durch Allerhöchste Entschlieszung vom 13. Mai an sämtliche
Studiendirectorate die Aufforderung ergangen war, 'jene Hauptpunkte
in Antrag zu bringen, welche bei einer vorhabenden Verbesserung der
gegenwärtigen Gymnasialeinrichtung zur Grundlage und möglichen Rück-
sicht dienen können', in den Eingängen sämtlicher Länderstellen und
Studiendirectorate an die damalige Studien-Hofcommission in mehr oder
minder scharfer Weise alle die Klagen über die frühern Einrichtungen
und alle die Forderungen und Vorschläge zu deren Abstellung enthalten
waien , welche die ganz wesentliche Grundlage des Organisationsent-
wurfs bilden. Dazu liefert er durch Vergleichung der Lehrpläne den
klarsten Beweis, dasz der Organisationsentwurf nicht nur nicht eine
Copie der preuszischen Reglements sei, sondern gegen die Lehreinrich-
tungen aller andern Länder, selbst Frankreichs und Englands, unab-
hängige Selbständigkeit in Anspruch zu nehmen das vollste Recht habe,
dasz derselbe zwar nichts durch die Erfahrung anderer Länder als not-
wendig und brauchbar bewiesenes von sich ausgeschlossen, dagegen aber
auch mit sicherer und entschloszner Hand die Richtungen ergriffen habe,
zu denen das Zeitalter drängt und denen sich , wenn auch mit kluger
Mäszigung, vollständigere Rechnung zu tragen man anderwärts noch
immer sich gescheut habe. Mit scharfer Kritik zeichnet er ferner die
Bestrebungen gegen den Organisationsentwurf und zeigt, wie der katho-
lische Klerus hier in dem Adel und Beamtentum einen Genossen ge-
funden habe. Leider finden wir S. 27, dasz auch der protestantische
Klerus sich den Gegnern beigesellt hat. Wir haben allerdings That-
sachen erfahren, welche die Verwandlung gewisser protestantischer Gym-
nasien Ungarns in Bürgerschulen uns nur insofern beklagen lieszen, als
bei unsern Glaubensbrüdern sich keine innere Möglichkeit besserer
Leistungen fand, dagegen haben wir doch auch Beweise, dasz pro-
testantische Lehranstalten mit vollster Hingebung den neuen Lehr-
plan durchführten und die segensreichsten Früchte erzielten. Wir
haben schon oben auf die Verwandtschaft der Cupr sehen Anklagen
und Anträge mit denen des Jesuiten -Ordensgenerals P. Bekx hin-
gedeutet, wir können uns nicht versagen aus der Schrift die bündige
Darlegung des Verfassers mitzuteilen (S. 40): 'Man klagt über die
Vernachlässigung der lateinischen Sprache , die doch Gelehrtensprache,
*) Die aktenmäszige Begründung findet sich in L. von Heufler:
Fragmente über Unterrichtswesen in Oesterreich (Wien 1853) S. 48 — 60 und
rücksichtlich des naturwissenschaftlichen Unterrichts in der Abhandlung
von Kunzek Zeitschrift f. d. ö. G. 1858 S. 196 ff.
Berichte über gelehrte Ansl;ilten, Verurdiiiiiigen, slatist. Nolizeii. 581
Sprache der Welt gewesen. Pater Bekx thut dasselbe und erklärt:
'^der lateinischen Sprache als der Sprache der Kirche, der christlichen
Uoberlieferiing, der Wissenschaften aller Völker und aller Zeiten wende
die Gesellschaft Jesu besondere Vorliebe zu — und bediene sich der-
selben deshalb zum Vortrag in der Schule, weil sonst ein gedeihlicher
Unterricht in diesem Fache nicht zu erwarten sei.' Man klagt über die
Lehrgegenstände und die dadurch verursachte Ueberladung der Jugend,
die hinwieder 'Oberflächlichkeit, Verflachung, Eigendünkel, Blasiertheit,
körperliches und geistiges Siechthum' zur Folge habe: Pater Bekx thut
dasselbe und erklärt, 'dasz die Idee, der Jugend in kurzer Zeit mög-
lichst viele Kenntnisse beizubringen, dem Scheine nach wol eine herliche
sei und viel Bestechendes habe, dasz aber auf diese Weise nicht gründ-
liche Geistesbildung, sondern oberflächliche Vielwisserei, Eigendünkel
und Anmaszung erzeugt und auf Herz und Geist der verderblichste Ein-
flusz ausgeübt werde.' Man klagt über das Fachlehrersystem, nament-
lich in den untern Klassen, ''weil das zarte Knabenalter nicht blos Un-
terricht sondern auch Erziehung brauche.' Pater Bekx thut dasselbe
und erklärt, ''bei dem System der Fachlehrer sei jede eigentlich päda-
gogische Einwirkung von Seite der Lehrer auf die Jugend unmöglich.''
Man klagt über Verkürzung des Studiums der Philosophie an den Gym-
nasien: Pater Bek.x thut dasselbe und erklärt, 'die philosophische Pro-
pädeutik werde entschieden mangelhaft und ohne Einblick in das Wesen
der Philosophie behandelt.' Nachdem sodann der Verfasser erläutert
hat, wie alle die Angrifle auf die Organisation der Gymnasien von der
Presse allgemein bekämpft worden seien, weil man in ihnen dieselbe For-
derung: 'Umkehr zum erprobten System der Ratio siudiorum'' zu hören
vermeint, fährt er S. 42 fort: 'Goluchowski gieng, Schmerling kam und
mit ihm der Reichsrath. Und sieh da! eines schönen Tags erhebt unter
gespannter Aufmerksamkeit der hohen Versammlung ein Schulmann den
Ruf: 'Revision des Unterrichtsplans für Mittelschulen!' Wir haben uns
erlaubt kurz zuvor anzudeuten, welche wunderbare Familienähnlichkeit
die Stimme dieses Rufenden mit der Stimme des ehrwürdigen Pater
Bekx hat. Wir wiederholen deshalb hier nochmals die Frage: Will
der hohe Reichsrath dieser Stimme folgen?' Nachdem endlich der Ver-
fasser überzeugend dargethan hat, wie der Reichsrath gar nicht berufen
sei Lectionspläne zu entwerfen, faszt er seine Ansicht (S. 50) in fol-
genden Worten zusammen: 'Somit wiederholen wir nochmals die be-
stimmte Forderung : Autonomie auch für die Schule in ihren innersten
Angelegenheiten. Man schaffe im Mittelpunkt des Reichs endlich einen
obersten Rath des öffentlichen Unterrichts, zusammengesetzt
aus Fachmännern von gründlicher Wissenschaft und er-
probter Erfahrung; diesem trage man auf, die bestehenden Lehr-
einrichtungen zu prüfen und wo es uotthut Vorschläge zu deren Aen-
derung vorzulegen. Man berufe dann Landes -Schulconferenzen in den
einzelnen Königreichen und Ländern, um die allgemeine Gesetz-
gebung für das Unterrichtswesen im ganzen Reiche den speciellen
Bedürfnissen der einzelnen Teile anzupassen. Auf diese
Weise wird ein glückliches Ergebnis zu erzielen sein, auf eine andere
schwerlich. Und so schlieszen wir mit dem Wunsche, der hohe Reichs-
rath möge sich der Sache des öff"eutlichen Unterrichts warm anneh-
men; denn wahrlich! eine schönere Aufgabe als die, für die Erziehung
und Bildung der Nation zu sorgen, kann er sich nicht stellen. Wir
nähren aber zugleich auch die sichere Hoß"nung, er werde sein Ohr
jener Sirenenstimme 'des Orakels in Rom' verschlieszen , die in allen
möglichen Tonarten doch immer wieder dasselbe bezaubernde, aber ver-
derbliche Lied singt: 'von der seligen guten alten Zeit'. Denn
Wer verblendeten Sinns hinstaunt und der hellen Sirenen
Stimme horcht, nie wird ihn das Weib und die lallenden Kinder,
582 Berichte über gelehrte Anstallen, Verordnungen, Statist. Notizen.
Wieder zur Heimat gekehrt, mit Freud' umstehn und begrüszeu!
Nein, mit hellem Gesänge bezaubern ihn dort die Sirenen,
Sitzend am grünen Gestad', und modernder Männer Gebeine
Liegen da rings gehäuft und herum verwittern die Häute —
wie der greise Dichterfürst weissagt. Noch nie hatte Oesterreich Segen,
wo es dieser Stimme horchte!'
Wir hoffen unsern Lesern hinreichend den Kampf gezeichnet zu
haben, welcher dem österreichischen Unterrichtswesen droht. Hoffen
wir, dasz das Gute gerettet werde! Zollen wir unsern Dank den Män-
nern, Avelche dort so eifrig und unverdrossen für das heilige Werk der
Erziehung, für die Verbreitung echter wissenschaftlicher Bildung strei-
ten und wirken und Oesterreich nicht rückwärts, sondern vorwärts zu
bringen trachten. Vielleicht trägt unsere Stimme doch etwas zu ihrer
Ermutigung bei , vielleicht bringt sie ihnen doch einige Hülfe. Wir
können mit der Nachricht schlieszen , dasz der Unterrichts- Ausschusz
des Reichsraths beschlossen hat, über die Frage einer Revision des
gegenwärtigen Lehrplans das Gutachten von Fachmännern zu verneh-
men. Möge er sich an die rechten wenden und ihre Stimmen gewissen-
haft hören und beachten!*) R. D.
Kurfürstentum Hessen 1861.
Ueber die Gymnasien Kurhessens berichten wir aus den zu Ostern
1861 erschienenen Programmen, wie folgt:
1. Fulda.] In dem LehrercoUegium ist in dem verflossnen Schul-
jahre keine weitere Veränderung eingetreten, als dasz der Lehrer Rath-
mann von Volkmarsen mit dem Anfange des Schuljahrs als beauftrag-
tragter Schreiblehrer eingetreten ist; derselbe besorgt auch das Orgel-
spielen bei dem Gottesdienst für die katholischen Schüler, sowie den
geographischen und Rechenunterricht in der Sexta. Der Candidat des
Gymnasiallehreramts Auth wurde behufs Erstehung des Probejahrs dem
hiesigen Gymnasium zugewiesen. Bestand des Lehrercollegiuras : Dir.
Dr Wesen er, die ordentlichen Lehrer Dr Weismann, Dr Gies,
Hahn, Dr Lotz, Bormann, Donner, Gegenbaur, Dr Oster-
mann, Schnittdiel, evang. Religionslehrer geistl. Inspector Roll-
mann, beauftr. Lehrer Körb er, Gesanglehrer Henkel, Zeichenlehrer
Binder, Schreiblehrer Rathmann, Praktikant Auth. Schülerzahl
196 (I 21, II 25, III^ 22, III ^ 31, IV 27, V 35, VI 35), und zwar 123
katholische, 72 evangelische, 1 israelitischer. Abiturienten 9. Den
Schulnachrichten ist vorausgeschickt eine Abhandlung von dem Gym-
nasiallehrer J. Gegenbaur: Geschichte der religiösen Bewegung ijn Hoch-
stifte Fulda wärend des 16. Jahrhunderts (40 S. 4). Der Verfasser liefert
in dieser Abhandlung einen Beitrag zur Reformationsgeschichte , indem
*) Nachdem dieser Bericht bereits abgesetzt war, finden wir in dem
neusten (lOten) Hefte der österreichischen Zeitschrift S. 827 f. die No-
tiz , dasz der unter dem Namen ^ die Mittelschule' in Wien gegründete
Verein in Bezug auf die dem Abgeordnetenbause vorgetragnen entstel-
lenden Angaben über die gegenwärtige Lehreinrichtung am 2. Nov. den
Antrag des Prof. Egger: 'der Verein möge eine Denkschrift abfassen,
in welcher darzulegen wäre, was sich vom dermal bestehenden Unter-
richtssysteme bewährt hat und welche Aenderungen vom Standpunkt
der Schule zu beantragen wären', zum Beschlusz erhoben hat. In die
dazu bestimmte Commission wurden auszer dem Präsidenten und Vice-
präsidenten des Vereins, den Directoren Hochegger und Engel ge-
wählt die Professoren DrBonitz, Egg er, DrPick,DrPokorny,
Tomasch ek zur Vertretung der Interessen der Gymnasien, die Pro-
fessoren Dr Kluu, Dr Krist, Pisko, Vernaleken, Warhanek
für die Realschulen.
Beticlilo über gelehrlo Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 583
er aus den Archiven der städtischen Behörde sowie der Regierung und
aus den Sammlungen der Landesbibliothek eine Schilderung der religiö-
sen Bewegung im Hochstifte Fulda wärend des sechszehnten Jahrhun-
derts entwirft, die Erzählung mit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun-
dert beginnt und dieselbe bis zum westphäli.schen Frieden fortführt.
Diese Arbeit füllt eine wesentliche Lücke in der Geschichtschreibung
des Hochstiftes aus , indem die früheren Geschichtschreiber wie Brower
und Schannat nur ganz lückenhafte Andeutungen über diese Zeitperiode
geben. Der Verfasser weist zuerst nach wie in den ersten Zeiten der
Reformation nur ganz wenige vereinzelte Anhänger derselben aus dem
Stifte hervorgiengen, dahin gehören Adam Kraft, später Supei'intendent
von Marburg, Balthasar Raid, später Stadtpfarrer von Grosfeld, Georg
AVitzel , der durch seinen späteren Rücktritt zur katholischen Lehre,
durch seine Schriften und Streitigkeiten mit den Wittenberger Refor-
matoren in weiteren Kreisen bekannt wurde, und einige andere. Wärend
so in der Stadt Fulda selbst die ersten Spuren der Reformation nur
als vereinzelte erscheinen , setzte sich dagegen in Hamelburg dieselbe
freilich unter verschiedenen Hindernissen und Widersprüchen fest. Kai-
ser Karl V erliesz deshalb ein Edict an den Abt, worin er befahl, dasz
er die Prediger nach lutherischem Gebrauch in das Stift nicht einkom-
men lasse. Der Verfasser schildert sodann die Bemühungen Karls V
auf dem Reichstage zu Regensburg, um eine Einigung herbeizuführen.
In dieser Zeit regierte in Fulda Philipp Schenk von Schweinsberg; der-
selbe erliesz 1541 einige Edicte, welche die Religion und den Cultus
betrafen, sie heiszen die reformatio Philippi; auch nur ein flüchtiger
Blick in diese Decrete zeigt, dasz der Abt damit den katholischen Bo-
den nicht verliesz, ja nicht einmal die Priesterehe zugab, welche doch
später das Interim, das 1548 in Fulda verkündigt wurde, gestattete.
Der Verfasser weist im einzelnen an jenen Edicten nach, dasz man in
denselben durchaus das nicht finden konnte, was man 30 Jahre später,
um den Beweis des rechtmäszigen verjährten Besitzstandes zu begrün-
den, dahinter suchte; er führt deshalb Urteile damaliger protestantischer
Fürsten an , welche als völlig zweifellos darstellen , dasz diese Refor-
matio Philippi mit der eigentlichen Reformation nichts gemein hatte.
Der Verfasser weist dann ferner nach, wie allerdings in Folge dieser
Edicte und des Interims ein groszer Teil der Einwohner Fuldas sich
dem Augsburger Glaubensbekenntnisse zuwandte , ohne dasz jedoch
seitens der Aebte die rechtliche Anerkennung erfolgt sei. In dieser Lage
blieben die Verhältnisse unter der Regierung von fünf Aebten , bis 1570
Balthasar von Dernbach gewählt wurde. Der Verfasser liefert nun aus
den vorhandenen Quellen ein umfassenderes Bild der ganzen Bewegung,
des Kampfes und Gegenkampfes zwischen dem regierenden Fürsten und
der Gemeinde. Es fallen da manche Streiflichter auf die Zustände des
Adels, der Geistlichkeit und des gesamten damaligen öffentlichen Lebens.
Balthasar von Dernbach wird von seinen Gegnern in Hamelburg ge-
zwungen, der Regierung zu entsagen, allein frei wiederruft er diesen
Act und es entspinnt sich nun ein langer Kampf, der endlich 1603 mit
der völligen Restitution des Abtes und der katholischen Religion endigt.
Wie spurlos selbst die Erinnerung an diese frühere Zeit verschwunden
war, dafür führt der Verfasser noch am Schlüsse einige Ereignisse aus
der Zeit des 30jährigen Krieges an. Gustav Adolf hatte bekanntlich
dem Landgrafen Wilhelm V v. Hessen die Abtei Fulda erb- und eigen-
tümlich überwiesen. Die Coramissare des Landgrafen wollten nun auch
alsbald die evangelische Religion wiedereinführen, aber der Widerstand
in der gesamten Bürgerschaft war allgemein und als Wilhelm V in Folge
der für die kaiserlichen Waffen glücklichen Schlacht bei Nördlingen
Fulda wieder räumen muste , vertrieb das Volk in Fulda die kleine neu
gebildete Gemeinde samt ihrem Prediger aus der Stadt.
584 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statist. Notizen--
2. Cassel.] Die Gymnasial -Praktikanten Ernst und Petri wur-
den zu Hülfslelirern ernannt. Der dem Dr Kellner erteilte Auftrag,
beim hiesigen Gymnasium Aushülfe im Unterricht zu leisten , wurde auf
Ansuchen des genannten Lehrers zurückgezogen. An die Stelle des Dr
Kellner trat, zunächst gleichfalls in der Eigenschaft eines beauftrag-
ten Lehrers, der bisherige Conrector an der Stadtschule zu Witzenhau-
sen 0. Witzel, welcher jedoch, bald darauf zum Hülfslehrer ernannt,
gegen Ende des Schuljahrs aus dieser Stellung schied, nachdem er zum
Lehrer beim hiesigen Cadettencorps ernannt worden war. Der Candidat
Zuschlag wurde zur Erstehung seines Probejahrs als Praktikant beim
hiesigen Gymnasium zugelassen. Beim Schlusz des Schuljahrs gehörten
zum Lehrerpersonal: Director Dr Mattliias, Dr Flügel, Dr Kiesz,
DrSchimmelpfeng,Dr Klingender, Schorre, Dr Weber, Dr
Grosz, Dr Lindenkohl, die Hülfslehrer Eiedel, Dr Preime, Dr
Auth, Ernst, Petri, der beauftragte Lehrer Breidenbach (kath.
Kelig), Praktikant Zuschlag, die auszerordentlichen Lehrer Geyer
(Schreiben und Rechnen), Schwarz (Zeichnen), Temrae (Gesang);
der Turnunterricht wurde von dem G.-L. Schorre und dem Hülfslehrer
Ernst geleitet. Schülerzahl 279 (I 23, II 29, III ^ 27, III b 36, IV i 25,
IV^ 25, IV3 26, VI 27, V^ 29, VI 31). Abiturienten 13. Den Schul-
nachrichten geht voraus ; statistische Rückblicke auf die Geschichte des
Gymnasiums. Von Dr Grosz (76 S. 8).
Hanau.] Der beauftragte Lehrer F. Münscher verliesz mit dem
Schlusz des Sommersemesters seine hiesige Stellung, um als ordentlicher
Lehrer an das preusz. Gymnasium zu Guben überzugehen. Der bishe-
rige ordentliche Lehrer am Gymnasium zu Hersfeld Spange nberg
wurde im Laufe des Winterhalbjahrs an das hiesige Gymnasium ver-
setzt. Lehrerpersonal: Director Dr Piderit, Lichtenberg, Dr
Fürstenau, Dr Fliedner, Cassel mann, Dr Suchier, Spangen-
berg, die beauftragten Lehrer Pfarrer Fuchs, Gundlach, Krause,
die auszerordentlichen Lehrer Zimmermann (Schreiben und Rechnen),
Eichenberg (Singen). Schülerzahl 100 (I 17, II 20, III 19, IV 13,
V 19, VI 12). Abiturienten 5. Den Schulnachrichten geht voraus:
quaestiones Procopianae von W. Gundlach (28 S. 4). Der Verfasser
behandelt hauptsächlich folgende Fragen: I. Num Procopius re vera
Anecdotorum sit scriptor. II. Quo tempore Aneedota sint conscripta,
ßive quando Procopius diem obierit supremum. III. Quaenam tides sit
Anecdotis habenda, et quae ratio intercedat inter Aneedota ceterosque
Procopii libros. IV. Num Procopius odio ac malivolentia ductus hunc
librum composuerit. jV. Quisnam Anecdotorum esse debeat usus in
historia illius temporis conscribenda.
4. Hersfeld.] An die Stelle des an das Gymnasium zu Hanau
versetzten ordentlichen Lehrers Spangenberg trat als beauftragter
Lehrer Pfarrer Vial, bisher Rector der Bürgerschule zu Neukirchen.
Lehrerpersonal: Director Dr W. Münscher, Dr Deich mann, Pfarrer
Wigand, Dr Wiskemann, Dr Dieter ich, Dr Ritz, Heer mann,
die beauftragten Lehrer Pfarrer Vial, Praktikant ]5uderus (zugleich
Turnlehrer), Praktikant Birkenstamm, die auszerordentlichen Lehrer
Anacker (Singen), Mutzbauer (Zeichnen u. Schönschreiben). Schü-
lerzahl 141 (I 21, II 34, III 39, IV 12, V 21, VI 14). Abiturienten 19.
Den Schulnachrichten geht voraus eine Abhandlung von dem Gymna-
siallehrer Dr D i e t e r i c h : von der Vollmacht der Apostel Jesu Christi
(50 S. 4). Der Verfasser gibt als Resultat seiner Untersuchung folgen-
des: 'Fassen wir nun alle diese Vollmachten der- Apostel übersichtlich
zusammen, so waren ihnen 1) die Sacramente übergeben mit dem Be-
fehl, dieselben zu spenden und zwar a) die Taufe zu vollziehen, b) das
Abendmahl unter sich und mit den durch ihr Wort gläubig gewordenen
zu feiern ; 2) war ihnen das Wort übergeben und zwar a) zum KrjQva-
Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen. 585
GFLV , b) zum didäcKSiv rrjQScv und c) zum Vergeben und Behalten der
feiiuden mittelst desselben. Die Apostel hatten in Bezug auf das Wort
a) die Lehrvollmacht, vermöge welcher sie das ihnen vertraute Evan-
gelium rein und lauter zu verkünden und darzubieten hatten, wie sie
vom Herrn gelehrt und durch den heiligen Geist hineingeführt wurden.
Das ist ein Teil der Schlüsselge\valt, da sie den Schlüssel der Erkennt-
nis hatten. Im Besitz dieses Schlüssels der Erkenntnis konnten sie die
Schätze des Himmelreichs, konnten sie die Thür zu denselben aufthun
und als die getreuen Knechte die Speise dem Hausgesinde recht teilen.
Darin übten sie ein Ivtiv und dsiv, ein Ivfiv durch Oeönung der Thür,
durch Darreichung und Speisung mit diesen Schätzen des Himmelreichs,
ein diiv , so sie den Säuen die Thüre verschlieszen und die Perlen ih-
nen vorenthalten musten , das aber alles in Kraft des heiligen Geistes.
Auszer der Lehrvollmacht hatten die Apostel b) die Vollmacht der Lei-
tung und Aufsicht über die Glieder des Hauses Gottes. Sie hatten dem
Evangelium entsprechende Lebensordnungen zu verlangen und anzuord-
nen und widerstrebende zu beseitigen und zu verhindern : auch wieder
ein Iviiv und dtCv in besonderer Weise, indem die FriedestÖrer im
Havise müszen gebunden und in enger Zucht gehalten werden, die treuen
Glieder des Hauses aber in der rechten Freiheit der Kinder Gottes fort
und fort gefördert werden, c) Es hatten die Apostel mittelst des Worts
die potestas clavium im engern Sinn zu üben oder die geistliche Rich-
tergewalt, welche in der ^^ollmacht bestand , die .Sünden zu erlassen und
zu behalten. Diese Vollmacht ist, wie die zweite, die Anwendung der
Predigt des Evangeliums und zwar die tröstende und strafende, wie
jenes die gesetzgebende. Vergeblich wird es sein, alle richterliche Ge-
walt dieser letzten Vollmacht zu leugnen, da schon in der Entscheidung,
ob zum Vergeben oder zum Behalten der Sünde das Wort anzuwenden
sei, ein richterliches L^rteil enthalten ist. Alle diese Vollmachten aber
übten sie nicht als Herrn und Herscher der Gemeinde, als Gebieter über
ihren Glauben, sondern als Diener Sicc/.ovol und zwar zunächst als
Diener Gottes und Christi im neuen Bunde. Diesen Dienst der Apostel,
welchen sie an der Gemeinde haben, nennt man als die Bestätigung ih-
rer Vollmachten ihr Amt. Haben nun die Apostel als Inbegriff ihres
Amtes alle jene Vollmachten , so ist die Frage nicht schwer zu beant-
worten, was für eine Stellung die Gemeinde diesen Vollmachten gegen-
über einzunehmen hat. Sie hat sich ihnen gegenüber wesentlich em-
pfangend zu verhalten und mit eifriger Betiiätigung in die Lebensord-
nungeu einzugehen, welche mit apostolischer Vollmacht in ihr geordnet
werden. Aber auf Grund von 1 Petr. 2, 9 werden häufig für sie Rechte
in Anspruch genommen, welche jenen apostolischen Vollmachten gleich
sein, ja über dieselben hinausragen sollen. Soviel bleibt sicher, das
Amt der Apostel hat sie nicht, oder hat es nur so, dasz sie es in den
Aposteln hat.' — Der Verfasser hat selbst im voraus bemerkt, dasz er
auf volle Beistimmung auch nur der nächsten Kreise seiner Amtsgenos-
sen nicht rechne.
5 Rinteln.] Im Lehrercollegium hat im Laufe des Schuljahrs
keine Veränderung stattgefunden. Dasselbe besteht aus folgenden Mit-
gliedern: Director Dr Schick, Dr Feuszner, Dr Eysell, Pfarrer
Meurer, Dr Hart mann, Dr Stacke, Kutsch, Dr Suchier, be-
auftragte Lehrer Dr Braun und Berkenbusch, auszerordentlicher
Lehrer Storck (Schönschreiben und Zeichnen), Cantor Kapmeier
(Gesang). Den Turnunterricht leiteten Berkenbusch und Storck. Schü-
lerzahl 108 (I 19, II 12, Illg. 12. III r. 14, IV g. 14, IV r. 14, V 2.3).
Abiturienten 8. Den Schulnachrichten gehl voraus eine Abhandlung des
Gymnasiallehrers Kut seh : über die Behandlung der geometrischen Grund-
begriffe (23 S. 4).
586 Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, Statist. Notizen.
6. Makburg.] Der beauftragte Lehrer Dr Schim melp fang wurde
zum Hülfslehrer ernannt. Die Candidaten des Gymnasiallehramts Eich-
1er und Rothfuchs traten ihr Probejahr an. Lehrerpersonal: Director
Dr F. Münscher, Dr Sold an, Dr Ritter, Pfarrer Fenner, Dr
Collmann, Pfarrer Dithmar, Fürstenau, die Hülfslehrer Dr Bu-
chenau, Krause, Dr Schimmelpfeng, Pfarrer Will (kath. Reh),
Conrector Kutsch (Schreiblehrer), Peter (Gesangl.), die Praktikanten
Eichler und Roth fuchs. Schülerzahl 183 (I 18, II 30, III 55, IV 35,
V 30, VI 15). Abiturienten 12. Den Schulnachrichten geht voraus
eine Abhandlung des G.-L. Pfarrer Dithmar: zur Eiiileitung in die Ge-
schichte der neuhochdeutschen Grammatik (40 S. 4). Die Arbeit hat die
Entstehungsgeschichte des Neuhochdeutschen vor Luther
zum Gegenstand. Die einzelnen Abschnitte führen folgende Ueberschrif-
ten: die Gestalt der deutschen Sprache im 14n und 15n Jahrhundert.
Deutsche Rechtsprosa vom I3n — 15n Jahrhundert. Die deutsche Sprache
der kaiserlichen Kanzlei. Die deutsche Sprache der kursächsischen
Kanzlei. Meisznisclie, herzoglich und kurfürstlich sächsische Urkunden.
Litteratur der neuhochdeutschen Grammatik vor Gottsched.
Fulda. Dr Osterinann.
Neustadt in Westpreuszen.] Königl. katholisches Gymna-
sium. Die langjährigen Bemühungen des verdienstvollen Schulraths Dr
DiUenburger sind in diesen Tagen mit vollem Erfolg gekrönt worden.
In der Provinz Preuszen bestanden bis jetzt vier katholische Gymna-
sien: Braunsberg, Conitz , Culm und Deutsch -Krone, von denen das
erstere um Pringsten d. J. die Jubelfeier des 50jährigen Bestehens be-
gieng, das letztere aber erst vor einigen Jahren von einem Progymna-
sium zu einem vollständigen Gymnasium erweitert wurde. Um diese
Zeit wurde auch nach langen und mühevollen, oft gekreuzten Bestre-
bungen ein Progymnasium am hiesigen Orte gegründet mit der Tendenz,
dasselbe ebenfalls zu vervollständigen, sofern nur die geltend gemachten
Voraussetzungen sich als richtig bewähren würden. Schulrath D illen-
burger fand in Neustadt weniger als nichts, um seine Schöpfung ins
Leben zu rufen; ein kühner Griff durchschnitt indes alle Zweifel und
Erwägungen, und jetzt nach vier Jahren des Bestehens unter allerdings
schwierigen Verhältnissen ist einem groszen , weiten Landstrich, der
kaum die Anfänge der Cultur und Civilisation kennen gelernt hatte,
durch die Schöpfung eines vollständigen Gymnasiums eine dauernde
Pflanzstätte der Bildung gegeben worden. Möge dem unermüdlich thä-
tigen Manne, dem tüchtigen Gelehrten und bewährten Schulpfleger auch
recht bald die Freude erblühn , Rössel, das letzte und einzige katho-
lische Progymnasium der Provinz , zu einer vollständigen Anstalt er
hoben zu sehn! — An unserer Anstalt tinterrichten zur Zeit: Director
Dr Seemann, Oberlehrer F ah le, Religionslelirer Warmke, Gymnasial-
lehrer Maroncki, Samland und Dr Thomazewski, technischer
Lehrer Prengel, Cand. prob, von Marlowski, evangel. Religions-
lehrer Prediger Lebermann. Auszerdem sind drei neue Lehrerstellen
gegründet worden, für welche die Berufungen noch nicht erfolgt sind,
und soll mit Beginn des neuen Schuljahrs eine Septima als Vorberei-
tungsklasse versuchsweise eingerichtet werden. Als Programme erschie-
nen: I) Die atomistische Hypothese vom Oberlehrer Fahle. 1858. 2) De
angui'ibus romanis pars prior vom Gymnasiallehrer Maroncki. 185'*,
3) Die Franziskanerkirche zu Culm vom Director Seemann. 1860, und
wird jetzt ausgegeben werden. 4) De significatione praepositio7m tiarcc in
compositis quatenus ex Thucydidis historia coynosci possit.
Neustadt, den 29, Juli 1861. Fahle, Oberlehrer.
Register.
I. Verzeichnis der besproclinen Gegenstände
und Sclii'iften.
aSco, ccG^ia und ZQayovSco , xQayovSicc. XIX. S. 374 — 376.
Ahrens: der griechische Unterricht am Lyceum zu Hannover. S. 484.
Zur albanesischen Sprachfrago. XIV. S. 291—295.
Altdeutsch, s. Schülerpräparation.
Aphorismen, pädagogische. XVI. S. 332 ff.
ArabanÜ7ios : XQOvoyQacpia rrjg 'HneiQOV. S. 37.
Aufgaben für die bairischen Abiturientenprüfungen. VII. S. 186 — 189.
Axt: coniectanea Homerica. S. 303 ff.
Bachmann: die Geschichte der groszen Rostocker Stadtschule. S. 90.
Baumgartner: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Bayer: Armin, Deutschlands Befreier. 1. Abt. S. 243 f.
Bequerel: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Bergemann: zum Verständnis von Soph. Antig. bes. 925 — 928. S. 308
—400.
Biedermann: der Geschichtsunterricht in der Schule. 4. S. 161 ff.
Böhringer: der phijosophische Standpunkt des Sokrates. S. 204.
Bonitz: über den Cuprschen Antrag auf Revision des dermaligen Unter-
richtswesens der österreichischen Mittelschulen. S. f>73 ff.
Breitner : Leitfaden für den Unterricht in der Physik. S. 401 ff.
Brunner: die Markgrafen von Ronsberg. S. 238.
Bücher: griechische Vorschule. X. S. 196.
Campe: Beiträge zur Kritik des Cicero. S. 305 — 397.
coeptus sum. S. 470 f.
Colombel: Einleitung zur Geschichte der vier Grafen von Nassau auf
dem Erzstuhl von Mainz. S. 478.
Concentration und Decentration des Unterrichts. S. 316 — 326. 353 ff.
Conrad: gradus ad Parnassum. ed. II. Is Heft. XL S. 196—200.
Crecelius: über die Wurzeln MA und MAN. S. 302.
Curtius, Ge., griech. Schulgrammatik. Bemerkungen aus der Praxis dazu.
10. S. 362—370.
Decentration, s. Concentration.
Deimling : Beiträge zur Methodik. S. 205.
Demosthenes ausgewählte Reden. Erklärt von Hehdantz. Ir T. 5. S. 171
—186.
Dieterich: von der Vollmacht der Apostel Jesu Christi. S. 584 ff. -^.j
Directoreuconferenz , westphälische , v. J. 1860. S. 488 — 496.
588 Verzeichnis der besprochnen Gegenstände und Schriften.
Dilhinar: zur Einleitung in die Geschichte der neuhochdeutschen Gram-
matik. S. 586.
Döderlein: öffentliche Reden. 2. S. 12—20. XIII. S. 3:32 — 344. —
Rede über Humanität. 15. S. 518 — 525.
Dörry : de locis aliq. Quintil. emendaadis. S. 386.
Dondorff: die louier auf Euböa. S. 387—391.
Dorfmüller : die Grundidee des Gottes Hermes. S. 2.38.
Dove usw.: physikalisch -chemisches Lexikon. S. 401 ff.
Dressel: die englische Conjugation. IX. S. 195-
Edite, bibite usw. XXIX. S. 566.
EicJmer : über den Gebrauch des lateinischen Reflexivs. Ir T. S. 379.
Eisenlohr : Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Elmert: quaestiones et observationes ad philologiara sacram. XII,
S. 23;j— 236.
Englmann: Probe einer Ausgabe von, Caes. comm, de b. Gall. S. 248.
Epicharmiis . XXIX. S. 567.
Euler: Erzbischof Willigis von Mainz. S. 386.
Fasbender: Anfangsgründe der beschreibenden Geometrie usw. 12.
S. 423 f.
Fertig: Magnus Felix Ennodius und seine Zeit. S. 244,
Fischer- August: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Forberg: zur Erklärung des Thukydides. 4s H. S. 481 f.
Frick: Lehrbuch der Physik. S. 401 ö'.
Friedrich: de differentiis aliquot vocabulorvim Homericorum. S. 442 f.
Guiszer: Charakteristik des Bischofs und Chronisten Otto von Frei-
singen. S. 298. ,
Gausz: quaestiones Euhemereae. S. 348.
Gebauer: die Bedeutung des Lateinischen und Griechischen für das Gym-
nasium der Gegenwart. III. S. 73 — 80.
Gegenbaur: Gescliichte der religiösen Bewegung im Hochstift Fulda
wärend des 16n Jahrhunderts. S. 583.
Georges: deut.sch-lateinisches Handwörterbuch. XXII. S. 464 f.
Gerheuser : Jesu leibliche und geistige Verklärung aus Vida's Christiade.
S. 244.
Gerlach: das Auge und das Sehen. S. 89.
Gesenius: hebräisches Elementarbuch. Ir T. 18e Aufl. von Rödiger. 2r
T. 9e Aufl. von Heiligstedt. XVII. S. 370—372.
Die Göschenstiftung an der königl. Landesschule zu Grimma. S. 37 — 42.
Des Guiot von Provins bis jetzt bekannte Dichtungen. Von Wolfart
und Scoi Marie. VIII. S. 189—195.
Gundlach : quaestiones Procopiauae. S. 584.
Habenicht: die Grundzüge der lateinischen Prosodie und Metrik. IV.
S. 80—83.
Hainehach: die Wurzeln F^s und fg. S. 86.
Hofraths Hautz 40jähr. LehrerjubiUium. S. 42 f.
Heenvagen: zur Geschichte der Nürnberger Gelehrtenschule 1485 — 1526.
S. 252.
Heidelberg : in conscribenda avium fabula quod sit secutus consilium
Aristophane."!. S. 483.
Heinrichs: de ablativi apud Terentium usu. P. II. S. 440.
Helferich: Untersuchungen aus dem klassischen Altertum. S. 205.
Hetzel: de carminis Hesiodei, Opp. et Di., compositione et interpolutio-
nibus. S. 202.
Verzeichnis der besprochiien Gegenstände und Schriflen. 589
Heumann: Beiträge zur Kenntnis der mustergilligen latein. Prosa. S. 249.
Heiissi: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Zur Historik. 4. S. 161—171.
Hü/finann: der Ameisenstaat. S. 241.
— ; die Tmesis in der Ilias. 3e Abt. S. 485 f.
Hollenheuj: hebräisches Schulbuch. XXVIII. S. 563—566.
Hülsten: der Inhalt und Gedankengang des Briefes an die Galater. S. 90.
Houhen: qualem Homerus in Odyssea finxerit Ulixem. P. II. S. 345 f.
Humanität. S. 518—525.
Hutler: die Hauptmomente der Geschichte des Wilbelms-Gymnasiums in
München. S. 250.
Jena. Etymologie. XXIX. S. 566.
Kallenbach: über T. Livius im Verhältnis zu seinem Werke und seiner
Zeit. S. 385.
Kayser: Bemerkungen zu Liv. XXI und XXII. S. 85.
Keller: einige Worte über Belohnung. S. 87.
; monumentum pietatis. S. 251-
Kessler : de verbis eundi Homericis. S. 482 f.
Kopetsch: de verbalibus in ro'g et xäog Platonicis. S. 442 ff.
Koppe: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Kugler: über das Sttidium der Geschichte. S. 242 f.
Lasaulx: des Sokrates Leben, Lehre und Tod. XIII. S. 281 — 291.
Lazarus und Steintluil: Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprach-
wissenschaft. Ir Jahrg. 7. S. 257—280.
Lexikalisches. XXI. S. 429—431.
Livadas: aTqauvxiMÖzTqq. XVIII. S. 373.
Lüdecking : zur Geschichte der Negation in der französischen Sprache.
S. 479—481.
Märker: die Stellung der drei Pastoralbriefe im Leben des Apostels
Paulus. S. 482.
Malina : de consilio , quod Tacitus in Germania conscribenda secutus
videatur. S. 439. »
Maturitätsprüfung. Ueber die dabei zu verleihenden Prädicate. 9. Nr 17.
S. 358.
Meister : die Temperatur des Erdbodens und der Erde überhaupt. S. 243.
Melas: rsQoarä&rjg. S. 367.
memorabilis mit Supinum. S. 470.
Milarch: die Auferstehung Jesu Christi im Verhältnis zu unserer nach
Pauliuischem Lehrbegriff. S. 89.
Miitermüller : Winke und Erinnerungen zum Studium der Geschichte für
Gymnasialschüler. S. 245—248.
Mohr: les empereurs Romains de'puis Jules Ce'sar insqu'au Grand Con-
stantin. S. 344.
Müller: Lehrbuch für den Eeligionsunterricht. Ir T. S. 37.
Müller -Pouillet: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Müller: coniecturae Tullianae. S. 441 f.
.- skenische Fragen zu Euripides AIcestis. S. 483 f.
.• de Antisthene Cynico. S. 486.
Muttersprache. Der Unterricht in der Muttersprache, s. Sprachver-
gleichung.
Das Neugriechische in seiner Bedeutung für das Altgriechische. XVIII
S. 373 f.
590 Verzeichnis der besproclinen Gegenstände und Schriften.
Niemeyer: Beiträge zur Erklärung und Kritik des Thukydides. S. 394 f.
Nikel: kurze Darstellung der Fehler und Gebrechen, wodurch Athen ins
Verderben gestürzt wurde. S. 252.
Nitzsch: de prooeraio Herodoteo. S. 397 f.
Nölting: das lateinische Deponens. S. 200 f.
Die störenden Einflüsse der OefFentlichkeit und deren Vermeidung. 1.
S. 1—4.
Oelschläger : Beiträge zur Erklärung der Satiren des Horaz. S. 295.
Ofterdinger: Beiträge zur Geschichte der griechischen Mathematik. S. 45 ff.
Osann, s. Wigand.
Ostermann: Vocabularien und Uebungsbücher für Sexta und Quinta. V.
S. 83—85.
Ich kenne meine Pappenheimer. XXIX. S. 567.
Die Pester städtische deutsche Oberrealschule. S. 568 — 573.
Die neuesten Enthüllungen über die Landesschule Pforte. 6. S. 209
—232.
Die Philologenversammlung in Braunschweig. S. 132 — 160.
Physikalische Lehrbücher. 11. S. 401—423.
Plutarchs ausgewählte Biographieen. Ausgaben von Sintenis und 0. Sie-
fert. XXIV. S. 467 f.
Zur Beurteilung unserer Programmeneinrichtungen. 18. S. 544—557.
Ist dem propädeutischen Unterricht auf den Gymnasien seine Stelle zu
erhalten? 14, S. 457—463.
Quossek: Uebungsbuch der griechischen Sprachelemente. Ir T. XXV.
S. 469.
Der Kallis'sche Preis in Griechenland. S. 32 f.
Rangawi : SiccipOQcc öirjyrjiiaxcc xat noLiifiKza. S. 35. — dramatische
Paraphrasen. S. 36.
Kurzgefaszte Grundzüge einer lautlich -geschichtlichen Rechtschreibung
des Neuhochdeutschen als Schriftsprache. 17. S. 529 — 544.
Rehdaniz, s. Demosthenes.
Richter: de supinis linguae latinae. P. V. S. 441 f.
Riechebnami: zu Eichard II. Shakespeare und Holynshed. S. 487.
Rost: deutsch -griechisches Wörterbuch. XXI. S. 429 ff.
Saage: de locis quibusdam Piatonis et Xenophontis emendandis. S. 438 f.
San Marte, s. Guiot.
Sartorius : quaestiunculae Livianae. S. 240 f.
Scherz und Ernst. XXIX. S. 566 f.
Schiess: das Lateinische als Unterstützung zur Erlernung neuerer Spra-
chen. S. 30.
Schleicher: die deutsche Sprache. 8. S. 304 — 316. : zur Mor-
phologie der Sprache. 13. S. 449—456. 497—518.
Schmidt: loci Plat. Gorgiae accuratius explicati. S. 387.
Schneeberger : quaestiones duae. S. 251 f.
Schneider: Lehrbuch der Religion für obere Klassen evangelischer Gym-
nasien. II. S. 26—30.
; praktische Bemerkungen über den griechischen Elementar-
unterricht. S. 482.
Schnitzer: das Griechische auf dem Gymnasium. S. 297.
Schreiher: commentatio de scriptiunculis scholasticis. S. 237.
Schülerpräparation. Die Verschiedenheit der Schülerpräparation für die
altdeutsche und für die antik klassische Lektüre. 16. S. 525 — 528,
Verzeichnis der besprochnon Gegenstände und Schriften. 591
Schtilcommunion. 1, S. 10 — 12.
Schulfragen. 1. S. 1 — 12. 9. S. 316—326. 353—362.
Schulgrammatik. S. Curtius. — Miscellen über die Fassung gewisser
Regeln in den lateinischen Schulgrammatiken und Elementarbüchern.
XXVII. S. 470 f.
Schultz: Philoctetearum emendationum decas. S. 349.
, Ferd.: Aufgabensammlung zur Einübung der lateinischen Sprache.
XXIII. S. 465 f.
Sengebusch: deutsch - griechisches Wörterbuch. XXL S. 429 ff.
J., . > s. Plutarch.
Smtenis)
Sörgel: de Tiberio et Gaio Gracchis p. I. S. 243.
Spandau: zur Kritik und Interpretation von Shakespeares Othello. S.253.
Spiller: Lehrbuch der Physik, S. 401 ff.
Sprachvergleichung. Die Ergebnisse der historischen Sprachverglei-
chung und der Unterricht in der Muttersprache. 3. S. 49 — 73.
97—132.
Statistik der preuszischen Gj-mnasien und Realschulen im Sommer 1860.
S. 471—477.
Steinthal, s. Lazarus. ; Charakteristik der hauptsächlichsten
Typen des Sprachbaus. 13. S. 449—456. 497—518.
Stelkens: über den Brief an Diognet. S. 350.
Stall: animadversiones in hymnos Homericos. S. 478 ff.
Das Tanzen. 1. S. 8—10.
TQayovdco, TQccyovdicc. XIX. S. 374—376.
Trappe: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Typaldos, Julios. S. 33.
Die Uniformität in den Gymnasien. 1. S. 4 — 8.
Die Universität in Athen. S. 30 — 32. Die Frequenz der preuszischen
1859—60. S. 43 f.
Die Unterrichtsfrage vor dem Reichsrath. S. 578 ff.
Uschold: Einleitung in die Philosophie. S. 236.
Valaoritis , Aristoteles. S. 33 f.
V. Velsen: observationes criticae in Aristophanem. S. 344 f.
Versammlung der mittelrheinischen Gymnasiallehrer. XX. S. 425 ff,
Vollhrecht, s. Xenophon.
Vorschläge zur Einrichtung von lateinischen Vocabularien in Verbindung
mit entsprechenden Uebungsbüchern. V. S. 83 — 85.
Voss, Joh. Heinr.: Vorschläge zur Einrichtung der Lehrstunden für die
erste Klasse. XV. S. 326 — 332. Ein Schulzeugnis von J, H. Voss,
XXX. S. 567.
Wackernagel: die Umdeutschung fremder Wörter. S. 445 ff.
Weller: symbolae criticae et exegeticae ad Herodotura et Thucydidem.
S. 482 f.
Wigand: Friedrich Osann im Leben und Wirken das Bild eines Huma-
nisten. I. S. 20—26,
Wild: über Stenographie, S, 253 f.
Witzschel: Lehrbuch der Physik. S. 401 ff.
Wolfart, s, Guiot.
Xenophons Anabasis. Erkl. von Frdr. VoUbrecJU. 2e Aufl. Is Bdchn.
Selbstanzeige. XXVII. S, 557—563.
592 Verzeichnis der Mitarbeiter.
Zampelios, Spyridon: yiad'Ldqvaig TtQOrqsaQXsiov iv'P(aiaia. S. 34 f.
-•' ^ö^^v V y.oivr] Af'ltg TQaYoväcö. XIX. S. 374—37(3.
Zerlang: Beiträge zu einer genetischen Entwicklung der Planimetrie.
S. 305. ^
IL Verzeiclmis der Mitarbeiter,
welche zu diesem Bande Beiträge geliefert haben.
Bäumlein, Ephorus in Maulbronn.
Becker, Dr /., Professor in Frankfurt a. M.
Buddeberg, Dr, Oberlehrer in Essen.
Campe, Dr , Professor und Director zu Greiffenberg in Pommern.
Corssen, Dr W., Professor in Schulpforte.
Döderlein, Dr L. , Hofrath, Studienrector und Professor in Erlangen.
Eggert, Dr, Professor und Sehulrath in Neustrelitz.
Fahle, Dr , Oberlehrer zu Neustadt in Westpreuszen.
Fischer ;'I)r , Professor in Elberfeld.
Freiidenherg , Dr J., Oberlehrer in Bonn.
Frohherger , Dr, Oberlehrer an der königl. Landesschule in Grimma.
Hahenicht, Gymnasiallehrer in Zittau.
Hartmann, Dr, Professor in Sondershausen.
Roche, Dr R., Oberlehrer in Wetzlar.
Hölscher, Dr, Professor in Herford.
Hoffmann, Karl, Lehrer an der In Bürgerschule zu Leipzig.
Jensch, Dr, Oberlehrer an der Handelsschule zu Magdeburg.
Kind, Dr , Justizrath in Leipzig.
Lübicer , Dr , Director in Parchim.
Mühlberg, Dr, Conr. emer. zu Mühlhausen in Thüringen.
Nickel, Dr, Gymnasiallehrer in Güstrow.
Olawsky , Dr Ed. , Professor in Lissa.
Ostermann, Dr , Gymnasiallehrer in Fulda,
V. Raumer, Dr, Professor in Erlangen.
Roth , K. L. , Prälat in Tübingen.
Schmidt, Dr , Prorector in Schweidnitz.
Schmitz, Dr, Oberlehrer in Coblenz
Schweizer-Sidler , Dr , Professor in Zürich.
Tobler, Dr, Professor in Zürich.
Vogel, Dr Theod., Gymnasiallehrer in Zwickau.
Vollbrecht ^ Rector in Otterndorf.
Wesener ^ Dr , Gymnasialdirector in Fulda.
Verzeichnis der Orte, von denen Bericlife gegeben sind.
593
III. Vcrzeiclmis der Orte, von denen Berichte
gegeben sind.
Aivcheu 299.
Aarau 30.
Amberg 236.
Ansbach 2.'}7,
Anclam 394.
Arnsberg 346.
Aschaffenburg- 237.
Augsburg- 238.
Baden 204—207.
Bamberg 241.
Basel 445.
Bayern 236 — 254. 295
— 297.
Bayreuth 240.
Bedburg 299.
Berlin 387 ff.
Bielefeld 346.
Bischufsbeim a.T. 206.
Bonn 21)9.
Brandenburg 391.
Braunsberg 438.
Breslau 377.
Brieg 378.
Brilon 346.
Broraberg 443.
Bruchsal 206.
Budissin 486.
Büdingen 85.
Burgsteinfurt 346.
Carlsruhe 204.
Cassel 583.
Celle 488.
Cleve 300.
Coblenz 300.
Coburg 488.
Coesfeld 347.
Cöslin 395.
Colberg 395.
Constanz 204 f.
Cottbus 392.
Culm 439.
Banzig 439.
Darmstadt 85.
Deutsch- Crone 439.
Dillingen 242.
Donaueschingen 207.
Dortmund 347.
Dresden 486.
Düren 301.
Düsseldorf 301.
Duisburg 300.
Ehingen 297.
Eichstätt 242.
Eisleben 382.
Elberfeld 302.
Ellwangen 297.
Emden 483.
Emmerich 302.
Erfurt 382.
Erlangen 243.
Essen .302.
Frankfurt a. O. 393.
Freiberg 487.
Freiburg i.Br. 205.
Freising 243.
Friedland 88.
Fulda 582.
Gera 85.
Gieszen 86.
Glatz 379,
Gleiwitz 379.
Görlitz 379.
Göttingen 483.
Greitfenberg 395.
Greifswald 397.
Griechenland 30 — 37.
Grimma 37 — 42.
Groszglogau 379.
Guben 392.
Güstrow 89.
Gütersloh 347.
Gumbinnen 440.
Hadamar 202. 478.
Halberstadt 382.
Halle 388.
Hamm 348.
Hanau 584.
Hannover 482 — 486.
, Stadt, 483.
Hedingen 394.
Heidelberg 42. 205.
Heilbronn 298.
Heiligenstadt 388.
Herford 348.
Hersfeld 584.
Hessen, Kurf. 582—586.
, Groszh. 8.5—88.
Hildburgbausen 482.
Hildesheim 484.
Hirschberg 380.
Hof 243.
Hohnstein 44!.
Ilfeld 484.
Kempen 848.
Kempten 344.
Köln 302.
N. Jalub. f. Phil. u. Päd. H.Abt. 18G1. Hft 11 u. i>.
Königsberg in d. N. 393.
in Pr. 441.
Konitz 442.
Kreuznach 303.
Krotoschin 443.
liahr 207.
LanJsberg a. d. W. 3U3.
Landshut 244.
Lauban 380.
Leipzig 487,
Leobschütz 380.
Liegnitz 380.
Lissa 444.
Luckau 393.
Lüneburg 485.
Lyck 442.
Magdeburg 384.
Mainz 87,
Mannheim 205.
Älarburg 585.
Marienwerder 442.
Mecklenburg 88 — 92,
200 — 2U2,
Meiniugen 482.
Meiszen 487.
Merseburg 384.
Metten 245.
Minden 348.
Mühlhausen 384.
München 248.
Münnerstadt 251.
Münster 349.
Münstereifel 344.
Sassau 202 — 204. 477
— 481.
Naumburg 385.
Neisze 381.
Neubrandenburg 202.
Neuburg a. D. 252.
Neuruppin 393.
Neustadt i. W. 586.
Neustettin 39S.
Neustrelitz 89.
Neusz 344.
Nordhausen 385.
Nürnberg 253.
©eis 381.
Oesterreich 568—582.
Oifenburg 207.
Oppeln 381.
Osnabrück 486.
Ostrowo 444.
P.-.derborn 349.
38
594 Verzeichnis der in den Personalno izen vorkommenden Namen.
Parchim 89.
Passau 253.
Pforte 386.
Plauen 487.
Posen 444.
Potsdam 393.
Prenzlau 393.
Preuszen43 f.299— 304.
344—350. 377—400.
437—445. 471-477,
Putbus 398.
Pyritz 398.
^Quedlinburg 385.
Rastatt 206.
Eastenburg 442.
Eatibor 381.
Eatzeburg 92.
Eecklinghausen 350,
Eegensburg 253.
Einteln 585.
Eostock 90.
Eoszleben 385.
Eottweil 298.
Sachsen 486 — 488.
Sagan 382.
Salzwedel 386.
Schaflthausen 44.
Schleiz 203.
Schleusingen 386.
Schweidnitz 44. 382.
Schweinfurt 295.
Schwerin 91.
Soest 377.
Sorau 394.
Speier 296.
Stargardt 398.
Stendal 386.
Stettin 398.
Stolp 437.
Stralsund 438.
Straubing 296.
Stuttgart 298.
Thorn 443.
Tilsit 443.
Torgau 385.
Treptow a. R. 438.
Trier 345.
Trzemeszno 445.
Ulm 45.
^Varendorf 377.
Weilburg 293. 478.
Wertheim 206.
Wesel 345.
Westphalen 488 fif.
Wetzlar 345.
Wiesbaden 203. 478.
Wismar 200—202.
Wittenberg 387.
Würtoemberg 297—299.
Würzburg 296.
Worms 88.
Zeitz 387.
Zittau 487.
Züllichau 394
Zweibrücken 296.
Zwickau 487,
IV. Verzeichnis der in den Personalnotizen vor-
kommenden Namen.
Adler 254.
Ahlwardt 207.
Ampferer 92.
Andrlik f 96,
Angeli 350.
Aust 207.
Balcaczyk 254.
Barb 446.
Barthel f 208.
Baumgärtl f 95.
V. Baur f 48.
Becker 254 (zweimal).
350. t 352.
Behrns 350.
Beisert 254.
Benary f 48.
Benelli 92.
Bercht f 448.
Berger 254.
Berghaus 207.
Berner 496.
Bernhardt 350.
Berthold f 208.
Bertram 254.
Besoler 92.
Beurlin 205.
Biedermann 92.
Biehl 92.
Biot 95.
Bischoff t 256.
Bodin 496.
Bonaldi 254.
Bopp 95.
Brackenhöft f 448.
Bröse 48.
Brühl 446.
Bruns 350.
Bryk 92.
Budalowski 95.
Buddensieg f 448.
Büdinger 350.
V. Bunsen f 48.
Bursian 207.
Castellini f 256.
Christ 92.
Chytil t 256.
Cicogna 95.
Concina 92.
Conrad 254.
Csausz f 96.
Czerinak 95.
SJahlmanii f 48.
Dämmert 92.
Dauber f 256.
Deimling 92. 93.
Deiters f 256.
Deuschle f 496.
Dieckhoff 93.
Diefenbach 208.
Dietsch 400.
Diez 447.
Dihle 350.
Donaldson f 256.
Drenckhahn 406.
Drenckmann 93.
Duden 350.
Dume'ril f 95.
Eder t 448.
Etfenberger 9r.
Eitelberger v. Edelberg
95.
Erhardt 254.
Erler 255.
Ettensperger 255.
Eysel t 256.
Fallmerayer f 250.
Feller 496.
Fellows t 96.
Ficker 95.
Fiedler 446.
Filippi t 96.
Verzeichnis der in den Personalnolizcn vorkommenden Namen. 595
Firmenich 05.
Firnliaber f 95.
Fischer 207.
Fleckeisen 446.
Fleuriet f 448.
Flock 35 t.
Foregg 446.
Foss 255.
Franck 496.
Frodl 93.
Frohberger 4C0.
Fuk 254.
Funck 350.
CJjulke 254.
Galleukamp 496.
Gand 93.
Gaszner 446.
Gatscher 350.
Gebhardt 93.
Gerhard 255.
Gerhardt 208.
Gerkrath 350.
Germar 446.
Gersdorf f 48.
Gherardini f 96.
Giudely 447.
Glaser 93.
Gleditsch 350.
Gnesotto 93.
Goriiis 93.
Graschitsch f 96.
Grautoff 256.
Grosch 350.
Grüter 207.
Guyet t 256.
Haacke 254.
Hacker 254.
Häuser 208.
Hahn 207.
v.Hahu 350.
Halbeisen 351.
Halm 93.
Hamann 446.
Hanka f 96.
Hanne 496.
Hanow 496.
Hanslik 254.
Harnischmacher 254.
Harrer 93.
Harries 446.
Hassan 446.
Hattala 416.
V. Hauer 95.
Haupt 256.
Haustein 208.
Heerhaber 446.
Heidrich 496.
Heinzc 351.
Helferstorfer 351.
Henslow f 448.
Herbst f 96.
Hermann 93.
Herzig 93.
Heyzmaun 93.
Hilgers 254.
Hillebrand 93.
Hitzig 208.
Hlasiwetz 95.
Hochegger 93.
Hernes 95.
Hofmann 93. f 96.
Hoffmann 400.
Holzinger 254.
V. Holtzendorff 208.
Holtzmann 351.
Homicsko 93.
Hoppe 48.
Hultsch 496.
Hundt 351.
Jachimovvski 446.
Jacobs 254.
Jahne 496.
Jahner 446.
Jarz 447.
Jaspe 93.
Jasper 447.
Jendrassik 93.
Ilgen 351.
Joachimsthal j- 256.
Jomlk 93.
Jordan 496. f 448.
Jost t 96.
Jüngken 447.
Jürgens f 48.
Jungklausen 93.
Jnrkovic 93-
Rämpf 351.
V. Kaisersiegg f 448.
Kaltenbäck f 352.
Karpinski 93.
Keferstein 254.
Kern 496.
Kirchner f 96.
Kleemann 03.
Klein f 448.
Kleine 447.
Klimscha 93.
Klosterraann 351.
Kner 95.
Koch t 256. 418.
Köchly 208.
Köne t 96.
Kopcynski 93.
Kopp 254.
Korioth 93. 208.
Kostis t 352.
Kotschy 448.
Kovarik 93.
Krdl 95.
Krasper 256.
Krehl 254.
Kretschmer 351.
Kreuzer 255.
Kfiz 93.
Kfizeck 93.
Krynicki 95.
liaas 351.
Lamprecht -j- 90.
Lanfranchi f 95.
Lange 447.
Langethal 93.
V. Lasaulx -J- 256.
Laublieimer 93.
Laukotsky 94.
Laves 351.
Lehmann 255.
Lelewel f 352.
Lesinski j- 48.
Leyendecker 351.
Lieberkühn f 256.
Liebig 256.
Liep 255.
Liersemanu 351.
Linzbauer 447.
Lipsius t 352.400.447.
Löschner 447.
Lorenz 208. 447.
Lorentz f 256.
Lott 95.
Lünemann 351.
Maaszen 94.
Märcker 256.
Mainardi 94.
Marbach 255.
Margo 94.
Markfy f 448.
Marquardsen 351.
Martiny 208.
Maschka 94.
Maywald 447.
Meckbach 496.
Meins 447.
V. Menin f 95.
v.Mersi f 448.
Menzel 447.
Middeldorp f 96.
Mihelic 255.
v.Minutoli f 48.
Mitscherlich 447.
Mornik 94.
Mooyer f 448.
596 Verzeichnis der in den Personalnotizcn vorkommenden Namen.
Moriggl t 448.
Moritz t 96.
Müller 94. f 208. 255.
351. t 352.400.447.
Muuk 256.
Mussafia 94.
^fadermann f 96.
Neithardt f 448.
Neumann 94.
Nieländer 255.
Nitzsch t 447.
Nöldecben 351.
NovAk 94.
Nowakowski 255.
Obbarius f 96.
Uskard 94.
Owen f 48.
Palm 351. 4f0.
Passow 208
Paulsen 255.
Pauly 208.
Pavissich 94.
Pecho 94.
Pertz 208.
Peter 496.
Peters 2,i5. 448.
Pfarrius 208.
Pfaundler f 352.
Pfeiffer CS.
Pfretzschner f 256.
Pfuhl 447.
Pitann 351.
Planck 94.
Platz 94,
Polle 447.^
Pongracic 351.
Prammer 94.
Prantl 94.
Preller f 352.
Prikil t 96.
Prill 208.
Purkyne 95.
lladebold 496.
Kangen 255.
Kauclienstein 256.
Eegentke 208.
Kelulantz 208.
Keidt 351.
Kepler 352.
Riehm 351.
Röder 255.
Roseck 351.
Roth 208.
Ryszowski 447.
Rytz 2.'i6.
Saage 95.
Sack 255.
.•^afaflk t 448.
Sanio 255.
Sauppe 28. 352.
V. Savigny f 496.
Schäffer 496.
Schaumann 208.
Scheibe 447.
Schell 351.
Schiavi 447.
Schibier 255.
Schickedanz 447.
Schillbach 351.
Schindler 351.
Schlottmüller 208.
Schmidt 255 (zweimal).
351. t 352.
Schmölders 48.
Schneider 496.
Schnelle 255.
Schnorbusch 351.
Schön 94.
Schopenhauer f 96.
V. Schrader f 95.
Schubart 447.
Schütz 352.
Schultzen 256.
Schumann 94.
Schwarz 94.
Schwarzlose 255.
Schwarzmann 255.
Schwerdt 255.
Seemann 447.
Selling 94.
Serf 496.
Siebert 255.
V. Siebold f 496.
Sigwart 208.
Simpson f 96.
Solecki 94.
Spengel 94.
Stählin t 352.
Stahl t 448.
Stallbaura f 96.
Stark 447.
Steger 94.
Stein 447.
Steinliausen 208.
Stephan 95. 496.
Stibohar 255.
Stier 255.
Stöckhardt 94.
Störmer 351.
Storch 255.
Streer 94.
Strerath 94.
Stumpf 94.
Süsz 95.
Tabeau 94.
Temme 351.
Graf V. Thun 95.
Tiedemann f 96.
Tillman.s 255.
Tomek 94.
Tschackert 208.
Tüllmann 351. J
Uebert 208.
Uhlif 94.
Ullmann 48.
Usener 255.
Vaclena 94.
v.Velsen f 96.
Viditz 95.
Viefhaus 94.
V. Vintschgau 94.
Vitz 496.
Vogel 496.
Volckmar 351.
Volkmann 447.
Vorreiter 255.
Vulpi 94.
IVagemann 255.
Wahlberg 95.
vorm Walde 255.
Waldhaner 255.
Wanderoth f 352.
Wartinger f 448.
Weber 351. 496. f 496.
Welirenpfennig 351.
Weinhold 351.
Weiszäcker 255.
Weldert 351.
AViederhold 208.
Wieszner 48.
Wilhelm 94.
Winckler 447.
Witt 351.
Witzel 208.
Woldfich 94.
V. Wüllersdorff- Urbar
95.
Herz. V. Württemberg
t 48.
Wunder 447.
Wurm t 496.
Wuttke 351.
Zahradnik 95.
Zegestowski 95.
Zerich 95.
Zons 95.
^<. • ■ ■ — ■ ^
Geordnete Uebersicht
aller auf dem Gebiete der classischen
ALTEETHUMSWISSENSCHAFT
wie der alleren und neueren
SPRACHWISSENSCHAFT
von JuH bis December 1860
in Deutschland und dem Ausland neu erschienenen Bücher
(Mit einem alphabi>tiichcn Register).
Besonderer Altdruck aus der
BIBLIOTHECA PHILOLOGICA
von
Dr. Gustav Schmidt.
^
<^<?<^-
Inhalt.
Classische Altcrthuinswisscnschaft.
I. Zeitschriften. Schriften der Akademien und gelehrten Ge-
sellschaften. Encyclopädien. Gemischte Schriften. . . pag. 53
II. Alte Geographie, (ieschichle , Culturgeschichte und Anti-
quitäten — 58
III. Mythologie und Reirgionsgcschichte — 6t
IV. Archaeologie und Epigraphik — 6t
V. Griechische und römische Literaturgeschichte. Philosophie. — 65
VI. LexJcographie. Metrik. ....... j.J -'f-i l 'J 'T — 65
VII. Griechische und I^atcinische Gi-ammalik.* .i.1.. I..'i4.k..| .| — 07
Griechische Classiker n. Erklärung^sschriften. — 72
liateinische Classiker n. Sürklärungrsschriften. — 80
t ' ', '»■»■•;■■
J. Xxi. Sprachwissenschaft. /:LJ.i X^'J
I. Zeitschriften. Philosophische u. vergleichende Grammatik.
AllgemeJnie Schrifleo. . . .>ii».J iltiU -ii«»' • ... ^ 87
II. Ostasiatische Sprachen — 90
III. Westasialische Sprachen, — 91
IV. Afrikanische und Amerikanische Sprachen. ' — 93
V. Ungarisch — 93
VI. Slavische Sprachen — 93
Vil. Bretonsch - 94
VIII. Germanische Sprachen.
1. Deutsch — 94
(Zur Schillerlileratnr) — 96
2. Angelsächsisch — lOO
3. Englisch — 100
4. Niederländisch. Vlämisrh. . . . ,,,....*,. . . — 105
0. Altnordisch. Schwedisch. Dänisch — lUb
IX. Romanischo Sprachen.
1. Französisch — 107
2. Italienisch — 111
3. Spanisch — 113
4. Portugiesisch — 114
5. Romanisch — 115
Wörterbücher und Conversalionsbi'icher , welche mehrere Spra-
chen umfassen — 115
Alphabetisches Register — 116
Drurk <lci Dictiricli'iclicn Univ. Kticliiliiickerei.
(W. FR. KAEiTMiR.)
r
'if^—^ — -^ — — „ ^y^
Classische Altertliiimswissenschaft
I. Zeitschriften. Schriften der Akademien und gelehrten
Geseiischafteu. Encyclopädien. Gemischte Schriften.
«ffahrbiicher, neue, für Philologie und Pädagogik. Begründet von
M. Job. Chrn. Jahn. Gegenwärtig herausg. von Prof. Rud. D i e t s c h
u. Prof. Alfr. Fleckeisen. 1. Ahlh.: für classische Philologie,
herausg. von Alfr. Fleckeisen. Neue Folge der Supplemente. 3. Bd.
6. Hell. Leipzig, Teubner. S. 711—894. gr. 8. n. 24 ngt
(l-ill. n. 9 ^. 22 ngr)
Inhalt: Friedländer, zwei homerische Wörterverzeichnisse S. 711 —
830. Düntzer, die Interpolationen im 11. Buche der Uias S. 831
— 73. Matthiessen, ein Beitrag zur Würdigung des Ephoros S.
875-94.
Philoiog'ns. Zeitschrift für das klassische Alterthum. Herausge-
geben von Ernst v. Leutsch. XVH. Jahrg. 4 Hefte. Göttingen,
Dieterich. gr. 8. n. 5 ^.
Inhalt von XVI, 2 — 4. XVII, 1: Dindorf, Aesch. Sept. v. 369 — 719
S. 193 — 233. Fechner, zur Erklärung von Cic. in Verr. I, c. 50
— 56 S. 234—69. M. Schmidt, zu Hesychius S. 269; zu Soteri-
chos S. 352. 359 — 61. Herbst, Jahresbericht über Thukydides S.
270—352. Miscellen S. 353 — 84 (Dressel, Brief des Aristoteles
S. 353 — 54. Dehler, Persephone in Alexandria S. 354 — 55; zur
lateinischen Anthologie S. 355 — 56. Enger, zu Aesch. Agani. 929.
1060. 1465. S. 355 — 59. Putsche, zur Texteskritik des Sallust
S. 361 — 64. Telfy, das nQo^xaTÜßXtjfxa S. 365 — 68. — Auszüge
aus Zeitschr. etc. S. 368 — 84). — Forchhammer, der Ursprung
der Mythen S. 385 —411. Oehler, Cic. pro Sestio c. 32. 25. 41.
49. S. 411. Häckermann, der pithöanische Codex Juvenals S.
412 — 49. Christ, Beiträge zur Kritik der Bücher Varro's de lingua
Latina S. 450 — 64, B endixen, Jahresbericht über die aristoteli-
sche Ethik und Politik S. 465 — 522. M. Schmidt, zu Hipponax
S. 522. Miscellen S. 523 — 76 (Wolff, aus unedirten Scholien zu
Aristoteles de partibus animalium S. 523. Linder, mgl ruif iöt-wy
fig 6 nknTioy kiytt, ex cod. Upsal. S. 523 — 26. Wolff, kritische
Bemerkungen S. 527 — 30. La Roche, über die Homerischen Ver-
gleiche S. 531—32. Fr ohb erger, zu Demosthenes XXVII, 5. H.
18. LV, 6. S. 532 — 37. Wagner, leetiones Vergilianae S. 537 —
42. — Auszüge aus Zeitschr. etc. S. 543 — 76). — Bergk, kriti-
sche Analekten S. 577 — 647. Goram, Pseudo-Phocyl. v. 104 S.
647. Arist. Nubb. 266 S. 717. Wachsmuth, Beiträge zu den
griechischen Nationalgrammatikern (I. der Metriker Heliodorus. II.
die pinakographische Thätigkeit des Callimachus. III. eine nachtriig-
, liehe Bemerkung über Krates) S. 648—66. Weber, Uebersicht der
^^i^. . _ __ _
i
^^. . — _»^
^ 54 Classlsclie Alletlliumswissenscliaft. — I. Zcitscliriftcii. ^
neuesten Leistungen für homerische Sprache S. 667 — 717. Miscel-
len S. 718 — 61. (Fröhner, metrische Inschrift aus Oestreich; eine
ältere Inschriftensammlung S. 718 — 20. T. Mommseu, Accentcho-
liamben und prosodische Choliamben. I. Aesop. II. Babrius S. 721
— 27. Piccolos, zu Strabon. S. 727 — 30. M.Schmidt, zum Ar-
cadius S. 730—31. Heller, Hör. Od. I, 28 S. 731 — 36. — Aus-
züge aus Zeitschriften etc. S. 737—61). — Index auctorum S. 762
— 67.
XVII, 1: Nitzseh, die Angriffe auf die belobte Einheitlichkeit der
Odyssee S. 1—28. Enger, Eur. Heracl. 594 S. 28; 299 S. 58;
Cic. de invent. 1, 6 S. 110; Aesch. Ag. 427 S. 120. Schenkl,
Beiträge zur Kritik und Erklärung des Sophokleischen Oedipus auf
Kolonos S. 29 — 37. Bergk, Plautinische Studien S, 38 — 58.
Christ, Beiträge zur Kritik der Bücher Varro's de Lingua Latina
S. 59 — 63. Röper, Varronische Vindicien II. S. 64 — 102. Fröh-
ner, zu Licinianus S. 102. C. F. W. Müller, zu Cicero S. 103 —
10. Zumpt, Fragen über Latinität S. 111 — 20. Merkel, Jahres-
bericht über die Gedichte des Hesiodus I. II. S. 121 — 48. Goram,
Arist. Nub. 315 S. 148. Miscellen S. 149—92 (Sauppe, zu Dio-
dorus, dem Philosophen Secundus und anderen S. 14 9 — 54. Wölff-
lin, handschriftliches zu Sallust S. 154 — 59. Oehler, lateinische
Glossarien S. 159. Schäfer, das Ehrendecret für Phanokritos von
Parion S. 160— 63. Weber, das Wort tyfioQog S. 163— 67. Struve,
Bemerkungen zu den späteren Epikern S. 167 — 69. Linder, Eur.
liippol. 515 S. 169-70. Wagner, lectiones Vergilianae S. 170—
72. Fröhner, Hör. Od. I, 14 keine Allegorie S. 172— 73. Mähly,
zu Horaz Sermonen S. 173 — 75. Roth, zu Tarro de lingua Latina
S. 175 — 76. Mähly, zu Fronto S. 176—78. Hertz, zu Apuiejua
S. 178—79. — Auszüge aus Zeitschriften etc. S- 179 — 92).
Phtlolo^us. Zeitschrift lür das klassische Altcrlhum. Htratisgpg.
von Ernst v. L{>utsch. 1. Suppl.-Bd. 5. u, 6. Heft. Götlingcn,
Dieterich. III S. u. S. 535-787. gr. 8. d. P/j 4-
(I. Bd. cplt. n. 4Vj 4.)
Inhalt: Ähren s, Studien zum Agamemnon des Aeschylus. 3. Artikel
S. 535 — 640. Lentz, pneumatologiae elementa ex veterum gramma-
ticorum reliquiis adumbrata S. 641 — 77 6. — Index auctorum S,
777 — 87.
Abhandliing-en der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Ber-
lin. Aus dem J. 1859. Berlin (Dümmler). XXXil u. I26S) S. m.
ü Stein- u. 4 Kpfrtaf. gr. 4. geh. d. 13 4.
Hieraus einzeln:
— philologische und historische, der K. Akademie der Wissenschaf-
ten zu Herlin. Aus dem J. 1859. Ehd. lil u. 626 S. m. 4 Kpfrtaf.
gr. 4. geh. n. 6 nf ,
Lepsius, über einige Berührungspuncte der ägyptischen, griechischen
und römischen Chronologie S. 1 — 82. Homeyer, die Genealogie
des Sachsenspiegels S. 83 — 204. Weber, über die Vajrasüci (De-
mantnadel) des A9vaghosha S. 205 — 64. Mommsen, codic. Vatic.
5766 in quo insunt juris antejustinianei fragmenta quae dicnntur Va-
ticana exemplum addita transcriptiöne notisque criticis S. 265 — 408.
Gerhard, über die Metallspiegel der Etrusker. II. S. 409—82. 623
— 26. W. Grimm, Bruchstücke aus einem unbekannten Gedicht
vom Rosengarten S. 483— 500. Buschmann, systematische Wort-
, tufel des athapaskischen Sprachstammes S 501 — 86. Schott, Alta-
Z<i<<-. . ->^
^.
^^^ . ^>^i^^
<^ Class. Älterthiimsw. ^ I. Schnft. d. Akail. u. gel. Ges. 55 :?
jische Studien oder Uutersuchungeu auf dem Gebiete der Altai-Spra-
chen S. 587-621.
Abhandlung'cn der philosophisch-philologischen Classe der König!.
Bayerischen Akademie der Wissenschaflon. IX. Bd. 1. Ablh.
[In der Reihe der Denkschriften der XXXVI. Band] München
(Franz'. V u. 276 S. gr. 4. mit 9 Steintal. geh. nn. 27, 4'.
Inkalt: Spengel, über die ycc&a^avg rwv nci^tj/ucirwi' , ein Beitrag
zur Poetik des Aristoteles ; die JtjiurjyoQicu des Demosthenes. H a-
ueberg, Erörterungen über Pseudo-Wakidi's Geschichte der Erobe-
rung Syriens. Streber, über die sogenannten Regeubogen-Schüssel-
chen. I. Abth. Von der Heimath und dem Alter der sogenannten
Regenbogen - Schüsselchen.
Acta, nova, regiae societatis scientiarum üpsaliensis. Seriei ter-
tiae vol. IL Fase. 2. Upsaliae 1858. S. 257-405, XXVII u. 18 S.
4. m. II Taf. 4 ^.
Darin: üpp ström, de lapide runico Tunensi. S. 382 — 91.
Annales de la Sociele acad6mique de Nantes et du deparlement de
la Loire-Inf6rieiire. 1S60. ler semestre. T. 31. Nantes, AJellinet.
368 S. 8.
Atti deir I. R. Istituto Veneto di scicnze, lettere ed arti dal no-
vembre 1859 all' ottobre 1860. Tomo V. Serie III. Disp. 4—7.
Venezia. 8. flor. 2,60.
Berichte über die Verhandlungen der Kön. Sächsischen Gesellschaft
der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-historische Classe.
12. Bd. od. .lahrg. 1860. I — IV. Hft. Leipzig, Hirzel. 232 S. gr. 8.
m. 9 Sleintaf. , wovon 5 in Tondr. in gr. 8. u. 4. ä n, ^'J »^.
Philol. Inhalt: Stark, über Antiken in dem Museum Meermanno-We-
streenianum im Haag S. 1 — 45 ; über unedirte Venusstatuen und das
Venusideal seit Praxiteles S. 46 — 100. Br o c kh au s, über eine Ana-
lyse des 6. Buches von Somadeva's Mährchensammlung S. 101 — 62.
Overbeck, über ein in Eleusis gefundenes Relief, welches des Tri-
ptolemus Aussendung darstellt S. 163 — 94. Bursian, archäologisch-
epigraphische Nachlese aus Griechenland S. 195 — 232.
Bulletin de l'Acadömie imperiale des sciences de St. - Peter s-
bourg. Tome I. .\vcc 9 planches et 3 Supplements. St.-Pe-
tersbourg. Leipzig, Voss. XI u. 675 S. lmp.-4. n. 3 »f.
Phil. Inhalt: Stephani, parerga archaeologina. XXIH. S. 244 — 55.
Dorn, les monnaies mahometanes offertes au Musee asiatique par
Goussef S. 338 — 39. Böhtlingk, quelques mots sur l'antiquite de
l'ecriture chez les Hindous S. 347 — 53. Dorn, sur la collection de
raanuscrits orientaux recueillis par le prince Dolgorouki S. 357 — 64.
Bruun, l'aucienne Hyk'e et ses diverses denominations S. 367 — 73.
Schiefner, un ouvrage indien, traitant des pronostics fournis par la
Corneille S. 438 — 48. Veli aminof-Zer nof , description de deux
monnaies inedites appartenant ä la dynastie des Nasrides d'Espagne
S. 473 — 78. Dorn, etudes sur la uumismatique pehlevie S. 478 —
80. Lerch, sur une ballade kourde , publice dans le Journal asia-
tique S. 480—82. Dorn, rapport sur des monnaies et manucrits
orientaux, envoyes au Musee asiatique, par Khanykof S. 513 — 36.
llminski, la langue des Tourkmenes S. 563—71.
Denkschriften der kaiserl. .Akademie der Wissenschaften. Phi-
losophisch-historische Classe. \. Bd. Wien (Gerold's Sohn). V u.
331 S gr. 4. m. eingedr. Holzschn. u. 4 Chromolith. in qu. gr. Fol.
geh. n. 6% ^.
Phil. Inhalt: Lange, über die Bildung des lateinischen Infinitivus
Praesentis Passivi S. 1—58. Miklosich, zum Glagolita Clozianus
, S. 195—214, die Bildung der slavischen Personennamen S. 215 330. '
1^ ___,.»io|
^ 56 Ciass. Alterthiimsw. — I. Schrift, d. Akad. u. gel. Ges. '^
Forhandling-er i Videnskabs-Selskabet i C h ri s ti.? nia Aar 1859.
Med fire lilhographerede plader. Christiania (Dybwad). 271 S. gr. 8.
Darin: Welhaven, tvende antike gravkamre i omegnen af Rom S.
86 — 90.
Handlingrar , Rongl. Svenska Velenskaps-Akademiens. Ny följd.
Andra bandet, andra haftet. 1858. Stockholm. 4.
Ohne philol. Inhalt.
üdelang'es gröco-romains tires du »Bulletin historico-philologique«
et du »Bulletin« de l'Academie imperiale des sciences de St.-P6-
tersbourg. Tome II. '^e livr. St.-Petersbourg 1859. Leipzig, Voss.
ms. u. S. 93— 216. Le5.-8. geh. nn. 12 ngr (i — II, 2. nn. 3^. ITngt)
Memoires de l'Academie d'Arras. T. 32. Arras. 352 S. 8.
— — des sciences, arts et belles-Ieltres de Caen 1860. Caen,
Hardel. 567 S. 8.
— — des sciences morales et politiques de Tlnstitut imperial de
la France. T. X. Paris, Didot. XiX u. 1140 S. 4.
_ _ du Gard. 1858— 1859. Nimes. 342 S. 8. ra. Kpfrn.
— — imperiale des sciences, helles -lettres et arts de Lyon.
Classe des lettres. Nouvelle Serie. Tome 8. Lyon, Brun. 1859 —
60. 334 S. 8.
— — imperiale de Metz. 41e ann6e. 1859 — 60. 2e s6rie. 8e ann^e.
Lettres. Sciences. Arts. Agriculture. Metz , Rousseau-Pallez. 568
S. 8. m. 2 Kpfrn.
_ — imperiale des sciences de S t. -Pe t e rs b o ti rg. 6e serie.
Sciences politiques, histoire et philologie. Tome IX et dernier.
St.-Petersbourg. Leipzig, Voss. 1859. V u. 508 S. Imp.-4. geh.
n.n. 4% ^.
Darin: Schiefner, Versuch über die Thusch-Sprache oder die Khi-
stische Mundart in Thuschetien. Stephani, Nimbus und Strahlen-
kranz in den Werken der alten Kunst.
— — les mömes 7e serie. Tome II. Nr. 7. Tome fll. Nr. 1 — 4.
Ebd. lmp.-4. geh. nn. 4 4. 9^/2 »gt
Ohne philologischen Inhalt.
— — deStanislas, 1859. Tomes 1 et 2. Nancy. LXXIX u. 883
S. 8. m. 5 Kpfrn.
— couronnes et autres mömoires publi6s par l'Academie royale des
sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique. Tome X.
Bruxelles. 8. 5 fr.
Ohne philol. Inhalt.
— presentes ä l'Acadömie imperiale des sciences de St.-Peters-
bourg par divers savants et lus dans les assemblöes. Tome IX et
dernier. Avec 12 planches lith., 1 carte chromolith., une table des
maliöres et une liste alphabetique des auteurs pour tous les volu-
mes. St.-Petersbourg. Leipzig, Voss 1859. V u. 599 S. Imp.-4.
geh. nn. 6 «f. 17 nji
Ohne philol. Inhalt.
meinorie dell' I. R. Istituto Veneto di scienze , lettere ed arti.
Vol. VIII. parte 1. Venezia 1859. 4.
Ohne philol. Inhalt.
— della reale Accademia delle scienze di Torino. Serie seconda.
Tomo XVIII. Torino lS.i9. LXXV, 548 u. 227 S. 4. m. Kpfrn.
Darin unter ,, Classe delle scienze morali, storiche e filologiche" : Ca-
pellina, considerazioni intorno alla commedia greca S. 19 — 56.
Peyron, dei governi federativi della Grecia S. 73 — 152.
iTlonatsbcricht der Kön. Preussischen Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin. Register zu den J. 1836-1858. Berlin (Dümm-
ler). 364 S. gr. 8. geh. n. 2 J^.
Ofvcrsig^t af Kongl. Velenskaps-Akademiens förhandlingar. Sei-
'%^— — — -^^
* Classisclie Altcitliiiins^\issciiscli. — I. Encyclopädlen. 57 ^
tonde ärgängen. 1859. Stockholm, Norsledl & Söner 1860. 477
S. gr. 8. m. 4 Taf.
Ohne philol. Inhalt.
Oversig-1 over dcl Kongelige danskc V'idenskabernes Seiskabs for-
handliiiger og dels luedlemmeis arbeidor i aarel 1859. Af Prof. (j.
Forchhammer, Selskabets Secrelair. Med fire lavler. Kjöben-
havn. 208 S. gr. 8.
Darin: Ussing, bemaerkninger over nogle endnu ikke udgivne grave
ved det gamle Caere S. 1 — 13; yderligere bemaerkninger om tracta-
ten imellen de lokriske staeder Chalion og Oeanthea S. 14 18.
M a d V i g , bemaerkninger om to huller og nogle forvanskninger i
texten af Livius' romerske historie S. 21 — 24.
Sitzung-sberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschafteo. Phi-
lologisch-historische Classe. XXXFIl. Bd. [Jhrg. 186()]. '2. Hfl. —
XXXIV. Bd. [Jhrg. 1860]. Wien (Gerold's Sohn). V S. u. S. 339
— 586, VI u. 447 S. Lex.-8. n. s/g ^. u. n. I ,$. 12 ngt
Phil. Inhalt: XXXIII, 2: F. Müller, das grammatische Geschlecht
(Genus); ein sprachwissenschaftlicher Versuch S. 373 — 96. Lud-
wig, zur Kritik des Äeschylus S. 397 — 470. Pfizmaier, der Red-
ner Tschang-I und einige seiner Zeitgenossen S. 525 — 83.
XXXIV: F. Müller, einiges über das y tifiky.van/.öv im Grie-
chischen , vom sprachwissenschaftlichen Standpunkte S. 3 — 7 ; zur
Sufüxlehre des indogermanischen Verbums S. 8—16. Wolf, Dom
Antonio Jose da Silva, der Verfasser der sogenannten ,, Opern der
Juden" S. 249 — 78. Haupt, Beiträge zur Kunde deutscher Sprach-
denkmäler in Handschriften S. 279 — 306. Brücke, Beiträge zur
Lautlehre der arabischen Sprache S. 307 — 56.
— der König!. Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu
München. 1860. l — 3. Heft. München (Franz). 347 S. gr. 8.
ä n. 16 njjt
Darin: Mordtmann, Gordium , Pessinus, Sivri Hissar S. 169 — 200.
M. J. Müller, drei Moriscogedichte S. 201 — 53.
Skrifter, det kongelige Morske Videnskabcrs-Selskabs, i det 19de
aarhundrede. 4de bind. 2det hefte. Throndhjem, Höeg 1*^59.
S. 97—278. 4. m. 2 Tafeln.
Ohne philol. Inhalt.
Terslaffen en mededeelinsen der Kon. Akademie van wetenschap-
pen. Afdeeling ietterkunde. 5e deel (in 4 stuk). Amsterdam,
V. d. Post. 401 S. gr. 8. f. 3,60.
Philol. Inhalt: Boot, over eene plaats van den rhetor Seneca, in ver-
band tot de vraag naar de echtheid of ouechtheid der eerste Catili-
naria S. 93 — 105. Leemans, over eenige in den laatsten tijd in
Nederland ontdekte oudheden S. 106—24. — Rapport der commissie
van toezigt over de philologische nasporingen in de Spaansche biblio-
theken S. 181 — 200. v. Heusde, over enkele huwelijksplegtigheden
bij de Romeinen S. 283 — 301. Bake, over eea financieel incident
bij den Atheenschen Staat , na de opheffing van het schrikbewind der
XXX tyrannen S. 302 — 06. v. Heusde, over eene vermoedelijke
oorzaak van het grootendeels verloren gaan der annalen van T. Li-
vius S. 374 — 87. Millies, onderzoek van eene verzameling Ooster-
sche munten S. 388 — 401 (m. 1 Kpfr.).
Reallexikon des classischen Alterlhums für Gymnasien. Im Vei-
eine mit mehreren Schulmännern hersg. von Gymn.-Dir. Dr. Frdr.
Lübker. 2., durchgängig verb. Aufl. Mit zahlreichen Abbiidgn.
in eingedr. Holzschn. Leipzig, Teubner. XU u. 1084 S. Lcx.-S.
ge*»- n. avs 4.
^^ — . __ — - ■ - --»
^ 58 Classjsclie Alterthumswlss. — I, Gemischte Schriften.
Dinder^ Dr. Wilh., Novus thesaiirus adagiorum latinorum. Laleini-
scher Sprichwörterschalz. Die bis jetzt reichhalligsle Sammig. voa
latein. Sprichwörtern und sprichwörll. Redensarten, aus den class.
Schriftstellern der Römer u. den Werken der bedeutenderen neue-
ren l-alinisten, mit möglichst genauer Angabe der Quellen u. durch-
gängiger Beifügung der sinnenlfprechenden deutschen Sprichwörter.
Stuttgart, Fischhaber 1861. XV u. 403 S. 8. geh. n. 2 ^.
Crain, Rect. Prof. Dr. C. F., 'Enükkia Foifhlov dvo. Addita sunt car-
mina Laiina quatuor. (jymn.-Pr. Wismar. 19 S. 4.
Heindl, Dr. J. B. , Biographieen der berühmfesten und verdienst-
vollsten Pädagogen und Schulmänner aus der Vergangenheit. Augs-
burg, Schlosser. X u. .MO S. gr. 8. geh. P/z »f-
Kletie, A., Catalogi chirographorum in bibliotheca academica ßon-
nensi servatorum fasc. ill liltcrarum theologicarum partem II com-
plectens. Progr. acad. Bonn. S. 77—100. 4.
liCSSmann, I^rof. Dr., Literae Nicolai Ileinsii, quas sua manu scri-
psit misiti]ue ad Ferdinandnm Furstenbergium, episcopum et princi-
pem PaiJerbornensem. (lymn.-Pr. Paderborn 1859. 24 S. 4.
mcicrif prof. iVlaurit. Herrn. Ed., Opuscula academica. Ediderunt
Frid. Aug. Eckstein et Frid. Kaase. Vol. I. Halle, Buchh. d.
Waisenhauses iSfil. III u. 343 S. gr. 8. geh. 2 4.
Palermo, Fr., I manoscritti Palatini di Firenze ordinati ed esposti.
Vol. II. Firenze. 4.
PassoiTi, Gymn.-Dir. Dr. W. A. , Zur Erinnerung an Johann Wil-
helm Süvern. Thorn, Lambeck. 34 S. gr. 8. geh. n. 12 ngi
II. Alte Geographie, Geschichte, Cultnrgcschichte und
Antiquitäten.
Geographie.
Arnd, Landbaumstr. Karl, Der Pfahlgraben, nach den neuesten For-
schungen und Entdeckungen. Nebst Beiträgen zur Erforschung der
übrigen römischen, wie auch der germanischen Baudenkmalc in der
unteren Maingegend. Mit 1 lith. illum. Karte in Imp.-Fol. 2. verm.
Ausg. Frankfurta.M., Brönrier 18«!. XIII u. 7! S. gr. 8. geh. n. 27 ngr
Aschbach, Prof. J., Üeber die römischen Militairslalionen im Ufer-
Noricum zwischen Lauriacum und Vindobona nebst einer Untersu-
chung über die Lage der norischen Stadt Faviana. [Aus den Si-
tzungsber. 1860 d. k. Akad. d. Wiss.] Wien (Gerold's Sohn). 32 S.
Lex.-L^. geh. n. 4 n^t
Beeskow, Die Insel Cephalonia. Progr. d. Werdcr-Gymn. Berlin.
34 S. 4.
Beule, Em., Fouilles ä Carthage. Paris (Klincksieck) 1861. 143 S.
gr. 4. m. 6 Kpfrn. }^k -f-
Jflarvejouls, Emile, Agrigente et Girgente, ou la Sicile ancienne et
moderne, souvenirs et impressions d'un voyage fait en juin 18.57.
Paris, Poulet-Malassis et de Broise. 83 S. 12. 1 fr.
Saal, Dr. N., De Demorum Atticae per tribus distributione. Partie. I.,
demos tribus Erechtheidis lenens. Cöln (Boisseree), 39 S. gr. 4.
geh. "• ^/ä *r'
AucapKaine, Henri, Esquisse de la haute Kabj-lie sous la domina-
lion romainc, dressee d'aprds la carte du depöl de la gucrre de
(>,p>^(-
-■»i»!
i^ Class. Alfertliiiinsw. — H. Geogr., Gcsoli,, Ciiltnrgescli. 59 ^
1857, les documcnts de Carello, Daumas, Bcrltniggcr, Mac-Carlhy
et les ilincraires de l'auleur, gravee chcz Erhard. Paris, impr. de
Hedin.
mcnke^ Th. , Orhis antiqui descriplio. In nsum scholarum. Edilio
111. Gotha, J. Perthes. 18 color. Karten iii Kplrst. M. 10 S. Text
in Lex. -8. qu. Fol. geh. n. 1 '/e «f-
Rcichard ^ Ciirn. Theoph., Orhis terrarum anliqiius, quondani in
usum juvenlutis doscriptus. Edilio VI. Denuo delineavit et com-
menlario illustravil Alb. Forhiger. Nürnberg, Lotzhcck. 20 co-
lor. Kpfrlaf. Mit II u. 20 S. Text. gr. Fol. geh. n. IV2 4-
Toig-t, Prof. F., Schiil-Allas der allen Geographie. 2. verb. u. verm.
Aufl. Herlin, Nicolai. 16 lith. u. color. Hlälter. qu. gr. 4. geh.
n. 17+ 4-
Geschichte und CuUurgeschichle.
'Aßii; OS^wy , 17 /uex(>i' 4>ilin7iov ag^ala IotoqIu rT/g Mccxtdoylag. Mtra-
(f (iceaf^üott vno MaQyagirov T. Jtjfiirda. Leipzig (Teubner). XX
u. 317 S. gr. 8. geh. V/^ ^f,
Bause., Oberl., De Polycrate, Samioruni tyranno. Gynin.-Pr. Wa-
rendorf 1859. 24 S. 4.
Bernouüli , Dr. J. J., Ueber den Charakter des Kaisers Tiberius.
Gymn.-Pr. Basel 18.^9. 29 S. 8
Bode., Dr. G. , Bemerkungen über die älteste Geschichte Roms.
Gymn.-Pr. Neu-Uuppin 1859. 23 S. 4.
Bro§rlie, Albert de, L'6gllse et l'empire roniain au qualrieme siecle.
3e edilion, revue el augment^e. Ire partie. R^gne de Constantin.
2 vols. Paris, Didier et Ce. XV u. 931 S. 8. 14 fr.
L'ouvrage forme 4 vols.
Cloiig-h , A. H. , (jreek history from Themislocles to Alexander, in
a series of lives from Plutar( h. London, Longman. 481 S. 12. 6 sh.
Donaldson, John William, Varronianns: a critical and historical in-
Iroduclion to the elhnography of ancient Italy. 3d edit. London,
Parker. 540 S. 8. 16 sh.
Dondorff. H., Die lonier auf Euboea. Ein Beilrag zur Geschichte
der griechischen Stämme. Progr. d. .loach. Gymn. Berlin. (iO S. 4.
Flor, Prof. Dr. Carlmann, Ethnographische Untersuchung über die
Pelasger. Klagenfurl (Leon). 133 S. gr. 8. geh. n. 24 r.gt
Gerhard, O., Der Streit um den Altar der Victoria. Eine Episode
aus der Geschichte des Kampfes des Heidenihums mit dem Chri-
stenthum in Rom. Gymn.-Pr. Siegen. 27 S. 4.
Gerlarh, Fr, Dor. , Sage und Forschung. Ein Vortrag. Basel,
Bahnmaier. 32 S. gr. 8. geh. n. 9 1131
Gibbon, E., Decline and fall of the Roman empire. Wilh memoir
by Youngman. New edit. London, Tegg. 8. 18 sh.
GieferSf Dr. Wilh. Engelbert, Chronologische üebersicht der Ge-
schichte des Alterlhums. Soest, Nasse. (jO S. gr. 16. geh. n.^/\ 4.
Grote, G., Sloria dclla Grecia antica, recata in italiano con aggicnla
di note ed appendici da Olimpia Colonna della Valle. Fase.
1-26. Napoli. 8. ä fior. 0,60.
Korziliiis, Ph., Der Usurpator Maximus, seine Empörung und seine
Friodensunterhandlungen mit den Kaisern Valenlinian II. und Theo-
dosius d. Gr. (382— {^'8 n. Chr.) Gymn.-Pr. Trier 1859. 34 S. 4.
Noel d<*8 Verg-ers, Essai sur Marc-Aureie, d'apres les monuments
(ipigraphiques, precedc d'une nolice sur le comte B. Borghesi. Pa-
ris, Didot. XXXII u. 158 S. 8.
Rocckerath , Pol. Jos., Focdera Romanorum et Carthaginiensiiim
conlroversa critica ratione illuslraiitur. Diss. inang. Münster. 74 S.
"r 8
\ri/^^ vSVx^.
^ 60. ClassJsche Älterthumswissenschaft. — II. Antiquitäten.
Schürmann, Dr. H., Die hellenische Bildung und ihr Verhältniss
zur christlichen nach der Darstellung des Clemens von Alcxandrien.
Gjmn.-Pr. Munster 1859. 32 S. 4.
Stacke, Dr. Ludw. , Verlellingen uit de geschiedenis Tan Grieken-
land, in levensschetsen. Naar den 3en druk, uit het Hoogd. Met
platen. le stuk. Amsterdam, Loman. S. l — 43. gr. 8. f. 0,50.
Compl. in 5 afl.
Sfranber^, Gustaf, Hannibals tag Tran Karlhagena tili Turin öfwer
Alperna. Akadcmisk afhandling. üpsala. 58 S. 8. m. 1 K.
Folkmufh, Prof. Dr. F., Die Pelasger als Semiten. Geschichtsphi-
losophische Untersuchungen. Schafi'hausen, Hurter. VIII u. 324 S.
gr. 8. geh. n. 1 «f. 18 nji
Antiquitäten.
Besse, Petr., Eupatridea. Gymn.-Pr. Conitz I8ö8. 20 S. 4.
Eg-g-er, E., Des honneurs publics chcz les Atheniens, ä propos d'un
döcrel inedit de l'orateur Lycuigue. Paris. 15 S. 8.
Extr. du Journal general de l'instniction publique.
Eichhoff, Gjmn.-Dir. Dr. Carol., De consecralionis dcdicalionisque
apud Komanos generibus variis. Partie. I. Duisburg (Ewich). 23 S.
gr. 4. geh. n. Vs "f •
Fischer, Privatdoc. Dr. Theod., Griechische Mythologie und Anti-
quitäten, nebst dem Kapitel über Homer und auserwählten Abschnit-
ten über die Chronologie, Literatur, Kunsl, Mu.sik etc., übersetzt aus
Geo. Grote's Griechischer Geschichte. 4. Bd. Leipzig, Teubner.
550 S. gr. 8. geh. n. 3 4. (cpll.: n. 9^/, 4.)
Franke, Dr. A., De curialibus Romanis qui fuerint rcgum tempore,
commentationis pari. II. G^-mn.-Pr, Glogau 1859. 17 S. 4.
drafüttröm, Car. Alb., De tribunis plebis apud Romanos quaeslioncs.
Upsaliae. 15 S. 4.
Guhl, Ernst, und Wilh. Honer, Das Leben der Griechen und Rö-
mer nach antiken Bildwerken dargestellt. 1. Hälfte: Griechen. Mit
317 in den Text gedr. Holzschn. Zeichnung u. Schnitt v. K. Baum.
Berlin, Weidmann. XV u. 324 S. Lex.-8. geh. n. 2 4.
Uartmann, Prof. Dr. Otto Ernst, Zum römischen Kalender. Eine
Entgegnung auf Th. Mommseii's Angriffe. Göttingen, Vandenhoeck
6i Ruprecht. 31 S. gr. 8. geh. n. % 4-
Holm, E., De graeske undersaatlers politiske slilling under de ro-
merske keisere indtil Caracalla. Kjöbenhavn, Reitzel. 304 S. 8.
1 Rd. 24 sk.
lOag-erstedt , Pfr. Konsist. -R. Dr. Adph. Frdr. , Bilder aus der rö-
mischen Landwirlhschaft. Für Archäologen und wissenschaftlich
gebildete Landwirthe nach den Quellen bearb. und hersg. 3. Heft.
A. u. d. T.: Die N'iehzucbt der Römer. 2. Abth. : Das Pferd, der
Esel, der Halbesel, das Schwein. Sondershausen. Eupel. VH u.
228 S. gr. 8. geh. 1% 4. (I;-III.: 3 4. 19 ngt)
Jüaronski, De auguribus Romanis, pars prior. Schul-Pr. Neustadt
(Weslpr.) 1859. 26 S. 4.
iTlenn, Dir. Dr. Carl, De interilu quaestionum perpetuarum sive de
abrogato vel ademlo civibus Romanis jure ac munere judicandi in
publicis judiciis. Gjmn.-Pr. Neuss 18.59. 28 S. 4.
Rieh, Anthony, Dictionary of Roman and Greek anliquilies: being a
second edition of illustraled companion to Latin dictionary and
Greek lexicon. London, Longman. 760 S. 8. 12 sh.
Sunden, J. M., De lege Licinia de modo agrorum quaestio.
saliae 1858. 66 S. 8.
^<<-
Class. Alterlluimswtss. — II?. 5Iylliöl. ii. Relljjiousg'csch. CI '^
liVallinder, Joannes, De statu plebejorum Romanorum ante primam
in montem sacrum secessionem quaestiones. Upsaliae. 25 S. 8.
Anhang: Aegyplen. Babylon.
Bansen, Egjpt's place in universal hislory translated from ihe Ger-
man by C. H. C o t te r ill. Vol. 4. London, Longman. 698 S. 8. 25 sh.
Ch'kV'olson i, D. A. , üeber Tammüz und die Menschenverehrung bei
den alten ßabyloniern. Petersburg. (Leipzig, N'oss). 112 S. Lex. -8.
geh. n. 24 ngr
Hnötel, Aug., Cheops der Pyramidenerbauer und seine Nachfolger.
Nochmalige, gründliche und allseilige Erörterung der Fragen: was
es mit dem Einfalle der Hirten in Aegyplen, dem Pyramidenbau,
der (ilaubwürdigkeit Manelho's etc. für eine Bewandniss habe.
Leipzig, Dyk 1861. X u. 130 S. gr. 8. geh. n. 27 ngt
SSoug-c, vicomte Emmanuel de, Etudes sur le rituel funeraire des
anciens Egypliens. Paris , Didier. 83 S. 8. m. 3 Kpfrn.
Zimmermann, Dr. Carl , Babylon, historisch-topographische Mit-
Iheilungen. Schul-Pr. Basel 1859. 46 S. 8. m. 2 K.
III. Mylliologle und Reliyionsgeschichte. '
."'Mi
Baumeister, Aug., De Atye et Adraslo. Commentatio. Leipzig
(Teubner), 16 S. gr. 4. geh. n. 6 nc(t
Dorfmüller, C. F., Ucber die Grundidee des Gottes Hermes. 2.
Abth. Gymii -Pr. Augsburg. 44 S. 4.
Fedde, F., De Perseo et Andromeda. Diss. inaug. Berlin. 8Ü S.
gr. M.
Furiwäng-ler, Prof. Wilh., Die Idee des Todes in den Mythen und
Kunsldenkmälern der Griechen. i. verm. Ausg. Mit eicem Anh. :
Die wichtigsten Norstellung^n der Griechen über den Zustand der
Seele nach dem Tode im Verhältniss zum Wissen und Glauben der
Gegenwart. In 3 Thin. 2. u. 3. Tbl. Freiburg im Br. , Wagner.
S. 165—5(10. gr. 8. geh. ä 21 ngr
Gaedcchens, R., Glaukos der Meergott. Göltingen, Vandenhoeck
& Ruprecht. 216 S. gr. 8. geh. n. 1 »f.
Preller, L. , Griechische Mythologie. 2. Aufl. In 2 Bdn. 1. Bd.:
Theogonie und Götter. Berlin, Weidmann. XU u. 673 S. gr. 8.
geh. n. 1 ^. 14 ngt
Sloll, Gymn.-Prof. Heinr. Wilh., Handbuch der Religion und My-
thologie der Griechen und Römer. Für Gymnasien. Mit 32 Abbil-
dgu. auf 28 Hoizschntaf. 4. verb. Aufl. Leipzig, Teubner. X u.
350 S. br. 8. geh. 1 4.
Welcker, F. G., Griechische (jöttcriehre. 2. Bd. 2. Lfg. Götlin-
gen, Dieterich. IV S. u. S. 385-817. gr. 8. geh. n. 2 4.
(cplt.: n. 72/3 ^.}
IV. Ärciläolojjie und Epig^raphik.
Zeitschriften.
Denkmäler, Fcrschung-en und Berichte, al.s Fortsetzung
der arcliäülügischen Zeitung herausgegeben von Eduard (ierhard,
Mildirector des archäologischen Instituts zu Rom. 4G. u. 47. Lfg., ,
^ 62 Glass. AltertliuniswisS; X- IV. Ärchäol. u. Epl'g^iapliik.
I cnlhaUend Dcnkm. u. Forsrhgn. N.'t3fi— 41, Taf. CXXXVI'-CXJ.I,
Anr. N. 136—41. Berlin, Reimer, gr. 4. ' '
Preis des Jhrg. von 4 Heften : u. 4 ^f.
i Inhalt: Denkmäler: Friedländer, der Erzkoloss von Barletta.
' Curtius, zur Symbolik der alten Kunst (geweihte Stiere; Maus und
Heuschrecke; der Helm d,es Perikles). Jahn, die Dareiosvase: der
I Tod des Aigisthos. St'ephani, der Göttinnen Streit um Adonis.
'" Gerhard, zur Vase des Xcnophantos. Bursian, Gnathon, , der Wal-
ker. Fr iedländer, Monogramm des Theodosiüs. Bötticheij, die
i 3 Theorien des Orest nach Delphi. Gaedechens, Glaukos Sohn
des Minos. Bot t icher, der goldene Plint^os. — 47: Jahn, Ruve-
ser Prachtamphora der Vasensammlung König Ludwigs in München.
Ruhl, Beiträge zur Frage über die künstlerische Darstellbarkeit der
Pliilostratischen Gemälde. Jahn, Dionysos, Ariadne und Hypnos.
i Mercklin, die Aufschriften des Kypseloskastcns. Wachslnuth,
I a^r Agonaltempeltheorie. Curtius,, der Kunstheros Diopos ; Orestes
und Elektra. Wolff, zur Beurtheiluiig des Myrou; ]3athylla. v.
Erdmann, Erklärung der in der Antiken-Sammlung des Grafen S.
Stroganow betindlichen merkwürdigen Silbergefässe.
|, Anzeiger: Sitzungen des archäolog. Instituts 27. Jan., ,3. 10. 17.
24. Febr., 2. 9. IG. 23. 30. März, 13. 10. 27. April. — Sitzungen
der arehäol. Gesellschaft in Berlip, 6. März, 3- April, I.Mai. Bergk,
altarkadische Inschrift aus Tegea.' Bö ttrcher, über ^nidi^ia,- Birch,
Gräberfunde aus Kanieiros. Pervanoglu, neuestes aus Athen.
Mommsen, römische Inschrift aus Rottenburg. Neigebaur, sardi-
'' 'Sehe Ausgrabungen. Gerhard, Antikensammlung von Thiersch. —
47: Sitzungen der arehäol. Ges. in Berlin, 5. Juni; 3. Juli. Det-
lefs en, Praenestinische Fun<le. Gerhard, aus Halik^rnafes und
Knidos; griechische Epigraimme. <i/i. .' -■
Revn«' archcolog-iqi:e ou recucil de dociiments et de membires
rt'lalifs A l'etude des iiiodumenls, ä la nuniismatique et ä la philo-
logie de l'anliquite et du moyeQ äge , publies par les principaux
arcii6ologuos frarifais et etrahgers et accornpagii6s de planches gra-
vees d'apres les dociiments originaux. Nouveile Serie. 2e annee.
Paris, Didier et Ce. gr. S. 25 fr.
Parait mensuellemeiit. >
Inhalt aus Jahrg. I. (l860), das classische Alterthum betreffend:
1. de Saulcy, les expeditions de Cesar en Grande-Bretagne, etude de
geographie ancienne S. 1 — 25. 101 — 10. 133 — 40. Viollet le Duo,'
ruines de Champlieu (Oise) S. 44 — 54. Perrot, de l'etude et de l'u-
sage du modele vivant chez les artistes grecs S. 55 — 57. Maury,,
de TApoUon gaulois S. 58 — 61. de Eouge, ötudes, sur^ le rituel fu-
neraire dep anciens Egyptiens §■. 69— 100. ,230— 49.^ 337-r-65. Eg-
ger, inscription grecque rapportee du Sörapcum de Memphis par Aug.
Mariette S. 111—25. Loriquet, le tombeau de Jovin k Reims S»
,140 — 57. 216 — 29. 275—84. Ruelle, le philosophe Damascius :
etude archeologique et historique sur sa via et ses ouvrages S. 158
— 66.297 — 306; notice preliminaire sur les morceaux inedits de Da-
mascius S. 180 — 82; exeerpta e Damascii libro unogicu xcd Arffftf
TiiQl TT^coTojf dQXOjy S. 250 — 54. 307 — 11. Maury, des etudes
6trusques en Italie S. 167 — 77. Perrot,, legende populaire sur la V6-
nus Corinthienne S. 178 — 79. Creuly, sur une inscription geogra-
phique du musee d'Autun S. 183 — 88. Maury, la Minerve de Phi-
dias S. 188 — 89. de Saulcy, sur la numismatique gauloise ä pro-
pos de la question d'Alesia S. 261—74. Comte deMarcellus,
sur les Perses d'Eschyle S. 285 — 88. Beule, sur un plan d'Athfe-
nes, public en 1687 S. 294 — 96. Dosjardins, notice historique et
bibliograpliique sur M. le comte B. Borghesi S. 319 — 24. 405 — 10.
>
«-. . __ „_ s^yyk.
*
<^l^
J^«,_ . — ^y^
\ Clae.s. Alleitlimnswlss, — IV. Arcliäol. u. E|jigra|)liik. 03 ^
Castan, les tombelles et les ruiiaes du massif et du pourtour d'A-
laise , ,3e rapport S. 325 — 36. Chaudruc d e Graz annes , sur
l'Apollon gaulois S. 391 — 94.
II, du Meril, de l'usage non interrompu jusqu'ä nos jours des
tablettes en cire S. 1—16. 91 — 100. Mariette, sur les resnltats
des fouilles entreprises par ordre du vice-roi d'Egypte S. 17 — 35.
206 — 07. Perrot, Daten, Neopolis, les ruines de Philippes S. 45
— 52. 67 — 77, Martin, opinion de Manethon sur la duree totale de
ses trente dynastles egyptiennes S. 78—90. 131 — 49. Creuly, sur
uue inscription latine de Suevres S. 101 — 104. Beule, les Muses
llissiades S. 105 — IOC. Euelle, le philosophe Damascius etc. S.
107 — 20. 193 — 99. 260 — 74. 417 — 27. deSaulcy, guerre des
Helvetes, premiere oampagne de Cesar S. 165 — 86. 242 — 59. 313 —
44. Penguilly I'Haridon, tumulus gaulois de Suriauville S. 200
— 205. Goodwiu, sur les papyrus hieratiques S. 223 — 41. de
Rouge, notice de quelques fragments de l'inscription de Karnak, S.
287 — 312. Le Blant et Renan, sur une inscription trilingue de-
couverte a Tortose S. 345 — 50. Thurot, quelques observations
philologiques h propos des Choephores d'Eschyle et de la nouvelle
editiou , qu'en vient de donner M. Weil S. 351 — 58. Cerquand,
les Harpyies I. S. 367 — 82. de Koutorga, les villes de Cyrtones
et de Corsia, les ruines d'Halae S. 390 — 95., ,Lacour, Ventia et So-
lonion S. 393-416. ' '
Archäofogie.
Denkmäler der alten Kunst. Nach der Auswahl und Anordnung
von C. O. Müller. Zwiite Bearbeitung durch Frdr. Wiese 1er.
2. Bd. 1. Hfl. Göltingen, Dieterich. 76 S. m. 15 Kpfrtal. qu. Fol.
n. P/s 4-
Falkener, Edward, Daedalus; or the causes and principlcs of the
excellencc of Greek scuipture. London, Longman. 320 S. 8. 42 sh.
— The rauseum of classical anliquities, being a series of essays on
ancient art. Ebd. gr. 8. 42 sh.
Gerhard, Ed., Ueber die Metallspiege! der Etrusker. 2. Tbl. [Aus
den Abhandign. d. k. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1859]. Mit 4 Kpfr.-
laf. Berlin (l)ümmler). 80 S. gr. 4. oarl. n. IV5 «#.
— Ueber archäologische Sammlungen und Studien. Zur Jubelfeier
der Universität Berlin. Berlin, G. Reimer. 36 S. gr. 8. geh. 6 ngt
Kenner, Dr. Frdr., Beiträge zu einer Chronik der archäologischen
Funde in der österreichischen Monarchie [1^56—1858]. [Aus dem
Archiv f. Kunde Österreich. Geschichlsquellen abgedr.J Wien (Ge-
rold's Sohn). 199 S. m. eingedr. Holzschn. Lex. -8. geh. n. 1 »f.
fyambeck, H., De Mercurii statua vuigo Jasonis habita. Thorum»
29 S. 4.
I^anza, Prof. Dir. Dr. Franc. , Dell* anlico palazzo di niocleziano in
Spalato. Illuslrazione con 12 tavoie tratte dall' originale per ser-
vire di guida al viaggiatore che ne visita le roVine superstiti. Triest
(Schubait) 1855. 32 S. Imp.-4. m, 12 Sleintaf. in lmp.-4. u. qu.
gr. Ful. nn. 3 »$.
Jflenxel, Univ.-Bauinsp. Prof. Dr. C. A., Die Kunstwerke vom Al-
tertbum bis auf die Gegenwart. Ein Wegweiser durch das ganze
Gebiet der bildenden Kunst. 3. Aufl. 21— 30. Lfg. (Schluss). Triest,
Direction des Österreich. Lloyd. 2. Bd. S. 41-203 m. 40 Stahlst.
gr. 4. geh. ä .n. 8 ngt
michacliSi, K. G. , Zur Niobe-Gruppe , archaeologisch-aestheti»che
Andeutungen. 1. Ablh. Gymn.-Pr. Neu-Strelitz. 23 S. 4. m.
1 Kpfr.
— ÄfcA
^ 6i Class. Alterthiimsvviss. — IV. Arcliäol. u. Epigraplilk. ^
Hiccolini, Fauslo e Feiice, Le case ed i monumenli di Poin'pei di-
segnati e descritti. Fase. 19 — 24. Napoli, Richter e C. Fol.
ä 3 duc. 60 gr.
Bogrer, Joseph, Catalogue du miisöe archöologique de Philippeville
(Algerie) , conlenant le detail esplicatif des objets d'antiquile, avec
notice historique de chaque ohjet. Philippeville. (Paris, Chaliamei).
64 S. 12. 1 fr. 50 c.
1. la numismatique , ceramique , toreutique , objets divers.
2. l'architecture , epigraphes et öpitaphes.
Stephan!., Ludolf, Apollon Boedromios, Bronze-Statue im Besitz des
Grafen Sergei Stroganoff, erläutert. Mit 4 Kpfrlaf. St. Petersburg.
(Leipzig, V'oss). III u. 55 S. u. 4 Blatt Erläutergn. Fol. geh. nn. 2 i^.
Tadot, Edmond, Collection de figurines en argile de l'epoque gallo-
romaine , avec les noms des ceramistes qui les onl executees; re-
cueillies, dessinees et decrites. Paris, Kollin. 107 S. 4. m. 54 Kpf.
Weerth, Dr. Ernst aus'm, Die Bronce-Slatue von Xanten, gefunden
am 16. Februar 1858. Berlin, Besser. 16 S. ra. 1 Steintaf. lmp.-4.
geh. n. Vj 4 .
Wieseler , Frid., Disputatio de loco, quo ante theatrum Bacchi la-
pideum exstructuni Athenis acti sint ludi scenici. Göttingen, (Van—
denhoeck & Ruprecht). 22 S. gr. 4. geh. nn. ^/g «f.
Woltmann, Alfr. , Das königl. alle Museum zu Berlin. Vollständi-
ges Verzeichniss der Galerien, der Bildhauerwerke und Gemälde,
nebst einer üebersicht der antiquarischen Sammlungen [Grieben's
Reise-Bibl. N. 15]. 2. u. 3. Aufl. Berlin. Grieben. VI u. 90 S.
8. geh. ' n. Vfi 4.
Numismatik.
Cohen , Henry, Description historique des monnaies fiappees sous
l'empire romain , commun6ment appelees medailles imperiales. T. 3.
Paris, Rollin. 572 S. m. 20 Kpfrn. gr. 8. 20 fr.
IWonimsen, Th., Geschichte des römischen Miinzwesens. Berlin,
Weidmann. XXXII u. 900 S. Lex. -8. m. 1 Tab. in qu. gr. Fol.
geh. n. 6 vf .
müller^ Dr. Alois, Vier sidonische Münzen aus der römischen Kai-
serzeit. Eine numismalisch-phönizische Studie als Beilrag zur phö-
nizischen Geschichte. [Aus den Sitzungsber. 1860 d. k. Akad. der
Wiss.]. Wien (Gerold's Sehn). 20 S. m. eingedr. Holzschn. Lcx.-8.
geh. 3 ngr
Numismatique de l'ancienne Afrique. Ouvrage prepare et com-
menc6 par C. T. Falbe et J. C. Lindberg, refait, acheve et publik
par L. Müller. Premier volume. Les monnaies de la Cyrönaique.
Kopenhagen, Host. 194 S. 4. 5 Kd.
Epigraphik.
Ktt iYQ nrpal'EXXtjvixal xarcc t6 nkilaroy KuixdoToi, , IxdKföfifpai, danävp
Ttjg fV ^A^tivuvg KQxaiokoyixtjg haiQvag. ^Pvkküdtoy «'. Athen , Wil-
berg. II u. 34 S. m. 9 Tafeln, gr. 4. n. «/j •#•
Ritschi, Prof. Frider., In leges Viselliam, Antoniam, Corneliam ob-
servatioiies epigraphicae. Cum exemplo lith. lapidis Tolosani. Ber-
lin, Gullentag. 16 S. lrap.-4. m. 1 Tab. in qu, gr. Fol. geh. n. I8ngi
^<
<^-
^ Class. Allcithiiinsw. — V, Gr n. Ron» Lit.-Gcscli. Plnlos. G5
^
V.' Griechische und Römische Literaturgeschichte.
Philosopliic.
Chassan^^ A., Des romans dans l'antiquite grecque et latine et de
leurs rapports avec l'hislüire chcz les anciens. Paris, Duponl.
56 S. 8.
Elvenichi, De generibus et aetatibus poesis Graecorum. Gjmn.-Pr.
Düren 1859. HS. 4.
I^ysander^ A. Th., Romerska litlcralurcns historia , med särsluldt
afseende pä stilens utwecliliog. Efter källorna bearbelad och fram-
slälld. Malmö, Wcndt 1858. 337 S. 8. 4 Rdr. 50 öre.
JUarcowitz, De sunimo deo quid exislimavcrint clarissimi Graeco-
rum poetae. Gymn,-Pr. Düsseldorf 1859. 19 S. 4
JVlenard, Ludov., De sacra poesi Graecorum. Paris, Didot. 88 S. 8.
müller, C. 0., Isloria della letteratura Greca. Precedula da un proe-
mio sulle condizioni della fisiologia e sulla vita e le opere delP au-
fore , per C. Müller ed. E. Ferrari. Vol. I. II. Prima traduzione
Italiana. Firenze 18r)8. 59. 18. ä fior. 1, 25.
niure, William, A critical history of the language and literaturc of
ancient Greece. Vol. 4. 2d edit. London, I.ongman. 560 S. 8. 15 sli.
Seemann., Otto, De primis sex bibliolhecae Alexandrinae custodibus.
Gymn.-Pr. Essen 1859. 18 S. 4.
Rrandis, Chrn. Aug., Handbuch der Geschiebte der Griecbisch-Rö-
mischen Philosophie. 3. Tbl. 1. Ablh. A. u. d. T. : Uebersicht
über das Aristotelische Lehrgebäude und Erörterung der Lehren
seiner nächsten Nachfolger, als üebersang zur drillen Entwicke-
lungS|)eriode der Griechischen Philosophie. Berlin, G. Reimer. XII
u. 411 S. gr. 8. geh. P/s ^- (I-HF, 1.; 14 ^. 11% ngt)
Heinze, Max., Stoicorum de affectibus doclrina. Diss. inaug. ße-
rolini. 7'2 S. gr. 8.
Hildebrand, Prof. Dr. Karl, Geschichte und System der Rechts-
und Staatsphilosophie. Erster Band: Das klassische Alterlhum.
Leipzig, Engeluiann. XX u 642 S. gr. 8. geh. n. 3V4. 4'-
liaferriere. F., Memoire concernant l'influence du stoicisme sur la
doctrine des jurisconsulles romains. Paris, Didot. 109 S. 4.
Schniidti, Dr. Herm., Sokrates. Ein zu Wittenberg gehaltener Vor-
trag. Halle, Buchh. d. Waisenhauses. III u. 3fi S. gr. 8. geh.n.Vg,f.
Seydel, Privatdoc. Dr. Rud., Der Forlschritt der Metaphysik unter
den ältesten ionischen Philosophen. Eine geschichtphilosophische
Studie. Leipzig, Breitkopf & Härtel 1861. VII u. 68 S. gr. 8.
geh. V, 4'-
Hachsmnfh, Curt, Die Ansichten der Stoiker über Mantik und Dä-
monen. Berlin, Nicolai. 39 S. gr. 8. geh. 1/^ .^,
VI. Lexicographie. Metrik.
Lexicographie.
Alexandre, C.^ Dictionnaire grcc-francais compose sur un nouveau
plan oü sont reunis et coordonnes les travaux de Henri Esticnne,
de Schneider, de Passow et des meilleurs lexicographes etc. IJe
edilion, enti^rement refondue et considörablement augmentee. 8e
tirage. Paris, Hachelte & Ce. XVI u. 1632 S. gr. 8. 15 fr.
Arnold, T. R., and H. Brown, Phraseological English-Greek le- j
xicoo, founded on FrädersdorlT. 2d edit. London, Rivingtons. 8. '21 sh.
«r A.Si>A
r^ — _ _- . — ______ _»j»^
^ 66 Class. Aitcrlliumswiss. — VI. Lexicographle. Metrik. ^
I
BazKarini.) A., Vocal)o1ario universale Latino-Italiano e Italiann-
Lalino compilato od in nuovo ordine disposto colla scorte de' mi-
gliori e piu recenti lessici e vocabolarü pubblicalisi fin qui nell' iiiia
e neir allra lingua in Alemagna, Francia , Inghilterra ed Itajia.
Opera riveduta per cura del cav, T. VaUauri. 2 vol. Torino
1854-59. 4. fior. 41.
Boinvilliers , J. F., Dictionnaire des commen^ants francais-lalin,
compose sur Ic plan des meilleurs dictionnaires. 12e edition. Pa-
ris, Delalain. VI u. 460 S. 8. 3 fr.
Suttinann, Dr. Phil., I.exilogus, oder Beiträge zur griechischen
Wort-Erklärung, hauptsächlich für Homer und Hesiod. 2. Bd. 2.
Aufl. Berlin, Mylius. VI u. 250 S. 8. P/s ^'.
Dübner, Fred., Lexique franpais-grec, ä I'usage des classes elemen -
taires, redig6 sur le plan du lexique francais-latin, extrait du grand
dictionnaire de L. Qui che rat. Paris, Hachette et Ce. XVl u.
526 S. 8. ä 2 Sp. ^ 6 fr.
Fabrefti^ Ariod., Glossarium Italicum in quo omnia vocabula conli-
nentur ex Urnbiicis, Sahinis, Oscis, Volscis, Etruscis ceterisque mo-
numentis quae supersunt collecla et cum interpretationibus variorum
explicantur. Fase. 2- 5. Aug. Taurinorum. (Miinchen, Franz. —
Venedig, Libreria alla Fenice). Sp. 161 — 768 m. cingcdr. Uolzscbn.
u. 15 Steintaf. gr. 4. .r* B! ä n.n. 1% 4'.
Facciolati., J., Aeg. Forcellini et h Fnrlanctfi ., Lexicon to-
tius laiinilalis. Nunc demum juxta opera R. Klotz, G. Freund, L.
Döderlein aliorumque recentiorum auctius, emendatius melioremqne
in formani redactum curante Dr. Franc. Corradini. Fase. VI.
Patavii. (N'enedig, Libreria alla Fenice. — Münster). 1. Bd. S.
XXXVn-LI! u.^369— 432. gr. 4. a.n. ^/,4.
iir&vSfie^ Hofrath Dir. Dr. J. G. Th., Orbis latinus oder Verzeioh-
niss der lateinischen Benennungen der bekanntesten Städte etc.,
Meere, Seen, Berge und Flüsse in allyn Theilen der Erde nebst ei-
nem deutsch-lateinischen Register derselben. Ein Suppl. zu jedem
iatein. u. geograph. Wörterbuche. Dresden, Schönfeld 1861. IV
u 287 S. gr. 8. geh. n. IV2 4.
Gruves, John, A Greek and English diclionarj. 14th edit. Lon-
don, Mozley. 680 S. 8. 12 sh.
liecliisOi, Fl., Lexique fran^ais-grec, avec l'explicalion latine, ä I'u-
sage des classes de grammaire et d'humanites. 8e edition. Paris,
Delalain. XVI u, 568 S. 8. 6 fr.
I^e t^orney, Nouveau dictionnaire de poche frangais-latin. Limoges,
Barbou. 254 S. 32. 1 fr. 2b c.
Iffiehlcr., Dr. E. , Grieksch woordenboek voor schoolgebruik. Vrij
bevi'erkt naar de werken van Schenkl, Benseier, Pape en Jacobitz.
le afl. Schoonhoven, v. Nooten. Vlil S. u. S. 1 — 192 ä 2 Sp. [A
— ytlffoi'). gr. 8. f» 1,25.
Cornpl. in 6 afl.
ITIühlnianii., Lehr. Dr. Gust. , Lateinisch-deutsches und deutsch-la-
teinisches Handwörterbuch zjm Gel)rauch für Gymnasien, lateinische
Schulen und Ljceen und für Real- und höhere Bürgerschulen. La-
teinisch-deutscher Tbl. 5. Aufl. Leipzig, Ph. Reclam 1861. IV u.
710 S. 8. geh. _ n. % ^..
Paoli, P. de, Vocabolario tascabile italiano-latino e latino-italiano.
Milano 1859. 16. fior. 1,75.
fitiiicherat, L. , Dictionnaire franfais-Iatin , compose sur le plan du
., dictionnaire latin-francais et tire des auleurs classiques latins pour
la langue commune, des auteurs sp6ciaux pour la langue technique,
etc. 4e tirage. Paris, Hacheitc et Ce. XX u. 1683 S. gr. 8. 9 fr.
— Thesaurus linguae lalinae in quo universa vocabula a poelis lali-
p^ — — -_ — -.. ^^>^
^ Class. Allciihmiiswlss. — VI. Lc\ico{jra|»liie Metrik. G7 ^
nTs usurpala coHcgit, digessil, explicavit. 9e tirage. Paris, lla-
chette et Ce. XWU u. 1342 S. ä '^ Sp,' |8! , ',' . '.'
Rost, Dr. V'alent. Christ. Frdr. , Doulsch-giiechisches Wörlerbnch.
8. rechlmäss., viellnch verb. Aufl. (jöllingen , \ andenlioock Ä Ru-
precht. XV u. 963 S. Lex.-8. geh. ' n. SVs 4-
Sotniiicr, E., Lexique franfais-Ialin, ä l'usagc des classes elenicnlai-
ics, extrait du dielionnaire frarn-nis-latiii de M. Quicheial. Paris,
Hachelte et Ce. II i u. .54.S S. 8. 3 fr. 50 c.
Sophocies, E. A., A glossary of laier and Hvzantine Greek. Cani-
luidge, AJassachusells. 624- S. 4. (London: 42 sh.)
Thesaurus graecae linguae ab H e n r. Stephano construclns.
Terlio e<lidd. Carl ßened. Hase, Guil. Dindorfius et fiUd.
Dindorfius. [Nr. 60]. Vol. Vill. Fase. 7. Paris, Didot freres,
fils &. Co. Sp. IC2I — 2152 u. »de atlicae linguao seu dialecti idio-
uiatis commenlarius H e n r. Slephani.o Sp. 1-8'^. Fol. n. S^/g «f.
■%^'ailly, Alfred de, Nouveau dictionnaire frangais-latin , etc. Nou-
velle edition, enliörement refondue et tres-auginentee. Paris, De-
zobry, Magdeleine et Ce. XVIII u. 1032 S. ä 3 Sp. gr. 8.
— Nouveau dictionnaire latin-fran^ais, etc. Nouvelle edition, cntie-
rement refondue et augnienlee de plus d'un tiers. Ebd. LXXVI u.
1012 S. gr. 8. ä 3 Sp.
Metrik und Prosodik.
Conrad, Rect. Dr. Jul., (iradus ad Parnassuni sive thesaurus latinae
lingnae prosodiacus. Editio piane altera, quam e\ aureae aetatis
fonlihus recenti studio auxit, emendavit et oniui ad versus pangondos
supclleclili studiosae juventuti necessaria accurate instruxil autor.
2 Fase. Leipzig, Arnold. Lex.-h^. geh. 2^/^ ^.
Gradns ad Parndssum sive thesaurus latinae lingnae poellcus et pro-
sodiacus. Post curas C. H. Sintenisii, 0. M. Muelleri. F. T. Frie-
demanni in usum scholarum recognovil Geo. Aenotheus Koch.
Edit. V. Accedit index verboruni gtirmauicus. Vol. II. Leipzig,
Jlahn. 460 S. gr. 8. geh. P/^ 4.
Habcnirht, Gynm.-Lehr. Rieh,, Die Grundzüge der lateinischen Pro-
soHie und Metrik in gänzlich umgearlieiteter , berichliglor und ver-
vnllsländigler Fassung kurz dargestellt und mit neu ausgewählten
Beispielen erläutert. Leipzig, Teubner. 39 S. gr. 8. geh. 6 ngr
I<e Chevalier, Prosodie latine, ou Methode ponr approndre les prin-
cipos de la quantile et de ia prosodie latine. Nouvelle edition, re-
vuc et augmentee par L. Quicherat. Paris, HacheKe et Ce. X
u. 60 S. 12. '50 c.
Qliiicherat, L. , Nouvelie prosodie latine. 14e edition. Paris, Ha-
chelte et Ce. JOS S. 12. 1 fr.
Rainsaj« William, An elementary manual of Latin prp^ody. Lon-
don, Griffin. 140 S. 8. '-'{'7^" ,:' 2 sh.
VII. Griechische und lateinische Grammatik.
;. .!5:;{(ijno.') ■
FrKsch, Oberl. Dr., Nam, enim, etenira, dgcc, yäQ. Gymn.-Pr.
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Griechische Grammatik und Schulbücher.
Crecelius, W., Uober die Wurzeln MA und MAN. Gymn.-Pr. El-
berfeld. 6 S. 4.
^
Jof« ___ _— . . . . -5^»^
$ 68 Class. Alleithumsuviss. — VII. Griech. ii. lat. Graruin. ^
^
1^«^
Goodirin^ W. W, , Syntax of ihc moods and tenses of ihe Greek
verb. Cambridge, Mass. XV u. 312 S. 8.
Jansen, Prof. i)r. Geo. Lndov., De Graeci sermoiiis paullo post fu-
turi forma atque usu. Thorn, Lambeck. 19 S. gr. 8. geh. n. 8 ngi
Liicberkühn., E., De negalionibus fxi) ov cum infinitiyis et parsici-
piis conjunclis. Gymn.-Pr. Weimar. 15 S. 4.^ i
Müller, Dr. Frdr. , Einiges über das v iqikxvanxöy im Griechischen
vom sprachwissenschadlichen Standpunkte. [Aus den Silzungsber.
1860 d. k. Akad. d. Wiss.] Wien (Gerold's Sohn). 7 S. Lex.-8.
f;eh. n. 2 iigi
Säg'crt, Carl Alb., De usu pronomiuis relalivi epexegelico. Diss.
iuaug. Greifswald. 50 S. 8.
Scheuerlein, Oberlehr. Prof. Fr. W, A. , Die Norm des griechi-
schen Modusgebrauchs besonders im Nebensalze. Anhang zur grie-
chischen S^-ntax lür die Prima der Gymnasien. Halle, ßuchh. des
Waisenhauses. IV u. 48 S. gr. 8. geh. 6 119t
Schröder, Dr. G. A. , De Graecorum juramentis interjective positi«
dissertatio prima. Gymn.-Pr. Marienwerder 1859. 25 S. 4.
Wieseler, Frid., De linguae graecae nominibus propriis et adjectivis,
quorum prior pars est to. Göttingen, (Vandenhoeck & RuprechlJ.
18 S. gr. 4. geh. nn. 8 ngi
Andrezel, L. d', Excerpta e scriptoribus graecis. Morceaux choisis
des poetes et prosateurs grccs, avec des sommaires et des notes.
Paris, Delalain. 172 S. 12. 3 fr. 50 c.
Bucher, Dr. Jord., Griechische Vorschule oder kurzgefassle griechi-
sche Grammatik in übersichtlicher Darstellung. Für die untern Gym-
nasialklassen bearb. 2 Thie. Tuttlingen, Kling 1861. gr. 4. geh. I8ngt
Inhalt: 1. Griechische Formenlehre. 44 S. 12 ngt — 2. Griechische
Syntax. 24 S. 6 ngc
Burnouf, J. L. , Premiers principes de la grammaire grecque, ex-
Iraits de la methode pour etudier la langue grecque. Paris, Dela-
lain. 176 S. 8. I fr. 50 c.
Chabert, E. A., Grammaire grecque, ou Nouvelle methode pour
faire des themes grecs. 12e edition. Lons-Ie-Saunier, Escalle.
"330 S. 12.
C'urtius, G. , Btknopt leerboek der Grieksche syntaxis, Naar bet
Hoogduitsch bewerkt door Dr. E. Mehler. Gorinchem, Noorduvn
& Zoon. VII u. 196 S. 8. f. I,f5.
Detiiner, Prof. Dr. Carl, Vocabularium für den griechischen Ele-
mentarunterricht. 2 , umgearb Auil. Braunschweig, Schwetschke &
Sohn. IV u. 96 S. 8. geh. n. 7 iigi
Doiuinicns, Gymn.-Dir. AI., Griechisches Elementarbuch. 3. Aufl.
Coblenz, Hölscher. VIII u 264 S. gr. 8. geh. n. ^/^ 4.
Es, Dr. A. H. G. P. v. d., Opstellen ter verlaling in het Grieksch.
le stuk. Leiden, Brill 1859. 32 S. gr. 8. f. 0,40.
Fesenniair, Gymn.-Lehr. .1. D., Uebungsbuch zum üebersetzen aus
dem Deutschen in das (iriechische. l.Thl.: Deklination und regel-
mässige Conjugation. München, Lentner 1861. VI u. 169 S. gr. 8.
geh. n« Vs. "^*
Fraucken, Dr. C. M., Grieksche rudimenta. Naar Krüger's Griek-
sche spraakleer bewerkt, en met ecn vergelijkend overzigt van het
Episch en Jonisch dialekt voorzien. Amsterdam, Müller. VIII u.
2.32 S. gr. 8. f- 2,15.
Friedlein, Dr. G., (iriechisches Lesebuch für Lateinschulen. 2. ThI.
Bamberg, Buchner. VI u. 204 S. gr. 8. geh. n. 22 ngr
'^ -^^
h<M^ — . — ■ — ^-^- — — — ■ - ->>t
^ Class. Alterlhuius^Jss. — VII. Griccli. ii. lat. Grainni. 69
Hall, W. , The principal roots of ihe Greek tongue. 3d edh. Lon-
don, Lon^man. 174 S. 12. 5 sh.
Kühner., Dr. R. , Beginsclcn der Grieksohe taal voor schulen, ver-
laald door J. A. Stamkart. Amsterdam, Sulpke 1861. X u. 270
S. gr. 8. f. 2,50.
liCclair, L. , et L. Jeuillel, Grammaire de la langue grecque ra-
menee aux principes les plus simples. Paris, Belin. 404 S. 8. 2 fr.
LiOCOiufe, Em., elMenötrier, Grammaire greccjue. 4e edjlion, re-
vue, corrigee et augmentee d'iin tableau des verbes deleclifs et ir-
reguliers. Paris, LecofTre. Xl[ u. 360 S. 8. 3 fr.
ülaunourj, A. B., Giammaire de la langue grecque. 7e Edition,
premiere partie. Paris , Dezobry , Magdcleine et Ce. 135 S. 8.
1 fr. 50 c.
Pluyg:ers, Dr. W. G., Leerboek der Grieksohe taal, hoofdzakelijk
Tan het Attische taaleigen voor scholen , volgens het leerboek van
Dr. J. C. H. de Gaay Fortman en de syntaxis van Dr. J. N. iVladvig
bewerkt. 2c uitgaaf. Amsterdam, Sulpke. 360 S. gr. 8. f. 3,50.
Schenkl , Dr. Karl, Chrestomathie aus Xenophon, aus der Kyropä-
die, der Anabasis , den Erinnerungen an Sokrates zusamraengeslellt
und mit erklärenden Anmerkungen und einem VVörterbuche verse-
hen. 3. verb. Aufl. Wien, Gerold's Sohn. XX u. 292 S. gr. 8.
geh. n. 27 ngt
StoJl, H. W. , Anthologie uit Grieksohe lierdichters, met biographi-
sche inleidingen en ophelderende aanteekeningen. Naar het Hoogd.
Toor Ned. gymnasien bewerkt door E. Mehler. 2e stuk. Melische,
chorisohe en bucolische poezy. Groningen, v. Bolhuis Hoitsema.
VIII u. 206 S. gr. 8. f. 1,95.
Taylor. H. J., The rudiments of Greek graramar. New edit. Lon-
don, Sinipkin. 12. 4 sh.
Valpy, F., The etymology of the words of the Greek languagc in
alphabetical order. London, Longman. 196 S. qu, 8. 4 sh.
Lateinische Grammatik und Schulbücher.
Broman, A. T., Läran om Conseoutio Temporum i Latinska spraket.
Upsala , Arrhenius 1859. 53 S. 8. 75 öre.
Gninaclius, Otto Joel, Om Latinska sprakets orthoepi. Orebro,
Lindh. 32 S. 4.
Hildobrand, Dir. Dr. G. F., lieber einige Zeitwörter, welche bei
Cicero, Cäsar und Livius mit dem blossen Ablativ und den Präposi-
tionen a, de, ex verbunden werden. 2. Abtblg. Gymn.-Pr. Dort-
mund 1859. 22 S. 4.
Hoflinann, Prof. Dr. Eman., Die Conslruction der lateinischen Zeit-
partikeln. [Abgedr. aus der Zeitschrift f. d. öslerr. Gymn. 1860].
Wien, Gerold's Sohn. 103 S. gr. 8. geh. n. )6 na,i
Hütlner, F., Ueber den Gebrauch von sponte und ultro. Th. I.
I'rogr. des franz. Gymn. Berlin 1859. 38 S. 4.
L.ilien<hal, Dir. Dr., De genere quodam Irajeclionis apud scriptores
Lalinos. Schul-Pr. Rössel 1859. 12 S. 4.
Pätz, Ueber einen Mangel der bisherigen lateinischen Grammatik.
Gymn.-Pr. Ilolzminden. 19 S. 4.
Richter, Dr., De supinis Latinae linguae. Part. IV. Gymn.-Pr.
Königsberg (altst. Gymn.) 1859. 18 S. 4.
Schaefer, Subr. , lieber den Gebrauch der Derivaten auf -tor und
-trix. Partie. L Gymn.-Pr. Prenzlau 1859. 18 S, 4.
Schmits, W., Studia orthoepica et orthographica Latina (de 1 ge-
minata et I longa). Gymn.-Pr. Düren. 16 S. 4.
<<^ -^«^
«x<<^-- — — — ■ ^^
^ 70 Class. Altor!]ujmsw!ss. — VII. Griecb, u. lat. Gramm. ^
Sichert, Dir. Dr. Georg, Ueber hislorisch-continuative üebergänge
im Lateinischen. 1. Theil. Gymn.-Pr. Guben 1859. 56 S. 4.
Bauer, W. , u. L. Engel mann, Gjmn.-Proff. , üebungsbuch zum
IJebersetzen aus dem Deutschen ins Lateinische füi die oberen Klas-
sen der Gymnasien [Prima]. JJamberg, Buchner. I!l u. '204 S.
gr. 8. geh. n. 24 ngt
Blume, Dr. Wilh. Herrn., Kleine lateinische Schulgrammatik oder
kurzgefasste Fcrmenlehre der lateinischen Sprache. Des vollsländ.
lalein. Elementarbuchs 3. Tbl. 5. , verb. u. verm. Aufl. Göttingen,
Vandenhoeck & Ruprecht. VIII n. 108 S. gr. 8. geh. n. 8 ngt
— Vorhbungen zum lateinischen Elementarbuche. 3. unveränd. Aufl.
Ebd. IV u. 52. S. gr. 8. cart. n. 4 ngt
Boinvilliers, J. E. J. F., Manuel laiin, ou Compositions fran^aises,
suivies de fahles et d'histoires latines. Nouvelle editiou. Paris, De-
lalain. 438 S. 12. 3 fr.
Cohbeii, V/., Latin grammar. New edit. London, Griffin. 12. 2 sh.
Ellendt, Gymn.-Dir, Dr. Frdr. , Lateinisches Lesebuch für die un-
tersten Klassen der Gymnasien. 14. genau revid. u. corrig. Aufl.
Königsberg, Gebr. Bornträger 1861. VIII u. 192 S. 8. n. Vz '^•
Feldba(i«ch, Geh. Hofrath Fei. Sebast. , Lateinische Schulgramma-
tik für Gymnasien und höhere Bürgerschulen. 6. Aufl. Heidelberg,
J. Groos 1858. XVI u. 407 S. gr. 8. geh. n. 28 ngt
— lateinisches Üebungsbuch. Ein Anhang zur lateinischen Schul-
grammalik. 2 Thie. 6. Aufl. Ebd. 18.i8. gr. 8. geh. ä n, 14 ngt
Inhalt: 1. Einübung der Formenlehre u. der ersten syntakt. Grundre-
geln nebst leichten latein. Lesestücken f. Anfänger VII u. 175 S.
— 2. Einübung der syntakt. Regeln. IV u. 166 S.
GenuS-Reg^eln, die, der lateinischen Sprache in gereimten Versen
für den Anfangs- Unterricht. 2. verb. Aufl. Mannheim, Löfi'ler.
16 S. 16. geh. n. 2 ngr
Geschlcchi^ireg'eln, die, der lateinischen Grammatik. Anhang:
Einige Cabusendungen der dritten Declination und die Präpositionen.
Lüneburg, Herold & Wahlstab 1858. 15 S. gr. 8. geh. n. 2 ngi
Cirnber, (iymn.-Lehr. Dr. Jobs. v. , üebungsbuch zum Uebersetzen
aus dem Deutschen in das Lateinische für Tertia in zusammenhän-
genden Stücken nach der Folge der syntaktischen Regeln in Zumpts
(irammatik. 4. verb. Aufl. Stralsund, Hingst. VIII u. 148 S. gr. 8.
I2V2 ngt
Cünörard et JIEoncourt, Exerciccs latins adapt^s ä la grammaire
latine d'apres Lhomond. Ire parlie, etc. Nouvelle edilion, entiere-
raent refondue et augmentee. Paris. Dezobry, Magdeleine & Ce.
188 S. 12.
Harris, W. H., A bandbook of Latin syntax with short exercises.
London, Lewis. 8. 3 sh.
Henrichsen, R. J. F., Opgaver til Latinske stile. Ny samling.
Fjerde samling. Kjöbenhavn. Reitzel. 164 S. 8. geb. 80 sk.
Her, Gymn.-Lehr. Ed. Sig. , Tiro der Anfänger im Latein, eine For-
menlehre der lateinischen Sprache mit Expositions- und Composi-
lionsstoff" bearbeitet. Stuttgart, NefT. VII u. 278 S. gr. 8. geh. 27 ngt
Jacobs, F., u. F. W. Döring, Lateinisches Elementarbuch zum öf-
fentlichen und Privat-Gebrauche. 1. u. 2. Bdchn. Neu bearb. v.
Gymn.-Dir. Dr. Jobs. Classen. .Tena, Frommann. 8. 17Vz "B'^
Inhalt: 1. Lateinisches Lesebuch f. die ersten Anf.änger v. Frdr. Ja-
cobs. 16. Aufl. XIV u. 177 S. V+ «f- — 2. Alte Weltgeschichte
I u. Auszüge aus Cicero.- 11. Aufl. VI u. 194 S. Vs »f-
Jordan, Rect. W., Ausgewählte Stücke aus der dritten Decade des
;^- . _— _ . »^
^^
ass. Allertlimnsw'iss. — VII. Griecli. u. lat, Giamiii. 71 :^
f^CÜ
Livius mit Anmerkungen für den Schulgebrauch. Stuttgart, Neff.
XVI u. 174 S. 8. geh. 12 ngt
Krebs, weil. Oh.-Schulrath Dr. Joh, Phil., Anleitung zum Lateinisch-
schreiben in Hegeln und Heispielen zur Uebung. Zum Gebrauche
der Jugend. 11. verb. u. verm. Aufl. (Hrsg. v. E. Franc ke u.
R. Krebs). Frankfurt a. M., Brönner. VIII u. 842 S. 8. geh. n. 1 ^.
Kühnier, Dr. Uaph., Lecrboek der Lalijnsche taal , met tusschenge-
voegde opstellen ter verlaiing voor cerstbeginnenden. Bewerkt naar
de 19e Hoogd. uilg. door Dr. R. J. Lambrechts. Sneek, v. Dru-
ten & ßleeker. XIV u. 364 S. 8. f. 2,50.
— voorbereidende Latijnsche grammatica met tusschengevoegde ver-
talingen en tiiemata; en zijn Latijnsch leesboek. Alles met de daar-
bij behoorende woordenlijsten. Üit het Hoogd. in het Nederlandsch
bewerkt door B. ten Brink. Utrecht, v. d. Post. VlII u. 233 S.
gr. 8. f. 1,90.
Kuhr, A. , Uebungsbuch für den ersten Unterricht im Lateinischen.
Zunächst zum Gebrauch der Stettiner Realschule [Friodrich-VVil-
helms-Schule] bearb. 3. veränd. Aufl. Berlin , G. Reimer. 53 S.
gr. 8. cart. 4 ngt
Hüttner, Dr. Ferd., Syntaxe de la langue latine ä l'usage des clas-
ses mojennes du coll6ge ro_yal fran^ais. Leipzig, \ iolet 1861. IV
u. !84 S. gr. 8. geh. ^ n. 24 ngc
Lattmann, Subconrect. Dr. J. , Lateinische Regeln für Quarta zu-
gleich als Grundlage des grammatischen Unterrichts in Tertia. [Als
Mscr. gedr.] Götlingen , Vandenhoeck & Ruprecht 1859. 18 S.
gr. 8. geh. n. 3 ngt
I<ebaig'ue., Ch., Recueil gradue de themes latins, ä l'usage des clas-
ses sup6rieures. Paris, Belin. iV u. 139 S. 12.
— et Th. Caublot, Recueil gradue de ihömcs latins, ä l'usage des
classes superieures. Choix de morceaux extrails des meilleurs ecri-
vains francais. Ebd. VlII u. 276 S. 12.
Lhoniond, Elements de grammaire latine, Nouyelle Edition. Paris,
Delalain. VlII u. 216 S. 12. 75 c.
IHoisziwstxig', Prof. Dr. H., Lateinische Vorschule. Berlin, Gaert-
ner. 104 S. 8. cart. n. 8 ngt
Ostcrinann , Gjmn.-Hauptlehr. Dr. Chrn., Lateinisches V^ocabula-
rium für Anfänger gramniatisch, sachlich und etymologisch geordnet
in Verbindung mit entsprechenden Uebungsbüchern zum Ueberse-
Izen ans dem Lateinischen ins Deutsche und aus dem Deutschen ins
Lateinische. 2. Abth. Für Quinta. Leipzig, Teubner. 23 S. gr. 8.
cart. . , 3 ngt
— Uebungsbuch zum Ueberselzen aus dem Lateinischen ins Deutsche
und aus dem Deutsehen ins Lateinische, im Anschluss an ein gram-
matisch, sachlich und etymologisch geordnetes Vocabularium. 2.
Abth. Für Quinta. Ebd. IV u. 140 S. gr. 8. geh. 9 ngt
(1. 2.: I6V2 W)
Pfuhl 4 Gymn.-Lehr. Dr., Lateinische Dichterschule für Gymnasien
und Realschulen mit Anmerkungen und V^'örterbuch. Leipzig,
Baumgärtner. VIII u. 200 S. gr. 8. geh. 18 ngr
Putsche, Gymn.-Prof. Dr. Carl Ed., Lateinische Grammatik für un-
tere und mittlere Gymnasialklassen sowie für höhere Bürger- und
Realschulen. Zum Behufe eines stufenweis fortschreitenden Lehr-
ganges ausgearbeitet und mit einer reichen Auswahl classischer
Beispiele versehen. Jena, JVlauke. XXIV u. 372 S. gr. 8. '/+ »«^.
Roth, Prälat Dr. Carl Ludw. , Anthologie lateinischer Gedächtnissü-
bungen in Stellen aus Dichtern. 2. verb. Aufl. Leipzig, Schräg.
XV u. 158 S. 8. geh. _ V2 4.
Rozek, Gymn.-Lehr. J. A., Lateinisches Lesebuch für die erste und
<v^ .^ — ■- ., ■ -»5»<5>
^^4^ _— . — _ ~"^^
^ 72 Class. Aiterthumswiss. — VII. Grlech. u. lat. Gramm. ^
zweite Classe der k. k. Gymnasien des österreichischen Kaiserstaa-
tes. 2 Thle. Wien, Gerold's Sohn. XU u. 196 S. gr. 8. geh. n.^)^ ^.
1. Tbl. n. 8 ngr; 2. Tbl. n. 12 ngt
Rn%ek, Gymn.-Lehr. J. A. . Kurze Chrestomathie aus lateinischen
Dichtern. Hermannstadt, Steinhaussen. \l u. 92 S. 8. geh. 6 ngi
Schultz., Gymn.-Dir. Dr. Ferd., Kleine lateinische Sprachlehre zu-
nächst für die untern und mililern Klassen der Gymnasien bearbei-
tet. 6. verb. Ausg. Paderborn, Schöningh. VIII u. 248 S. gr. 8.
geh. _ n. ISVa W
— Uebungsbuch zur lateinischen Sprachlehre zunächst für die unte-
ren Klassen der Gymnasien bearbeitet. 4. verb. Ausg. Ebd. IV
u. 307 S. gr. 8. geh. n. 2/5 4.
Siedler, Dr. H., Das Wichtigste aus der Lehre von dem durch Con-
junctionen und Relaliva erweiterten Salze und von der Constriiclion
der Verba im Lateinischen zur Einübung und Repetilion übersicht-
lich dargestellt. Lissa, Günther. 2. verb. Aufl. 43 S. 8. geh. n. ^/g *^.
Spiess, Gymn.-Prof. F., Uebungsbuch zum üebersetzen aus dem La-
teinischen in's Deutsche und aus dem Deutschen in's Lateinische für
die untersten Gymnasialklasseu bearbeitet. 1. Abth.: für Sexta.
13., verb. u. verm. Aufl. Essen, Bädeker 1861. 87 S. gr. 8. geh.
n. ^/4 4.
Süpfle, K. F., Opstellen ter vertaling in het Latijn voor de onderste
en middelste klassen der gymnasien. Naar de lOe veel verb. en
verm. uilgave uit het Hoogd. overgezet door Dr. H. J. Matthes.
Zutphen, Willemsen. VI u. 324 S. 8. f. 1,90.
Teipel, Gymn.-Oberl. Dr. Frdr,, Praktische Anleitung zum Üeberse-
tzen aus dem Deutschen in's Lateinische. 1. ThI. Aufgaben für
Tertia und Seciinda. 2. verb. Aufl. Paderborn, Schöningh. XII u.
348 S. gr. 8. geh. n. 24 ngr
VKringa, Dr. A. J. , Lalijnsch leesboek voor de laagste klasse der
gymnasien, tot oefening in de declinatien en conjiigatien, levens tot
voorbereiding vonr de sludie der syntaxis ; ten gebruike bij de spraak—
leeren van Dr. Boot, Capelle, Engelbregt en Burger, Hecker, de
Klerck en Mehler. Arnhem, Thieme. VllI u. 120 S. gr. 8. f. jl,60.
^■
Grieclilselie ClassikcT und Erkläniiigs-
scliriiteii*
Claiisiker des Allerlhums. Eine Auswahl der bedeutendsten Schrift-
steiler der Griechen und Römer in neubearbeiteten Uebcrsetzun^en.
133 138. Lfg. Stuttgart, Metzler. gr. 16. geh. ä 4 ngt
Inhalt: 133. 136. Ausgewählte Schriften d. M. Tullius Cicero.
2. Abth.: Ausgewählte Reden übers, v. Gymn.-Dir. Gust. Wen dt.
5. u. 6. Lfg. 2. Hälfte S. 487 — 675. Schluss. — 134. Homer's
Odyssee, im Versmass der Urschrift übers, v. Prof. E. Wiedasch.
S. 225 — 403. Schluss. — 135. Die griechischen Lyriker u. Elegiker,
Jambographen u. Meliker. Ausgewählte Proben , im Versmass der
Urschrift übers, u. durch Einlcitgn. u. Anmerkgn. erläutert v. Ober-
studienrath Gymn.-Dir. Dr. G. Thudichum. S. 257—459. Schluss.
— 137. Des P. Cornel. Tacitus Werke. 2. Abth.: Die Jahrbücher,
übers, v. Gymn.-Prof. G. F. Strodtbeck. S. 257—384. — 138.
K^ ——^^
^-
Griechische Classiker und Eikläiungsschriftcn. 73
^n
Livius, römische Geschichte, üliers. v. C. F. Klaiber. Neue um-
gearb. Ausg., besorgt v. W. S. Teuffei. 4. Bd. S. 257-420.
Schluss.
Saininliing-i, neiu'Sle, ausgowählter Griechischer und Römischer Clas-
siker verdeutsclil von den berufenslen Ueberselzern. 105 — 110. Lfg.
Stnltgart, Krais & Uoffmann. gr. 16. geh. 1 «f. '24 ngi
Inhalt: 105. Die Dramen des Euripides. Verdeutscht v. Jobs.
Minckwitz. 7. Bdchn. : Hippolytoa od. Phädra. XX u. 105 S.
1/^ »I'. — 106. Katulls ausgewälilte Gedichte. Verdeutscht in den
Versmassen der Urschrift v. Dr. Frdr. Pressel. XVIII u. 122 S.
'A "f" — lö^' Livius' römische Geschichte. Deutscli v. Fr. Dor.
Gerlach. 6. Bdchn. 21. Buch sammt den Suppl. der Bücher 11 —
20. 2. Bd. S. 283 — 570. Schluss. Vs 'S- — 108. Xeuophon's
Anabasis od. Feldzug d. Jüngern Cyrus. Uebers. u. durch Anmer-
kgn. erläut. v. Conrect. Dr. A. Forbiger. 1. Bdchn.: Buch 1 — 3.
IV u. 103 S. V+ ■4-— 109. 110. Q. Curtius Rufus v. den Tha-
ten Alexanders d. Grossen. Verdeutscht v. Dr. Jobs. Siebeiis.
2. Bdchn. 317 S. k ^/j 4<.
Prosaiker, griechische, in neuen üeberselzungen. Hernusg. von
C. N. V. Osiander u. G. Schwab. 305—312. Bdchn. Stuttgart,
Metzler. gr. 16. geh. ä 3^/4 ngi ; einzeln Ve •^•
InhaU: 305. 306. Plutarch's Werke. 42. u. 43. Bdchn. II. Mora-
lische Schriften. 18. Bdchn., übers, v. Präcept. Wilh. Rösch, u.
19. Bdchn., übers, v. Gymn.-Prof. Dr. C. Fr. Schnitzer. S. 2226
— 2460. — 307. 308. 311. 312. Aristoteles Werke. V. Schrif-
ten zur theoret. Philosophie. 1 — 4. Bdchn. Metaphysik in 14 Bü-
chern, übers, v. Gymn.-Prof. Dr. J. Rieckher. 4 Bdchn. 430 S.
— 309. 310. Platon's Werke. 2. Gruppe: Gespräche prakt. In-
halts. 4. Bdchn.: Menon, u. 5. Bdchn.: Laches u. Charmides, übers.
V. Dekan L. Georgii. S. 406 — 623.
Aeschines* Reden. Griechisch und deutsch. Ueberselzt u. erklärt
von Gust. Ed. Benseier. 3. Bdchn. A. u. d. T.: Rede gegen
Ktesiphon. Leipzig, Engelmann. 198 S. gr. 12. geh. ^/^ of#.
(1-3.: 1 4. 12 ngt)
Aeschylus ex novissima recensione Frederici A. Paley. Acces-
sit verborum quae j^raecipuc nolanda sunt et nominum index. New
York. (Philadelphia, Schäfer & KoradiJ. VIll u. 272 S. 16. In
I I7;„k _ 9; rfi
engl. Einb.
V, ^.
tragedies, construed literally , and word for word , bj Dr. Giles.
Vol. I. conlaining Prometheus, Suppliants, Seven champions at The-
bes, and ihe Persians. London, Cornish. 260 S. 18. 3 sh.
— les Eumenides, traduites en vers, accompagnees de nolices, de re-
marques et de rapprochements litleraires, par LöonHalevy. Paris,
Hachelte et Ce. )h61. 100 S. 8.
— fabula quae Persae inscribitur, in Suelhicum conversa cum prooe-
mio comnienlariisque, a J. Johansson. Disserlatio academica.
üpsaliae. 32 S. 8.
— der gefesselte Prometheus. Uebersetzt und erklärt v. Aug. Ar-
nold. Halle, Pfeffer. 76 S. gr. 16. geh. n. 8 iu]t
— Sieben gegen Thebai. Deutsch v. A. Salom. Voegelin. Zü-
rich, Höhr. 52 S. gr. 8. geh. n. 11 n^i
— — expliques, annotös et revus pour la traduclion franpaise par
Ma lerne. Paris, Hachelte el Ce. 123 S. 12.« 1 fr. 50 c.
Vr
^<.
^ 74 Grlcchisclie Classlfcer uud Erklärungssclulfteii.
Haupt, M., Observationes Aeschyleae. Ind. lectl. Berolini 1860—
61. 7 S. 4.
Kupfer, Dr., Adnotaliones ad Aeschyli Persas inde a vers. 854
usque ad 910. ex edit. Herrn. Gymn.-Pr. Cöslin 1859. 10 S. 4.
Ludwig, Privaldoc. Aifr. , Zur Kritik des Aeschjlos. Eine Reihe
V. Abhandlgn. [Aus den Sitzungsber. 1860 d. k. Akad. d. Wiss.l
Wien (Gerold's Sohn). 76 S. Lex. -8. geh. n. 12 Rgt
AesopiiS. Fahles choisics. Nouvcile öditiou, accompagn^e des imi-
tations de La Fontaine et d'un lexique avec des notes en fran^ais,
par E. Sommer. Paris, Hachette et Ce. 131 S. 12. 90 c.
Antiphon.
Pahle, Collabor. F., Die Reden des Antiphon, Eine krit. ünter-
suchg. Jever, Metlcker & Söhne. 16 S. 4. geh. n. ^^4 *^.
Apollonins.
Schömann, (i. F., Emendationes aliquot locorum corruptorum in
Apollonii libro de adverhiis. lud. leclt. 1860—61. Greifswald,
Koch. 16 S. gr. 4. n. 6 ngi
Aristophanis comoediae. Edidit Aug. Meineke. 2 Voll. Edit.
ster. Leipzig, B. Tauchnitz. CVHI u. 654 S. 8. geh. 27 ngt;
Pracht-Ausg. in gr. 8. 21/3 ^.
Die 8. -Ausg. wird auch in 11 einzelnen Nrn. k i^/^ ngt ausgegeben.
~ pax. Edidit Dr. Jul. Richter. Berlin, Nicolai. VII u. 312 S.
gr. 8. geh. n. 2 ^f.
Fritzsche, F. V., De nova Aristophanis recensione specimen IL
Rostock. (Leipzig, H. Fritzsche). 8 S. 4. geh. nn. 4 ngi
Aristoteles' Werke. Griechisch und deutsch und mit sacherklären-
den Anm»»kungen. 3. Bd. Leipzig, Engelmann. gr. 12. geh. 2 yf.
Inhalt: Fünf Bücher v, der Zeugung u. Entwickelung 4er Thiere übers,
u. erläut, v. Privatdoc. Dr. H. Aubert u. Gymn.-Dir. Dr. Fr. Wim-
mer. XXXVI u. 440 S.
— Organon. Gast 1. Prag (Rziwnatz). 8. geh. n. 16 ngt
Inhalt: Kategorie. Z reckeho prevedl a vylozil Ant. Jaroslav
Vrt'ätko. XVI u. 100 S.
Spengel, Leonh. , Ueber die xciS^agaig iiSy na9^)]/uäTiüy, ein Beitrag
zur Poetik des Aristoteles. [Aus den Abhandlgn. d. k. bajer.
'' Akad. d. Wiss.] München (Franz) 1859. 50 S. gr. 4. geh. nn. ^/^ ,f.
Thurot, Charles, De la melhode d'exposition suivie par Aristote.
Paris, Dupont. 21 S. 8.
Arfstoxenns.
Hirsch, Dr., Aristoxenus und seine Grundzüge der Rhvthmik.
Gjmn.-Pr. Thorn 1859. 30 S. 4.
Arrians Anabasis. Erklärt von C. Sintenis. 1. Bdchn.: I — III.
Buch. 2. Aufl. Berlin, Weidmann. 219 S. gr. 8. geh. V2 *f.
Athenaens.
Paessens, Dr., De nonnuUis parodiarum scriptoribus Graecis ad
Athen, libr. XV, 698 sq. adnotaliones. Gyinn.-Pr. Kempen 1859.
18 S. 4.
Babrii fabulae. In two parts, translated into English vcrse from the
lext of Sir G. C. Lewis, by James Dayies. London, Lockwood.
2-10 S. 12. 6 sh.
CaHiniachns.
Göttling, K. , Commenlariolum de Callimachi epigrammatc XXV.
Ind. lectt. Jena 1860—61. 7 S. 4.
Pohl, G., Ad Callimachi hymnos et ad Graeca illorum scholia Pa-
risiensium codicura duorum variae Icctioncs enotatac. Gymn.-Pr,
Posen. 24 S. 4.
j Demosthenes' W^erke. Griechisch und deutsch mit kritischen und
^<<- — ■ ^>^
^ Giiorlilsclie Classilicr niid Frlilärnn{jspcl)rif(en. 75 "^
erklärenden Anmerkungen. ' 8. ThT."' Äv a. rf. T. : Rede gegen Le-
ptines. Leipzig, Engelmann. 162 S. gr. 12. geh. 18 ngi
Domosthcnes, ausgewählle Reden. Erklärt von Ant. Wcsler-
mann. 1. ßdchn. 4. Aull. IJorlin, Weidmann. XXXII u. 189 S
gr. 8. geh. 14 n^i
— — 2. ßdchn. [XVIII.] Rede vom Kranze. [XX.] Rede gegen
Leplines. 3. Aufl. Ehd. 240 S. gr. 8. geh. \'z 4-
— discoiirs sur la couronne. Edilion classiquc, rcvue siir les meil-
leurs tcxles , accompagn6e d'argunienls el de nolcs grammalirales,
philologiques , liUeraires et historiques, par J. A. Marion. Paris,
Delalain. X u. IGO S. 12. 1 fr. 10 c.
— discours de Ctesiphon, ou sur la rouronne, explique litldralemenl,
annole et revu pour la traduclion francaise, par Sommer. Paris,
Kachelte et Ce. 39.5 S. 12. 3 fr. 50 c.
— the Olynthiacs. Edited by Henry Musgrave Wilkins. London,
Parker. 170 S. 8. 4 sli. 6 d.
— Seconde Oijnihicnne. Texte grec avec argumenl, sommaires et
notes en frangais, par un professeur de l'universile. Nouvelle edi-
tion, revue par Fr. Dübner. Paris, Lecoffrc et Ce. 20 S. 12.
— les Philippiques. Nouvelle ödilion, puhliee avec des argumenis
et des notes en franpais par A. Materne. Paris, Kachelte et Ce.
114 S. 12. ^ 70 c.
— - by T. K. Arnold, wilh English notes. 2d edit. London,
Rivingtons, 160 S. 12. 4 sh.
Haupt, Dr. 0., Das Lehen und staalsmännische Wirken des De-
mosthenes, nach den Quellen dargestelll. Mit dem lilh. Portr. d.
Demosthenes. Posen, Merzbach 1861. Vlli u. 192 S. gr. 8.
geh. 1V+ 4-
Löfstedt, Einar, In illa Demoslhenis et Aeschinis de Philocralea
pace contenlione uler utrum melioribus rationihus impugnaverit.
Diss. acad. Upsaliae. 35 S. 8.
Spengel, Leonh., Die d^jutjyoQUa des Demosthenes. 1. Abth. [Aus
den Abhandign. d. k. bayer. Akad. d. Wiss.] München (Franz).
74 S. gr. 4. geh. nn. 26V3 W
]>ion.ysii ßyzantii Anaplum Bospori ex Gillio excerplum edidit et
illiistravit Ouo Frick. Accedit tabula geographica. Gymn.-Pr.
Wesel. 38 S. 4.
— Kalicarnasensis antiquitatum Romanarum quae suporsunl recensuil
Adolph. Kiessling. Vol. I. Leipzig, Teubner. XLVIII u. 318 S.
8. geh. 24 iigr ; Velinp. 1 4- ^ "ö^
Duripidis tragoediae. Recensuil et commenlariis instruxit Reinh.
Klotz. Vol IIL sect. 3. continens fphigeniam Aulidensem. [Et. s.
t.: Bibliotheca graeca curanlibus Frid. Jacobs et \ al. Chr. Fr. Rost.
Ä. poetarcm vol. XII]. Gotha, Hennings. 191 S. gr. 8. geh. 18 ngr
— ex recensione Fred. A. Pal ey ; accessit verborum et nominum in-
dex. Vol. 3. Cambridge, Rell. 303 S. 18. 3 sh. 6 d.
— Alcestis, chiefly from the lext of Dindorf. With English notes,
critical and explanalory, for the use of schools, by J. Milner.
2d edit. London, Weale. 100 S. 12. 1 sh.
Braut, Aem. Arm., Euripides mulicrum osor num rccte dicatur.
Diss. inaug. Berolini 1859. 38 S. gr. 8.
Jan, Prof. L. v., Anmerkungen zu Euripides Iphlgenia in Taurien,
zur Förderung einer gründlichen Vorbereitung. Gymn.-Progr.
Schweinfurl, Giegler. 34 S. 4. geb. n. Ve "f-
Ra u c h en s t e i n, Rect. Rud., Dispulatio de locis aliquot Euripidis
Iphigeniae Tauricae. Aarau, (Sauerländer). 18 S. gr. Lex. -8.
geb. n. 8 ngr
^ 76 Griechische Ciasslker iiuil Erkläruiigsscliriftt'ii,
Reuscher, Dr., Annotationes ad locos aliquot lonis £uri[)idcae.
Gymn.-Pr. Potsdam 1859. 16 S. 4.
'Hq (ü(fi((yov inirofAt} rtj? xuO^ohx^g ngoccüdiag. Rncognovit Mauric.
Scljmidt. Jena, Mauke. VII u. 300 S. br. 8. geh. n. 1 4. 18 ngn
llcrodote^ premier livre. Nonvelle edilion, publice avec des argii-
guments et des notes en franfais, par E. Som m e r. Paris, Hachetle
et Ce. 1861. 197 S. 12.
Hosiodiis.
Koechly, Prof. Dr. Herrn., De diversis Hesiodeae Theogoniac par-
tibus dissertatio. Zürich, (Moyer & Zeller). 38 S. gr. 4. geh.
n. 18 Hgt
Hesychii Alexandrini lexicon post Joanncni Albcrlum recensiiil JVIaur.
Schmidt. Vol. III. Fase. 1—2. Jena, Mauke. S. 1 — 144. hoch 4.
geh. a n. %, 4.
Historie!.
Herwerden, M. Dr. Henr. van, Spicilegium valicanum continens
novas lecliones in historicorum graecorum excerpta, quae primus
edidit Ang. Mains, prolalas e palimpsesto vaticano denuo excusso
addilis commentariis crilicis cum in reliquoium tum in Diodori,
etiam quae alibi exstant, excerpta. Leiden, Brill. Xll u. "232 S.
gr. 8. geh. nn. ly, 4.
BSoineri, works according fo the text cf Baeumlein, wilh English no-
tes, critical and explanatory, &c. by T. H. L. Leary. London,
Lockwood. 8. 12 sh. 6 d.
— Ilias juxta VVoIfianam et Hoynianam edd., latinas notas ex Hey-
nii commentario plerumque desumplas addidit L. Quicherat. 6
vols. Paris, Hachelte et Ce. .^80 S. 12. 6 fr. .50 c.
— — chant 4e, expiique lillcralemenf, Iraduit en franpais et annole
par H. C. Prevost. Paris, Hachette et Ce. 76 S. 12. 1 fr.
— texte grec. Chant 6. Nouvelle edition, avec un choix de
notes en fran^ais, par N. Theii. Paris, Dezobry, Magdeieine et
Ce. 29 S. li.
— _ chant 18e. Texte revu, avec sommaires et notes en fran^ais,
par Fr. Dübner. Paris, Lecoffre et Ce. 32 S. 12.
— Odyssee. Erklärt von J. Ü. Faesi. I. Bd. 4. Aufl. Berlin,
Weidmann. 329 S. gr. 8. geh. 2/3 4.
_ — texte grec revu sur les meilleurs editions, et accompagne do
notes en franpais par E.Sommer. Chanls ö ä 3. Paris, Hachette
et Ce. 88 S. 12. 75 c
— — epitome. In usum scholarum edid. Franc. Pauly. Pars iL
(Schluss). Odysseae üb. XIII— XXIV. Prag, Tenipsky 1861. IM
u. 192 S. 8. geh. _ V2 "^•
— Hymni. Recensuit, apparalum criticum rollegit, adnotationem cum
suam tum seleclam variorum subjunxit Aug. Baumeister. Leip-
zig, Teubner. VII u. 376 S. gr. 8. geh. 2 4. 12 njt
Bertrand, A., Essai sur les dieux protccteurs des heros grecs et
troyens dans IMIiade. Rennes 1859. 184 S. gr. 8.
Butt mann, Lexilogus s. S. 66.
Funk, Ueber den Gebrauch der Pronomina oviog und ocTf bei Ho-
mer.' Gymn.-Pr. Friedland. 22 S. 4.
Hiecke, Dir. Dr., Ueber Lachmann's 10. Lied der Ilias. Gymn.-
Pr. Greilswald 18.Ö9. 20 S. 4.
Köchly, H., De Iliadis carminibus dissertatio V, VI, V!L Indd.
lertt. 1858—59. 1859. 1859-60. Zürich. 26, 13 u. 3S S. 4.
La Roche, J., lieber den Hiatus und die Elision in der Caesur
des dritten Fusses und der bukolischen Diaerese bei Homer.
[Abgedr. aus der Zeitschrift f. d. österr. Gymn. 1860]. Wien,
Gerold's Sohn. 31 S. gr. 8. geh. n. 8 ngt ^
Xd(,- — ^ — — »^
^
<^4^- ^^
Griecliisclie Classikcr und Eivklärunjfsscliriftcn. 77 §:
Schürmann, Dr. .1. , De genero dicendi atque aefate hymni in
Apollinem Homerici. Gymn.-Pr. Arnsberg 1859. 12 S. 4.
Uyperides.
Weslermann, Prof. Ant. , Indicis graecitatis Hyperideae pars al-
tera. Leipzig, Dürr. 17 S. gr. 4. geh. 4^12 ngi: (I. 2.: ISVj ngr)
Isocrates, ausgewählte Reden. Für den Schulgebrauch erklärt von
Gyinn.-Prof. Dr. Otto Schneider. 2. Bdchn. Panegyricus u. Phi-
lippus. Leipzig, Teubner. Vlli u. 163 S. gr. 8. geh. 12 ngt
(I. 2.: 21 ngr)
liUCianns Samosatensis. Franc. Fritzschius recensuit. Vol. 1.
Pars 1. Rostock, Leopold. XVI u. 152 S. gr. 8. geh. n. P/g »f.
— ausgewählte Schriften. Erklärt von Julius Sommerbrodt.
1. Bdchn.: üeber Lucians Leben und Schriften. Lucians Traum.
Charon. Timon. Berlin, Weidmann. XXXV u. 100 S. gr. 8.
geh- . n. ^/3 '^.
Guttentag, Isid., De subdito qui inter Lucianeos legi solel dialogo
Toxaride. Berlin, G. Reimer. III u. 106 S. gr. 8. geh. Vz «$•
liycnrg^us.
Jacob, JH., Specimen emendationum [Lycurgus, — Ampelius]. Gvmn.-
Pr. Cleve. 17 S. 4.
Eiysias.
Meutzner, Gotthold, Commentatio de Lysiae oralione tkqI tov
otjxov. Plauen. (Lipsiae, Teubner). 26 S. 4.
Pansaniae descriptio arcis Athenarum in usum scholarum edidit
Otto Jahn. Accedit forma arcis ab Adolfo Michaelis descripta.
Bonn, Marcus. 54 S. gr. 8. m. 2 Steintaf. in qu. Fol. geh. n. 18 ngr
Philosophorum graecorura fragmenta collegit, recensuit, vertit, an-
notationibus et prolegomenis illustravit, indicibus insiruxit Fr. Guil.
Aug. Mullacbius. — Poeseos philosophicae caeterorumque ante
Socratem philosophorum quae supersunt. Paris, Didot. XXVll u.
579 S. gr. 8. ä 2 Sp. geh. 15 fr.
Bibliotheca scriptorum graecorum. Vol. L.
Pindar, ödes. Part I: the Olympics and Pythians, construed lite-
rally by Dr. Giles. London, Cornish. 170 S. 18. 2 sh.
Scholia Gerraani in Pindari Olympia e codice Caesareo Vindobo-
nensi edidit, aliorum scholiorum specimina adjecit, epistolarum
criticarum triadem praemisit Tycho Mommsen. Kiel, Homan
1861. XXVIII u. 70 S. gr. 8. geh. n. 24 ngr
Plato, apologie de Socrate. Nouvelle ödition, publice avec des ar-
guments et des notes en franpais, par E. Tal bot. Paris, Hachette
et Ce. 74 S. 12. 65 c.
— Eutidemo e Protagora; traduzione da R. Bonghi. Milano I8r>9.
8. fior. 3,3.').
— Philebos, oversat af det graeske og oplyst ved anmaerkninger af C.
J. Heise. Efter oversaetternes död udgivet af F. C. Sibbern,
med en fortale, indeholdende en skildring af den afdöde. Kjöben-
havn, Reilzel. 106 S. 8. 1 Rd. 12 sk.
Bonitz, H., Platonische Studien. II. Hft. [Aus den Sitzungsber.
1860 d. k. Akad. d. Wiss.] Wien (Gerold's Sohn). 89 S. Lex.-8.
nn. 14 ngr
Grote, George, Plato's doctrine respecting the rotation of the earth,
and Aristotle's comments upon that doctrine. London, Murray.
40 S. 8. 1 sh. 6 d.
Janet, Paul, Etudes sur la dialectique dans Piaton et dans Hegel.
Paris, Ladrange. LVI u. 400 S. 8. 7 fr.
Kranichfeld, Wilh. Rud., Piatonis et Aristotelis de ^doy^ senten-
tiae quomodo tum consentiant tum dissentiant perquirendo inter
sese comparatae. Diss. inaug. ßerolini 1859. 52 S. gr. 8.
Z<i^. ^
-^iifc<vS
^
<^— ^ — — ^ • — ■ -^^
78 Griechische Classlker und Erhläningsschriften. ^
Michelis, Pfr. Dr. Fr., Die Philosoplile Piatons in ihrer inneren
Beziehung zur geoffcnbarten Wahrheit kritisch aus den Quellen
dargestellt ?. Ablh., die Üebergangs-Diaioge , die constructiven
Dialoge und die das Resultat zusammenfassenden Abhandlungen
enlhalleud. Münster, Aschendorff. III u. 360 S. gr. 8. geh.
n. IVe 4. (cplt.: n. 2^/, 4.)
Schmidt, H., Difficiliores aliquot Gorgiae Platonici loci accuratius
explicati. Gymn.-Pr. Wittenberg. 12 S. 4.
Schnitze, Rudolf, De dialogi Plalonici qui inscribitur Lysis argu-
mento et consilio. Progr. d. Ritter-Ak. Brandenburg. 18 S. 4.
Schwanitz, Gust., Am Meere. Platonische Skizzen. Jena, Mauke.
82 S. gr. 8. geh. 12 ngc
Susemi hl, Prof. Dr. Frz., Die genetische Entwickelung der Pla-
tonischen Philosophie einleitend dargestellt. 2. ThI. 2. Hälfte.
Leipzig, Teubner. XXVlil S. u. S. 313—696. gr. 8. geh.
n. 2 ^. (cplt.: n. 7 4.)
Plolin, les Enneades, traduites pour la premi^re fois en fran^ais,
accompagnees de sommaires, de notes et d'eciaircissements, et pre-
cedees de la vie de Plolin avec des fragments de Porphyre, de
Simplicius, d'Olympiodore, de saint Basile, etc.; par N. Bouillet.
Tome 3e et dernier. Paris, Hachette et Ce. 1861. LH u. 700 S.
8. 7 fr. 50 c.
Pliitarco, vite parallele volgarizzate da M, Adriani il giovane.
Vol. H. Firenze. 18. Bor. 1,25.
— udvalgte biographier. Til skolebrug udgivne af C.Berg. Anden
afdeling : Agis, Kleomenes, Tib. Gracchus, G. Gracchus, Philopoi-
men. Kjöbenhavn, Steen. 128 S. 8. 1 Rd. 72 sk.
— vie d'Alexandre. Edition publice sur le texte de Coray, avec des
sommaires et des notes en franpais par V. ßetolaud. Paris, Ha-
chette et Ce. 144 S. 12. 90 c.
— — Texte grec avec sommaires et notes en franpais par l'abbe J.
Kercos. Paris et Lyon, Perisse fr. 111 u. 116 S. 12.
— vie de Jules C^sar. Texte grec, accompagne de notes philologi-
ques, historiques et critiques, par l'abbö Cognat. Ebd. 96 S. 12.
— — expliquee litteralemenl , annotöe et revue pour la traduction
franpaise, par Matern e. Paris, Hachette et Ce. 268 S. 12. 2 fr.
— vie de Cicöron. Nouvelle Edition , publice avec des arguments et
des notes en franpais, par E. Talbot. Paris, Hachette et Ce.
110 S. 12. 90 0.
— — Edition classique, accompagnee de notes et de remarques,
par C. Cuvillier. Paris, Delalain. 92 S. 12. 90 c.
— vie de Dömoslhene , avec un sommaire et des notes en francais,
par Ch. Galuski. Paris, Dezobry, Magdeleine et Ce. IV u. 96 S. 12.
Porphyrii, philosophi Platonici , opuscula tria recognovit Aug.
Nauck. Leipzig, Teubner. XLIV u. 223 S. 8. geh. 18 ngi ;
Velinp. 1 «f*.
Sophoelis tragoediae superstites et perditarum fragmenta ex recen-
sione et cum commentariis G. Dindorfii. Editio tertia. 2 voll.
London, Parker. 12. 21 sh.
— tragoediae superstites ex recensione G. Dindorfii. Ebd. 12.
3 sh. 6 d.
— erklärt von F. W. Schneidewin. 4. ßdchn.: Antigene. 4. Aufl.
besorgt v. Aug. Nauck. Berlin, Weidmann. 164 S. gr. 8. geh.
n. V, 4'
— Ajax. Tragödie. Im Versmasse der Urschrift übersetzt v. Gymn.-
Dir. Dr. Jul. Zastra. Neisse, Graveur. 59 S. 8. geh. n. 8 ngt
— Antigene: with annotations, introduction, &c., by Edw. Wunder.
2d edit. London, Williams and N. 8. 3 sh.
^^^. — . ^yp^
^^^ ä'y * I ' 1 ^^ 1*1 I T^ 1 ■ •• 1 • » "f^
^
Gricchisclic Classifcer und Erklärung^sschriflcn. 79 ^
Sophoclis Electra secundum editionem Boissonadii. Varfetatem lect.
et adnolationeiii adjecit L. de Sinn er. Paris, Hachetle et Ce
121 S. 12. 1 fr*
— Oedipus Rex: wilh annotations, introduction, &c. by Edw.
Wunder. 2d edit. Paris, Hachette et Ce. 8. 3 g),]
— ~ Texte grec, revu et corrige, d'apr^s Ics manuscrits, par L. de
Sinner, avec un argument, des notes en francais et des extrails de
rOedipe de Voltaire, par C. Delzons. Paris, Hachette et Ce
144 S. 12. 1 fr!
— Oedipe ä Colone (texte grec). Edition annot^e par Croiset
Paris, Dezobry, Magdeleine et Ce. 333 S. 12.
Geyer, Phil. Jos., Studien über tragische Kunst. I. Leipzig, T. 0.
Weigel. 8. geh. ' 9 „gj
Inhalt: Die aristotelische Katharsis, erklärt u. auf Shakspeare u. So-
phokles angewandt. 48 S.
Lange, Ludovicus, De locis nonnullis Sophocieis emendandis com-
mentatio. Prour. acad. Giessen. 30 S. 4.
Lindner, Albert, Cothurnus Sophocleus. Diss. inaug. Berlin, Vo-
gel. XII u. 96 S. 8. geh. n. 12 „gt
Lipsius, J. H., De Sophoclis emendandi praesidiis disputatio.
Gyran.-Pr. Meisscn. Leipzig, Dürr. 27 S. gr. 4. geh. V4 «$.
Schmidt, Dir. Dr., Bemerkungen zu einigen Stellen des Sopho-
kles. Gymn.-Pr. Herford 1859. 6 S. 4.
Theocritus.
Fritzsche, Prof. Herrn., Zu Theokrit und Virgil. L Leipzig,
(Teubner). 35 S. gr. 8. geh. n, ji ^„i
Gebauer, Gust. Adolph, De poetarum graecorum bucolicorura in-
primis Theocriti carminibus in eclogis a Vergilio expressis libri
duo. 2 Voll. Leipzig, Mendelssohn. Lex.-8. geh. n. 2% ^.;
Velinp. n. 32/3 ^[
Theophra<(tDS.
Hanow, F., In Theophrasti characteres symbolae criticae. Gymn -
Pr. Züllichau. 2Ö S. 4.
Thucydide et Xeuophon, oeuvres compl^tes, avec notices bio-
graphiques par J. A. C. Buchon. Paris, Pantheon litteraire. XVI
u. 818 S. gr. 8. ik 2 Sp.
— guerre du P6loponese. Edition classique precedee d'une notice
litteraire par T. Bude. Tome 1er. Livres 1 ä 4. Paris, Delalain.
XX u. 391 S. 18. 1 fr. 75 c.
— coiloquium Atheniensium et Meliorum V, 85 — 113 latine redditum
et adnotationibus instructum. Diss. academica C. Henr. Brandt
üpsaiiae. 29 S. 8.
Girard, Jules, Essai sur Thucydide. Paris, Charpentier. 332 S.
18. 3 fr. 50 c.
Kirchhoff, Diterich, Thucydides Graecorum ingeniosus rerum ge-
starum scriptor atque inter omnes qui similes exstiterunt antiqui-
tatis historicos princeps. Diss. inaug. Freiburg (Brilon). 22 S. 4.
Tragrici.
Hoppe, Dr., De comparationum et metaphorarum apud tragicos
Graecos usu„ Progr. des Gymn. zum gr. Kl. Berlin 1859. 32 S. 4.
Xenophons Cyropädie. Erklärt von K. F. Hertleiu. 2. Aufl.
2. Bdchn. Berlin, Weidmann. 235 S. gr. 8. geh. 1/2 '^«
— — livre I. Texte grec accompagne de sommaires, de notes,
d'une table historique et geographique et d'un lexique , par L.
Passerat. Paris, Dezobry, Magdeleine et Ce. 173 S. 12.
— - — Texte revu avec nolice, sommaires et notes en franpais,
par Fr. Dübner et Lefranc. Paris, Lecoffre et Ce. 76 S. I2!
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rc_ ^ — -^>ioÄ
80 Griechische Glasslher und Erklärung^sschriften. ^
Xenophon, Cyropedie, premier livre. Nouvelle Edition, publice avec
des argumenls et des notes en fraiifais par C. Huret. Paris, Ha-
chelte et Cc. 104 S. 12. 65 c.
griechische Geschichte. Für den Schulgebrauch erklärt von Gymn.-
Oberlehr. Dr. B. Büchsenschütz. 2. Hft.: Buch V — VII. Leip-
zig, Teubner. 172 S. gr. 8. geh. 12 ngt
apologia Socratis in Latinum conversa, a Petro Olao Eden, üp-
saliae. 15 S. 8.
Bogren, A. G., Prodici fabula de Hercule in Latinum conversa com-
raentariisque illustrata. Oerebro, Lindh 1859. 15 S. 8.
Kvnoiäi'ov, 'A., thqI twv 'EXXtjvixüiy tov Sivotf^yrog. 'Ey 'A9i^yais
1858. 138 S. 8.
Analektcn der mittel- und neugriechischen Literatur. Hrsg. v. A.
Ellissen. 4. Tbl.: Byzantinische Paralipomena. 2 Abthign. Leip-
zig, 0. Wigand. gr. 16. geh. n. 2V5 4- ('-4.: n. 7 4. 28 ngt)
Inhalt: Timarion's u. Mazaris' Fahrten in den Hades. Nach Ha-
se's u. Boissonade's Recension u. 1. Ausg. d. Textes griechisch u.
deutsch, m. Eiuleitg. u. Anmerkgn. hrsg. v. A. Ellissen. — Geor-
gius Gemistus Plethon's Denkschriften üb. die Angelegenheiten
des Peloponnes. Nach W. Canter's Edition [Antverp. 1575] u. der
florentin. Handschrift zum ersten Male vollständig hrsg. u. übers, m.
Einleitg. u. Anmerkgn. v. Ellissen. XIV u. 521 S.
Carmina^ popularia, Graeciae recentioris edid. Arnold. Passow.
Leipzig, Teubner. XI u. 650 S. gr. 8. geh. n. 4% »f.
%^<^
Lateinische Classilier und Erldärungs-
scliriften.
Prosaiker, römische, in neuen üebersetzungen. Herausgegeben von
C. N. v. Oslander und G. Schwab. 224. u. 225. Bdchn. Stutt-
garf, Metzler. 16. geh. ä 3% ngr; einzeln ä V« «#•
Inhalt: Cicero's Werke. 71. und 72. Bdchn. Briefe. 21. u. 22.
Bdchn. Vermischte Briefe , übers, u. durch Einleitgn. u. Anmerkgn.
erläutert. 7. Bdchn. Von Prof. Frdr. Eauchenstein. 8. Bdchn.
Von Gymn.-Prof. Dr. Ferd. Frdr. Baur. S. 2625—2820.
Ampelins.
Jacob, s. Lycurgus S. 77.
Caesaris, C. Julii, commentarii de hello gallico. Zum Schulge-
brauch mit Anmerkungen herausgegeben von Gymn.-Prof. Ch. Stü-
ber und H. Rheinhard. Mit in den Text gedr. Holzschn. u. 1
lith. Kärtchen v. Gallien. Stuttgart, Oetinger. IV u. 264 S. gr. 8.
geh. ^' 28 ngi
and the first book of the greek paraphrase; with english no-
tes, critical and explanatory, plans of battles, sieges, etc., and histo-
rical geographica!, and archaeological Indexes. By Prof. Charles
Ant'hon. Nevr York 1859. (Philadelphia, Schäfer & Koradi). XIX
u. 493 S. 12. m. Portr. in Kpfrst., 1 lith. Karte in Fol. u. 12 Holz-
gchntaf. geb. n« l'^/s 4'
^^
r^ _ ^>^
^ Latciulseiic Classlker und Erklüi'unjj^ssclulften. 81 *
Caesaris^ C. Julii, commenlarii de hello Gallico, in usum schola- |
rum recensuit Andreas Fr i gell. Upsaliae 1858. 72 S. 8. 50 öre.
— — expliques lilteralement , traduits en fran^ais et annoles par
Sommer. Livres I h IV. Paris, Hachelte et Ce. 392 S. 12. 4 fr.
— — Nouvelle edition, avec sommaires et notes en fran(;ais, par
C. Ozaneaux, suivie d'iin lexique de geographie comparee, par ü.
Mac Carthy. Paris, Dezobry , Magdeleine et Ce. 238 S. 12.
— commentarii de hello civili. Texte revu avec notices, argumenta,
notes et un index g6ographique, par Fr. Dühner. Paris, Lecoffre
et Ce. 245 S. 18.
Frigell, A. , Kommentarier tili Caesar. Första och andra haftet.
üpsala 1858. 40 S. 8. 45 öre.
Göler, Gen.-Major Frhr. Aug. v. , Cäsars gallischer Krieg in dem
Jahr 52 \. Ch. Avaricum, Gergovia, Alesia. Nach Cäsars bell,
gall. üb. VII. bearb. Mit 3 lith. Taf. in Fol. Carlsruhe, Braun
1859. VII u. 92 S. Lex.-8. geh. n. 24 ngr
— Cäsar's gallischer Krieg im Jahr 51 v, Chr. Nach des Hirtius
hell. gall. lib. Vlll. bearbeitet, nebst Erläuterungen über das rö-
mische Kriegswesen zu Cäsars Zeit. Mit l chromolith. Karte u.
1 lith. Plane in gr. Fol. Heidelberg, J. C. ß. Mohr. VII u. 80
S. Lex.-8. geh. n. ^g ^.
— üebersichtskarte zu Cäsars gallischem Kriege. Chromolilh.
Ebd. gr. Fol. In Couvert. n. 7 ngt
Kindscher, Franc, Emendationes Caesarianae. Zerbst, (Luppe).
18 S. gr. 4. geh. n. 8 ng:
Saulcy, F, de, Les expeditions de Cesar en Grande-Bretagne.
Paris, Didier et Ce. 42 S. gr. 8.
Catonis., M.,. praeter librum de re rustica quae extant. Henr. Jor-
dan recensuit et prolegomena scripsit. Leipzig, Teubner. CIX u.
135 S. gr. 8. geh. n. 1% 4.
Catnlli« Q. Valerii, liher. Recognovit August. Rossbach. Editio
IL Leipzig, Teubner. XXIII u. 76 S. 8. geh. 4V2 ngt ; Velinp. 7^ »^.
Ciceronis de amicitia dialogus, explique lilteralement, traduit cn
frangais et annote par Legouez. Paris, Hachette et Ce. 164 S.
12. ... vi fr- 25 c!
— — Nouvelle edition, publiee avec un argument et des notes en
franpais par A. Legouez. Paris, Hachette et Ce. 51 S. 12. 25 c.
— Cato der Aeltere vom Greisenalter. Lateinisch mit deutscher Ue-
bersetzung, Einleitung und erläuternden Anmerkungen. Leipzi",
Engelmann. S8 S. 8. geh. i/ ^
— — Laelius sive de amicitia, et epistolae selectae. Recensuit G.
Long. Cambridge, Bell. 112 S. 18. 1 sh. 6 d.
— — Edition classique accompagnee de remarques et de notes
grammaticales, philologiques et bistoriques, par J.Genouille. Pa-
ris, Delalaio. 48 S. 12. 25 c.
— de ofGciis. Traduit en franQais, avec le texte latin en regard
et des notes par E. Sommer. Paris, Hachette 1861. 286 S.
12. 2 fr. 50 c'
— — Nouvelle edition, publice avec des sommaires et des notes en
francais; par H. Marc hand. Paris, Hachelte et Ce. 206 S. 12. 90 c.
— disputationes Tusculanae editae a S. G.Cava 11 in. Liher primus.
Lundae, Gleerup. VIII u. 79 S. 8. 75 öre.
— Somnium Scipionis edidit Jo. Aug. Forslund. Upsaliae Xx'
u. 9 S. 8.
— Reden. Lateinisch, mit deutschon üeberselzungen, Einleitungen
und erklärenden Anmerkungen. Leipzig, Engelmann. 8. geh. V. ^.
Inhalt: Reden f. Marcus Marcellus und Quintus Ligarius. Lateiniscli
m. deutscher Uebersetzg. etc. v. Dr. Ed. Je nicke. 84 S.
x^<^_ — _ .^
^ 82 Lateinische Classiker und Erkläriingsschriften.
%i^
Ciceronis in L. Calilinam oraliones quatuor. Edition class-ique, ac-
compagnee de remarques et notes granimaticales, philologiques et
hisloriques, par A. F engere. Paris, Delalain. 58 S. 12. 40 c.
— — avec des notcs en fran^ais ä I'usage des classes, par J. Gi-
rard. Paris, Dezobry, Magdeleine et Ce. 139 S. 12.
— — expliqu6es litteralement, traduites en fran^ais et annotöes par
J. Thibault. Paris, Hachelte et Ce. 256 S. 12. 2 fr.
— oratio pro Milone, cum nolis ad calcem rejeclis quibus omnes vo-
cum et locutionum difficullates enodantur. Ad usum scholarum.
Lyon et Paris, Pörisse fr. 43 S. 18.
— ausgewählte Briefe. Herausg. von Frdr. Hofmaun. 1. Bdchn.
Berlin, Weidmann. IV u. 256 S. gr. 8. geh. 18 ngi
— epistolae selectae. Edition classique, accompagnee de remarques
et notes granimaticales, philologiques et historiques, par D. Marie.
Paris, Delalain. 108 S. 12. 60 c.
epistolae et historiae selectae pro classibus grammaticae. 3 voll.
Paris, Le Clere et Ce. 302 S. 18.
Berger de Xivrey, sur !es relations litteraires entre Ciceron et
Cesar. Paris, Didot. 20 S. 4.
Engstrand, Cax. Je. Henr. , De libris Ciceronis Academicis.
Dissertatio academica. Upsaliae. 32 S. 8.
Frank el, (iymn. -Oberlehr. Dr. C. , Nachträge und Berichtigungen
zu Frdr. Eilendt's Commentar über Cic. de oratore libr. I. Schluss,
II. 2. Fortsetzung. Dorpat, (Gläser) 1856. S. 51 — 128. gr. 8.
geh. n. 12 ngt
— Dasselbe libr. III. cap. 21—35. [Zugleich als Kritik des be-
zeichneten Abschnittes der Schrift in der Schulausgabe von Pide-
rit. 18591. 3. Fortsetzg. Ebd. 1859. 103 S. gr. 8. geh. n. 18 nßt
(1-3.: n. 1 4. 8 ngt)
Funck, Wilhelm, lieber den Gehalt von Gicero's Character und
Schriften. Schul-Pr. Züllichau 1859. 12 S. 4.
Jeep, J., Aliquot loci e\ oralionibus Ciceronis in usum scholarum
editis. Woifenbütlel. 15 S. 4.
Müller, C. F. W., Conjecturae Tullianae. Gymn.-Pr. (Friedr.-
Coll.) Königsberg. 26 S. gr. 4.
Schulz, Beruh. August., De Ciceronis consolatione. Diss. inaug.
Greifswald. 102 S. gr. 8.
Cornelii Wepotis opera quae supersunt. Nouvelle Edition, avec
des soramaires et des notes en frangais par Pour marin. Paris,
Dezobry , Magdeleine et Ce. 166 S. 12.
— — ad optiraarum editionum fidem recensuit gallicasque notas
subjunxit L. Qu ich erat. Paris, Hachette et Ce. X u. 156 S.
12. 80 c.
— Mit Anmerkungen und einem vollständigen Wörlerbuche von
Gymn-Prof. F. W. Hinzpeter. Bielefeld, Velhagen & Klasing.
V u. 226 S. gr. 8. geh. I2V2 ngt
— vitae excellentium imperatorum. In usum scholarum ed. Dr. O.
Eichert. Editio IV. casligata. Breslau, Kern. 103 S. gr. 16.
geh. 4 ngi
— — Texte revu, avec notice, arguments, notes en frangais et les
principaux fragments des ouvrages perdus, par F. Dübner. Paris,
Lecoffre et Ce. IV u. 217 S. 18.
— — expliquees litteralement, traduites en fran^ais et annotöes par
Sommer. Paris, Hachette et Ce. 541 S. 12. 5 fr.
Grammaiici latini ex recensione Henr. Kcilii. Vol. III. Fase. II.
Leipzig, Teubner. Lcx.-8. geh. n. 27; ^. (I— HI. : n. 19 4^)
Inhalt: Prisciani, grammatici Caesariensis , de figuris numerorum,
de metris Terentü , de praeexercitamentis rhetoricis libri , institutio de '
^ . ___- ^^
^ Laleuiisclie Classiker iintl JErkläriingsscIiriffeii. 83 ^
nomine et pronomine et vei-bo , partitiones XII versuum Aeneidos
principalium , accedit Prisciani qui dicitur über de accentibus, ex re-
censione Henr. Keilii. S. 385 — 602.
Heg-esippus , qui dicilur sive E^esippus, de bcllo Jiidaico ope co-
dicis Cassellani recognitus. Edidit Prof. Carol, Frid. Weber,
Fase. 4. Marburg, Elwert. S. 169-22U. Imp.-4. geh. ^j^ 4>.
(1—4.: 2 xf . 6 ngt)
Horalii Flacci, Q., opera omnia. Recognovit et commenlariis in
Hsum scholarum instruxit Dr. Guii. Dillen burger. Edi(. IV.
Addita est tabula lith. villae Iloratianae. Bonn, Marcus. XX u.
63.5 S. gr. 8. geli. n. t^/^ .4.
— — ex recensione A. J. Macleane, New York. (Philadelphia,
Schäfer & Koradi). VI u. 211 S. 16. In engl. Einb. n. 2/3 4.
— — Nouvelle edilion, d'apr^s les meilleurs textes, avec des argu-
menls analytiques et historiques et un commentaire en fran^ais;
precedee d'une notice sur les m6tres d'Horace, par A. Cartelier.
Paris, Dezobry, Magdeleine et Ce. XXIV u. 378 S. 12.
— — ad optimorum codd. et edd. fidem recensuit et variorum suis-
que notis illuslravit L. Quicherat. Paris, Hachette et Ce. XXIV
u. 358 S. 12. 1 fr. .50 c.
— — Nouvelle edilion, pubüee avec des arguments et des notes
en franpais, et precedee d'un precis sur les m^lres employes par
Horace , par E. Sommer. Paris, Hachette et Ce. XN'l u. 426 S.
12.^ 1 fr. 80 c>
— Gedichte in versgetreuer (Jebcrselzung nebst einem Excurs
über das Versmass der Ode l!l. 12 von Dr. J. S. Strodtmann.
2. vielfach verbesserte Ausgabe , ohne lateinischen Text und An-
merkungen. Leipzig, Engelinann. X!V u. 316 S. 8. geh. 1 ^.
— Oeuvres compl^tes, traduites en frangais par les traducteurs de la
colleclion Panckoucke. Nouvelle edition, enrichie de notes expli-
catives , acconipagnee du texte laiin et precedee d'une elude sur
Horace par H. Riga u lt. Paris, Garnier fr. XLIX u. 423 S. 18.
3 fr. 50 c.
— Ödes, satires, epitres , arl poetique. Traduction nouvelle par
Jules Janin. Paris, Hachelle et Ce. XXIV u. 380 S. 12. 3fr. .50 c.
— works.from the texl of Orcilius, with copious English noles by Jo-
sephe Currie, and a biographical mcmoir by Henry Ihompson.
lUustrated with engravings froni aulhentic sources. London, Griffin.
620 S. 8. 8 sh. 6 d.
— carmina expurgala, cum adnolalionibus. Paris et Lyon, Pölagaud.
XV u. 357 S. 16.
— le odi ad uso delle scuole spiegate secondo il nuovo metodo.
Con due traduzioni italiane. Vol. L Venezia 18.59. 18. fior. 0,52.
— ödes, commenl^es et expliquees en vers hexametres lalins, par J.
B. Cayron. Livies 1 et 2. Ire livraison. Lyon, Vingtrinier.
84 S. 12.
— Ödes, epodes, poeme seculaire, traduit par Emmanuel Worms de
Romilly. Paris, Didol. 453 S. gr. 18.
— Satiren. Lateinisch und deutsch mit Erläuterungen von Dr. Ludv?.
Döderlein. Leipzig, Teubner. XX u. 298 S. gr. 8. geh. n. 2V, k^.
— Episteln. Lateinisch und deutsch mit Erläuterungen von F. S.
Feldbausch. 2 Bdchn. Leipzig, C. F. Winter. XII u. 540 S.
gr. 8. geh. n. 22/, ^.
— die Dichtkunst oder der Brief an die Pisoncn. Urschrift, üeber-
setzung, Erklärung von Aug. Ar no Id. 2.,verb. Ausg. Halle, Pfef-
fer. 83 S. gr. 8. geh. n. 12 naji
— — explique lillöralement , traduit en franpais et annote par E.
Taillefert. Paris, Hachette et Ce. 76 S. 12. 75 c.
^<^
-v\fe^
^ 8i Lateinische Ciassiker und Erkläriing'sselii'Ifteu.
Scholia Horatlana quae feruntur Acronis et Porphyrionis post
Geo. Fabricium nunc priraum emendatiora edid. Prof. Dr. Franc.
Pauly. Editio II. In 6 Fascc. Fase. 1. Prag, ßellmann 1861.
1. Bd. VI S. u. S. 1 — 144. gr. 8. geh. n. ^/^ ^.
Currie, Joseph, Notes on Horace, explanatory, critical, and gram-
matical, from the best commentators , ancient and modern, with
original matter. London, Griffin. 12. 4 sh.
Garcke, Prof. Dr. Henr. Herrn., Q. Horalii Flacci carminum li-
brum I. collatione scriplorum graecorum illustravit. Adjecti sunt
escursus de coronis convivalibus et conspectus scriplorum grae-
corum cum Horatio coUatorura. Quaeslionum de graecismo Ho-
ratiano pars I. Halle, Buchh. d. Waisenhauses. XXX u. 240 S.
gr. 8. geh. n. IVj »f.
Horaz als Aesthetiker in seinem Brief an die Pisouen, mit Be-
rücksichtigung seiner übrif;en Gedichte und der Poetica des Hie-
ron. Vida. Einsiedeln , Gebr. Benziger. gr. 4. geh. 6 ngt
Martin, F., De Horatii epodorum ratione antistrophica et inlerpo-
lationibus, Gymn.-Pr. Posen. 20 S. 4.
Wink 1er, Rob. , De primo Carmine Horatii. Progr. des kath.
Gymn. Breslau 1859. 16 S. 4.
■fordanis de Getarum sive Gothorum origine et rebus gestis. Re-
cognovit, adnotatione eritica instruxit et cum rarietate lectionis edid.
Carol. Aug. Glos s. 2 Hfle. Stuttgart, Fischhaber 1861. 8. n. IVj .#•
Jurisconsulti.
Fitting, Prof. Dr. Herrn. Heinr. , üeber das Alter der Schriften
römischer Juristen von Hadrian bis Alexander. Basel (Schweig-
hauser). IV u. 55 S. gr. 4. m. 1 Tab. in Imp.-Fol. geh. n. 18 nji
Juvenal et Perse, oeuvres completes, suivies des fragments de Tur-
nus et de Sulpicia. Traductions par Dusaulx, Pierrot et Parreau.
Nouvelle Edition, revue avec le plus grand soin, par F6lix Lemaistre.
Paris, Garnier fr. XLVHI u. 38 5 S. gr. 18. 3 fr. 50 c.
Göbel, Dir, Dr. Anton, Juvenaliana und Persiana aus einer Wie-
ner Pergament-Handschrift des 10. Jahrb. Gymn.-Pr. Conitz
1859. 18 S. 4.
liivii) Titi, ab urbe condita libri. Edidit Martin Hertz. Vol. II.
2 Partes. Editio stereot. Leipzig, B. Tauchnitz. XCVIII u. 530 S.
8. geh. 18 ngt
— dasselbe. Pracht-Ausg. Vol. II. Ebd. XCVIII u. 530 S. gr. 8.
geh. 2V4 x^.
— book 21 — 24; with short English notes for the use of schools.
Oxford, Parker. 380 S. 18. 4 sh. 6 d.
Koch, Adolf, Emendationes Liviauae (Zum Jubil. von Berlin). Bran-
denburg. IV u. 19 S. 4.
Madvigii, Prof. Jo. Nie, Emendationes Livianae. Hauniae. (Leip-
zig , T. O. Weigel). 638 S. gr. 8. geh. n. 31/3 4-
Sarlorius, F., Quaestiunculae Livianae. Gymn.-Pr. Bayreuth.
20 S. 4.
Till manns, Ludw. , Disputationis qua ratione Livius Polybi histo-
riis usus sit part. 1. Diss. inaug. Boun. 64 S. 8.
liucanus.
Gen the, Herm., DeM. Annaei Lucani vita et scriptis. Diss. inaug.
Berolini 1859. 88 S. gr. 8.
Weber, C. F., De duplici Pharsaliae Lucaneae exordio. Ind. lectt.
Marburg 1860. 26 S. 4.
ninucius Felix.
Roeren, Dir. C. , Minuciana, i. e. annotationes criticae ad M. Mi-
nucii Felicis dialogum, qui inscribitur Octavius, praemissa com-
Nr
^P<
Latcinisclic Glasslkcr und Erklärung^ssclirifton. 85 ^^
menlalione de ipsius scriptoris aelate. Gymii.-Pr. Bedburg 1859.
26 S. 4.
Naeviiis. 'T;''V; n^-vnui'w
Berchcm, t)r. Max. Jos., De Gv. Nacvii poetae Tita et scriptis.
Münster, Coppenralh 1861. III u. 112 S. gr 8. geh. n. ^/^ ^.
Petronius^ oouvres compleles, avec la traduction francaise de la
collection Panckoucke, par Hegiiin de (juerte, et piec6dee des re-
cherchos sceptiqucs snr le Salyricon et son auteur, par J. M. M. de
Gueite. Nouvelle edition, Irös-soigneusement revue. Paris, Gar-
nier fr. XI.V u 40 > S. gr. 18. 3 fr. 50 c.
Phaedri fabularum libri quinque. Nouvelle ^ditiou, d'apr^s les meil-
leurs texles, avec une vie de Ph^dre et des notes en francais , etc.
par L. W. Rinn. Paris, Dezobry, Magdeleine et Ce. 158 S. 12.
— — cum fahellis novis. Nouvelle edilion , publiee avec des notes
en francais, par E. T a l be r t. Paris, Hachette et Ce. 170 S. 12. 75 c.
Plautns.
Umpfenbach, Dr. Franc. , M elfte mala Plaulina. Dissertatio in-
auguralis. Giessen , (Ricker). 111 u. 67 S. gr. 8, geh. ^/^ «f.
Plini Secundi, C, naturalis historiae libri XXXVII. Recognovit
atque indicibus iiislruxit Ludov. Janus. Vol. V. Libb. XXXIII —
XXXVII. Leipzig, Teubner. CX u. 180 S. 8. geh. 18 ngr ;
V^elinp. 1 ^.
Keller, Frid. Ludov., Ad C. Plinii Secundi nat. hist. XIV, 4 [de
foenore vinario] disputalio critica. Accedunt pauca ad Gaii iV,
152 et ad I. 10. ff. Si pars her. Berlin, (Hertz) 1859. 9 S. gr. 4.
geh. ./'■"/■"" ;'' n. 6 ngt
Vorhausef, 0'., Die religiös-sittliche Weltanschauung des älteren
Pliuius. Gyrhn.-Pr. Innsbruck. 32 S. 4. '''!■ i'iTaf^f
duintilianus.
Törnebladh, Ragnar, De elocutione M. Fabii Quiutiliani quaeslio-
-.; nes. Upsaliae, Wahlström 1858. 34 S. 8. lyunj^ — --
' ünger, Robert, Sollemnia quibus in aula gymnasii Friedlandeiisis
subrector desigoatus munus auspicaturus est. Gymn.-Pr. 1859.
4 S. 4.
Havonnatis anonymi cosmographia et Guidonis geographica. Ex
libris manu scriptis edidd. M. Pin der et G. Parlhev. Accedit ta-
bula chromolith. Berlin, Nicolai. XXlil u. 677 S. 8. geh. n. SVg 4.
l^allnstii, C. Crispi , Calilina et Jugurtha, cum seleclis fragmentis.
Nouvelle edilion publiee avec des sommaires et des notes en fran-
cais par P. Croiset. Paris, Hachette et Ce. 209 S. 12. 90 c.
— Calilina, explique lillöralement , traduit en frangais et annote par
Cr'öiset. Ebd. 12. >;^'6 .^..i.nMj j fr. 50 c.
Senecae philosophi opcra. Avec la tradticfion franfaise de la col-
lection Panckoucke. Nouvelle edition, tres-soigneusement revue par
'Charpen tier et Felix Lemaistre, et pr6ced6e d'une uotice sur
Seneque et d'une preface par Charpenlier. Tome 3. Paris, Gar-
nSer fr. 414 S. 12. in.i-jKi ,^1 , v 3 fr. 50 c.
{[«talius.
Imhof, Alb., De Silvarum Statianarum condieione critica. Pr. der
lat. Hauptsch. Halle 1859. 44 S. 4. ^^ .?'-'>i«'i
'Volckmar, C. H. , Specimen novae Silvarum Statu editionis.
-'■■■ Gymn.-Pr. llfeld. 18 S. 4. j
Snetoni Tranquilli, C, praeter Caesarum libros reliquiae edid. 1
August. Rei f f e rsc hei d. Inest vita Terenti a Frider. Ritschelio j
emeudata atque enarrala. Leipzig, Teubner. XX u. 566 S. gr. 8.
Mit 1 Steinlaf. in qu. Fol. geh. n. 4^/, «^. |
Taciti ab excessu divi Augusti annalium libri XVI. Nouvelle edition, j
etc., par J. Naudet. Paris, Dezobry, Magdeleine et Ce. 108 S. 12. |
i<<-
86 Lafelnisclie Classlljcr und Erklärnngssclirifloi».
5^
Taciti annalium über primus, notis selectis illustrayit A. Beyerle.
Paris; üelalain. 38 S. 12. 40 c.
— Germania. Ex Hauptii recensione recognovit et perpetua anno-
tatione illustravit Prof. Frid. Kritzius. Beriin, F. Scliueider. XII
u. 1 19 S. gr. 8. geh. n. Vz '<f-
— vie d'AgricoIa expliqu6e, annotöe et revue, pour l,a traduction Iran-
Caise, par H. Nepveu. Paris, Hachetle et Ce. 132 S 12. 1 fr. 75 c.
— dialogus de oratoribus. Nouvelle Edition, d'apres les meilleurs
textes , avec des somniaires et des noles cd francais, par Alex. Ni-
colas. Paris, Dezobry, Magdeieine el Ce. 48 S. 12.
Heiniscb, Prof. Dr., De nonnuliis Taciti locis disputatio. Gymn.-
Pr. Glatz lh59. 14 S. 4.
S ch w eizer-S i dler, H., BemerkuDgen zu Tacitus Germania.
Schul-Pr. Zürich. 24 S. 4.
Weinkauff, Dr, Fr., De Taciti dialogi, qui de Oratoribus ioscri-
bitur, aiiclore. Parlicula II. Gyma.-Pr. Köln 1859. 30 S. 4.
Terentius.
Fritzsche, F. V., Lectiones Terentianae. Rostock (Leipzig, Frilz-
sche). 26 S. 4. geh. »f^ili-., ""• ^ "9'^
Hurabert, Dr. C. H., Le Phormion de T^rence et les fourberies
de Scapin de Molitre. Elberfeld 1859. Progr. d. Realsch. 18 S. 4.
TibniliiN.
Ocstling, Nicolaus, De Albii Tibulli vila el ca^minihus ,quaeslio-
nes. Dissertatio academica. Upsaliae. , 2J S.;,,P|., . ; , .,,,,,.,,.
Varro.
Lii tigert, Dr., Theologumcna V'arroniana a S. Augustino in Judi-
cium vocala. Pars II. Gymn.-Pr. Sorau 1859. 30 S. 4.
Terg-ili JTIaronisii, P. , opera recensuil Ollo Rihbeck, Vol. II.
Aeneidos libri I — VI. Leipzig, Teubner. 435 S. gr. 8. geh.
-.,,,,,. , .,i\ü!H.'-. n. 22/3 4. (I. II.: n. 4 4». 8 nßi)
— — Edition classique, pr6c6dee d'une notice litt^raire par D. T u r-
,;fl,ebe. Paris, Deialain. XVI u. 176 S. 18. 1 fr.
-T»-t.,-p- from the Icxl of Heyne and Wagner; with English noles,
a metrical index, and an epitome of Wagnor's quaesliones Virgilia-
nae, by Arch. Harn. Bruce; and biographical mempir by Henry
.Thompson. London, Griffin. 400 S. 8. .,, 10 sh. 6 d.
— — Texte revu avec coinnientaire et un traitö siir les principales
parliculariles de la syntaxe po6tique, par Fr. Dgbner. Paris, Le-
coffre et Ce. XVIII u. 570 S. 18.
— — traduction de l'abbe D e sfon tain e s. Paris, Renault et Ce.
..XV u. 224 S. 8. .f.,!<Ix./.,M;,;
— Nouvelle cdition, publice avec des arguments et' des notes en
frangais par E. Sommer. Paris, Hachetle et Ce. IV u. 554 S.
12. 2 fr.
— with English notes, explanalory and crilical; also a metrical analysis
of the.Aeneid, by Roscoe iVlongan. Dublin, Simpkin. 8. 3 sh.
— Bucolica, Georgica, Aeneis, breviariis et notis hispanicis illustrata,
ad usum scholarum. Paris, Garnier fr. VIII u. 532 S. 18.
— Bucoliques. Essai de, traduction en vers , par S. A. ßerville.
Amiens. 67 S. 8. ,i
TT- Georgiques expliquöes litt^ralement par Sommer, traduites en
francais el annotöes par A. Desportes. 1er livre. Paris, Ha-
chetle et Ce. 68 S. 12. 60 c,
— Aeneis. Sixiemo et neuvi^me livres, expliqu6s littöralement par
f-, S o IT) ni er, traduils en fran^ais et annoles par A. Desportes.
Paris, Hachetle et Ce. 104 u. 116 S. 12. ä l fr. 50 c.
Fritzsche, s. Theocrit S. 79.
Geh au er, s. Theocrit 8. 79. bUb/i
:<^- — r- — r— -»t
Ä<^ -^ — — — -»*»<»
^ Spiaclnvissenscliaft. — I. Zeilscliriflen. 87 ^
Kalmus, Dr., Quaeslione» Vergilianae. Gymn.-Pr. Puttbus 1859.
I 20 S. 4.
Victor, Sext. Aurel., De viris illustribus urbis Romae. Mit Anmer-
kungen und einem vollständigen Wörlerverzeiclniisse für Schulen
hrsg. von weil. (iymn.-Dir, Dr. Karl Frdr. Aug. Brohm, 3. durch-
gängig bericht. Ausg. Leipzig, N'eit&Co. IV u. 124 S. 8. geh. n. 12 ngt
Sprachwissenschaft.
1. Zeitschriften. Philosophische und vergleichende Gram-
matik. Allg'emeine Schriften.
Abhandlnnj^en für die Kunde des Morgenlandes herausg. von der
Deutschen Morgenländiscben Gesellscbalt unter der Red. des Prof.
Dr. Herrn. Brock haus. II. ßd. Ni. 1. Leipzig (Rrockhaus). gr. 8.
geh. n. 2 4. (i-ll, 1.: n. S^/^ ^.)
Inhalt: Hermae pastor. Aethiopice primum edidit et aethiopica latine
vertit Anton. d'Abbadie. Vll u. 183 S.
Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen.
Herausgegeben von Ludwig Herrig. 28. Band. 4 Hefte. Braun-
schweig, Westerniann. gr. 8 n. 2 ^.
Inhalt von XXVII, 3.4. XXVIII, 1: Mahn, über den Ursprung und
die Bedeutung des Namens der Stadt Berlin S. 241 — 60. Wollen-
berg, 3 vieux poemes en l'honneur de la Saiute-Vierge S. 261 — 68.
Jung, Hamlet, eine Schicksalstragödie S. 269 — 94. Wentrup,
Giovanni Meli und die sicilianiscbe Poesie S. 295 — 316. Boltz, über
LomonossoflfS. 317 — 30. Lateudorff, Miseellen (Seb. Franck, He-
nisch, Tappius , Schiller) S. 347 — 50. Schröder, das Lesen und
Declamiren S. 353 — 90. Gesenius, Sir John Maundevylle , ein
Beitrag zur Geschichte der englischen Literatur und Sprache S. 391
— 428. Kann e gie s s er , Leben und Schriften des neuereu italieni-
schen Dichters Benedetti S. 429 — 46. Wollenberg, die Vulgata
und die romanischen Sprachen S. 469-71. K ann egies s er, Jesus
und die Samariterin (nach dem Italien.) S. 471 — 76. Jost, sprach-
liche Fragen S. 476 — 77.
XXVIII, 1: Kannegies ser, Proben baskischer Dichtkunst S.
1 — 20. Hermann-Twiste, über Amadis von Gallien und die be-
deutendsten Ritterromane der Spanier S. 21 — 52. Haupt, über Was
und Welches S. 53 — 74. W., 6pitre de St. Paul aux Ephesiens et hi-
stoire de Ste. Susanne cn proven9al S. 75 — 88. Miseellen (Weigand,
fragments d'un traite de versitication franr^aise. Sanders, über die
Fügung von lehren mit dem Dativ oder Accusativ der Person. Lan-
gensiepen, die Vorsilbe sa im Französischen) S. 107 — 26.
Jahrbuch für romanische und englische Literatur, unter besonderer
Mitwirkung von Ferdinand Wolf herausgegeben von Prof Dr. Adolf
Ebert. Dritter Band. Octobcr 1860 - September 1861. Berlin,
Dümniler, Asher & Co. In 4 Heften, gr. 8. n. 3 xf.
Inhalt von H, 2 — 4 u. III, 1: Liebrecht, ein weiterer Beitrag zur
Geschichte der romantischen Poesie S. 121 — 38. v. Müuch, Virues'
i ■••:'•'• 'Leben und Werke S, 139 — 63. Wolf, der erste histöi-ischö Roman
' ' " im spanischen Süd-Amerika S. 164 — 82. Heller, das neueste zur
,$^<^ . ____ . 1 ^>j,
^ 88 Sprachwissenschaft. — I. Zeitschritten.
Ossian-Frage S. 183-203. — Kritische Anzeigen S. 204-40. 3,58
— 65. Ebert, zur Geschichte der catalanischen Literatur S. 241
— 79. Bartsch, der eatalonische Can9oner d'amor der Pariser
Bibliothek S. 280 92. Cornet, Guicciardini's uncdirte Werke. I.
considerazioni und ricordi S. 293 - 313. Liebrecht, die Quellen des
,,Barlaam u. Josaphat" S. 314 — 34. Sachs, inedita aus dem bre-
viari d'amor S. 335 — 57. Holland, über den Roman de la Poire
S. 365 — 68. Beta, die englische Nationalliteratur im J. 1859
S. 369 — 92. March, die Nationalliteratur der Vereinigten Staaten
von Nordamerika in den J. 1858 u. 1859 S. 393—404. Grion,
die italienische Nationalliteratur im J. 1859 S. 404 — 12. Amador
de los Rios, die spanische NationaUiteratur in den J. 1858 u. 1859
S. 412 — 35. Ebert, Bibliographie des J. 1859 S. 436 — 86. Re-
gister S. 487 — 92.
III, 1: Paris, die französische Nationalliteratur im J. 1859
S. 1 — 31. Le Roy, die französische Literatur Belgiens iip. J, 1859
'' S. S2 — 55. Köhler,""zu Wolfs Proben portugiesischer uBd catala-
nischer Volksromanzen S. 56 — 63 (mit Nachwort von V^'^olf S. 63 —
73). Liebrecht, zum Pantschatantra S. 74 — 89. Brunet, les
proverbii de Cintio S. 89 — 91. — Kritische Anzeigen S. 92 — 124.
Journal of ihe American Oriental Society. Sixth volume number
11. New Haven. S. 269-613. gr. 8. 21/2 Dollar.
Inhalt: Burgess, translation of the Surya-Siddhänta , a text-book
of Hindu astronomy ; with notes , and an appendix (Schluss) S. 269
- — 498. Hall, two Sanskrit inscriptions engraven on stone S. 499 —
537 ; three Sanskrit inscriptions relating to grants of land S. 538-^
49. Hadley, a Greek inscription from Daphne , near Antioeh , in
Syria S. 550 — 55. Hall, on the fArya-Siddhänta S. 556 — 64. —
Miscellanies (Riggs, inverted construction of modern Armenian.
Macy, on William's Cliinese dictionary. Moffat, on the natural li-
mits of ancient Oriental history. — • Extracts from correspondence)
S. 565-76. Meetings andc. S. 577—613. 'i .«:-. U
— of ihe Royal Asiatic Society nf Great Brilain and Iferaüd. Vol.
XVIII part 1. London, Parker & Son. 219, \XX u. 16 S. gr. 8.
Inhalt: Rawlinson, on the birs Nimrud, or the great temple of Bor-
sippa S. 1-34. Talbot, translation of some Assyrian inscriptions
S. 35 — 105. Tyrwhitt, Ptolemy's chronology of Babylonian reigns
conclusively vindicated ; and the date of the fall of Nineveh ascer-
tained ; with elucidations of connected points in Assyrian, Median,
Lydian and Israelite history S. 106 — 49. Talbo't, Hin cks , Op-
pert, Rawlinson, comparative trauslations of the inscription of
Tiglath Pileser I. S. 150 — 219. — Proceedings XXX, S. — List of
members,,16/S. \t " a-
Orient und Occidcnt insbesondere in ihren gegenseitigen Bezie-
,, hungcn. Forschungen und Miltbeilungen. Eine Vierteljahrsschrift
[, herausg. von Theodor Benfey. 1. Jahrg. 4 Hefte. Göttingen,
'; Dieterich. gr. 8. n. 5 ^.
Inhalt von I, 1: Benfey, Einleitung S. 1 — 8; Uebersetzung des Rig-
Weda, Hymnus 1—35 S. 9 — 54. Leo Meyer, die griechisch-lateini-
schen Vocale S. 55 — 116. Liebrecht, Beiträge zum Zusammenhang
indischer und europäischer Märchen und Sagen S. 116 — 36. Ben-
fey, Nachtrag zu p. 117 S. 136 — 38; über die alte deutsche auf
Befehl des Grafen Eberhard von Würtenberg abgefasste Uebersetzung
des Kalilah und Dimnah , insbesondre deren ältsten Druck und des-
sen Verhältniss zu der spanischen Uebersetzung S. 138 — 87. —
,,, Miscellen (Benfey, iO-gi-s, oO-gt-g = sskr. vädhri-s ; äng ; vnijft},
.,,j (int]i'iis, ngogijyrjg, ngtjvijg, pronus, Holland, die neun Höhlen des
^*^ ^y^
^ Sjuacliwiss. — I. Pliilos. u. vcigl. Gramm. Allgem. Sclir. üd ^
,, ,i,^l ,,;Körpers. L.Meyer, cervus- x6()«o?- hirsch. Marietta, Entde-
.,.,;. ,,, pkungeu in Aegypten. Berifey, scintilla, CTUv^fjo) S. 187 — 200.
Revue orioniale el anierirainc, puhliöe avcc le cnncours de
meiiibres de I'lnsliliit, de di[)lomalcs, de savanls, de voyageurs, d'o-
rienlalislcs et d'indiislriels , par Leoa de Rosny. T. 4. Paris,
Challamel. 486 S. 8. m. Kpfrn. 12 fr. 50 c.
Zeitsrhrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete des
Deutschen, Griechischen und Lateinischen, herausgegeben von
Gymn.-Prof. Dr. Adalb^it K.u|?n. ^0. Bd. 6 Hefte. Berlin, Diimm-
•■ I Q -iJ. )....! i ,1 i.,^,,üi^ .Uiir. . i'J .1» .li Ij;;- 'tili ., „
, ler. gr. 8. ,_ ^ j -^ n. 3 «f.
Inhalt von IX, 2—6 und X, 1: Benfey, sind Wiirzeln oder Verba
die Grundlage der indogermanischen Sprachen V S. 81 — 132. Cors-
\ sen, zum sabellischen Dialekt S. 133—70. Pott, mytiio-etymolo-
gica (Personennamen auf -f jJ?) S. 171 — 216. Förstemann, der ahd.
Diphthong ao S. 217 — 24. Aufrecht, vibrare; histrio; mentiri, men-
dax, mendum ; mentula, cunnus ; inrio, inritare S. 231 — 33. Weber
näga, snake S. 233 — 34. Bühler, hliumunt S. 235 — 38. Walter
die latein. Adverbia auf -tim S. 238 — 40. Kuhn, (üxtccvög S. 240.
Toble.r, die Anomalien der mehrstämmigen Comparation und Tem-
pusbildung S. 241 — 75. Förstemann, die Wurzel sru in Flussna-
men S. 276—89. M. Schmidt, der kyprische Dialekt und Euklos
der Chresmologe S. 290 — 307. 361 — 69, Lottner, Auge; der
griech. Relativstamm S. 319—20. Curtius, das Dreisilbengesetz
der griechischen und lateinischen Betonung S. 321 — 38. Pott, my-
tho-etymologica (Personennamen nach dem Berge Ida ; Phineus • Pan-
dion; Eigennamen mit ö'^') S, 330— 60. 401 — 22. Walter, zur De-
clination der u-Stämme im Lateinischen S. 370 — 72. Schleicher
ou = eu im Lateinischen S. 372. Leo Meyer, die homerischen
Formen des Zeitworts tlyuv S. 373 89. 423 — 31. M. Schmidt
(iiTUQoy S. .399— 400. Leo Meyer, #|, pf| S. 432 — 36. West-
phal, zur vergleichenden Metrik der indogermanischen Völker S.
437—58. — Anzeigen S. 225-31. 308 — 19. 390—99.
X, 1: Corssen, zum sabellischen Dialekt S. 1 — 44. Leo
Meyer, Vocalvorschlag , Vocalzerdehnung , Distraction S. 35 58.
Ähren s, ixänQog, iy.nßTog S. 59 — 68. — Anzeigen S. 69 — 74.
Savelsberg, der griech. Relr.tivstamm S. 75 — 76. Kuhn, fre-
quens S. 77. Walter, über; vibix S. 77 — 78. Schleicher, Grü-
serich; der goth. gen. sing, der u- und i-Stämme S. 79 — 80. Kuhn
grüse S. 80.
Böttcher, Dr. F., Unseres Alphabetes Ursprünge, geraeinfasslich dar-
gelegt. Dresden, Kunize. 85 S. gr. 8. geh. n. 16 n^i
Ciaeson, K., Om sprakets Ursprung och wäsende. Upsala 1858
121 S. 8.
Diefenbach, Lor. , Origines europaeae. Die alten Völker Europas
mit ihren Sippen und Nachbarn. Studien, Frankfurt a. M., J. Baer
1861. III u. 451 S. gr. 8. geh. n. 31/5 ^.
Farrar, F. W. , An essay on the origin of language based on mö-
^ dem researches, and especially on ihe works of Renan. London
• 230 S. 12. 5 sh!
jnülleri, Dr. Fr., Das grammalische Geschlecht [Genus]. Ein sprach-
wissenschaftlicher Versuch. [Aus den Silzungsber. 1860 d. k. Akad.
j^d. .Wiss.] Wien (Gerold's Sohn). 26 S. Lex.-8. geh. n. 4 ngt
rr-<f Zur Suffixlehre des indogermanischen Verbums. [Aus den Si-
tzungsber. 1860 d. k. Akad. d. Wiss.] Ebd. II S. Les.-8. geh. n. 2 ngt 1
— Der Dual im indogermanischen und semitischen Sprachgebiete.
[Aus den Sitzungsber. 1860 d. k, Akad. d. Wiss.] Ebd. 19 S. Lex.-«. \
geh. 3 nj* I
;aK^— — __^ ^^
(^«-^ r -— ^K
^ 90 Spraclnvissenschaft. — II. Ostasiatisclie Sj)raclicn. -^
Steinthal () Privaldoc. Dr. H., Gharaklerislik der hauptsächlichsten
Typen des Sprachbaues. 2. Bearbeitung seiner Classification der
Sprachen. Berlin, Diimniler. XI u. 336 S. Lex.-8. geh. n. 2 *^.
Weber, Dr. Hugo, Etymologische Untersuchungen. I. Halle, Bucbh.
d. Waisenhauses 1861. XIV u. 120 S. gr. 8. geh. n...V8, «^.
Scherr, Johs., Aligemeine Geschichte der Literatur. Ein Handbuch.
2., umgearb. u. erweiterte Aufl. Stuttgart, Franckh 1861. VIII u.
583 S. Lcx.-8. geh. 2 ^. 6 ngr
Schmitz i, Dr. ßernh., Encyclopädie des philologischen Studiums
der neueren Sprachen. 1. Suppl. Greifswald (Koch). XIV u. 135 S.
gr. 8. geh. n. 1 «f. (cplt. m. Suppl. 1.: n. S^/j ,^.)
n. Ostasiatisclie Sprachen.
Sanskrit. Persisch. Afghanisch. Kurdisch. Altai-Sprachen.
Malaiisch. Makassarisch.
Böhfling-k, Otto, u. Rud. Roth, Sanskrit- Wörterbuch , hersg. von
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 18. Lfg. oder 3,
Tbl. 4. Lfg. St. Petersburg. Leipzig, Voss. Sp. 481—640. lrop.-4.
geh. nn. 1 ^.
Knault, Louis, De la litterature des Indous. Paris, Durand. 137 S.
gr. 8.
Goldstürker, Prof. Dr. Thdr., A dictionarj, sanskrit and english,
extended and improved from ihe 2. edition of the diclionary of Prof.
H. H. Wilson, with bis sanction and concnrrence; together with a
Supplement, grammalical appendices and an index, serving as an eng-
lish-sanskrit vocabularj. Part 4. Berlin, Asher & Co. 1. Bd. S.
241-320. Fol. geh. n. 2 «f.
Muir., John, Original Sanskrit texts on the origin and history of the
people of India: thcir religion and institntions: collected, translated
into English, and iilustrated by remarks. Vol. 2. The Trans-Ili-
malayan origin of ihe Hindus, and their affinity with the Western
branches of the Asian race. London, Williams Si N. 8. 18 sh.
ülüller, Max, A history of ancient Sanskrit literature. 2d edition.
London, Williams and N. 8. 21 sh.
Kerioseng-h's Sanskrit-Ueberselzung des Yapna. Hrsg. und erläu-
tert von Dr. Frdr. Spiegel. Leipzig, Engelmann 1861. 242 S.
gr. 8. geh. ->"'8Rv ^ 22)^ ^
llodt'i, Leon, Grammaire abregöe de la langue sanscrite. 2e partie,
Conjugaisons, indeclinables , derives et composes, analyse. Paris,
Challamel. S. 77-171. 8. 1 fr. 25 c.
Weber, A. , Die vedischen Nachrichten von den naxatra [Mnndsta-
tionen]. [Aus den Abbandign. d. k. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1860].
1. Thl. Historische Einleitung. Berlin (Dümmler). 52 S. gr. 4.
geh. n. Va 4-
Dorn., B., u. Mirsa Muhammed Schafy, Beiträge zur Kenntniss der
iranischen Sprachen. 1. Tbl. Masanderaniscbe Sprache. St. Pe-
tersburg. Leipzig, Voss. VI! u. 164 S. Lex. -8. geh. nn. 23 ngt
Hafis, Lieder. Persisch mit dem Commentare des Sudi herausg. von
Herrn. Brockhaus. 3. Bd. 1. Heft. Leipzig, Brockhaus. S. 1 —
80. gr. 4. n. 22/3 ^. (I — III, 1.: n. 24 4.)
i<^- . — ~^^$
^ Spraclmlasciiscliaft. — II. Ostasialisclie Sprachen. 91 ^
Spieeel , Fr., Einleitung iu die traditionellen Schriften der Parsen.
2. Thl. A. u. d. T.: Die traditionelle Literatur der Parsen in ih-
rem Zusammenhange mit den angränzen'len Literaturen dargestellt.
Leipzig, Engelmann. XII u. 472 S. Lex. -8. geh. n. 4^/3 4'''
(1. 2.: n. 7% «#.)
Raverly, H. G, , A diclionary of the Pukhto Pushto: er. Language
of ihe Afghans. London, Longman. 4, 84 sh.
— a grammar of the Pukhto Pushto; or Language of the Afghans,
with examples from the best writers. Ebd. 4. '21 sh.
— the Gulshan 1 Roh: being selcctions prose and poetical in the
Pushto or Afghan language. Ebd. 4. 42 sh.
Jabai, consul Alex., Recueil de notices et recits Kourdes servant ä
la connaissance de la langue, de la lilteralure et des tribus du Kour-
distan, reunis et traduiles en fran^ais. St.-Pctersbourg. Leipzig,
Voss. X u. 240 S. Lex. -8. geh. nn. 1 ^. 3 ngt
Schott^ Wilh., Allajische Studien oder Untersuchungen auf dem Ge-
biete der Altai-Sprachen. [Aus d. Abhandign. d. k. Akad, d. Wiss.
2u Berlin lb59J. Berlin (Diimmlerj. 37 S. gr. 4. geh. n. 12 1191;
Dissel, J. A. V., en H. G. Lucard ie, Nieuw Hollandsch-Laag Ma-
leisch woordenboekje , bevattende eenige duizende woorden, bene-
vens de \erklaring van onderscheidene spreekwijzen. Leiden, Sijt-
hoff. XVI u, 495 S. 12. f. 1,80.
inaHheSi, Dr. B. F., Makassaarsch-Flollandsch woordenboek, met
Hollandsch-Makassaarsche woordenlijst , opgave van Makassaarsche
plantennainen , en verklaring van een tot opheldering bijgevoegden
ethnographischen atlas. Amsterdam, iVJuIler 1859. VUi u. 943 S.
gr. 8. m. Atlas v. 17 lith. K. qu. Fol. f. 22,50.
— Makassaarsche Chrestomathie, oorspronkelijke Makassarsche ge-
schriften, in proza rn poezy uitgegeven, van aanlekeningen voorzien,
en ten deele vertaald. Ebd. IX u. 683 S. gr. 8. f. 10.
III. Westasiatisclie Sprachen.
Assyrisch. Arabisch. Syrisch. Hebräisch. Phönicisch.
Oppert, Jules, Elements de la grammaire assyrienne. Paris, Challa-
mel. 99 S. 8. 3 fr. 50 c.
Abu no'ivas, Divan, nach der Wiener und Berliner Handschrift, mit
Benutzung anderer Handschriften herausg. v. Wilh. Ahlwardt. L
Die Weinlieder. Greilswald, Koch 1861. 83 S. 4. geh. n. P/j 4>.
Barb., Prof. H. A., Das System der Hamze-Orthographie in der ara-
bischen Schrift. Wien, Helf. 37 S. gr. 8. geh. n. ^/^ ^.
— Die Transcription des arabischen Alphabetes. Wien, Gerold's
Sohn. 89 S. gr. 8. geh. n. l wf.
^- — -— »^
man a
^.
uf Cypern , Malta und öicilien gefunden. Tübingen, (Fues).
53 S. gr. 4. m. 1 Sleintaf. in gr. Fol. geh. '""'"'; n. Vs »?.
^<^ ^— ■ ' ^!
<* "- -77--V _ -^
^ 92 SpiachwJsscuscliaft. — III. Weslasiatlsche Spraclicia. ^
I Itfl'ücke, Ernst, Beiträge zur Lautlehre , der arabischen SpcacheT
~ [Aus den Sitzungsber. 1860 d. t. Akad. d. Wiss.] Wien (Qerold's
■^So'hn). .52 S. Lex.-8. geh. ' n. 6 nji
Castillo y Olivas, Pedro Maria del , Dialoges espanoles-ärabes ö
guia de. la conversacion mogharbi. Madrid, Moro. 1 12 S. gr. 8. 10 rs.
Dieterici, Prof. Dr. Fr., Die Naturanschauung und Naturphilosophie
der Araber im 10. Jahrhundert. Aus den Schriften der lautern Brü-
der übers. Berlin, Nicolai 18G1. XVI u. 2!6 S. gr. 8. geh. n. IV, »f-
Flüg'el, G. , Die Classen der Hanefilischen Rechtsgelehrten. [Aus
■'^den Abhandlgn. d. k. Sachs. Ges. d. Wiss.] Leipzig, Hirzel. 92 S.
gr. Lex. -8. geb. n. 24 113t
Hanol^'au, A., Essai de granmiaire de la langue Tamachek', ren-
■ fermant les principe« du langage parle par les Imoucbar' ou Toua-
reg, des conversations en Tamachek' etc. Paris, Challamel. XXXI
u. 299 S. m. 7 Tafeln. 8.^
Inscripciones Grabes de Granada, precedidas de una resenha hi-
slörica y de la genealogia detaüada de los Reyes Alahmares. Por
••^D. Emilio La f u en te A Ica n tar a. Madrid. 244 S. gr. 4.
Koran.) de, voorafgegaan door het leven van Mahomet, eene inlei-
ding omtrent de godsdienstgebruiken der Mahomedanen, enz. Met
opbelderende aanmerkingen en historische aanteekeningen van, M.
Kasimirski, Dr. L. Ullmann, Dr. G. Weil en R. Säle. Bij liet Ne-
derlandsche pubiiek ingeleid door eene voorrede, van Dr. S. Keyzer.
7e en''3e afl. Haarlem, v. ßrederode. S. 721-876. 8. f. 0,60.
cplt. f. 5.
Nöldeke, Thdr. , Geschichte des Qoräns. Preisschrifl. Götlingen,
Dieterich. XXXII u. 359 S. gr. 8. geh. ' • ^ ,' ■ ." ' «• 2- 4.
Paulinier, Ad., Dictionnaire frangais-arabe. 2e tirage. Paris, Ha-
cbette et Ce. XX u. 91! S. 18. 7 fr. 50 c.
'%f üsienfeld, Ferd., Geschichte der Stadt Medina. Im Auszuge aus
dem Arabischen des Samhüdi. [Aus den Abhandlgn. d. K. Ges. d.
Wiss. zu Göttingen. Mit einem Register verm.] Göltiogen , Diete-
rich. 162 S. gr. 4. geh. • .^R.iWä •€ -
Geoponicon in sermonem syriacum versorum quae supersunt. P.
Lagardius edidit. Leipzig, Teubner. VI u, 120 S. gr. 8. nn. 4 ^.
• fj ti i
Jashar. Fragmenta archetypa carminum hebraicoruni in Masorelhico
veteris testamenti textu passim tessellata collegil, ordinavit, rcstiluit,
in unum corpus redegit, latine exhibuit, commentario instruxit Dr.
Joann. Guil. Donaldson. Edilio IL aucta atquu emendata. Lon-
don, Williams & Norgale. XXVIII u. 392 S. gr. 8. In engl. Einb.
n. 3% .f.
^osen., Dr. C. H., Rodimenta linguae hebraicae schnlis et domesti-
cae disciplinae brevissime accommodata. Freiburg im Br. , Herder.
^^ V u. 129 S. gr. 8. geh. n. Va 4.
1^ aterniann, J., Beredeneerd Hebreeuwsch- en Chaldecuwsch-Ne-
derduitsch woordenboek , bewerkt naar de granimaticale en lexicale
werken van Fürst, Gcsenius, V^ater, Landau en anderen. Sc afl.
Rotterdam, Nijgh. S. 129— 192. gr. Ö^,,,. ^ .xVü.rf^^-
Jfl«'ier, Prof. Dr. Ernst, Erklärung phönikischer Sprachdenkmale, die
■^
r
1^ ^ — . ^ ^^
Sprachwlss. — IV. Afvik. ii. Aineiik. Spr. V. Ungarisch. 93 ^
■f
IV. Afrikanische und Amerikanische Sprachen.
BaHch, CIcm. Aug., Speciincn doctrinae de Copticae linguae praepo-
siliunibus ac parliculis. Diss. inaug. Beroliai 1859. 28 S. gr. 8.
Buschmann, Joh. Carl Ed., Das Apache als eine alhapaskische
Sprache erwiesen; in Verbindung mit einer systematischen Wortta-
fel des athapaskischen Sprachstamms. 1. Abth. [Aus den Abhand-
lungen d. K. Akad. d. Wiss. zu Berlin 18601. Berlin (Dümmler).
98 S. gr. 4. cart. n. 1 4.
— Systematische Worltafel des athapaskischen Sprachstammes. 3.
Abth. des Apache, [Aus den Abhandlgn. d. k. Akad. d. Wiss. zu
Berlin 1859]. Ebd. 88 S. gr. 4. cart. n. 28 ngc
V. Ungarisch.
Saint-Rene-Taillandier, Die ungarische Poesie im 19. Jahrhun-
derte. [Abdr. aus »Die Wissenschaften«]. Sondershausen, Ncuse.
30 S. Lex.-8. geh. n. ^/\ 4*-
VI. Slavische Sprachen.
Jezbcrai, F. J. , 0 pismenech vsech sloranskych näroduv. Prag,
Rziwnatz. 68 S. 8. m. 1 Tabelle. n. 16 ngr
Von den Buchstaben aller slavischen Völker.
ffltklosich, Dr. Frz., Die Bildung der slavischen Personennamen.
[Aus den Denkschriften d. k. Akad. d. Wiss.] Wien (Gerold's Sohn).
118 S. Imp.-4. geh. n. l^/^ 4-
— zum Glagolita Clozianus. fAus den Denkschriften d. k. Akad. d.
Wiss.] Ebd. 22 S. Imp.-4. geh. n.n. Vs 4.
Slovenisch. Böhmisch. Polnisch. Russisch. Kroatisch. Wendisch.
Illyrisch.
Nestoris chronica. Textura rtissico-slovenicum, versionem latinam,
glossarium edid. Fr. Miklosicb. Vol. I., textum continens. Wien,
Braumüller. XIX u. 223 S. gr. 8. geh. n. 2 ^.
Feifalik, Jul., Ueber die Königinhofer Handschrift. Wien (Gerold's
Sohn). 128 S. gr. 8. geh. n. 27 ngr
— Studien zur Geschichte der altböhmischen Literatur. IV. Heft.
[Aus den Sitzungsber. 1860 der k. Akad. der Wiss.] Ebd. 16 S.
Lex.- 8. 3 ng:
Biblioieka pisarzy polskich. Tom 2. 3. Pisraa Jul. Sfo wa ckiego.
Tom 1. 2. Leipzig, Brockhaus. VII u. 327: V u. 273 S. 8. geb.
ä D. l 4.
EiUkaszew^icz, Leslaw, Rys dziejöw pismiennictwa polskicgo. Wy-
danie drugie, wieksze, doprowadzone do 1860 roku. Poznan. 834 S.
8. 3 «f.
i4^
>^¥fr — ■ ■ — -$?^
4
94 Sprachwiss. — VI. Slavisclie Sprachen. VII. Breton. *
Ah*
Abriss der polnischen Literaturgeschichte. 2., vermehrte Ausgabe, bis
zum J. 1860 fortgesetzt.
Pla^iO^Twlii, Ignacy, Slownik podreczny polski i wloski. 2 tomy.
Warszaw, 332 u. 398 S. 8. 47^ «f.
Handwörterbuch der polnischen u. Italien. Sprache.
HoloTarkij ^ \\hn F., Russisches Lesebuch. Poetischer Theil. Mit
besonderer Rücksicht auf Betonung und Aussprache. Ein Beitrag
zur darstellenden Ünterrichls-Melhode. Wien, (Rospini). XVill u.
211 S. gr. 8. geh. n. 1 «f.
Ollen dorfi 's, H.- G., Neue Methode, in sechs Monaten eine Sprache
lesen, schreiben und sprechen zu lernen. — Anleitung zur Erler-
nung der russischen Sprache nach einem neuen und vollständigeren
Plane liir den Schul- und Privatunterricht verl'asst von Lehr. M.
.loel. 2. Aufl., durchgeseh,, verni. u. verb. v. Prof. Paul Fuchs.
Frankfurt a. M., Jügel. XXiH, 559 u. 1 lith. S. 8. cart. IV3 4.;
Schlüssel dazu IV u. 139 S. 8. cart. V2 *f •
Snlrk, Bogoslav, Deutsch -kroatisches Wörterbuch. — Nemacko-
hrval ki recnik. 2 Bde. Agram, Suppan 1854—60. VIII u. 1712 S.
gr. 8. geh. n. 8 «^.
Tzschirner, Dir. Dr., Jo. Choinani linguae Riphaticae ad artis ri~
tus directae et a dialectis secretae aliqualis conatus. Part. 1. ex li-
bro ms. edita. Gymn.-Pr. Cottbus 1859. 18 S. 4.
Fröhlich, R. A., Theoretisch-praktische Grammatik der illirischen
Sprache, wie solche in Dalmatien, Kroatien, Slavoniec, Bosnien etc.
gesprochen wird. Mit vielen Gesprächen, Uebungsstücken zum Ue-
berselzen und einem Wörterverzeichnisse. 3. verb. Aufl. Wien,
Wenedikt 1861. IV u. 316 S. 8. geh. 1 4.
VIL BretonJsch.
lie isonidec, Vocabulaire franfais-breton, revu par Troude. Saint-
ßrieuc. Vil u. 242 S. 18.
VIII, GerinaiHscbe Sprachen.
1. Deutsch.
Zeitschriften.
Zeitschrift für deutsches Alterthum, herausg. von Moriz Haupt.
12. Bd. 1. u. 2. Hfl. Berlin, Weidmann. S. 1—400. gr. 8. n. 2^.
Inhalt: Kelle, Otfrids VerbalÜexion , ausführlich erläutert S. 1 — 184.
W. Grimm, die Sage von Athis u. Prophilias S. 185 — 203; die
mythische Bedeutung des Wolfes S. 203—28; über eine' Thierfabel
des Babrius S. 229— 31. Dietrich, die Räthsel des Exeterbuches
S. 232—52. Mülleuhoff, Wolf und Wölfin S. 252; Zeugnisse und
i^— . ^■i
; ^>^
^ Spracliwissenscliaft. — VlII. Gcrnjanische Sprachen. 95 ^
Escurse zur deutschen Heldensage S. 253 — 386. E. H. Meyer,
über das Alter des Orendel und Oswalt S. 387 — 95. Müllenhöff,
Iddja S. 396 — 97: angebliehe Aoriste oder Perfecta auf r im Alt-
nordischen und Althochdeutschen S. 397 — 99. Mannhardt, Angang
der Vögel im Frühling S. 400.
Literaturgeschichte und Erklärungsschriften.
Blancheti, F., Le Faust de (loethe explique d'apres les principaux
commcntaires allcmands. Strasbourg, Derivaux. '237 S. 12.
Bünfxeri, Heinr. , Neue Goethesludien. Nürnberg, Bauer & Raspe
1861. XI u. 359 S. 8. geh. l^/, ^.
— Goethe und Karl August während der ersten fünfzehn Jahre ihrer
Verbindung. Studien zu Goethes Leben. Leipzig. Dvk 1861. VlII
u. 347 S. gr. 8. geh. n. 2^/4 «f.
Frläntcrun^en zu den deutschen Klassikern. 4. Abth. : Erläute-
rungen zu Herders Werken von Heinr. Düntzer. 1. u. 2. ßdchn.
Wenigen-Jena , Hochhausen. gr. 16. geh. ä Bdchn. n. 4 ngt
Inhalt: 1. Cid. 128 Si^^^^ 2. Legenden 108 S.
Fschr.nhaj^eni, H., Zur plattdeutschen Sprache und deren neue Li-
teraturbewegung. Berlin, Schotte & Co. 64 S. 8. geh. n. V3 x^.
Franko Paul, Handbüchlein der deutschen Liieraturgeschichle. In
leicht fassl., gedrängter Darstellung herausg. Leipzig, Merseburger.
VIII u. 253 S. 16. geh. n. V, 4.
Gof tschalU Rud,, Die deutsche Nationalliteratur in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts. Literarhistorisch und kritisch dargestellt. 2.
verm. u. verb. Aufl. 1 — 4. Aufl. Breslau, E. Trewendt. 1. Bd.
XXXII u. 496 S. u. 2. Bd. S. 1 160. gr. 8. geh. ä n. 12 ngt
Haas^ Heinr., Die Nibelungen in ihren Beziehungen zur Geschichte
des Mittelalters. Erlangen, Blaesing. Xlil u. 114 S. gr. 8. geh.
n. % »f.
Hoffmann von Fallersleben, Die deutschen Gesellschaftslieder des
16. und 17. Jahrhunderts. Aus gleichzeitigen Quellen gesammelt.
2 Thle. 2. Aufl. Leipzig, Engelmann. XX u. 650 S. S. geh. 2 ^.
Murz, Dr. Heinr., Geschichte der deutschen Literatur mit ausgewähl-
ten Stücken aus den Werken der vorzüglichsten Schriftsteller. Mit
vielen nach den besten Orig. u. Zeichngn. ausgeführten lilui^tr. in
eingedr. Holzschn. 3. Aufl. 6—10. 18 — 23. Lfg. Leipzig, Teubner.
1. Bd. S. 241-496. 2. Bd. S. 1—288. gr. Lex.-8. geh. ä V+ 4.
liüben^ Aug., u. weil. Lehr. Carl Nacke, Einführung in die deut-
sche Literatur, vermittelt durch Erläuterung von Musterstucken aus
den Werken der vorzüglichsten Schriftsteller. Für den Schul- und
Selbstunterricht. Zugleich als Commentar zu dem Lesebuch f. Bür-
gerschulen V. denselben Hrsg. 2., verb. Aufl. Mit den Bildnissen
Goethe's u. Schiller's nach Rietschel. In 8— 9Lfgn. 1. Lfg, Leip-
zig, Brandstetler. 1. Bd. S. 1 — 160. gr. 8. geh. 2/, ^.
JWörikofer, J. C, Die schweizerische Literatur des 18. Jahrhunderts.
Leipzig, Hirzel 1861. XIV u. 537 S. gr. 8. geb. n. 22/, 4.
Odebrecht, Kreisger.-Dir. K. Th. , Hans Sachs, ein Mahner und
Warner der Deutschen. Ein Vortrag auf V^eranlassg. d. Hülfs-Ver-
eins f. das German. National-Museum zu Nürnberg gehalten Berlin
am 7. März 1860. Berlin, Schröder. 46 S. gr. 8. geh. n. Vj 4.
Opel, Lehr. J. O., Mio guoter kiösenaere. Ein Erklärungsversuch.
[Aus Mützell's Zeitschrift f. Gymnasialwesen abgedr.]. Halle, Buchh.
d. Waisenhauses. 40 S. gr. 8. geh. 6 ngt
Pütz 4 Gvmn. -Oberlehr. Wilh., üebersicht der Geschichte der deut-
schen Literatur für höhere Lehranstalten. 2., verb. Aufl. Coblenz.
Baedeker. VI u. 81 S. gr. 8. geh. 6 ngt
* i
(V>e(<*— - — — — . __^s*J?!
96 Sprachwissenschaft. — VIII. Germaulsche Sprachen.
^
San-Marte, [Reg.-R. A. Schulz], Parcival-Studien. 1. u. 2. Hft.
Halle, Buchh. d. Waisenhauses 1861. gr. 8. geh. n. ö »f*'
Inhalt: 1. Des Guiot v. Provins bis jetzt bekannte Dichtungen,
altfranzösisch u. in deutscher metr. Uebersetzg. m. Einleitg. , Anmer-
kgn u. vollständ. erklärendem Wörterbuche hrsg. v. Gymn.-Prof. Joh.
Friedr. Wolfavt u. San-Marte [A. Schulz]. XII u. 402 S. n. 3 «f . —
2. Ueber das Religiöse in den Werken Wolframs v. Eschenbach und
die Bedeutung des heil. Grals in dessen ,,Parcival." XVI u. 278 S.
n. 2 4*.
SchaeffT, J. W. , Literaturbilder. Darstellungen deutscher Litera-
tur aus den Werken der vorzüglichsten Literarhistoriker. Zur Be-
lebung des Unterrichts u. zur Privatlectüre hrsg. 2 Thie. in 1 Bde.
Mit dem Bildnisse G. E. Lessing's nach May in Stahlst. Leipzig,
Brandstetter 1861. XX u. 785 S. gr. 8. geh. 2V2 4'.
Tilmar, Gyran.-Lehr. Dr. Otto, Zum Verstandnisse Göthes. V^or-
träge vor einem kleinen Kreis christl. Freunde gehalten, l.u.2. Aufl.
Marburg, Elwert 1861. Vlll u. 345 S. gr. 8. geh. 1 „f.
Weinholdi, Dr. Karl, Ueber den Antheil Steiermarks an der deut-
schen Dichtkunst des 13. Jahrh. Ein Vortrag gehalten in der feierl.
Sitzg. der kaiserl. Akademie der Wissenschaften am 30. Mai 1860.
Wien, (Gerold's Sohn). 35 S. gr. 8. geh. nn. Vs »f-
Zur Schiller -Literatur.
Bartsch, Oberlehr, Dr. J. , Schiller's Glaube an die Unsterblichkeil
der Seele. Zum 101. Geburtstage des Dichters, 10. Novbr. 1860.
Berlin, Uthemann. III u. 16 S. 8. geh. n. ''/^ ^.
Dcinhardt, Heinr., Beiträge zur Würdigung und zum Verständnisse
Schillers. 1. Bd. Stuttgart, Cotta 1861. XXIX u. 362 S. 8. geh.
l ^. 12 ngt
Keller, Prof. Adelb. v., Nachlese zur Schillerlitteratur als Feslgruss
der Universität Tübingen zum 400. Jahrestag der Stiftung der Uni-
versität Basel hrsg. Tubingen, (Fues). 28 S. gr. 4. geh. n. 9 ngt
niarcas, E., Schiller, ein Welt-Dichter. Ein Vortrag. Amsterdam,
Gebr. Binger. 24 S. Lex. -8. geh. n. 8 ngr
Scherr, Jobs., Schiller und seine Zeit. Pracht-Ausg. 2. Aufl. In
10 Lfgn. 1. u. 2. Lfg. Leipzig, O. Wigand. S. 1 — 144 m. eingedr.
Holzschn. u. 11 Holzschntaf. 4. geh. ä n. l ^'.
~ dasselbe. In 3 Büchern. 2. Aufl. Ebd. XII u. 632 S. gr. 16.
geh. IV5 4-
Schiller, Frdr., des deutschen Dichters, Leben und Wirken. Ein
biograph. Abriss dem deutschen Volke gewidmet als kleine Festgabe
zu Schiller's lOOjähr. Geburtsfeier am 10. Novbr. 1859. Nebst Anh.:
Das Lied von der Glocke. Mittweida. 32 S. 16. geh. 2 ngt
Schiller-Denkmal. 4— 14. Lfg. Berlin, Riegel. 1. Bd. S. 337
-800. 2. Bd. S. 1-798. (Schluss). gr. 16. an. V, 4.;
Festausg. in br, 8. ä n. % <x^.
Schulze, Prof. Dr. Herm., Rede zur Vorfeier des lOOjähr. Geburts-
festes Fr. von Schillers, gehalten izu Stralsund am 9. Novbr. 1859.
Stralsund, (Hingst) 1859. 14 S. gr. 8. geh. n. Ve *^-
Lexicographie.
HofTinann, Dr. Wilh., Vollständigstes Wörterbuch der deutschen
Sprache, wie sie in der allgemeinen Literatur, der Poesie, den Wis-
senschaften etc. gebräuchlich ist, mit Angabe der Abstammung, der
Rechtschreibung, der Woriformen etc., nebst einer kurzen Sprach-
l>^«- -»^
f Sprachwissenschaft. — VIII. Germanische Sprachen. 97 *
lehre etc. 58-61. Ilft. Leipzig, Dürr. 6. Bd. S. 561-880. Lex.-
8. ^ V4 4-
Hoffinann, P. F. L. , Neuestes Wörterbuch der deutschen Sprache,
nach dem Standpunlite ihrer heutigen Ausbildung. Mit besonderer
Rücksicht auf die Schwierigkeilen in dir Beugung, Fiigung etc. der
VV^örter u. m. vielen erläut. Beispielen aus dem prakt. Leben, Nach
Adelung, Campe, Grimm, Sanders u. A. bearb. Leipzig, Brandslä-
ter. IV u. 615 S. br. 8. geh. I 4.; cart. ly« ,rf.
Sanders, Dr. Dan., Wörterbuch der deutschen Sprache. Mit Bele-
gen von Luther bis auf die Gegenwart. 12. u. 13. Lfg. Leipzig,
O. Wigaad. I. Bd. S. 881 — 1065. gr. 8. geh. ä a.^^4.
Wenig-'s, Chr., Handwörterbuch der deutschen Sprache, mit Bezeich-
nung der Aussprache und Betonung, nebst Angabe der nächsten
sinnverwandten und der gebräuchlichsten Fremdwörter und Eigen-
namen. 4., sorgfältig durchgeseh. , verb. u. verm. Aufl., bearb. von
Reg.- u. Schul-R. L. Keller. Köln, Du Mont-Schauberg 1861.
Vlll u. 1006 S. gr. 8. geh. 2V2 4-
l^örterbuch, mittelhochdeutsches, mit Benutzung des Nachlasses
von Geo. Fr. Benecke ausgearbeitet von Prof. Wilh. Muller und
Prof. Friedr. Zarncke. 3. Bd. bearbeitet von Wilh. Müller. 5. Lfg.
Leipzig, Hirzel. 3. Bd. Vlll S. u. S. 769-9G3 (Schluss). Lex.-8.
geh. n. 1 4. (I-Il, 3. u. III. n. iV/^ 4.)
Hoseg:arten, Job. Gfried. Ludw. , Wörterbuch der Niederdeutschen
Sprache älterer und neuerer Zeit. I. Bd. 3. Lfg. Greifswald, Koch.
S. 337—440. 4. geh. n. '28 ngt (1—3.: n. 3 «f. 28 iigt)
Grammatik.
Olze« Thdr. , Die deutschen Familien - Namen in befehlender Form.
[Abdr. aus dem Laibacher Taschen-Kalenderj. Laibach, v. Klein-
mayr Si Bamberg. 10 S. 16. geh. n. 2 ngr
Glossarinin zu Reichel's mittelhochdeutschem Lesebuch. Wien, Ge-
rold's Sohn 1861. 19 S. gr. 8, geh. 6 ngt
PfeflFerkorn, Oberl. Dr., Üeber deutsche Orthographie. Gymn.-Pr.
Neustettin 1S.t9. 25 S. 4.
Bninpeit, Privatdoc. Dr. H. B., Deutsche Grammatik. Mit Rücksicht
auf vergleichende Sprachforschg. l.Thl.: Lautlehre. Berlin, Dümm-
1er. XXIII u. 328 S. gr. 8. geh. n. l^/j «f.
Schade, Osk., Paradigmen zur deutbchen Grammatik. Gothisch, alt-
hochdeutsch, mittelhochdeutsch, neuhochdeutsch. Für Vorlesungen,
ilalle, ßuchh. d. Waisenhauses. VI u. 98 S. gr. 8. geh. n. 12 ngi
ll'einhold, Dr. Karl, lieber den Beilaut mit besonderer Rücksicht
auf den alemannischen Vokalismi's. [Aus den Sitzungsber. 1860 d.
k. Akad. d. Wiss.] Wien (Gerold's Sohn). 19 S. Lex. -8. geh. 3 ngr
Wöber, Frz. Xav. , Wort- und Sachverzeichnis zu Jac. Grimm's
deutscher Grammatik und Geschichte der deutschen Sprache. 1 Thl.:
Wortverzeichnis, 2, Hälfte. Wien, Wenedikt. S. 291— 604. 4.
geh. 3 4' 6 W
Bährens, Pfr. Schulinsp. Aug., Kleine leichtfassliche deutsche Sprach-
lehre für Schulen und den Selbstunterricht. Münster, Brunn. 79 S.
gr. 8. geh. n. ^/^ 4'
Bräsicke, Konrekt. E. D., Der ausführliche deutsche Sprachmeister
oder die Kunst, in 96 Stunden alle Ge.selze , Regeln, Ausnahmen
und Gebräuche der deutschen Sprache kennen und anwenden, und
TV 98 Sprachwissenscliaft. — VIII. Germanische Sprachen. ^
alle Arten von freundschaftlichen, Familien- und Geschäftsbriefen,
Bitlschriften , Vorstellungen etc. ohne Sprachfehler und in muster-
.j'hafter Form verfassen zu lernen. Zum Selbst-Unterrichte und zum
1" Nachschlafjen, insbesondere auch als Leitfaden für den Unterricht in
allen Gattungen des deutschen Stils nach den vorzüglichsten Quel-
len bearb. 3., verb. u. verm. Aufl. Berlin, C. Hejmann 1861. XL
u. 680 S. 8. geh. n. 1 4. 14 ngr
Kruck., R., Die deutschen Nennwörter «nd ihre Flexionen, in alpha-
betischer Folge tabellarisch dargestellt. Deventer, ter Gunne. VC
u. 100 S. 12. f. 0,60.
Fricke, Dr. Wilh., Deutsche Grammatik. l.Thl. Für untere Klas-
sen. Mainz, Kunze. XVllI u. 122 S. gr. 8. geh. 11 ngt
CSrüne\rald, Sem.-Präfekt Chr., Deutsche Sprachlehre für die Leh-
rer an deutschen Schulen, insbesondere für S^orbereitungs- und Se-
minarlehrer und deren Zöglinge. Kaiserslautern, Tascher. XVI u.
196 S. gr. 8. geh. n. 18 ngr
Heyne, Pastor F. , Deutsche Sprachlehre. Magdeburg, Heinrichsho-
fcn. 48 S. 12. cart. nn. 2^2 "91^
Holri«*r-Eg"g''Pr, Frz., Neueste kleine deutsche Sprachlehre mit beson-
derer Hinweisung auf die richtige Anwendung der Verhältnissfälle.
Zum Gebrauche f. Volksschulen, wie auch zum Selbstunterricht. 2.
Aufl. Berlin, A. Abelsdorff. III u. 52 S. 8. geh. n. Vg -f ■
HossaDi, Carl Simon, Leitfaden beim Unterricht in der deutschen
Sprache. Ein Uebungsbuch für Schüler der Volksschule. 2. Aufl.
nebst einem Anh. Königsberg, (Sfriese). 96 S. 8. geh. V4 ^•
I^ang'e, Prof. Dr. Otto, Grundriss der deutschen Sprachlehre. 6.
Aufl. v. Neumann, Das Wissenswertheste aus der deutschen Sprach-
lehre. Berlin, Gaertner. 34 S. 8. cart. n. 2^/2 nji
Schulze, Pastor Otto, Kurzgefassie deutsche Sprachlehre nach drei
Stufen geordnet. Ein Lehr- u. Lernbuch f. die Jugend. 2. Ster.-
.. Abdr. Wolfenbuttel, HoUe 1859. 102 S. 8. geh. 3'/+ ngi
/%dler-inesnard, Premieres lectures allemandes, etc. 7e Edition.
Paris, Hingray- 360 S. 18.
Ahn, F., A new, practical and easy method of learning the german
language. 3. Course. Conlaining a seleclion of pieces from modern
aulhors, with explanatory notes. 3. Edition. Leipzig, Brockhaus
1 1861. IV u. 91 S. 8. geh. n. V5 4-
-^ A key to the exercises of the new method of learning ihe ger-
man language. 1. and 2. Course. 7. Edition. Ebd. 40 S. 8.
geh. n. Vg ^.
— Praktisk laerebog i det tyske sprog tilligemed en kortfattet tydsk
grammatik. Anden udgave, forbedret og udvidet ved J. Töpfer.
Kjöbeuhavn, Erslev. 200 S. 8. geb. 1 Rd.
Bruun, C. F., Tydsk grammatik lil skolebrug. Anden forögede ud-
gave. Kjöbenhavn, Holm. 14S S. 8. geb. 72 sk.
Exercices pratiques de traduction d'apr^s la methode de Seiden-
slücker. Par un ancien instituteur. 8. fidition. ^- Praktische Ue-
bungsstücke zum Uebersetzen nach Sei>ienstücker's Methode. Von
einem ehemal. Schullehrer. 8. Aufl. Strassburg, Wwe. Berger-Le-
vrault & Sohn. 132 S. gr 12. cart. V* 4-
fcrxonka, Deutsche Sprachlehre für utraquistische Schuleu. Oppeln,
dar. IV u. 1.58 S. 8. geb. n. 6 ngt
•Inst, W. H., The German reading book: consisting of German tales,
fables, anecdotes, and poelry; wilh a complete vocabulary at the
foot of the pages. London, Longraan. 168 S. 12. 3 sh. 6 d.
Kahleis, Wolfgang, Tysk spräklära, tili bruk för sä wäl skolor och
<>^-«- -»l><J>
<^<^' — »^
^
Spracliwisseuseliafh — VJII. Gcrniaitische Spraclion. 99 ^
högre läroanstaller som för sjelfstudium. Stockholm, Huldberg iL
Komp. 1859. 154 S. 8. 1 Rdr. 25 öre.
üainienski, A., Nouveau cours raisonue el pratique de la langue
allemande. 2t edition. Paris, Derache. XVII u. 267 S. 12. 4 fr.
Kotschula, Ant, Theoretische und praktische deutsche Sprachlehre,
in welcher die Kegeln deutsch und polnisch erklärt und durch Bei-
spiele in diesen beiden Sprachen erläutert sind, mit deutschen und
polnischen Aufgaben nebst Gesprächen und Aufsätzen aus den be-
sten deutschen Schriftstellern etc. zum (lebrauch der Polen , die
entweder mit Hülfe eines Lehrers oder allein die deutsche Sprache
leicht und in kurzer Zeit zu erlernen wünschen, und nach welcher
Deutsche auf diese Art polnisch lernen können. Neue verb, Orig.-
Ausg. Breslau, Korn. XX u. 380 S. 3. 1 4.
Eia»isen, H. C. F., Tjdsk laesebcg i to parallele afdelninger for sko-
lernes lavere klasser. Odense, Henipel. 276 S. 8. geb. 1 Rd. 48 sk.
Ijulg^en, B., Nouvelle methode pralique de langue allemande, 2e edi-
tion. Paris, Truchy. VHl u. 339 S. 12. 3 fr.
OttOi, Dr. Emil, German conversation-grammar , a new and practical
method of learning ihe german language. 3. edit. Heidelberg, J.
Groos. XII, 498 u. 2 lith. S. 8. In engl. Einb. n. P/j 4.
— Key to the german conrersation-grammar. With specimens of
letter wriling. New edil. Ebd. IV u. 131 S. 8. cart. n. 16 ngi
Stahli H. W., Grundzüge der deutschen Sprachlehre mit besonderer
Berücksichtigung der schwedischen Sprache für Schulen und zum
Privatunterricht. Stockholm (Maass). Vlll u. 86 S. gr. 8. geb.
n. I2V2 ngt
Weifisei, T. Heinrich, Grammar of the German language. London,
Williams & N. 12. 3 sh.
'^Wolfram, Ludw. , Deutsches Echo, die tägliche Umgangssprache
gebildeter Deutschen. — Nouveau cours de conversation allemande.
Avec un vocabulaire complet arrange par Dr. F. B o o c h-A r k ossy.
Leipzig, Violet. IV u. 220 S. 8. geh. n. 16 ngi; geb. n. ^/^ 4.
Graeser^ Charles, A thesaurus of german poetry; consisting of 450
select pieces by the most celebrated aulhors from the classical pe—
riod to the present day. With explanalory notes. Preceded by a
short history of german poetry. Forming a library of the modern
poets of Germany, especially adapted for the use of schools, for
self-instruction and for private reading. Berlin, Asher & Co. XL
u. 440 S. Lex.-8. geh. a. 2 «^.
Sprachdenkmäler.
Bartsch^ Karl, lieber Karlmeinet. Ein Beitrag zur Karlssage. Nürn-
berg, Bauer &. Raspe 186i. VHl u. 391 S. gr. 8. geh. 2^/3 ^.
Biblioiht'k der gesammten deutschen National-Literatur von der
ältesten bis auf die neuere Zeil. 1. Abth. 39. Bd. Quedlinburg,
Basse, gr. 8. IVs ^.; Velinp. 27, 4.
(I, 1 — 12. 13C-37. U.39. H, 1-3. UM.: 91^/^4.; Velinp. 1 125/g ,^.)
Inhalt: Heinrich u. Kunegunde von Ebernand v. Erfurt. Zum er-
sten Male nach der einzigen Handschrift hrsg. v. Dr. Reinhold Bech-
stein. XXXV u. 207 S.
Freidank. Von Wilh. Grimm. 2. Ausg. Göttingen, Dieterich.
XXIV u. 316 S. gr. 8. geh. n. 2V3 4-
— Bescheidenheit. Spruchsammlnng aus dem 13. Jahrh. Neudeutsch
bearb. v. Adf. Bacmeister. Reutlingen, Palm I8öl. VHl u. 112
S. gr. 16. geh. 16 ngt
y, .\t^
<^^ ---^^ ___„______^ __ — .^^
^ 100 SpracliT^issenschaft — VIfl. Germanische Sprachen.
GabelentZi) Dr. H. C. v. d., u. Dr. J. Lobe, Uppsliöms codex ar-
jrenleus. Eine Nachschrift zu der Ausg. d. Ulfilas. Leipzig, ßrock-
haus. 20 S. gr. 4. geh. n, Vz »■?•; Velinp. n. ^/^ ^^
Grimm ^ Wilh., Bruckslücke aus einem unbekannten Gedicht vom
Rosengarten. [Aus den Abhandign. d. k. Akad. d. Wiss. zu Berlin
1859]. Berlin (Diimmler). 20 S. gr. 4. geh. n. 8 ngt
Haupt,, Jos., Beiträge zur Kunde deutscher Sprachdenkmäler in Hand-
schriften. L Die Legende von der heilig. Maria Magdalena. [Aus
den Sitzungsber. 1860 d. k. Akad. d. Wiss.] Wien (Gerolds Sohn).
30 S. Lei.-8. geh. n. 4 ngt
I^undgfren , Jakob, Skeireins aivnggeljons {)airh Johannen eller för-
klaring öfwer Johannis evangelium, fran Mösogötskan ölwersalt med
anmärkningar. üpsala. 35 S. 8.
^ammlun^ deutscher Rechtsquellen. 2. Bd, Jena, Frommann.
gr. 8. geb. n. l^/, «^.
Inhalt: Das Rechtsbuch Jobs. Purgol d ts nebst statutarischen Rechten
von Gotha und Eisenach. Hrsg. v. Ob.-Appell.-Ger.-Präs. Dr. Frdr.
Ortloff. VI u. 377 S.
Sandvoss, Frz., So spricht das Volk. Volksthümliche Redensarten
und Sprichwörter. 2. billige Volks-Ausg. Berlin, Schotte & Co.
1S61. VH u. 70 S. gr. 16. cart. V* «f.
Wernher, Priest., Driu Liet von der Maget. Nach einer Wiener
Handschrift mit den Lesarten der Uebrigen hrsg. v. Jul. Feifalik.
,^Wien, Gerold's Sohn. XXXI u. 199 S. gr. 8. geh. n. 1% 4.
2. Angelsächsisch.
4>ötzin$rcr, Ernst, lieber die Dichtungen des Angelsachsen Caedmon
und deren Verfasser. Inaugural-Dissertation. Göttingen, (Vanden-
hoeck & Ruprecht). 51 S. gr. 8. an. 8 ngi
3. Englisch.
in :
Literaturgeschichte.
SSodenstedt,, Frdr., Shakspeare's Zeitgenossen und ihre Werke. In
Charakteristiken und üeberselzgn. 3. Bd. Berlin, Decker, gr. 8.
geh. IV2 «f.
Inhalt: Lilly, Greene und Marlowe, die drei bedeutendsten Vorläufer
Shakespeare's u. ihre dramat. Dichtgn. VIII u. 373 S.
Clarke ., Mrs. Cowdea , The complete concordance to Shakspeare.
New edit. London, Kent. 850 S. gr. 8. 31 sh. 6 d.
Collier, Coleridge, and Shakspeare: a review. By ihe author of
»literary Cookery.« London, Longman. 150 S. 8. 5 sh.
llül«mann , Ed., Shakspeare. Sein Geist und seine Werke. Ein
Führer für die Leser und Freunde des Dichters. 3. Aufl. Leipzig,
O. Wigand. Vlll u. 243 S. gr. 16. geh. ^/^ 4-
liicbert, Gust., Milton. Studien zur Geschichte des englischen Gei-
stes. Hamburg, O. Meissner. VH u. 396 S. gr. 8. geh. l'/z "f-
liOfheissen, Ferd., Studien über John Milton's poetische Werke.
Büdingen. (Giessen, Heyer). 37 S. gr. 4. geh. n. 6 ngr
^ _ »^
^^ _ ___ _ _____ . ^y^ ^
Spraoliwissenscliaft. — VIII. GtMMnanische Spraclien. iOl
■>
'N
Lexicographie.
ßarretH*S new dictionary of ihe Italian and English languages. New
edit. 2 vols. London, Whittakcr. 8. 30 sh.
Elwoll (, Wm. Odell, A nvw and complete dictionary of the english
and gerrnan languages. Wilh ihe pronunciation and accentualion
according to the melhod of Websler and Heinsius. For general
use. Containing a concise grainmar of either language, diaIof;ues
wilh reference to grammatical forms and ruies on pronnnciation.
8. Ster.-edit. 2 Parts. [English and gernian. — (lerman aod english].
A. H. d. T. : Neuestes Yollständiges Wörterbuch der Englischen u. Deut-
schen Sprache. Mit Bczeichng. der Aussprache u Betong. etc. 8.
Ster.-Ausg. 2 Thle. [Englisch-deutsch. — Deutsch-englisch] Braun-
schweig, Weslermann 1859. XXXV u. 819 S. 8. geh. IV2 *f.
Elwell, Allred, Nouveau diclionnaire francais-anglais. Paris, Dela-
lain. 623 S. 12. 4 fr.
BlaiÜ^rell, J. O., Dictionary of archaic and provincial words, obso-
lete phrases, proverbs, and aocient custoi/is, Irom the reign of Edward
I. 2 vols. London, Smith. lOOO S. 8. 15 sh.
James ^ William, A complete dictionary of the english and german
languages for general use. Compilcd with especial regard to the
elucidalion 01 moderne lileralure , the pronunciation and accentua-
lion after the principles of Walker and fleinsius. 12. Ster. Edition.
2 Parts. [English and German. — German and Engiishl. — Voll-
ständiges Wörterbuch der englischen u. deutschen Spracne zum Ge-
brauch f. alle Stände. 2 Thle. 12. Ster.-Aufl. Leipzig, B. Tauch-
nitz. X u. 880 S. 8. geh. IV3 4-
Höhler, Dr. Frdr. , A dictionary of the german and english langua-
ges. Vollständigstes englisch-deutsches u. deutsch-englisches Hand-
wörterbuch. II. Deulsch-engl. Tbl. (Schlussj. Leipzig, Ph. Reclarn
jun. 18bl. 594 S. Lex.-8. geh. 1 ^.
liOtrer, M. A., Patronyraica Britannica: a dictionary of the family
names of the united kingdom. London, Smith. 486 S. gr. 8. 25 sh.
i^nrenne, G., Dictionary of the French and English languages.
3d edit. Edinburgh, Longman. 18. 3 sh. 6 d. (12. 7 sh. 6 d.)
Oehl^chlägrer , Prof. J. C, Englisch-deutsches und deutsch-engli-
sches Taschen-Wörierbuch, nebst Angabe der englischen Aussprache
mit deutschen Buchslaben und deutschen Tönen. — English-ger-
man and german-english pocket-dictionary. 16. Aufl. Philadelphia
1859. (Leipzig, Gerhard). X u. 713 S. 12. geb. n. V/^ 4.
JSadler, Percy, Nouveau diclionnaire portatif anglais-francais et fran-
Cai.s-anglais, etc. 2 tomes en 1 vol. 6e edition. Paris, Truchv.
XVI u. 1330 S. 18. 6 fr.
Spiers I) A., Dictionnaire gönöral frangais-anglais, nouvellcment re-
dige d'apres les diclionnaires de l'Academie etc. 13e edition. Pa-
ris, Baudry. 632 S. 8. ä 3 Sp. 7 fr. 50 c.
Thieme, Dr. F. W., A new and complete english and german dic-
tionary, in which are introduced the genitives, plurals and irregula-
rities of substantiyes, the comparative degrees of adjeclives, and the
irregularities of verbs, arranged in the aiphabet as well as under
their roots; also the pronunciation and construction of words through-
out the language. 2 Parts. [English-german. — German-english].
7. Ster.-edit. — Neues u. vollständiges Hand-Wörterbuch der eng-
lischen u. deutschen Sprache. 2 Thle. 7. Ster.-Ausg. ßraunschweig,
Vieweg & Sohn. X u. 804 S. 8. geh. 2 4'.
^^alker, J., Pronouncing dictionary of the English language, by B.
IL Smart. fUh edit. London, Whiltakcr. 8. 12 sh.
— — By lt. A. Da V e nport. New edit. London, Tegg. 18. 3 sb. 6 d.
4'
<^>c^ .— _ --_. _- .^^^
102 Spracliwissenscliaft. — VIII. Gcnuatiische Spraclien. "^
Webster. Noah, Critical pronouncing diclionary, bj C. A. Goodrich.
London, Tcgg. 520 S. 8. 3 sh. 6 d.
Grammatik und Unterrichlsschriflen.
BahtSi, Bemerkungen über den Gebrauch der englischen Participien
auf ing. (jjmn.-Pr. Raslenburg 1859. 17 S. 4.
Degrenhardt, Dr. Rud., Naturgemässer Lehrgang zur schnellen und
gründlichen Erlernung der englischen Sprache. Eleraentarkursus.
2. verb. Aufl. Bremen, Kühtmann 6i Co. VJll u. 232 S. gr. 8.
geh. n. 16 ng:
Xdgreworlh., Maria, Early lessons. Vol. 1. 4. cdit. — Erster Un-
terricht für die Jugend. Mit erläut. Anmerkgn. von einem Freunde
der Engl. Sprache. 1. ßdchn, 4. Aufl. Stuttgart, S. G. Liesching
1861. VIII u. 184 S. gr. 16. geh. Vz *^-
doldsmithi, Oliver, The vicar of Wakefield. A tale. Nach Walter
Scott's verbessertem Texte durchgängig accentuirl. Nebst sacher-
klärenden Noten und einem vollsländ. Wörterbuche mit der Aus-
sprache nach J. Walker, Stephen Jones und William Perry. Bearb.
von Chrn. Heinr. Plessner. 10. Aufl. Braunschweig, Westermann.
X\IV u. 272 S. 8. geh. Vs 4-
Uakbijl, L., Gemeenzame brieven ter vertaling in het Engelsch. 2e
verb. druk. Amsterdam, v. Heteren 1859. XM u. 208 S. 8. f. 0,75.
Hcdiey, J. H., Praktischer Lehrgang zur schnellen, leichten und
doch gründlichen Erlernung der englischen Sprache, nach Dr. Fr.
Ahn'« bekannter Lehrmethode unter Hinzufügung einer kurzen Gram-
matik. Für die Jugend, als auch zum Selbstunterrichte f. Erwach-
sene und vorzüglich für Schulen und Lehr-Institute. 8. sorgfältig
verb. Aufl. Wien, F. Manz. VIII u. 192 S. gr. 8. geh. 18 ngt
Holzamer, Lehr. Dr. Jos., Englisches Lesebuch für Handels-, Real-
und Gewerbeschulen. Mit einem Vorworte von Dir. Carl Arenz.
Prag, Credner. IV u. 432 S. Lex.-8. geh. n. i\'^ 4-
Kennedy, Grace, Anna Ross, the orphan of W^aterloo. A slory
for childrcn. Zum Schul- und Privatgebrauche mit einem vollsländ.
Wörlerbuche versehen v. Aug. Bauer. 5. Aufl. Celle, Schulze
1861. IV u. 131 S. 8. geh. n. Vs '^•
Kölle, Lehr. Fr. Ludw. , Englisches Sprachbuch. Naturgemässe Au-
Icituug zur vollständigen Erlernung des Englischen. Das Lesen und
N erstehen. In 3 Abthlgn. 1. Orthoepie mit Vorschule. 2. Etymo-
logie. 3. Leseschule. Neue Ausg. Stuttgart, Beck. XVHI u. 346
S. gr. 8. geb. 18 ngt
jMänneli, Lehr. Fr. Alb., Classical letters. Eine Auswahl von Brie-
fen der berühmtesten englischen Briefschreiber, für Schulen und zum
Selbstunterrichte hrsg. 2,, umgearb. und mit Anmerkgn. verm. Aufl.
Leipzig, Gräbner. IV u. 126 S. gr, 8. geh. n. Vz '^•
Ideiford, Lector Or. H. M. , Englisches Lesebuch, enthaltend eine
zweckmässige zur Beförderung der Forlschritte in dieser Sprache
besonders dienliche Sammlung von Lese- und Uebersetzungsstücken
aus den besten neueren englischen Prosaisten und Dichtern gezo-
gen, nach stulenweiser Schwierigkeil geordnet, n)it zahlreichen, un-
ter dem Texte angebrachten Bedeutungen der Wörter etc. versehen,
als auch mit Hinweisung auf des Verf. Synonym. Handwörterbuch
etc. Mit einem N'orworte vom Geh. Hofralh Prof. Dr. K. F. Ch.
Wagner. 5. verm. u. verb. Aufl. Braunschweig, Vieweg & Sohn.
XVIII u. 308 S. gr. 8. geh. n. 24 ngt
ÄEurray, Lindley, English gramn)ar, adapted lo the difTerent classes
<V^^i/V- .
^^ ■ ->»^<v>
jj Sprachwissenschaft. — VIII. Germanische Sprachen. 103
/N
of learners ; with an appendix, containing ruies and observations for
assisting ihe more advanced students to write with perspicuity and
accuracy. A cew edition. Leipzig, Fr. Fleischer. XU u. 313 S.
8. cart. 1 ^.
Füssen, Rect. J. , Leitfaden für den Unterricht in der englischen
Sprache. 1. u. 2. Ciirsus. Hamburg, Nolte & Köhler, gr, 8. geh.
a n. Vs 4.
Inhalt: Die Formen der englischen Sprache. IV u. 67 S. 2. Die Eigen-
thümlichkeiten d. engl. Sprachgebrauchs, 64 S.
Ollendorff, Dr. H. G., Neue Methode eine Sprache in sechs Mo-
naten lesen, schreiben und sprechen zu lernen. Für das Englische
zum Gebrauche der Deutscheu bearb. 2. verb. Orig.-Ausg. Leip-
zig, Voigt & Günther. V u. 525 S. gr. 8. Fn engl. Einb. P/j 4*.
— Nouyelle methode pour apprendre ä lire, ä ecrire et ä parier une
langne en six mois, appliquee ä l'anglais. 8e edition, revue, corri-
gee et augmentee. Paris, chez l'auleur. 564 S. 8.
Pcdcmont, Prof. Vict. Amad., Theoretisch -praktische Grammatik
der englischen Sprache. Nach einer neuen Methode mit einer be-
deutenden Anzahl accentuirter Uebungen und Beispiele. Wien,
ßraumüller. XV u. 348 S. gr. 8. geh. 1 ^. 12 ngt
Peissner, Prof. Elias, Elemente der englischen Sprache und Con-
versation mit Rücksichtnahme auf die Verwandtschaft des Englischen
und Deutschen. Schenektadj. (Philadelphia, Schäfer & Koradi).
VlII u. 111 S. 16. geh. n. % ^.
PIa<e, Prof. H. , Cours gradu6 de langue anglaise. Ouvrage traduit
de l'allemand et mis ä l'usage des franpais par Dr. Rob. Koenig.
(En 3 Parties). L Cours elementaire. [D'apres la 7. edit. ailemande].
Dresden, Ehlermann 1861. VIU u. 232 S. gr. 8. geh. n. ^^g 4-
— Vollständiger Lehrgang zur leichten, schnellen und grundlichen
Erlernung der englischen Sprache, i, Elementarstufe. 7. verb. Aufl.
[2. Ster.-Ausg.] Ebd. XII u. 234 S. gr. 8. n. Vz 4>'
— dasselbe. II. Mittelstufe. 7. verb. Aufl. [2. Sler.-Ausg.l Ebd.
Vi u. 346 S. gr. 8. n. 2/^ 4.
Reinhardt, L., Englisch-deutsche IJandels-Gespräche über die wich-
tigsten Gegenstände des Handels, der Nalional-Oekonomie, der Con-
lorwissenschaften, der Moral etc., nach den besten engl. etc. Han-
dels-Autoren. 2., mit Aufgaben etc. zur Ausarbeitung von drei Lon-
doner Geschäften in der Buchführg. u. zum üebersctzen derselben
aus der deutschen in die engl, Sprache und mit einem deulsch-engl.
Wörterbuche der Buchhaltungsausdrücke versehene Ausg. Gotha.
296 S. gr. 8. geh. 2/, 4.
Schinick, Dr. J. H. , Sketches from english history, a manual for
the pupils in the higher classes of commercial schools. Bremen,
Müller 1861. IV u. 143 S. 8. geh. n. 8 ngt
Schoolboy's, the, first story-book. A preparation for speaking and
writing the english language. Being a collection of easy tales and
anecdotes. 3. edition, revised and enlarged. Bremen, Geisler. VIII
n. 92 S. 8. geh. n. 8 ngt
Sheridan, R. B., The school for scandal. A comedy in 5 acls.
With a complele vocabulary and explanatoiy notes for the use of
schools. 4. edit. Berlin, Renger. Vli u. 143 S. gr. 16. geh. V3 ^f-
ohne Wörterbuch 96 S. V4, *f •
Stoddart, Lady, [Mrs. Blackford], The Eskdale herd-boy. Zum Ue-
bersetzen in das Deutsche bearb. v. Lelir. J. Morris. Berlin, Ni-
colai. 161 S. gr. 8. geh. Vz 4-
Zimmermann, Lehr. Dr. W., Schul-Grammatik der englischen Spra-
che. Ein Lehrbuch in 2 Lehrgängen für Realschulen, Ilandels-Lehr-
anstalten und höhere Töchterschulen , sowie für den Privalunter-
y^<-
A^<- — — ■ — ->^
f 104 Sprachwissenschaft. — VIII. Germanische Sprachen. ^
rieht. 1. Lehrgang.- 5. Aufl. Halle, Schwetschke 1859. XII u. 227
S. gr. 8. geh. n. % ^.
In Deutschland gedruckte Ausgaben englischer Autoren.
B;^ron^ Lord, Pootical works. CoUected and arranged "with notes
by Sir Walter Scott, Lord Jeffrey, Prof. Wilson, Thomas
Moore, Will. Gilford etc. New and complele edilion. With
Portrait. London. Leipzig, B. Tauchnitz. X u. 828 S. Lex.-8.
geh. ' n. 2% 4.
Collection of British authors. Copyright edilion. Vol. .511. 512.
522 — :'.6. Leipzig, Tauchnitz. gr. 16. geh. ä n. ^/^ ^.
Inhalt: 511. Walter Scott, the abbot. 451 S.
512. S. T. Coleridge, poems , edited by Derwent & Sara Cole-
ridge. With a biographical memoir by F. Freiligrath. XLVI u.
344 S.
522. W. H. Ainsworth, Ovingdean Grauge, a tale of the South
Downs. VIII u. 328 S.
523. C. J. White Melville, Kate Coventry, an autobiography. 299 S.
524. A. Trollope, the West Indians and the Spanish main. V u.
320 S.
525. 26. W. Collins, the woman in white. 2 vols. X u. 693 S.
527. 28. C. J. White Melville, Holmby house, a tale of old
Northamptonshire. 2 vols. XII u. 626 S.
529. 30. Walter Scott, Peveril of the peak. 2 vols. 731 S.
531. 32. Edw. Bulwer Lytton, dramatic works. 2 vols. 559 S.
533. 34. Ch. Lever, one of them. Vol. I. 11. VI u. 346, VI u.
378 S.
535. Agatha's husband , a novel. By tlie author of ,,John Halifax,
gentleman." V u. 368 S.
536. Ch. Dickens, Hunted down, a stoiy. The uncommercial tra-
veller, a series of occasional papers. V u. 290 S.
BJürr's collection of Standard American and British authors. Edited
by William E. Drugulin. Vol. 51 — 56. Leipzig, Dürr 1860. 61.
8. geh. ä Vz X?-
Inhalt: 51. 52. Grace Kennedy, select works. Vol. I. IL VI u.
244 u. 243 S.
53. 54. G. A. Sala, the Baddington peerage: who won, and who
\/ore it; a story of the best and the worst society. XX u. 558 S.
55. 56. G. P. R. James, Pequinillo , a tale. 529 S.
i^ibrary of british poels. Part 4—7. Leipzig, Brockhaus. 8. S[eh,
ä n. Vs -i".
Inhalt: 4 — 6. The poetieal works of Sir Walter Scott. Part 1 — 3.
Vol. I. V u. 528 S. — 7. The poetieal works of Lord Byron.
Part. 4. Vol. II. S. 1 — 160.
Samiinlung- englischer Schauspiele der neuesten Zeit. Zum Schul-
und Privalgebrauche hrsg. und mit Anmerkungen versehen von Lehr.
Frz. Ilr. Stra ih mann. 4. Bdchn. Arnsberg, Ritter, gr. 16. geh. 6kiji;
Inhalt: Money. A comedy by E. Bulwer Lytton. 2. Aufl. 117 S.
Series for the young. Copyright edilion. Vol. 1—4. Leipzig, ß.
Tauchnitz. gr. 16. geh. a n. Va 4'
Inhalt: 1. Kenneth; or, the rear-guard of the grand army. By the
author of ,,the heir of Redclifife." 327 S. m. 1 Holzschntaf.
2. Ruth and her frieuds. A story for girls. 300 S. m. 1 Holz-
schntaf.
3. Ouryear: a child's book, in pro se and verse. By the author of
„Johu Halifax, gentleman". Illustrated by Cl. Dobell. IX u.
227 S. m. eiugedr. Holzschu. u. 13 Holzschntaf.
^x^ — __ ^
■^ Sprachwissenschaft. — YIII. Germanische Sprachen. 105
4. M. L. Charle s worth, ministering children. VIII u. 352 S.
m. 1 Holzschntaf.
iShakspere's Werke. Hcrausg. und erklärt von Dr. Nicol. Deliu s.
6. !?d. Comedies. 3—7. Stück. 7. Bd. I. u. 2. Stück. Elbcrfeld,
Friderichs. Lex.-8. geh. 4 ^. 8 ngt (I— VII, 2: n. 21 ,.f. 18 ngi)
Inhalt: VI, 3. Twelft-night , or , what you will. 89 S. — 4. As you
like it. 102 S. — 5. Measure for measure. 103 S. — 6. The win-
ters tale. 122 S. — 7. The tempest. 87 S.
VII, 1. Pericles. 100 S. — 2. Poems. 227 S.
— .Julius Caesar. Erklärt von Lehr. Thdr. .J an oke. Köln, Du Mont
Schauberg ISfil. IV u. 96 S. gr. 8. geh. n. 12 iigt
— — Eine historische Tragödie. Uebersetzt von Adph. Kolb.
Stuttgart, Schaber 1861. IV u. 126 S. 16. cart. »/^ »f.
Theatr«, the modern english comic. W^ith notes in german by Dr.
A. Dieztnann. Nr. 61. Leipzig, Härtung. 16. geh. 3 n^t
Inhalt: A lesson for gentlemen: or, the city wives. A comedietta. In
1 act. By John Fred. Smith. 31 S.
— dasselbe. Scr. I. Vol. 9. and Ser. IL Vol. 9. 3. Edition. Ebd.
16. geh. ä 3 ngt
Inhalt: I. 9. Why did you die? A petite comedy , in 1 act. By
Charles Mathews. 47 S. II. 9. Snakes in the grass. A farce in
2 acts. By J. B. Buckstone. 64 S.
4. Niederländisch. Vlämiscli.
Harrebompe, P. J., Spreekwoordenboek der Nederlandsche taal, of
verzameling van Nederlandschen spreekwoorden en spreekwoordelijke
uitdrukkingen van vroegeren en lateren tijd. 2e deel, all. 6 en 7.
Utrecht, Kemink & Z. S. XLI — LXIV u. 241—336. gr. 8. f. 1,75.
Kern, Dr. H., Handleiding bij het ondervvijs der Nederlandsche taal,
ten gebruike van inrichlingen voor raiddelbaar onderwijs. 2e stukje.
Zutphen, Thieme. 151 S. 8. f. 0,90.
Rramers, J J. , Nieuw Nederduitsch-Fransch woordenboek. 7c —
lOe afl. Gouda , v. Goor. (Inlaag — Oongelijktijdig). S. 577 —
960. gr. 8. ä f. 0,45.
Änyper, H. G., Beginselen der Nederlandsche spraakleer voor school-
gebruik. 6e druk. Utrecht, Broese 1859. VIII u. 176S. 8. f. 1,80.
Tisscher, L. G. , Leiddraad tot de geschiedenis der Nederlandsche
leiterkunde. 2e uitg. 4 deelen. Utrecht, Dannenfelser. 163, 206,
188 u. 183 S. 8. f. 3.
— Körte schets tot de geschiedenis der Nederlandsche letterkundf.
2e uitg. 4 stukken. Ebd. 79, 92, 72 u. 78 S. 8. f. t,80.
Winkel, Dr. L, A. te , De Nederlandsche speliing onder beknopte
regeis gebragt. 2. verbet. en verm. uitgave. Leiden, D. Noothoven
van Goor. XH u. 67 S. gr. 8. f. 0,75.
Düringfsfeld , Ida v. , Von der Scheide bis zur Maas. Das geisti'^e
Leben der Viamingen seit dem Wiederaufblühen der Literatur. Bio-
graphien und Proben. 3 Bde. Leipzig, Lehmann 1861. XXXIl u.
1130 S. 8. geh. 4 ^,
Sleeckx et Vandevelde, Dictionnaire complet franfais-flamand et
.flamand-francais. 2 vols. Bruxelles, Greuse. gr. 8. ä 3 Sp.
^ 26 fr. 50 c.
^0«Ä- __ . .^
^^- — . . ^i>A
106 Sprachwissenscliaft. — VIII. Germanisclie Sprachen. ^
5. Allnordisch. Schwedisch. Dänisch.
Bardarsag-a Snaefellsäss, Viglundarsaga, fordarsaga, Drauma vitra-
nir, V^ölsa{)äUr, ved G. Vigfusson. üdgivet af det nordiske lite-
ralur-samlund. Kjöbenhavn, Gjldeüdal. 196 S. 8. 1 Rd.
Fornsögrur. Vatnsdaelasaga, Hallfredarsaga , Flöamannasaga. Hrsg.
von (iudbrandr Vigfusson und Thdr. M öbi u s. Leipzig, Hinrichs.
XXXII u. 239 S. gr. 8. geh. n. l^/j ^.
Gislason, Kr., Fire og fyrretj'Te for en stör deel forhen utrykle
prörer af oldnordisk sprog og literatur. Kjöbenhavn. XI u. 560 S. 8.
Fineman, C. 0., Förberedande Swensk spraklara. Stockholm 1858.
105 S. 8.
Fryxell, And., Bidrag tili Swerges litteratur-hisloria. Försla haftet:
Leopoldska lidehwarfwet 1795 — 1810. Andra haftet: Allerbom, stri-
den mellan Akademismen och fosforismen 1810 — 1816. Stockholm,
Hjerta. 50 u. 109 S. 8. 1 Rdr. 60 öre.
Ollendorff, H. G. , Neue Methode, in sechs Monaten eine Sprache
lesen, schreiben und sprechen zu lernen. — Anleitung zur Erler-
nung der schwedischen Sprache nach einem erweiterten Plane für
den Schul- und Privatunterricht eingerichtet von Chrn. Schmitt.
Frankfurt a. M., Jügel 1861. XII u. 496 S. 8. cart. IV4 «?•;
Schlüssel dazu 170 S. cart. 14 ngt
Rääf , Leonh. Fr. , Ydre-malet eller folkdialeklen i ydre härad af
Ostergöthland. Ordbok samt förteckning pä alla oregelbundna och
starka verber, som i jdre begagnas, jcmte gamla dopnamn. Orebro,
Lindh 1859. 126 S. 8 l Rdr. 50 öre.
Schiller, A. L., Swensk spraklara. Andra upplagan, omarbelad och
tillökt. Göteborg, Lamm 1859. 221 S. 8. 1 Rdr. 50 öre.
Sjüström^ K. F., och J. F. Ehrn ström, Swensk spraklara för ny-
bcgynnare. Fjerde upplagan. Stockholm, Haeggslröm. 87 S. 8. 75 öre.
Borringr, L. S. , Fransk-dansk haand-ordbog, udarbeidet efter de
bedste aeldre og nyere vaerker. Anden forbedrede og forögede ud-
gave. Anden deel. L — Z. Kjöbenhavn, Soldenfeldt. 644 S. 8.
2 Rd. 32 sk. cpit. 5 Rd.
Fistaine, G., Dansk-tydsk tolk. En veiledning for enhver, der i
kort tid ved seivsludium önsker at tilegne sig den fornödne sprog-
faerdighed for at kunne gjöre sig foorslaaelig i Tydsk. Kjöbenhavn,
Philipsen. 136 S. 8. 72 sk.
Flor, C, Haandbog i den Danske litteratur. Samlel og udarbeidet.
Femte forögede udgave. Kjöbenhavn, Gyldendal. 672 S. 8. 1 Rd. 92sk.
Eievin , J. , Til polemiken om det synonyme i Dansk. Kjöbenhavn,
Pio. 32 S. 8. 24 sk.
Selmcr, H. P., Om de i det danske sprog forekommende ord, samt
tyskagtigheder, andre ufuldkummcnheder og sprogs- og retskrivnings-
feil. Et blik paa modersmaalels naer vaerende tilstand og mulighe-
den af dels fuldkomnere udvikling bereiter. 4de hefde. Kjöbenhavn,
Wroblewsky. 160 S. 8. 1 Rd. 24 sk.
IX. Romanische Sprachen.
Diez, Frdr., Grammatik der romanischen Sprachen. 3. Tbl. Schluss
2. Ausg. Bonn, Weber. VI u. 476 S. gr. 8. geh. 2V2 4
j^A^)
<^«- — »^
t
Sprachwissenschaft. — IX. Roinanisclie Sprachen. 107 "5'
1. rranzosiscli.
Literaturgeschichte.
Clavier, A., Precis de Thistoire de la litterature franfaise ä l'usage
des gymnases. Leeuwardcn, Suringar. 94 S. 8. f. 0,60.
liUce, Simeon, De Gaidone carrnine gallico velustiore disquisitio cri—
tica. Paris, Viewieg. 115 S. 8.
Nnire, Louis, R6sume de l'hisloire de la litterature francaise, redige
d'apres les ouvragos de Baron Demogeol, Villemain. Mainz, v. Za-
bern. 64 S. gr, 16. geh. n. hg ^.
^Visnie^rshi^ Jules, Etüde sur leg poetes dramatiques de la France
au 19e siecle. Paris, Denlu. 326 S. 8.
Lexicographie.
Barberi, J. Ph. , Dictionnaire fraofais-italien et italien-francais,
conipose sur les meilleurs dicfionnaires fran^ais et italiens, etc., re-
Tu et augmenle d'explications gramuiaticales , par A. Ron na. Pa-
ris, Baudry. Vill u. 774 S. 32. 3 fr.
Dclanneau, P. A , Dictionnaire de poche de la langue franfaise.
Edition revue et augnientee. JJmoges, ßarbou. IV u. 458 S. 32.
Dictionnaire i, petit, francais-allemand et allemand-lrancais ä l'u-
sage des deui nalious. — Fianzösisch-deutsches und deutsch-fran-
zösisches Taschen- Wörterbuch zum Gebrauche beider Nationen.
2 Abtheilgn. 18. verm. u. verb, Aufl. Strassburg, Wwe. Herger-
Levrault & Sohn. XVI II u. 784 S. 18. geh. % k^.; cart. 27 ngi
iHoie^ A., Nouveau dictionnaire de poche francais-allemand et alle-
mand-franfais ä l'usage des 6coles. 2 Vols. 18. Edition ster. —
Neues Taschenwörterbuch der französischen und deutschen Sprache,
zum Schulgtbrauche. 2 Thle. 18. Ster.-Ausg. ßraunschweig, We-
slermann. XII u. 728 S. S. geh. 1 4*.
Grammatik und ünlerrichtsschiiften.
Eiinele^ F., Les difficuites principales de la syntaxe des temps pas-
ses dans la langue francaise. Gothenburg. 35 S. 8.
Aesop's Fabeln in französischer Ucbersetzung. Mit erklärenden No-
ten der Gallicismen und einem W^örterbuche versehen, nebst Ab-
wandlung der regelmässigen und unregelmässigen Zeitwörter. Von
Gymn.-Lehr. Dr. Sigism. Wallace. Wien, Lechner 1861. VII u.
116 S. gr. 8. geh. n. 18 ngt
Albrechf, A., Neuer Deutsch-Franzos. Enthaltend Wörtersammlung,
kurze Gespräche, Redensarten, Germanismen etc. 2. durchweg verb.
u. verm. Ausg. Leipzig, H. Fritzsche. IV u. 164 S. 16. geh. V4*f'J
cart. ^'3 ^.
Bercf, G. van den, Praktische französische Sprachlehre für Schulen
und zum Selbstunterricht. 4. unveränd. Aufl. Leipzig, Schuberlh
& Co. IV u. 376 S. gr. 8. geh. n. ^/^ .f.; geb. n. =/+ ^.
Bouffier 4 Lehr. Fr., Theoretisch-praktischer Lehrgang für den Un-
terricht in der französischen Sprache zum Gebrauche für Mittel-,
Bürger- und Realschulen. Wiesbaden, Limbarlh. VIll u. 64 S. S.
geh. 6 1131
Boxzi*8 Conversations-Taschenbuch der französischen und deutschen
I Sprache. Ein Mittel durch prakt. Anleitung Anfängern in beiden ,
0«f«— — — — — ~ ■ -^i>^
4xjK«- — — — '- -'-— - ■ - - -■ — -^
^ 108 Sprachwissenschaft. — IX. Komaüisclte Sprachen.
Sprachen das Sprechen zu erleichtern. Nach J. Perrin , Mad. de
Genlis und Duvez. Durchgesehen und mit Anmerkgn. und Gesprä-
chen etc. erweitert von Lehr. J. Grüner. 19. Aufl. Wien, Lech-
ner 1861. XXIi u. 436 S. 12. cart. % 4-
ISruey^i, l'avocat Patelin. Comödie en 3 actes et en prose. Mit ei-
ner iiterarhistor, Einleitung und mit Anmerkgn. versehen v. Gymn.-
übcrlehr. H, Schütz. Arnsberg, Grote. VJll u. 48 S. gr. 16.
geh. ^ _ 33/4 "31:
Surkhard^ J. A. Chr., Systematische Darstellung der EigenlLüm-
lichkeiten der französischen Sprache. Ein fassl. Handbuch für jene,
die sich mit dieser Sprache vertraut machen wollen. I.Th!.: Haupt-
wort — Zahlwort. Teschen , Prothaska. XIV u. 197 S. gr. l-.
geh. _ % 4.
Contes I, petits, pour les enfants par l'auleur des oeufs de päques
(Chrph. V. Schmid). Mit Sprcchübgn. und Wortregister versehen
V. Lehr. Fr. W. Steup. 4. Aufl. Bochum. (Wesel, Hülsemann).
IV u. 139 S. 8. geh. ~ n. V3 "f-
Dumas, Alex., Jeanne d'Arc. Mit grammatischen Anmerkungen, ei-
nem vollständ. Wörterbuche und 1 lith. Charte in qu. 4. über die
Reisen der Jungfrau von Orleans versehen von Gymn. -Oberlehr.
H. Schütz, Arnsberg, Grote. VIII u, 240 S. gr. 16. geh. V2 4-
Fenclon, les aventures de Telemaque, fils d'ülysse. Avec des no-
tes grammalicales et un vocabulaire par Dr. Ed. Hoc he. A l'u-
sage des ecoles. 12. Edition. Leipzig, E. Fleischer. 367 S. gr. 16.
geh. _ . . Va -f •
Filli , Giov. , Corso pratico ossieno tenii graduali per imparare in
un modo facile e celere la lingua francese secondo il metodo »Ahn.«
2. Edizione, riveduta, corretta ed ampliata. Laibach, v. Kleinmayr
& Bamberg. 136 S. gr. 8. geh. n. 12 ngt
Florian, Fahles. Mit grammatischen, historisch-geographischen und
mythologischen Bemerkungen und einem Wörlerbuche neu hrsg. v.
Prof. Dr. Ed. Ho che. 5. Aufl. Leipzig, E. Fleischer. Hl u. 197
S. gr. 16. geh. _ V3 4-
— Guillaume Teil ou la Suisse libre. Mit grammat. und hislorisch-
geograph. Bemerkgn. und eine.n erweiterten Wörterbuche neu hrsg.
von Prof. Dr. Ed. Ho che. 14. Aufl. Ebd. !V u. 105 S. gr. 13.
geh. 6 ngt
Franzose, der beredte. Eine Anleitung, in sehr kurzer Zeit, ohne
Hülfe eines Lehrer.«!, leicht und richtig französisch sprechen zu
lernen. Praktisches Hülfsbuch für Alle, welche in der französischen
Umgangssprache schnelle und sichere Fortschritte machen wollen.
4., verb. u. verm. Aufl. Bern, Heuberger. 120 S. 12. geh. 6 ngt
— der geschickte, oder die Kunst, ohne Lehrer, in zehn Lektionen
französisch lesen , schreiben und sprechen zu lernen. Von einem
prakt. Schulmanne. 6. Aufl. Leipzig, E. H. Mayer. 63 S. 16.
geh. n. Vs "-?•
Gatt, Prof. Dr. A., Der perfccte Franzose, oder Anleitung ohne Hilfe
eines Lehrers binnen kürzester Zeit vollkommen französisch lesen,
schreiben und sprechen zu lernen. 1. u. 2. Aufl. Neuwied, Heu-
ser. Hl u. 138 S. 16. geh. ^ V* '^f-
Georg-, Gymn. -Hauptlehr. Dr. L., Systematische Grammatik der fran-
zösischen Sprache mit eingeflochtenen Uebersetzungsaulgaben und
Konversalionsiibungen zum Schul- und Privatgebrauch. 2. verb. u.
durch 2 vollständ. aiphabet. Wörter-Verzeichnisse verm. Aufl. Ba-
sel, Georg. XVI u. 573 S. gr. 8. geh. n. IV3 4'-
Gros-Claude, Prof. A. , Secretaire universel. Trail6 complet et
gradue de correspondance ä l'usage des ecoles, ou recueil des meil-
X->x^
•>iV\\
'A
Spracliwisscnseliafl. — IX. RouMiuische Spraclien. 100 ^
leures lellres parues jusqu'ii cc jour. 3 Paities. 2. fidition Leip-
zig, Ueicheiibach. W. geh. % ^-l einzeln ä ^/^ »f.
Inhalt: 1. Pour la jeunesse. VI u. 121 S. — 2. Pour Tage mur. VII
u. 144 S. — 3. Pour le coiumeice. VII u. 136 S.
Haas 4 flofialh Lehr. F., 3a) Ke^a>ln üher die Sjntax der Französi-
schen Sprache als Anhang zur Formenlehre der ElenienlargrarnnKi-
tik der Französischen Spraciie. Oppenheim a. R., Kern. 123 S.
gr. 8. geh, 1/3 «:f-
d*llarg-ucs , Fr., Methodischer Lehrgang für den Unterricht in der
französischen Sprache. Eine auf die Mullersprache sich gründende
Darslellg. Nebst einem Anh. über die Aussprache. Für l^ehrende
und Lernende. 1. Cursus. L 3. Aufl. Uerlin, F. Schneider. X!i
u. 1 15 S. 8. geh. n. 8 uji
IBenriques., Remarques sur Temploi du subjonctif dans la langiio
francaise. Gothenburg, 16 S. 8.
lIof!»le<ter , ehem. Prof. .loh. Hapt. , Conversalions- Panorama der
französischen Sprache. Ein vollsland. Wörterbuch aller G.iliicis-
men, Proverbien und Fa^ons de parier. Unentbehrlich zur Ausbil-
dung in der französ. Umgangssprache u. zum leichten \ ersländnisse
französ. SchrHisleller, 2. Ausg. Wien, Leo. VI u. 432 S. 12.
geh. _ 2/3 4.
IBülfsbuch für den ersten Unterricht in der französischen Spraclic.
2 Thie. Leipzig, F'ritzsche. 8. geh. 1 '. 4.
Inhalt: 1. Abecedaire fran9ais par G. A. Eberhard. 4. edit. Gl S.
geh. 4 ngi ; cart. n. \/g *|^. — 2. Belehrende Unterhaltungen, moral.
Erzählgn. u. Poesien, m. e. Verzeicliniss v. Wörtern nach den Sätzen
geordnet. A. u. d. T. : Les jeunes enfants. Entretiens instructifs et
contes moraux et amiisauts suivis de poesies melees par Aug. Al-
brecht. 2. edit. V u. 119 S. 6 iigi ; cart. n. ^4. 4-
Ing'ersleVf C. F., Fransk grammatik til skolebrug. Kjöbenhavn,
Gyldendal. 112 S. 8. geb 68 sk.
£,a Fruston^ Prof. Fr. de, Echo fran^ais, ou nouveau cours grad'ie
de conversation franfaise. Leipzig, V'iolet 1861. IV u. 194 S. 8.
geb. n. 7g ^.
I^ainartine^ Voyage en Orient 1832 — 1833. Auszug in 1 Bde. mit
erläuternden Noten, einem Wörlerbuche und einem Register. 8. Aufl.
[Mit Stereot. gedr.] Leipzig, Baumgärlner 1861. VI u. 317 S. 8.
geh. 18 ngr
E<ectare8, premi^res, fran^aises, pour les ecoles primaires , avec un
vocabulaire fiancais-allemand. (Von J. Wilm). Trie&t, Coen. \l!l
u. 184 S. 8. geh. n. Vs 4-
— premi^res, frangaises, accompagnöes de notes italienncs qui ser-
vent ä expliquer les principales difficultes que peuvent oflVir les
mots et les tournures par L. Scher. Ebd. Vi II u. 144 S. 8.
geh. n. 8 njr
Noirei, Dr. L., Aufgaben zu französischen Stilübungen in vier Stu-
fen, mit Hinweisuni^en auf die französische Grammatik von Albrecht-
Noire. 1. u. 2. Tbl. Für mittlere und obere Klassen. Mainz, v.
Zabern. VI u. 129, 120 S. gr. 12. geh. n. Vö •#• »• '2 ngt
Oppenheim., J., Die französische Sfirache in 140 Lectionen. Unter
Zugrundelegung des Testes v. T. Robertson und mit dessen Auto-
risation für Deutsche bearb. 1. Tbl. 1. Bd. Frankfurt a. M., Her-
mann'sche B. 1861. XV u. 144 S. gr. 8. geh. n. V2 ,«?•
Oito, Dr. Emil, Kleines deutsch-französisches Gesprächbuch zum Ge-
brauch für die Jugend. 24. darchgeseh. u. verm. Aufl. — Petit livre
de conversation allemand-francais, ä l'usage de la jeunesse. 24. edi-
tion, levue el augmentee. Slrassburg, Wwe. Berger-Levrault & Solm.
195 S. 18. cart. V4 4-
MO Spraclnvissenseliafl. — IX. Romanische Sprachen.
Otio, Dr. Emil, Nouveau manuel de conrersalion allemand-francais ä
l'usage de la jeunesse. 3. fidilion. — Neues deutsch-französisches
Gesprächbuch zum Schul- und Privalgebrauch. 3. Aufl. Slutlgarl,
Melzler 1861. XV u. 124 S. 12. carl. n. Vj 4.
Pcschier, Prof. Dr. A., Entieliens familiers h l'usage des ecoles et
des personnes qui etudient le fran^ais, servant d'introduclion aux
Causeries Parisiennes. Avec des notes en allennand. Stuttgart,
Neff 1861. VIII u. 115 S. 8. geh. 12 nßi
Ploe^z, Prof. Dr. C, Cours gradu6 de langue fran^aise en six par-
ties. A l'usage des ecoles. 1 — 4. Partie. Berlin, Herbig. 8.
n. 2 4. 13\'2 ngi-
Inhalt: 1. Lehrbuch der französischen Sprache. 1. Cursus oder Ele-
mentarbuch. Mit besond. Berücksicht. der Aussprache , nach Seiden-
stücker's stufenweise fortschreitender Methode bearb. 18. unveränd.
Auti. Mit e. Uebersicht der grammat. Elemente nach dem Schema der
Redetheile, u. e. Lesebuche f. Anfänger. VIII u. 168 S. n. V4 »f-
— 1. [B.] Lehrbuch der französischen Sprache, 1. Cursus oder Ele-
mentar-Grammatik. Enth. : e. systemat. Grammatik nach den Rede-
theilen und e. method. Elementarbuch nach Soidenstücker's Methode.
Für Gymnasien und Realschulen bearb. XII u. 180 S. n. ^/j ^. —
2. Lehrbuch der französischen Sprache. 2. Cursus od. Schulgramma-
tik. Enth. : e. systemat. Grammatik nach den Redetheilen u. e. me-
tliod. Grammatik mit französ. und deutschen LTebersetzungsstücken.
13. Aufl. Xll u. 436 S. n. % 4. — 3. Lectures choisies. Franzö-
sische Chrestomathie. Mit kurzen biograph. Notizen, erklärenden An-
merkgn. in französ. Sprache u. e. Wörterverzeichniss. 8. unveränd.
Aufl. VIII u. 376 S. n. 18 ujr — 4. Vocabulaire systematique et
guide de conversation fran9aise. Methodische Anleitung zum fraTizö-
sisch Sprechen f. obere Klassen höherer Schulen und zum Privatge-
brauche. Enth. : Vocabular , Phraseologie, Dialoge etc. 7. Aufl. VIII
u. 376 S. n. 18 tiijr
— S_yllabaire fran^ais. Französische Vorschule. 1, Stufe. Für Töch-
terschulen und den Privatunterricht nach Seidenslückers slufenMcise
fortschreitender Methode bearb. 3. mit der 2. wörtlich gleichlau-
tende Aufl. Ebd. IV u. 124 S. 16. cart. n. 6 itgi
— Petit vocabulaire fratiQais. Kleines Vocabelbuch und erste An-
leitung zum französisch Sprechen. 9. mit der 8. gleichlautende Aufl.
Ebd. 64 S. 16. geh. n. 3 nijr; cart. n. 4 ngt
Principj di lingua francese ad uso dei Studiosi di detta lingua, os-
sia raccolla di veci, frasi e dialoghi famigliari ed elementari ed una
scelta di termini risguardanti la navigazionc e le strade ferrate etc.
Triest,^ Coen 1861. 136 S. 12. geh. n. 8 1191
Puschkin, Gymn.-Lehr. Alex., Französischer Repetitor. Eine ge-
drängte Zusammenstellung der wesentlichsten Regeln der französ.
Sprache. Zum ßehufe erleichterter Uebersicht und Wiederholung
des grammatikal. Lehrstofl'es verfasst. Bayreuth, Giessel. IM u. 48
S. gr. 8. geh. n. V* '^•
Badelli, C. A., Kleine französische Sprachlehre nach einer neuen
praktischen Methodt;. Für Schulen, sowie zum Privat- u. Selbstun-
terricht. Leipzig, Reichenbach. V u. 178 S. 8. geh. Vz -#•
Ricard^ Prof. Dr. Anselme, Französische Sprachlehre. Prag, Cred-
ner. IV u. 528 S. Lex.-8. geh. n. 1 4- 18 "^"^
Senerhaute, Gymn.-Lehr. Dr. P., Tabellarische Uebersicht der Zeit-
wörter der französischen Sprache. Behufs eines leichteren Auswen-
diglernens zusammengest. Düren, Gislason. 66 S. gr. 8. geh. V+ '^ ■
Seycrlen, Hauptlehr. Präceptor J., Elementarbuch der französischen
Sprache nach Seidenslücker [Ahnjschen Grundsätzen als Votschule
zu der französischen Chrestomathie von Giuner und Wüdermuth be-
* S[)raclnvisseiischafl. — IX. Roiiiaiii»cliü Sprachen. III ^
arb. 7. unveränd. Aufl. Slutlgait, Mctzler 1859. X u. 278 S. gr. 8.
geh. n. 16 ngt
Siipfle^ Lyc.-Lehr. Dr. I^. , Französisches Lesebuch für die unteren
und minieren Klassen der Gymnasien und höheren Bürgerschulen.
Mit einem ausführl. erklärenden Wörlerbuche. 4. Aufl. Heidel-
berg, J. Groos. XXIV u. 360 S. gr. 8. geh. n. ^y, ^,
Winel^ A. . Franscbe chrestomalio ol hloemlezing uit de beste fran-
sche schrijvers, van aantcekeningen voorzien cn irigerigl ten gebruike
Toor Instituten en gymnasien in Nedcriand door A. v. I.ee. 3e
verm. en verb. druk. le stuk. Ams'erdam, Brinkman. VIII S. u.
S. 1 — 128. 8. cplt, f. 1,80.
Toltairc, la Henriade. Po^nie. Mit grammat., historisch-geograph.
und mylholog. Bemerkgn. und einem Wörterbuche neu hersg. von
Prof. Dr. Ed. Ho che. 4. Aufl. Leipzig, E. Fleischer. 216 S.
gr. 16. geh. ^ _ ^ _ V. 4*-
— Hisloire de Charles XII., roi de Su^de. Enrichie de notes gram-
maticales et d'un vocaliulaire süffisant par A. Tb i baut. A l'usage
des ecoles. 16. edit. Berlin, Kenger. VI u. 240 S. 12. geh. Vj «f-
%9 allace. Lehr. Dr. Sigism., Praktischer Lehrgang der französischen
Sprache nebst Leseslücken. Zum Gebrauche für Realschulen und
Unter-Gymnasien. l. Kursus. Wien, Leo 1861. VI u. 135 S.
gr. 8. geh. 12 ngt
In Deutschland gedruckte Ausgaben französischer Autoren.
Anthologrie de litterature fran^aise ä l'usage des classes superieu-
res, publice par A. G. Lundehn. I. Stolp, Koelling 18Gi. gr. 16.
ffi»
o
^^
h. V4 4-
Inhalt: Cinna ou la cleraence d'Auguste, tragedie par P. Corneille.
Avec les variantes de la 1. edition et des notes explicatives. V u.
112 S.
Bibliothek gediegener und interessanter französischer Werke. Zuna
Gebrauche höherer Bildungsanstallen ausgewählt und mit don Bio-
graphien der betreffenden Classiker ausgestattet v. Gymn. -Oberlehr.
Dr. Ant. Goebel. 25. Bdchn. Münster, Theissing. 32. geh. n. 8 ngt
(1—23. u. 25.: n. 42/5 4.]
Inhalt: Tableaux historiques du moyen äge tires des oeuvres de Thi-
IV erry, Capefigiie , Vertot, Chateaubriand. Avec un vocabulaire histo-
rique et geographique. XI u. 208 S.
Bibliotheque, nouvelle, illustree pour la jeuoesse et la famille. 1.
Sect. Le livre d'or. V^ol. I. Leipzig, Spamer. gr. 8. cart. n. 2/, ^.
Inhalt: Abecedaire fran9ais illustre pour les petits enfants. Nouvelle
metliode de lecture ä developper l'intelligence et la memofire des en-
fants et k les instruireen les amüsant. Par Louise Bouc. Avec
preface de Ch. Vogel, Dir. et Dr., et F. Flügel, Dr. 2. Edition, aug-
meutee et corrigee. Avec un suppl. La boite typographique. VIII
u. 108 S. m. eingedr. Ilolzschn, , 1 color. Holzschntaf. u. color. Ti-
tel in Holzschn. nebst 7 Tab.
2. Italienisch.
Blanc^ G. , Vocabolario Danlesco o dizionario critico e ragionato
della divina commcdia di Dante Allighieri. Ora per la prima volta
recato in Italiano da G. Carbon e. Firenze 1859. 8. fior. 1,60.
Bu(i, F. da, Commento sopra la dirina commedia di Dante Alighieri,
pubblicato per cura di Crescentino Giannini. Vol. II. 8. flor. 5,60.
^ ^ . r-
(^<- ^^
112 SpracliwJssenscIiaft, - IX. Romanlsclie Spraclien. '5J^
>>
fjandoni, T. , Dichiarazoni proposlo d\ alcunc liioghi del Paradiso
<li Dante. Con un esamc della bellczza c de! riso di Beatrice. '2a
ediz. Fircnze !S59. 3>. fior. 0,25.
Albino, V. di S., Gran dizionario piemontese-italiaiio. Torino. 4.
, fior. 12.
SSoerio, Gias., Dizionario del dialetfo Veneziano. Seconda edizionc
aiimontata e corretla aggiiintovi l'indice italiano-veneto. Fase. 11 —
13. Vt'nezia, Cccchini 1S59. 4. ä 3 Sp. ä 2 1. a.
Briccolani, Nouveau diclionnaire fran?ais-italien, r^dige d'apr^s les
dictionnaires franfais et ilaliens les plus complets ; augmente d'un
grand nombre de mots, etc , par Joseph da Fonseca. Paris, Thie-
riot. 1247 S. 18. 4 fr.
glattiira et Renzi, Diclionnaire general italien-franfais, enli^renient
refait par Renzi sur un nouveau plan, etc. 2e edition. Paris, Hau-
dry 1861. XVI u. 1279 S. gr. 8. h 3 Sp. 12 fr.
Cheriibini., Fr., Vocabolario patronimico italiano , o sia adjetlivario
itaüano di nazionalitä; opera postuma pubblicata per cura di G. B.
de Capitani e preccduta dalla vita dell' autore. Milano. gr. 8. fior. 2,10.
Ronna, A., Dictionnaire fran^ais-ilalien et italien-franfais, etc. Nou-
relle ödilion, angmenlee d'un traitö des verbes italiens. Paris, Hin-
gray. LVl u. 544 S. 8.
Albrechf, A., Italienisch-deutscher Sprachschatz. Enth.: Redensar-
ton und Gespräche, mit einer Auswahl von Idiotismen der deutschen
und italienischen Sprache in aiphabet. Ordnung. 2. Ausg. Leipzig,
Fritzsche. IV u. 162 S. 16. geh. \4.; geh. ''/, 4.
Filippi, Prof. P. A. v. , Theoretisch-praktische italienische Sprach-
lehre nach den Anforderungen des Zeitgeistes und durch sehr viele
Beispiele erläutert. Zum Schul- und Privat-Unterricht. 2 Thle.
3. Aufl. Wien, Gerold's Sohn 1861. gr. H. geh. 1 .f. 24 ngr
Inhalt: 1. Elementarlehre u. Grundzüge der Formenlehre. VIII u. 232
'S. 24 ngt — 2. Formenlehre u. Syntax. Vni u. 336 S. 1 «^,
Ife's, Dr. Aug., Kleiner Italiener oder Sammlung der zum Sprechen
nöthigsten Wörter und Redensarten, nebst einigen Gesprächen für
das gemeine Leben. Italienisch und deutsch begleitet von den noth-
wendigsten, die Regeln der Grammatik betreffenden Bemerkgn. 4.,
durchweg verb. u. mit vielen Gesprächen etc. verm. Aufl. von Aug.
Albrecht. Leipzig, Amelang 1861. VI u. 195 S. gr. 16. cart. 12 ngi
Ijekliopen, zwölf, um die italienische Sprache nach praktischer Me-
thode , auch ohne Lehrer, in sehr kurzer Zeit lesen, sprechen und
schreiben zu lernen. Von einem erfahrenen Sprachlehrer. Triest,
Coen. IV u. 108 S. gr. 16. geh. n. 8 119t
niordax, Franc, de, Piimo dizionario e frasario di corrispondenza
mercantile, ilaliano-tedesco. Dispensa 5 — 9. Triest, Schubart. S.
129 28^. Lex.-8. ä n. 6 ngr
JHiiSSafia, Doc. Adf , Italienische Sprachlehre in Regeln und Bei-
spielen für den ersten Unterricht bearb. Wien, Braumüller. IV u.
248 S. gr. 8. geh. ^ 1 ^.
Ochoa, D. E. de, y Ronna, Guia de la conversacion espanol-ita-
liano. Paris, Hingray. 360 S. 32.
OllendorflT, H. G., Clef de la nouvelle m6thode pour apprendre d
Hre, ä ^crire et h parier une langue en six mois, appliquee ä l'ita-
lien. Nouvelle edition. Paris, chez l'auteur. 155 S. 8.
ISmith, L. . and A. Ronna, Guide lo english and italian conversa-
tion, containing andc. Paris, Hingray. 366 S. 32. 1 fr. 50 c. ^
^^ -s>^
Spracliwissenscliaft. — IX. Romanische Sprachen. 113
!$taedler, Prof. Dr. Gus». Lpop., Lehr- und üebungsbuch der ita-
lienischen Sprache /.um Schul-, Privat- und Sclhsluntcrricht. Mit
einem ilalionisch-deutschon und deutsch-italienischen Wörlerbuchc.
2., TÖliig umgearb. u. verm. .Aufl. Berlin, Haude & Spener. XVI
u. 370 S. gr. 8. geh. n. P/s k#.
Verg"ani , A., (Iramniaire italienne, simplifiee et reduite h ringt le-
fons. NouTelle edition , corrigee et auginentee etc. par Gius. Zi-
rardioi. Paris, Baudry. VIII u. 179 S. 12. 1 fr. 50 c.
Bibliotera d'autori italiani. Tomo 1. Leipzig, Broclihaus. 8. geh.
n. 1 «f.
Inhalt : I promessi sposi. Storia Milanese del secolo XVII. scoperta
e rifatta da Aless. Manzoni. VIII u. 500 S.
Cassani, Angelo C., Saggio di proverbi Triestini. Triest, (Coen).
X u. 110 S. 8. seh. n. 12 ngr
Emporeo drammatico. Serie I. Dist. 13 — 29. Triest, Coen. IH. geh.
Inhalt : 13. I pirati della Savana. Dramma spettacoloso in 5 atti e 6
quadri dei signori Aniceto-Bourgois e Ferd. Dugue. 106 S.
n. 4 ngt — 14. Una barriora sociale. Drnmma in 4 atti, e un pro-
logo di F. Jlazzoni. 86 S. n. 4 nc(L — 15. U naturalista ovvero la
scienza e l'amore. Commedia in 2 atti di Rosier. Eiduzione di
F. Mazzoni. — Eran due , or son tre. Commedia in 1 atto di M.
Dumanoir. 91 S. n. 4 niir — 16. II mal di nervi. Commedia in
3 atti di T. Barriere e V. Sardou. 111 S. n. 4 nf,r — 17. L'a-
more. Dramma in 7 quadri di Paolino Niboyet. — Corinna o l'ul-
timo giomo d'una musa. Dramma in 1 atto di Mad. de Salons.
Ridotta dal francese da Fil. Mazzoni. 124 S. n. Vs •#• — 18. Un
padre terribile. Commedia in 2 atti di L. Lurine e R. Deslan-
des. — Chi ha moglie, ha guerra. Commedia in 1 atto di Agostina
Brohan. 94 S n. 4 n;ir — 19. La Penelope Normanna. Dramma
in 5 atti di Alfonso Karr. 87 S. n. 4 nji: — 20. La pulzella di
trent' anni. Commedia in 4 atti di E. Scribe e E. de Najac. 102
S. n, 4 ngr — 21. Giorgio Dandin ovvero una lezione alle mogli.
Commedia in 3 atti di Moliere. Ridotta per le seene italiane da
Filippo Mazzoni. 46 S. n. 2 nftr — 22. La vedova dalle camelie.
Farsa di Giraudin-Delacour e L. Thiboust. Riduzione dal
francese di Filippo Mazzoni. — La protetta e l'artista. Farsa
inedita di E. Scribe 7 2 S. 3 r.jr — 23. Le furberie di Seapino.
Commedia in 3 atti di Moliere. Ridotta per le scene italiane da
Fil. Mazzoni. 48 S. n. 2 inir — 24. Le famiglie. Dramma in 5 atti.
Capolavoro di Serret. Libera traduzione dal francese di Fil. Maz-
zoni. 95 S. n. 4 njt — 25. Aristodemo. Tragedia di Vincenzo
Monti. 70 S. 3 nof. — 26. La tentazione. Commedia in 5 atti e 6
quadri di Ottavio Feuillet. 119 S. n. \'s 4- — 27. 28. 11 gen-
tiluomo della moutagna. Dramma in 5 atti e 8 quadri di Aless.
Dumas [padre] 143 S. n. 6 n^r — 29. Saul. Tragedia di Vittorio
Alfieri. 62 S. 3 njt
Zaniboni, Prof. Dr. Fi!., Italienische .Anthologie nach Jahrhunderten
geordnet. iVJit hesond Rücksicht auf Handels-, Real- u. Gewerbe-
Schulen. 2Lfgn. Wien, Lechnerl861. 1. Lfg. 96 S. gr. 8. geh. n. 1 Vj *f .
3. Spanisch.
Caballero, Luis Marty , Vocabulario de lodas las roces que faltan
ä los diccionarios de la lengua castellana publicados por la Acade-
mia, Doniinguez, etc. Segunda edicion. Madrid 1859. 338 S. gr. 4.20rs.
/s
114 Sprachwisseuschaft. — IX. Romaiiisclie Sprachen. f
Diccionario gencral de la Icngua Castellana; cl mas manejable y
complelo ; el mas inteli^'ible y sucinlo en sus definicioncs ; y el mas
uniforme en ortografia. Contiene (odas las frases y locuciones fa-
miliäres, etc. Por una sociedad de literatos, bajo la direccion de
Jose CaballeroT Oclava edicion. Madrid. 2 vol. IV, 84 u. 1466
S. Fol. ... 100 rs.
Jüartines-liOpez, Diclionnaire franfais-espagnol et espagnol-fran-
Cais, par E. Orrit fils , siiivi d'iin precis de grammaire espagnole,
par E. de Ochoa. Paris, Hingray. XXII u. 432 S. 32.
j$ain<-IIilairc Blanc, Novisimo diccionario franc^s-ospanol v es-
panol-frances , etc. Revisla y corregida la parte espanola por A.
Jover. Madrid, Caspar y Hoig. Tomo 1. VI u. 1158 S. gr. 4. 70 rs.
Brasch, Lehr. M. W., Vollständiges Handbuch der spanischen Spra-
che. Enlh. : Grammatik, Convcrsations-Uebgn., eine Auswahl inter-
essanter Lesestücke etc. Hamburg, Perlhes-ßesser & Mauke. VIII
u. 551 S. gr. 8. geh. n. 3 ^.
martinez, Francisco, Le nouveau Sobrino, ou Grammaire de la lan-
gue espagnole reduite ä 23 lepons. 19e edilion, entieremeni revue
et corrig^e. Paris, Morizot. 336 S. 8.
Ollendorif, Dr. H. G., Neue Methode in sechs Monaten eine Spra-
che lesen, schreiben und sprechen zu lernen. Anleitung zur Erlcrng.
der span. Sprache, nach dem von Velasquez de la Cadena für Eng-
länder verfassten Lehrbuch deutsch bearb. u. mit einem Wörlerbu-
che u. einer gründl. Sprachlehre verm. von Frdr. Funck. [Orig.-
Ausg.] 3. Aufl. , durchgesehen u. verb, von Dr. Beruh. Lehmann.
Frankfurt a. M., Jügol. XII. u. 778 S. cart. 1 4. 27 ngi
Schlüssel dazu. 3. verb. Aufl. 211 S. cart. ^/^ 4.
Pajcken^ C. A., Grammatik der spanischen Sprache. 1., theoret.
Tbl. Bremen, Rühlmann & Co. VII u. 182 S. gr. 8. geh. n. 24 ngt
Wiffg'ers, Dr. Jul., Grammatik der spanischen Sprache. Leipzig,
Brockhaus. XII u. 334 S. gr. 8. geh. n. IV^ k^'.
Coleccion de autores espanoles. Tom. I. V. VI, Leipzig, Brock-
haus. 8. geh. I. n. I V2 4. V. VI. ^ n. \ 4.
Inhalt: I. Cantos, collec9ao de poesias de A. Gon^alves Dias. 3. edic-
9ao, con 0 retrato do autor. XX u. 424 S.
V. F. Caballero, la familia de Alvareda. Novela original de
costumbres populäres. Lagriinas. Novela de costumbres
contemporancas. VIl u. 367 S.
VI. Ant. de Trueba, el libro de los cantares. XVI u. 248 S
4. Portugiesisch.
Wolf, Ford, Dom Antonio Jose da Silva, der Verf. der sogenannten
»Opern des Juden« [Operas do Judeu]. [Aus den Sitzungsber. 1860
d. k. Akad. d. Wiss.] Wien (Gerold's Sohn). 33 S. Lex.-8. geh. n. 4iijt
Orsey, J. d', CoUoquial Portuguese. 2d edit. London, Trübner.
130 S. 12. 3 sh. 6 d.
— a practica! grammar of Portuguese and Englisb; exhibiting, in a
series of exercises in double Iranslalion, the idiomalic struclure of
both languages as now writtcn and spoken, adapled to Ollendorff's
System. Ebd. 310 S. 8. 7 sh.
f Suracinviss. — Wörd'ibiicli. welclic mclir. Spr, unifass. 115 ^
5. Roiiiäuisch .
Sehiillcr, Joh. Karl, Kolinda. Eine Studie iilici romanische Weih-
nachlslieder. Neujahrsgabe. Hermaunstadl, Sleinhausseri. 30 S.
gr. 8. geh. Ve »t«
Wörici'- und ConvprsationsbücJier , welche mehrere
Sprachen umfassen.
Aram, D., DictioiKiairo abrege arnienien-lurc-frangais. Paris, Wal-
der. 323 S. 32.
Castres, Prof, G. W. F. de, Handels- und Co-respondenz-Wörlcr-
biich: Französisch, Englisch, Deutsch. Zugleich Supplement zu al-
len französ. u. engl, llandelscorrespondenzen , namentlich denen v.
C. Munde u. Fr. Noback. Leipzig, Gumprecht. VI u. 184 S. gr. 8.
geh. % K?.
Keiff, Ch. Ph., Neue Parallel-Wörterbücher der russischen, französi-
schen, deutschen und englischen Sprache, in 4 Thln., nach den Wör-
terbiichern der russ. Akademie, der französ. Akademie, von Adelung,
ileinsius, Johnson, Spiers u, A. 3. Thl. Deutsches Wörterbuch.
Erklärung der deutschen Wörter durch das Russische, das Franzö-
sische und das Englische. 4., neu bearb. u. sehr verm. Aufl. Karls-
ruhe 1861. Leipzig, Köhler. LXXX u. 816 S. br. 8. geh. nn.'l^l^^.
Heinsins* deutsch-englisch-französisches ConversalionsLuch oder An-
weisung sich im Umgang und auf der Reise in französischer, engli-
scher und deutscher Sprache in den gebräuchlichsten Redensarten
unterhalten zu können. 2. Aufl., durchweg verb, u. m. einer Samm-
lung von Anglicismen , Gallicismen und Germanismen verm. v. Aug.
Albrecht. Leipzig, Gräbner. 206 S. 12. cart. ^ja *^.
USailouf, N., Guide en trois langues, fran^aise, anglaise et turque.
Paris, Maisonneuve et Ce. XXIll u. 203 S. 18.
Ochoa, D. E. de, y Ron na, Guia de la conversacion espanol-fran-
ces-ilaliaco-ingles. Paris, Hingray. 711 S. 32. 3 fr.
Bhode's, F. L. , Praktisches Handbuch der Handels-Correspondenz
und des Geschäflsstjls in deutscher, französischer, englischer und
italienischer Sprache. 4. verb. u. verm. Aufl. v. Dr. ßernh. Leh-
mann. 4—6. Lfg. (Schluss). Frankfurt a. M., Sauerländer 1861.
IV S. u. S. 465-892. gr. 8. geb. ä I2V2 ngi
Selig"., Lehr. M., Deulsch-französisch-englische Conversations-Schule.
Zum Selbst-Unterricht. 2 Curse. Berlin, Selbstverl. 8. geh. an. IV2»f.
Inhalt: 1. Praktische Sprech- u. Leseschule. 288 S. — 2. Höhere Con-
versationsschule. A. u. d. T. : Reise durch Frankreich, England u.
Amerika, deutsch, französisch, englisch nebst durchgäng. Angabe der
Aussprache u. grammatikal. Erläutergu. VIII u. 328 S.
— Wanderungen durch Paris. Deutsch-französisch-englische Ge-
spräche über Paris, durchgehends mit Angabe der Aussprache und
grammatikal. Erläuterungen. Neueste Methode zum Selbstunterricht
in der heul, französ. u. engl. Umgangssprache. Ebd. X u. 88 S.
8. geh. n. V/, 4.
Taschenbuch der Handelscorrespondenz. Mit Anmerkgn. u. Wort-
erklärgn. zum Selbstunterricht, sowie f. Schulen u. Comptoire bearb.
# 116
Alphabetisches Rcg^ister.
"1
II. Abth.: Die Handelscorrespondenz in deutscher und französischer
Sprache. Ursprünglich bearb. v. Dir. J. Schantz. In '2. Aufl.
gänzlich umgearb. u. versehen mit einer Anleitung zur leichtern Er-
lernung des kaufmänn. Briefstils yon D. Kaltbrunner. 2. Tbl.
Deutsch-französisch. Leipzig, Spanier. XII u. 164 S. gr. 8. geh.
n. Vz 4>- (cpit. : n. 2 4.)
Alphabetisches Register.
Abekcn , Phil. d. Sophokles. 24
Abel, iCTogia t^? Maxtdovkcg 59
Abhandlgn. d. Berlin. Akad. 6. 54
— d. Böhm. Ges. d. Wiss C
— d. Gott. Ges. d. Wiss. 6
— d. phil. Gl. d. Bayr.Akad. 5">
— f. Kde. d. Morgenlds. 87
Abu nowas, Divan 91
Acta soc. sc. üpsal. 55
Adler-iMestiard, leclures allem. 98
Adriani (Plularch) 73
Aeschines 20. 73
Aeschj-Ius VO. 73
Aesop 20. 74
— in franz. üebers. 107
Ahlwardt (Abu nowas) 91
Ahn, de Bcntlejo Miltoni edit. 43
— german language 42. 98
— ilal. language 50
— langue ilalienne 50
— tyske sprog 98
Albino, dizion. piemontese 112
Albrecht, neuer deutsch-Fran-
zos 107
— ital. Sprachschatz 112
Alexandre, dict. frang.-grec 15
— dict. grec-frang.
Ameis (Homer)
Ampelius
Anak'klen d. mittelgr. Liter.
Andrezel, excerpta e scriptt. gr. 68
Annalen du comite flamand 46
— de la Soc. acad. de Nantes 55
Annuaire de la Soc. arch. de
Const. 1 1
Anthologie de lilter. frang. 111
Antbon (Caesar) 80
— (Cic.) 26
— (Com. Nep.) 27
— (JuYenal) 28
Antiphon 74
Anton, de hominis habitunalurali 20
Apollouius 74
Appler, Hebrew language 35
Apulejus 25
65
22
80
80
Aiam, dict. armen.-turc-frang;. 115
Archiv, pädagogisches 1
— f. d. Sind. d. neuern Spr. 30. 87
Arislophanes 20. 74
Aristoteles ' 20. 74
Arisloxenus 74
Arnd, der Pfahlgraben 58
Aruelh, archäol. Funde in Cilli 12
Arnold (Aeschyl.) 73
— (Corn. Nep.) 27
— (Demosth.) 21. 75
— Engl- Groek lexicon 65
— Henry's first Latin book 17
— (älor.) 83
— key to Greek compos. 16
— Leben d. Horaz 27
Ariian 74
Arlaud (Caesar) 25
Aschbach, röm. Miiilärslat. 58
Allienaeus 74
Atti deir Istit. Veneto 55
Aubert Ü Wimmer (Aristol.) 74
Aucapilaine, csq. de la Kabyiie 58
Aus Hebels Briefwechsel 37
SSabrius
Bäcker , langucs de la France
Bacmeister (Freidank)
— (Gudrun)
Raena , cancionero
Bahlmann, quaeslt. Quintii.
Bährens, deutsche Sprach!.
Bake , Cic. eerste Calilinaria
Baltzer, Schillerrede
Barao, dicc. aragon.
Barb , Ilamze-Orthogr.
— pers. Verbum
— Transcr. d. arab. Alph.
Barberi, dict. franp.-ital.
Hardarsaga
Barretti, diclionary
Barisch, Karlmeinet
— Schillers (ilauben
l'aucr, lat. Ilebunpsbuch
Baumeister, de Alye
74
33
99
43
51
29
97
27
39
51
9i
34
91
107
106
101
99
96
90
61
/f\-j/
-vyfeA
r
t
K<r-*=^
Alphabetisches Register.
117 t
.i
Baumeister (Homer) 76
Baumgarlen, Musterstiicke 44
Baur, Schilleriede 39
ßause, de Poljcrate 59
Bazzarini , vocab. Latino-Ital. 66
Beard, Laiin made easy 17
Beaussire, de tragoed. e Plut.
ductis 43
Bech, spicil. verb. in Passionali 41
Bechard, droit municipal 10
Becbsteio ;Biblioth.) 99
Bedeutung des lüOj. Geb. v.
Schiller 39
Beeskow, Cephaionia 58
Beiträge z. ygl. Sprachforschg. 31
Beleze (Plutarch) 24
Bellaguet (Soph.) 24
Belleaiare, gramm. arabe
35
Bellenger, guide de convers. 44
Bendsen, nordfries. Sprache 41
Benseier (Aeschines' 73
Bensen, Hieroglyphen 33
Berchem , de Naevio 85
Berg, dansk sprogiaere 47
— franz. Sprachl. 107
— (Plutarch) 78
Berger de X., Cic. et Ges.
82
Bergh, de annalium scriptorib. 15
Bergk, meletemata lyrica
23
— de pervigilio Veneria 26
— quaestt. Enuian. 27
— tragic. gr. versus 25
Bergmann, les Scylhes 9
Bericht üb. d. Vhdign. d. Berl.
Ak. 7
Berichte d. Lei pz. Ges. d. Wiss. 7.55
Bernouilli, Tiberius 59
Bertrand, dieux des höros 76
Ber?ille (Verg.) 86
Besse, Eupatriden 60
Betolaud (Plutarch) 24. 78
Beule, fcuilles ä Carthage 58
Beyerle (Tacit.) 86
Biblioteca d'autori ital. 113
Biblioteka pisarzy polskich 93
Bibliothek d. deutschen Nat Lit. 99
— fianz. Werke 111
Bibliotb^que franc« 49
— illustree 111
Binder, adagia latina 58
Blakesley (Herodot) 21
Blanc, Stellen d. göttl. Komödie 50
— vocab. Daotesco 111
Blanchet, le Faust de Goethe 95
Blume, lat. Gramm. 70
— lat. Vorübungen 70
ßockemüller, de elisione 16
Bode, älteste Gesch. Roms. 59
Bodenstcdt, Sbaksp. Zeitgenoss. 100
Boerio, diz. Veueziano 112
Bogren , Prodici Tabula
80
Böhtlingk, Sanskr.-V\ örterb. 34. 90
Boinvilliers, dict. frauQ.-latin 66
— maouel latin 70
Bonghi (Plalo) 77
Bonitz , piaton. Stud. 77
— Lrspr. d. homer. Ged. 22
Bonneil, latein. \ ocabul. 17
Booch-Arkossy, span. Wörterb. 51
Bopp, vglcb. Gramm. 33
Borring, frausk-dansk ordb. 106
Böttcher, d. Alphab. Urspr. 89
Böttger, engl. Wörterb. 43
Bötticher, Omphalos des Zeus 12
Bouffier, franz. Lehrg. 48. 107
Bouillet (Piotin) 78
Bozzi, franz. Conyers. Taschenb. 107
Hrandis, Gesch. d. gr. röm. Pbil. 65
Brandt (Thucyd.) 79
Brasch, span. Hdb. 114
Bräsicke, dtschr. Sprachmstr. 42. 97
Brause, commentt. in Pausanian 23
Braut, Eurip. mulier. osor 75
Bräutigam, deutsche Si^-achl. 42
Briccolani, dict. franc- ital. 112
Brinckmeier, Glossar, diplom. 16
Britzelmayr, z. thcsaurus latiaus 15
Brockhaus (Hafis) 34. 90
Broglie, l'eglise et l'emp. rom. 59
ßrohm (Aurel. Vict.) 87
Bromao, consecutio tempor. 69
Bruce (Verg.) 86
Brück, deutsche Nennwörter 98
Brücke, zur arab. Lautlehre 92
ßrueys, l'avocat Patelin 108
Bruun, tydsk grammatik 98
Bucher, griech V^orschule 68
Buchon (Thucyd.) 79
ßüchsenschülz (Xenoph.) 25. 80
Bude (Üemosth.) 21
— Thucyd, ^ 79
Bujack, de Sileno 24
Bulletin de l'Acad. de Pötersb. 55
Bunsen, Egypts place 61
Burkhard, Eigenth. d. fr. Spr. 108
Burnouf, grammaire grecque 68
— langue grecque 17
Busch, de Copticae ling. prae-
pos. 93
Buschmann, das Apache 93
— athapask. Sprachslamm 93
Buli, commento sopra Dante 112
Butler (Sallust) 29
Butlmaiin, Lexilogus 66
Butlura , dict. italien 112
Byron, works 104
x_..
*
T
%<^
118
Alpliabetisches Register,
^
C, du stoicisme
Caballero, vocabulario
Caesar 25. 26, 80
Callimachus
Campuzano, dicc. castell,
Canel (Calull)
Carmina popularia
Carteüer (Hör.)
Cassani . proverLi Trieslini
Caslillo , dial. esp.-arabes
Caslres, Handelswörlerb.
Calo
CatuU
Cavallin
15
113
81
74
51
26
80
83
113
92
115
81
81
81
29
83
26
6S
29. 85
26.
(Cic.)
• — ad Ovid. proieg.
Cayron (llor.)
Celsus
Chab;ert, gramm. grecque
Charpenlier (Seneca)
Chase, Sanscr. & Engl, analog. 33
Chassang, des romans dans l'an-
tiq. gr. 65
Cheiubini, vocab. ilaüano 112
Christ, Kedeutg. d.Sanskrilslud. 33
Chwolson, über Tammüz 61
Cicero • 26. 27. 81. 82
Claeson, spräkels Ursprung 89
Classiker des Alterthunis 19. 72
Ciarke, concordance oT Shaksp. 100
Ciavier, litter. f'rang. 107
Clemen, Hdb. d. alten (lesch. 9
Clerc , sur Alaise 26
Clos^s (Jordanes) 84
Clougb, Greek history 59
Cobbett, Latin grammar 70
Cognat (IMularch) 78
Cohen, monnaies imperiales 13.64
Coleccion de aut. espan. 51. 114
Collection of British authors 45. 104
Collier, Coleridge and Shaksp. 100
— reply to Hamilton 43
Conrad , gradus ad Parn. 67
Conles petita pour 1. enl', 108
Cornel. Nepos 27, 82
Cournol (Horat.) ' 27
— (Vergil) 30
Crain , tnvXkia Foi/^lov 58
Crocelius, über d. Wurzel fxa 67
Croisot (Sallust,) 85
— (Soph.) 79
Cron (Plato) '23
Croxall (Aesop.) 20
Currie (Hör.) . 83
— noles on Horace 84
Curlius, Grieksche sjnlaxis 68
Cuvillier (Plularch) 78
Dabas, du genie grcc 91
v*
f
Dammann, knowledge of Germ. 42
Davies (Babrius) 74
Occameron 43
Dederich, Hdb, d. alten Gesch. 9
Degenhardt, engl. Lehrg. 102
Deinhardt, Würdig. Schillers 96
Delacroix, Alesia 26
Delanneau, dict. franc 107
Delepierre , Flemish litterature 46
Demmler, German exercises 42
Demoslhenes 20. 21, 74. 75
Üönervaud, engl. Cbrestom. 44
Denkmäler der alten Kunst 63
— Forschgn, u. Berichte 11. 61
Denkschriften d. Wien. Akad. 55
Desfontaines (Verg.) 86
Desjardins, campagne de Rome 13
Detlmer, griech. Vocabularium 68
Deuschle (Plato) 23
Diccion. castell. 51. 114
Dictionnaire fran^ais 107
DieJenbach, origines europ, 89
Diemer, de Prodico 15
Dieterici, Naturphil. d. Araber 92
Dietrichs 1. Ausfahrt 43
Dietsch (Sallust.) 29
Diez, Gramm d. rom. Spr. 106
Dihle, Materialien zu griech.
Exerc. 17
Dillenburger (Hör.) 83
Dindorf (Soph.) 78
Dionysius B)'zantius 75
— Halic. 75
Dirksen , röm.-rechtl. Mitth. in
Tac. 30
Dissel, Holl.-Maleisch woord. 91
Döderlein, de deor. Homer, no-
minn. 22
— (Hör.) 83
Reden 8
Dominicus, griech. Elementarb. 68
Donaldson (Jashar) 92
— Varronianus 59
Dondorff, lonier auf Euböa 59
Donner (Pindar) 23
Dorfmüller, Gott Hermes 61
Dorn, iran. Sprachen 90
Dozy, lilter. de l'Espagne 50
Dräfjer, Sprachgebr. d. röm.
Histor. 27
Drake (Demosth.) 21
Dressel, Schillerrede 39
Drouyn , jardins zoolog. 10
Dubb , Franska spraket 48
Dübner (Caesar) 81
— (Cic.) 26
— (Corn. N.) 82
— (Demosth.) 75
f
r
Al])!ial>efisches Reg'istci
II
Dübner (Homer) . 76
— lexiqiic fran^.-grec 66
— (Verg.) 86
— (Xenoph.) ^ 79
Dukes, Salomo ben (iabirol 35
Dumas, Jeanne d'Arc 108
Duncan (Caesar) 25
Dünnebier, griech. Elementarb. 17
Düulzer (Erläutergn.) 95
— Göthe u. Karl August 95
— Gölhestudien 95
Duperron (Cic.) 26
Düringsfeld, v. d. Scheide zur
Maas
Durozoir (Sallust)
Diirr's collection
105
'29
104
Dürre, breviarium sj'ntaxis laU !7
46.
Ebhardt, de anacoluthis gr. 16
Edda Saemundar 46
Ed6n (Xeuoph.) 80
Edgeworlh, early lessons 102
Egger, honneurspubl. desAlh^n. 60
— origines de la prose gr. 15
— la poesie paslorale 15
Eichert (Com. N.) 82
— Wörterb. zu Cäsar 26
Eichhoff, de consecrat. ap. Rom. 60
— poösie des Indiens 34
Eimele, syntaxe des temps passös 107
El-Bekri 35
Elite des class. frang, 49
Ellendt, lat. Leseb. 70
EUissen (Analekten) 80
Elvenich, de geueribuspoesis Gr. 65
Elwell, dict. franc.-angl. 101
— English dict. 101
Elze, deutsche Familieunamen 97
Emporen drammatico 113
Enault, liter. des Indous 90
Endler, quaestt. Caesar. 26
Engstrand, de Cic. .Academ. 82
Ennius 27
Ephorus 21
'ErriygeKfctt "^Ekkrjyiy.ai 64
Erläutergn. zu den deutschen
Class. _ 37. 95
Es, opstellen terrertalling in Gr. 68
Eschenhagen, zur plattd. Spr. 95
Etangs (Celsus) 26
Euripides 21. 75
Exercices pratiques 98
Fabretti, gloss. Ital. 66
Facciolati, lexicon tot. laiin. 16.68
Falkener, Daedalus 63
— museum of class. antiq. 63
Farrar, origin of language 89
Fäsi (Homer) 76
Fauche, oeuvres de Kalidasa 34
Fausset (Homer) 22
Fedde, de Perseo 61
Feifalik, über 2 böhm. Volks-
bücher 36
— z. Gesch. d. altböhm. Liter.
36. 93
— Königinhofer Hdschr. 93
— (Werner) 100
Feldbausch (flor.) ^3
— lat. Schulgr. 70
— lat. üebungsbuch 70
Fenölon, Telemaque 108
Ferreira, lex. latinum et lusit. 16
Fesenmair, griech. Uebungsb. 68
Festreden auf Schiller 39
Feugere (Cic.) 82
Feuillatre (Soph.) 24
Fiebig (masterpieces) 46
Filippi, ilal. Elem.-Buch 50
— ital. Sprachl. 50. 1 12
Filii, corso pratico(ling. franc.) 108
Fineman, Swensk spraklära 106
Fischer, griech. Mjtfi. u. Aniiq. 60
— Schillerrede 39
Fistaine, dansk-tydsk tolk 106
Fitling, Alter d. Juristen 84
Flor, Danske litter. 106
— die Pelasger 59
Florian, fables 108
— Tel! 108
Flügel, hanef. Rechtsgel. 92
— proped. ledesca 42
Forhandlinger i Vid.-Selsk, i
Christ. 56
Fornsögur 106
Forslund (Cic.) 81
Francken, grieksche rudimenta 68
Frank, deutsche Lit.-Gesch. 95
Franke (Aeschines) 20
— Chrestom. aus röm. Dichtern 17
— de curialibus Romanis 60
— de partic. negantibus gr. 16
Fränkel, zu Cic. de orat. 82
Franzose, d. beredte 108
— d. geschickte 108
Frauer, ahd. Sprache u. Liter. 41
Freidank 99
Frick (Dionys. Byz.) 75
Fricke, deutsche Grammatik 98
Friederichs, die philoslr. Cilder 13
Friedländer, fab. Apul. de Psyche 25
— de locis Cicer. 27
yindic. Nicanoreae 22
Friedlein, griech. Leseb. 68
Frigell (Caesar) 81
— komment. tili Caesar 81
f 120
Aiphabetisclies Register.
-^^
.A.
Fritsch, nam, enim 67
Fritze (Eurip.) *21
Fritzsche , de Aristoph. recens. 74
— de Hjperidis laudat. fuii. 22
— lectt. Terent. 86
— (Lucian) 77
— zu Theokr. u. Virg. 79
Fröhlich , illirische Gramm, 94
Frölich (Tibull) 30
Fryxell, Swensk litt. bist. 106
Funck, Cic. Charakter 82
Funk, ovTog bei Homer
76
Furtwängler, Idee des Todes 10. 61
Cabelenz, d. raelanes. Sprachen 34
100
61
78
84
39
108
34
f.
Uppströms cod. arg
Gaedechcns, Glaukos
Ga]uski (Plutarch)
Garcke, Hör. Hb. 1.
Gardthausen, Schillerrede
Gatt, d. perfecte Franzose
Gatti, il Bhagavad-Gila
Gebauer, de Theoer. carminn. 79
Gebhart, bist, du sentim. poetiq. 15
— de Ulyssis persona 15
Gellius 27
Generat, les peuples du Rb6ne 9
Genouille (Cic.) 81
Genlbe, de Lucani vita 84
Genus-Regeln, lat. 70
Geoffroj (Plutarch) 24
Geoponicon 92
Georg, franz. Elem. -Gramm, 48
— franz. Gramm. 108
George, dictionn. fran?. 47
Geppert (Plautus) 29
Gerhard, Altar der Victoria 59
— archäolog. Sammlgn. 63
— Metallspiegel der Etrusker 63
Gerlach, dict. frang. 47
— de rer. Rom primordiis 9
— Sage u. Forschung 59
Germania 37
Geschlechtsregeln d. lat. Gr. 70
Geyer, üb. trag. Kunst 79
Gibbon, dncline & fall .')9
Giefers, cbronol. üebers. 59
Gieseke, videri Homer, commem. 22
Giles (Aeschyliis) 73
— (Pindar) 77
— (Plato) 23
Girard (Cic) 82
— sur Thucyd. 79
Gischig, gramm. franf, 48
Gislasou oldnord. sprog 106
Glossarium zu Reichel 79
Göbel (Bibliothek) lU
Juvcnaliana 84
Göbel, depoeticoTac. stili colore 30
Goldbmith, vicar of Wakef, 102
Goldstücker, dict, sanskr. 90
Göler, Cäs. gal!. Krieg 81
— K. zu Caesar 81
Göll , de Rom. aedilibus 10
Golotusow, russ, Chrestom. 36
Goodwin, moods & tensea 68
Götlling, de Callim. XXV. 74
— Carmen Horaeri fornac. 22
— in Hör. Od. HI, 4, 10. 27
Gotlschall, deutsche INal.-Lit. 95
Götzinger, Caedmon 100
Gradus ad Parnassum 67
Grafström, de tribunis plebis 60
Grammatici latini 82
Grasberger, de usu Plin. 29
Gräser, engl. Lehrg. 44
— thesaurus of poetry 99
Grässe, Literärgesch. 33
— orbis latinus 66
Gredy, Lit.-Gesch, 37
Grimm, Bruchstücke aus d. Ro-
seng. 100
— deutsches Wörterb. 41
— (Freidank) 99
— Rede auf Schiller 39
Gros-Claude, secröt, univers, 108
Grote, Plato's doctrine 77
— storia della Grecia 59
Grout, the Isizulu 35
Groves, Greek-Engl, diction. 66
Gruber, lat Uebungsb. 70
Grün, Schillerrede 39
Grünewald, deutsche Spracbl. 98
Grzonka , deutsche Sprachl. 98
Gudemann, Moslih-ed-din 35
Gudrun 43
Guerard, exerc, latins 70
gramm, latine 17
Guhl & Koner, Leben d. Grie-
chen 60
Guichet, Ital, key 50
Gumaelius, om Lat, orthoepi 69
Guttentag, de Lucian. Toxar. 77
Gwilt (Vilruv) 30
Haacke, lat. üebers, -Buch 17
Haas, Grenzen d. roman. Spr. 47
— 320 franz. Regeln 109
— die Nibelungen 95
Haase, miscell. pbilol. 19
— ad Senecam 29
Habenicht, Grundz. d. lat. Pro-
sodie 67
Hafis 34. 90
Hahn, deutsche Lit.-Gesch, 38
Hainebach, W urzelo pEi: u. ESS 16
I
^^
t
Alpliabetisclies Register.
12t
-n
Hakbijl, Engelsch brieyen 102
Halevy (Acschyl.) 73
— (JlerocJian) 21
Hall, roots of ihe Greek longiie 69
Halliwell, dict.of archaic words 101
— Engl, diclionary 43
Halm (Cicero) 26
Hamilton, inquiry 43
Handlingar, Svenska Vet. Akad. 56
Hänei, corpus s. Leges 28
Hanoteau, gramm. Tamachek 92
Hanow, in Thcophr. chaiact. 79
Hansing, latein. Fabeln 18
d'Hargues , franz. Lehrg. 109
Harrehomöe, Nedcrl. woordenb.
46. 105
Harris, Latin syntax 70
Harlmano, zum röm. Kalender 60
Hartwig (Justin.) 28
Haupt, Demostbenes 75
— z.Kde. dtschr. Sprachdenkm. 1 00
— obserTalt. Aeschyl. 74
— de verss. Aetnae 28
Hebels Briefe 38
Hedley, engl. Lehrg. 102
Hegesippus 83
Heidelberg, in Arist. aves 20
Heimsoeth, Find. Pylh. 1. 23
Heindl, Biogr. d. Pädagogen 5*^
Heiniscb, de Tariti locis 86
Heinrichs, de ablat. ap. Terent. 30
Heinsius, Conversationsb. 115
Heinze, de actorumdiurn.fragm. 10
— Stoic. de affect. doctr. 65
Heise (Plato)
Heibig, zur Orientirg in d. al-
ten Num. 13
Henrirlisen, Latinske opgaver 70
Henriques, subj. fran^. 109
Her, Tiro der Anfänger 70
Hericault, epopee frang. 47
Herodian 21. 76
Herodot 21. 76
Herranz, gramm. castell. 51
Herrig, British class. authors 46
— la France littöraire 49
Hertlein (Xenoph.) 79
Hertz (Liv.) 84
Herlzberg, Schillerrede 39
Herwerden, spicil. Vatic. 76
Hesiod 21. 76
Hesychius 21. 76
Hetzel, Hesiodi op. et dies 21
Heurlin, de Lycurgo oratore 23
Heuzey, le mont Olympe 9
Heyne, deutsche Sprachl. 98
Hiecke, Göthes Grösse 38
— Lachm. 10. Lied. d. 11. 76
Hibipbrand, Gesch. d. Rechts-
philos. 65
— Zoitw. m. d. bl. Abi. 69
Hinzpeter (Com. N.) 82
Hirsch, Aristoxenus 74
Historici lalini 27. 76
Hobler, Roman history 9
Höchsten, franz. Uebungsb. 48
Hofferichler, Schillerrede 39
HolTmann, catalogue de Fontana 13
— deutsches Wörterb. 41
— homer. Untersuchgn. 22
— lat. Zeilpartikeln 69
— V. Fallersl , Findlinge 38
— — dtsche. Gesellsch.-Lieder 95
— Wörterb. d. deutschen Spr.
96. 97
Hofmann (Gic.) 82
Hofstelter, franz. Convers. 109
Holder-Egger, dtsche. Sprachl. 98
Holm , graeske undersaatter
60
Holovackij, russ. Leseb. 94
Holzamer, engl. Leseb. 102
Homer 22. 76
Hoppe, de tragic. comparat. 79
Horatius 27. 83. 84
Horaz als Aesthet. 84
Hubner, de senatus Rom. actis 10
Hiilfsbuch f. d. franz. Unlerr. 109
Hülsmann, Shaksp. 100
Hultsch , quaestt. Polyb. 24
Humbert, Phorm. de Teience 86
Humboldt, origine des formes
gramm. 33
Huret (Xenoph.) 80
liüser, was hat Schiller bedeutet 39
Hution, principia graeca 17
Hyperides 22. 77
•Jaba, notices Kourdes 91
Jacob, greek grammar 17
— specim. emendat. 77
Jacobs , lat. Elementarb. 70
Jahn,Alterlhumssludienin Dtschld.8
— (Pausanias) 77
— Tod der Sophoniba 13
Jahrbücher, Jahn's 1. 2. 53
— f. roman. Lit. 87
— d.Ver. V.Alt. Fr. im Rheinl. 12
.'ames. Engl, diction. 101
Jan, zu Eurip. Iph. T. 75
— (Plinius) 85
Janet, dialectique dans Piaton 77
Janezic, sloven. Sprachb. 36
Janin (Hör.) 83
.lanson, de gr. paullo post futuro 68
Jashar 92
Jeep, aliquot loci ex Cic. oratt. 82
i
t 122
^
Alphabetisches Reg^ister.
^
Jenicke (Cic.)
Jezbera, pismenech
!fe , kleiner Italiener
Imhof, de Silv. Slat.
Ingerslev, fransk grammalik
Inscripc. ärabes
Johannsson (Aescbyl.)
Jordan (Calo)
81
93
112
85
109
92
73
81
ansgew. Stücke aus Livius 70
Jordanes 28. 84
Journal of American Soc. 88
— of Asiatic Soc. 88
— asiatique 31
— of classic, phil. 2
Isaeus 2'2
Isocrates 77
Italiener, der beredte 50
Jungclaussen, Schillerrede 39
Jurisconsulti 84
Just, fierman reading book 98
Justi, ästhet. Elem. d. plat. Phil. 23
Justinus 28
Juvenal 28. 84
Rahleis, tysk spraklara 98
Kalmus, quaestt. Verg. 87
Kamienski, cours allemand 99
Kappes , zu Verg. Aeneide 30
Kastein, Schiller 39
Kayser (Horat.) 27
Keil (gramm. lat.) 82
— quaestt. grammaticae 17
Keller (Docameron) 43
— Grundr. d. Institutionen 10
— ad Pliu. XIV, 4. 85
— Schillerlit. 96
Kemmer, engl. Ausspr, 44
Kennedy, orphan of Waterloo 102
Kenner, archäol. Funde in Oe-
sterr.
Kercos (Plutarch)
Kern , Nederl. taal
Kiepert, Graeciae tabula
Kiessling (Dion. Hai.)
Kinkel, Schillerrede
Kindscher , emendatt. Caesar
KirchhofT, Thucyd.
Klette, catal. chirogr. Bonn.
Kleyn , in Cic. epp. ad famm
^
Klotz (Euripides) " 21
Klügmann, de Ephoro
Knebel, franz. Gramm.
Knorr (Rein, vulpes)
Knötel, Cheops
Koch, deutsche Elem. -Gramm
— deutsche Gramm.
— emendatt. Liv.
— Figuren u. Tropen
63
78
105
9
75
39
81
79
58
27
75
21
48
43
61
. 42
42
84
41
Ftöchly, Heklors Lösg. 22
— de Hesiod. Theog. 76
— de lliad. V-Vll. 76
— (Onosander) 23
Köhler, Engl, dicfion. 101
Kölle, engl. Sprachb. 102
Koluthos 22
Koran 35. 92
Korzilius, Maximus 59
Kosegarten, niederd. Wörlerb. 97
Kossan, deutscher Leitf. 98
Köstlin, Gölhe's Faust 38
Kolschula, deutsche Sprachl. 99
Kramers, Nederd. woordenb. 46. 105
Kraner (Caesar) 25
Kranichfeld, Plat. de ^doyfj senil. 77
Krebs, Anitg. z. Lat.-Sc'hr. 71
Kretschmer, Schillerrede 39. 40
Kritz (Tacit.) S6
Kroschel,de Piaton. Protag. lemp.23
Krüger (Horat.) 27
— theolog. Pausan. 23
— (Thucyd.) 25
Kühner, lat. Elementargramm. 18
— Grieksche taal 69
— Lat. taal 71
— Lat. grammatica 71
Kuhr, lat. LTebungsb. 71
Kupfer, ad Aesch. Persas 74
Kurz, Leitf. d. Lit. -Gesch. 38
— Lit.-Geschichte 38. 95
Küttner, sponte et ultro 69
— syntaxe latine 71
Kuyper, Nederl. spraakleer 105
Kyprianos., 'Ekkrju. r. Stvotf. 80
S^aas, tvdai/.iovicc Aristot. 20
Lachmacn (Lucret.) 28
Lacroix, album poölique 50
Ladewig (Vergil) 30
Laferriere, infl. du stoicisme 65
La Fruston, echo fran^ais 109
Lafuente (inscr. arabes) 92
Lagarde (Titus Boslrenus) 35
Lamartine, voy. en Orient 109
Lamb, 6 tales from Shaksp. 44
Lambeck, de Mercurii statua 63
Landoni , paradiso di Dante 112
Lange, deutsche Sprachl. 98
— de loc. nonn. Soph. 79
Lansac (Corn. Nep.) 27
Lanza , palazzo di Dioclez. 63
La Roche, Fliatus & Elis. 76
Lassen, tydsk lacsebog 99
Latham, philological essays 8
Lattmann, lat. Regeln 71
Lau, Leben des Dion. 9
Leake, suppl. to Numism. Hellen. 13
i
r'
AlpliabetJsches Register.
123 I
71
67
40
26
69
18
66
69
66
109
28
94
81
44
47
25
1)2
26
21
58
3(
Leary (Homer) 22. 76
L»'l>ahn, first Gcrman course 42
Lebaigue, lliemes laliiis
Le (Jievalicr, prosodie laline
Lechner, Schiller
Lcciair (Cic.)
— graniin. grecque
— graniiu. latine
Lecluse, lex. trang.-grec
Lecomle, gramm. grecque
Le Coriiey, diel. frang;--lalin
Leclures, premieres, franc.
Loge«
Le Gonidec, vocab. breton
Legouez (Cicero)
Lehmann, engl. W örterb.
Leinburg, schwed. Hausschalz
Lejourdan, chanls de Tyrtee
Lektionen, in d. ilal. Spr.
Lenormant, sur l'Alesia
Leprevost (Demoslh.)
Lessmann, literae Nie. Heinsii
Luvin, synonyme i Dansk 47. 106
L'Hermile, corresp. commerc. 52
Lhomond, gramm. laline 71
Library of British poets 46. 104
Lieberkühn, de cegalt. fxtj ov 68
Liebert, Miiton lOü
Lilienthal, de geneve trajection. 69
Linde, slownik jezyka polsk.
Lindner, cothurnus Soph.
Lipsius, de Aristide Plut.
— de Soph. emend. pracs.
Livius 28.
Löfsledt, de pace Philocr.
Long (Cicero)
— (Sallust)
Lorey, Schillers Leben
Lotheissen, Milton
Louandre (Caesar)
Lower, patronym. ßrilannica
Lühen, deutsche Liter.
Lübker, Schillerrede
Lucae, de Parzivalis locis
Lucan
Luce, de Gaidone
Lucian
Lucilius
Lizcretius
Ludwig, zur Kritik d. Acsch.
Lukaszewicz , pism. polskiego
Lundehn (Anthologie)
Lundgren, skeireins aivagg.
Lurenne, French-Eiigl. dict.
Lutgen, methode allemande
Lültgert, theolog. V^arron.
Lycophron
Lycurgus
36
79
24
79
84
75
81
29
40
100
25
101
95
40
38
84
106
77
28
28
74
93
111
100
101
99
86
22
23. 77
Lyrici graeci
Lysander (Lycophr.)
— Romcrska litt. bist.
Lysias
ITlachat, franz. Sprachlehre
Macleane (lior.)
iVladyig, emendatl. Liv.
Magerstedt, röm. Landwirlhsch.
Malloul, guide en 3 langues
iMännell, classical leltres
JVlarbach (Nibel. Lied)
— (Sophocles)
Marchand (Cic.)
Marcowitz, de summo deo quid
exist.
Marcus, Schiller 40.
Marie (Cic.) 26.
Marion (Demoslh.)
Maronski, de auguribus Rom.
Marlin (Horat.)
— Hör. epod.
Marlinez, dict. frang.-espagn.
— nouveau Sobrino
Maivejouls, Agrigente
Maslerpicces of Engl, litter.
Materne (Aeschyl.)
— (Demosth.)
— (Plutarch)
— (Tacitus)
Mathematici graeci
Matthes, Makass. chreslom.
— Makass. woordenb.
Maunoury, gramm. grecque
Maury, la magie et l'aslrol.
Mohler, grieksch woordenb.
Meier, opusc. acad.
— phönik. Sprachdenkm.
Meineke (Aristoph.)
— (Stobaeus;
Meister, quaestt. Quinlil.
Melanges gröco-romains
Melford, engl. Leseb.
Memoires de l'Acad. d'Arras
— — de Caen
— — de Dijon
— — du Gard
— — de Lyon
— — de Marseille
— — de Metz 7.
— — de St. Pelersbourg 7.
— — de Stanislas
— cour. par l'Ac. de Helg.
— de rinstit. de France
— presenles ä l'Acad. de St.
Petersb.
Memorie della R. Accad. di Napo
— — di Torino
23
22
65
77
48
83
84
60
115
102
43
24
81
65
96
82
75
60
27
84
114
114
58
46
73
75
78
29
23
91
91
69
10
66
58
92
74
25
29
56
102
56
56
7
56
56
7
56
56
56
56
56
56
li 7
56
vVC-_/^
# 124
^
Alpliabetisches Reg'lster.
Memorie dell' Ist. Veneto 56
Menant, iiiscr. assyriennes 15
iVleiiard, de Sacra poesi Graec. 65
Menke, orbis antiquus 59
Menn, quaest. perpetuae 60
Menzel, Kunstwerke 13. 63
Mercklin, Citiermeth. d. Gellius 27
— de Varr. coron. Rom. 30
Merschmaun, Geist d. Eurip. 21
Methner, Schiller 40
Metodo francese 48
Meutzner, de L_ys. ntgl t. at]7.ov 77
Michael, Livius & Pelj-b. 28
Michaelis, corsin. Silbergefäss 13
— Niobegruppe 63
— das Th 42
Michel (Baena) 51
Michelis, Philos. Piatons 78
Middendorf, lat. Grammatik 18
Miklosich, Glagoiita Clozianus 93
— (Nestoris chroii.) 93
— slav. Personennam. 93
Milner (Eurip.) 75
Minckwitz, neuhochd. Parnass 38
Minucius Felix 84
Möbius, deutsche Lit.-Gesch. 38
— (Edda) 46
Moiszisstzig , lat. Schulgramm. 18
— lat. Uebungsbuch 18
— lat. Vorschule 71
Moke , disccurs 40
Mole, dict. fran^. 107
Momrasen, cod. Vatic. s. Le ges 28
— Gesch. d. röm. Münzwesens 64
— (schol. in Pindar.) 77
Monatsber. d. Berl. Akad. 56
Monatsschr. d. wiss. Ver. in Zur. 7
Mongan (Verg.) 86
Mont6e, sur Lucr^ce 28
— Pindar. moralium auctor 23
Monteith, method of learning
the Latin 18
Mordax, dizion. ital. 112
Morel, les moralistes latins 8
Mörikofer, schweizer. IJter. 95
Mühlmann, lat. Handwörlerb. 66
Muir, Sanskr. texts 90
Mullach (philos. gr. fragm.) 77
Müller, de Antisthene C^ynico 15
— de casibus ap. Justin. 28
— conject. Tüll. 82
— Dual 89
— franz. Gramm. 49
— geummat. Geschlecht 89
— hisf. of Sanscr. lit. 90
— indogerm. SulGx 89
— istoria della lett. Greca 65
— (mhd. Wörtcrb.) 97
Müller, V. iffikxvanxöy 68
— origiü of the Engl. lang. 44
— Philostr. in Apoll. Tyan. 23
— Seen. Fragen z. Eur. Alk. 2!
— 4 sidon. Alünzen 64
— zur Terminol. d. gr. Math. 23
Munde, Handelscorresp. 48
Mure, bist, of liter. of anc. Gr. 65
Murraj , Engl, grammar 102
Museum, rheinisches 3
Mussaßa, ital. Sprach!. 112
ISachrichten v. d. G. A. Univers. 8
Naevius 85
Mauck (Horat.) 27
— (Porphyr.) 78
Naudet (Tacit.) 85
Nepveu (Tacit.) 86
Neriosengh, Ya^na im Sanscr. 90
Nestoris chronica 93
Nibelungen 43
Niblett, Schiller 40
Niccolini, case di Pompei 64
Nicolai, de logicis Chrysippi 15
Nicolas (Tacit.) 86
Niemeyer, ßeitr. z. Thucyd. 25
— deutsche Metrik 41
— Griechld. nach Thucyd. 25
Nissen, engl. Leitf. 103
Nobbe, Antigonae carmina 24
Noel, der kleine Machat 49
— lectures fvanf, 49
— des Vergers, Marc Aurele 59
Noire, franz. Stilübgn. 109
— litter. franc. 107
Nöldeke, Gesch. d. Qoräns 92
Nonius 29
Numism. de l'ancienne Afrique 64
©choa, convers. esp.-ital. 112. 115
Odebrecht, Hans Sachs 95
Oehlschläger , engl. Taschen-
Wörterb. 101
Oestling, de Tibulli vila 86
Olinger, dict. flamand 46
Ollendorff, clef ital. U2
— Bngl. Gramm. 103
— franz. Gramm. 49
— gramm. anglaise 103
— gramm. ital. 50
— Italien. Gramm. 50
— russ. Gramm. 94
— schwed. Gramm. 106
— span. Gramm. 114
Onderka, poln. dtschcs. Leseb. 36
Onosander 23
Opel, min guoter klösenaere 95
Oppenheim, franz. Sprache 109
-Ovjx
->Sx>
Alphabetisches Register.
125 ?
Oppert, gramm. assyrienne 91
Orient & Occident 8B
Orsoy, colloq. Portuguese 51. 114
— Porlug. grarnmar. 114
— Porliig. phrases 51
Orlloff (Smti.lg. d. Rechtsq.) 100
Ostermann, lat. Uobungsb. 18. 71
— lat. Vocabularium 18. 71
Ollo, franz. Gesprächb. 109. HO
— gernian grammar 99
Oiivaroff, antiq. de la Russ. nierid. 13
Oversigt over het danske Vid.
Seisk. forh. 57
Ovid 29
Owgan (Caesar) 2n
— (Tacitus) 29
Ozaneaux (Caesar) 81
Pahle, Reden d. Antiphon 74
Pajeken, span. Gramm. 114
Palermo, manoscr. Palatini 58
Paley (Aeschylus) 73
— (Eurip ) 75
Paoli, vocab. ital.-latino 66
Paparrhegopulus, taroQ. nQnyfx. 9
Pässens, ad Athen. XV, b98. 74
Passerat (Xenoph.) 79
Passow fcarniina popul.) 80
— J. W. Süvern 53
Patin, de Lncr^ce 29
Pälz, Mängel d. lat. Gramm. 69
Paula-!iisenmann,Begriffd.(ro(7tal5
Paulmier, dict. arabe 92
Panly (Homer) 76
— (schol. Hör.) 84
Pausanias 23. 77
Payen-Dumoulin , anfiq. gallo-
rom. 13
Pedemont, engl. Gramm. 103
Peissner, Elem. d. engl. Spr. 103
Pek't, amphith. de Nimes 13
Permanne, langucs romanes 47
Peschier, entreliens 110
Pessonneaux (Piularch) 24
— (Vergil) 30
Peter, bist, script. bist. Aug. 29
Pelermann, griech. u. röm. Gesch. 9
Petersen, danske liter. 47
— engl. Lehrb. 44
— (Theophr.) 25
Petronius 85
PfaflF, Schillerrede 40
Pfefferkorn, deutsche Orthogr. 97
Pfeiffer, altnord. Leseb. 47
— W. y. d. Vogelweide 38
Pfuhl, lat. Dichterschule 71
Phaedrus 29. 85
Phiiologus 4. 53. 54
Philosoph! gr. 77
Philostratus 23
Pihan, signes de num^ration 33
Pindar 23. 77
Pinder, de IHthyia 10
— (Ravennas anon.)
Piper, Göthe's nalion. Stellg.
Piiazzi, Schillerrede
Pitschaft, Schillerrede
Plasowski, slownik polski
Plaie, cours anglais
— engl. Lehrg.
Plalens Tagebuch
Piaton
Plautus
Plinius
Piotin
Plötz, cours francais
— syllab. fran^.
— ^ vocab. franf.
Plutarch
Phiygers, Grieksch. Icerboek 69
Pohl, ad Callim. hymnos 74
Poitevin, dict. frang.
Polyaen
Polybius
Porphyrius
Postc (Plato)
Pourmarin (Corn. N.)
Prelier, griech. iVfythol.
Preuss, de Cilicia
Prevost (Homer)
Principj di lingua franc.
Prinzinger, ahd. Schriftspr.
85
38
40
40
94
103
103
38
23. 77. 78
29. 85
29. 85
78
110
110
110
24. 78
Proll, form. ant. Lucret
Prosaiker, griech.
— röm.
Prutz, deutsrhe Liter.
Puschkin, franz. Repetitor
Putsche, lat. Gramm.
Pütz, deutsche Lit.-Gesch.
47
24
24
78
23
82
61
10
22. 76
110
42
29
19. 73
80
38
110
71
95
Q.uicherat (Cic.) 27
— (Corn. N.) 82
— dict. franp.-lat. 66
— (Homer) 22. 76
— (Hör.) 83
— prosodie latine 67
— thes. ling. latiuae 66
Quintiiianus 29. 85
Bääf, ydre-malet 106
Radelli, franz. Sprachl. HO
Rahls, engl. Parlicipia 102
Ramsay, Latin prosody 67
Rank, böhm. Taüchenwörterb. 36
Rauchenstein, de Eur. Iph. T. 75
Ravennas anonymus 85
t^
126
Alphabetisches Register.
^1
12.
26
76
62
13
13
32
32. 87
52. 115
21
.>!'.
Raverty, Engl. & Hindust, terms 34
— Pukhto Pushlo 91
Rawlinson (Herodot) 21
Reallexicou v. Lübker 57
Reed , lectures on Engl, liter. 43
Regnier (Caesar) 25
Rehdantz (Demoslh.) 20
Reichard, orbis terr. anllquus 59
ReifT, Parallel-Wörterb. 52. Il5
Reifferscheid , quaestt. Suet. '29
— (Sueton.) 85
Reinardus Vulpes 43
Reinhardt, engl. Handelsgespr. 103
— Tempora bei Caesar
Reuscher, ad Jon. Eurip
Revue archeologique
— numismalique
— de la num. Beige
— de rOrient
— orienlaie
Rhode, Ilandelscorresp.
Ribbeck, Euripides
— (Verg.) 86
Ricard, franz. Sprachl. 110
— (Plutarch) 24
Rieh, diel, of Rom. & Gr. antiq. 60
Richardson, Engl, diction. 44
— Roman orlhoepy 18
Richter /Arislcph.) 74
— Poljb. Leben 24
— de supinis lat. 69
Rieu, schedae Valican. 27
Rigault (Hör.) 83
Rinn (Phaedrus) 85
Rinne (Homer) 22
Rilschl, elogium Scipionis 15
in leges Visell., Anton. 64
Roche, princ. ecrivains franc. 47
Röckerath, foed. Rom. & Carlh. 59
Rodet, gramm. Sanscr. 90
Roger, calai. du musee de Phi-
lippeville 64
Röbrig , de Turcar. lingua 36
Romeily (Hör.) 83
Romlain (Eurip.) 21
Ronna , dict. franc.-ital. 112
Roquelte , dicc. portug. 51
— J. Chr. (iünlher 38
Rören, Minuciana 84
Rosenslein , Abu-Nassr 35
Rossbach (Caluü.) 81
— de Eumenid. parodo 20
Rössler, G. Freylag 38
Rost, deulsch-griech. Wörterb. 67
Roth, Anlhol. lat. Ged. Uebgn. 71
— Mythus von den 5 Men-
schengeschl. 21
— 'Oqba Ibn Nafi' 35
Rotteck, dict. franQ. 48
Rouge, riluel funer. des Egypl. 61
Ro/ek, lat. Chrestom. 72
— lat. Leseb. 71
Rumpelt, deutsche Gramm. 97
Saal, de demis Atticis 58
Sabatier, monnaies ccntorniates 14
Sadler, dict. angl. frang. 101
Sägerl, de usu pronom. relativi
lalini 17. 68
Saint-Hilaire, dicc. franc. esp. 114
Saint-Hene, ungar. Poesie 93
Saint-Sylvcslre, chefs-d'oeuvre
(l'art 13
Sallustins 29. 85
Sammlung deutscher Rechtsq. 100
— engl. Schausp. 104
— griech. u. röm. Class. 19. 73
Sanders, deutsches Wörterb. 41. 97
Sandvoss, so spriclit d. Volk 100
Sanfilippo, ii'tter. ital. 50
San~Marle, Parzivalsludien 96
Sarlorius, quaest. Liv. 84
Saulry, exped. de Cesar 81
Sauppe, Mysterieninschr. aus
Andania 15
Schade, monumm. theotisca 43
— Parad. z. d. Gramm. 97
Schäfer, Derivaten auf lor 69
— Liter. Hilder 96
Schayes, la Belgique 9
Scheibe (isaeus) 22
Schell, de Troezene 9
Schenkl, Chresl. aus Xenoph. 69
— griech. Uebungsbuch 17
Scherr. Gesch. d. Liter. 90
— (Nibelungen) 43
_ Schiller 96
Scheuerlein, griech. Modusgebr. 68
40
40. 96
40
96
40
106
49
Schiller-Album
— Denkmal
— Gesch. V. Würtemb.
— Leben
— Charlotte v.
— Swensk spraklära
Schipper, franz. Uebungsb
Schmick, sketches fr. engl. bist. 103
Schmidt, Hmkgn. zu Soph. 79
— dict. frang.
— de glossem. in Aeschyl.
— (Herodian.)
— (Hcsych.) 21
— Plat. Gorgiae loci
— Sokrales
Schmilz, Encykl. d. phil. Stud. 90
- studia orlhoep. lat. 69
Schneebergcr, quaestt. Xenoph. 25
48
20
76
76
78
65
Alpliabetl?ches RegisJcr.
->.^
127
Schneider, Bcitr. z. Gesch. d.
Rheinlande 9
Schneider (Isokrates) 77
— loci Caesaris 26
Schneidewin (Soph.) 24. 78
Schoiia Germani in Pindar. 77
— (Horat.) 84
Schömann, de adrerbiis 16
— in Apollon. de adverb. 74
Schoolboy's first story-book 103
Schott, allaj. Studien 91
Schottky, engl. Grammatik 45
— engl, üebungsb. 45
Schrader, de ling. Aethiop. 35
Schröder, de Graec. jurainent. 68
Schröer,Wörlerb. H. ungar. Bergl.41
Schuiler, Kolinda 115
— (romän. Volksl.) 52
Schultz, de codd. Demosth. 21
— lat. Sprachl. 72
— lat. Uebungsb. 72
Schnitze, de Plat. Lysi 78
Schulz, de Cic. consolatione 82
Schulze, deutsche Gramm. 98
— Schillerrede 9R
Schärmann, die hellen. Bildg. 60
— hjmn. in Apoll. -Hom. 77
Schütz, de fundamentis reip. 20
Schwalb [elite des class. fr.) 47
Schwaoitz, plalon. Skizzen 78
Schwartz, Ursprung d. ]Vl_ythol. 11
Schweitzer, Mitth. aus d. Geb.
d. Num. 14
Schweizer-Sidler, zu Tac. Germ. 86
Scriptores bist. Aug. 29
Seemann, de primis bibl. Alex.
cust. 65
Selig, Convers.-Schule 115
— Sprache der Engl, 45
— Wandergn, durch Paris 115
Selmar, dansk ord 106
Sembera, Gesch. d. slav. Spr. 36
Seneca 29. 85
Senechaute, franz. Zeilwörter 110
47
104
65
110
105
43
10
36
Sintenis (Arrian) 74
— (Pliilatch) 24
Sjöström, Swensk spraklära 106
Sitzungsberichte d. Bajr. Akad. 57
— d. Wiener Akad. 8. 57
Skrifterd. Vid.Se!sk.afThrondhi.57
Slane (El Bekri) 35
Sleeckx, dict. flamand 105
Smith (Cic.) 26
— convers. franf.-angl. 49
— Enjjl. & French convers. 45
— — — dictionary 44
— LatJn-Engl. dictionary 16
— de locisling. Baitic. etSlay. 3:j
— principia Latina 18
Smith-Ronna, engl.-ital. conv. 113
Sommer (Acsop) 74
— (Caesar) 25. 81
— (9^-) 26. 81
— (Corn, Nep.) §2
— (Demosth.) 75
— (ilerodot) 76
— (Homer) 7g
— (Hör.) 83
— lex. franf.-latin 67
— (Vergil) 30. 86
Sommerbrodt (Lucian) 77
Sophocles 24. 78. 79
— glossary of later Greek 67
Spengel, (i'^.w'/yoo/fa d. Demosth. 75
— xäd-agntg 7. na^tju. 74
Spiegel (Neriosengh) ' 90
— tradit. Schriften d. Parsen 91
Spiers, dict. fran^.-angl. lol
— french-engl. dict. 44
Spiess, griech. Uebungsbuch 17
i_» ir_i I ° .„
— lat. Uebungsb.
18. 72
I
— litt. Francogail.
Series for ihe young
Seydel, älteste ion. Phil.
Seyerlen , franz. Elementarb
Shakspere, Werke
— question
Sharpe , hislory of Egypt
Shea, Onondaga diel.
Sheridan, school for scandal l03
Siebeiis (Phaedrus) 29
Siedler, erweiterter Satz 72
Sievers, Gesch. d. Nero & Galba 10
Silenus 24
Sinner (Sophocles) 24. 79
Stacke, vertelüngenuitdegesch. 60
Stadler, ital. Lehrb 113
Stahl, deutsche Sprachl. 99
Stahlberg (Jordanes) 28
Stallbaum, de usu vocab. Plat. 23
Stark (Dietrichs 1. Ausf.) 43
Statins 85
Sichres (Vergil) 39
Steinthal, Typen d. Sprachbaues 90
Stephani, Apollon Boedromios 62
Stievenart (Demosth.) 20
Stobaeiis 25
Stoddart, Eskdale herd~bog 103
... „ ...... g^
69
83
80
29. 85
94
60
111
Stoll, griech. Mylho..
— Giieksche anlhol.
Strodtmann (Hör.)
Slüber (Caesar)
Suelonius
Sulek, kroat. Wörterb.
Sunden, de lege Licinia
Süpfle, franz. Leseb.
*
i 128
-^>:
Alphabetisches Register.
n
i
Süpfle, opstellen in het Latijn 72
Siisemihl, plaloii. Philos. 78
Swanberg, Hannibals tag 60
Tacilus 29. 85. 86
TaiUefert (Hör.) 83
Taine, sur T. Live 28
Talbert (Phaedrus) 85
Talbot (Plalo) 78
— (Plularch) 78
— (Terenz) 30
Taschenbuch d. Handels-Corr. 115
Taschen-(iramm., ital.-deutsch-
franz. 52
Taubert, Paul Sched. Melissus 38
Tayler, Greek rudimenls 69
Teipel , lat. Anleitg. 72
Terenlius 30. 86
Theatre, engl, comic 105
Theil (Homer) 76
— (luslin) 28
Theocrit. 79
Theophrast 25. 79
Thesaurus graecus 67
Thibault (Cic.) 82
Thieme, engl, dictionary 101
Thomas, griech. Eidesformel 10
Thucydides 25. 79
Thunot, dict. angl.-franc. 44
Thurot, m^thode d'Arislote 74
Tibull 30. 86
Tillmanns, Liv. et Polyb. 84
Titus Bostrenus 35
Törnebladh, de Quintil. 85
Torney (Koluthos) 22
Tragici graeci 25. 79
Transactions of the Irish Acad. 8
Traveller's manual 52
Tregder, griech. Mythologie 11
Treutier, moderne prosa 45
Tuchmann, German grammar 42
Tudot, collect, de figurines 64
Tüllmann, de Plat. iVJenex. 23
Tyrel, grammar in 4 lang. 52
Tyrtaeus 25
Tzschirner, lingua Riphat. 94
Uhlemann, altägypt. Eigenn. 35
Umpfenbach, melelt. Plautt. 85
Unger, soUemnia 85
Vahlen, anal. Non. 29
Valatour (Catull.) 26
Valpy, Greek etymology 69
Varro 30. 86
Veitch (Homer) 22
Verenet, gramm. fran^. 49
— leclures frau^. 49
Verenet, röport. franc.-holl. 49
Vergani, gramm. anglaise 45
— gramm. ital. 1 13
Verger (Livius) 28
Vergil 30. 86. 87
Verhaodelingen d. Amst. Akad. 8
Verslagen en mededeelingen 8. 57
Verzeichniss d. Schiller-Liter. 40
Victor 87
Viehoff, Hdb. d. Nat.-Liler. 38
— Vorsch. d. Dichtkunst 41
Vieyra, dicc. portug. e ingl. 51
Vilmar, Lit.-Gesth. 39
— z. Verstdn. Göthes 96
Vincent, l'harmonie simultanee 10
Vinet, fransche Chreslom. 111
Vischer, über Aesch. Prometh.
Trag. 20
Visscher, Nederl. letterkunde 105
Vitritiga, latijusch leesboek 72
Vilruv 30
Vivien de St. M., göogr. de l'Inde 9
Vogel, griech. Schulgramm. 17
Vögelin (Aeschyl.) 73
Vogue, inscr. phenicienne 15
Voigt, Atlas d. alten Geogr. "59
Volckmar, spec. Stat. 85
Volkmann, antike Äeslhetik 15
— de Herodiano 21
Volkmulh, Pelasger als Semitea 60
Volkslieder, romanische \\]t.7tt'b2
Volquardsen, Plat. Idee d. pars.
Geistes 23
Voltaire, Charles XIL 111
— Henriade Hl
Vorhauser, Weltansch. d. Plin. 85
Vosen , rudim. linguae hehr. 92
Vrtatko (Aristot.) 74
Wachsmuth, de Gratete 22
— Stoiker über Mantik 65
Wade, Hsin Ching Lu 34
Peking syllabary 34
Wailiy, dictionn. latin 67
Walesrode, Schiller 40
Walker, Engl, dictionn. 44. 101
Wallace, franz. Lehrg. 111
Wallinder, de statu plebej. Rom. 61
Watermann, Hebr. woordenb. 35. 92
Weber, etymolog. Unterscbgn. 90
— (Hegesippus) 83
— de Lucani exord. 84
— die Vajrasüci 34
— die ved. Nachrichten 90
Webster, engl. dict. 102
Weerlh, Bronze-Statue v. Xanten 64
Weil (Aeschylus) 20
— de la compos. symraetr. 20
i
r
«--
Alpliabctisches Register.
129 t
Weinhold, über d. ßeilaut 97
— Steiermark iL die Dichtk. 96
Weinkauff, de Tac. dialogo 86
Weisse, Gerraan grararaar 99
Weissenborn (Livius) 28
Welcker, griech. Göllcrlehre 61
Wenig, deutsches Wörterb. 97
Werner, driu liet 100
Wesener, periodi Livian. 28
Westermann (Demosth.) 75
— index Hyperid. 22. 77
Westlej, engl. Leseb. 45
Whewell (Plalo) 23
Wiehert, üeberg. im Latein. 70
Wiel, observ. in Aesch. 20
Wieseler (Denkmäler) 63
— de linguae gr. nomin. etc. 68
— de loco theatri 64
— schedae in Aesch. 20
Wiggers, span. Gramm. 114
Wild, ilal. Lohrg. 50
Wildauer, Festrede zu Schiller 40
Wilkins (Demosth.) 75
Williams, Bagh-0-Bahar 34
— Hindüstäni primer 34
Wilson, engl. Eleraentarb. 45
Winkel, Nederl. speiling 105
Winkler, de Hör. I, 1. 84
Winnefeld, griech. Praepos. 16
Winlerstein, Festrede 10. Nov.
1859 41
Wintzer, first Gcrman book 42
Wisniewski, poeles dramatiq. 107
Witcomb, Engl.-Span. convers. 51
Wiltenhaus, franz. Syntax 49
Wöber, Wortvcrz. zu Grimm 42.97
Wocher, Entwicklg.d. dtsch. Spr. 42
— lat. Wortstellung 18
— Phonologie 33
Wolf, Jose da Silva 114
WolfT, poetischer Hausschatz 39
Wölfflin (Polyacn) 24
Wolfram, deutsches Echo 99
Wollmaan, kön. Mus. zu Berl. 64
Woordenboek, Engelsch 44
Worcester, Engl, diction. 44
Wörterb. mittelhochd. 97
Wörterbüchlein, poln. -deutsches 36
Wunder (Soph.) 78. 79
Wüstenfeld, Gesch. d. St.Medina 42
Xenophon
25. 79
Zamboai, ital. Anthol. 113
Zastra (Soph.) 78
Zeitschrift f. deutsches Alterth. 94
— d. dtsch. morgenl. Gesellsch. 32
— f. das Gjmn.-Wesen 5
— für Münzkunde 14
— f. d. österr. Gymn. 5
— f. vglch. Sprachf. 89
Ziel, Eicctrae Soph. dispositio 24
Zimmermann, Babylon 61
— engl. Gramm. 103
— Vortrag über Schiller 41
Zur Erinnrg. an Säc.-Feier Schill. 41
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PA Neue Jahrbücher für Philologie
3 und Paedagogik
N65
Bd. 84.
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